Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2012
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Eltern-Kind-Konzepte: Entwicklungspsychologische Beratung (EPB)
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2012
Angelika Schöllhorn
Ute Ziegenhain
Wer hat das Konzept ursprünglich entwickelt? Das Konzept der Entwicklungspsychologischen Beratung (EPB) wurde im Rahmen eines von der Berlin-Forschung geförderten Projekts von einer Arbeitsgruppe um Ute Ziegenhain entwickelt. Zunächst für die Beratung der Hochrisiko-gruppe jugendlicher Mütter und ihrer Säuglinge erfolgreich erprobt, konnte in der Folge auf die gewonnenen Forschungsergebnisse aufgebaut werden. Im Rahmen eines Modellprojekts, gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und sechs kooperierende Bundes-länder (Bayern, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen), wurde die EPB als Weiterbildungscurriculum konzipiert und erprobt (Ziegenhain et al., 2004).
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97 FI 2 / 2012 Eltern-Kind-Konzepte EltErn-KInd-KonzEptE Entwicklungspsychologische Beratung (EPB) Angelika Schöllhorn, Ute Ziegenhain Wer hat das Konzept ursprünglich entwickelt? das Konzept der Entwicklungspsychologischen Beratung (EpB) wurde im rahmen eines von der Berlin-Forschung geförderten projekts von einer Arbeitsgruppe um Ute ziegenhain entwickelt. zunächst für die Beratung der Hochrisikogruppe jugendlicher Mütter und ihrer Säuglinge erfolgreich erprobt, konnte in der Folge auf die gewonnenen Forschungsergebnisse aufgebaut werden. Im rahmen eines Modellprojekts, gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und sechs kooperierende Bundesländer (Bayern, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, nordrhein-Westfalen, rheinland-pfalz und thüringen), wurde die EpB als Weiterbildungscurriculum konzipiert und erprobt (ziegenhain et al., 2004). die Kursinhalte werden auf der Grundlage aktueller Forschungsergebnisse und praxisentwicklungen fortlaufend weiterentwickelt. zusätzlich zur Grundweiterbildung wurde mit Förderung der Stadt Ulm ein dreitägiges zusatzmodul „EpB mit Familien mit Migrationshintergrund“ konzipiert und erprobt. Weitere zusatzmodule, beispielsweise zur Beratung bei Eltern mit psychischen Erkrankungen oder für Kinder in pflegeverhältnissen, sind geplant. Wie baut sich das Konzept auf, was beinhaltet es alles? die EpB ist ein niedrigschwelliges, ressourcenorientiertes und videogestütztes Beratungskonzept, um die Feinfühligkeit von Eltern im Umgang mit ihren Säuglingen und Kleinkindern zu fördern und den Aufbau einer sicheren Bindungsbeziehung zu unterstützen. Sie basiert auf den Grundlagen der Bindungsforschung, der interdisziplinären Säuglings- und Kleinkindforschung, neuesten entwicklungspsychologischen Erkenntnissen sowie auf den Erfahrungen bewährter Beratungs- und therapiekonzepte. dabei geht der Ansatz der EpB weder allein vom Kind noch von den Eltern aus, sondern stellt die Beziehung zwischen beiden in den Mittelpunkt der Beratung. Entsprechend systemisch-lösungsorientierter Konzepte und entwicklungspsychologischer prinzipien stellen die beziehungsbezogenen Stärken und Fähigkeiten des Kindes und der Eltern den Ausgangspunkt der Beratung und Beziehungsförderung dar. das Konzept erfüllt die Anforderungen zeitlich begrenzter, verhaltensorientierter und gezielter Förderung feinfühligen Verhaltens von Eltern gegenüber ihren Kindern. Im ergänzenden