eJournals Frühförderung interdisziplinär 29/2

Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/fi2010.art07d
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2010
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Mütter mit jungen (schwer) geistig behinderten Kindern: Belastungen, Bewältigungskräfte und Bedürfnisse

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2010
Klaus Sarimski
Es wird berichtet über eine Untersuchung zur subjektiven Belastung, die Mütter von Kindern mit jungen geistig behinderten (vor allem schwer behinderten) Kindern erleben. Die Angaben der Mütter im "Parenting Stress Index" zeigen, dass es sich um eine Gruppe mit einem hohen Risiko für die Ausbildung psychischer Belastungen und Überforderung in der Eltern-Kind-Interaktion handelt. Zwei Drittel der Mütter beschreiben eine außerordentlich hohe Belastung. Dies gilt vor allem für die Interaktionsbelastung im Alltag, für fast 50 % der befragten Mütter aber auch hinsichtlich ihrer allgemeinen psychischen Anspannung und Erschöpfung. Der Grad der subjektiven Belastung hängt weniger von der Schwere der Behinderung ab als von den Verhaltensauffälligkeiten, die das Kind im Alltag zeigt, und den individuellen und sozialen Ressourcen zur Bewältigung dieser besonderen Herausforderung. Familien mit schwer behinderten jungen Kindern bedürfen entlastender Hilfen und einer beziehungs- und familienorientierten Beratung.
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Frühförderung interdisziplinär, 29. Jg., S. 62 - 72 (2010) DOI 10.2378/ fi2010.art07d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Mütter mit jungen (schwer) geistig behinderten Kindern: Belastungen, Bewältigungskräfte und Bedürfnisse Klaus sarimsKi Zusammenfassung: Es wird berichtet über eine Untersuchung zur subjektiven Belastung, die Mütter von Kindern mit jungen geistig behinderten (vor allem schwer behinderten) Kindern erleben. Die Angaben der Mütter im „Parenting Stress Index“ zeigen, dass es sich um eine Gruppe mit einem hohen Risiko für die Ausbildung psychischer Belastungen und Überforderung in der Eltern-Kind-Interaktion handelt. Zwei Drittel der Mütter beschreiben eine außerordentlich hohe Belastung. Dies gilt vor allem für die Interaktionsbelastung im Alltag, für fast 50 % der befragten Mütter aber auch hinsichtlich ihrer allgemeinen psychischen Anspannung und Erschöpfung. Der Grad der subjektiven Belastung hängt weniger von der Schwere der Behinderung ab als von den Verhaltensauffälligkeiten, die das Kind im Alltag zeigt, und den individuellen und sozialen Ressourcen zur Bewältigung dieser besonderen Herausforderung. Familien mit schwer behinderten jungen Kindern bedürfen entlastender Hilfen und einer beziehungs- und familienorientierten Beratung. Schlüsselwörter: Schwere Behinderung, Elternbelastung, Bedüfnisse Mothers of Young Children With (severe) Intellectual Disabilities: Stress, Coping and Needs Summary: The purpose of the study is to examine the stress reported by mothers of young children with (severe) intellectual disabilities using the „Parenting Stress Index - Short Form“. More than 65 per cent reported a very high level of overall stress and stress in daily parent-child interactions. Nearly 50 per cent reported a high level of emotional distress. Stress varied with the children’s temperament and atypical behaviors, mothers’ perceived self-efficacy and satisfaction with family functioning and social support. Families with young severely handicapped children are a high risk group who are in strong need for respite care and relationshipand family-oriented early intervention services. Keywords: Severe and profound handicap, parenting stress, ressources Einleitung Die Mitteilung der drohenden geistigen Behinderung eines Kindes stellt eine schwerwiegende Herausforderung für die familiären Bewältigungskräfte dar. Enttäuschung und Trauer über die Behinderung, Beschäftigung mit Schuldgefühlen, Zorn auf das Schicksal, Unsicherheiten über die zukünftigen Entwicklungsperspektiven gehören zum Prozess der Auseinandersetzung mit der Diagnose ebenso wie Belastungen der Beziehung zum Partner, Verwandten und Freunden und die Bewältigung