eJournals Frühförderung interdisziplinär 34/3

Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/fi2015.art17d
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2015
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Interdisziplinäre Frühförderung und Frühpädagogik

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2015
Jürgen Kühl
Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr > KiföG § 24 (2) < wird zunehmend auch von Eltern wahrgenommen, deren Kinder in ihrer Entwicklung beeinträchtig sind. Diese Familien und ihre Kinder wurden häufig schon vor der Aufnahme in eine Krippe von der Interdisziplinären Frühförderung begleitet, wenn sie als „behindert“ oder „von Behinderung bedroht“ diesen Anspruch haben. – Die meisten Krippen waren und sind auf die Aufnahme dieser Kinder fachlich nicht vorbereitet, sodass eine Zusammenarbeit mit Interdisziplinären Frühförderstellen notwendig ist. Wie ist die Frühförderung auf diese Arbeit an zwei Orten konzeptionell vorbereitet? Und wie setzen sich die ca. 100 Studiengänge Frühpädagogik, die im letzten Jahrzehnt entstanden sind, mit dieser Situation auseinander? Diese Schnittstelle wird aus den Perspektiven der jeweiligen Arbeitsgebiete untersucht. Auch wenn dabei die Philosophie der Inklusion als gemeinsamer Ausgangspunkt ausgemacht werden kann und die Zusammenarbeit vielerorts stattfindet, steht derzeit die rechtlich notwendige Einordnung „behindert“ – als Stigmatisierung – offenbar der frühpädagogischen Maxime der „Diversity“ konzeptionell im Wege. Diese Schnittstelle bedarf notwendigerweise der konstruktiven fachgerechten Weiterentwicklung in der Zusammenarbeit der Interdisziplinären Frühförderung und der Frühpädagogik, um den Entwicklungsbedürfnissen der Kinder und der Einbeziehung der Familie im Sinne allgemeiner Menschenrechte zu entsprechen.
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131 Frühförderung interdisziplinär, 34. Jg., S. 131 -140 (2015) DOI 10.2378/ fi2015.art17d © Ernst Reinhardt Verlag ORIGINALARBEIT Interdisziplinäre Frühförderung und Frühpädagogik Reflexionen über eine „Schnittstelle“ Jürgen Kühl Zusammenfassung: Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr > KiföG § 24 (2) < wird zunehmend auch von Eltern wahrgenommen, deren Kinder in ihrer Entwicklung beeinträchtig sind. Diese Familien und ihre Kinder wurden häufig schon vor der Aufnahme in eine Krippe von der Interdisziplinären Frühförderung begleitet, wenn sie als „behindert“ oder „von Behinderung bedroht“ diesen Anspruch haben. - Die meisten Krippen waren und sind auf die Aufnahme dieser Kinder fachlich nicht vorbereitet, sodass eine Zusammenarbeit mit Interdisziplinären Frühförderstellen notwendig ist. Wie ist die Frühförderung auf diese Arbeit an zwei Orten konzeptionell vorbereitet? Und wie setzen sich die ca. 100 Studiengänge Frühpädagogik, die im letzten Jahrzehnt entstanden sind, mit dieser Situation auseinander? Diese Schnittstelle wird aus den Perspektiven der jeweiligen Arbeitsgebiete untersucht. Auch wenn dabei die Philosophie der Inklusion als gemeinsamer Ausgangspunkt ausgemacht werden kann und die Zusammenarbeit vielerorts stattfindet, steht derzeit die rechtlich notwendige Einordnung „behindert“ - als Stigmatisierung - offenbar der frühpädagogischen Maxime der „Diversity“ konzeptionell im Wege. Diese Schnittstelle bedarf notwendigerweise der konstruktiven fachgerechten Weiterentwicklung in der Zusammenarbeit der Interdisziplinären Frühförderung und der Frühpädagogik, um den Entwicklungsbedürfnissen der Kinder und der Einbeziehung der Familie im Sinne allgemeiner Menschenrechte zu entsprechen. Schlüsselwörter: Frühförderung, Frühpädagogik, Inklusion, Interdisziplinäre Zusammenarbeit Early Childhood Intervention and Early Education Reflection about an Interface Summary: Since August 2013 children of the age of one year have the legal right to attend a crèche. Parents of a young child with developmental problems increasingly use this possibility. Before going to a crèche, specialists of Early Intervention Centers often accompanied those children - classified as “disabled” or “at risk” - and their families. Most of these institutions were professionally not prepared to