Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Aus der Praxis: Elternbildung im Landkreis: Ein Kooperationsprojekt von Gesundheitswesen, Jugendhilfe und Frühförderung
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2009
Susanne Dillitzer
Grundannahmen und Ausgangslage: Kinder auf ihrem Weg zu begleiten, glückliche und selbstständige Erwachsene zu werden, war schon immer eine anspruchsvolle Aufgabe für Eltern. Das, was Kinder heute erleben, ist nicht mit dem zu vergleichen, was ihre Eltern in der eigenen Kindheit erlebt haben. Das Familienleben hat sich in jüngster Zeit in verschiedener Hinsicht verändert: mehrere Formen des Zusammen- oder Alleinlebens, die in unterschiedlicher Abfolge gelebt oder wiederholt werden können, bestimmen heute viele Biografien. Neue Formen des Zusammenlebens werden erprobt, und die Lebenswege von Frauen und Männern bestehen nicht mehr, wie früher üblich, in dem Ideal einer lebenslangen Ehe. In urbanen Zentren (wie München, Berlin, Hamburg oder Frankfurt) sind schon mehr als die Hälfte aller Haushalte Ein-Personen-Haushalte. Die Zahl der Ehescheidungen hat sich seit den fünfziger Jahren verdoppelt, und gegenwärtig wird jede dritte Ehe geschieden.
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Frühförderung interdisziplinär, 28. Jg., S. 36 - 41 (2009) © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Elternbildung im Landkreis: Ein Kooperationsprojekt von Gesundheitswesen, Jugendhilfe und Frühförderung SuSanne Dillitzer Aus der Praxis Grundannahmen und Ausgangslage Kinder auf ihrem Weg zu begleiten, glückliche und selbstständige Erwachsene zu werden, war schon immer eine anspruchsvolle Aufgabe für Eltern. Das, was Kinder heute erleben, ist nicht mit dem zu vergleichen, was ihre Eltern in der eigenen Kindheit erlebt haben. Das Familienleben hat sich in jüngster Zeit in verschiedener Hinsicht verändert: mehrere Formen des Zusammen- oder Alleinlebens, die in unterschiedlicher Abfolge gelebt oder wiederholt werden können, bestimmen heute viele Biografien. Neue Formen des Zusammenlebens werden erprobt, und die Lebenswege von Frauen und Männern bestehen nicht mehr, wie früher üblich, in dem Ideal einer lebenslangen Ehe. In urbanen Zentren (wie München, Berlin, Hamburg oder Frankfurt) sind schon mehr als die Hälfte aller Haushalte Ein-Personen-Haushalte. Die Zahl der Ehescheidungen hat sich seit den fünfziger Jahren verdoppelt, und gegenwärtig wird jede dritte Ehe geschieden. Auch die Werte in der Erziehung haben sich verändert: mit der Betonung und Anerkennung kindlicher Autonomieansprüche beispielsweise wandelt sich die Eltern-Kind- Beziehung mehr und mehr zu einem partnerschaftlichen Zusammenleben. Aus dem Erziehungsverhältnis wird ein Beziehungsverhältnis. Dies hat einen positiven Aspekt für den Respekt den Kindern gegenüber. Stehen die Kinder jedoch zu sehr im Mittelpunkt und grenzen sich Eltern als Erziehungsverantwortliche zu wenig ab, kann sich dies auch negativ in einer Schwächung des Elternteams äußern. Insgesamt ist im Erziehungsbereich ein Rückgang konventioneller Normen wie Disziplin, gute Umgangsformen und Respekt, festzustellen. Das Leben der Kinder von heute ist geprägt von Schnelllebigkeit und fehlenden Grenzen; Orientierungspunkte tauchen so schnell auf, wie sie wieder verschwinden. Alles ist möglich und machbar, jeder kann alles verwirklichen, aber das führt zu Verwirrung, und Eltern finden kaum noch etwas, worauf sie sich berufen können. Hinzu kommt