der unmittelbaren Aufgaben der Pflege und Behandlung des Kindes. Aus der empirischen Forschung zu der Frage, welche Auswirkungen die Behinderung eines Kindes auf die psychische Stabilität der Eltern und das familiäre System hat, lassen sich zwei Schlussfolgerungen verallgemeinern: 1) Keineswegs alle Eltern erleben sich als hoch belastet; 2) das subjektive Erleben wird nicht nur von der Behinderung selbst, den imAlltag auftretenden Belastungen durch das Verhalten oder die Bedürfnisse des Kindes bestimmt, sondern auch durch die persönlichen Bewältigungskräfte der einzelnen Familienmitglieder und ihre sozialen Ressourcen (Sarimski, 2001, 2008). Einigen Familien gelingt es recht schnell, sich an die Bedürfnisse des Kindes anzupassen und ihm ein hohes Maß an förderlichen Lern- und Erfahrungsangeboten im Alltag zu bieten. Sie finden zu ihren Stärken, können die Heraus- FI 2/ 2010 Mütter mit jungen (schwer) geistig behinderten Kindern 63 forderung durch die Behinderung als Teil ihrer Biografie annehmen und ihr „Sinn“ geben. Andere Familien sind in ihrem Zusammenhalt durch diesen Schicksalsschlag bedroht, die Eltern sind dauerhaft hoch belastet und können depressive Störungen entwickeln. Empirische Untersuchungen sprechen dafür, dass sich mindestens 30 - 40 % der befragten Mütter von Kindern mit unterschiedlichen Formen der geistigen Behinderung als hoch belastet erleben (u. a. Innocenti et al., 1992; Sarimski, 1993). Eine Meta-Analyse von Studien, die Fragebögen zur Depressionsdiagnostik verwendeten, ergab, dass 29 % der befragten Mütter behinderter Kinder behandlungsbedürftige psychische Symptome aufwiesen (Singer, 2006). Neben der Prävalenz depressiver Störungen wurden auch gravierende Belastungen der Ehebeziehung und eine erhöhte Scheidungsrate als ein Indikator für die Auswirkungen kindlicher Behinderungen auf eine Familie untersucht. Risdall & Singer (2004) bestätigten in ihrer Meta-Analyse zwar den vermuteten negativen Effekt auf die Qualität der Partnerschaftsbeziehungen. Die „Effektstärke“ erwies sich aber als überraschend klein (d = .21), was dafür spricht, dass die Entwicklung der partnerschaftlichen Beziehung von vielen anderen Faktoren mit- oder stärker bestimmt wird. Urbano & Hodapp (2007) verglichen die Scheidungsraten in Familien mit Kindern mit Down-Syndrom (n = 637), mit Kindern mit anderen anlagebedingten Entwicklungsstörungen (n = 10.283) und mit Kindern ohne Behinderung (n = 361.154). Sie konnten dazu in einer populationsweiten Studie auf die Daten über alle Geburten, Klinikaufenthalte und Scheidungen im US-Bundesstaat Tennessee zurückgreifen für die Jahre 1990 - 2002. Die Scheidungsrate in Familien mit Kindern, die anlagebedingte Entwicklungsstörungen hatten, unterschied sich nicht von der Gesamtbevölkerung (11.2 vs. 10.8 %). Beide Forschungsrichtungen - Prävalenz von depressiven Störungen und Scheidungsrate - weisen auf ein erhöhtes Risiko negativer Entwicklungen bei Eltern von Kindern mit allgemeiner Entwicklungsstörung hin, machen aber auch deutlich, dass der Verlauf im Einzelfall von einem komplexen Gefüge von Einflussfaktoren abhängt. Als einer der bedeutsamen Prädiktoren erwies sich der Grad kindlicher Verhaltensauffälligkeiten. Zu den wenigen Forschern, die sich mit der Frage beschäftigten, welche Bedeutung dieser Aspekt bereits im frühen Kindesalter hat, gehört die Arbeitsgruppe um Baker et al. (2002, 2003). Sie verglichen die Ausprägung von sozialen und emotionalen Auffälligkeiten (CBCL) bei 225 entwicklungsauffälligen gegenüber nicht behinderten Kindern im Alter von drei Jahren miteinander. Sie baten die Eltern um eine Einschätzung ihrer Belastung (PSI) und wiederholten die Befragung ein Jahr später. Bereits in diesem frühen Kindesalter war die Zahl der behinderten Kinder, bei denen in hohem Maße auffälliges Verhalten insgesamt, sozialer Rückzug oder aggressives Verhalten und Aufmerksamkeitsprobleme geschildert wurden, mit etwa 25 % dreimal höher als in der Vergleichsgruppe. Sie blieben über einen Zeitraum von einem Jahr weitgehend stabil. Für die Ausprägung der subjektiven Belastung waren diese Verhaltensauffälligkeiten ein wesentlich stärkerer Prädiktor als die Frage, ob