Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2018
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Rezension: Manfred Hintermair, Klaus Sarimski: Entwicklung hörgeschädigter Kinder im Vorschulalter - Stand der Forschung, empirische Analysen und pädagogische Empfehlungen
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Kirsten Ludwig
Manfred Hintermair, Klaus Sarimski Entwicklung hörgeschädigter Kinder im Vorschulalter – Stand der Forschung, empirische Analysen und pädagogische Empfehlungen Heidelberg. Median-Verlag, 2016. 192 S., € 29,90, ISBN 978-3-941146-65-57
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53 FI 1/ 2018 REZENSIONEN Manfred Hintermair, Klaus Sarimski Entwicklung hörgeschädigter Kinder im Vorschulalter - Stand der Forschung, empirische Analysen und pädagogische Empfehlungen Heidelberg. Median-Verlag, 2016. 192 S., € 29,90, ISBN 978-3-941146-65-57 Die Mehrheit der Kinder mit Hörschädigung im Vorschulalter besucht ein inklusives Setting. Dies ist erfreulich, täuscht aber auch sehr rasch darüber hinweg, dass dieser inklusive Weg mit besonderer Aufmerksamkeit und sorgfältiger Beobachtung der kindlichen Entwicklung zu beschreiten ist, um im Weiteren erfolgreich fortgesetzt werden zu können. Die Fachkräfte in den Kindergärten und Kindertagesstätten können im Regelfall nicht auf Kenntnisse oder Erfahrungen zur Situation hörgeschädigter Kinder zurückgreifen und auf deren inklusive Erziehung und Förderung vorbereitet sein. Ihnen geben Manfred Hintermair und Klaus Sarimski einen Ein- und Überblick hinsichtlich verschiedener Entwicklungsbereiche, die aufgrund der Hörschädigung benachteiligt sein können, und stellen ausgewählte Skalen und Screenings vor, die sie zur Einschätzung spezifischen Unterstützungsbedarfs auswählen könnten. Das Werk umfasst drei Teile: Im Teil 1 wird der Stand der Forschung zu folgenden Entwicklungsbereichen präsentiert: Sprachentwicklung, Vorläuferfähigkeiten zum Lesen und Rechnen, sozial-kognitive Entwicklung mit den Themen Emotionsverständnis, Theory of Mind und exekutive Funktionen sowie sozial-emotionale Entwicklung mit den Themen Verhaltensauffälligkeiten und soziale Beziehung. Jedem Thema sind einleitend fachwissenschaftliche Grundlagen sowie Informationen über ungestörte Entwicklungsverläufe bei gut hörenden Kindern vorangestellt. Die anschließenden Kapitel präsentieren international recherchierte, aktuelle Forschungsergebnisse über Entwicklungsverläufe von Kindern mit Hörschädigung. Jedes Unterkapitel endet konsequent und optisch abgehoben mit einer Zusammenfassung. Der Leser wird auf diesen ersten ca. 60 Seiten in die ausgewählten Inhalte knapp und prägnant eingeführt und für mögliche tiefgreifende Entwicklungsrisiken bei Vorliegen einer Hörschädigung sensibilisiert. Diesem Überblick schließen sich in Teil 2 Ergebnisse aus insgesamt sechs deutschsprachigen Studien zur Entwicklung von Kindern mit Hörschädigung im Vorschulalter an, die auf Forschungen der Autoren und Kollegen in den Jahren 2005 bis 2015 zurückgehen. Die Studienergebnisse lassen sich den Themen der im Teil 1 behandelten Grundlagen zuordnen. Systematisch werden auf den folgenden ca. 50 Seiten pro Studie Hintergründe und Ziele, Instrumente und Stichproben beschrieben sowie deren Ergebnisse präsentiert und diskutiert. Dabei geht es den Autoren darum, die wesentlichen Erkenntnisse „insbesondere auch in ihrer Bedeutung für die praktische Arbeit“ (67) aufzuarbeiten. Wiederum endet jedes Unterkapitel mit einer bündigen Zusammenfassung. Teil 3 des Werkes umfasst ca. 30 Seiten zur pädagogischen Beurteilung von Kompetenzen von Kindern mit Hörschädigung im Vorschulbereich und Konsequenzen für die Entwicklungsförderung. Den Fachkräften an allgemeinen bzw. inklusiven Kindergärten und Kindertagesstätten wird eine beträchtliche Auswahl an Screeningverfahren und Einschätzskalen zu den zuvor behandelten Entwicklungsbereichen und bereichsübergreifend vorgestellt, die sie einsetzen können. Darüber hinaus finden sich hörgeschädigtenspezifische Anmerkungen, z. B. hinsichtlich Raumakustik, Förderung der Antlitzgerichtetheit und des Absehens, Einsatz von Gebärden, Akzeptanz und soziales Beziehungsklima sowie weitere For- 54 FI 1/ 2018 Rezensionen schungsergebnisse. Sehr wertvoll sind wiederum die Zusammenfassungen. Die prägnanten Ausführungen bieten einen komprimierten Überblick und bieten sehr gute Orientierungshilfen und Entscheidungsgrundlagen. Zur diagnostischen Begutachtung, hierbei vor allem zur Berücksichtigung der Besonderheiten bei hörgeschädigten Kindern, sowie einer prozessbegleitenden Förderdiagnostik sollten Fachexperten aus der Hörgeschädigtenpädagogik eingebunden werden. Die Kapitel sind sehr gut strukturiert, die Texte gut verständlich, kompakt und informativ verfasst und in den äußerst leserfreundlich angebotenen Zusammenfassungen zu Wesentlichem komprimiert. Das Werk sollte jeden Kindergarten und jede Kindertagesstätte erreichen, z. B. über mobile inklusionsbegleitende Hörgeschädigtenpädagogen, und Standardwerk in der Ausbildung von Erziehern werden. Dr. Kirsten Ludwig DOI 10.2378/ fi2018.art07d
