eJournals Frühförderung interdisziplinär 40/4

Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
101
2021
404

Originalarbeit: Neugierde, Staunen und Reflektieren bei traumatisierten Müttern und ihren Kleinkindern anregen

101
2021
Daniel S. Schechter
Sandra Rusconi Serpa
Dieser Artikel diskutiert empirische Forschungsergebnisse, die bei gewaltsam traumatisierten Müttern von Kleinkindern eine psychobiologische Dysregulation nachweisen, und beschreibt deren Auswirkungen auf die Mutter-Kind-Beziehung. Aus dieser Forschung entwickelte der Erstautor die CAVES als experimentelle Evaluationstechnik und Test-Intervention. Die theoretischen Grundlagen, die Evidenzbasis und Hauptmerkmale der CAVES werden zusammen mit einem Fallbeispiel beschrieben, das zeigt, wie CAVES zu einem neuen Modell für eine kurze Psychotherapie für traumatisierte Eltern und ihre Kinder im Alter von 0 bis 4 wurde (CAVEAT). Das Behandlungsmodell der CAVEAT mit 16 Sitzungen, das auch als Manual besteht, wird anhand eines Fallbeispiels veranschaulicht.
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187 Frühförderung interdisziplinär, 40.-Jg., S.-187 - 200 (2021) DOI 10.2378/ fi2021.art17d © Ernst Reinhardt Verlag Neugierde, Staunen und Reflektieren bei traumatisierten Müttern und ihren Kleinkindern anregen Arbeiten mit Clinician-Assisted Videofeedback Exposure Sessions (CAVES) und Clinician-Assisted Videofeedback Exposure Approach Therapy (CAVEAT) Daniel S. Schechter, Sandra Rusconi Serpa Zusammenfassung: Dieser Artikel diskutiert empirische Forschungsergebnisse, die bei gewaltsam traumatisierten Müttern von Kleinkindern eine psychobiologische Dysregulation nachweisen, und beschreibt deren Auswirkungen auf die Mutter-Kind-Beziehung. Aus dieser Forschung entwickelte der Erstautor die CAVES als experimentelle Evaluationstechnik und Test-Intervention. Die theoretischen Grundlagen, die Evidenzbasis und Hauptmerkmale der CAVES werden zusammen mit einem Fallbeispiel beschrieben, das zeigt, wie CAVES zu einem neuen Modell für eine kurze Psychotherapie für traumatisierte Eltern und ihre Kinder im Alter von 0 bis 4 wurde (CAVEAT). Das Behandlungsmodell der CAVEAT mit 16 Sitzungen, das auch als Manual besteht, wird anhand eines Fallbeispiels veranschaulicht. Schlüsselwörter: Eltern-Kind-Psychotherapie, mütterliches PTSD, intergenerationale Transmission von Trauma, Videofeedback Inspiring curiosity, wonderment, and reflection among traumatized mothers and their toddlers: Working with Clinician-Assisted Videofeedback Exposure Sessions (CAVES) and Clinician-Assisted Videofeedback Exposure Approach Therapy (CAVEAT) Summary: This article discusses empirical research findings that demonstrate psychobiological dysregulation among violently traumatized mothers of very young children and then describes what effects this dysregulation can have on the mother-infant relationship. Out of this research, the first author developed CAVES originally as an experimental evaluation technique and test-intervention. The theoretical premise, evidence-base, and signature features of the CAVES are described along with a case example showing how it quickly became the foundation for a new brief psychotherapeutic model for traumatized parents and their very young children ages 0 to 4, CAVEAT. The essentials of CAVEAT as a 16-session manualized treatment model are also presented with a case example as illustration. Keywords: Parent-infant psychotherapy, maternal PTSD, intergenerational transmission