Modul „EpB mit Familien mit Migrationshintergrund“ werden zusätzlich kulturell unterschiedliche Sozialisations- und Erziehungsmodelle eingeführt und kulturspezifische Bedeutungen von themen der Entwicklung, Bindung und Erziehung vermittelt. nach einem ausführlichen Anamnesegespräch wird eine erste Videoaufnahme von Mutter oder Vater und dem Kind in alltäglichen, alterstypischen Interaktionen im häuslichen oder institutionellen Umfeld erstellt. diese wird von der Beraterin bzw. dem Berater analysiert und auf der Grundlage von Entwicklungsthemen zwischen Eltern und Kind vorbereitet. In den Beratungsgesprächen werden die Eltern eingeladen, anhand passgenau ausgewählter 98 FI 2 / 2012 Eltern-Kind-Konzepte Videosequenzen, die individuellen Verhaltensweisen des Kindes und ihre auf die Signale des Kindes abgestimmten reaktionen in gemeinsamen Interaktionen zu entdecken. Kann das Kind seine Verhaltenszustände regulieren, aufmerksam sein, lustvoll explorieren, und entsteht darüber hinaus gemeinsame Freude zwischen Eltern und Kind, wird dies als gelungene Interaktion eingeschätzt und in Wechselwirkung mit adäquatem und feinfühligem mütterlichen bzw. väterlichen Verhalten verstanden. Kindliche Verhaltensweisen können so von den Eltern differenziert wahrgenommen und der zusammenhang zwischen dem Verhalten des Kindes und ihrem elterlichen Verhalten neu verstanden werden. Insbesondere die Bilder gelungener Eltern-Kind-Interaktionen ermöglichen Müttern und Vätern, innere Bilder von ihrem eigenen angemessenen Verhalten zu entwickeln und auf andere Alltagssituationen zu übertragen. dies kann im rahmen der sich anschließenden lösungsorientierten Beratungsgespräche vertieft werden. die Stärkung des Selbstwertgefühls und der Sicherheit der Eltern sind dabei entscheidende Voraussetzungen, damit Eltern die perspektive des Kindes einnehmen und feinfühlig auf seine Signale eingehen können. Bei Bedarf werden die gelungenen Interaktionssequenzen sparsam mit noch nicht gelungenen Interaktionssequenzen kontrastiert und ergänzt. Gewöhnlich besteht eine Beratungssequenz aus etwa fünf bis sieben terminen. Bei psychosozial belasteten Familien in angespannten lebenssituationen hat es sich bewährt, nach Abschluss einer ersten Sequenz mit EpB weitere Kontakte vorausschauend und präventiv zu planen. Hier müssen gegebenenfalls weitere und umfassendere Hilfen angeregt und initiiert werden. Weiterhin lässt sich die Videoanalyse der EpB als Grundlage einer spezifischen und differenzierten diagnostik nutzen, wie sie etwa in der perspektivenklärung und Hilfeplanung bei akut entwicklungs- oder psychosozial gefährdeten Kindern notwendig ist. Für wen ist es bestimmt? die Adressatengruppe der EpB umfasst eine große Bandbreite. Hierzu zählen Eltern, die allgemein an der Entwicklung ihres Kindes interessiert sind, ebenso wie belastete Eltern oder Eltern, die im Umgang mit ihrem Kind stark verunsichert sind. Entsprechend der bisherigen Erfahrungen profitieren vor allem Familien, die gesundheitlich und/ oder psychosozial belastet sind, insbesondere jugendliche und psychisch erkrankte Mütter, von diesem Beratungsangebot. Für die Frühförderung relevante Beispiele sind Familien mit frühgeborenen Kindern, Kindern mit Behinderung und von Behinderung bedrohten Kindern, entwicklungsverzögerten Kindern oder mit Kindern mit regulationsstörungen wie Schrei-, Schlaf- und Fütterstörungen. Was soll es bewirken? Über die EpB werden Eltern