eJournals Frühförderung interdisziplinär 32/1

Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2013
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Auf dem Schirm: Interdisziplinarität in der Frühförderung

11
2013
Martin Thurmair
Interdisziplinarität ist ein zentrales Konzept der Frühförderung. Ihre Umsetzung hat konzeptionelle und organisatorische Aspekte, und beeinflusst den Charakter der Arbeit der verschiedenen Fachpersonen. Der Beitrag berichtet aus einer Studie an den Frühförderstellen in Bayern über die verschiedenen Berufsgruppen, die dort arbeiten, über ihre professionellen Orientierungen, über das Profil der Kinder und Familien, die sie betreuen, und über Strukturen und Inhalte ihrer Zusammenarbeit.
1_032_2013_001_0017
17 Frühförderung interdisziplinär, 32. Jg., S. 17 -34 (2013) DOI 10.2378/ fi2013.art02d © Ernst Reinhardt Verlag ORIgInalaRbEIt Auf dem Schirm: Interdisziplinarität in der Frühförderung 1 Martin Thurmair Zusammenfassung: Interdisziplinarität ist ein zentrales Konzept der Frühförderung. Ihre Umsetzung hat konzeptionelle und organisatorische Aspekte, und beeinflusst den Charakter der Arbeit der verschiedenen Fachpersonen. Der Beitrag berichtet aus einer Studie an den Frühförderstellen in Bayern über die verschiedenen Berufsgruppen, die dort arbeiten, über ihre professionellen Orientierungen, über das Profil der Kinder und Familien, die sie betreuen, und über Strukturen und Inhalte ihrer Zusammenarbeit. Schlüsselwörter: Interdisziplinarität, Berufsgruppen, Berufsprofile, Kooperation On the Screen: Interdisciplinarity In Early Intervention Services Summary: Interdisciplinarity is an important concept in early intervention. In practice, it has conceptional and organisational implications, and influences the characteristics of work of the different professionals. From a survey on early intervention services in Bavaria we report data about the different specialists working in early intervention services, their professional orientations, their profiles concerning children and families, and about structures and contents of cooperations between them. Keywords: Interdisciplinarity, professionals, professional profiles, cooperation 1. Das Prinzip der Interdisziplinarität D ie Interdisziplinarität gilt als Markenzeichen, unterscheidendes Merkmal der Früherkennung und Frühförderung behinderter und entwicklungsgefährdeter Kinder. Der Ausdruck „Interdisziplinäre Frühförderung“ ist für dieses Arbeitsfeld spezifisch und ermöglicht die Unterscheidung zur Frühförderung im Sinne frühkindlicher Bildung und Erziehung, im Sinn der frühen Talentförderung im Fußball (das war in der Zeitung schon so zu lesen) und anderes mehr. Die „Interdisziplinarität“ hoch zu bewerten ist eine bundesdeutsche Besonderheit; sie spielt z. B. in den schweizerischen oder österreichischen Systemen eine geringere Rolle. In der Schweiz sind Hilfen für die vergleichbare Klientel profiliert als „Heilpädagogische Früherziehung“, in Österreich als „Frühförderung und Familienbegleitung“ - beide Systeme mit der erforderlichen Anbindung ins Gesundheitswesen (v. a. Ärzte). Auch der Aufbau der regionalen Frühförderstellen in Bayern firmierte als Projekt „Pädagogische Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder“ - trotz damals schon deutlich interdisziplinärer Entwicklung des Systems (Arbeitsstelle Frühförderung, 1982, 36ff). „Interdisziplinarität“ ist in der Bundesrepublik seit dem Sozialgesetzbuch IX, dem Gesetz über die Eingliederung und Teilhabe behinderter Menschen, kodifiziert als „Komplex- 1 „auf dem Schirm“ spielt an auf das nach art eines Radar-Schirms gestaltete logo der „Fragen zur lage - Systemanalyse Interdisziplinäre Frühförderung in bayern 2010“, kurz „Franzl 2010“ 18 FI 1 / 2013 Martin Thurmair leistung“ der beiden wesentlichen Leistungsträger, der Eingliederungshilfe und der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB IX, § 30, Abs. 1). Dies bildet auch ab, dass in der Frühförderung die klassischen universitären Disziplinen Medizin und Pädagogik/ Psychologie die einschlägigsten Disziplinen sind. „Interdisziplinarität“ und interdisziplinäre Zusammenarbeit bezieht ihre Notwendigkeit aus der Arbeitsteiligkeit und Spezialisierung von Berufen innerhalb der Disziplinen, die mit abweichender Entwicklung von Kindern befasst sind, und mit der Situation von Familien, deren Kinder Entwicklungsprobleme haben. Die verschiedenen Berufszweige sind und fühlen sich „zuständig“ - mit unterschiedlichen Schwerpunkten - für die Diagnostik, für die Therapie und Förderung der Kinder, für die Begleitung und Beratung der Eltern und Familien, für rechtliche Fragen, für Netzwerkarbeit… „Interdisziplinarität“ ist, wie Neuhäuser festgestellt hat (2011, 59), kein neuer oder neu zu schaffender Bereich „zwischen“ den Disziplinen, sondern eher eine in der Kooperation von Fachleuten unterschiedlicher Spezialisierungen entstehende Qualität der Leistungserbringung im Sinne der Erweiterung der Handlungskompetenz jeder einzelnen Spezialistin durch Hineinnahme von Erfahrung und Wissen anderer Fachpersonen in das eigene Handeln. In den Anfängen der Frühförderung wurde bei uns der Weg gewählt, kein eigenes Berufsbild des „Frühförderers“ anzustreben, sondern „nach einer grundständigen Ausbildung das erforderliche zusätzliche Wissen zunächst im Rahmen der einzelnen Disziplinen zu erwerben, um es dann in der Realität, also praxisbezogen, durch interdisziplinäre Erfahrungen zu erweitern“ (Neuhäuser, 2011, 59). Dass andere Lösungen für die Anforderung einer breiten Kompetenz im Kindesalter möglich sind, zeigt das Berufsbild der „Konduktorin“ im Petö-System. Zur „interdisziplinären Frühförderung“, wie sie in der Bundesrepublik verwirklicht wird, gehören im Kern die Berufsgruppen der Ärzte (mit ihren Spezialisierungen, wie Kinder- und Jugendärzte, Kinder- und Jugendpsychiater, Neuropädiater…), der Heilpädagogen, Sonder- und Rehabilitationspädagogen, Sozialpädagogen, Psychologen, Motopädagogen und Psychomotoriker, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden; aber auch Orthoptisten oder Hörgeräteakustiker spielen in bestimmten Bereichen eine wichtige Rolle. 