wachsender Druck in der Arbeitswelt, im Beruf wird immer mehr Flexibilität und auch Mobilität verlangt. Der Arbeitsplatz ist unsicher, eine immer größer werdende Zahl von Familien ist durch Armut bedroht. Eltern fühlen sich in zunehmendem Maße von ihren Erziehungsaufgaben überfordert. Ihnen fehlen positive Vorbilder für die Erziehung, stattdessen sehen sie sich einer Flut von Erziehungsratgebern in allen Formen und Auswüchsen gegenüber. So hat die „Supernanny“ für alle Eltern das richtige Rezept, in Büchern findet man die verschiedensten Ideen dazu, wann für sein Kind der richtige Zeitpunkt ist, alleine einschlafen zu lernen. Trotzdem oder gerade deswegen fühlen sich Eltern hilf und ratlos und aus dieser Überforderung heraus hören einige Eltern ganz auf, sich dem Thema Erziehung zu stellen. Viele FI 1/ 2009 Elternbildung im Landkreis 37 Eltern überfordern sich zudem selbst, indem sie an sich den unerreichbaren Anspruch stellen, perfekte Eltern zu sein und ihren Kindern nur das Allerbeste angedeihen zu lassen. Darüber vergessen sie häufig sich selbst und ihre Partnerschaft. Aufgabenstellung Im November 2000 wurde im bürgerlichen Gesetzbuch das Recht des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung neu formuliert (§ 1631 Abs. 2 BGB). „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafung, seelische Verletzung und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig“. „Kinder sind das köstlichste Gut eines Volkes.“ So heißt es im Artikel Nr. 125 der Bayerischen Verfassung. § 16 SGB VIII verpflichtet alle Träger der Jugendhilfe, den Erziehungsberechtigten Unterstützung in ihrer Erziehungsverantwortung zu gewähren. Das Gesetz subsumiert unter diesen Unterstützungsmaßnahmen sowohl Beratung als auch Angebote der Familienerholung und Freizeitgestaltung. Zudem werden ausdrücklich Angebote zur Familienbildung gefordert. § 16 des Kinder und Jugendhilfegesetzbuches verpflichtet Jugendhilfeträger dazu, Eltern Wege aufzuzeigen, „wie Konfliktsituationen in Familien gewaltfrei gelöst werden können“. Die kontinuierlich steigende Inanspruchnahme von Erziehungs- und Familienberatung nach dem KJHG kann als ein Indikator dafür gesehen werden, dass Familien zunehmend auf Beratung in Erziehungsfragen angewiesen sind und die Bereitschaft gestiegen ist, psychosoziale Dienstleistungen zur Unterstützung bei der Bewältigung von Erziehungsaufgaben in Anspruch zu nehmen. Elternbefragungen zeigen, dass die Mehrheit der Eltern einen Bedarf an Orientierungshilfen für Erziehungsfragen artikuliert. In jeder zweiten Familie gibt es Unsicherheiten in der Erziehung (ifb Elternbefragung, Smolka). Eine Umfrage der Zeitschrift „Geo Wissen“ im April 2006 ergab, dass sich fast jeder zweite Bundesbürger sogar für verpflichtende Erziehungskurse für werdende Eltern ausspreche. Die Frühförderung behinderter und entwicklungsgefährdeter Kinder hat mit diesen veränderten Situationen von Kindern in Familien insofern zu tun, als sie - auf der Ebene individueller Entwicklungsgefährdungen - immer mehr und immer früher mit Fragen von Eltern konfrontiert ist, die bei ihrem Kind eine Entwicklungsproblematik vermuten. Dahinter steckt ein kontinuierlicher Anstieg von Entwicklungsauffälligkeiten und Entwicklungsstörungen bei Kindern. Diese Veränderungen sind auch objektiviert worden beispielsweise in der KIGGS-Studie; sie sind so deutlich, dass auf der Seite der Pädiatrie schon von einer „neuen Morbidität“ gesprochen wird (H.G. Schlack: „Wie (un)gesund