eJournals Frühförderung interdisziplinär 37/1

Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/fi2018.art08d
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Rezension: Ferdinand Klein: Heilpädagogik im Dialog: Wissenschaftliche Reihe, Band 3. Internationales Archiv für Heilpädagogik

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Gerhard Neuhäuser
Ferdinand Klein Heilpädagogik im Dialog Wissenschaftliche Reihe, Band 3. Internationales Archiv für Heilpädagogik Emil E. Kobi Institut. 89 S., brosch., BHP-Verlag, Berlin 2017, € 9,20 (zu bestellen unter www.bhpadonline.de)
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54 FI 1/ 2018 Rezensionen Ferdinand Klein Heilpädagogik im Dialog Wissenschaftliche Reihe, Band 3. Internationales Archiv für Heilpädagogik Emil E. Kobi Institut. 89 S., brosch., BHP-Verlag, Berlin 2017, € 9,20 (zu bestellen unter www.bhpadonline.de) Der Begriff Heilpädagogik wurde vor 160 Jahren vom Philosophen und Pädagogen Johann Daniel Georgens mit dem medizinisch ausgebildeten Erzieher Heinrich Marianus Deinhardt im wegweisenden Buch „Levana oder Erziehlehre“ in die wissenschaftliche Diskussion eingeführt; immer wieder ist seither über seine Berechtigung debattiert worden. Dabei hat sich das Konzept stets als unverzichtbar erwiesen und konnte durch andere Definitionen, wie Sonderpädagogik oder Rehabilitationspädagogik, nicht ersetzt werden. Auch und gerade in Zeiten der Inklusion hat es seine Berechtigung; dies zeigt die vorliegende, autobiografisch bestimmte Schrift, in der Ferdinand Klein für ihn - und sicher viele von uns - grundlegende Positionen ehrlich, eindringlich und gut begründet darstellt. Er geht dabei, seinem Lebensweg folgend, von ganz praktischen Herausforderungen beim engen Zusammenleben mit Menschen aus, die als schwer behindert gelten und Förderbedarf haben; er zeigt, welche Bedeutung dabei dem „dialogischen Prinzip“ Martin Bubers, einer das einzelne Kind wertschätzenden Haltung, die Janusz Korczak gelebt hat, oder der „logotherapeutischen“ Sinngebung Viktor Emil Frankls zukommt. - Im ersten Teil des Büchleins wird durch Erlebnisse in Handlungsfeldern, die heilpädagogisches Denken und Überlegen sowie persönlichen Einsatz erfordern, darauf hingewiesen, welche Rolle die „Selbsterziehung des Erziehers“ spielt und wie im Dialog der eigene Standpunkt zu gewinnen und zu festigen ist; das Motto Friedrich Fröbels „Erziehung ist Beispiel und Liebe, sonst nichts“ wird so für verschiedene Stufen des beruflichen Lebens bestimmend und führt nach anschaulichen Beispielen zu einer Denken und Handeln des Autors kennzeichnenden Anregung: „Wie Heilpädagogik den Nihilisten antworten kann“; Albert Schweitzer und der Dalai Lama sind dabei Kronzeugen. - Im 2. Teil werden international bedeutsame und erfolgreiche Aktivitäten aus den letzten 20 Jahren geschildert. Klein hat in seiner slowakischen Heimat unermüdlich ausgleichend gewirkt und durch seine Lehrtätigkeit an der Universität in Bratislava vielseitige Kooperationen angeregt. Es wird auch deutlich, wie im Ost- West-Dialog, vor allem auch mit Ungarn und Polen, unterschiedliche Erfahrungen nutzbar gemacht werden können und bewährte Traditionen mit westlichen Vorstellungen abzugleichen sind; in der heilpädagogischen Wissenschaft wird der phänomenologisch-hermeneutischen Methode 55 FI 1/ 2018 Rezensionen Bedeutung zugemessen, ein streng naturwissenschaftlich orientiertes Vorgehen eher kritisch gesehen. - Schließlich folgt im 3. Teil ein Kapitel „Zur Praxis und Theorie der Erziehung schwerbehinderter Menschen“. Diese Ausführungen müssen als ein Vermächtnis des Autors angesehen werden: An Beispielen der jüngeren Vergangenheit macht er deutlich, dass ein begründeter Standpunkt im Interesse von Menschen, die Unterstützung und Hilfe brauchen, auch polemisch zu vertreten ist, um sozialpolitisch wirksam zu sein. Wenn Kommunikation verbal oder gestisch kaum oder nicht möglich ist, gibt es doch viele Möglichkeiten, mit schwer behinderten Menschen in Beziehung zu treten, was besondere heilpädagogische Empathie voraussetzt. - Im Anschluss an die „Handreichung“ des Autors (siehe Frühförderung interdisziplinär Oktober 2017) stellt die vorliegende Schrift eine wertvolle, vertiefende Ergänzung bzw. Erweiterung dar. Sie fordert beim Lesen heraus und motiviert immer wieder zu dialogischem Nachdenken, bringt aber auch reichen Gewinn durch unmittelbare Schilderung heilpädagogischen Handelns, mit Bezug auf beispielhafte Aussagen bedeutender Heilpädagogen und im steten Bemühen, einen als richtig erkannten Standpunkt in die Tat umzusetzen, dabei aber im Dialog und nach sachlicher Diskussion zu modifizieren und der (auf)gegebenen Situation anzupassen. Gerhard Neuhäuser, Linden DOI 10.2378/ fi2018.art08d