2. „Interdisziplinarität“ als Charakteristik der Leistungen einer IFF Für die Angebote von Frühförderstellen an Kinder und Familien ist es bedeutsam, mit wie vielen Personen sie zu tun haben und wie gut abgestimmt die Angebote aufeinander sind. In den verschiedenen Konzepten zur „Interdisziplinarität“ kann das sichtbar gemacht werden als n „Multidisziplinarität“: Nebeneinander planen - nebeneinander handeln n „Interdisziplinarität“: Miteinander planen - nebeneinander handeln n „Transdisziplinarität“: Miteinander planen - miteinander handeln - Transfer disziplinspezifischer Handlungsqualifikationen auf die Bezugspersonen (Goll, 1996, 167f; vgl. auch Behringer und Höfer 2005, 17) „Multidisziplinarität“ als ein vorwiegend additives Modell von Leistungen ist bereits verwirklicht, wenn am Dienstag die pädagogische Frühförderung kommt, am Mittwoch das Kind in die ergotherapeutische Praxis geht und der Kinderarzt das Kind in regelmäßigen Abständen sieht. 19 FI 1 / 2013 Auf dem Schirm: Interdisziplinarität in der Frühförderung „Interdisziplinarität“ braucht Verfahrensregeln zwischen den verschiedenen Fachvertretern über beispielsweise die Zusammenschau von diagnostischen Informationen, und die Abstimmung von Schwerpunkten und Inhalten der Förderung, Beratung, Familienbegleitung … Die Abstimmung kann dabei am Telefon stattfinden, aber auch in gemeinsamen Fallbesprechungen - zwischen diesen Formen liegen möglicherweise Welten in der Qualität des Austausches. „Transdisziplinarität“ im Sinne von Goll (1966, 167f) formuliert einen deutlich höheren Anspruch an die Abstimmung und die Zielperspektive der Angebote: In ihr geht es um die Befähigung der Eltern, der Bezugspersonen eines Kindes zur Förderung (Bildung) und Erziehung ihres Kindes durch fachlich abgestimmte Anleitung und Beratung. Partner der Fachperson sind hier also nicht so sehr die Kinder, als vielmehr die Eltern. Eine Debatte um Wörter („Multi“, „Inter“, „Trans“) ist in diesem Zusammenhang unnötig; von der Sache her geht es um eine Ziel- und Verfahrensrichtung interdisziplinärer Frühförderung. Ein relativ anspruchvolles Modell hat Sarimski (2012, 149) für die interdisziplinäre Diagnostik und Planung der Förderung skizziert: „Die Chance einer interdisziplinären Diagnostik liegt…in einer Integration von unterschiedlicher fachlicher Expertise bei der Klärung des Förderbedarfs eines Kindes und der Planung von alltagsintegrierten Förderaktivitäten. Ein empirisch bewährtes Modell ist, dass die Zusammenarbeit mit den Eltern in der Hand einer primären Fachkraft liegt, die je nach Bedarf die Unterstützung von Fachkräften anderer Disziplinen hinzuzieht.“ Dahinter steht die - auch empirisch gut abgesicherte - Erfahrung, dass weder mehr Fördermaßnahmen mehr Effekte bringen („viel hilft viel“), noch auch, dass der Entwicklungsverlauf primär von der Förderung durch eine Fachkraft abhängt („Die Therapie machts aus“); vielmehr sei es nötig, so Sarimski, „dass sich alle Fachkräfte auf ein gemeinsames Verständnis von Frühförderung beziehen, die nicht in isolierten Übungsbehandlungen besteht, sondern in einer Förderung funktionaler Kompetenzen eines Kindes, um ihm die soziale Partizipation im Alltag zu ermöglichen, und einer Beratung der Eltern, die ihre Bedürfnisse und Ressourcen berücksichtigt“ (2012, 150). Aus einer solchen Orientierung bezöge die Interdisziplinarität eine klare Zweck-Orientierung. 3. Interdisziplinarität als Organisationsprinzip „Interdisziplinarität“ wurde und wird im bundesdeutschen Zusammenhang in erster Linie als Organisationsprinzip von Institutionen diskutiert: Welche Fachdisziplinen müssen an einer Frühförderstelle arbeiten, die sich „interdisziplinär“ nennen darf? Der deutsche Bundesgesetzgeber hat sich im SGB IX und in der FrühV für die Erbringung von Leistungen der Früherkennung und Frühförderung auf das Wort „interdisziplinäre Frühförderstelle“ festgelegt, die Organisationsmerkmale einer „interdisziplinären Frühförderstelle“ aber nicht näher bestimmt und dies an Landesrahmenempfehlungen in den einzelnen Bundesländern delegiert. Dies wohl auch, weil in den verschiedenen Bundesländern recht unterschiedliche Modelle praktiziert werden. Eine sehr weit greifende Organisationsperspektive ist in der „Deklaration zur Umsetzung der Frühförderungsverordnung in Hessen“ (VIFF Hessen u. a., 2009) formuliert: Die hessische Frühförderung setze auf das interdisziplinäre Handeln der am Prozess Beteiligten, die in einem umfangreichen Netzwerk von Akteuren und Institutionen zusammenwirkten. Genannt werden in der Deklaration u. a. Ärzte, Sozialpädiatrische Zentren, kinder- und jugendpsychiatrische Spezialambulanzen, Kinder- und Jugendpsychiater, medizinische Therapeuten, Erziehungsberatungsstellen, Kindertageseinrichtungen. Die 20 FI 1 / 2013 Martin Thurmair hessische Deklaration begrenzt die Organisationsperspektive also nicht auf die einzelne Frühförderstelle und macht für die Kooperationen keine formellen Vorgaben. Im Unterschied dazu ist in Bayern die Erbringung einer interdisziplinären „Komplexleistung“ institutionell gebunden an Interdisziplinäre Frühförderstellen (IFS), in denen die Leistungen aller notwendigen Fachkräfte vorgehalten werden müssen - sei es durch angestelltes Personal, sei es durch vertraglich gebundene Kooperationspartner. In einem entsprechenden „Strukturerhebungsbogen“ muss die Frühförderstelle ihren Personalplan vorlegen, um eine Zulassung als „interdisziplinäre Frühförderstelle“ zu erhalten. Der Personalplan muss erkennen lassen, dass die Frühförderstelle die Leistungen auch erbringen kann, die nach den gesetzlichen Vorgaben (SGB IX und FrühV) zu erbringen sind. Dabei handelt es sich um die sog. „nichtärztlichen Leistungen“, und zwar - nach dem Gesetzestext - medizinisch-therapeutische, psychologische, (heil)pädagogische/ sonderpädagogische und psychosoziale Leistungen. Die sehr strenge bayerische Organisationsvorgabe hat dazu geführt, dass mittlerweile die meisten bayerischen Frühförderstellen breit interdisziplinär aufgestellt sind, und zwar schon beim angestellten Personal. Ein guter Teil der Leistungen, zumal logopädische, auch ergotherapeutische Leistungen, werden aber auch durch Kooperationskräfte erbracht (FranzL Resultate I, 12ff). Die Tendenz, Kooperationsverträge abzuschließen, hat zwischen den Jahren 2006 und 2010 aber deutlich abgenommen (FranzL Resultate I, 15). Im Folgenden werden einige Aspekte der Umsetzung von „Interdisziplinarität“ an bayerischen Interdisziplinären Frühförderstellen vorgestellt und diskutiert; die Datengrundlage dafür ist die Studie „Fragen zur Lage 2010 - Systemanalyse Interdisziplinäre Frühförderung in Bayern“, kurz auch „FranzL 2010“, der Arbeitsstelle Frühförderung Bayern (2011). 