Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/fi2013.art14d
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2013
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Wissen frühpädagogischer Fachkräfte zu Rechenstörungen
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2013
Armin Castello
Tobias Böttcher
Steffen Siegemund
Eine frühzeitige und fundierte Diagnostik und Förderung kann maßgeblich zur Prävention von Rechenstörungen beitragen. In einer Untersuchung von n = 51 frühpädagogischen Fachkräften wurde Wissen zur Entwicklung und Störung mathematischer Kompetenzen erhoben. Dies wurde mithilfe eines freien Antwortformats umgesetzt, um aktiv verfügbare Wissensbestände zu erfragen. Ein Großteil der untersuchten Stichprobe konnte Fragen zu Merkmalen bzw. zur Diagnostik und Entstehung von Rechenstörungen sowie zur Förderung von mathematischen Kompetenzen bzw. deren Vorläufer kaum oder nur unvollständig beantworten.
1_032_2013_4_0004
232 Frühförderung interdisziplinär, 32. Jg., S. 232 -238 (2013) DOI 10.2378/ fi2013.art14d © Ernst Reinhardt Verlag Wissen frühpädagogischer Fachkräfte zu Rechenstörungen ORIGINALARBEIT Wissen frühpädagogischer Fachkräfte zu Rechenstörungen Armin Castello, Tobias Böttcher, Steffen Siegemund Zusammenfassung: Eine frühzeitige und fundierte Diagnostik und Förderung kann maßgeblich zur Prävention von Rechenstörungen beitragen. In einer Untersuchung von n = 51 frühpädagogischen Fachkräften wurde Wissen zur Entwicklung und Störung mathematischer Kompetenzen erhoben. Dies wurde mithilfe eines freien Antwortformats umgesetzt, um aktiv verfügbare Wissensbestände zu erfragen. Ein Großteil der untersuchten Stichprobe konnte Fragen zu Merkmalen bzw. zur Diagnostik und Entstehung von Rechenstörungen sowie zur Förderung von mathematischen Kompetenzen bzw. deren Vorläufer kaum oder nur unvollständig beantworten. Schlüsselwörter: Dyskalkulie, Frühpädagogik, Förderung mathematischer Kompetenzen Knowledge of professionals in early childhood education about dyscalculia Summary: Early and thorough diagnosis and special needs education can help to prevent dyscalculia. In a survey of n = 51 early education professionals available knowledge concerning the development of mathematical competencies and dyscalculia was examined. This was realized by a free response format to obtain actively available knowledge. In many cases respondents were not able to specify means of diagnostics, knowledge concerning the development of dyscalculia, or early education of mathematical respectively pre-math skills. Keywords: dyscalculia, early intervention, early childhood education of pre-math skills I n der Entwicklung mathematischer Kompetenzen wirken unterschiedliche, sich gegenseitig beeinflussende Faktoren zusammen. Hierzu gehören u. a. die allgemeine Intelligenz, die Gedächtniskapazität und die Zugriffsgeschwindigkeit auf mathematische Gedächtnisinhalte. Störungen in der individuellen Entwicklung mathematischer Kompetenzen liegen analog in einem ebensolchen Wechselspiel der genetischen Prädisposition, der individuellen Hirnreifung, neuropsychologischer Funktionen, psychosozialer und didaktischer Einflüsse. Besondere Risikofaktoren sind dabei problematische Formen der Eltern-Kindbzw. Pädagog/ in-Kind-Interaktion und psychische Störungen auf Kindseite. Mithilfe empirisch gut belegter spezifischer Prädiktoren kann eine bemerkenswert reliable Prognose künftiger Mathematikleistungen erfolgen. 