support children with disabilities and other developmental problems. In those cases, cooperation with an Early Intervention Center is necessary. Is there a conception existing in those centers how to work simultaneously in two locations - home and crèche? During the last decade, about 100 studies of educational theory of early childhood were established. How do they deal with this situation? This interface in the perspective of the two fields of work is the topic of this article. On the one hand, the philosophy of inclusion is a common starting point and the cooperation actually takes place in many institutions. On the other hand, the legal necessity to classify the child as disabled or at risk as a labelling act seems to be contradictory to the principle of “diversity” in early education. Obviously, this interface between the two fields of work needs to be thoroughly discussed in a way that the special needs of a child and the inclusion of the family are sufficiently respected in view of human rights. Keywords: Early Childhood Intervention, Early Education, Inclusion, Interdisciplinary Co-operation 132 FI 3 / 2015 Jürgen Kühl Vorwort E s geht in diesem Artikel um zwei Bereiche bzw. Institutionen, die konzeptionell bisher eher nebeneinander als miteinander mit kleinen Kindern und deren Eltern arbeiten - und es geht dabei um sehr junge Kinder. Die folgenden Reflexionen über Interdisziplinäre Frühförderung und Frühpädagogik lassen sich ohne Probleme auch auf Kinder im Alter von 3 Jahren oder älter übertragen. - Durch den Anspruch auf einen Krippenplatz ab dem 1. Geburtstag > KiföG § 24 (2) < wird eine Zusammenarbeit zunehmend herausgefordert. Deswegen soll die „Schnittstelle“ zwischen diesen beiden Bereichen genauer betrachtet werden. Im Sinne des Themas geht es zuerst um die Frage, wie diese Schnittstelle aussieht, weniger um die methodischen Verknüpfungen, sondern mehr um grundlegendere konzeptionelle Fragen. - Bei einer Schnittstelle sollte es eine Schnittmenge geben. Daraus folgt - in der IT-Sprache - in einem nächsten Schritt, den Link oder die Links zu präzisieren. Das erfordert mehrere Perspektivwechsel zwischen den beiden Arbeitsbereichen. 1. Perspektive der Frühpädagogik Die leitenden Prämissen der Frühpädagogik ergaben sich aus den Wandlungen und Veränderungen der Lebenswelten in den letzten Jahrzehnten. Die immer größere Heterogenität der Lebensformen, der Lebensumstände, des Lebensalltags hat erkennbare Auswirkungen auf Kinder. Zugleich steigerte sich die Nachfrage nach Kita-Betreuungsplätzen gerade für Kinder im Alter unter drei Jahren. Das führte zu einer größeren Vielfalt der Herausforderungen und Probleme in den Einrichtungen der frühkindlichen Bildung und Betreuung. Zudem wurde die Lernfähigkeit gerade sehr kleiner Kinder im Zusammenhang mit den ersten PISA-Studien zunehmend als Basis späteren Lernerfolgs thematisiert. „Gerade für Kinder unter drei Jahren zeigen Studien, dass positive Entwicklungsverläufe erheblich von der Beziehungsqualität zwischen Erwachsenen und Kindern und damit vom Umfang sowie der Qualifikation der pädagogischen Fachkräfte abhängig sind.“ (Bock-Famulla/ Große- Wöhrmann 2009, 7) Hier „sind Fachkräfte gefragt, die den Stand der Forschung zur Kenntnis genommen haben, ihn reflektieren und in ihre pädagogische Arbeit einf ließen lassen können“ (Leu/ von Behr 2010, 12). Als Konsequenz aus diesen Diskussionen wurde eine vertiefte, akademische Ausbildung als notwendig angesehen - allgemein als „Frühpädagogik“, auch als „Kindheitspädagogik“ terminologisch zusammengefasst. Die Grundphilosophie der frühpädagogischen Arbeit ist - im Gegensatz zu bisherigen Ausbildungen - die Arbeit mit einer großen Vielfalt und Verschiedenheit von Kindern. „Diversität“ gilt als wechselseitige Bereicherung, als Spiegel der gesellschaftlichen Realität und als konstruktive Herausforderung. Bezieht man diese kurze Beschreibung auf die Philosophie der Inklusion, die Bildungsgerechtigkeit für alle Menschen fordert, so wird deutlich, dass die Frühpädagogik jedem Kind die Chance eröffnen könnte, seine gesellschaftliche Rolle von klein auf wahrzunehmen. 