sind unsere Kinder? “ Frühförderung interdisziplinär 2008, Heft 4). Die Frühförderung muss auf diese Situation nicht nur mit ihren Förder- und Therapieangeboten reagieren; sie muss auch bedenken, dass sie - wie alle Dienste im Bereich der Rehabilitation und Teilhabe - einen präventiven Auftrag vom Gesetzgeber hat (SGB IX, § 3). Sich an präventiven Programmen, an Programmen der Gesundheitsförderung zu beteiligen setzt aufseiten der Frühförderstellen ein spezifisches Engagement des Trägers voraus; dies war beim Träger unserer Frühförderstelle, dem SOS Kinderdorf, immer schon gegeben. So gehört es seit vielen Jahren zu den festen Bestandteilen unserer Arbeit, einen „offenen Treffpunkt“ für Eltern zu unterhalten und auch durch Vortragstätigkeiten in Kindergärten Eltern und Erzieherinnen bei ihren Aufgaben zu unterstützen. Diese Beteiligung an der allgemeinen Aufgabe der Elternbildung im Dienste der Prävention gehört also zu einem anerkannten Aufgabengebiet unserer Stelle. 38 Susanne Dillitzer FI 1/ 2009 Auf diesem Hintergrund war es für uns von großem Interesse, uns an der Entwicklung eines präventiven Programms zu beteiligen, das im Landkreis Eltern von Neugeborenen begleiten und unterstützen soll. Als Frühförderstelle konnten wir dafür nicht nur Ressourcen, sondern vor allem spezifische Kompetenzen einbringen, bezüglich der frühen kindlichen Entwicklung, ihre Risiken, und die notwendigen Beiträge ihrer Familie und sonstigen Umgebung. Vom Inhaltlichen abgesehen war es uns auch wichtig, die Vernetzung der verschiedenen Dienste in unserem Landkreis voranzubringen, die für eine effektive Hilfe für Familien unerlässlich ist. Auch das ist unsere tägliche Erfahrung. Das hier beschriebene Projekt hatte seinen Ausgangspunkt in einer gemeinsamen Idee zwischen Gesundheitsamt und Frühförderung im Landkreis. Das Jugendamt und die Erziehungsberatungsstelle wurden von Anfang an in die Überlegungen mit einbezogen. Inhaltlich konkretisiert wurde das Projekt in einem Experten-Team, in dessen Arbeit alle wichtigen Fachleute und beruflichen Sparten im Landkreis einbezogen wurden, wie Hebammen, Schwangerenberatung, Kinderärzte usw. Ziele Ziel unseres Elternbildungsprojektes ist es, Eltern, die ihr erstes Kind bekommen, zu unterstützen, und die Mütter und Väter in dieser Phase des Familienstarts zu begleiten. Die Kurse bauen auf vorhandenen Ressourcen auf, auf Fähigkeiten und Fertigkeiten der Eltern, aber auch der Kinder. Eine gute, sichere Eltern-Kind-Bindung ist die Basis für die Erziehung zu sozial kompetenten und selbstbewussten Kindern. Der Kurs will die Fähigkeit der Teilnehmer fördern, die Grundbedürfnisse eines Kindes zu verstehen und angemessen darauf einzugehen. Die Mütter und Väter können auch lernen, mit Konflikten und Stress umzugehen. Nur Eltern, die in der Lage sind, auch sich selber etwas Gutes zu tun, sind in der Lage, angemessen gute Eltern zu sein. Durch die Stärkung von Erziehungskompetenzen soll psychische und physische Gewalt gegen Kinder in Familien verhindert werden. Die Inhalte sollen erfahrungs und themenbezogen vermittelt werden, Theorievermittlung wechselt ab mit Selbsterfahrung. Dieses Programm hat aber nicht zum Ziel, Eltern zu suggerieren, es gäbe den einzig wahren Erziehungsstil, den umzusetzen es zu lernen gilt und bei dessen Einhaltung perfekt funktionierende Kinder einen problemlosen Alltag ermöglichen. Vielmehr sollen sich Eltern über ihre Werthaltungen, Motive und Erziehungsvorstellungen klar