eJournals Frühförderung interdisziplinär 39/1

Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/fi2020.art01d
11
2020
391

Originalarbeit: Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung

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2020
Claus Hennicke
Kinder und Jugendliche mit intellektueller Beeinträchtigung sind aus medizinisch-psychiatrischer Sicht eine Hochrisikogruppe für psychiatrische Morbidität. Das ist das Ergebnis der ausführlichen Diskussion der epidemiologischen Befunde sowie entwicklungspsycho(patho)logischer Erkenntnisse. Daraus folgt eine dringende Notwendigkeit qualifizierter kinder- und jugendpsychiatrischer (Differenzial-)Diagnostik, die in den Versorgungskontexten häufig vernachlässigt wird, weil die auffälligen Äußerungsformen dieser Kinder und Jugendlichen nicht als Ausdruck seelischen Leidens wahrgenommen und differenziert werden. Es werden zahlreiche Beispiele angeführt, die eine entsprechende Diagnostik begründen. Einige versorgungspolitische Schlussfolgerungen werden vorgeschlagen.
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3 Frühförderung interdisziplinär, 39.-Jg., S.-3 - 16 (2020) DOI 10.2378/ fi2020.art01d © Ernst Reinhardt Verlag ORIGINALARBEIT Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung Ein vernachlässigtes Versorgungsproblem Klaus Hennicke Zusammenfassung: Kinder und Jugendliche mit intellektueller Beeinträchtigung sind aus medizinisch-psychiatrischer Sicht eine Hochrisikogruppe für psychiatrische Morbidität. Das ist das Ergebnis der ausführlichen Diskussion der epidemiologischen Befunde sowie entwicklungspsycho(patho)logischer Erkenntnisse. Daraus folgt eine dringende Notwendigkeit qualifizierter kinder- und jugendpsychiatrischer (Differenzial-)Diagnostik, die in den Versorgungskontexten häufig vernachlässigt wird, weil die auffälligen Äußerungsformen dieser Kinder und Jugendlichen nicht als Ausdruck seelischen Leidens wahrgenommen und differenziert werden. Es werden zahlreiche Beispiele angeführt, die eine entsprechende Diagnostik begründen. Einige versorgungspolitische Schlussfolgerungen werden vorgeschlagen. Schlüsselwörter: Intelligenzminderung, psychische Störung, Kinder und Jugendliche, defizitäre Diagnostik Psychiatric disorders in intellectual disabled children and adolescents - a largely unappreciated public health problem Summary: From a psychiatric view intellectually disabled children and adolescents are a highrisk population for psychiatric disorders. This is the result of detailed discussion of epidemiological findings and developmental psychology. There is an urgent need for comprehensive differential diagnostics, which is largely neglected in medical care. Behavioural problems are not appreciated as a special form of emotional expression and suffering. There are numerous examples listed to arrange differential diagnostics. Some conclusions on psychosocial care are proposed. Keywords: Intellectual disability, psychiatric disorders, children and adolescents, defective diagnostic 1 Vorbemerkung K inder und Jugendliche mit intellektueller Beeinträchtigung und zusätzlichen psychischen Störungen werden von der deutschen Kinder- und Jugendpsychiatrie schlecht behandelt. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Lebensproblemen dieser Kinder und den in diesem Kontext entstehenden seelischen Störungen findet praktisch nicht statt. Die klinische Versorgung ist defizitär, wie der Autor in einer Studie aus dem Jahre 2004 empirisch nachweisen konnte (Hennicke 2005; 2008).Die Nachfolgestudie 10 Jahre danach (Häßler et al. 2019) konnte keine wesentlichen Verbesserungen erkennen. In einer Vortragspräsentation zitiert Soltau (2012) aus ihrer sorgfältigen, leider viel zu wenig publizierten Studie den Vater eines 15-jährigen Jungen mit intellektueller Beeinträchtigung: „Oft bzw. viel zu oft fühlen sich Ärzte und Therapeuten nicht zuständig und erkennen nicht oder wollen nicht erkennen, dass die Probleme nicht typisch sind und nicht zum Behinderungsbild gehören. Sie erzählen, dass man wegen der geistigen Behinderung keine Behandlung mit Aussicht auf Erfolg beginnen könne oder dass sie wegen fehlender Erfahrung sich auch keine Behandlung zutrauen.