eJournals Frühförderung interdisziplinär 37/1

Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/fi2018.art04d
11
2018
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Aus der Praxis: Interdisziplinäre Frühförderstellen Hören

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2018
Verenac Goldberg
Lara Küppers
Kerstin Nieslony
Studentinnen im Master-Studiengang „Prävention, Inklusion und Rehabilitation bei Hörschädigung“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München Im Rahmen unseres Masterstudiums Prävention, Inklusion und Rehabilitation bei Hörschädigung an der Ludwig-Maximilians-Universität München haben wir drei überregionale Frühförderstellen in Bayern besucht. Ziel war es, Gemeinsamkeiten und relevante Merkmale der Einrichtungen festzustellen und deren Bedeutung für die frühe Förderung hörgeschädigter Kinder herauszufinden. Hierzu wurden drei Spontaninterviews mit Leiterinnen von überregionalen Frühförderstellen mit dem Förderschwerpunkt Hören geführt. An dieser Stelle möchten wir uns bei den Frühförderstellen für ihre Zeit und die informativen Gespräche bedanken.
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31 Frühförderung interdisziplinär, 37.-Jg., S.-31 - 36 (2018) DOI 10.2378/ fi2018.art04d © Ernst Reinhardt Verlag AUS DER PRAXIS Interdisziplinäre Frühförderstellen Hören Verena Goldberg, Lara Küppers, Kerstin Nieslony Studentinnen im Master-Studiengang „Prävention, Inklusion und Rehabilitation bei Hörschädigung“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München Im Rahmen unseres Masterstudiums Prävention, Inklusion und Rehabilitation bei Hörschädigung an der Ludwig-Maximilians-Universität München haben wir drei überregionale Frühförderstellen in Bayern besucht. Ziel war es, Gemeinsamkeiten und relevante Merkmale der Einrichtungen festzustellen und deren Bedeutung für die frühe Förderung hörgeschädigter Kinder herauszufinden. Hierzu wurden drei Spontaninterviews mit Leiterinnen von überregionalen Frühförderstellen mit dem Förderschwerpunkt Hören geführt. An dieser Stelle möchten wir uns bei den Frühförderstellen für ihre Zeit und die informativen Gespräche bedanken. Bedeutung der überregionalen Frühförderzentren Die Bedeutung der überregionalen Frühförderstellen besteht besonders im Fachwissen über verschiedene Formen der Hörschädigung, über Kommunikationsmöglichkeiten sowie über Besonderheiten im Spracherwerb hörgeschädigter Kinder. Zudem ist die Handhabung unterschiedlicher technischer Hilfsmittel von großer Bedeutung. Neben dem Hörvermögen muss auch die gesamte Entwicklung des Kindes betrachtet und gefördert werden. Das Hören und die damit verbundene Kommunikationsfähigkeit stellen ein Tor zur Welt dar. Denn nicht nur das Gesagte ist für den Menschen wichtig, vielmehr ist es die paraverbale Kommunikation, die den Gesprächspartnern wichtige zusätzliche Informationen vermittelt. Hierbei ist insbesondere die Prosodie, das bedeutet die Sprechmelodie, sowie die Lautstärke und Intonation von entscheidender Bedeutung für die Erfassung des Gesprächsinhaltes. Abhängig vom Schweregrad der Hörschädigung und den jeweiligen Möglichkeiten der technischen Versorgung kann der Zugang über die paraverbalen Merkmale eines Gesprächs verwehrt sein. Dementsprechend ist es umso wichtiger, den Kindern von klein auf geeignete Kommunikationsstrategien und Kompensationsmöglichkeiten aufzuzeigen, damit diese von Anfang an in die Gesellschaft integriert sind. Eine fehlende Kommunikation ist häufig Ursache für eine fehlende gesellschaftliche Teilhabe, da eine Verständigung untereinander schwierig ist. Um genau diese Exklusion zu vermeiden, bieten die überregionalen Frühförderstellen mit dem Förderschwerpunkt Hören spezielle Förderung für hörgeschädigte Kinder und deren Familien an, damit eine ganzheitliche Entwicklung und Integration in die Gesellschaft