4. Schlüsselprozesse interdisziplinärer Zusammenarbeit 4.1 Interdisziplinarität beim Förder- und Behandlungsplan Die Verrechtlichung von Früherkennung und Frühförderung im SGB IX und der FrühV hat den Förder- und Behandlungsabb. 1: anteil der Frühförderstellen, die Personen aus den genannten berufsgruppen angestellt haben, in %, gültige n = 87; „andere“ sind zum teil Erzieherinnen, auch mit Zusatzausbildungen, die über eine bestandsschutzklausel an den IFS weiterbeschäftigt werden konnten. An bayer. IFS angestellte Fachkräfte 21 FI 1 / 2013 Auf dem Schirm: Interdisziplinarität in der Frühförderung plan zum Scharnier zwischen Frühförderung (Leistungserbringer) und Kostenträgern gemacht: Erst wenn er vorliegt, kann über die Leistungsgewährung entschieden werden (FrühV § 7). Dadurch bekam der Förder- und Behandlungsplan in der interdisiziplinären Frühförderung eine zeitlich wie inhaltlich neu definierte Funktion: Er ist vor allem die verwaltungsseitige Grundlage einer Entscheidung über die Gewährung von Frühförderung. Dem entsprechend ist der erste Schlüsselprozess in interdisziplinären Frühförderstellen nach der Kontaktnahme mit den Eltern („Offenes Beratungsangebot“) eine „Eingangsdiagnostik“, die die Notwendigkeit von Leistungen im Sinne einer „Komplexleistung“ feststellt und damit den Rehabilitationsträgern die Möglichkeit gibt, über die Leistungsgewährung zu entscheiden. Diese „Eingangsdiagnostik“ hat die medizinischen wie auch pädagogisch-psychologischen Aspekte zu berücksichtigen; sie muss eine solide Grundlage für das Ausfüllen des Förder- und Behandlungsplans abgeben, muss aber auch sicherstellen, dass eine etwa notwendige Frühförderung innerhalb eines nützlichen Zeitraums beginnen kann. Die „Eingangsdiagnostik“ ist deshalb in vielen Ausgestaltungen der gesetzlichen Regelungen ein eigenes Modul, das mit unterschiedlichen Maßgaben in unterschiedlicher Höhe von der Krankenversicherung bezahlt wird. Die bayerische Regelung ist, die ärztliche Diagnostik nicht im Rahmen der Diagnostik der Frühförderstellen zu finanzieren und für die an den IFS stattfindende „nichtärztliche Diagnose/ Befund der IFS“ (so der Text im Formular) insgesamt etwa 4 - 5 Personalstunden zu finanzieren. Unter den bayerischen IFS ist es weitgehend Konsens, dass dies zwar ausreicht für eine solide Indikationsstellung für/ gegen interdisiziplinäre Frühförderung bzw. eine gezielte Weitervermittlung, und für erste (d. h. grobe und wenig verbindliche) Festlegungen hinsichtlich Schwerpunkt, Umfang und Form der Förderung/ Behandlung und Beratung; die Ressourcen der „Eingangsdiagnostik“ reichen jedoch nicht aus für eine differenzierte interdisziplinäre Diagnostik und eine darauf auf bauende interdisziplinäre Förder-/ Therapieplanung und für die nötige Abstimmung mit den Eltern (Arbeitsstelle 2009). 4.1.1 Kooperation mit den Ärzten Das signifikanteste interdisziplinäre Moment in dieser Phase des Förderprozesses ist die gemeinsame Erstellung und Unterzeichnung des Förder- und Behandlungsplans durch den behandelnden Arzt und die verantwortliche Person der IFS. Die Frühförderstellen bringen in diesen Prozess i. d. R. eine Diagnostik des Entwicklungsstandes des Kindes (vielfach Testdiagnostik, strukturierte Beobachtung), anamnestische Inabb. 2: Fallbezogene Kontakte der IFS ins System „gesundheit“, nach art der Kontakte, „häufig“ = 5, „selten“ = 2; „Franzl 2010“ - leiter-Daten, n max = 89 5 4 3 2 1Fon Fax Persönlich Mail AG Q-Zirkel Fallbezogene Kontakte Ärzte 22 FI 1 / 2013 Martin Thurmair formationen, je nach Problemstellung Befunde aus dem medizinisch-therapeutischen Bereich, und Vorstellungen über die interdisziplinäre Zusammenstellung der „Komplexleistung“ und die Art der Leistungserbringung mit ein. Die Kooperation mit den Ärzten im letztlichen Ausfüllen und Unterschreiben des Formulars „Förder- und Behandlungsplan für interdisziplinäre Frühförderung“ ist meist auf einem pragmatischen Niveau geregelt; es ist Teil einer Zusammenarbeit, die von den IFS aus mit unterschiedlicher, aber im Durchschnitt ziemlich hoher Dichte und Intensität über den gesamten Förderprozess hin gepflegt wird - von gelegentlichen Telefonaten mit einem Arzt, der nur ein oder zwei Kinder betreut bis hin zu regelmäßigen Teambesprechungen und vielen Telefonkontakten vor allem mit den Kinder- und Jugendärzabb. 4: Verantwortung für Durchführung der Eingangsdiagnostik. Mehrfachnennungen, in % der IFS, leiterangaben, n = 89, vgl. Franzl Resultate III, S. 7 abb. 3: „Energie“ in den fallbezogenen Kooperationen der IFS mit den Systemen gesundheit, Jugend und Schule. leiter-Daten, nennungen in %, n max = 87, vgl. Franzl Resultate II, S. 11 Energie in fallbezogener Kooperation 23 FI 1 / 2013 Auf dem Schirm: Interdisziplinarität in der Frühförderung ten, die viele Kinder an die IFS vermittelt haben und mit der IFS langfristig gut zusammenarbeiten. Der fallbezogene Austausch ist notwendig vor allem bei aktuellen Fragen in der Förderung und Behandlung, bei Änderungen im Förder- und Behandlungsplan oder bei der Weiterbeantragung von Leistungen. Als Kontaktmedium spielt das Telefon eine herausragende Rolle gegenüber persönlichen Kontakten und E-Mail; das Faxgerät kommt vor allem ins Spiel, wenn Vorschläge für das Ausfüllen des Formulars „Förder- und Behandlungsplan“ zwischen Arzt und IFS hin und her gehen. Erwähnenswert scheint auch, dass vor allem im fallbezogenen Kontakt ins Gesundheitssystem (also vor allem zu den Ärzten) die IFS deutlich mehr „Energie“ aufbringen müssen als in anderen Kooperationen (was ohne Zweifel auch darauf zurückzuführen ist, dass die Kooperation mit dem Arzt obligatorisch ist). 