of trauma, video feedback ORIGINALARBEIT Einführung D ie gegenseitige Emotions- und Arousal- Regulation in der Eltern-Kind-Beziehung ist wesentlich für die gesunde Entwicklung der Selbstregulation in den ersten fünf Lebensjahren. Die gegenseitige Regulation ist auch notwendig für die Entwicklung der Exekutivfunktionen, des Gedächtnisses und der sozialen Kognition, die das soziale Funktionieren, die akzeptable Entladung von normativen Aggressionen und auch grundlegende tägliche Funktionen wie Schlafen und Essen sowie Gefühle von Wohlbefinden und Sicherheit in der Welt ermöglichen. Die erfolgreiche emotionale Selbstregulation im Alter von 4 bis 5 Jahren ist wesentlich für die Sozialisation und das Lernen und damit eine Schlüsselkomponente der 188 FI 4/ 2021 Schulreife. Und so stellen wir die Fragen: Wie wirkt sich eine elterliche Psychopathologie auf die Fähigkeit zur Selbstregulation und auf die gegenseitige Regulation von Emotionen und Erregtheit zwischen Kind und Eltern aus? Was für Konsequenzen zieht dies für die Eltern-Kind- Beziehung und die spätere sozio-emotionale Entwicklung des Kindes in seiner frühen Entwicklungsphase nach sich? Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine solche Psychopathologie. Daher wird sich dieser Beitrag speziell auf die mit interpersoneller Gewalt (IPS) verbundene PTBS, die oft chronisch und komplex ist, konzentrieren. Die Diagnose einer PTBS setzt das Erleben einer potenziell tödlichen Bedrohung voraus, welche in Form eines im DSM-5 (American Psychiatric Association 2013) beschriebenen Symptomclusters weiterwirkt. Damit ist das traumatische Ereignis weder zeitlich noch räumlich begrenzt (Rothbaum et al. 1992) und die Erinnerungsspuren werden durch innerpsychische Erinnerungen oder durch äußere Erlebnisse mit anderen aktiviert. Die folgenden Symptome der PTBS können die emotionale Verfügbarkeit der Eltern für die gegenseitige Regulation beeinflussen: n Wiedererleben oder Flashbacks n Vermeidungssymptome n negative Gedanken n vegetative Übererregtheit Als wir in den späten 1990er Jahren begannen, diese Frage zu untersuchen, war erst wenig über die Auswirkungen einer mütterlichen PTBS auf die Mutter-Kind-Beziehung bekannt (Lyons-Ruth & Block 1996, Scheeringa et al. 2015). Wir konnten keine Studien finden, die den Effekt der emotionalen Kommunikation des Säuglings auf die mütterliche Funktionsfähigkeit untersuchten. Welche Auswirkungen die normative Emotionsdysregulation, wie alltägliche Trotz- und Wutanfälle des Säuglings und Kleinkindes, auf die traumatisierten Mütter haben, testete unsere Forschung in folgenden Hypothesen: 1. Mütter, die an einer IPG-PTBS leiden, erleben eine psychologische Dysregulation, wenn sie durch den Stress und die hilflosen Zustände ihrer Kleinkinder „getriggert“ werden. 2. Mütterliche Dysregulation wirkt sich wiederum auf die Mutter-Kind-Beziehung und die Entwicklung der Selbstregulation des Kindes während sensibler Entwicklungsperioden aus (messbare kindliche Psychopathologie, Bindungsstörungen und erhöhte Vulnerabilität gegenüber den Auswirkungen des Traumas). Neben dem dysregulierenden Risikofaktor für Psychopathologie wollten wir einen regulierenden und schützenden Faktor messen, einen Marker für eine sichere Bindung. Ein solcher Marker ist die reflektierende Funktion gegenüber Bewertungen mentaler Zustände in sich selbst und anderen (Coates 2005). Die ursprüngliche Messung bezog sich auf die reflektierende Funktion bei den eigenen Eltern und bei