erfolgen kann. Einzugsgebiet Die überregionalen Frühförderstellen Hören haben große Einzugsgebiete, was lange Anfahrten sowohl für die MitarbeiterInnen als auch für die Eltern bedeuten kann. Klientel Die interdisziplinären Frühförderstellen betreuen hörgeschädigte Kinder, hörende Kinder hörgeschädigter Eltern - sogenannte Codas -, hörgeschädigte Kinder mit Mehrfachbehinderung so- 32 FI 1/ 2018 Aus der Praxis wie Kinder mit einem Syndrom, welches mit einer Hörschädigung assoziiert ist. Eine der Frühförderstellen bildet hierbei eine Ausnahme, denn hier werden Codas von einer eigenständigen Frühförderstelle betreut. Abgesehen davon betreuen alle Frühförderstellen vor allem Kinder mit peripherer Hörschädigung, worunter eine Schädigung des Hörorgans verstanden wird. Durch Funktionsstörungen des Mittel- und Innenohrs kommt es zu einer Schallempfindungsschwerhörigkeit, wodurch ein leiseres, aber auch verzerrtes Hören bedingt wird. Weiter wirkt sich diese Problematik erheblich auf das Sprachverständnis aus. Man unterscheidet von der Schallempfindungsschwerhörigkeit die Schallleitungsschwerhörigkeit. Bei dieser liegt ein Defizit im äußeren Ohr oder Mittelohr vor. Die Schallaufnahme und -weiterleitung ist gestört. Folge hiervon ist ein leiseres Hören. Die Anzahl der betreuten Kinder beläuft sich je nach Einrichtung zwischen 105 und 150 Kindern, wobei die Anzahl der Kinder in den letzten Jahren stetig angestiegen ist. Sobald die Diagnose oder der Verdacht einer Hörschädigung bei einem Kind gesichert ist, können sich die Eltern an eine Frühförderstelle wenden. Wegen des Neugeborenen-Hörscreenings kann die Diagnose mittlerweile bereits sehr früh gestellt werden. Die Kontaktadresse für die zuständige Frühförderstelle bekommen sie häufig schon vom Pädaudiologen. Dann verordnet der Kinderarzt die Frühförderung. Kontaktdaten von möglichen weiterbetreuenden Fachkräften und Einrichtungen bekommen die Eltern in der Regel bereits in der Klinik, wenn das Ergebnis des Neugeborenen-Hörscreenings auffällig ist. So werden Kinder nahezu von Geburt bis hin zum Schuleintritt betreut. Neugeborenen-Hörscreening 2009 wurde das Neugeborenen-Hörscreening flächendeckend eingeführt, um eine Hörschädigung möglichst früh zu diagnostizieren. Davor wurden die Kinder meist erst mit drei bis dreieinhalb Jahren erstmalig in der Frühförderstelle vorgestellt, hauptsächlich aufgrund von Auffälligkeiten im Spracherwerb. Inzwischen werden bereits Babys mit fünf Wochen vorstellig. Dadurch ist die Zahl der zu betreuenden Familien in den vergangenen Jahren gestiegen und auch die fachlichen Anforderungen an die Frühförderung haben sich geändert. Das Wissen um die Entwicklung der Kinder musste deutlich erweitert werden und umfasst nun das gesamte Altersspektrum von der Geburt bis zur Einschulung, und zwar nicht nur im sprachlichen Bereich. Die Förderung eines Kindes beginnt für gewöhnlich ab der Diagnosestellung und erstreckt sich bis hin zum Schuleintritt, es sei denn eine weitere Unterstützung wird von den Eltern nicht mehr gewünscht oder der sehr positive Entwicklungsverlauf des Kindes lässt einen früheren Abschluss der Förderung zu. Eine weitere neue Herausforderung ist der häufig intensive Elternkontakt zu Beginn der Frühförderung, wenn die Kinder erst ein paar Monate alt sind und sich die Eltern selbst noch in der sehr sensiblen Phase des „Eltern-Werdens“ befinden. Für manche Eltern hat die frühe Diagnose, neben dem enormen Vorteil für die Entwicklung ihrer Kinder, auch noch eine schwierige Seite. Sie können sich gerade in der Anfangszeit nicht unbelastet auf ihr Kind einlassen und brauchen besondere Unterstützung, um sich an die ihnen unbekannte Situation gewöhnen zu können. Da das Screening eine schnelle und recht zuverlässige Aussage zum Hörstatus des Neugeborenen machen kann, erfolgt eine weitergehende Diagnostik bereits kurze Zeit nach der Geburt. Der nun beginnende Weg verläuft nach dem Screening über einen Pädaudiologen, welcher die Diagnose stellt, zur Vorstellung in der Frühförderung. 