eine Behinderung vorlag oder nicht. Auch die individuellen Bewältigungsstrategien und das Erleben sozialer Unterstützung spielen eine wichtige Rolle. Mütter, die das Gefühl haben, dennoch die Kontrolle über ihr Leben zu behalten, die Ereignisse als sinnhaft und beeinflussbar einschätzen und eine befriedigende soziale Unterstützung erfahren, haben die niedrigsten Depressionswerte (McKinney & Peterson, 1987; Olsson & Hwang, 2001). Eltern mit aktiven, problem-orientierten Bewältigungsstilen erleben sich als wesentlich weniger belastet als Eltern, die der Auseinandersetzung mit der Behinderung ausweichen, zu Wunschdenken oder Selbstvorwürfen neigen (Frey et al., 1989). Eltern, die einen starken familiären 64 Klaus Sarimski FI 2/ 2010 Zusammenhalt erleben, gelingt die Anpassung an die Bedürfnisse des Kindes und die Entwicklung neuer Alltagsroutinen besser (Dyson, 1993). Feldman et al. (2007) untersuchten dies wiederum mit Blick auf das frühe Kindesalter und befragten 178 Mütter von zweijährigen Kindern mit Behinderungen oder sehr niedrigem Geburtsgewicht nach depressiven Symptomen. 20 % von ihnen waren hoch belastet. Mütter mit hohen Depressionswerten hatten signifikant weniger Zutrauen in ihre erzieherischen Fähigkeiten, erlebten weniger soziale Unterstützung, hatten Kinder mit ausgeprägteren Verhaltensproblemen und neigten eher zu vermeidenden (statt problem-orientierten) Bewältigungsweisen im Umgang mit Belastungen. Bei der Durchsicht der vorliegenden Ergebnisse fällt auf, dass sich die meisten Arbeiten auf ein sehr breites Spektrum hinsichtlich des Alters und des Schweregrads der Behinderung der untersuchten Kinder beziehen. Es fehlt jedoch an Studien, die auf die elterliche Belastung von Kindern mit schwerer Behinderung fokussiert sind und sich auf das frühe Kindesalter beziehen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Analyse der frühen Belastungs- und Beziehungsentwicklung bei Kindern mit sehr schwerer Behinderung haben wir versucht, das Bedingungsgefüge zu analysieren, von dem der Grad der subjektiv erlebten Belastung abhängt, und gleichzeitig die Bedürfnisse zu dokumentieren, die die Mütter von schwer behinderten Kindern haben 1 . Eigene Untersuchung Stichprobe Es wird über eine schriftliche Befragung von 133 Müttern berichtet, deren Kinder noch nicht im Schulalter und von einer geistigen Behinderung bedroht sind. Da beabsichtigt war, in die Untersuchung eine möglichst große Gruppe von Kindern mit drohender schwerer Behinderung einzubeziehen, wurden dazu gezielt drei bundesweit organisierte Selbsthilfegruppen und eine Förderstätte für mehrfachbehinderte Kinder kontaktiert, von denen zu erwarten war, dass die hier angesprochenen Kinder zu einem beträchtlichen Anteil dieser Zielgruppe entsprechen 2 . In die Auswertung einbezogen wurden alle Kinder mit einem VABS-Entwicklungsquotienten (s. unten) < 70. Diese Gesamtgruppe wurde unterteilt in 69 Kinder mit sehr schwerer Behinderung (EQ < 30) und 64 Kinder mit leichter oder mittelgradiger geistiger Behinderung (EQ > 30). Das durchschnittliche Alter der Kinder betrug 54.6 Monate (SD = 19.8 Monate). 41 % waren unter vier Jahre alt. Es handelte sich um 66 Jungen und 67 Mädchen. Bei 49 Kindern lag eine zusätzliche Hörbehinderung (unterschiedlichen Grades), bei 58 Kindern eine zusätzliche Sehschädigung vor. Mit einer Ausnahme handelte es sich um Kinder aus vollständigen Familien. 118 Kinder hatten ein Geschwister, 11 Kinder mehrere Geschwister (4 fehlende Angaben). Als demografisches Merkmal wurde der Schulabschluss der Mütter erhoben. 17 Mütter verfügten über einen Hauptschulabschluss, 52 Mütter über die Mittlere Reife, 26 Mütter über Abitur und 32 Mütter über einen Hochschulabschluss. Die beiden Teilgruppen unterschieden sich hinsichtlich Alter, Geschlecht und Bildungshintergrund der Mutter nicht signifikant voneinander (Tab. 1). Tendenziell war der Anteil 1 Das Forschungsprojekt wird freundlicherweise von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg für den Zeitraum 2007 - 2010 finanziert. 2 Wir möchten uns bei den Vorständen der Elternselbsthilfegruppe „Intensivkinder zu Hause e.V.