2. Perspektive der Interdisziplinären Frühförderung In diesem Perspektivwechsel geht es hier um die heutigen Arbeitsgrundlagen der Interdisziplinären Frühförderung. Sie hat sich konzeptionell seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelt. Auslöser für die Arbeit der Frühförderer/ innen war und ist immer ein einzelnes Kind, Auslöser dann, wenn in der Entwicklung etwas auffällt, das den für das 133 FI 3 / 2015 Interdisziplinäre Frühförderung und Frühpädagogik: Reflexionen über eine „Schnittstelle“ Alter typischen Erwartungen widerspricht. Es bedarf der amtlichen Feststellung einer „Behinderung“ oder „drohenden Behinderung“ (§ 23 SGB XII). Diese ist notwendig für die Gewährung der unterstützenden Förderung und Therapie. In dieser „Defizitdiagnose“ als Stigma bleiben die Entwicklungsressourcen eines Kindes als Grundlage der Entwicklungsförderung unberücksichtigt - in Fachkreisen auch als Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma bezeichnet. Diagnostik, Planung, Förderung und Therapie sollten auf die Lebenswelt des Kindes und seiner Familie abgestimmt sein. Das ist umso besser zu verwirklichen, je flexibler die Arbeitsweise durch interprofessionelle Zusammenarbeit einerseits und die Mobilität der Fachleute andererseits gestaltet ist. Aus dieser unmittelbaren Kenntnis der Lebenswelt lässt sich eine Förderung am effektivsten verwirklichen. Interessant ist dafür der Hinweis, dass die UN-Konvention der Rechte von Menschen mit Behinderungen auch die Zielsetzung eines verstärkten Zugehörigkeitsgefühls der Menschen benennt („enhanced sense of belonging“, Präambel > m <). Insoweit bietet die Interdisziplinäre Frühförderung die große Chance, einem drohenden Prozess der Exklusion schon in der Familie früh zu begegnen, d. h. unter anderem dem Zugehörigkeitsgefühl zu dienen. Für die Arbeit sind zwei Aspekte unverzichtbar: 2.1 Für alle Kinder gilt „Partizipation“ (ICF) bzw. „Teilhabe“ als Arbeitsauftrag - sowohl in der deutschen Sozialgesetzgebung als auch in den UN-Konventionen. Therapie- und Förderbedarf sind dabei nicht die einzigen Herausforderungen. Die Akzeptanz eines Kindes als einzigartige Persönlichkeit mit seinem Entwicklungspotenzial und seiner spezifischen Familiensituation stehen im Vordergrund. Therapie und Förderung können nur im Rahmen dieser spezifischen Bedingungen ihren Sinn entfalten. Die große Diversität der fachlichen Herausforderungen ist ein Spezifikum der Interdisziplinären Frühförderung. 2.2 In der Praxis haben sich unterschiedliche Methoden von Förderung und Therapie bewährt, die sich auf Kinder mit speziellen Teilhabeeinschränkungen beziehen. Das betrifft z. B. Kinder mit Zerebralparesen, Kinder mit schweren Hirnschädigungen, Kinder mit Chromosomenaberrationen, Kindermit Beeinträchtigungen im Bereich der Autismus-Spektrum-Störungen, Kinder mit Spina bifida, Kinder mit den vielfältigen Problemen im Rahmen der Fetalen Alkohol-Spektrum-Störungen (FASD), sehr früh geborene Kinder und viele, viele andere mehr. Es besteht kein Zweifel, dass es sich hier um professionell begründete „exklusive“ Vorgehensweisen handelt, die nicht von einer Berufsgruppe allein abgedeckt werden können. Insoweit ist Frühförderung immer ein interdisziplinär (als „Komplexleistung“ SGB IX) zu organisierendes Aufgabenfeld. 3. Präzisierung der Schnittstelle Für die meisten Kinder findet irgendwann der Übergang von Leben in der Familie in eine Kita statt. Dieser Übergang ist bekanntlich des Öfteren mit Schwierigkeiten der Trennung belastet. Diese Situation verschiebt sich immer mehr ins jüngere Alter, auch für Eltern, deren Kinder „behindert“ oder „von Behinderung bedroht“ sind und die von der Interdisziplinären Frühförderung begleitet werden. Je jünger Kinder sind und darüber hinaus je stärker im Einzelfall die Beeinträchtigung ihrer Entwicklung ist, desto vulnerabler sind sie. Damit ist mit der Beschreibung der „Schnittstelle“ angedeutet, dass dieser Übergang für beide Institutionen mit hohem professionellen Anspruch verbunden ist. 134 FI 3 / 2015 Jürgen Kühl 4. Präzisierung der Schnittmenge Bei oberflächlicher Betrachtung gibt es zwei Gemeinsamkeiten. Beide Arbeitsbereiche beschäftigen sich mit Kindern zwischen dem Babyalter bis zur Einschulung. Beide Arbeitsbereiche sind verantwortlich für eine