61 % untersuchter rechenschwacher Kinder in der ersten Klasse konnten bspw. auf der Basis dieser spezifischen Prädiktoren ein halbes Jahr vor der Einschulung als auffällig in ihrer mathematischen Entwicklung identifiziert werden. Sie waren bereits in der Kita auf der Basis ihres Mengen- und Zahlvorwissens zu erkennen (Krajewski 2005, S. 65). Die vorschulische Zahlenkenntnis konnte in einer längsschnittlichen Untersuchung eine signifikante Prognose der Rechenleistungen von Kindern im 2. Schuljahr leisten (Locuniak & Jordan 2008). Mathematische Vorläuferkompetenzen haben also eine immense Bedeutung für die 233 FI 4 / 2013 Wissen frühpädagogischer Fachkräfte zu Rechenstörungen Entwicklung von Rechenfertigkeiten im Schulalter. Sie umfassen - neben Zahlenwissen bzw. Zählkompetenz - ein sich durch die Zuordnung von Zahlen zu Mengen zunehmend präzisierendes Anzahlkonzept. Bereits ab dem Kindergartenalter können sich Entwicklungsauffälligkeiten im Bereich dieser Vorläuferkompetenzen stabilisieren und nachfolgend den Erwerb mathematischer Kompetenzen beeinträchtigen. Dyskalkulie oder Rechenstörung - der Begriff wird zumeist synonym verwendet - ist nach ICD-10 (Dilling et al. 2011) eine „umschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten (F81)“. Sie besteht in einer Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist. Diese Beeinträchtigung betrifft grundlegende Rechenkompetenzen wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division (vgl. Jacobs & Petermann 2007, S. 4). Die Prävalenz dieser Rechenstörungen variiert, je nach zugrunde gelegter Definition, zwischen 1,3 % und 7,6 % (Wyschkon et al. 2009). Die Diagnostik der Dyskalkulie erfolgt gemäß DSM IV-TR (Saß et al. 2003) auf der Basis mindestens eines standardisierten Rechentests, dessen Ergebnis wesentlich unter dem liegen muss, was aufgrund des Alters, der Intelligenz und einer altersgemäßen Bildung eines Kindes erwartbar wäre. In einer diagnostischen Abklärung muss weiterhin erhoben werden, ob das erreichte Ergebnis der Mathematikleistung unter einem Prozentrang von 10 liegt, der ermittelte IQ nicht kleiner als 70 ist sowie die Leistungen im Rechentest um mindestens 1,5 Standardabweichungen unter dem ermittelten IQ liegen. Die Aktivitäten des täglichen Lebens, bei denen Rechenleistungen erforderlich sind, müssen durch die Dyskalkulie behindert sein (Jacobs & Petermann 2007, S. 5). Zur Prävention von Rechenstörungen trägt zunächst eine frühzeitige diagnostische Abklärung bei. Dies kann bspw. mithilfe des Osnabrücker Tests zur Zahlbegriffsentwicklung (OTZ) (van Luit et al. 2001) erfolgen. Ziel des OTZ ist die Bestimmung des aktuellen Niveaus der Zahlbegriffsentwicklung bei Kindern zwischen 5; 0 und 7; 6 Jahren. Dabei werden in Einzeluntersuchungen acht Teilbereiche untersucht: Vergleichen (die meisten, niedriger), Klassifizieren (Objekte werden kriteriengeleitet zusammengefasst oder differenziert), Eins-zu-eins-Zuordnen (Vergleich von Mengen anhand von Zuordnungen der Objekte), Nach Reihenfolge ordnen (von hoch nach niedrig), Zahlwörter benutzten (vorwärts zählen), Synchrones und verkürztes Zählen (Abzählen von Quantitäten), Resultatives Zählen (Zählen von strukturierten und unstrukturierten Mengen, Zählen von versteckten Quantitäten), Anwenden von Zahlenwissen (Anwenden des Zahlenwissens in einfachen Problemsituationen, Zahlenraum bis 20 wird in Alltagssituationen verwendet). Auf der Grundlage individueller diagnostischer Informationen kann nachfolgend eine fundierte Förderung durchgeführt und idealerweise lernprozessbegleitend evaluiert werden. Gezielte und entwicklungsangemessene Förderung (Fthenakis et al. 2005) im Speziellen während des letzten Kindergartenjahrs (Schweiter et al. 2003, S. 222) scheint besonders sinnvoll. Wissenschaftlich evaluierte Förderprogramme, die dies umsetzen, sind bereits seit längerer Zeit verfügbar. So orientiert sich bspw. das Programm „Mengen, zählen, Zahlen“ (MZZ) von Krajewski et al. (2007) an den vorhandenen Kompetenzen der Kinder (vgl. Mischo 2009). Die Kinder erwerben hier zunächst Kompetenzen im Umgang mit Zahlen, erlernen dann die damit verbundenen Mengen und schließlich den Vergleich von Mengen. Eine notwendige Voraussetzung für den Einsatz dieser oder anderer fundierter präventiver Methoden liegt naturgemäß darin, dass 234 FI 4 / 2013 Wissen frühpädagogischer Fachkräfte zu Rechenstörungen Armin Castello et al. entsprechendes Wissen seitens der pädagogischen Fachkräfte in Studium, Aus- und Fortbildung erworben und angewandt wird. Im Rahmencurriculum „BA Frühe Bildung Baden-Württemberg“ des Hochschulnetzwerks Bildung und Erziehung in der Kindheit Baden-Württemberg (Fröhlich-Gildhoff 2012, S. 87) heißt es hierzu bspw.: (…) Wichtige mathematische Basiskompetenzen sowohl in Bezug auf den Zahlbegriff und das Rechnen als auch auf das räumliche Vorstellungsvermögen werden bereits von sehr jungen Kindern erworben. Deshalb sollen Kindertageseinrichtungen Orte sein, in denen Bildungsprozesse im Bereich Mathematik gefördert werden. Im Sinne der Anschlussfähigkeit sind auch die weiterführenden schulischen Lernprozesse zu beachten. Diagnostik und Förderung zur Prävention von Lernschwierigkeiten sind Teil der Arbeit im Bildungsfeld Mathematik. (…) Dieser Einschätzung folgend, sollte in der vorliegenden Untersuchung die Frage beantwortet werden, über welchen Wissensstand Fachkräfte in der Frühpädagogik speziell im Bereich Dyskalkulie und einer möglichen vorschulischen mathematischen Förderung verfügen und welche Erfahrungen hinsichtlich einer frühen mathematischen Förderung existieren. Hierbei sollte ein Schwerpunkt auf Wissen zum Störungsbild, zur Diagnostik, zur Förderung, zu Ursachen und auf eigene Erfahrungen in der praktischen Tätigkeit gelegt werden. Methode Die Umsetzung fand mithilfe einer schriftlichen Befragung statt. Es wurden Items mit einem freien Antwortformat ausgewählt, um das aktiv vorliegende Wissen, subjektive Theorien und praktische Kompetenzen zu erheben. Die erhaltenen ausformulierten Antworten sollten mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse kategorisiert werden (vgl. Böhm-Kasper et al. 2009, S. 89). Auf der Basis von Pretests wurden vorab für jede Frage Regeln und Kategorien erstellt, auf deren Grundlage die individuellen Antworten in der Auswertung nach Maßgabe der inhaltlichen Wertigkeit geordnet werden sollten. Solche Antworten, die vollständig und inhaltlich richtig waren (den festgelegten Kriterien entsprachen), wurden der Kategorie 1 zugeordnet. Die zweite Bewertungskategorie wurde vergeben, wenn die gegebene Antwort mehrere zutreffende Aussagen enthielt, jedoch nicht ganz vollständig war. Die dritte Kategorie enthielt lediglich kleinere Anteile einer zutreffenden Antwort, Antworten der vierten Kategorie beinhalteten grobe und lediglich umschreibende Beispiele und die fünfte und letzte Kategorie wurde vergeben bei Antworten, die falsch waren, oder wenn keine Angaben gemacht wurden (was mit nicht vorhandenem Wissen gleichzusetzen war). Auf eine detaillierte Darstellung der jeweiligen Kategorisierungsregeln je Frage wird hier verzichtet. Diese Kategorisierung der Antworten wurde mittels zufällig ausgewählter Antwortstichproben kreuzvalidiert. Der Fragebogen bestand aus einem ersten Abschnitt zu soziodemografischen Daten (Geschlecht, Geburtsjahr, Ausbildung/ Studium, Abschlussjahr und Berufserfahrung in Jahren). Es folgte dann zunächst eine Frage zur Selbsteinschätzung des fachbezogenen Wissens über Dyskalkulie: n Wie würden Sie Ihr Wissen über Dyskalkulie bzw. Rechenstörungen mit einer Schulnote (1 - 6) bewerten? Danach sollten die Befragten ihr Wissen über Dyskalkulie mit eigenen Worten offen beschreiben: n Was ist eine Rechenstörung bzw. Dyskalkulie? Beschreiben Sie bitte in Ihren eigenen Worten. 