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Aktuelle Ergebnisse zu Tanztherapie bei Schizophrenie und Autismus

Iris Bräuninger

Abstract


Aktuelle Ergebnisse zu Tanztherapie bei Schizophrenie und Autismus
Iris Bräuninger
In diesem Beitrag werden Ergebnisse zu zwei tanz-, bewegungstherapeutischen Interventionsbereichen vorgestellt: Schizophrenie und Autismus. Die Wirkung von Tanz-, Bewegungstherapie bei Menschen mit Schizophrenie wurde in einer aktuellen randomisierten Kontrollstudie untersucht. Fünf Arbeiten fokussierten auf das tanztherapeutische Potential bei Menschen mit Autismus, insbesondere Autismus-Spektrum-Störungen. Im DSM-5 und im ICD-11-Entwurf wird der mangelnden Unterscheidbarkeit zwischen frühkindlichem Autismus, Asperger-Syndrom, desintegrativen Störungen und tiefgreifenden Entwicklungsstörungen mit der Kategorie Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) Rechnung getragen: Zwei Symptomgruppen bilden die Diagnosekriterien, nämlich qualitative Defizite in der sozialen Kommunikation und Interaktion und sich wiederholende Verhaltensmuster, Interessen oder Tätigkeiten, wobei das Auftrittsalter nicht mehr starr festgelegt ist (Sinzig 2015).
Wirksamkeit von Tanz-, Bewegungs­therapie bei Schizophrenie
Die Studie von Lee und KollegInnen (2015) untersuchte die Auswirkungen von Tanztherapie auf Affekte und psychotische Symptome bei schizophrenen PatientInnen. Die TeilnehmerInnen (N = 38, davon 20 Frauen) wurden zufällig auf die Tanztherapie-Gruppe (n = 18) und die Kontrollgruppe (n = 20) verteilt. Beide Gruppen erhielten medizinische Behandlungen. Die Tanztherapie-Gruppe wurde zwölfmal über einen Zeitraum von 60 Minuten angeboten. Jeweils vier Termine fokussierten auf Selbstwahrnehmung, interpersonelle Beziehungen und Beziehungen zwischen dem Einzelnen und der Gruppe. Die Tanztherapie-Gruppe zeigte keinen Effekt in Bezug auf die Angst-Symptomatik (STAI), jedoch reduzierten sich Wut (STAXI), Depression (BDI) und negative Syndrome bei Schizophrenie (PANSS), und die Kontrolle über Wut (STAXI) steigerte sich zum Ende der Behandlung im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Wirksamkeit von Tanz-, Bewegungs­therapie bei Menschen mit Autismus
Eine Machbarkeitsstudie von Koch und KollegInnen (2015) untersuchte die Auswirkungen einer siebenmal stattfindenden 60-minütigen Tanz-, Bewegungstherapie-Gruppenintervention bei 31 Erwachsenen mit ASS, 23 davon Männer. Die TeilnehmerInnen waren zwischen 16 und 47 Jahren mit einem Durchschnittsalter von 22 Jahren (SD = 7.7). Der Interventionsschwerpunkt lag auf dem Spiegeln von Bewegungen. Da eine Randomisierung nicht möglich war, wurden die TeilnehmerInnen entsprechend dem Alter, Geschlecht und der Diagnoseschwere vergleichbar auf Behandlungsgruppe (n = 16) und Kontrollgruppe (n = 15) verteilt. Die Hypothesen, dass Tanz-, Bewegungstherapie psychisches Wohlbefinden (Hypothese / H1), Körperwahrnehmung (H2), Unterscheidung zwischen dem Selbst und anderen (H3), Empathie (H4) und Sozialkompetenzen (H5) verbessere, wurde mit Fragenbögen bei der Vor- und Nachuntersuchung überprüft, also vor Beginn der ersten und am Ende der siebten Stunde. Zusätzlich wurden Spiegelungsphänomene und qualitative Faktoren beobachtet und analysiert. Die Interventionen wurden in jeder Stunde wiederholt und setzten sich aus folgenden Teilen zusammen: a. Warm-Up im Chace-Kreis, b. Führen-Folgen in Bewegungsdyaden, c. Baum-­Kreis mit Führen durch Einzelne und Folgen der Gruppe und d. verbaler Abschluss. Die Hypothesen 1–3 und 5 wurden bestätigt, d. h. die Ergebnisse zu Wohlbefinden, Körperwahrnehmung, Unterscheidung zwischen dem Selbst und anderen und Sozialkompetenzen waren in der Tanztherapiegruppe bei der Nachuntersuchung im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant besser. Die Ergebnisse zur Empathie zeigten keine signifikante Verbesserung. Ebenso wurde bei den Spiegelungsphänomenen keine Zunahme der Gegenbewegung beobachtet, welche als Indikator für Perspektivenübernahme gilt.
Eine qualitative Fallstudie von Edwards (2015) untersuchte, welche Sinneserfahrungen drei Männer und eine Frau mit Autismus (ASS und Asperger) im Rahmen einer achtwöchigen Tanz-, Bewegungspsychotherapie-Gruppe sammelten und auf welche Weise diese Erfahrungen deren Beziehungen und Bindungsverhalten formten. Eine 12-monatige Teilnahme in der Gruppe ging der Studie voraus. Es wurde eine qualitative, reflektierende Teilnehmer-Beobachtungsmethodik gewählt. Zur Triangulierung erfassten zwei TherapeutInnen systematisch ihre Bewegungsbeobachtungen und erstellten ein Reflective Journal (Edwards 2015, 10). Zum Ende jeder Stunde wurde die verbale Rückmeldung der TeilnehmerInnen notiert. Die Ergebnisse wiesen darauf hin, dass die Anpassung an sinnliche Differenzierungen die TeilnehmerInnen darin beeinflussten, wie sie Beziehungen und Interaktionen gestalteten. Diese erlernte Fähigkeit zu Accomodation und Adjustment könnte ein Hinweis darauf sein, dass Tanz-, Bewegungstherapie dazu beitrage, sensorische Empfindsamkeit und Beziehungen zu verbessern.
Wadsworth und Hackett (2014) integrierten in einer Einzelfallstudie über Tanz-, Bewegungspsychotherapie mit einem 23-jähirgen Mann mit ASS eine strukturierte Erzählweise in Form einer sechsteiligen Geschichte. Sie wählten einen praxisorientierten Forschungsansatz. Die Therapeutin hielt am Ende aller sieben Stunden ihre Beobachtungen auf einer kreativen Bewertungsskala fest, ebenso wie die Wahl der emotionalen Symbolbilder des Klienten zu Beginn und am Ende jeder Stunde. Die AutorInnen schlussfolgerten, dass es sinnvoll

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DOI: http://dx.doi.org/10.2378/ktb2016.art06d

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