große Vielfalt unter den Kindern. Diese Arbeitsgrundlage der Vielfalt bzw. der Diversity der Kinder zeichnet die Frühpädagogik aus. In der Interdisziplinären Frühförderung ist die Vielfalt nicht Konzept, sondern seit es Frühförderung gibt eine alltägliche Tatsache. Dieses Engagement beider Arbeitsbereiche der Akzeptanz von Vielfalt unter Kindern führt zu mindestens annäherungsweise einem vergleichbaren Grundverständnis von Kind-Sein und kindlicher Entwicklung. Sowohl die Frühpädagogik als auch die Interdisziplinäre Frühförderung müssen die Entwicklung jedes einzelnen Kindes als individuellen Prozess im Kontext sehr unterschiedlicher familiärer, sozioökonomischer und gesellschaftlicher Lebensbedingungen zu verstehen versuchen und ihre professionelle Begleitung darauf beziehen können. Es besteht kein Zweifel an den Erkenntnissen der Bindungsforschung, dass sich tragende Bindungen von einem Säugling oder Kleinkind zu mehreren Personen entwickeln können. Entscheidend ist dabei jedoch die Fähigkeit und Sensibilität der Erwachsenen, sich auf das Temperament und die Impulse einzulassen, die vom Kind ausgehen, und es damit zugleich vor unangemessenen Interaktionen zu bewahren. Die damit verbundenen Qualitäten sind „Zuwendung, Sicherheit, Stressreduktion, Assistenz und Explorationsunterstützung“ (Ahnert 2007, 62). Das schließt nicht aus, dass sich die Fähigkeit des Kindes, mit außerfamiliären Personen Kontakt aufzunehmen, mit zunehmendem Alter erweitert und notwendig ist (vgl. Largo 2004, 89). Aus entwicklungspsychologischer Perspektive aber ist die Verfügbarkeit über spezifische Bezugspersonen bis zum Alter von ca. 3 Jahren für das Kind von fundamentaler Bedeutung. In der Regel entsteht eine solche Beziehung auch zu den Frühförderern/ innen, die das Kind und seine Familie über einen längeren Zeitraum begleiten. Daraus folgt: die Verfügbarkeit über eine konstante Bezugsperson in der Krippe bleibt umso notwendiger, je jünger ein Kind ist. Dies ist implizit auch ein politisches Bekenntnis zur Universalität der Menschenrechte auch von Kindern als ihr je individuelles Recht auf Wahrung ihrer Entwicklungsbedürfnisse und ihrer Würde, unabhängig davon, welche äußeren und inneren Probleme ihre Entwicklung belasten. Diese professionelle Haltung sollte als Gemeinsamkeit der Frühpädagogik oder der Interdisziplinären Frühförderung selbstverständlich sein. Damit wird zugleich eine elementar wichtige erkenntnistheoretische Voraussetzung für beide Arbeitsfelder ins Blickfeld gerückt. Kindliche Entwicklung vollzieht sich grundsätzlich nach den gleichen Prinzipien, unabhängig davon, ob ein Kind als „auffällig“ - „behindert“ - oder „normal“ angesehen wird. Allerdings kann sich die Entwicklung sehr unterschiedlich unter „erschwerten Bedingungen“ im Sinne der Diversity vollziehen. Bedingungen aber sind beeinflussbar. Dies ist ein entscheidender „Link“ zwischen beiden Arbeitsfeldern. 5. Welches sind die Unterschiede im Arbeitsansatz? 5.1 Perspektive der Frühpädagogik Der Unterschied zur Frühförderung besteht darin, dass Frühpädagogik auf die Arbeit in Kindergruppen ausgerichtet ist. Kindergruppen sind durch ihre Heterogenität charakterisiert. Damit geht grundsätzlich die Gefahr 135 FI 3 / 2015 Interdisziplinäre Frühförderung und Frühpädagogik: Reflexionen über eine „Schnittstelle“ einher, dass geplant oder ungewollt Klassifizierungen stattfinden, Unterscheidungen gemacht werden. Diese Gefahr der Abgrenzungen und damit der Etikettierung kann sich wiederum im Verhalten gegenüber den Kindern auswirken. Die Frühpädagogik - so ist aus den meisten Curricula ersichtlich - sieht sich der Inklusion, also der „Konvention der Rechte von Menschen mit Behinderungen“ verpflichtet. Demzufolge wird einem Kind seine „Zugehörigkeit und Anerkennung nicht über Leistungshierarchien vermittelt werden, sondern per se jedem Kind in seiner unvergleichlichen Einzigartigkeit zukommen“ (Prengel 2014, 20) Somit entzieht sich die konsequent angewandte Frühpädagogik der Anwendung von Klassifizierungen und Etikettierungen. „Mit ihrer Emphase für Gleichheit und Verschiedenheit weist Inklusive Pädagogik einen engen Bezug zum Kerngedanken der Philosophie der Menschenrechte und der Menschenrechtsbildung, der ,gleichen Freiheit‘ auf.