33 FI 1/ 2018 Aus der Praxis Bedeutung der frühen Versorgung Durch das frühe Erkennen der Hörschädigung, kann auch eine frühe Versorgung mit technischen Hilfsmitteln sichergestellt und bereits Säuglinge können mit Hörhilfen versorgt werden. Denn für optimale Förderbedingungen und Erfolge ist eine frühestmögliche technische Versorgung mit Hörgeräten, Cochlea Implantaten oder zusätzlichen Hilfsmitteln von elementarer Bedeutung. Insbesondere in den ersten Lebensmonaten und -jahren treten sensible Phasen auf, in denen der Organismus gegenüber speziellen Erfahrungen besonders empfindsam ist. Notwendige Voraussetzung für den Prozess des Spracherwerbs ist ein gutes Hörvermögen, welches bei hörgeschädigten Kindern durch die Versorgung mit entsprechenden technischen Hilfsmitteln verbessert werden kann. Mit Unterstützung der technischen Hilfsmittel soll auch hörgeschädigten Kindern ein möglichst normaler Spracherwerb ermöglicht werden. Zusätzlich können mittels technischer Versorgung mehr förderliche akustische Reize vom Kind wahrgenommen und verarbeitet werden. Eine frühe Versorgung ist daher eine unabdingbare Voraussetzung für die Entwicklung des Kindes und damit für den Erfolg der Frühförderung. Mitarbeiter Die Mitarbeiterschaft in der überregionalen Frühförderung Hören setzt sich aus einem breiten Spektrum an Fachleuten zusammen, was die Interdisziplinarität verdeutlicht. Die Kollegen und Kolleginnen der Frühförderung Hören haben unterschiedliche Ausbildungen im Bereich der Hörgeschädigtenpädagogik, Heilpädagogik, Kindheitspädagogik oder Sozialpädagogik. Um im Bereich Hören, Sprache und Kommunikation bestmöglich auf ihre Klientel eingehen zu können, wird den Frühförderinnen die Teilnahme an speziellen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ermöglicht. Hierdurch wird eine breit gefächerte Qualität gewährleistet und den Pädagoginnen sind neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in ihrem Bereich bekannt. Zusätzlich arbeiten in der Frühförderstelle Hören auch Psychologen, Ergotherapeuten und Logopäden sowie Physiotherapeuten. Durch dieses interdisziplinäre Angebot müssen Familien keine anderen Therapiepraxen aufsuchen, auch wenn viele der betroffenen Familien wohnortnahe Therapieangebote nutzen. Auch mit diesen Therapeuten stehen die Frühförderinnen der überregionalen Frühförderstellen in stetigem Kontakt. Damit ist ein vereinfachter Austausch über die Entwicklung eines hörgeschädigten Kindes gewährleistet und es können Förderpläne gemeinsam erarbeitet werden. Im Hinblick auf Eigenerfahrungen im Bereich Hörschädigung ist es ein Vorteil, selbstbetroffene, hörgeschädigte Mitarbeiter einzustellen. Durch die selbsterfahrene Expertise können hörgeschädigte Mitarbeiter anders auf die betroffenen Familien eingehen und sich leichter in die Bedürfnisse des Kindes hineinversetzen. Daher stellen diese Mitarbeiterinnen in mehrerer Hinsicht eine Bereicherung für die Frühförderung und das gesamte Team dar. Meistens verfügen sie über langjährige Gebärdenspracherfahrungen und können ihr Team beratend unterstützen. Gebärdensprache Im Bereich der Frühförderung Hören ist der Gebrauch der Gebärdensprache wichtig, besonders wenn Codas, also hörende Kinder von hörgeschädigten Eltern, betreut werden. Bei diesen ist der Gebrauch der Gebärdensprache essen- 34 FI 1/ 2018 Aus der Praxis ziell, damit den Eltern die Inhalte und Ziele der Förderung vermittelt und deren Anliegen und Fragen aufgenommen und beantwortet werden können. Abhängig von den zu betreuenden Kindern sind die Gebärdensprachkenntnisse der Frühförderinnen unterschiedlich ausgeprägt. Bei wenigen Angestellten ist die Gebärdensprachkompetenz auf einem