235 FI 4 / 2013 Wissen frühpädagogischer Fachkräfte zu Rechenstörungen Es wurde weiterhin diagnostisches Wissen erhoben. n Woran erkennt man eine Rechenstörung bzw. Dyskalkulie? Es folgte eine Reihe von Fragen mit entwicklungspsychologischen Inhalten und zu Ursachen und Präventionsmöglichkeiten von Dyskalkulie. n Kann man die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Rechenstörung bzw. Dyskalkulie durch Prävention/ Förderung verringern? Bitte begründen Sie Ihre Antwort auch im Hinblick auf einen möglichen Zeitpunkt. n Welche Ursachen kann eine Rechenstörung bzw. Dyskalkulie haben? n Benennen Sie bitte Präventionsbzw. Förderprogramme zum Thema Rechenstörung bzw. Dyskalkulie. Es wurden subjektive Theorien zu einer adäquaten Vorbereitung von Kindern auf den Mathematikunterricht erfragt. n Wie können Sie Ihrer Meinung nach das Kind am besten auf den Mathematikunterricht in der Schule vorbereiten? Schließlich wurden eigene Erfahrungen und Aktivitäten in der Förderung mathematischer Vorläuferkompetenzen erhoben. n Unabhängig davon, ob Sie konkrete Programme kennen, haben Sie schon einmal in diesem Bereich gefördert? Welche alternativen Fördermethoden werden angewandt? Stichprobenbeschreibung Untersucht wurden n = 51 Fachkräfte der Frühpädagogik aus acht unterschiedlichen Kindertagesstätten in Niedersachsen. Bei der Auswahl der teilnehmenden Institutionen, wurde auf ein möglichst weit gefasstes Spektrum konzeptioneller Ausrichtungen geachtet. In den Selbstbeschreibungen finden sich u. a. „ganzheitlich“ orientierte, bewegungspädagogische, dem Situationsansatz folgende und waldpädagogische Konzepte. Befragt werden konnten ausschließlich weibliche Fachkräfte (Alter: M = 39,4 Jahre; SD = 11,6; min 18 Jahre, max 61 Jahre). Die unterschiedlichen Ausbildungsbiografien werden in Tabelle 1 dargestellt. Die Person mit der längsten Berufserfahrung arbeitete zum Befragungszeitpunkt seit 41 Jahren in diesem Beruf, Minimum war 1 Jahr, Tabelle 2 gibt eine Übersicht zu den Eckdaten der Berufsbiografien der Befragten. Ergebnisse Die Dateneingabe, -beschreibung und -analyse erfolgte mittels Statistiksoftware SPSS-PC. Die Ergebnisse der Untersuchung werden hier deskriptiv in der Reihenfolge der Befragung dargestellt. Wie würden Sie Ihr Wissen über Dyskalkulie bzw. Rechenstörungen mit einer Schulnote (1 -6) bewerten? Die Befragten benoteten zunächst ihr eigenes Wissen zum Themenfeld Dyskalkulie. Die „Bestnote“ lag bei 3 (17 %) die schlechteste Bewertung bei 6 (31,9 %), 2 % gaben sich Note 4 und 17 % die 5. Der Mittelwert lag bei M = 4,6, Prozent Erzieherin Sozialpädagogin (Uni/ FH) Heilerziehungspflegerin Kinderpflegerin Sozialassistentin In Ausbildung 68,6 7,8 2,0 5,9 5,9 7,8 Tab. 1: Qualifikation der Befragten min max M SD Ausbildungsende Berufserfahrung 1971 1 2015 41 16,42 11,4 Tab. 2: Berufserfahrung der untersuchten Stichprobe 236 FI 4 / 2013 Wissen frühpädagogischer Fachkräfte zu Rechenstörungen Armin Castello et al. die Streuung bei SD = 1,1. Mehr als die Hälfte (57 %) der Befragten bewerteten ihr Wissen mit mangelhaft bzw. ungenügend. Was ist eine Rechenstörung bzw. Dyskalkulie? Beschreiben Sie bitte in Ihren eigenen Worten. 