“ 4 FI 1/ 2020 Klaus Hennicke Psychiatrisch-psychotherapeutische Hilfen für intellektuell beeinträchtigte Menschen lohnen sich nicht, weil diese Menschen wegen ihrer kognitiven Beeinträchtigungen davon nicht profitieren können. Dazu E. Simonoff (2005) vom Kings College London, dort Leiterin des Departments Kinder- und Jugendpsychiatrie (und weltweit anerkannte Autismus-Expertin): „Es gibt eine stillschweigende Überzeugung, dass sich die psychiatrische Behandlung von Kindern mit intellektueller Beeinträchtigung kaum lohnt, weil die Wirkung der kognitiven Einschränkungen eine Gesundung verhindern würde. Tatsächlich aber gibt es keine Hinweise, dass sich die Lebensqualität von Kindern mit intellektueller Beeinträchtigung nicht genauso wie bei nichtbeeinträchtigten Kindern verbessert, wenn ihre psychischen Störungen erfolgreich behandelt werden“ (Übers. KH). Ich werde mich daher in diesem Aufsatz vor allem mit den epidemiologischen Befunden zur Prävalenz psychischer Störungen bei diesen Kindern und Jugendlichen befassen und feststellen: Kinder und Jugendliche mit intellektueller Beeinträchtigung sind aus medizinischpsychiatrischer Sicht eine Hochrisikogruppe für psychiatrische (Multi-)Morbidität. Daraus folgt eine dringende Notwendigkeit standardgemäßer kinder- und jugendpsychiatrischer Diagnostik, die in unseren Versorgungskontexten häufig vernachlässigt wird, weil eben die auffälligen Äußerungsformen dieser Kinder und Jugendlichen nicht als Ausdruck seelischen Leidens wahrgenommen werden. Meine Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf Kinder und Jugendliche, die in dem Ausmaß intellektuell beeinträchtigt sind, wie es die international anerkannten Definitionen der ICD-10 und des DSM-5 vorschreiben: „Intelligenzminderung“ (intellectual disability) liegt ab einem IQ kleiner 70 vor. Ich bevorzuge den Begriff „Intellektuelle Beeinträchtigung“, meine aber das Gleiche, wohl wissend, dass der IQ-Wert allein definitorisch wie sozialrechtlich nicht ausreicht, sondern vor allem das Ausmaß der Behinderung, also die Beeinträchtigung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, entscheidend ist. 2 Zu den Häufigkeiten 2.1 Prävalenz Intelligenzminderung In Deutschland lebten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2016 15,2 Mill. Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren (= ca. 18 % der Wohnbevölkerung). Es gibt keine sicheren Prävalenzzahlen, wie viele davon intelligenzgemindert (IQ < 70) sind. Nach verschiedenen Quellen kann von einer Prävalenz von mindestens 1 % ausgegangen werden (Maulik et al. 2011; Neuhäuser et al. 2013). Absolut wären das 152.000 Kinder und Jugendliche. Ein Drittel davon sind schwer intellektuell beeinträchtigt (IQ < 50). Die Prävalenzen von Autismus-Spektrumstörungen und Fetaler Alkoholspektrumstörungen (FASD) sind - grob geschätzt - ebenfalls jeweils ca. 1 % (Fombonne et al. 2011; May et al. 2006, 2009). Bei ca. 70 % der autistischen Kinder und bei ca. 40 % der FASD-Kinder liegt auch eine Intelligenzminderung vor. Diese Zahlen verweisen zusammengenommen auf eine relevante Personengruppe der intellektuell beeinträchtigten Kinder und Jugendlichen von insgesamt ca. 320.000. Die entsprechende Schülerstatistik 2016 weist 87.516 Schüler mit dem Förderstatus geistige Entwicklung aus. 1 Die erhebliche Diskrepanz zur obigen Schätzung erklärt sich aus dem Alterssegment und den unklaren Vergabemodi 1 Statistische Veröffentlichungen der Kultusministerkonferenz Dokumentation Nr. 214 - Juni 2018: Sonderpädagogische Förderung in Schulen 2007 bis 2016. Herausgeber: Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (https: / / www.kmk.org/ fileadmin/ Dateien/ pdf/ Statistik/ Dokumenta tionen/ Dok_214_SoPaeFoe_2016.pdf; Zugriff 18. 5. 2019). 2007 waren es 76.818 Schüler, das bedeutet einen Anstieg um 14 %, während die Gesamtzahl der Förderschüler im gleichen Zeitraum um 8 % angestiegen ist (ebd.). 5 FI 1/ 2020 Psychische Störungen und intellektuelle Beeinträchtigung des Förderstatus. Versorgungspolitisch sind allerdings diese Schülerzahlen von besonderer Bedeutung, weil sich häufig erst in den Schulen die Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Störungen manifestieren und spätestens dann sämtliche diagnostischen Prozeduren und Settings der Kinder- und Jugendpsychiatrie eingesetzt werden können. 2.2 Zur Häufigkeit zusätzlicher körperlicher Störungen Die folgende tabellarische Übersicht (Tab. 1) führt die (eher geschätzten) Häufigkeiten zusätzlicher Erkrankungen und Beeinträchtigungen bei intelligenzbeeinträchtigten Menschen auf. Diese Hinweise sind insofern von Bedeutung, als zusätzliche körperliche Beeinträchtigung das Morbiditätsrisiko für psychische Störungen erhöht (Sarimski 2007). Dies gilt auch für Kinder mit genetischen Syndromen (Sarimski 2014). Eine besondere Rolle spielen die cerebralen Anfallsleiden (Epilepsien), deren (häufige) psychiatrische Begleitsymptome eine zusätzliche differentialdiagnostische Herausforderung darstellen. Diese körperlichen Störungen bedeuten für die Betroffenen selbst, aber auch für die Familie eine oftmals schwerwiegende zusätzliche Belastung, die bewältigt werden muss und die die Teilhabe und die Inanspruchnahme inklusiver Angebote beeinträchtigt. Gleichzeitig prägen sie das Stereotyp des auch äußerlich defekten geistig behinderten Menschen. Dies ist ein wesentliches Moment im Prozess der „sozialen Konstruktion“ von Behinderung resp. der unmittelbaren vorurteilsvollen Abwertung und Diskriminierung behinderter Menschen. 