hohen Niveau. Zur Förderung und Verbesserung dieser Kompetenz gibt es an den Frühförderstellen interne, fortlaufende Gebärdensprachkurse. Die Teilnahme ist ausdrücklich erwünscht. In Hinblick auf die Anwendung der Gebärdensprache ergibt sich aber das Problem, dass nicht jede der Mitarbeiterinnen im selben Umfang die Gelegenheit hat zu gebärden. Abhängig vom zu betreuenden Kind und dem Hörstatus der Eltern muss sich die Frühförderin kommunikationstechnisch anpassen. Mitarbeiterinnen, die Kinder betreuen, die nicht auf Gebärden angewiesen sind und deren Eltern hörend sind, haben weitaus weniger Möglichkeiten, ihre Gebärdensprachkenntnisse zu trainieren und anzuwenden, als Mitarbeiterinnen, die Codas betreuen. Viele der Mitarbeiterinnen nutzen hingegen die lautsprachbegleitenden Gebärden, um den Kindern eine visuelle Unterstützung zum Gesagten geben zu können. Im Unterschied zur deutschen Gebärdensprache, welche eine eigene Grammatik besitzt und für alle Wörter Gebärden genutzt werden, werden bei lautsprachbegleitenden Gebärden lediglich einzelne relevante Wörter mitgebärdet. Die Grammatik der lautsprachbegleitenden Gebärden richtet sich nach der deutschen Grammatik, wodurch es sich wesentlich leichter gestaltet, lautsprachbegleitende Gebärden zu nutzen, da normal gesprochen und gleichzeitig mitgebärdet werden kann. Im Gegensatz dazu erfordert die Nutzung der Gebärdensprache jahrelange Erfahrung und aufgrund der anderen Grammatik muss zunächst ein Umdenken stattfinden. Auch werden bestimmte Wörter, die nicht relevant sind, weggelassen. Grundsätzlich liegt der Fokus aber nicht auf den Gebärden allein. Es wird das primäre Ziel verfolgt, allen Kindern die Möglichkeit zur Kommunikation zu geben, unabhängig ob es sich um die Lautsprache oder Gebärdensprache handelt. Bei der Frühförderung steht das Kind im Mittelpunkt und soll die Gelegenheit bekommen, sich auszuprobieren und seine eigenen Erfahrungen zu sammeln. Materialien Die Materialsammlung von Frühförderstellen im Bereich Hören muss sich nicht zwingend von denen anderer Bereiche unterscheiden. Prinzipiell können alle zur Verfügung stehenden Materialien und Spielsachen für die Förderung der Hör- und Sprachentwicklung eines Kindes genutzt werden. Teilweise müssen Spielhandlung und Aufgabenstellung verändert oder angepasst werden. Spezielle Materialien für den Bereich Hören und Sprache stehen in den meisten Frühförderstellen zu Verfügung. Für die Förderung der Hörwahrnehmung und -entwicklung hörgeschädigter Kinder sind verschiedene, insbesondere alltägliche, geräuscherzeugende Materialien äußerst interessant. Geräusche können identifiziert, voneinander unterschieden und selbst erzeugt werden. Es ist aber wichtig, dass den Kindern, trotz der Hörschädigung, Geräusche in normaler Lautstärke angeboten werden und dem Kind Zeit gegeben wird, die akustischen Reize zu verarbeiten, damit es nicht zu einer Überstimulation kommt. Gemeinsam mit dem Kind gebastelte Geräuschspiele fördern die Entwicklung eines Kindes ganzheitlich. In Bezug auf die sprachliche Förderung ist es wichtig, dabei viel mit dem hörgeschädigten Kind zu sprechen und in einen Dialog zu treten, dies ist eigentlich in jedem Spiel möglich und benötigt daher keine auf die Hörschädigung angepassten Spielmöglichkeiten. 