ressourcenorientiert und videogestützt in ihren Beziehungs- und Erziehungskompetenzen im Umgang mit ihrem Säugling und Kleinkind gefördert. Insbesondere die verbesserte elterliche Feinfühligkeit und die sich daraus entwickelnde sichere Bindungsbeziehung zwischen Kind und Eltern sind wesentliche präventive Faktoren für eine gesunde Entwicklung des Kindes. Wenn Eltern lernen, ihre Säuglinge und Kleinkinder in ihren physiologischen und motorischen reaktionen und ihrem kommunikativen Ausdrucksverhalten genau zu beobachten und die Wechselwirkung mit ihrem elterlichen Verhalten zu verstehen, wird die elterliche Feinfühligkeit weiter entwickelt und der Aufbau einer sicheren Bindung unterstützt. Frühe und diskrete Belastungen, die sich zunächst in der Eltern-Kind-Interaktion zeigen, werden im Säuglings- und Kleinkindalter häufig nicht wahrgenommen bzw. ihre möglichen Auswirkungen auf die weitere Entwicklung des Kin- 99 FI 2 / 2012 Eltern-Kind-Konzepte des unterschätzt. dabei sind sie als Ausgangspunkt für spätere Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten ernst zu nehmen. In der Beratung können Hinweise auf Belastungen frühzeitig erkannt und negative Interaktionskreise verhindert, unterbrochen oder zumindest abgeschwächt werden. langfristiges ziel der EpB ist damit die prävention von Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten im späteren Kindes- und Jugendalter. Wer wendet es an, welche Voraussetzungen gibt es für die Dozenten/ Referenten? die EpB ist für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Einrichtungen konzipiert, die im rahmen ihrer Arbeit früh in Kontakt zu Familien mit Säuglingen und Kleinkindern kommen und für deren Unterstützung verantwortlich sind. Angesprochen sind insbesondere Berufe aus der Jugendhilfe und dem Gesundheitswesen, wie z. B. Hebammen, Ärzte, FrühförderInnen, therapeuten, pädagogen. die Beratung ist als methodischer Baustein konzipiert, der die jeweiligen beruflichen Basiskompetenzen ergänzt und sich flexibel in unterschiedliche praxisfelder integrieren lässt. die Weiterbildung findet berufsbegleitend statt, das Curriculum umfasst insgesamt sechzehn Weiterbildungstage über den zeitraum von etwa einem Jahr. Inhaltliche Schwerpunkte liegen im Bereich der allgemeinen und klinischen Entwicklungspsychologie, bei Belastungen aufseiten des Kindes (z. B. Behinderung, Frühgeburt) oder aufseiten der Eltern (z.B. psychische Erkrankung) sowie beim Umgang mit trennungen im frühen Alter und mit Kindeswohlgefährdungen. Im Mittelpunkt steht dabei die Schulung der Verhaltensbeobachtung als Ansatzpunkt der Beratung, zwischen den Weiterbildungsblöcken werden die Elemente der EpB schrittweise an verschiedenen Beratungsfällen eingeübt. die erworbenen Fähigkeiten werden mit einem differenzierten zertifikat bescheinigt. Im dreitägigen zusatzmodul „EpB mit Familien mit Migrationshintergrund“ werden die Beraterinnen nach Abschluss der Grundweiterbildung spezifisch in Bezug auf kultursensitive Beratung geschult. die dozentinnen der Weiterbildung verfügen über beraterische, psychotherapeutische und/ oder supervisorische Kompetenzen und vertiefte praxiserfahrungen mit Säuglingen und Kleinkindern. Sie treffen sich zweimal jährlich, um sich mit neuen theoretischen und empirischen Erkenntnissen auseinanderzusetzen. Welche Erfahrungen gibt es im Bereich der Frühförderung damit? die EpB stellt eine zunehmend mehr genutzte Methode in der praxis der Frühförderung dar. der