“, „Leona - Verein für Eltern chromosomal geschädigter Kinder“ und „Charge- Syndrom e.V.“ sowie der Leitung der Einrichtung „Helfende Hände e.V., München“ sehr herzlich für die Unterstützung bei der Kontaktaufnahme bedanken. FI 2/ 2010 Mütter mit jungen (schwer) geistig behinderten Kindern 65 der Kinder mit zusätzlicher Sehschädigung in der Gruppe der Kinder mit schwerer Behinderung etwas höher (Chi 2 = 8.81; df = 4; p = .07). Bei den Kindern lag ein breites Spektrum medizinischer Diagnosen vor. Die Mehrzahl der Kinder (n = 76) wurden über die Elternselbsthilfegruppe „Leona“ kontaktiert, in der sich Eltern von Kindern mit unterschiedlichen, meist sehr seltenen chromosomalen Schädigungen organisiert haben. Von den übrigen Kindern lag bei acht ein Charge-Syndrom vor, bei 19 Kindern ein Fragiles-X- Syndrom, bei 11 Kindern eine Deletion 22q11, bei 5 Kindern ein Down-Syndrom. Methode Die Mütter wurden gebeten, einen umfangreichen Fragebogen zu bearbeiten. Neben den kindlichen Fähigkeiten („VABS-II-Caregiver Rating Form“, Sparrow et al., 2005) wurden dabei kindliche Verhaltensmerkmale („Temperament and Atypical Behavior Scale“, TA- BS, Neisworth et al., 1999), das elterliche Belastungserleben („Parenting Stress Index- Short Form“, Abidin, 1999), persönliche und soziale Ressourcen zur Belastungsbewältigung sowie Bedürfnisse erfragt. Die „Temperament and Atypical Behavior Scale“ (TABS) misst Auffälligkeiten der Selbstregulation und des Verhaltens bei kleinen Kindern durch 55 Items, die von den Eltern mit Ja oder Nein zu beurteilen sind. Der Fragebogen ist für 1bis 6-jährige Kinder konzipiert, wobei explizit auch charakteristische Verhaltensweisen von Kindern mit unterschiedlichen Entwicklungsstörungen in den Itempool aufgenommen wurden. Die Items lassen sich in vier Subskalen gruppieren, die mit den vier Formen von frühen Regulationsstörungen korrespondieren, die im Internationalen Klassifikationssystem Zero to Three (1994) unterschieden werden: (1) soziale Zurückgezogenheit, (2) Hyperaktivität und -sensibilität, (3) geringe Reaktionsbereitschaft, und (4) Dysreguliertheit. Die erste Skala erfasst dabei vor allem Besonderheiten von Kindern mit einer Autismus-Spektrum- Störung; hohe Werte in der dritten Skala sind für viele Kinder mit schweren neuropädiatrischen Störungen typisch; die vierte Skala umfasst vor allem Schlafstörungen und Irritabilität im Alltag. Es kann ein Gesamtwert (TRI) gebildet werden. Für alle Skalen liegen Prozentrangwerte aus einer amerikanischen Normstichprobe von 621 Kindern vor; zusätzlich können die Ergebnisse mit den Verteilungsmaßen von 212 Kindern mit unterschwere GB (EQ < 30) leicht-/ mittelgrad. GB (EQ > 30) P Zahl 69 64 - Jungen/ Mädchen 30/ 39 36/ 28 NS Zusätzliche Hörschädigung 30 19 NS Zusätzliche Sehschädigung 35 23 NS Alter (in Monaten) 56.7 52.4 NS Sprachverständnis (VABS-EA) 9.5 26.2 < .001 Expressive Sprache (VABS-EA) 7.3 23.1 < .001 Selbstständigkeit (VABS-EA) 10.9 26.6 < .001 Soziale Fähigkeiten (VABS-EA) 6.4 21.1 < .001 Spielfähigkeiten (VABS-EA) 6.7 22.4 < .001 Tab. 1: Stichprobenmerkmale von Kindern mit unterschiedlichen Graden geistiger Behinderung (n = 133) 66 Klaus Sarimski FI 2/ 2010 schiedlichen Behinderungen verglichen werden, deren Eltern den Bogen ebenfalls ausfüllten. Beim „Parenting Stress Index - Short Form“ (PSI-SF) handelt es sich um einen Fragebogen aus 36 Items, die von den Eltern auf einer fünfstufigen Skala beurteilt werden sollen. Die Angaben der Eltern lassen sich in drei Skalen gruppieren: psychische Belastung der Eltern (PD), Belastung in der Eltern-Kind- Interaktion (PCI) und Belastung durch schwieriges Temperament des Kindes (DC). Darüber hinaus kann ein Gesamtwert gebildet werden. Es handelt sich um die Kurzfassung eines Fragebogens, der sich in zahlreichen internationalen Studien bei Risikokindern und Kindern mit unterschiedlichen Entwicklungsproblemen und Behinderungen bewährt hat. In Deutschland wurde er z. B. bei Kleinkindern mit mentaler Beeinträchtigung (Sarimski, 1993), sehgeschädigten Kindern (Tröster, 1999) und anfallskranken Kindern (Tröster et al., 2000) eingesetzt. Faktorenstruktur und Validität der Kurzfassung sind belegt (Haskett et al., 2006). Persönliche und