4.1.2 Eingangsdiagnostik in den IFS Auf der Seite der IFS wird die Durchführung der Eingangsdiagnostik mit ihren verschiedenen Komponenten überwiegend bestimmten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übertragen (bei 42,5 % der IFS); häufig sind auch Diagnostik-Teams (bei 29,9 % der IFS), also mehrere Kolleginnen und Kollegen, die schwerpunktmäßig diagnostische Aufgaben haben. Bei vielen IFS ist die Eingangsdiagnostik aber auch in der Verantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit Kind und Familie schon befasst sind/ waren (etwa im „Offenen Beratungsangebot“). Dass je nach Problematik des Kindes und/ oder der Familie verschiedene andere Berufsgruppen in die Eingangsdiagnostik einbezogen werden, ist für einen Teil der IFS (16,5 %) möglich und geboten. „Fallteams“, also eine feste Arbeitsgruppe von mit einem Fall befassten Kolleginnen und Kollegen, sind im Stadium der Eingangsphase noch selten. Die für die Eingangsdiagnostik bestimmten MitarbeiterInnen sind mehrheitlich PsychologInnen (54,6 %). PädagogInnen (Sammelbegriff) sind zu einem Viertel (25,6 %), medizinische TherapeutInnen bei 9,3 % der Einrichtungen in der Verantwortung. Benannt wurden auch Funktionen in der Stelle, wie die Leitung oder die Mitarbeiterin, die auch das Offene Beratungsangebot durchgeführt hat (10,5 %). Wenn die Diagnostik in der Hand eines Teams liegt, sind diese Teams überwiegend interdisziplinär zusammengesetzt (Tab. 1). 4.2 Interdisziplinarität in der Förderung, Behandlung und Beratung Der Übergang vom Abschluss der Eingangsdiagnostik auf den Beginn der Förderung ist eine Schnittstelle, an der in den meisten Fällen - vor allem, wenn die Eingangsdiagnostik in den Händen bestimmter Mitarbeiterinnen liegt - eine Fallübergabe an diejenigen Kolle- Drei Disziplinen (Psych, Päd und Med.) 45,5 % Zwei Disziplinen, interdisziplinär (Päd./ Psych. und Med.) 39,4 % Zwei Disziplinen, nicht interdisziplinär (= nur Psych + Päd.) 12,1 % Eine Disziplin (monodisziplinär) 3,0 % tab. 1: Zusammensetzung von teams in der Eingangsdiagnostik, vgl. Franzl Resultate III, 8. 24 FI 1 / 2013 Martin Thurmair ginnen erfolgt, die die Förderung und Behandlung des Kindes und die Beratung der Familie und KiTa in der Hand haben. Die meisten IFS haben den Ablauf der Eingangsphase formell geregelt (82 %); spezifische Regelungen für die Fall-Übergabe gibt es hingegen nicht so oft (29,2 %). Nach unseren Kenntnissen ist die Gestaltung der Übergaben an den IFS recht unterschiedlich; sie reicht vom Übergeben mehr oder weniger aussagefähiger Akten bis hin zu spezifischen Übergabe-Gesprächen zwischen den „Diagnostikern“ und den betreuenden Fachkräften, bei denen zum Teil auch die Eltern mit einbezogen werden. Dementsprechend wenig oder ausführlich vorbesprochen ist dann auch der Start, den die Frühförder-Fachkraft mit Kind und Familie hat. Ein wichtiger Gestaltungspunkt an der Schnittstelle „Übergabe“ ist, wer mit den Eltern das Ergebnis der Diagnostik und den Förder- und Behandlungsplan bespricht. Hier dominieren klar diejenigen, die die Diagnostik durchgeführt haben oder die als „verantwortliche Fachkraft“ den Förder- und Behandlungsplan auf der Seite der IFS unterschreiben und zusammen mit dem Arzt auch verantworten; das sind oftmals ein und dieselben Personen. Dass die Frühförderinnen oder Therapeutinnen, die mit Kind und Familie zusammenarbeiten, die Diagnose und den Behandlungsplan mit den Eltern besprechen, ist bei weniger als einem Fünftel der Frühförderstellen die Regel (vgl. FranzL Resultate Teil III, S. 9). Das bedeutet in den meisten Fällen, dass diese Fachpersonen mit den Eltern einen „Neustart“ haben und gestalten müssen. Die Förderung, Behandlung und Beratung der IFS ist in Bayern definitionsgemäß interdisziplinär, weil zwingend als „Komplexleistung“ zu erbringen, d. h. als Leistungen jeweils aus dem pädagogisch-psychologischen und dem medizinisch-therapeutischen Bereich innerhalb der Laufzeit der Genehmigung des Förder- und Behandlungsplans („Zwei-Kreuzchen-Lösung“). Die „Komplexleistung“ hat Gestaltungsvarianten nach Reihenfolge (die Leistungen müssen nicht gleichzeitig, können auch nacheinander erbracht werden) und Intensität (die Leistungen müssen nicht gleich gewichtig sein, es kann also eine z.B. nur sporadisch erbracht werden), die sich in drei Typen zusammenfassen lassen: n „Parallel“ bedeutet, dass gleichzeitig zwei oder mehr Maßnahmen stattfinden (z. B. jeweils am Montag Ergotherapie, am Donnerstag heilpädagogische Förderung bzw. am Dienstag Logopädie/ Sprachtherapie und anschließend heilpädagogische Förderung) n „Nacheinander“ bedeutet eine zeitliche Staffelung der Maßnahmen, z. B. im ersten Halbjahr Heilpädagogik, im zweiten Halbjahr Logopädie/ Sprachtherapie n „Flankierend“ bedeutet, dass schwerpunktmäßig eine Maßnahme stattfindet, und eine zweite Profession gelegentlich hinzugezogen wird (z. B.: es findet schwerpunktmäßig Ergotherapie statt, und die Psychologin begleitet den Prozess in gelegentlichen Hospitationen oder in gemeinsamen Elterngesprächen; oder: die Heilpädagogin holt sich immer wieder Unterstützung und Beratung bei der Logopädin/ Sprachtherapeutin …). Über alle Einrichtungen hinweg betrachtet setzen die IFS dies überwiegend (in 66,5 % der Fälle) als eine parallele Leistungerbringung (mindestens) zweier Kolleginnen unterschiedlicher Disziplinen (med.-ther. und päd.-psych.) um. Die Variante „nacheinander“ kommt in 22 % der Fälle zum Tragen, die Variante „flankierend“ bei 24,4 % aller Fälle. Viele IFS (44,9 %) kombinieren diese Modelle auch, wenn erforderlich (deshalb summieren sich die Prozentwerte zu mehr als 100 %) (vgl. FranzL Resultate III, 13). 25 FI 1 / 2013 Auf dem Schirm: Interdisziplinarität in der Frühförderung Nach unseren Kenntnissen haben die IFS ihre Umsetzungs-Modelle verschieden stark akzentuiert; die parallele Leistungserbringung ist auch verwaltungstechnisch gesehen eine sichere Lösung (was passiert bei der „Nacheinander“-Lösung, wenn eine Familie nach einem halben Jahr päd. Leistungen wegzieht und keine med. Leistung mehr erbracht werden kann? ), wogegen „flankierende“ Modelle schwieriger zu organisieren sind und auch gelegentlich auf kritische Nachfragen der Reha-Träger stoßen („Nur so wenig Heilpädagogik? Ist dann eine Komplexleistung überhaupt nötig? “). Unter dem integrativen Gedanken der Interdisziplinarität (Stichwort „transdisziplinär“, s. o.) war es konzeptionell immer schon bedenkens- und hinterfragenswert, mehrere Fachkräfte bei einem Kind und seiner Familie zu wissen. In diesem Sinn haben beispielsweise Peterander & Speck (1993, Anhang D, S. 12) in ihrer Studie einige kritische Items formuliert: Welche Probleme entstehen, wenn mehrere Mitarbeiter mit demselben Kind in der Frühförderung arbeiten? 