“ (ebd., 21) Frühpädagogik rückt damit soziale Zugehörigkeit und Partizipation dieser jungen Generation in ihren frühen Lebensjahren in den Vordergrund. Die Aufgabe und zugleich die Stärke der Frühpädagogik ist konzeptionell die Arbeit mit heterogen zusammengesetzten Kindergruppen, die entsprechend den differierenden individuellen Bedürfnissen der Kinder gestaltet werden können. Zugleich kann für ein neu aufgenommenes Kind die Erfahrung aus der Einzelsituation in die Peer-Gruppe hinein angebahnt und begleitet und damit die Partizipation am Kitaalltag erschlossen werden. In positivem Sinn werden hiermit neue Lernerfahrungen und soziale Erfahrungen jenseits der Kleinfamilie und jenseits der auf das einzelne Kind fokussierenden Frühförderung in einem neuen Kontext ermöglicht, quasi als Wegbereiter für eine erweiterte gesellschaftliche Teilhabe. 5.2 Perspektive der Interdisziplinären Frühförderung Die Interdisziplinäre Frühförderung ist auf die Förderung eines Kindes in einer Einzelsituation in seiner Familie und in seinem Lebensumfeld ausgerichtet. Dabei geht es um zwei miteinander verknüpfte Aspekte. Auf der einen Seite geht es um die Orientierung an den Entwicklungsressourcen eines Kindes und deren Hemmnissen. Auf der anderen Seite müssen im Lebensalltag, im Zusammenleben mit den Eltern und anderen Bezugspersonen die Möglichkeiten gefunden und aktiviert werden, die dem Kind eine Teilhabe am Alltagsleben ermöglichen, in dem es sein Entwicklungspotenzial erproben und weiter entfalten kann. Eine Interdisziplinäre Frühförderstelle bietet eine niedrigschwellige Beratung für besorgte Eltern als Dienstleistung an. Sie verfügt dazu über eine große Breite an Erfahrungen mit verschiedensten Entwicklungsbeeinträchtigungen (Siehe 2.2) und kann für diagnostische Erfordernisse auf Fachleute unterschiedlicher Professionen zurückgreifen. Wenn bei einem Kind eine Beeinträchtigung der Entwicklung vorliegt (Siehe 2.), ist das der Anlass für eine interdisziplinäre Diagnostik im Sinne der „Komplexleistung Frühförderung“ nach SGB IX. Entscheidende Faktoren sind dabei vorhandene Teamstrukturen, um die Grundlage für eine längerfristige mobile (in der Wohnung der Familie) oder ambulante Förderung durch heilpädagogische, therapeutische, psychologische und psychosoziale Fachkräfte zu organisieren. Bei Kenntnis der familiären Lebenssituation können für das Kind mit seiner Familie Situationen gesucht und Angebote entwickelt werden, die die Förderung in den Alltag einbinden, d. h. Förderziele können auf die jeweiligen individuellen und familiären Bedürfnisse bezogen werden (vgl. Thurmair/ Naggl 2010, 19 - 24). 136 FI 3 / 2015 Jürgen Kühl Durch die Vernetzung einer Frühförderstelle in der jeweiligen Region kann auch die Verbindung zu anderen Fachleuten und Institutionen hergestellt werden, z. B. zu einer Krippe. Ein zentrales Anliegen ist die Begleitung und die Unterstützung der Eltern in ihrer persönlichen Auseinandersetzung mit der Situation, Mutter oder Vater eines „Problemkindes“ zu sein. „Frühförderung stellt ein Versorgungssystem dar, das durchaus als Knotenpunkt zwischen den Systemen Pädiatrie sowie Kinder- und Jugendhilfe verstanden werden kann, da hier die Fäden zu beiden Systemen zusammenlaufen“ (Höfer/ Behringer 2009, 52). 6. Reflexionen über die Schnittstelle Allgemein kann man feststellen, dass in Hinblick auf Kooperationen, die einem inklusiven Konzept folgen, die Situation zwischen den beiden Arbeitsgebieten am besten mit „Entwicklungsland“ beschrieben ist. Folgende Fragen bedürfen dazu einer Klärung: 6.1 Perspektive Frühpädagogik Wenn man - generell - von der Vielfalt unter Kindern als Grundlage der Frühpädagogik ausgeht, wie steht es um die fachlichen Kompetenzen im Umgang mit Kindern mit unterschiedlichen Entwicklungsbeeinträchtigungen? 