eJournals Frühförderung interdisziplinär 39/2

Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2020
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Rezension: Judith Riegert et al., Spielen. Menschen mit schwerer Behinderung und die Potenziale des Spiels

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2020
Martina Wolf
Anlässlich des Ausscheidens von Wolfgang Lamers als Hochschullehrer an der Humboldt- Universität zu Berlin wurde 2019 im Verlag Mainz ein Buch herausgegeben, das an die Veröffent­lichung seiner Dissertation mit dem Titel: „Spiel mit schwerstbehinderten Kindern und Jugend­lichen“ anknüpft. Dort widmete er sich vor mehr als 20 Jahren der Bedeutung des freien, selbstvergessenen Spiels als elementare menschliche Tätigkeit auch und gerade für Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung. [...]
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109 FI 2/ 2020 REZENSIONEN Judith Riegert, Teresa Sansour, Oliver Musenberg, Anne Buder, Tina Molnár, Stefanie Müller, Benita Richter, Angelika Thäle (Hrsg.) Spielen Menschen mit schwerer Behinderung und die Potenziale des Spiels Verlag Mainz - Ratgeber & Sachbücher, 280 S., € 24,80 Anlässlich des Ausscheidens von Wolfgang Lamers als Hochschullehrer an der Humboldt- Universität zu Berlin wurde 2019 im Verlag Mainz ein Buch herausgegeben, das an die Veröffentlichung seiner Dissertation mit dem Titel: „Spiel mit schwerstbehinderten Kindern und Jugendlichen“ anknüpft. Dort widmete er sich vor mehr als 20 Jahren der Bedeutung des freien, selbstvergessenen Spiels als elementare menschliche Tätigkeit auch und gerade für Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung. Nun setzen sich auf insgesamt 279 Seiten 27 renommierte Autoren und Autorinnen erneut mit dem Thema „Spielen“ als Aktivität für Menschen mit schwerer Behinderung auseinander. Sie beleuchten es aus unterschiedlichen theoretischen Blickwinkeln und stellen praxisrelevante Bezüge her. Neben vielen weiteren Aspekten wird beim Lesen des Buches deutlich, dass es zwar in unserer Kultur ganz selbstverständlich ist, um die Potenziale des Spiels und ihre Wichtigkeit für Lernen und Entwicklung zu wissen, schwerst- und mehrfach behinderte Menschen jedoch nur selten mitgedacht werden. Sie als „vollwertige“ Spielpartner zu sehen, erscheint zunächst schwierig wenn nicht gar unmöglich, wenn man an Spiele wie Mensch ärgere Dich nicht, Volleyball oder komplexe Rollenspiele denkt. Begreift man das Spiel jedoch als einen Raum, in dem vielfältige Erfahrungen mit sich selbst und der Umwelt gemacht werden können, ergeben sich neue Herausforderungen und spannende Ansätze für Therapie und Förderung. Anregungen für die Zusammenarbeit mit Menschen, die oftmals nur wenige Möglichkeiten haben, sich sprachlich zu äußern, deren Zahlen- und Mengenverständnis niemals ausreichen wird, um ein Würfelspiel nach Anleitung zu spielen, und/ oder deren motorische Fähigkeiten so sehr eingeschränkt sind, dass jede zielgerichtete Bewegung eine Herausforderung darstellt. Im Buch werden unterschiedlich geartete Lernmöglichkeiten im Spiel ebenso betrachtet wie die im Spiel vorhandenen Gelegenheiten zum Ausprobieren und Gestalten. Aber auch dem Spaß und der gemeinsam empfundenen Freude wird Aufmerksamkeit geschenkt, die entstehen kann, wenn man sich gemeinsamen Spielaktivitäten hingibt. Ein spannendes Buch, das nicht nur die begeistern wird, die die Veröffentlichung von Herrn Prof. Dr. Lamers kennen. Da theoretische Grundlagen zum Thema Spiel genauso beschrieben sind wie die praktischen Anwendungsmöglichkeiten, ist das Taschenbuch für 24,80 Euro lohnenswert für in der Frühförderung Tätige, die Denkanstöße und Handlungsimpulse für die Arbeit mit schwerst- und mehrfach behinderten Kindern und Erwachsenen suchen oder aber auch Lust darauf haben „professionelles Spielen“ im pädiatrischen Arbeitsfeld grundsätzlich zu hinterfragen und sich vertieft mit dem Thema auseinanderzusetzen. Martina Wolf DOI 10.2378/ fi2020.art11d