2.3 Zur Häufigkeit psychischer Störungen und Verhaltensauffälligkeiten Die wichtigsten Ergebnisse epidemiologischer Forschung zur Bedeutung psychischer Störungen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung werden im Folgenden zusammenfassend dargestellt: 1. Die Prävalenzen von Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Störungen liegen zwischen 30 und 50 %. Sie sind ca. 2bis 4mal höher als bei nicht beeinträchtigten Kindern. Die Wahrscheinlichkeit für intelligenzgeminderte Kinder und Jugendliche, an einer psychischen Störung zu erkranken, ist doppelt bis dreifach so hoch wie bei nicht Beeinträchtigten. 2. Alle in den Klassifikationssystemen aufgelisteten psychiatrischen Störungsbilder kommen auch bei intellektuell Beeinträchtigten vor. Die Störungen werden häufig aber nicht diagnostiziert. Entweder sie werden nicht wahrgenommen („underdiagnosed“, „overshadowing“ 2 ) oder sie werden nicht berich- 2 Dieses Phänomen wurde 1982 in einer Schrift von Reiss und Szysko (1983) als „diagnostic overshadowing“ bezeichnet und experimentell gestützt. „Overshadowing“ bedeutet, dass wir, wenn wir jemanden (Akkusativ! ) mit dem Etikett „geistig behindert“ belegen, die auffälligen Äußerungsformen als Ausdruck der geistigen Behinderung wahrnehmen und insofern als nicht bedeutsam einschätzen. In einem Literaturreview schreiben Jopp und Keys (2001): „,Diagnostic overshadowing‘ hat einen starken negativen Einfluss auf die Genauigkeit ärztlicher Beurteilungen von Menschen mit geistiger Behinderung und gleichzeitig bestehender psychischer Krankheit.“ Sie fassen zusammen, dass dieses hochkomplexe Problem kaum verstanden und erforscht ist (Übersetz. KH). Epilepsie 14 - 40 % Motorische Behinderungen (ICP) 5 - 40 % Sehbehinderung 10 - 50 % Hörbehinderung 5 - 30 % Seh- und Hörstörung 20 % Diverse sonstige körperliche, insbes. internistische Erkrankungen sign. häufiger Tab. 1: Zusätzliche Erkrankungen und Beeinträchtigungen bei Kindern und Jugendlichen mit Intelligenzminderung (div. Quellen) 6 FI 1/ 2020 Klaus Hennicke tet („underreported“) oder sie können aufgrund ihrer besonderen Ausgestaltung der Symptomatiken keinem definierten Störungsbild zugeordnet werden. 3. Im Vordergrund stehen die expansiv-aggressiven Verhaltensauffälligkeiten, die gemeinhin als typisch für intellektuell beeinträchtigte Kinder und Jugendliche eingeschätzt werden (sog. „Herausforderndes Verhalten“). Durch den Prozess des „overshadowing“ finden sie daher wenig psychiatrische Beachtung. Soltau et al. (2015) weisen allerdings darauf hin, dass ca. ein Drittel der als auffällig eingeschätzten Kinder und Jugendlichen eher „stille“ Äußerungsformen (internalisierte Verhaltensweisen lt. Child Behavior Check List CBCL) aufweisen. Da sie in den Kontexten wenig(er) stören, werden sie häufig übersehen. 4. Mit zunehmendem Schweregrad der intellektuellen Beeinträchtigung nehmen die Prävalenzen zu (insbes. der Verhaltensauffälligkeiten) bei abnehmender Zuverlässigkeit der diagnostischen Zuordnungen. Im Kasten 1 sind die wichtigsten Studien aufgelistet. Das erhebliche Morbiditätsrisiko bei Kindern und Jugendlichen mit Intelligenzminderung wird noch deutlicher im Vergleich zu nichtbeeinträchtigten Kindern und Jugendlichen. Die Ergebnisse von Emerson und Hatton (2007) zeigen die teilweise dramatisch höheren Raten von psychiatrischen Störungen bei Intelligenzgeminderten (Tab. 2): Übersichtsaufsätze Smiley (2005), Wallander et al. (2006), Sarimski (2007), Einfeld et al. (2011) Sonderpädagogische Studien (Verhaltensauffälligkeiten) Dworschak et al. (2012), Kulig und Theunissen (2012) Epidemiologische Studien (Verhaltensauffälligkeiten; CBCL) Einfeld und Tonge (1996), Cormack et al. (2000), Dekker et al. (2002), Baker et al. (2002), Koskentausta et al. (2004), Soltau et al. (2015) Epidemiologische Studien (Psychiatrische Diagnosen) Rutter et al. (1976), Linna et al. (1999), Strømme und Diseth (2000), Emerson (2003), Dekker und Koot (2003), Chadwick et al. (2005), Emerson und Hatton (2007) Kasten 1: Studien zur Häufigkeit von Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung Psychische Störungen IM Non-IM Odds ratio (95 % CI) Alle psychiatrischen Störungen Alle emotionalen Störungen Angststörungen Depressive Störungen Hyperkinetische Störungen (ADHD) Störungen des Sozialverhaltens Autismusspektrum-Störungen 36.0 12.0 11.4 1.4 8.3 20.5 8.0 8.0 3.7 3.2 0.9 0.9 4.3 0.3 6.5 3.6 3.9 1.7 8.4 5.7 33.4 (5.4 - 7.7)*** (2.8 - 4.6)*** (3.0 - 5.0)*** (0.8 - 3.3) (6.1 - 11.5)*** (4.6 - 7.0)*** (22.3 - 50.2)*** Tab. 2: Prävalenz psychiatrischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit und ohne intellektuelle Beeinträchtigung (intellectual disabilities: IM) (in %) (Emerson