35 FI 1/ 2018 Aus der Praxis Aufgaben und Ziele Das Ziel überregionaler interdisziplinärer Frühförderstellen mit dem Schwerpunkt Hören ist es, hörgeschädigte Kinder und ihre Eltern, durch eine familienorientierte Frühförderung im Bereich Hören, Sprache und Kommunikation, in ihren eigenen Fähigkeiten zu bestärken und neue Kompetenzen zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, sind verschiedene Aufgaben seitens der Einrichtung durch die unterschiedlichen Mitarbeiterinnen zu erfüllen. In Bezug auf die Eltern müssen die intuitiven elterlichen Kompetenzen von den Mitarbeiterinnen gestärkt werden, sowie ihre vorsprachliche Kommunikationsfähigkeit gefördert werden. Des Weiteren ist die Frühförderin oftmals Ansprechpartnerin in Erziehungsfragen und kann somit Anregungen zu sprachfördernden Spielen oder einer natürlichen Sprachförderung im Alltag geben. Auch bei der Suche einer geeigneten Kindertageseinrichtung bieten die Mitarbeiterinnen Hilfestellung und können die Eltern über mögliche Beratungsangebote, Selbsthilfegruppen oder Gebärdenkurse informieren. Besonders wichtig ist es, dass die Eltern Kompetenzen im Umgang mit den Hörhilfen ihres Kindes erlangen, wobei die Pädagoginnen Unterstützung anbieten oder gegebenenfalls auf die Fertigkeiten des Akustikers verweisen. Bei der Förderung des hörgeschädigten Kindes beachtet die Frühförderin die individuellen Bedürfnisse des Säuglings oder Kindes, sieht die jeweiligen Stärken und Entwicklungsschritte, um den Förderplan kontinuierlich anzupassen. In Spielsituationen wird der Blickkontakt und die Antlitzgerichtetheit des Kindes sowie die Aufmerksamkeit und Wahrnehmung von bedeutsamen akustischen Reizen gefördert. Gerade die Antlitzgerichtetheit, das bedeutet, dass das Gesicht des Kommunikationspartners stets gut zu sehen ist, spielt bei hörgeschädigten Kindern eine wichtige Rolle. Dadurch können sie viele Informationen aus der Mimik des Gesprächspartners erhalten und ihnen wird in der Regel ein deutliches Mundbild, welches sie nachahmen können, geboten. Aufgrund des eingeschränkten Hörsinnes soll der visuelle Sinn verstärkt genutzt werden und das Interesse des Kindes an Kommunikation durch Mimik, Gestik und Körpersprache gestärkt werden. Die Sprachproduktion und Rezeption des Kindes wird im bedeutungsvollen Spiel- und Handlungszusammenhang geschult, wie beispielsweise beim Kaufladenspiel, da es inhaltliche, sprechmelodische und grammatikalische Elemente enthält. Kooperationspartner Einer der großen Unterschiede zwischen den überregionalen Frühförderstellen mit Förderschwerpunkt Hören und anderen Frühförderstellen sind die Kooperationspartner. Zum Austausch von Informationen und interdisziplinärem Arbeiten sind für die Frühförderstellen Hören Hals-Nasen-Ohren Ärzte, Cochlea-Implantat-Zentren und Pädaudiologen die wichtigsten Partner. Alle sind für eine optimale Entwicklung und Förderung der Kinder mitverantwortlich. Aufgabe der HNO-Ärzte ist es, eine erste Diagnostik des Hörschadens festzustellen, bevor die Pädaudiologen als nächste Beratungsinstanz bei der Vermittlung der Kontakte zu den geeigneten Frühförderstellen helfen. Weiter ist die Zusammenarbeit mit den Cochlea-Implantat-Zentren ein wichtiger Punkt in der Arbeit einer Frühförderin im Bereich Hören. Nach einer erfolgten Cochlea-Implantation liegt es in den Händen der Rehazentren, das neue Hören, mit Unterstützung der Frühförderstellen, zu erlernen und durch Training zu etablieren. 36 FI 1/ 2018 Aus der Praxis Abschlussgedanken Das Kennenlernen der überregionalen Frühförderstellen Hören mit dem Hintergrund unseres Studiums und unserer Kenntnisse haben uns die Relevanz und Notwendigkeit dieser Einrichtungen deutlich vor Augen geführt. Auch, oder gerade, weil es sich bei einer Hörschädigung um eine nicht sichtbare Behinderung handelt, darf der Einfluss einer solchen Schädigung auf die gesamte Entwicklung eines Kindes nicht unterschätzt werden. Eine spezielle Förderung für hörgeschädigte Kinder ist daher besonders wichtig. Die Frühförderstellen Hören legen so den Grundstein für ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben hörgeschädigter Kinder. Verena Goldberg E-Mail: verena.goldberg@web.de Lara Küppers E-Mail: kuepperslara@gmail.com Kerstin Nieslony E-Mail: nieslony.kerstin@gmail.com Studentinnen im Master-Studiengang „Prävention, Inklusion und Rehabilitation bei Hörschädigung“ an der Ludwig-Maximilians- Universität München