soziale Ressourcen zur Bewältigung von Belastungen wurden mit vier kurzen Fragebögen erhoben: „Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung“ (SEW, Schwarzer & Jerusalem, 1999), „Posttraumatische persönliche Reifung“ (PPR; Maercker & Langner, 2001), „Family Functioning Style Scale“ (FFSS; Dunst et al., 1994), „Zufriedenheit mit sozialer Unterstützung“ (Teilskala des SOEBEK; Krause & Petermann, 1997). Die ersten drei Fragebögen sind im Internet, bzw. in der entsprechenden Literaturquelle frei zugänglich. Beim SWE handelt es sich um ein Selbstbeurteilungsverfahren mit zehn Items zur Erfassung von allgemeinen optimistischen Selbstüberzeugungen. Es misst das grundsätzliche Vertrauen darauf, eine schwierige Lage zu meistern, wobei der Erfolg der eigenen Kompetenz zugeschrieben wird. Der Selbstbeurteilungsbogen „Posttraumatische persönliche Reifung“ (PPR) (deutsche Adaptation eines Fragebogens von Tedeschi & Calhoun, 1996) erfasst persönliche Reifung als mehrdimensionales Konstrukt mit fünf Subskalen: neue Möglichkeiten, Beziehungen zu anderen, persönliche Stärken, Wertschätzung des Lebens und religiöse Veränderungen. Insgesamt 21 Items werden auf einer 6-stufigen Skala („überhaupt nicht“ - „sehr stark“) bewertet. Dieser Fragebogen wurde - abweichend von den anderen Instrumenten - nur 90 Müttern vorgelegt. Die „Family Functioning Style Scale“ (FFSS) wurde in einer deutschen Übersetzung verwendet. Sie erfragt in 26 Items Aspekte familiärer Beziehungsmuster, Werte und Bewältigungskräfte und hat sich in amerikanischen und finnischen Studien zur Beurteilung der Beziehungsqualität in Familien mit behinderten Kindern bewährt. Der SOEBEK enthält schließlich neun Items zur Zufriedenheit mit der Unterstützung durch Ehepartner, Verwandte, Freunde und Bekannte sowie Fachleute. Dabei wird jeweils zwischen „greifbarer“, praktischer Unterstützung und gefühlsmäßiger Unterstützung unterschieden. Alle vier Fragebögen weisen befriedigende psychometrische Kennwerte auf. Der „Fragebogen zu Bedürfnissen von Eltern behinderter Kinder“ (BEK; Sarimski & Steinhausen, 2007) stellt schließlich eine deutsche Bearbeitung der „Family Needs Survey“ (Bailey et al., 1992) dar. Er besteht aus 35 Items, die in sechs Kategorien gruppiert sind: Bedürfnisse nach Informationen (zur Behinderung, zum Verhalten des Kindes, Möglichkeiten der Förderung und Entwicklungsperspektiven), Bedürfnisse nach Unterstützung (durch Mitglieder der Familie, Freunde oder andere Eltern), z. B. auch bei der Erklärung der Behinderung gegenüber Großeltern, Geschwistern oder Nachbarn, Bedürfnisse nach ambulanten Hilfen, finanzieller Unterstützung und Hilfen zur Verbesserung inner-familiärer Beziehungen. Der Fragebogen wurde in Deutschland bei Kindern mit unterschiedlichen genetischen Syndromen (Sarimski, 1996) und - in etwas erweiterter Form - bei Kindern mit unterschied- FI 2/ 2010 Mütter mit jungen (schwer) geistig behinderten Kindern 67 lichen Behinderungen (Eckert, 2008) eingesetzt. - Alle Daten wurden mittels SPSS 16.0 hinsichtlich Häufigkeitsverteilungen, Gruppenunterschieden und korrelativen Zusammenhängen analysiert. Ergebnisse Die Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Verteilung der einzelnen Variablen in der Stichprobe. Dabei wurden zunächst die Angaben für schwer und leicht-/ mittelgradig behinderte Kinder getrennt betrachtet und auf signikante Gruppenunterschiede geprüft. Die Gesamtbelastung der Mütter unterscheidet sich nicht zwischen den beiden Teilgruppen. Mütter sehr schwer behinderter Kinder erleben sich aber in der Alltagsinteraktion mit ihren Kindern als stärker belastet und die Verhaltensmerkmale des Kindes (soziale Zurückgezogenheit, geringe Reaktionsbereitschaft und Dysreguliertheit) als stärker auffällig. Die Abbildung 1 stellt die relativen Anteile (in Prozent) der Mütter an der jeweiligen Gruppe dar, die sich gemäß der PSI-Normwerte als überdurchschnittlich hoch belastet beschrieben (Prozentrang > 85). Die Unterschiede in der Verteilung sind relativ gering. In der Interaktionsbelastungsskala erreichen 67.2 % der Mütter schwer behinderter Kinder und 59.4 % der Mütter leichter behinderter Kinder überdurchschnittliche