und Hatton 2007) + *** P < 0.001; + Liste gekürzt 7 FI 1/ 2020 Psychische Störungen und intellektuelle Beeinträchtigung In einer früheren Studie von Emerson (2003) gibt es die größten Häufigkeitsunterschiede in den „behinderungsnahen“ Auffälligkeiten (Hyperaktivität, Tiefgreifende Entwicklungsstörungen, Ticstörungen). Damit ist gemeint, dass diese Auffälligkeiten in Zusammenhang mit Funktionsstörungen des Gehirns stehen, was nicht heißt, dass sie durch diese verursacht werden. In der Literatur (Došen 2010) finden sich Hinweise auf erhöhte Prävalenzen für psychotische Störungen (Schizophrenien), bipolare affektive Störungen („manisch-depressive Störungen“), Persönlichkeitsstörungen (z. B. „Borderline“-Persönlichkeitsstörung) sowie hohe Raten auch bei Zwangsstörungen (insbes. beim fragilen X-Syndrom). Zunehmend werden posttraumatische Belastungsstörungen festgestellt mit Prävalenzzahlen bis zu 60 % (Mevissen und de Jongh 2010). In den letzten Jahren verstärkt ins Blickfeld geraten sind die besonderen Verhaltensweisen und Auffälligkeiten bei Kindern mit fetalen Alkoholspektrumstörungen (FASD). Die intrauterine Alkoholexposition wird mittlerweile als eine der häufigsten Ursachen für angeborene Erkrankungen eingeschätzt (Landgraf und Heinen 2013). Immerhin 40 % dieser Kinder sind auch nach den üblichen IQ-Messungen intelligenzgemindert (IQ < 70). Bei den Menschen mit einem durchschnittlichen IQ finden sich häufig neuropsychologische Funktionsbeeinträchtigungen (insbes. der exekutiven Funktionen), die die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in ähnlicher Weise behindern wie bei intelligenzgeminderten Menschen (sog. IQ-Äquivalenz; Brown 2019). Die psychiatrische Komorbidität ist bei Kindern mit FASD mit ca. 70 % erheblich. Als eine der schwierigsten Gruppen in den Kitas und Förderschulen gelten Kinder mit der ICD-10-Diagnose F 84.1 Atypischer Autismus (nicht sicher nachweisbare autistische Verhaltensweisen und Intelligenzminderung). Sie zeigen gelegentlich extreme aggressiv-expansive Auffälligkeiten, die kaum erzieherisch zu beeinflussen sind. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob hinreichende differentialdiagnostische Expertise vorhanden ist, diese schwierige Unterscheidung zu treffen. 3 Wie erwähnt, wird bei ca. 70 % der Kinder mit der Diagnose einer Autismus-Spektrumstörung eine Intelligenzminderung (IQ < 70) festgestellt. In 70 - 85 % der Fälle findet sich mind. eine komorbide psychische Störung. In einer deutschen Studie wiesen 54 % eine, 19 % zwei weitere psychiatrische Diagnosen auf (Noterdaeme und Wriedt 2010). 2.4 Regulationsstörungen und psychische Störungen im frühen Kindesalter In den Leitlinien „Psychische Störungen im Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalter“ 4 wird festgestellt, dass u. a. bei intelligenzgeminderten Kindern „die Rate von komorbiden psychischen Störungen eindeutig erhöht ist. Diese Risikogruppe benötigt deshalb eine besonders intensive Diagnostik und Therapie möglicher psychischer Störungen - im Vergleich zu anderen Kindern mit regelrechter Entwicklung. (…) Verhaltensauffälligkeiten dieses Lebensalters (werden) häufig nicht adäquat diagnostiziert und als nicht behandlungsbedürftig angesehen.“ 3 In der AWMF Leitlinie„Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“ heißt es dazu: „Bei Personen mit Intelligenzminderung finden sich viele Auffälligkeiten, die ebenfalls bei Autismus-Spektrum-Störungen vorkommen“ (z. B. … repetitive stereotypische Verhaltensweisen … Das Spielverhalten ist ebenfalls auffällig und die Fähigkeiten, soziale Interaktionen zu gestalten und freundschaftliche Beziehungen einzugehen, können eingeschränkt sein“. (…) Blickkontakt, geteilte Aufmerksamkeit und nonverbale Kommunikation… “ sind bei nur intelligenzgeminderten Kindern eher nicht eingeschränkt. Im MAS (Remschmidt et al. 2006) werden daher als zugehörige Begriffe zur ICD-10-Kategorie F 84.1. u. a. Intelligenzminderung mit autistischen Zügen genannt (S. 25). 4 AWMF Leitlinie „Psychische Störungen im Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalter“ 8 FI 1/ 2020 Klaus Hennicke Im Vordergrund stehen die sog. Regulationsstörungen (Exzessives Schreien, Schlafstörungen, Dysphorische Unruhe, Fütterstörungen, Exzessives Klammern, Exzessives Trotzen, Aggressivoppositionelles Verhalten) und einige definierte psychiatrische Störungsbilder (Depressive Störungen, Angststörungen, Anpassungsstörungen, Posttraumatische Belastungsstörungen, ADHS und Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem Verhalten (ODD; Oppositional Defiant Disorder) sowie Bindungsstörungen) (ebd.). Über die Prävalenzen dieser Auffälligkeiten bei intellektuell beeinträchtigten Kindern in dieser Altersspanne liegen keine Zahlen vor. