Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
71
2019
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Rezension: Ferdinand Klein, Mit Janusz Korczak Inklusion gestalten
71
2019
Gerhard Neuhäuser
Der polnische Arzt, Pädagoge, Schriftsteller und Philanthrop Janusz Korczak (1878–1942) hat in vielfältiger Hinsicht beispiel- und vorbildhaft gewirkt, ist letztlich für seine Überzeugungen und Haltung mit den ihm anvertrauten Kindern in die Gaskammern von Treblinka gegangen. Sein Werk, aus der unbedingten Sorge um das Wohl jedes Kindes erwachsen und davon getragen, erscheint zeitlos und ist gerade heute in besonderer Weise aktuell, wenn es um eine recht verstandene Inklusion und Teilhabe von Kindern und Menschen mit Behinderung geht. [...]
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163 FI 3/ 2019 Rezensionen Ferdinand Klein Mit Janusz Korczak Inklusion gestalten Vandenhoeck & Ruprecht, 2018, 224 S., 17 Abb. Kart., € 20,- Der polnische Arzt, Pädagoge, Schriftsteller und Philanthrop Janusz Korczak (1878 - 1942) hat in vielfältiger Hinsicht beispiel- und vorbildhaft gewirkt, ist letztlich für seine Überzeugungen und Haltung mit den ihm anvertrauten Kindern in die Gaskammern von Treblinka gegangen. Sein Werk, aus der unbedingten Sorge um das Wohl jedes Kindes erwachsen und davon getragen, erscheint zeitlos und ist gerade heute in besonderer Weise aktuell, wenn es um eine recht verstandene Inklusion und Teilhabe von Kindern und Menschen mit Behinderung geht. Der Autor hat sich seit Jahren intensiv mit der Biografie und den Publikationen von Korczak 164 FI 3/ 2019 Rezensionen auseinandergesetzt und zeigt in seinem jüngsten, wegweisenden Werk auf, welche Wirkung von dessen Pädagogik auf einen „würdevollen Umgang“ mit dem Kind ausgeht, wie sensibel, aber auch konsequent Grundsätze der Erziehung im Zusammenleben mit dem Kind beachtet werden müssen, um dessen Persönlichkeitsentwicklung individuell zu fördern und damit zu Inklusion bzw. Teilhabe beizutragen. Damit werden wichtige Quellen erschlossen. Ausgehend von Denkanstößen zum Umgang mit Kindern im Sinn von Janusz Korczak können wir dessen tiefen Spuren folgen, die er in verschiedenen pädagogischen Feldern hinterlassen hat: Es gibt immer wieder deutliche Impulse für inklusives Denken und Handeln, man findet manche konkreten, aber auch allgemein gültige Hinweise in verschiedenen Schriften, so ein „Grundgesetz für das Kind“ oder kritische Anmerkungen zur gelebten Handlungsethik. Von der Praxis ausgehend kann die Korzcak-Pädagogik zwanglos auch auf eine inklusive Frühförderung übertragen werden, zeigt sie doch, wie die Entwicklung des Kindes von Beginn an zu achten ist oder in welcher Weise eine Spiel- und Lernkultur in der inklusiven Kindertagesstätte gestaltet werden kann. Eindringlich wird für eine auf Erfahrung bezogene Praxis und Forschung plädiert, die ein „spirituelles Bewusstsein“ kennt, dem Tun die ihm zustehende Würde beimisst, letztlich durch Reflexion und Verstehen viele inklusive Perspektiven eröffnet. Wie Armin Krenz in einem Vorwort schreibt, wird es möglich, mit der Lektüre des Buches von Ferdinand Klein die Gedanken Korczaks fortzusetzen und für das eigene Handeln gerade auch in der Frühförderung umzusetzen, anzuwenden und zu nutzen. So wird man für eine nicht immer einfache Lektüre mit fundierten Handlungshinweisen und anschaulichen Praxisbeispielen reichlich belohnt. Der dargestellte, weit gespannte geistesgeschichtliche Hintergrund erfordert aufmerksames Studium, lässt aber dann auch wichtige Zusammenhänge klar erkennen und hilft das Handeln nachhaltig zu bestimmen. Eindrucksvolle Abbildungen veranschaulichen das Wirken Korczaks und seiner Mitarbeiterin Frau Stefa: Sie lassen beispielhaft erkennen, welch feste Bindungen zu „ihren“ Kindern entstanden sind. Das preiswerte Buch ist den in der Frühförderung Tätigen aller Disziplinen und allen an Inklusion interessierten Fachleuten als wichtige Grundlagenlektüre sehr zu empfehlen. Prof. Dr. G. Neuhäuser DOI 10.2378/ fi2019.art23d