1. Es fällt dem Kind schwer, eine Beziehung zu den einzelnen Therapeuten aufzunehmen 2. Die Maßnahmen sind oft zu wenig aufeinander abgestimmt 3. Die Eltern der Kinder erhalten auf diese Weise widersprüchliche Informationen 4. Es ist in diesem Fall schwer, einen ganzheitlichen Ansatz zu realisieren 5. Die von den verschiedenen Mitarbeitern durchgeführten Maßnahmen werden von den Eltern als zusammenhanglos erlebt 6. die Eltern können zu den einzelnen Mitarbeitern keine vertrauensvolle Beziehung auf bauen In der Fragestellung unserer „FranzL“-Studie haben wir diese kritischen Fragestellungen ergänzt um positive Aspekte, da wir wussten, dass die Fachpersonen in den IFS die Variante mit mehreren Fachpersonen bei Kind und Familie eher positiv beurteilen, und die „Zwei-Kreuzchen-Lösung“ ein Mehrpersonen- Chancen für die Kinder Risiken für die Kinder Kind profitiert mehr von vielfältigen anregungen? 76 % „ja“, „häufig“, 23 % „teils“ Schwierigerer beziehungsaufbau zu den einzelnen therapeutinnen? 52 % „nein“, „gar nicht“, 43 % „teils“ Weniger „ganzheitlicher“ ansatz? 80 % „nein“, „gar nicht“, 15 % „teils“ Weniger abstimmung der Maßnahmen? 73 % „nein“, „gar nicht“, 24 % „teils“ Chancen für die Eltern/ Familien Risiken für die Eltern/ Familien Eltern schätzen vielfältiges angebot: 62 % „ja“, „häufig“, 36 % „teils“ Widersprüchliche Informationen und Ratschläge: 57 % „nein“, „gar nicht“, 34 % „teils“ Unterschiedlich vertrauensvolle beziehungen möglich: 59 % „ja“, „häufig“, 40 % „teils“ Erleben Maßnahmen als zusammenhanglos: 76 % „nein“, „gar nicht“, 19 % „teils“ Eltern suchen sich Hauptansprechpartnerin: 56 % „ja“, „häufig“, 36 % „teils“ tab. 2: Chancen und Risiken von paralleler leistungserbringung. leiterangaben, n = 88, „Wenn mehrere Mitarbeiterinnen der IFS mit demselben Kind und seiner Familie zu tun haben, kann es sein, dass …“ 26 FI 1 / 2013 Martin Thurmair Angebot durchaus befördert. Dementsprechend ergab sich das Bild der Chancen und Risiken von Tab. 2. Mehr-Personen-Modelle, von KollegInnen an bayerischen IFS gelegentlich auch als „Tandems“ bezeichnet, sind also durchaus positiv besetzt; die Kolleginnen und Kollegen sehen in der parallelen Form der Leistungserbringung eher eine Bereicherung für Kinder und Eltern, Bedenken einer tendenziell bloßen Addition von Leistungen mit entsprechenden Reibungen teilen sie weniger. Zu erkennen ist auch, dass bei Mehr-Personen-Modellen die Eltern (und auch die Kinder? ) Spielräume haben, die Beziehungen zu gestalten. 4.2.1 Team und Austausch Dafür, wie in der Praxis sichergestellt wird, dass die Leistungen aufeinander abgestimmt werden, könnte man das Wort „Kultur der Zusammenarbeit“ bemühen, da viele institutionelle, berufsständische und individuelle Faktoren zusammenspielen. Institutionell wurde die interdisziplinäre Kooperation traditionell am Signalwort „Team“ festgemacht; das „Team“ als Gesamtbesprechung aller Mitarbeiterinnen einer Frühförderstelle hat, wie ein Vergleich mit Daten aus der Untersuchung von Peterander & Speck 1993 mit aktuellen Informationen aus „FranzL 2010“ zeigt, an Häufigkeit verloren, dafür sind die Gruppen aber fast doppelt so groß geworden, was auf die Funktionen des „Teams“ bedeutsamen Einfluss hat. Mit „Team“ wurde in der Vergangenheit oft die Möglichkeit zur interdisziplinären Fallbesprechung assoziiert; dass die Team-Sitzungen auch organisatorische Funktionen erfüllen, Bedeutung für die konzeptionelle Entwicklung einer Frühförderstelle haben und natürlich auch Kommunikationsbedürfnissen unter den Mitarbeiterinnen Raum geben, wurde nicht so deutlich in den Vordergrund gestellt. Mit der Abnahme von Team-Zeiten und der Zunahme der Größe von Teams sind viele IFS dazu übergegangen, die Organisationsbespre- „Team“ Peterander & Speck 1993 FranzL 2010 Rhythmus wöchentlich 80,0 % 67,4 % seltener als wöchentlich 5,0 % 32,6 % Dauer ø 2 Std. ø 2 Std. größe in Personen 7,9 14,5 tab. 3: Veränderungen beim gesamt-team der bayerischen IFS, vgl. Franzl Resultate I, 15f abb. 5: Formelle und informelle gelegenheiten des austauschs zwischen den Mitarbeiterinnen an bayerischen IFS. nach MW sortiert, Mitarbeiterinnen- Daten, regelmäßig = 2, selten = 4, n = 583 27 FI 1 / 2013 Auf dem Schirm: Interdisziplinarität in der Frühförderung chung und konzeptionelle Arbeit im Gesamt- Team zu belassen, die Fallarbeit aber auf kleinere und arbeitsfähigere Gruppen zu verlagern; dies oft in Form der an das Gesamt-Team angehängten oder ihm vorausgehenden „Fallbesprechung“. Mit der „Komplexleistung“ etablierten sich darüber hinaus neue Konstellationen für die Kooperation der mit einem Kind und seiner Familie befassten Fachpersonen - in jedem Fall mindestens zwei Personen für die Laufzeit des Förder- und Behandlungsplans. Als Kooperationsformen unter den Angestellten einer IFS wurden von den Leiterinnen/ Leitern als „sehr häufig/ häufig“ benannt (FranzL Resultate I, S. 17): n Gesamt-Teams zu 89,6 % n Fall-Teams/ Untergruppen zu 55,2 %, n Fach-Teams/ Untergruppen zu 36,8 %, und n Diagnostik-Teams zu 32,2 % Im Verhältnis zu diesen institutionell benannten Gelegenheiten sind für die Mitarbeiterinnen/ Mitarbeiter an den bayerischen IFS aber die informellen Möglichkeiten des Austausches (Teeküche, Tür & Angel, vor/ nach dem Team) bedeutsamer und häufiger. Das hängt auch damit zusammen, dass sich die Gelegenheiten dazu verbessert haben: Die meisten IFS haben mittlerweile eigene und geeignete Räumlichkeiten, die Mitarbeiterinnen sind - durch das durchschnittlich gestiegene Angebot an ambulanter Förderung/ Therapie - mehr in der IFS anwesend und können Zwischenzeiten nutzen, um sich mit einer Kollegin auszutauschen. Dass bei diesen informellen Gelegenheiten des Austausches die Mitarbeiterinnen mit einem hohen Anteil an mobiler Tätigkeit (Hausbesuche, Termine in KiTas) benachteiligt sind, liegt auf der Hand; rund um das Team haben Fachkräfte, die mehr als 75 % mobil tätig sind, ähnliche Chancen für informellen Austausch wie ihre Kolleginnen, die 75 % und mehr ambulant tätig sind. Mittags-, Zwischen- und Randzeiten stehen ihnen für den Austausch aber deutlich seltener zur Verfügung (FranzL Resultate IV, S. 18). 