werden, Vertrauen in ihre Ressourcen und Intuition gewinnen und dabei ihren eigenen Stil und Weg finden, mit ihren Kindern umzugehen. Wichtig ist dabei auch die Auseinandersetzung damit, woher die eigenen Vorstellungen und Überzeugungen kommen, welche Werte und Glaubenssätze durch die Herkunftsfamilie tradiert wurden. Zielgruppe Grundsätzlich ist das Landsberger ElternABC ein Programm, das an alle werdenden Mütter und Väter im Landkreis Landsberg am Lech gerichtet ist, die ihr erstes Kind erwarten. Der Elternkurs unterstützt alle Eltern, die sich präventiv weiterbilden wollen, um sich auf die Kindererziehung vorzubereiten. Das Landsberger ElternABC ist aber auch für Eltern gedacht, die sich bereits verunsichert fühlen und nicht wissen, wie sie mit auftauchenden Schwierigkeiten umgehen können. Die Zielgruppe umfasst etwa 500 Familien pro Jahr. Die Kurse werden an drei Orten im Landkreis angeboten; 54 Kurse werden im nächsten Jahr angeboten (im folgenden Jahr werden es noch mehr sein, weil die Kursdichte pyramidal zunimmt …). FI 1/ 2009 Elternbildung im Landkreis 39 Wie werden die Zielgruppen erreicht? Während der Schwangerschaft informieren die Fachkräfte für Geburt und Schwangerschaft mit Flyern, Briefen, Zeitungsaufrufen etc. die werdenden Eltern vom Angebot des Elternkurses. Die Teilnahme am Elternkursprogramm ist kostenlos und wird bei regelmäßiger Teilnahme belohnt. Die Belohnung bestehen aus Geld oder Gutscheinen für Buchhandlungen, Spielwarenläden, Lebensmittel, Schwimmbad. Möglicherweise werden künftig auch Gutscheine für soziale Leistungen für Kinder mit einbezogen. Die meisten Eltern ziehen übrigens einen Gutschein dem Bargeld vor. Kooperationspartner Angebotsträger des Elternkurses sind das Kreisjugendamt, das Gesundheitsamt und der SOS Kinderdorf e.V. Eine landkreisweite Vernetzung mit anderen Anbietern, Trägern und Fachkräften ist ein fester Bestandteil des Projekts und findet fortlaufend, zum Beispiel in Form von Expertentreffen, statt. Theoretische Grundlagen Entwicklungspsychologie Die Entwicklungspsychologie erforscht Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Entwicklung bei Kindern. Sie zeigt fördernde Bedingungen für gute Entwicklungsverläufe und untersucht ungünstige Entwicklungen, um Ansatzpunkte für Förderung und Therapie zu geben. Besondere Aufmerksamkeit haben dabei aktuell das Konzept der Resilienz, neue Aspekte der Lernforschung und Gehirnentwicklung sowie neue Befunde zu Anlagen und Umwelteinflüssen. Familiensystemtheorie Ein Familiensystem ist eine besondere Gruppe von Personen, zwischen denen Beziehungen bestehen. Familien werden als offene, sich entwickelnde, zielorientierte und sich selbst regulierende Systeme betrachtet; dabei ist das Mikrosystem Familie (Familie und einzelne Mitglieder) nach Bronfenbrenner eingebettet in übergreifende Systeme wie das Mesosystem (z. B. Freundschaftsbeziehungen), das Exosystem (z. B. Schulsystem, Arbeitswelt) und das Makrosystem (z. B. rechtliche und wirtschaftliche gesellschaftliche Orientierungen), die die Familie als Ganzes und die einzelnen Familienmitglieder beeinflussen. Eine gut funktionierende Familie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Familienmitglieder untereinander ein hohes Maß an emotionaler Verbundenheit verspüren und klar miteinander kommunizieren. Wichtig sind außerdem klare Hierarchiegrenzen zwischen den Erwachsenen und den Kindern. In der Systemtheorie wird die Familie als Ganzes betrachtet. Alle