Werte. Für die Gesamtgruppe ergibt sich bei 65.6 % der Mütter eine außerordentlich hohe Belastung. Dies gilt in der Skala „psychische Belastung“ für 46.6 %, in der Skala „Interaktionsbelastung“ für 63.4 % und in der Skala „Belastung durch schwieriges Temperament“ für 55.7 % der Mütter. Aufgrund der geringen Gruppenunterschiede in der mütterlichen Belastung werden im Folgenden die korrelativen Zusammenhänge für die Gesamtgruppe beschrieben. Die Korrelationsmuster in den beiden Subgruppen unterscheiden sich davon nur minimal. Die Tabelle 3 gibt das Korrelationsmuster wieder. Die Korrelationstabelle zeigt zunächst einmal, dass die verschiedenen Aspekte der mütterlichen Belastung eng miteinander zusammenhängen und mit dem Gesamtwert hoch signifikant korrelieren. Außerdem heben sich drei Zusammenhangsmuster deutlich ab. Die Zahl der Symptome für Regulationsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten (TABS- Gesamtwert), die ein Kind zeigt, korreliert mit dem Grad der subjektiv erlebten Belastung der Mutter. Zweitens korrelieren die beiden Variablen, die in dieser Untersuchung die Zufriedenheit mit der erlebten sozialen Unschwere GB (n = 69) leicht-/ mittelgrad. GB (n = 64) P m sD m sD Verhaltens- und Regulationsstörungen (TABS) 17.39 10.13 12.11 10.70 .004 Psychische Belastung (PSI) 32.15 9.72 30.92 9.29 .462 Interaktionsbelastung (PSI) 30.11 8.58 27.39 6.91 .048 Schwier. Temperament (PSI) 34.20 8.79 35.03 9.21 .602 Gesamtbelastung (PSI) 96.47 21.08 93.34 20.93 .395 Selbstwirksamkeitsüberzeugung (SEW) 34.01 4.80 32.78 6.04 .195 Persönliche Reifung (PPR) 82.76 14.48 78.53 16.61 .212 Soziale Unterstützung (SOEBEK) 36.88 6.88 36.37 8.98 .712 Qualität der Familienbeziehungen (FFSS) 97.85 13.05 98.44 13.12 .798 Tab. 2: Verhaltensauffälligkeiten der Kinder, Belastung und Ressourcen der Mütter (n = 133) 68 Klaus Sarimski FI 2/ 2010 terstützung widerspiegeln (SOEBEK-Subskala und FFSS), mit dem Grad der psychischen Belastung (Depressivität) der Mutter und - in geringerem Maße - mit der erlebten Interaktionsbelastung. Mütter, die einen engen Familienzusammenhalt erleben und im Allgemeinen mit der sozialen Unterstützung, die sie erhalten, zufrieden sind, erleben sich als weniger belastet. Drittens scheinen die persönlichen Bewältigungskräfte der Mutter (Selbstwirksamkeitsüberzeugung, SEW, und persönliche Reifung nach Belastungen, PPR) zumindest eine gewisse Rolle für die erlebte psychische Belastung, wenn auch nicht für die im Alltag und in der Eltern- Kind-Interaktion erlebte Belastung zu haben. Mütter mit stärkerer Zuversicht in ihre eigenen Kräfte und der Einschätzung, dass sie an den Belastungen gewachsen sind, fühlen sich weniger deprimiert. Das Alter der Kinder hat keinen Einfluss auf die Ausprägung der erlebten Belastung. Die Bedürfnisse der Mütter lassen sich im Fragebogen zu „Bedürfnissen von Eltern behinderter Kinder“ (BEK) in sechs Gruppen gliedern. Die Abbildung 2 zeigt die gemittelten Werte, mit denen in den einzelnen FraalT TaBs sEW PPr sOEB FFss P-D P-iNT P-sT Psi ALT - TABS .07 - SEW .17 -.02 - PPR .17 -.11 .16 - SOEB -.04 -.29** .01 .26* - FFSS -.02 -.05 .16 .31** .42** - P-D .02 .33** -.25** -.24* -.58** -.38** - P-INT .06 .55** -.17 -.19 -.20* -.22* .53** - P-ST .10 .64** -.14 -.09 -.31** -.10 .42** .53** - PSI .07 .63** -.23** -.21* -.46** -.30** .78** .78** .82** - Anmerkungen: P-D = psychische Belastung (PSI), P-INT = Interaktionsbelastung (PSI), P-ST = Schwieriges Temperament (PSI), PSI = Gesamtbelastung (PSI) Tab. 3: Korrelationen zwischen Verhaltensauffälligkeiten des Kindes, persönlichen und sozialen Ressourcen zur Belastung der Mütter (n=132; TABS, PSI, SEW, PPR, SOEBEK, FFSS) Abb. 1: Belastung von Müttern mit sehr schwer vs. leicht-/ mittelgradig behinderten Kindern (n = 69/ 64; PSI-SF) FI 2/ 2010 Mütter mit jungen (schwer) geistig behinderten Kindern 69 genkomplexen ein Bedürfnis angemeldet wird (Skala 0, 1 und 2; nicht - teils - sehr). In der Gesamtgruppe äußern die Mütter ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Informationen über Möglichkeiten zur Förderung des Kindes, zum Umgang mit schwierigen Verhaltensweisen und künftigen Entwicklungsperspektiven. Bei