4.2.2 Wer trägt Verantwortung? Interdisziplinäre Zusammenarbeit im Sinne (mindestens) gemeinsamer Planung von Angeboten muss immer auch berücksichtigen, abb. 6: „Wenn mehrere Fachpersonen unserer Einrichtung mit einem Kind befasst sind …“, n nimmt jede Kollegin ihre fachliche Verantwortung selbstständig wahr n stimmen wir uns ab durch kurzen austausch n hat eine von uns die Haupt-Verantwortung n tauschen wir uns in einem Fall-team aus n beschließen wir darüber im team n kann ich bei der Kollegin hospitieren Mitarbeiter-Daten, nach MW sortiert, n max = 586 Individ. Verantwortung Austausch Hauptverantwortung Fall-Team Team konsil. Hospitation kaum selten Bedarf regelm. häufig 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Wie sich abstimmen? 28 FI 1 / 2013 Martin Thurmair was für Kind und Familie aktuell wichtig und zuträglich ist. Das beinhaltet Schwerpunktsetzungen und Beschränkungen, die zwischen den verschiedenen befassten Fachpersonen besprochen und entschieden werden müssen. Nun agieren die verschiedenen Fachleute auch in der IFS nicht nur als „Wissen und Erfahrung habende Personen“, sondern auch als Angehörige eines Berufsstandes, und haben - „korporativ“ - fachliche Standards, Regeln und Verantwortung in der Ausübung ihres Berufs. Es ist deshalb nicht überraschend, dass in der Abstimmung mehrerer Fachpersonen innerhalb der „Komplexleistung“ die fachliche Verantwortung jeder einzelnen Mitarbeiterin zusammen mit dem Austausch mit den anderen befassten Kolleginnen eine wichtige Rolle spielt. Offenbar sind aber auch viele Mitarbeiterinnen in das Organisationsmodell einer „Hauptverantwortlichen“ mit eingebunden (auch „Fall-Führende“ oder „Fall-Managerin“): „häufig“ arbeiten in einem Hauptverantwortlichen-Modell 60 % der Mitarbeiterinnen, „regelmäßig“ immerhin 20 %. Die „Fallverantwortliche“ ist eine relative Neuentwicklung an interdisziplinären Frühförderstellen in Bayern, die ihre Dringlichkeit wohl zunächst aus der Überwachung der Formalien in der verwaltungsmäßig relativ komplizierten „Komplexleistung“ bezogen hat (Buchführung über die schon verbrauchten Behandlungseinheiten, Überwachung der tatsächlichen Erbringung der „Komplexleistung“, die rechtzeitige Beantragung einer Verlängerung des Förder- und Behandlungsplans …); über ihre inhaltlichen Zuständigkeiten, Verantwortungen und Befugnisse - z. B. den inhaltlichen Überblick über einen Fall zu haben, eine Fallkonferenz einzuberufen, die Umsetzung der „Komplexleistung“ konkret zu gestalten - sind uns noch wenig Erfahrungen und Konzepte bekannt. Verantwortung für den Gesamtprozess der Förderung/ Behandlung und Beratung zu übernehmen ist für viele Kolleginnen erstrebenswert: drei Viertel tun das „gern“ oder „sehr gern“. Dabei sind die pädagogischen und psychologischen Berufsgruppen dieser „Fall-Management“-Funktion etwas zugeneigter (88,3 % gern/ sehr gern) als die medizinischen Therapeutinnen (53,8 % gern/ sehr gern). (vgl. FranzL Resultate IV, S. 13) 5. Berufsgruppenprofile und Kooperationen Der Wert interdisziplinärer Zusammenarbeit liegt vor allem in der Nutzung der unterschiedlichen Kompetenz-Profile der verschiedenen Berufsgruppen. In abstrakten oder auch ständischen Diskussionen über Zuständigkeiten und Abgrenzungen von Kompetenzen und Verantwortungen sind verschiedene Selbst- und Fremdbilder von Berufsgruppen unterwegs: „Der Psychologe …“, „Die Physiotherapeutin…“, „Die Logopädin…“. Sie haben insoferne ihre Berechtigung, als Berufe in einem gesellschaftlichen Zusammenhang entstanden und verortet und darin auch - in Ergänzungs-, aber auch Konkurrenzverhältnissen - geformt werden. Für die konkrete Zusammenarbeit von Kolleginnen verschiedener Berufsgruppen sind ständische Selbst- und Fremdbilder oft wenig hilfreich; eine differenzierte Beschreibung von Berufsgruppen-Profilen, wie sie z. B. dem BayRahmenV FF angehängt sind, kann aber eine grobe Orientierung über Schwerpunkte einzelner Berufsgruppen und die Zonen der Überschneidungen ihrer Kompetenzen geben. Auf den Ebenen, auf denen wir in unseren „Fragen zur Lage“ Orientierungen der Berufsgrup- 29 FI 1 / 2013 Auf dem Schirm: Interdisziplinarität in der Frühförderung pen analysiert haben, konnten wir deutliche Profilierungen nur an einigen Punkten aufzeigen; in vielen Bereichen ist die Analyseebene „Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe“ - interessanterweise - wenig ergiebig. 5.1 Kinder und Familien Auf der Ebene „Wer hat mit welchen Kindern zu tun? “ konnten wir feststellen, dass die Berufsgruppe der Physiotherapeutinnen noch am deutlichsten profiliert ist: Sie hat die größte Abweichung vom allgemeinen Profil (r = .56 „Physio“ zu „alle“), und ist erkennbar häufiger mit Kindern befasst, die motorische Entwicklungsrückstände, Körperbehinderungen und organisch bedingte Probleme haben. Alle anderen Berufsgruppen haben eher nahe beieinander liegende Profile; die Korrelationen zum Durchschnitt („alle“) liegen sämtlich über r = .9. Das ist vor allem so zu deuten, dass die gewählten Kategorisierungen der Leitsymptomatiken der Kinder (sie sind nach den Vorgaben der „Gemeinsamen Vollzugshinweise“ der Vertragspartner des bay RahmenV FF für die Befundzeilen im Formular „Förder- und Behandlungsplan“ ausgewählt) für die Zuordnung der Kinder zu Fachpersonen mit spezifischen Kompetenzen nicht sonderlich gut geeignet sind. Bei den betreuten Familien (wir fragten nach dem materiellen und dem Bildungs- und Erziehungshintergrund, sowie nach besonderen Belastungen von Familien wie Sucht, psychische Erkrankung oder Isolation) ergeben sich für die Berufsgruppen nur marginale Unterschiede; die deutlichste Abweichung ist festzustellen bei Psychologinnen, die etwas häufiger als andere Mitarbeiterinnen bei Familien mit psychischen Erkrankungen eines Elternteils engagiert sind. Zahlenmäßig liegen alle Unterschiede der Berufsgruppen aber innerhalb der 1. Standardabweichung der Gesamtgruppe, und müssen damit als wenig bedeutsam angesehen werden (vgl. FranzL Resultate IV, S. 11). 