Mitglieder einer Familie beeinflussen sich gegenseitig. Dadurch eröffnen sich neue Perspektiven, die verhindern, dass ein Kind mit Verhaltensauffälligkeiten oder Entwicklungsverzögerungen als „Problemkind“ die Verantwortung für Schwierigkeiten aufgebürdet bekommt. Bindungstheorie Die Bindungstheorie beschreibt das Bedürfnis des Menschen, eine enge und von intensiven Gefühlen geprägte Beziehung zu bedeutsamen Bezugspersonen aufzubauen. Sie wurde von dem britischen Kinderpsychiater John Bowlby und der kanadischen Psychologin Mary Ainsworth entwickelt. Ihr Gegenstand ist der Aufbau und die Veränderung enger Beziehungen im Laufe des Lebens. Sie konzentriert sich dabei vor allem auf die frühe Eltern-Kind-Beziehung. Sie verbindet ethologisches, entwicklungspsychologisches, psychoanalytisches und 40 Susanne Dillitzer FI 1/ 2009 systemisches Denken. Sichere und verlässliche Beziehungen schaffen eine sichere Bindung und sind die besten Schutzfaktoren für das Kind. Forschungsergebnisse belegen, dass Eltern, die angemessen und feinfühlig auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen, angemessene Forderungen an das Kind stellen und eine anregende Umgebung bieten, dem Kind optimale Entwicklungsbedingungen bieten. Nur ein Kind, das sich geborgen fühlt, hat Energie, die Welt zu erkunden. Kinder, die sich nicht sicher fühlen, setzen alle Energien daran, Aufmerksamkeit und Beziehung herzustellen und haben nicht so viel Kraft übrig, sich neugierig ihrer Umwelt zuzuwenden, was sich negativ auf ihre Entwicklungsmöglichkeiten auswirkt. Sicher gebundene Kinder entwickeln sich selbstbewusst, wissbegierig und gesund. Sie sind in der Lage, gute Beziehungen zu anderen Kindern und später auch zu eigenen Lebenspartnern und Kindern aufzubauen. Ungünstige, unsichere Bindungsmuster sind ein Risiko für spätere Verhaltensauffälligkeiten, soziale Probleme und die Entwicklung von Depressionen. Erziehungsstilforschung In Studien hat sich gezeigt, dass Eltern, die ihre Kinder nach dem sogenannten „autoritativen“ Erziehungsstil erziehen (vgl. das Konzept „Freiheit in Grenzen“ von Klaus Schneewind), am häufigsten Kinder haben, die sich selbstständig und kompetent entwickeln. „Freiheit in Grenzen“ basiert auf drei Eckpfeilern der Erziehung: erstens, den Kindern Wurzeln zu geben durch Liebe, emotionale Wärme, elterliche Wertschätzung und Respekt. Zweitens, ihnen Flügel zu geben durch die Gewährung von Eigenständigkeit und drittens, ihnen Orientierung zu bieten durch Fordern und angemessen hohe Erwartungen sowie das konsequente Setzen von klar definierten Grenzen. Finanzierung Das Projekt wird finanziell getragen vom Jugendamt Landsberg, vom Gesundheitsamt Landsberg und vom SOS Kinderdorf e.V. Unterstützt wird das Projekt auch von einem privaten Sponsor. Inhalte und Konkretisierung Die ersten fünf Kursbausteine haben folgende Inhalte: Kurs 1 „Vorbereitung auf das Kind“ wendet sich noch während der Schwangerschaft an die Eltern und möchte sowohl praktische Informationen geben, wie z. B. welche Babyausstattung benötigt wird, wo Familien finanzielle Hilfen bekommen können als auch vorbereiten auf die Veränderungen in der Partnerschaft und andere Herausforderungen in der allerersten Zeit mit dem Kind. Kurs 2 „Das Kind ist da“ hat als zentrales Thema „Bindung und Feinfühligkeit“. Wie können Eltern die Signale ihres Babys wahrnehmen und angemessen beantworten? Was braucht das Baby für den Aufbau sicherer Bindungen? Was ist wichtig bei der Babypflege