sich selbst, gemessen durch das Adult Attachment Interview (AAI) (George et al. 1985). „Parental Reflective Functioning“ (PRF) wurde aus dem „AAI-ähnlichen“ Interview mit Fokus auf das Kind und die Eltern-Kind-Beziehung entwickelt (Slade 2005). Um dieses hypothetische Modell von Risiko- und Schutzfaktoren (siehe Abbildung 1) zu testen, sind wir folgendermaßen vorgegangen: Nach einem Aufnahmebesuch gab es ein Interview mit der Mutter allein, um über ihr Kind und ihre Beziehung zu ihrem Kind mittels des Arbeitsmodells des Kinderinterviews oder Working Model of the Child Interview (WMCI) (Zeanah und Benoit 1995) zu sprechen. Wir entschieden uns, Daten über Väter nur durch den Bericht der Mütter zu erhalten. Nach der Verabreichung des WMCI überprüften wir die Lebensgeschichte der Mutter, ihre Bindungen, traumatischen Ereignisse und ihre Reaktionen auf diese Ereignisse zusammen mit ihrer psychiatrischen Daniel S. Schechter, Sandra Rusconi Serpa 189 FI 4/ 2021 Neugierde, Staunen, Reflektieren Vorgeschichte, ihrem psychischen Zustand und dem Grad der elterlichen Belastung. Ein bis zwei Wochen später baten wir sie, ihr Kind mitzubringen. Während dieses Mutter- Kind-Interaktionsbesuchs wurde eine standardisierte Abfolge von Freispiel, Trennung-Wiedervereinigung, Aufräumen und Exposition gegenüber Neuem (modifizierte Crowell-Prozedur) (Zeanah et al. 2000) aufgezeichnet. Das mütterliche und kindliche Speichelcortisol wurde alle 30 Minuten gemessen. Danach füllten die Mütter Fragebögen über die Entwicklung ihres Kindes, Lebenserfahrungen und Psychopathologie aus, während ihr Kind mit unserer Forschungsassistentin spielte. Innerhalb von 2 - 4 Wochen nach diesem Besuch wurden Mütter ohne ihre Kinder für eine Magnetresonanztomografie (MRT) eingeladen, wo sie ein Prä- und Post-Scan-Interview ausfüllten. In dieser Sitzung wurde keine therapeutische Intervention durchgeführt. Innerhalb von 2 - 4 Wochen nach dem MRT- Besuch wurden dieselben Mütter für eine Studienintervention Clinician Assisted Videofeedback Exposure Session (CAVES) (Schechter et al. 2006, Schechter et al. 2015 c) und ein Post-Interventions-Interview eingeladen. Dies wird weiter unten besprochen. Was haben wir gefunden? Zusammenfassend fanden wir die folgenden Indikatoren für eine psychobiologische Dysregulation bei Müttern mit IPG-PTBS im Vergleich zu Müttern ohne PTBS: Verhaltens- und Gefühlsindikatoren Mehr Schwierigkeiten, ihre eigenen als auch Emotionen anderer zu identifizieren („Alexithymie“), größerer Erziehungsstress, negativere und altersunangemessene Attributionen gegenüber ihren Kindern, weniger sensibles und aufdringlicheres mütterliches Verhalten während der Interaktionen (Schechter et al. 2015 a). In unserer früheren Arbeit hatten wir gezeigt, dass die traumatisierte Gruppe von Müttern dazu neigte, weniger auf die sozialen Angebote ihrer Kleinkinder zu reagieren, insbesondere Wie beeinflusst diese dysfunktionale Eltern-Kind-Beziehung die Psychopathologie der kindlichen Entwicklung? Abb. 1: Hypothetisches Schema zur Darstellung transgenerationaler Transmissionsmechanismen Vergangene Gewalterlebnisse PTSD Mutter Mutter Vater oder Mutter (Schechter, Suardi, 2015) RF RF Gewalt © Daniel S. Schechter, 2019) Gewalt Angst Kind ? ? 