ganzheitliche Ansatz der Frühförderung wird durch den Aspekt der Beziehungsförderung als zentrales Charakteristikum der Entwicklungspsychologischen Beratung wirksam ergänzt. Insbesondere wenn die reaktionen des Kindes schwer lesbar sind, die reaktionsfähigkeit des Kindes durch verlangsamte oder auch überschießende reaktionen gekennzeichnet ist und Entwicklungsfortschritte des Kindes minimal oder nur sehr langsam sind, ist die passung zwischen kindlichem und elterlichem Verhalten gefährdet. Eltern sind dann in ihren intuitiven Kompetenzen verunsichert und überfordert und können diese Herausforderung kaum ohne Unterstützung bewältigen. Hier zeigt sich, dass Eltern mit der im rahmen der Frühförderung eingesetzten EpB wirksam in der Gestaltung der Interaktion mit ihrem Kind unterstützt werden können. die Fähigkeit der Eltern, Feinzeichen der Belastung bei ihren Kindern 100 FI 2 / 2012 Eltern-Kind-Konzepte zu erkennen und mithilfe kleiner Verhaltensänderungen angemessen darauf zu reagieren, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, dass die Kinder eine Stabilisierung der Aufmerksamkeit erreichen können. Eine zunehmende Wechselseitigkeit in der Interaktion zwischen Eltern und Kind, mehr geteilte Aufmerksamkeit und geteilte Freude im Miteinander können darauf aufbauend entwickelt werden. Kleine Interventionen entfalten hier häufig eine große Wirkung. Womit wird die Wirksamkeit bewiesen? Was wissen wir über die Nachhaltigkeit? die Wirksamkeit der EpB wurde zunächst in zwei Studien für die Hochrisikogruppe jugendlicher Mütter sowohl in Bezug auf aktuelle Verbesserungen der elterlichen Feinfühligkeit als auch im Hinblick auf die nachhaltigkeit erfolgreich evaluiert (ziegenhain, derksen & dreisörner, 2004; ziegenhain, libal, derksen & Fegert, 2005). Erste, vorläufige daten einer aktuellen quasiexperimentellen Evaluationsstudie für spezifische risikofaktoren ( jugendliche Mütter, Mütter mit psychischen Erkrankungen, Mütter mit Migrationshintergrund, Mütter mit multiplen psychosozialen Belastungen oder Kinder mit besonderen Fürsorgeansprüchen z. B. nach Frühgeburt, Behinderung) replizieren in der tendenz die vorherigen Ergebnisse: die Synchronizität in den Mutter-Kind-Interaktionen, die Feinfühligkeit der Mütter und die Kooperationsbereitschaft der Kinder in der Interventionsgruppe verbesserten sich gegenüber der Kontrollgruppe (Bovenschen et al., 2012; pillhofer et al., 2011). zudem reduzierten sich depressionssymptome bei den Müttern der Interventionsgruppe, sofern keine traumatisierung zugrunde lag. die Untersuchungen zwölf Monate nach der Intervention sind noch nicht vollständig abgeschlossen, eine weitere Untersuchung nach sechs Jahren ist geplant. Was sagen Kritiker? der klare Fokus auf gelingende Interaktionen und der ressourcenorientierte Ansatz werden teilweise mit Skepsis betrachtet. Allerdings ist die Wirksamkeit von Angeboten wie der EpB, die Eltern gezielt und spezifisch in ihren Beziehungskompetenzen fördern, mittlerweile gut belegt. praxiserfahrungen zeigen, dass solche gezielten programme, insbesondere in der Arbeit mit psychosozial belasteten Familien, von Hilfen der regelversorgung flankiert werden müssen. die Implementierung der Methode in die unterschiedlichen Berufsfelder stellt vielfach eine Herausforderung dar. zeitliche und finanzielle ressourcen müssen berücksichtigt und eingeplant werden. In Fällen, in denen eine Fachkraft mehrere unterschiedliche Aufgaben in