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass sie wesentlich höher liegen als bei nichtbeeinträchtigten Kindern. Regulationsstörungen und manifeste psychische Störungen hängen eng mit familiären Beziehungsstrukturen und Belastungsreaktionen zusammen, die im Kontext der Geburt eines behinderten Kindes für die Eltern besonders schwer zu meistern sind. „Eine Regulationsstörung liegt vor, wenn über die Verhaltensauffälligkeit(en) des Kindes hinaus auch ein akutes oder chronisches Überlastungssyndrom im Elternsubsystem sowie belastende, dysfunktionale Eltern-Kind-Interaktionen bestehen.“ 5 Regulationsstörungen sind daher ein hochkomplexes Geschehen mit erheblichen Risiken zu „exazerbieren und zu persistieren“. Im weiteren Verlauf können sich manifeste psychische Störungen entwickeln (ebd. 6 , Laucht et al. 2004, Došen 2010). Im Kontext intellektueller Beeinträchtigung ist davon auszugehen, dass die hohen Entwicklungsrisiken im frühen Kindesalter die entscheidenden Risikofaktoren überhaupt für psychische Störungen darstellen, die sich dann unter den zunehmenden psychosozialen Belastungen im Kindergarten und vor allem in der Schule manifestieren. 2.5 Ursachen und Entstehungsbedingungen Die Entwicklungspsycho(patho)logie (Petermann 2003, Petermann et al. 2004) von intellektuell beeinträchtigten und nichtbeeinträchtigten Kindern und Jugendlichen unterscheidet sich nicht in ihren prinzipiellen Prozessen und Modellvorstellungen über die Wechselwirkungen von Schutz- und Risikofaktoren und in den Konzepten von Resilienz und Vulnerabilität. Kinder und Jugendliche mit intellektueller Beeinträchtigung unterliegen den gleichen Risiken des Lebens und profitieren von den gleichen Schutzfaktoren wie alle Kinder auch. Sie verfügen allerdings infolge ihrer kognitiven Beeinträchtigungen über weniger Widerstandskräfte und Bewältigungsstrategien (geringere Resilienz, unzureichendes Coping) und sind belastenden Bedingungen (z. B. in der Familie, in sozialen Kontexten) schutzloser ausgeliefert (erhöhte Vulnerabilität). Ihr hohes Erkrankungsrisiko erklärt sich daher im Kontext 1. der besonderen körperlichen, biologischen und neuropsychologischen Voraussetzungen der Kinder, 2. der enormen Herausforderungen (häufig Überforderungen) der Eltern und der Familien (Bindungsmöglichkeiten, Beziehungsgestaltung, komplizierte Erziehungsanforderungen) und sonstigen Belastungen, 3. der widrigen sozialen Bedingungen der modernen Gesellschaft für intellektuell beeinträchtigte Kinder und Jugendliche (z. B. mangelhafte Inklusionsanstrengungen, Ausgrenzung, Ablehnung und Diskriminierung, eng begrenzte Teilhabemöglichkeiten). 5 Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e. V. (Hrsg.) (2007): Papiere der Qualitätszirkel 4. „Regulations- und Beziehungsstörungen im Säuglings- und Kleinkindalter“, S.119f. 6 Siehe Fußnote 5; ebenso die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V. (Hrsg.) (2013): Papiere der Qualitätszirkel: „Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit Intelligenzminderung“, wo vor allem auch auf die Störungen der Eltern-Kind-Beziehungen hingewiesen wird. 9 FI 1/ 2020 Psychische Störungen und intellektuelle Beeinträchtigung Zu diesen spezifischen Risiken kommen zusätzlich die „üblichen“ Entwicklungsrisiken von allen Kindern und Jugendlichen und Familien in dieser Gesellschaft (z. B. körperliche Erkrankungen, Trennungs-/ Verlusterfahrungen, Gewalterfahrungen, Traumatisierung; familiäre Krisen, psychische Störungen der Eltern, prekäre wirtschaftliche und soziale Lage). Epidemiologisch gilt als gesichert, dass sich mit der Anzahl der Risikofaktoren das Risiko für eine psychische Störung statistisch linear erhöht (Ravens-Sieberer et al. 2007). Dabei muss natürlich die jeweilige Intensität der Belastungen berücksichtigt werden. Die folgende Abb. 1 soll nochmals die Komplexität der speziellen Lebensprobleme dieser Kinder und damit ihr hohes Morbiditätsrisiko verdeutlichen. Im diagnostischen Prozess muss es also darum gehen, die Bedingungen der gesamten Problematik wahrzunehmen. Die fachliche Herausforderung besteht darin, welche Hypothesen sich ergeben und welche der Familie und dem Kind im therapeutischen Kontext angeboten werden sollen. Lineare Ursachenzuschreibungen und entsprechende „monokausale Therapien“ machen wenig Sinn (z. B. Psychopharmaka oder Ergotherapie), wenn sie nicht in ein komplexes, hypothesengeleitetes Therapieprogramm eingebettet sind. 2.6 Ergebnisse epidemiologischer Forschung und Schlussfolgerungen Zusammenfassend rechtfertigen die bewusst sehr ausführlich vorgetragenen Befunde die Feststellung: Kinder und Jugendliche mit intellektueller Beeinträchtigung sind eine Hochrisikogruppe für psychiatrische Morbidität. Es liegt auf der Hand, dass dadurch die Lebensqualität dieser Kinder und Jugendlichen und ihrer Familien zusätzlich belastet wird. Die Chancen der