190 FI 4/ 2021 nach der Trennung-Wiedervereinigung, die für die Mehrheit der Mütter der stressigste Teil des interaktiven Verhaltensablaufs ist (Schechter et al. 2010). Physiologische Indikatoren Veränderter, flacherer zirkadianer Cortisol- Rhythmus, was auf chronischen psychophysiologischen Stress und eine damit verbundene Dysregulation hinweist. Ihre Kinder zeigten eine signifikant geringere Cortisolreaktivität auf Trennungs-, Wiedersehens- und Neuheitsstress (Cordero et al. 2018). Indikatoren der neuronalen Aktivität Mütter mit IPG-PTBS zeigten in kategorialen Analysen und bezüglich höherem IPG- PTBS-Symptomschweregrad in kontinuierlichen Analysen eine signifikant geringere Aktivierung der medialen, präkortikalen, regulatorischen Areale (vmPFC, dfPFC) und eine stärkere Aktivierung der limbischen, mit Furcht-Lernen verbundenen Areale (Hippocampus, Parahippocampus, entorhinaler Kortex) als Reaktion sowohl auf stumme Videos, die eine Trennung von Mutter und Kind im Vergleich zum Spiel darstellen, als auch auf Erwachseneninteraktionen, die bedrohlich im Vergleich zu neutral und pro-sozial waren (Schechter et al. 2015 b, Moser et al. 2015). Diese neuronalen Aktivierungsmuster waren prädiktiv für eine größere traumabezogene Symptomatik bei den Kindern ein Jahr später (Schechter et al. 2017). Unsere Studie des CAVES hat gezeigt, dass die mütterliche IPG-PTBS mit signifikant mehr negativen und altersunangemessenen Attributionen gegenüber dem Kind assoziiert ist, während diese Effekte durch die mütterliche, reflexive Funktion (PRF) moderiert werden (Schechter et al. 2006, Schechter et al. 2015 c). (Abbildung 2) Wir postulieren, dass viele IPG-PTBS-Mütter ihr Kleinkind als gewalttätig, manipulativ, älter und sogar sexuell frühreif wahrnehmen. Umgekehrt stellen wir die Hypothese auf, dass das Kind seinen Elternteil als unberechenbar, gefährlich Daniel S. Schechter, Sandra Rusconi Serpa Abb. 2: Positiver Effekt durch CAVES (vgl. Schechter 2006). 191 FI 4/ 2021 und verwirrend wahrnehmen könnte, was zu einer gegenseitigen Dysregulation von Emotionen und Erregtheit führt. Diese Dysregulation in Reaktion auf den negativen Affekt des Kindes als auslösender Stimulus für traumatische Erinnerungsspuren schafft sowohl bei der Mutter, als auch beim Kleinkind Verwirrung darüber, wo die wahrgenommene Gefahr liegt. Wie von Fonagy, Gergely, Jurist & Target (2002) behauptet wurde, verstärkt die bindungsbezogene Mentalisierung die psychobiologische Regulation. Daher scheinen Interventionen für traumatisierte Mütter und ihre Kleinkinder am meisten zu helfen, wenn sie sich auf Folgendes konzentrieren: a) sensible und auf die individuelle Geschichte der Mutter eingehende Konfrontation mit dem, was sonst posttraumatisch vermieden wird b) Müttern zu helfen, die emotionalen Signale ihrer Kinder genauer zu lesen und sensibel darauf zu reagieren c) Neugierde, Staunen und Reflexion anregen, modellieren und unterstützen Das CAVES-Verfahren Bei der Anwendung des unten vorgestellten CAVES-Modells stellten wir fest, dass die Mütter in der Lage waren, ihre Säuglinge positiver, individueller und mit größerem Bewusstsein für ihre Entwicklungsbedürfnisse zu sehen, wie in einem folgenden Fallbeispiel dargestellt wird (Schechter 2003/ 2013). Was ist das CAVES? Eine Technik, eine Form der Auswertung, eine kurze Intervention CAVES besteht aus einer 3-Sitzungs-Evaluation: Die erste Sitzung beinhaltet ein halbstrukturiertes, narratives Interview, in welchem die Mutter auf die Geschichte des Kindes „von Anfang an“ eingeht (Elternbeziehung, Empfängnis oder später). Ebenfalls gehört ein halbstrukturiertes Interview dazu, in welchem mentale Repräsentationen des Kindes, die Beziehung zum Kind, die Geschichte der Lebensereignisse