Bezug auf die Familie hat, muss die trennung zwischen diesen Aufgaben gut bedacht werden. Wo kann man mehr erfahren? www.entwicklungspsychologische-beratung.de Angelika Schöllhorn Pädagogische Hochschule Thurgau Hafenstrasse 50 d CH - 8280 Kreuzlingen E-Mail: angelika.schoellhorn@phtg.ch Prof. Dr. Ute Ziegenhain Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Steinhövelstraße 5 89075 Ulm 101 FI 2 / 2012 Eltern-Kind-Konzepte · Stichwort Literatur Bovenschen, I., Gabler, S., Spangler, G. u. a. Videogestützte Beratung zur Beziehungsförderung bei jungen Müttern und ihren Säuglingen: Auswirkungen auf die mütterliche Feinfühligkeit. (erscheint 2012) Pillhofer, M., Künster A. K., von Wietersheim, H. u. a. Frühe Bindungsförderung bei hoch belasteten Müttern und ihren Säuglingen. tagungsbeitrag bei der 20. Fachgruppentagung Entwicklungspsychologie der dGps, Erfurt Ziegenhain, U., Derksen, B., Dreisörner, R. (2004). Frühe Förderung von resilienz bei jungen Müttern und ihren Säuglingen. Kindheit und Entwicklung, 13, 226 -234 Ziegenhain, U., Fries, M., Bütow, B. & Derksen, B. (2004). Entwicklungspsychologische Beratung für junge Eltern. Juventa. Weinheim Ziegenhain, U., Libal, E., Derksen, B. & Fegert, J. M. (2005). Entwicklungspsychologische Beratung für jugendliche Mütter und ihre Säuglinge. Vortrag auf der tagung des bay. StMAS „Entwicklungspsychologische Beratung für junge Mütter und ihre Säuglinge“, München, 2. 2. 2005 Anamnese Gerhard Neuhäuser StICHWort zum Verstehen der Gegenwart ist die Kenntnis der Vergangenheit eine wesentliche Voraussetzung - keineswegs immer werden aus dieser Binsenweisheit richtige Schlüsse gezogen. dies gilt im persönlichen Alltag, in politik und Wissenschaft, für viele zwischenmenschliche Beziehungen, nicht zuletzt aber bei der ärztlichen tätigkeit oder für die psychologische bzw. psychotherapeutische Beratung. Hier erhält man Informationen über die Vergangenheit durch die Vorgeschichte oder Anamnese, nach dem altgriechischen Wort anamnesis durch Erinnerung. Schon die Ärzte des Altertums wussten, welche Bedeutung die lebens- und leidensgeschichte der patienten für das Erkennen einer Krankheit hat. rufus von Ephesos (ca. 80 -150) und Muhammad ibn zakariya Ar-razi, genannt rhazes (865 -925), sollen die ersten Schriften zu diesem thema verfasst haben. Erst im 17. und 18. Jahrhundert gab es nachfolger, zum Beispiel Hermann Boerhave (1668 -1738) oder Georg Ernst Stahl (1659 -1734), die abhängig von den herrschenden theorien ihrer zeit bestimmte Schwerpunkte setzten, nun meist naturwissenschaftlich geprägt. Seither ist jedem Arzt und jeder Ärztin geläufig, dass die Anamnese ein unverzichtbarer Bestandteil ihrer tätigkeit sein muss, was heute infolge so mancher technischer Errungenschaften leider nicht mehr selbstverständlich ist. Unvermindert sind aber die Angaben der Vorgeschichte und die dabei mehr oder weniger systematisch ermittelten daten zusammen mit den klinischen, d. h. durch einfache Untersuchungsmethoden erhobenen Befunden für die diagnose entscheidend wichtig: diese kann vielfach allein mit solchen Informationen gestellt werden (in etwa 80 -90 %). Eine sorgfältig erhobene Anamnese hilft auch dabei, die richtigen Weichen zu stellen, um in logischen Schritten, oft unter Befolgen eines Algorithmus, aber stets mit individuell geplantem Vorgehen die erforderlichen Befunde zu sammeln und dabei sinnvoll die heute verfügbaren technischen Möglichkeiten einzusetzen.