gesellschaftlichen Teilhabe und insbes. die Möglichkeiten der Nutzung inklusiver Angebote werden oftmals in dramatischer Weise verringert (Emerson und Hatton 2007, Dekker und Koot 2003, Hennicke 2018). Körperliche Störungen Ungewöhnliche Verhaltensweisen Intellektuelle Beeinträchtigung Belastende Lebensereignisse Bindungs-, Beziehungs-, Erziehungsrisiken, familiäre Probleme Divergierende Entwicklungsstände Soziale Ausgrenzung, Diskriminierung, Teilhabebeeinträchtigung Subjektives Leiden, psychische Krankheit Hohe Verletzlichkeit, geringe Widerstandsfähigkeit, Copingdefizite Wechselwirkungen und Zusammenhänge Abb. 1: Zur Komplexität individueller Problemlagen bei Kindern und Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung 10 FI 1/ 2020 Klaus Hennicke Es ist immer wieder erstaunlich festzustellen, dass im Diskurs mit Vertretern aller Lebens- und Betreuungsbereiche, die mit intellektuell beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen zu tun haben, die also die auffälligen Äußerungsformen unmittelbar erleben, diese wissenschaftlichen Evidenzen zwar - zumindest gelegentlich - zur Kenntnis genommen, aber in ihrer Konsequenz in eigenartiger Weise verleugnet werden. Eine der zentralen Verleugnungsstrategien scheint die immer noch weitverbreitete Haltung, dass die Auffälligkeiten nicht Ausdruck seelischen Erlebens sind, sie nicht zusammenhängen mit den widrigen gesellschaftlichen Bedingungen und den erschwerten familiären Sozialisationsbedingungen, sondern Ausdruck der „geistigen Behinderung“ sind („overshadowing“). Weder ethisch noch fachlich vertretbar ist die „stille Überzeugung“ (Simonoff 2005), dass sich die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung dieser Kinder und Jugendlichen nicht lohne und insofern auch keine Diagnostik notwendig wäre. Im Folgenden soll daher ausführlicher auf Verhaltensweisen und Äußerungsformen eingegangen werden, die aus meiner Sicht eine kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik begründen. 3 Indikationen zur psychiatrischen Diagnostik Eltern und Angehörige sowie Mitarbeiter in betreuenden Einrichtungen und in den Förderschulen sollten die Konsultation eines Psychiaters immer dann erwägen, wenn eine oder mehrere der folgenden Beobachtungen gemacht werden: Die Kinder und Jugendlichen zeigen Verhaltensweisen 7 , n die im Kontext nicht (mehr) verstehbar sind: z. B. wenn übermäßige Ängste in Alltagssituationen oder -interaktionen auftreten oder wenn expansiv-aggressive Verhaltensweisen in praktisch jeder Situation vorkommen und es keine Hinweise auf spezifische auslösende Bedingungen gibt; n die als untragbar und unerträglich störend empfunden werden: z. B. heftige und gefährliche destruktiv-aggressive Äußerungsformen, die in den meisten Interaktionen auftreten, oder ständiges Schreien oder Lautieren, das gemeinsame Aktivität kaum erträglich macht, oder wenn ein andauerndes Risiko des Weglaufens besteht und praktisch nur ein direkter persönlicher Kontakt das verhindert. Das bedeutet zusammengefasst: Verhaltensweisen, die ein zu hohes Risiko für die Person selbst und für andere bedeuten (Ausmaß der Eigen- und Fremdgefährdung); n die eine bisherige Lebens- und Entwicklungskontinuität unterbrechen: Gemeint sind damit z. B. relativ abrupt auftretende Verhaltensweisen oder Stimmungslagen, die über längere Zeit deutlich unter (selten auch über) dem bisher erreichten Fähigkeiten- oder Aktivitätsniveau liegen und die Entwicklung stagnieren lassen; n die eine (eher abrupte) Veränderung typischer Gewohnheiten und Verhaltensmuster bedeuten: z. B. freudvolle oder auch selbstverständliche Beschäftigungen oder Aktivitäten werden plötzlich abgewehrt, sind nicht mehr attraktiv oder können nur noch mit großer Anstrengung bewältigt werden; n die subjektiv für das Kind/ den Jugendlichen als quälend oder unangenehm empfunden werden: z. B. selbstverletzende Verhaltensweisen, ängstlicher Rückzug und durchgehende Verweigerung, Vermeidung persönlicher Kontaktaufnahme. Und/ oder die in der Wahrnehmung und im Empfinden des Beobachters Ausdruck von Leiden sind: z. B. unmotiviertes Weinen, gequälter Gesichtsausdruck, übermäßiges Anlehnungs-/ 7 Die Beispiele zur Erläuterung bilden selbstverständlich nicht das gesamte Spektrum der Äußerungsformen ab. 11 FI 1/ 2020 Psychische Störungen und intellektuelle Beeinträchtigung Schutzbedürfnis, tiefgreifende Lustlosigkeit und Antriebsminderung. Auch rastlose Unruhezustände, Getriebenheit, verzweifelthilflose (Auto-)Aggressionen können Ausdruck von Leiden sein. Diese Verhaltensweisen resp. Äußerungsformen haben sich langsam über Wochen und Monate entwickelt und werden daher meistens erst wahrgenommen, wenn sie ein erhebliches Ausmaß angenommen haben. Oder sie entwickeln sich abrupt in kurzer Zeit (z. B. innerhalb einer Woche) und verweisen