6.2 Perspektive Interdisziplinäre Frühförderung Wenn man die vielfältigen Entwicklungsbeeinträchtigungen in der Arbeit der Interdisziplinären Frühförderung bedenkt, wie können diese individuell angepassten Vorgehensweisen für ein Kind in einer Kita fortgeführt und weiterentwickelt werden? Zu 6.1 Zur Perspektive der fachlichen Kompetenzen in der Frühpädagogik Die Angaben zu den vermittelten Kompetenzen in Studien der Frühpädagogik zum Umgang mit Kindern mit Behinderungen als Ausdruck von Diversität sind ziemlich ernüchternd. In einer Untersuchung des Autors (Kühl 2012, 35) wurden die damals (2010) zugänglichen Curricula von 53 Studiengängen für Frühpädagogikim Hinblick auf solche Studieninhalte untersucht, die auf die Arbeit mit Kindern mit Behinderungen qualifiziert vorbereiten. Nur 5 dieser 53 Studiengänge beschäftigen sich grundlegend mit Fragen der Situation von Kindern, die herkömmlich mit den Begriffen „behindert“ oder „von Behinderung bedroht“ bezeichnet werden. Der Begriff der Diversity täuscht hier also etwas vor, das mit Inklusion nicht gleichgesetzt werden kann. Eine differenziertere Untersuchung von Timm Albers (2011) sieht nicht viel anders aus. Von den 79 Studiengängen benennen 42 den Begriff Inklusion innerhalb ihrer Modulstruktur. Aber nur 10 dieser Studiengänge bieten in ihrem Curriculum eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema der Inklusion an. Diese Auseinandersetzung wird bisher offenbar in etlichen Fakultäten und Fachbereichen noch unzureichend geführt. „Während die Frühpädagogik stets bestrebt war, „Passungen zwischen den heterogenen Lebenslagen von jungen Kindern und deren Familien sowie den Angeboten für Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder herzustellen“ (Sulzer/ Wagner 2011, 8), wurde die in der Sonder- und Integrationspädagogik bekannte Diskussion um Integration und Inklusion in der frühpädagogischen Fachöffentlichkeit lange Zeit nur marginal wahrgenommen.“ (Albers 2011) 137 FI 3 / 2015 Interdisziplinäre Frühförderung und Frühpädagogik: Reflexionen über eine „Schnittstelle“ Aus dem Jahr 2014 liegt eine Analyse der Modulhandbücher von 21 grundständigen frühpädagogischen Studiengängen vor (vorher gab es vor allem konsekutive Studiengänge nach einer Erzieher/ innen-Ausbildung) (vgl. Behrisch 2014). Es geht in dieser Analyse um das konzeptionelle Verständnis von Inklusion in den Modulhandbüchern. Dazu soll „eine Bestimmung des Begriffs Inklusion über die Benennung von Heterogenitätsdimensionen und mit besonderem Interesse an der Kategorie ,Behinderung‘ erfolgen“. (ebd.) Als Begriff taucht „Behinderung“ offenbar häufig auf, überwiegend mit „Inklusion“ verknüpft, aber weniger im Zusammenhang mit Diversität. Hierbei wird eher auf Diskriminierungserfahrungen von Menschen mit Behinderung Bezug genommen. „Neben der Unbestimmtheit, ob und wo ,Behinderung‘ als Kategorie mitbesprochen wird, so ist dies auch die Dimension, welche die größte Spannweite ihrer Thematisierung erfährt, von den Anschlüssen an die Diversity-Perspektive bis hin zur negativ konnotierten Betrachtung der Abweichung. …Vielmehr wird das studentische Bild von ,Behinderung‘ gleichsam indirekt in den Lerngebieten von kindlicher Entwicklung, Diagnostik und Therapie als Störung, Auffälligkeit oder Fehlentwicklung geprägt.“ (ebd.) Bei einer kritischen Betrachtung dieser drei zwar durchaus unterschiedlichen Blickwinkel auf die frühpädagogischen Studien stellt sich die Frage, ob hierbei die Abgrenzung von heilpädagogischen und auch interdisziplinären Sichtweisen in Hinblick auf Kinder mit Behinderungen eine Rolle gespielt hat. „Heilpädagogische Leistungen“ und „Interdisziplinäre Zusammenarbeit“ gehören zu den Qualitätsmerkmalen der Interdisziplinären Frühförderung. Drückt sich hier eine Distanzierung im Zusammenhang mit dem o. g. Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma (S. 2) aus? Simone Seitz lässt diese Vermutung anklingen. „Die Rechtfertigung der Leistungen der Frühförderung über Kind bezogene Defizite ist im Hinblick auf Inklusion ein Qualitätshindernis. Es sollten Modelle systemischer Ressourcenzuweisung entwickelt werden.