58,8 % der Antworten entfielen auf die Kategorien 4 und 5 (fragmentarisches bzw. kein Wissen), lediglich zwei Personen beantworteten die Frage vollständig. Der Mittelwert der kodierten Antworten lag bei M = 3,61 (SD = 1,04). Woran erkennt man eine Rechenstörung bzw. Dyskalkulie? Die durchschnittliche Bewertung der Antwort lag bei M = 3,94 (SD = 0,88), etwa 2/ 3 der Äußerungen wurden nach den Kategorien 4 und 5 eingestuft, 29,4 % gaben teilweise richtige, 3,9 % weitgehend richtige und keine Befragte eine vollständig zutreffende Antwort. Kann man die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Rechenstörung bzw. Dyskalkulie durch Prävention/ Förderung verringern? Bitte begründen Sie Ihre Antwort auch im Hinblick auf einen möglichen Zeitpunkt. Diese Frage wurde von 64,7 % mindestens teilweise zutreffend beantwortet (M = 2,78; SD = 1,13). Welche Ursachen kann eine Rechenstörung bzw. Dyskalkulie haben? 66,7 % der gegebenen Antworten wurden als nicht zutreffend klassifiziert (M = 4,73; SD = 1,47). Benennen Sie bitte Präventions- bzw. Förderprogramme zum Thema Rechenstörung bzw. Dyskalkulie. Ein Anteil von 74,5 % der Untersuchten konnte kein Förder- oder Präventionsprogramm für den mathematischen Bereich benennen. 13,7 % verwenden konstant vorbereitete Fördermaterialien oder Rechenspiele und 11,8 % betreiben mathematische Förderung anhand von motorischen oder vergleichbaren Bewegungsangeboten. Wie können Sie Ihrer Meinung nach das Kind am besten auf den Mathematikunterricht in der Schule vorbereiten? Worin eine adäquate Vorbereitung auf den schulischen Mathematikunterricht bestehen sollte, wurde von 33,3 % mit - zumindest em- Bewertung Prozent 1 (völlig richtig) 2 (weitgehend richtig) 3 (teilweise richtig) 4 (kaum richtig) 5 (nicht richtig) 3,9 9,8 27,5 39,2 19,6 Tab. 3: Merkmale der Rechenstörung Bewertung Prozent 1 (völlig richtig) 2 (weitgehend richtig) 3 (teilweise richtig) 4 (kaum richtig) 5 (nicht richtig) 0 3,9 29,4 35,3 31,4 Tab. 4: Diagnostisches Wissen zur Dyskalkulie Bewertung Prozent 1 (völlig richtig) 2 (weitgehend richtig) 3 (teilweise richtig) 4 (kaum richtig) 19,6 17,6 27,5 35,3 Tab. 5: Wissen zu Präventionsmöglichkeiten und Zeitpunkten Bewertung Prozent 1 (völlig richtig) 2 (weitgehend richtig) 3 (teilweise richtig) 4 (kaum richtig) 5 (nicht richtig) 0 11,8 15,7 5,9 66,7 Tab. 6: Wissen zu Ursachenfaktoren 237 FI 4 / 2013 Wissen frühpädagogischer Fachkräfte zu Rechenstörungen pirisch - nicht belegbaren Förderstrategien beantwortet, 11,8 % konnten nur vage, teils falsche Beispiele benennen, 21,6 % nannten zutreffende Beispiele. Unabhängig davon, ob Sie konkrete Programme kennen, haben Sie schon einmal in diesem Bereich gefördert? Bei der Frage nach der praktischen Umsetzung der mathematischen Förderung im Berufsalltag zeigte sich zunächst, dass die größte Gruppe mit 39,2 % keine explizite Förderung praktiziert. Die von den Befragten angewandten Methoden variierten sehr stark in ihrer inhaltlichen Ausrichtung: 23,5 % benannten Beispiele, die keiner mathematischen Förderung entsprechen, 15,7 % gaben vage und wenig konkrete Beispiele und 11,8 % der Nennungen beinhalteten Beispiele für eine mathematische Förderung. In den Antworten wurden häufig (41,2 %) andere Fördermethoden als Alternative zu den wissenschaftlich fundierten Programmen benannt. Diese konnten drei Kategorien zugewiesen werden: Förderung der Wahrnehmung, motorische Förderung und Förderung durch die Stärkung des Selbstbewusstseins. Fazit Die