5.2 Stärken und Vorlieben In der Selbstauskunft der Berufsgruppen (Wo fühle ich mich stark? Wo arbeite ich abb. 7: Häufigkeiten betreuter Kinder nach Indikationen. n = 578, „sehr häufig“ = 5, „nicht“ = 1. linie für „alle“ und die am deutlichsten abweichende berufsgruppe der Physiotherapeutinnen (r = .56 zu „alle“), Franzl Resultate IV, 10 Betreute Kinder 30 FI 1 / 2013 Martin Thurmair gern? Wofür übernehme ich gerne Verantwortung? ) sind die Unterschiede zwischen den Berufsgruppen durchgehend unbedeutend; einzig die Physiotherapeutinnen fühlen sich im Säuglingsalter deutlich kompetenter als alle anderen (> 1 SD vom MW für „alle“). Bei Familien in prekären Situationen und Migrantenfamilien fühlen sich die MA insgesamt, und über die Berufsgruppen hinweg, nur mäßig kompetent (MW 2,6 bzw. 2,7); die ambulante Arbeit ist insgesamt etwas beliebter als die mobile, und für die Beratung der Familien über unsere Sozialsysteme fühlen sich die Mitarbeiterinnen nur teilweise in der Verantwortung (MW 3,1; Abb. 8). abb. 8: Wo bin ich stark, wo arbeite ich gern, wofür übernehme ich gerne Verantwortung? Meine Stärken liegen: in der arbeit mit Säuglingen und Kleinkindern / mit Kindern im Kindergartenalter / mit den Eltern / mit Familien in prekären lagen / mit Migranten-Familien Ich arbeite gern: im Hausbesuch / in der Kita / in unserer FF-Stelle Ich übernehme gerne Verantwortung: in der begleitung der Familie / für abgegrenzte aufgabengebiete in der Förderung und Elternberatung / für den gesamten Frühförder-Prozess / in der beratung der Familien über unsere Sozialsysteme / in der anbahnung von Kontakten für die Familien Mitarbeiterinnen-angaben, n max = 587, „sehr“ = 1, „ja“, „teils“, „nein“ = 4 abb. 9: Mobil-anteile Familie bzw. Kita, nach berufsgruppen, in %, n max = 461 Physio Erz. m. Z. Heilpäd. Soz.Päd. Päd.Univ. Psych. Logo Ergo Mobile Förderung nach Berufsgruppen Familie KiTa 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 31 FI 1 / 2013 Auf dem Schirm: Interdisziplinarität in der Frühförderung 5.3 Orte der Förderung/ Behandlung und Beratung Relativ deutliche Unterschiede gibt es zwischen den Berufsgruppen nach den Förder- Orten, am deutlichsten bei den Förderorten „zu Hause“ und „KiTa“. Den größten Anteil an Hausfrühförderung haben die Physiotherapeutinnen, gefolgt von Erzieherinnen mit Zusatzausbildungen und Heilpädagoginnen; in der KiTa arbeiten am häufigsten Sozialpädagoginnen, gefolgt wiederum von Erzieherinnen mit Zusatzausbildungen und Heilpädagoginnen. Am seltensten in die Familien kommen Logopädinnen und Ergotherapeutinnen, am seltensten in die KiTas Physiotherapeutinnen und Psychologinnen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass Kooperationskräfte (die überwiegend aus dem med.-ther. Bereich kommen) in unserer Erhebung praktisch nicht repräsentiert sind, nach unserer Kenntnis aber immer wieder die KiTas als Förderorte haben. 5.4 Zielorientierung: Was ist „Erfolg“? Relativ übereinstimmend - auf der Ebene unserer Fragen - sind auch die Kriterien der verschiedenen Berufsgruppen für die Einschätzung eines „Erfolges“ der Förderung/ Therapie. In der Reihenfolge der Zustimmung (MW) führt Selbstvertrauen und Stärke der Kinder die Liste an, gefolgt von Fortabb. 10: „als einen Erfolg betrachte ich es, wenn …“. „sehr“ = 1, „ja“ = 2, linien für den MW und die am weitesten abweichende berufsgruppe logo (r = .6); Datenpunkte für berufserfahrung unter 5 und über 20 Jahren. Mitarbeiter-Daten, n = 584 „als einen Erfolg meiner / unserer bemühungen betrachte ich es, wenn n die Kinder Selbstvertrauen und Stärke gewonnen haben n die Kinder Fortschritte in ihren Problembereichen machen n die Kinder eine vertrauensvolle beziehung zu mir aufgebaut haben n die Eltern zu mir ein vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut haben n die Kinder gerne zu mir kommen n die Kinder ihre Probleme überwunden oder kompensiert haben n die Eltern / Familien unsere anregungen gut umsetzen können n die Eltern / Familien mit ihrer Situation zurechtkommen n wir die Förderziele / therapieziele erreicht haben“ Alle, MW Logo unter 5 J. über 20 J. 1 1,5 2 2,5 K Selbstvertrauen K Fortschritt K gute Bezieh. E vertrauen K kommt gern K Probl. geringer E setzen Anreg. um E Sit. besser K Ziel erreicht Was ist „Erfolg“? 32 FI 1 / 2013 Martin Thurmair schritten der Kinder, und bildet das Erreichen der Förder- und Therapieziele das Schlusslicht - allerdings immer noch mit hoher Wichtigkeit. Der größte Unterschied zum Mittel ist für die Logopädinnen festzustellen (r = .6 mit „Alle“); für sie ist das Vertrauen der Eltern und das Zurechtkommen der Eltern mit ihrer Situation weniger bedeutsam als für die anderen Gruppen, Fortschritte der Kinder sind ihnen das Wichtigste. Die Berufserfahrung der Kolleginnen und Kollegen spielt für die Einschätzung, was Erfolg sei, kaum eine Rolle; für die Mitarbeiterinnen mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung ist es etwas bedeutsamer, dass sich die Situation der Eltern verbessert; für die Kolleginnen mit weniger als 5 Jahren Berufserfahrung etwas bedeutsamer, dass die Förderziele erreicht werden (vorletzter und letzter Datenpunkt). Die Reihe „alle“ korreliert mit der Reihe „unter 5“ zu r = .98; mit der Reihe „über 20“ zu r = .90; die Reihen „unter 5“ und „über 20“ korrelieren zu r = .81 5.4 Weiterqualifizierungen Die Weiterqualifizierung der MA spielt für das Angebot der IFS eine bedeutsame Rolle; die MA haben sich denn auch, in unterschiedlichem Ausmaß und mit unterschiedlichen Schwerpunkten, spezifische und auch berufsübergreifende Kompetenzen erworben. Dabei werden offenbar Fort- und Weiterbildungen in Bereichen bevorzugt, die in der IFF bewährt und allgemeiner hilfreich sind; exklusive, und nur in bestimmten Berufen zugängliche Qualifikationen kommen - abgesehen von der vor allem bei Physiotherapeutinnen verbreiteten Bobath-Qualifikation - nicht bei sehr vielen Kolleginnen/ Kollegen vor (bei unter 10 % der Therapeutinnen) (Tab. 4). Das deutlichste Profil zeigen hier die Psychologinnen mit „spezifisch psychologischen“ kindbezogenen Konzepten wie Verhaltenstherapie oder personzentrierter Spieltherapie; bei den anderen Berufsgruppen sind Zusatzqualifikationen in Sensorischer Integration (Ayres) und Psychomotorik (nach Fischer, Zimmer, Kiphard …) recht verbreitet; spezifi- Kindbezogene Konzepte Psych % der MA Heilpäd (Sammelbegr.) % der MA med.-ther. % der MA Verhaltenstherapie 52,7 Psychomotorik 59,7 Sensorische Integration 54,1 Personzentrierte Spieltherapie 43,2 Heilpädagogische Übungsbehandlung 48,3 bobath-therapie 44,9 Kinderpsychotherapie 43,2 Sensorische Integration 45,7 Psychomotorik 41,8 Montessori- Pädagogik 13,5 Montessori- Pädagogik 44,3 affolter 35,2 Frostig-Konzept 12,2 basale Stimulation 43,0 Frostig-Konzept 32,7 Elternbezogene Konzepte Klientenzentrierte gesprächsführung 59,5 Klientenzentrierte gesprächsführung 57,3 Klientenzentrierte gesprächsführung 24,0 Familientherapie/ System. beratung 52,7 Familientherapie/ System. beratung 29,3 Familientherapie/ System. beratung 9,7 tab. 4: Zusätzliche Qualifikationen der Mitarbeiterinnen an bay. IFS. Mitarbeiterinnen-Daten, n max = 570, vgl. Franzl Resultate III, 20f 33 FI 1 / 2013 Auf dem Schirm: Interdisziplinarität in der Frühförderung schere Akzente sind bei den Heilpädagogen die „Heilpädagogische Übungsbehandlung“ (v.Oy, Sagi) und Montessori, bei den medizinischen Therapeuten Bobath und Affolter. Als elternbezogene Konzepte stehen Gesprächsführung und Familientherapie/ systemische Beratung bei allen Gruppen vorne, sind unter medizinischen Therapeuten allerdings nicht so weit verbreitet. 