auf akute Belastungen und Konflikte, was allerdings auch Anlass sein könnte zu denken, es wird sich schon wieder beruhigen, insbes. wenn die Belastungen und Konflikte nicht erkannt werden. Schließlich können sie auf spezielle Entwicklungsbedingungen hinweisen, in denen solche Verhaltensweisen seit langer Zeit im familiären Kontext „üblich“ und dort als typisch für das Kind akzeptiert worden sind (z. B. expansivaggressive Durchsetzungsstile oder Passivität i. S. von erlernter Hilflosigkeit). In anderen sozialen Kontexten wie etwa der Schule werden sie dann unangemessen und dysfunktional. Andere (Coping-)Strategien stehen nicht zur Verfügung. Diese Ausführungen weichen bewusst von der Diktion psychiatrischer Diagnostik ab. Sie sollen es den Beobachtern in allen Betreuungskontexten und aller Professionen erleichtern, die Auffälligkeiten in einen anderen Wahrnehmungskontext zu stellen. Jede dieser Äußerungsformen kann Ausdruck eines innerseelischen Prozesses sein, wie etwa einer (mehr oder weniger) heftigen emotionalen Reaktion oder einer irgendwie gearteten inneren Missempfindung. Es sollte in jedem Fall Anstoß sein, über die seelische Situation des Kindes nachzudenken und/ oder eine kinder- und jugendpsychiatrische (Differenzial-)Diagnostik einzuleiten oder durchzuführen. Das Ziel ist es, eine psychische Störung auszuschließen oder zu bestätigen. Wie im Einzelnen kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik abläuft, kann an dieser Stelle nicht ausgeführt werden. Zu den üblichen Techniken und Methoden der kinder- und jugendpsychiatrischen Diagnostik wird auf die entsprechenden Lehrbücher verwiesen. Die Erfahrung zeigt, dass dort, wo wirklich die üblichen Standards eingesetzt werden, differenzierte Problembeschreibungen und relevante Hypothesen erarbeitet werden können (Buscher und Hennicke 2017). 4 Versorgungssituation In den Versorgungssystemen (Pädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, schulische Sonderpädagogik, Jugendhilfe und Eingliederungshilfe) sind die aus den epidemiologischen und klinischen Evidenzen ableitbaren Diagnose-, Umgangs-, Förderungs- und Behandlungserfordernisse für diese Klientel nur unzureichend vorhanden. Die Versorgungssituation ist defizitär. Für die Kinder- und Jugendpsychiatrie wird das - quasi offiziell - von Warnke und Lehmkuhl (2011) in der von ihnen herausgegebenen Denkschrift zur Situation der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland festgestellt. In der oben zitierten Untersuchung des Autors (Hennicke 2005; 2008) haben die Chefärzte der befragten kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken (N = 74, das sind 54,4 % der Grundgesamtheit N = 136) nach einer Schulnotenskala die Angebote für intelligenzgeminderte Kinder und Jugendliche in der stationären Kinder- und Jugendpsychiatrie mit durchschnittlich 4,1 bewertet, die ambulante Kinder- und Jugendpsychiatrie mit 4,3 und die ambulante Psychotherapie mit 5,0. Letztere wird von praktizierenden Psychotherapeuten in einer kürzlichen Umfrage ebenfalls als „mangelhaft (Note 5)“ bewertet (Grees 2015). Nur ein Viertel der psychotherapeutischen Ausbildungsinstitute bieten entsprechende Ausbildungsinhalte an (Simon und Jäckel 2014). Gerade einmal 8 % der kinder- und 12 FI 1/ 2020 Klaus Hennicke jugendpsychiatrischen Kliniken verfügten 2004 über ein spezielles ambulantes und stationäres Angebot für diese Klientel. Diese Situation hat sich bis heute nicht verbessert (Nachfolgestudie von Häßler et al. 2019). Was eine solche Versorgungslage praktisch bedeutet, konnte Soltau (2012) in ihrer Berliner Studie aus Sicht der betroffenen Eltern erfassen: n Mehr als die Hälfte haben nur wenig oder überhaupt keine Unterstützung auf der Suche nach Diagnostik und Therapie bekommen. 42 % erlebten sogar ablehnende Haltungen (17 % davon „ziemlich“ bis „sehr“! ). Jeder Fünfte wurde sogar direkt abgewiesen! n Mehr als ein Drittel der Eltern brauchten vier oder mehr Anlaufstellen, bis sie einen Behandler gefunden hatten. Ca. die Hälfte haben diese Hilfen erst nach einem Jahr bekommen. n 46 % der Eltern meinten, dass die kontaktierten Fachleute überhaupt nicht oder höchstens ein wenig auf geistig behinderte Patienten mit psychischen Problemen bzw. Verhaltensstörungen eingestellt bzw. vorbereitet sind. n Die vertiefte korrelationsstatistische Analyse ergab, dass umso weniger ärztliche/ psychologische Hilfen und Unterstützungen angeboten oder geleistet wurden, je gravierender die Verhaltensprobleme des Kindes wahrgenommen wurden. Auch nach internationalen Studien werden nur ein (geringer) Teil der intellektuell beeinträchtigten Kinder und Jugendlichen mit ihren Familien psychiatrisch-psychotherapeutisch behandelt, selbst wenn sie eine entsprechende Diagnose haben (Dekker und Koot 2003, Strømme und Diseth 2000, Einfeld et al. 2006). Mit der Früherkennung und Frühförderung von Funktionsbeeinträchtigungen und Behinderungen bei Kindern sind die Frühförderstellen, Kinderneurologischen Zentren und Sozialpädiatrischen Zentren (SPZs) ein unverzichtbarer Teil der Versorgungslandschaft. Der diagnostische und therapeutische Umgang ist allerdings wesentlich geleitet vom (medizinischen) Grundsatz der individuellen Rehabilitation, somit auf die Entdeckung und Kompensation der individuellen Defizite („funktionsorientierte Förderung“) ausgerichtet. Ausgewiesene integrierte kinderpsychiatrische Kompetenz ist in den SPZs die Ausnahme. 