allen Items dieser Fragengruppe kreuzen 30 - 40 % der Mütter ein „sehr hohes Bedürfnis“ an. Als zweites - wenn auch deutlich geringer ausgeprägt - nennen sie Bedürfnisse nach emotionaler Unterstützung (Gespräch über Probleme mit Freunden, innerhalb der Familie oder mit anderen Eltern behinderter Kinder; Erfahrungsberichte anderer Eltern u. Ä.). Immerhin 30 Mütter (22.6 %) äußern ein ausgeprägtes Bedürfnis nach regelmäßigen Beratungsmöglichkeiten mit einem Sozialpädagogen oder Psychologen, 20 (15.0 %) wünschen sich auch mehr Zeit für Gespräche mit dem behandelnden Therapeuten oder Frühpädagogen. Das Bedürfnis nach finanzieller Unterstützung wird ebenfalls von einem recht großen Teil der Mütter genannt. Es bezieht sich vor allem auf Hilfe bei der Beschaffung von Hilfsmitteln oder Finanzierung von Therapien sowie Unterstützung, um wieder eine Berufstätigkeit aufnehmen zu können. Diese Bedürfnisse werden von 20 % der Mütter als ausdrücklich wichtig angemeldet. Hilfe, um familienentlastende Dienste bezahlen zu können, suchen 13.5 %. Als Einzelitem wird auch das Bedürfnis nach Pflegeentlastung oder Babysitter von einem ebenso großen Teil der Mütter genannt. Fast ausnahmslos stimmen die Mütter zu, dass sie teilweise oder dringend mehr Zeit für sich selbst brauchen. Beratung zur Stabilisierung der Familienbeziehungen wird von 9 % als sehr wichtig, von 25 % als teilweise wichtig erachtet. Die relative Bedeutung der verschiedenen Bedürfnisse unterscheidet sich kaum zwischen den beiden Teilgruppen mit Kindern unterschiedlichen Behinderungsgrades. Lediglich das Bedürfnis nach finanzieller Unterstützung ist bei den Müttern schwer behinderter Kinder signifikant stärker ausgeprägt (F = 6.13; p = .015). Dies bezieht sich vor allem auf die Finanzierung von Hilfsmitteln, Therapien oder Pflegeentlastung, die bei dieser Gruppe von besonderer Relevanz sind. Betrachtet man die Zusammenhänge zwischen dem Grad der subjektiven Belastung der Mütter (PSI-Gesamtwert) und den einzelnen Bedürfnissen, die sie äußern, so zeigt sich: Je höher die subjektive Belastung, desto stärker ist der Wunsch nach emotionaler Unterstützung (r = .43**), Unterstützung bei der Erklärung für Geschwister und Verwandte (r = .34**), Informationen zum Umgang mit der Behinderung (r = .32**) und Unterstützung zur Stabilisierung der Fa- Fam. Beratung finanz. Hilfen amb. Hilfen Erklärung Unterstützung Information 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 Abb. 2: Bedürfnisse von 133 Müttern schwer und leicht-/ mittelgradig behinderter Kinder (BEK) 70 Klaus Sarimski FI 2/ 2010 milienbeziehungen (r = .30**). Auch zeigt sich erwartungsgemäß, dass diese Bedürfnisse nicht oder weniger geäußert werden, je zufriedener die Mutter mit ihren Familienbeziehungen (FFSS) und der erlebten sozialen Unterstützung (SOEBEK-Subskala) ist. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für die Praxis Die Untersuchung dokumentiert die subjektive Belastung, die Mütter von jungen geistig behinderten Kindern erleben, und nimmt dabei besonders die Situation von Müttern sehr schwer behinderter Kinder (EQ < 30) in den Blick. Die Angaben der Mütter in einem standardisierten Fragebogen zeigen, dass es sich um eine Gruppe mit einem hohen Risiko für die Ausbildung psychischer Belastungen und Überforderung in der Eltern-Kind-Interaktion handelt. Diese Schlussfolgerung darf aus den Daten gezogen werden, obgleich - als methodische Einschränkung - vermerkt werden muss, dass weder für den „Parenting Stress Index“ noch für die Messinstrumente zur Beurteilung der adaptiven Kompetenzen und Temperaments- und Verhaltensmerkmale der Kinder deutsche Normwerte vorliegen. Für die Gesamtgruppe ergibt sich bei zwei Dritteln der Mütter eine außerordentlich hohe Belastung. Dies gilt vor allem für die Interaktionsbelastung im Alltag, für fast 50 % der befragten Mütter aber auch hinsichtlich ihrer allgemeinen psychischen Anspannung und Erschöpfung. Die hier ermittelten Werte liegen höher als in den meisten Studien, bei denen Kinder unterschiedlichen Alters und Schweregrads der Entwicklungsstörung einbezogen wurden. Sie weisen die Mütter von Kindern mit sehr schwerer Behinderung als