und dem Umgang mit dem Kind, z. B. beim Thema Schlafen oder Schreien? Kurs 3 „Das Baby wächst“ behandelt das Entwicklungsspektrum von Motorik über Wahrnehmung bis Spielen und Sozialverhalten und die Möglichkeiten angemessener Förderung. Kurs 4 „Wellness für Eltern“ betont, wie wichtig es für Eltern ist, auf eigene Bedürfnisse, Grenzen und auf Paar und Freundschaftsbeziehungen zu achten, um gute Mütter und Väter sein zu können. Zeitinseln, Rituale, Hobbys und eine gute „Streitkultur“ sind ebenso wichtig wie eine Entlastung durch das soziale Netz und der Abschied vom Perfektionismus. FI 1/ 2009 Elternbildung im Landkreis 41 Kurs 5 „Positiv erziehen von Anfang an“ führt ein in das Handwerkszeug, das Eltern für eine gute Erziehung brauchen. Werte und Ziele gehören hier ebenso dazu wie die Auseinandersetzung mit der Herkunftsfamilie. Über das Konzept „Freiheit in Grenzen“ von Schneewind erarbeiten die Teilnehmer, wie wichtig für ein gutesAufwachsen der Kinder Liebe und gegenseitiger Respekt, angemessene Grenzen und das Ermöglichen von Eigenständigkeit sind. Die Kurse werden von erfahrenen ReferentInnen geleitet und wissenschaftlich begleitet. Eine der Referentinnen ist Mitarbeiterin der Frühförderstelle im Landkreis. Sie hat Erfahrung in der Frühförderung und kann sich Rat und Unterstützung im interdisziplinären Team holen, auch gegebenenfalls eine Kollegin als Ko-Referentin gewinnen. Inhaltlich werden die Kurse weiterentwickelt, um die Bedürfnisse der Eltern genauer zu treffen; dazu werden die Erfahrungen in den Kursen festgehalten und die Eltern um ein schriftliches Feedback gebeten. Die Eltern haben die Möglichkeit, die Kursinhalte in Form von Handouts auch im Internet nachzulesen. Auf der projekteigenen Homepage www.landsberger-eltern-abc.de können neben Handouts auch die Bewertungen der Eltern zu den einzelnen Kursen, Hintergründe zu den Referentinnen und vieles mehr gefunden werden. Die Kurse werden von Kurspatinnen begleitet, die neben den immer wechselnden Kursreferentinnen als Ansprechpartnerinnen für alle möglichen Fragen vor und nach der Veranstaltung den Eltern zur Verfügung stehen. Die Eltern nutzen auch das Zusammentreffen mit anderen Eltern, um Kontakte zu knüpfen oder sich gegenseitig Tipps und Unterstützung zu geben. Recht verschieden ist die Inanspruchnahme an den verschiedenen Veranstaltungsorten im Landkreis; diese Unterschiede müssen noch analysiert werden. Parallel werden Hebammen, Gynäkologen und Kinderärzte in den laufenden Kursprozess miteinbezogen, informiert und um Weitergabe der Angebote gebeten, um eine zunehmend flächige Vernetzung zu erreichen. Ein Kinderarzt aus dem Landkreis hat angeboten, jährlich einen kostenlosen Vortrag über „Notfälle im Kindesalter“ im Zuge des Landsberger Eltern-ABCs zu halten. Zu seinem ersten Vortrag kamen über 100 Interessierte. Langfristiges Ziel der Kooperationspartner ist es, ein landkreisweites Netzwerk für junge Familien zu etablieren, das sowohl Information und Austausch bietet, als auch eine Vernetzung von jungen Eltern untereinander bewirkt. Daneben soll sich auch eine Vernetzung der verschiedenen Fachleute und Fachstellen im Landkreis ergeben, um Familien schnelle und gezielte Hilfsangebote im Sinn von frühen Hilfen zur Verfügung stellen zu können. Dr. Susanne Dillitzer Diplom-Psychologin Bereichsleiterin der SOS Entwicklungsdiagnostischen Beratungsstelle Spöttinger Straße 4 D-86899 Landsberg/ Lech E-Mail: susanne.dillitzer@sos-kinderdorf.de