5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Kinder und Jugendliche mit intellektueller Beeinträchtigung („Intelligenzminderung“) sind nach allen epidemiologischen und entwicklungspsychopathologischen Erkenntnissen eine Hochrisikogruppe für psychiatrische Morbidität. Die Prävalenzschätzungen von bis zu 50 % haben dramatische Folgen für die Kinder und ihre Familien: n Ein großer Teil von ihnen leidet unter den Auffälligkeiten und Störungen, ohne dass diese als mögliche seelische Störungen, also als Leidensformen wahrgenommen werden. n All diese Kinder und Jugendlichen werden dadurch in ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zusätzlich behindert. Die Nutzung inklusiver Bildungsangebote ist erheblich eingeschränkt. n Die ohnehin sehr belasteten Familien sind durch das Problemverhalten der Kinder oft völlig überfordert. Die Risiken für die Beziehungsgestaltung und für die Erziehungspraxis sind evident. n Die Lehrkräfte in den (Förder-)Schulen gelangen (ebenso) an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit, insbesondere dann, wenn sie geringe Chancen der „Beeinflussung“ mit eigenen Mitteln haben und externe Hilfen ausbleiben. 13 FI 1/ 2020 Psychische Störungen und intellektuelle Beeinträchtigung Es ist dringend an der Zeit, mindestens ein (teil-)stationäres, auf diese Klientel spezialisiertes kinder- und jugendpsychiatrisches Versorgungsangebot in einer Region zu schaffen und die (differenzial-)diagnostische Expertise in der ambulanten und stationären Grundversorgung zu erhöhen. Hier stehen die Fachgesellschaften der deutschen Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Bringschuld. Es wäre überaus nützlich, wenn das doch relativ günstige Versorgungsnetz der Frühförderung, der Kinderneurologischen und Sozialpädiatrischen Zentren vermehrt kinder- und jugendpsychiatrische Kompetenz integrieren würde im Sinne der Früherkennung und -behandlung der seelischen Leidensformen der behinderten Kinder. Nicht zuletzt sollten die ursprünglichen Hoffnungen auf die „Frühen Hilfen“ erneut aktiviert werden als ein fachliches und vor allem strukturelles Konzept zur Vermeidung ungünstiger, risikoreicher Entwicklungsbedingungen in den Familien (Wagner-Stolp 2010, vgl. Sann 2010), und dies nicht nur in Familien mit behinderten Kindern. Die staatliche Initiative von 2007 (im Kontext der damaligen gravierenden Misshandlungs-, Vernachlässigungs- und Todesfälle von Kindern) ist allerdings allem Anschein nach nicht über die unverbindliche, quasi freiwillige Kooperation der Leistungserbringer hinausgekommen, weil die rechtlichen Strukturen und vor allem die partikularen Interessen verbindliche Kooperationen verhindern. Das Konzept ist im Grunde im zivilgesellschaftlichen Rahmen verblieben und tangiert nicht die staatlichen Gewährleistungsverpflichtungen. Nicht zu unterschätzen ist allerdings, dass durch die Vernetzungen „informelle“, gut funktionierende Kooperationen vor Ort zustande kommen können. Letztlich geht es um die Verwirklichung der Forderungen der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung. Der Art. 24 fordert eindringlich eine gesundheitliche Versorgung, die wegen der Behinderung über die üblichen Standards hinausgehen muss. Prof. Dr. med. Klaus Hennicke Dipl.-Soziologe, Facharzt für Kinder-, Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Nelkenstr. 3 12203 Berlin Literatur Baker, B., Blacher, J., Crnic, K., Edelbrock, C. (2002): Preschool children with and without developmental delay: behaviour problems and parenting stress over time. Journal of Intellectual Disability Research 47, 217 - 230, https: / / doi.org/ 10.1046/ j.1365-2788.2003. 00484.x Brown, N. N. (2019): Fetale Alkoholspektrumstörungen: Gleichrangigkeit mit intellektuellen Beeinträchtigungen. In: Becker, G., Hennicke, K., Kleine, M., Landgraf, M. N. (Hrsg.): Erwachsene mit Fetalen Alkoholspektrumstörungen. Diagnostik - Srceening - Intervention - Suchtprävention. 2. Aufl. Berlin, Boston. DeGruyter (im Druck), https: / / doi.org/ 10.15 15/ 9783110419269-006 Buscher, M., Hennicke, K. (2017): Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit Intelligenzminderung. 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