und wichtige, frühe, positive Bindungen erfragt werden. Zuletzt folgt ein strukturiertes diagnostisches Interview zur Untersuchung von traumabedingter Psychopathologie (PTBS, Dissoziation, Depression). Die zweite Sitzung konzentriert sich auf sorgfältig gefilmte Interaktionen, die 8 - 10 Minuten freies Spiel zwischen Mutter und Kind unter Verwendung einer Reihe von Spielmaterialien beinhalten sollten. Dazu gehören trostspendende, als auch den schutzbedürftigen Säugling repräsentierende Spielzeuge (Babypuppe, kleine/ große Tiere etc.). Gleichzeitig gibt es Spielzeuge, die mit Gefahr und Aggression assoziiert werden (Schlange, Spielzeugpistole etc.). Auf das Freispiel folgt eine zeitlich begrenzte Trennung von 3 Minuten (obwohl die Mütter früher in den Raum zurückkommen können, wenn sie das Gefühl haben, dass sie es müssen). Dann folgt eine Wiedervereinigung und Fortsetzung des Freispiels für 3 Minuten. Danach wird 2 Minuten aufgeräumt. Als nächste Phase beginnt das strukturierte Spiel mit einer einzigen Aktivität, welche eine leichte Herausforderung für das jeweilige Kindesalter darstellt und Unterstützung der Mutter erfordert (z. B. einen Turm aus 6 Bechern bauen für Kinder im Alter von 12 - 24 Monaten; einfaches Puzzle mit 7 - 10 Teilen für ein Kind von 24 - 36 Monaten). Nach 4 Minuten dieser strukturierten Aktivität tritt die Mutter wieder für eine Trennung (3 Minuten) und Wiedervereinigung (2 Minuten) hinaus. Wichtig ist, dass der Kliniker zu Beginn und am Ende dieser Sitzung, sowie während den beiden Zeiten, in denen die Mutter nicht im Raum ist, fragt, wie viel Stress die Mutter empfindet und wie sie das Stressniveau des Kindes einschätzt auf einer Skala von 1 - 10. Neugierde, Staunen, Reflektieren 192 FI 4/ 2021 Vor der dritten Sitzung wählt der Therapeut sorgfältig 4 der gefilmten Sequenzen à jeweils 30 Sekunden aus, um diese beim nächsten Besuch vorzuspielen. Die erste Sequenz betrifft am häufigsten das Freispiel, in welchem Mutter und Kind einander oft gegenseitige Aufmerksamkeit und Freude ausdrücken. Die zweite Sequenz betrifft eine der beiden inszenierten Trennungen, in denen das Kind die größte Hilflosigkeit ausdrückt. Die dritte Sequenz sind die ersten 30 Sekunden einer der Wiedervereinigungen zwischen Mutter und Kind. Die vierte Sequenz betrifft einen Ausschnitt, in dem das Kind Frustration zeigt. Die dritte Sitzung beginnt mit der Frage, an welche Interaktionen mit ihrem Kind während der vorherigen Sitzung sich die Mutter erinnern kann. Zuerst kann nach hervorstechenden Momenten gefragt werden. Auf Zurückhaltung oder Nichtantworten können auch die angenehmsten, dann die stressigsten Momente erfragt werden. Die Videofeedback-Exposition beginnt immer mit der gemeinsamen Aufmerksamkeit auf die positivste und meist verbindende Mutter-Kind-Sequenz. Der Therapeut betont die vorhandenen mütterlichen Kompetenzen, auf die der Therapeut während der ganzen Sitzung immer wieder zurückgreifen kann, um dem erwarteten Selbstverständnis, eine „schlechte“ oder anderweitig unzulängliche Mutter zu sein, mit Überraschung ehrlich entgegenzutreten. Erst dann nähert man sich der stressigen Sequenz der Trennung. Weiterhin lädt der Therapeut zum gemeinsamen Schauen der Videos ein, wendet sich der Mutter zu, sodass zusammen eine Dreierkonfiguration (Therapeut, Mutter, Mutter-Kind-Beziehung auf dem Bildschirm) entsteht. Nach jeder Sequenz wird eine sich wiederholende Reihe von Fragen an die Mutter gestellt, die Aufschluss darüber