untersuchten frühpädagogischen Fachkräfte schätzten ihr eigenes Wissen zum Themenfeld Dyskalkulie vielfach als ungenügend ein. Diese Selbsteinschätzung bestätigt sich in der Auswertung der erhobenen Kenntnisse über das Störungsbild und wissenschaftlich begründbarer Handlungsmöglichkeiten. Letztere sind in der frühpädagogischen Praxis offenbar kaum bekannt, es werden vermehrt Transfereffekte einer Förderung anderer Kompetenzen in den mathematischen Kompetenzbereich hinein vermutet, was auch zur Anwendung dieser Förderangebote mit dem Ziel einer frühen Mathematikförderung führt. Diese Befunde müssen zunächst hinsichtlich zweierlei methodischer Schwächen dieser Untersuchung eingeschränkt werden: Zum einen ist zu vermuten, dass die Ergebnisse, bei einem Rücklauf von knapp 68 % der insgesamt Befragten, eine Überschätzung der vorliegenden einschlägigen Wissensbestände darstellt. Die Konfrontation mit den gestellten Fragen dürfte bei einigen die Rückgabe des Fragebogens verhindert haben. Zum anderen wurde ein Messinstrument eingesetzt, bei dem die Äußerungen durch Dritte kriteriengeleitet kategorisiert wurden. Dies könnte, trotz einer Überprüfung, in Einzelfällen unpräzise erfolgt sein. Grundlegende Zweifel an den Ergebnissen lassen sich aber hierdurch kaum begründen. Unzweifelhaft wird ein erheblicher Bedarf an Weiterbildungen in diesem Feld offenbar, die bei frühpädagogischen Fachkräften sicher dankbar angenommen würden. Ein verstärktes Vermitteln einschlägiger sonderpädagogischer Kompetenzen in den Ausbildungscurricula von Fachkräften der Frühpädagogik wäre ein wirksamer Beitrag zur Prävention von Teilleistungsstörungen. Hierzu gehören entwicklungspsychologisches Wissen zur Entwicklung von pränumerischen und mathematischen Kompetenzen und diagnostische Fertigkeiten, die sich unmittelbar auf die Erhebung der individuellen bereichsspezifischen Entwicklungsstände hinsichtlich der oben dargestellten Vorläuferkompetenzen beziehen. Wichtig sind zudem die weitergehende didaktische Qualifikation mit dem Ziel, die Verknüpfung von entwicklungspsychologischem Wissen und individuellen diagnostischen Informationen in pädagogisches Handeln zu transformieren. 238 FI 4 / 2013 Armin Castello et al. Neben curricularen Förderprogrammen muss professionelles Alltagshandeln auch beinhalten, Spielsituationen auf mathematikrelevante Aspekte hin zu analysieren, um nachfolgend, in der Interaktion mit Kindern, entwicklungsgerechte Informationen zu geben und Anforderungen zu stellen. Armin Castello Tobias Böttcher Steffen Siegemund Universität Flensburg Institut für Sonderpädagogik, Abt. Sonderpädagogische Psychologie Auf dem Campus 1 D-24943 Flensburg Literatur Böhm-Kasper, O., Schuchhart, C. & Weishaupt, H. (2009): Quantitative Methoden in der Erziehungswissenschaft. Grundwissen Erziehungswissenschaften. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt Dilling, H., Mombour, W, Schmidt, M. H. (2011): Internationale Klassifikation psychischer Störungen: ICD-10 Kapitel V (F). Klinisch-diagnostische Leitlinien. Bern: Huber Fröhlich-Gildhoff, K. (2012): Rahmencurriculum BA Frühe Bildung Baden-Württemberg. Freiburg: Hochschulnetzwerk Bildung und Erziehung in der Kindheit Baden-Württemberg Fthenakis, G., Gisbert, K., Griebel, W., Kunze, H. P., Niesel, R., Wustmann, C. (2005): Auf den Anfang kommt es an: Perspektiven für eine Neuorientierung frühkindlicher Bildung. Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung Jacobs, C., Petermann, F. (2007): Rechenstörung. Göttingen: Hogrefe Krajewski, K. 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