besondere Risikogruppe aus. Der Schweregrad der Behinderung ist dabei jedoch nicht der entscheidende Faktor. In beiden Teilgruppen - Mütter von sehr schwer und Mütter von leicht-/ mittelgradig behinderten Kindern - finden sich Mütter, die überfordert zu werden drohen, ebenso wie solche, die das Gefühl haben, diese schwierige Aufgabe befriedigend zu meistern. Drei Faktoren erweisen sich als bedeutsam für die Variabilität im Grad der Belastung. Dazu gehören 1) die Ausprägung von Regulations- und Verhaltensstörungen des Kindes, 2) die erlebte Zufriedenheit mit der sozialen Unterstützung und den Familienbeziehungen sowie 3) - als persönliche Merkmale - die Zuversicht in die eigenen Bewältigungskräfte und die Einschätzung, durch die belastenden Ereignisse eher gereift zu sein. Damit bestätigen sich auch für Kinder mit schwerer Behinderung die Zusammenhänge, die in Untersuchungen mit breiter definierten Gruppen beschrieben wurden. Der Grad der subjektiven Belastung hängt weniger von der Schwere der Behinderung ab, sondern stärker von den Verhaltensauffälligkeiten, die das Kind im Alltag zeigt, und den individuellen und sozialen Ressourcen zur Bewältigung dieser besonderen Herausforderung. Die Bedürfnisse, die von den Müttern selbst geäußert werden, konzentrieren sich neben dem Wunsch nach fachlich fundierten Informationen zum Umgang mit der Behinderung des Kindes, der Förderung und der Entwicklungsperspektiven auf die emotionale Unterstützung durch Gespräche innerhalb der Familie, mit Freunden und anderen betroffenen Eltern. Finanzielle Hilfen und das Angebot familienentlastender Dienste haben gerade bei den Müttern schwer behinderter Kinder hohe Priorität, um etwas Zeit für sich selbst und die Re-Mobilisierung der eigenen Kräfte gewinnen zu können. Der Anteil der Mütter, die ausdrücklich zustimmen, einen Bedarf zu regelmäßigen Gesprächen mit einem fachlich kompetenten Berater zu haben, um das eigene Gleichgewicht zu finden und die Familienbeziehungen zu stabilisieren, ist mit über 20 % relativ hoch. Gleichzeitig zeigen die Zahlen aber auch, dass viele Mütter- trotz der hohen Belastungen, die sie zu meistern haben - auf ihre eigenen Kräfte und FI 2/ 2010 Mütter mit jungen (schwer) geistig behinderten Kindern 71 die Ressourcen ihrer Familie vertrauen und ohne eine solche Beratung auskommen zu können glauben. Für die Praxis der Frühförderung und Beratung in Familien mit (schwer) geistig behinderten Kindern bedeuten diese Ergebnisse drei Schlussfolgerungen. Erstens bedürfen Regulations- und Verhaltensstörungen der Kinder einer systematischen Diagnostik, um Möglichkeiten gezielter Intervention zu prüfen und Empfehlungen zum Umgang mit ihnen im Alltag zu geben, die zu einer positiven, entwicklungsförderlichen sozialen Interaktion zwischen Eltern und Kind beitragen. Zweitens gilt es, die Beratung der Eltern auf eine Stärkung der persönlichen Zuversicht und Mobilisierung sozialer Unterstützung auszurichten, um diese besonderen Herausforderungen meistern zu können. Drittens ist es dringend erforderlich, den Zugang zu familienunterstützenden Hilfen zu erleichtern. Das heißt z. B., ein flächendeckendes Angebot familienentlastender Dienste zu schaffen, die unbürokratisch in Anspruch genommen werden können; die Versorgung mit ambulanten Pflegediensten auszubauen, die fachlich kompetent sind und mit ausreichender Kontinuität den Eltern bei der Bewältigung ihres Alltags zur Seite stehen, und die Kostenübernahme für eine bedarfsgerechte Pflege durch Fachkräfte bei den Krankenkassen einzufordern; das Angebot an integrativen Krippen- und Kindergartenplätzen zu erweitern, um auch Kindern mit schwerer Behinderung und besonders hohem Hilfebedarf eine Teilhabe an sozialen Gruppen zu ermöglichen und gleichzeitig die Eltern zu entlasten. Familien mit schwer behinderten Kindern bedürfen einer interdisziplinären, beziehungs- und familienorientierten Beratung (Sarimski, 2008; 2009). Frühförderung für Kinder mit diesen besonderen Bedürfnissen muss immer als Komplexleistung geplant werden und ärztliche, psychologische, pädagogische, therapeutische und soziale Hilfen umfassen. 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