6. Kooperationen Interdisziplinarität ist, so ist jedenfalls die allgemeine Überzeugung, eher eine sich in längerfristiger Zusammenarbeit herstellende Qualität denn ein punktuell wirksames Arbeitsverfahren. Neuhäuser (2011, 60) charakterisiert sie als „Prozess“ der laufenden Anpassung an die Anforderungen der Kinder und Familien in einer Frühförderstelle. Kooperationen unter den Akteuren sind dafür ein wichtiges Mittel und ein wichtiger Anzeiger der interdisziplinären Qualität in einer IFS. Sie zeigen ein ziemlich homogenes Bild des Austausches zwischen den Kolleginnen und in den Themen, zu denen sie sich austauschen. Ansatzpunkte einer „Lagerbildung“ (z. B. „Meds reden lieber mit Meds“) oder Themenkonzentration („Die Päds reden vor allem über die Familien“) sind auf der Ebene unserer Fragen nicht zu erkennen. Die relativ „gefragtesten“ Fachleute sind die Heilpädagogen („oft“ gefragt von Psychologen und den medizinisch-therapeutischen Berufsgruppen), Ergotherapeuten („oft“ gefragt von Heilpädagogen, Sozialpädagogen und Logopäden) und Logopäden (ohne eine spezifische Häufung bei anderen Berufsgruppen); Psychologen nehmen zwischen „oft“ und „ab und zu“ eine Mittelstellung ein, Physiotherapeuten und Sozialpädagogen werden weniger oft gefragt. Die Unterschiede sind als unwesentlich zu bewerten; die Mittelwerte aller Berufsgruppen liegen innerhalb der 1. Standardabweichung vom MW für „alle“. Ähnliches gilt auch für die Inhalte, die im Austausch jeweils eine Rolle spielen: Am häufigsten geht es zwischen den Fachleuten um Themen in den betreuten Familien, um die Diagnose des Kindes und um die Reflexion eines Förderprozesses; am wenigsten häufig beraten sich die Kolleginnen über eine „Verbesserung der Situation im Kindergarten“ (Tab. 5). Ich suche den Austausch mit wem? zu welchen Themen? oft selten mit Heilpädagogin mit Ergotherapeutin mit logopädin mit Psychologin mit Physiotherapeutin mit Sozialpädagogin Familiäre Probleme Diagnose des Kindes Reflexion Förderprozess Stockungen im Förderprozess tipps und tricks Verbesserungen beim Kind Verbesserungen bei Eltern/ Familie Verbesserungen in der Kita tab. 5: austausch unter den Mitarbeiterinnen von IFS, nach berufsgruppen und Inhalten, nach MW geordnet, Mitarbeiter-Daten, n = 582, vgl. Franzl- Resultate IV, 19ff 34 FI 1 / 2013 Martin Thurmair 7. Fazit Die Hilfen der interdisziplinären Frühförderung sind ausgerichtet auf komplexe Entwicklungs- und Teilhabe-Probleme bei Kindern und ihren Familien. Durch interdisziplinäre Ausrichtung der Stellen und die verschiedenen Formen der Kooperationen der Fachpersonen kann erreicht werden, dass die verschiedenen Angebote die Komplexität der Themen und die Interdependenz der vielen Einflussfaktoren auf den Entwicklungsverlauf der Kinder berücksichtigen. Auf unseren Analyseebenen stellt sich dar, dass die Mitarbeiterinnen der verschiedenen Berufsgruppen ihre speziellen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (ihre beruflichen „Profile“) um diejenigen Elemente und Aspekte erweitern, die in der Arbeit mit kleinen Kindern (mit relativ offenen und „ganzheitlichen“ Entwicklungsprozessen) und deren Familien erforderlich sind. Persönliche Weiterqualifikation, fallbezogene Arbeit bei formellen („Team“) und informellen („Teeküche“) Gelegenheiten, und die vielfältigen Gelegenheiten zu internen wie externen Kooperationen scheinen die Komponenten einer interdisziplinären Qualität an Frühförderstellen zu sein. In der Qualitätsentwicklung von Frühförderstellen spielt deshalb nicht nur die Regelung von Schlüsselprozessen (wie z. B. der Übergabe aus der Eingangsphase in die Phase der Förderung/ Behandlung und Beratung) eine wichtige Rolle, sondern auch ein kooperatives Klima (angefangen bei den zeitlichen Ressourcen für Team- und Austauschprozesse), das die Bedeutung der verschiedenen Ebenen und Inhalte von Kooperationen erkennt und wertschätzt. Dr. Martin Thurmair Arbeitsstelle Frühförderung Bayern Seidlstr. 18 a 80335 München thurmair@astffby.de Literatur Arbeitsstelle Frühförderung (1982): Pädagogische Frühförderung behinderter und von behinderung bedrohter Kinder. München, Selbstverlag Arbeitsstelle Frühförderung Bayern (2009): Standards der bayerischen Interdisziplinären Frühförderstellen bezogen auf die Module des bayRahmen V FF. http: / / www.fruehfoerderungbayern.de/ fileadmin/ files/ PDFs/ Informations- _und_arbeits-Papiere/ Standards_aus_Regional konferenzen.pdf Arbeitsstelle Frühförderung Bayern (2011): Fragen zur lage - Systemanalyse Interdisziplinäre Frühförderung in bayern, Resultate I bis IV, http: / / www. fruehfoerderung-bayern.de/ projekte/ franzl-2010/ Behringer, L. & Höfer, R. (2005): Wie Kooperation in der Frühförderung gelingt. München/ basel (Reinhardt) Goll, H. (1996): transdisziplinarität. In: Opp, g., Freytag, a. & budnik, I (Hrsg.): Heilpädagogik in der Wendezeit. luzern, Edition SZH, 164 -174 Neuhäuser, G. (2004): Stichwort: behinderung. Frühförderung interdisziplinär 23(4), 183f Neuhäuser, G. (2011): Stichwort „Interdisziplinarität“. Frühförderung interdisziplinär 30(1), 59 -61 Peterander, F. & Speck, O. (1993): Strukturelle und inhaltliche bedingungen der Frühförderung. abschlußbericht, Universität München, unveröff. Rahmenvertrag zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder in Interdisziplinären Frühförderstellen in Bayern (RV IFS), Fassung Juli 2011, http: / / www.aok-gesundheitspartner.de/ by/ heilberufe/ vertraege/ fruehfoerderung/ index. html Sarimski, K. (2012): Stichwort Interdisziplinäre Diagnostik. Frühförderung interdisziplinär 31 (3), 148 -151 VIFF Landesvereinigung Hessen, LAG Frühe Hilfen Hessen u. a.: Deklaration zur Umsetzung der Verordnung zur Früherkennung und Frühförderung. Frühförderung interdisziplinär, 2009, 28 (1), 42 -43