“ (Seitz 2012, 320) Zu 6.2 Zur Perspektive der Interdisziplinären Frühförderung zu Konzepten der Kooperation Die Suche nach Konzeptionen zum Übergang von Kindern in die Krippe oder Kita bzw. zu deren Begleitung, ist wenig aufschlussreich, obwohl in der Tat sehr häufig zusammengearbeitet wird. Von Interesse dazu sind zugängliche verallgemeinerbare Informationen über die Formen und Strukturen der Zusammenarbeit zwischen Frühförderstellen und Kitas. Sie sind heterogen, auch wenn diese Zusammenarbeit an vielen Orten schon länger stattfindet. Aus einer umfangreichen Studie von Seelhorst et al. (2012, 184) in Niedersachsen geht hervor, dass „die häufigste Kontaktart zwischen den Frühförderinnen und den Erzieherinnen (…) das Tür- und Angelgespräch“ ist. Neben anderen Schlussfolgerungen für eine Weiterentwicklung der Zusammenarbeit wird gefordert, dass „Erzieherinnen und Frühförderinnen gemeinsame Entwicklungsgespräche mit den Eltern des betreuten Kindes durchführen (nach klarer Absprache, wer die Gesprächsführung innehat)“ (ebd., 185; Hervorhebungen J. K.) Wichtige Aussagen zur Zusammenarbeit beider Einrichtungen machen Thurmair und Naggl. „Wenn Frühförderung unter diesen Bedingungen weiter geführt wird, bedarf es eines unter diesen Hinsichten neu erarbeiteten Konzeptes für die Förderung und die Zusammenarbeit mit den Eltern.“ (2003, 229; Hervorhebung J. K.) In Bayern werden von 21,2 % der IFS solche Fachdienstleistungen erbracht, die in integrativen Kindertageseinrichtungen oder im Zuge 138 FI 3 / 2015 Jürgen Kühl der Einzelintegration von Kindern notwendig sind. Es handelt sich meist um Einzelvereinbarungen, sodass sich darüber „kein einheitliches organisatorisches Bild“ gewinnen lässt. (Vgl. FRANZL III (2010), 19) Im Rheinland wurde in den Jahren zwischen 2008 und 2011 ein Modellversuch zur Bildung, Betreuung und Förderung von Kindern mit Behinderung unter drei Jahren in der Krippe durchgeführt. Die Ergebnisse sind für das Thema insofern interessant, als sich die Frühförderung als fachlich notwendige Begleitung erweist. „Die Frühförderung ist und bleibt die erste und daher besonders wichtige Institution für die Eltern und Kinder. Sie verfügt über eine differenzierte Diagnostik und spezifische Erfahrungen in der Förderung des jeweiligen Kindes. Deshalb muss sie auch in den Prozess des Übergangs einbezogen werden. Dies darf nicht an finanziellen Regelungen scheitern (vgl. LVR-Projekt). Der Bericht über einen Modellversuch in Westfalen-Lippe resümiert sehr ähnlich: „Die Untersuchung zeigte deutlich die Bedeutsamkeit der Weiterführung von Frühförderung auch nach Aufnahme des Kindes in die Kita“ (Seitz/ Korff 2008, 36). Die Autorinnen empfehlen aus ihren Erfahrungen, dass eine Einbindung der Frühförderfachkräfte (auch der Therapeuten/ innen) in den Gruppenalltag „ertragreich“ wäre (ebd., 28). „Eine heterogene Gruppe …ist eine zentral bedeutsame günstige Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Betreuung, Erziehung und Bildung mit U3-Kindern mit Hilfebedarf…“(ebd., 36). In allen zitierten Untersuchungen wird deutlich, dass eine Zusammenarbeit beider Einrichtungstypen, insbesondere bei sehr jungen Kindern, unabdingbar notwendig ist und eine hohe Qualität voraussetzt. Das ist umso wichtiger, je weniger eine Kindertageseinrichtung über spezifische Fachlichkeit verfügt. „Damit eine inklusive Betreuung von Kindern mit Behinderungen in diesem frühen Alter gelingt, müssen die Gruppengröße, ihre Zusammensetzung und der Personalschlüssel so gestaltet sein, dass die Fachkräfte die Möglichkeit haben, auf die individuellen Hilfe- und Förderbedürfnisse der Kinder einzugehen.“ (Sarimski et al. 2013, 201) In Hinblick auf Beispiele einer konzeptionellen Kooperation sind diese Berichte nicht sehr ergiebig. - Die „Hessische Landesarbeitsgemeinschaft Frühe Hilfen in Hessen e.V.“ konkretisiert in einer Broschüre die Möglichkeiten von Frühförderstellen als Kooperationspartner von Kindertageseinrichtungen. Handlungsfelder und Inhalte der Zusammenarbeit sind ebenso ausführlich beschrieben wie Qualitätsfaktoren für die Zusammenarbeit. „…die Kooperation der Fachkräfte dient also sowohl der Verbesserung der Früherkennung von problematischen Entwicklungsverläufen einzelner Kinder als auch der konkreten Unterstützung von Kindern mit besonderen Bedarfen vor Ort. Im Rahmen der Zusammenarbeit können Hilfeerfordernisse frühzeitig erkannt und Unterstützungsbedarfe ermittelt werden. Darauf auf bauend können passende Förderangebote und Partizipationshilfen gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden“ (2012, 40 - 45). Resümee Es gibt keinen Zweifel an der Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Einrichtungen der Frühpädagogik und der Interdisziplinären Frühförderung, wie sie im Überblick unter 6.2 beschrieben wurden. Die Zusammenfassung dieser Feststellungen im Sinne der Inklusion führt zu dem Ergebnis, dass der Anspruch von Diversity erst dann eingelöst ist, wenn wirklich alle Kinder im Gruppenalltag die Angebote vorfinden, die sie sich auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau erschließen können. Sowohl die Frühförderer/ innen als 139 FI 3 / 2015 Interdisziplinäre Frühförderung und Frühpädagogik: Reflexionen über eine „Schnittstelle“ auch die Frühpädagogen/ innen müssen sich mit den entsprechenden Fragen auseinandergesetzt haben. - Nicht alle spezifischen oder methodischen Vorgehensweisen der Interdisziplinären Frühförderung (Siehe dazu Überblick 2.2) müssen in der Ausbildung der Frühpädagogik vermittelt werden. Nicht Diagnosen sind entscheidend, sondern die Art des Umgangs mit Kindern mit begrenzten Sprach-, Kommunikations- und Spielfertigkeiten, mit begrenzten Bewegungsmöglichkeiten, Kindern mit ungewöhnlichem aggressivem Verhalten oder solchen, die sich in auffälliger Weise verschließen und Interaktionen meiden (vgl. Kreuzer/ Klaverkamp 2012, 334). Außerdem stellen sich gerade bei Babys und sehr jungen Kindern Fragen der Ernährbarkeit, der Belastbarkeit, des Lebens mit körperlichen Fehlbildungen alltäglich als pädagogische, oft auch pflegerische Herausforderung dar. Bei vielen Kindern, deren Gesamtentwicklung langsamer als bei den meisten anderen verläuft, verlängert sich die Phase der Abhängigkeit. Es geht um einige grundsätzliche Fragen: 1. Welche Vorgehensweisen haben sich in der interdisziplinären Frühförderung in der Familie als sinnvoll und hilfreich erwiesen? 2. Wie können in der interdisziplinären Frühförderung Kompetenzen eines Kindes entdeckt und weiterentwickelt werden, die es auf spätere Peer-Erfahrungen in der Krippe/ Kita vorbereiten? 3. Wie können diese Erfahrungen an heilpädagogischer, therapeutischer und psychologischer Begleitung des einzelnen Kindes und seiner Familie in der Arbeit in einer Krippe/ Kita modifiziert und fortgeführt werden? 4. Wie können in einer Krippe/ Kita sowie einer Interdisziplinären Frühförderstelle fachlich aufeinander abgestimmte Sicht- und Vorgehensweisen erarbeitet werden, wobei beide Einrichtungen die Eltern einbeziehen? (Arbeit an zwei Standorten) Dies sind einige wichtige Fragen von vielen, die beide Arbeitsbereiche für sich und ebenso gemeinsam klären müssen. Es geht langfristig darum, die professionelle und institutionelle Distanz konstruktiv zu überwinden. Die Interdisziplinäre Frühförderung ist herausgefordert, insbesondere bezogen auf sehr junge Kinder, Konzepte der Arbeit an zwei Standorten - Familie und Krippe/ Kita - zu entwickeln. In Hinblick auf Inklusion ist diese „zweidimensionale Zusammenarbeit“ derzeit unabdingbar notwendig. Es geht um die Begleitung des Kindes aus seiner „kleinen Welt“ in die größer und immer größer werdende und seine Chance, partizipieren zu können. Für die Frühförderer/ innen scheint es sinnvoll zu sein, fachspezifische Erfordernisse notwendiger Unterstützung im Sinne der „Inklusion“ neu zu positionieren. Jeder der beiden Arbeitsbereiche kann nur dann sinnvoll inklusiv arbeiten, wenn es in der Zusammenarbeit gemeinsam gelingt, die Familie und deren Lebensgestaltung in ihre Arbeitskonzepte einzubeziehen. „Aber auch in Hinblick darauf, dass Exklusion kein explizit frühpädagogisches Problem darstellt, sondern eine gesamtgesellschaftlich hervorgebrachte und noch andauernde Entwicklung, braucht es eine Sensibilisierung auf allen Ebenen - auch eine stärkere Reflexion durch die pädagogischen Fachkräfte.“ (Jung 2012, 122) Ein kritischer Umgang mit dem Begriff der „Behinderung“ und der damit verbundenen Stigmatisierung ist berechtigt. Diese Haltung darf aber nicht zum Hindernis gegenüber dem konkreten Wissen zum Umgang mit Kindern mit Behinderungen werden. Das entspricht weder der Philosophie der Inklusion noch der damit verbundenen Diversität. Prof. Dr. med. Jürgen Kühl Zwickauer Straße 12 28215 Bremen 140 FI 3 / 2015 Jürgen Kühl Literatur Ahnert, L. 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