geben sollen, was in ihrem Kopf, im Kopf des Kindes und im Kopf des Therapeuten vorgehen könnte. Die folgenden Fragen sollen die mütterliche Neugierde und das Reflektieren anregen: n Sagen Sie mir, was dort passiert ist? n Was denken Sie, was Ihr Kind da gedacht hat? n Woran haben Sie gedacht? n Was haben Sie in diesem Moment gefühlt? n Was fühlen Sie, während Sie das Video mit mir anschauen? n Was glauben Sie, warum ich diesen Moment für uns ausgewählt habe, um ihn gemeinsam zu beobachten? Theoretische Grundlagen der CAVES-Technik Die erste Form der evidenzbasierten Psychotherapie, an die sich das CAVES anlehnt, ist die Interaction Guidance (IG), ursprünglich von Susan McDonough (2000) entwickelt und kürzlich in Zusammenarbeit mit Sandra Rusconi Serpa ausgearbeitet (Rusconi Serpa et al. 2009). IG ist eine Form der Psychotherapie, die stark auf ökologischen und transaktionalen Entwicklungstheorien basiert, in der Videofeedback für elterliche Kompetenzbestärkung, Neugierde- und Bewusstseinsförderung für die Komplexität der Eltern-Kind-Interaktion einfließt. Anders als bei CAVES konfrontiert IG die posttraumatische Vermeidung des Elternteils nicht absichtlich mit Bildern z. B. von leidenden Kindern. IG macht auch keine Verknüpfung von Assoziationen zwischen Vergangenheit und Gegenwart über mentale Repräsentationen mit dem Ziel der Modellierung. Die zweite Form der evidenzbasierten Psychotherapie, auf die sich das CAVES bezieht, ist die der Child-Parent Psychotherapy (CPP) (Lieberman und Van Horn 2008). CPP ist ein Interventionsmodell für Kinder im Alter von 0 - 5 Jahren, die mindestens ein traumatisches Ereignis erlebt haben und/ oder unter psychischen Gesundheits-, Bindungsund/ oder Verhaltensproblemen leiden. Die therapeutischen Sitzungen umfassen das Kind und die Eltern. Das primäre Ziel von CPP ist es, die Beziehung zwischen Daniel S. Schechter, Sandra Rusconi Serpa 193 FI 4/ 2021 Kind und Bezugsperson zu unterstützen und zu stärken, indem mentale Repräsentationen der Bezugsperson und des Kindes in den Kontext des elterlichen Traumas gesetzt werden, um so eine neue, entwicklungsmäßig adäquatere Eltern-Kind-Interaktion aufzubauen. Das Trauma oder Auslöser dessen Begleitemotionen können so durch Kind und Bezugsperson gemeinsam ko-konstruiert erzählt und modelliert werden. Das psychologische und soziale Funktionieren des Kindes steht im Vordergrund und damit werden auch tägliche Herausforderungen miteinbezogen. Das CAVES unterscheidet sich vom CPP durch eine strukturiertere Art der Sitzung mit Einsatz von Videofeedback-Exposition mit Fokus auf ausgewählte Interaktionen (Schechter & Rusconi Serpa 2014). Die dritte Form der evidenzbasierten Psychotherapie, an der sich CAVES inspiriert, ist Minding the Baby (Slade et al. 2020), die sich auf zwei Aspekte der Mutter-Kind-Beziehung konzentriert: 1) die mütterliche reflexive Funktion (PRF) und 2) die emotionale Kommunikation. Die elterliche Mentalisierung in Bezug auf die Fähigkeit, Gedanken und Gefühle des Kindes zu erkennen und zu verstehen, motiviert das interaktive Eltern-Kind-Verhalten und wird als elterliche reflexive Funktionsweise (PRF) operationalisiert (Slade et al. 2003). Unterstützung und Modellierung von PRF werden explizit und implizit während der gesamten Intervention von CAVES betont. Weiterhin lehnt sich CAVES der Exposition an, eine Interventionsstrategie, die am häufigsten in der kognitiven Verhaltenstherapie eingesetzt wird, um Ängste zu konfrontieren (Beck und Emery 2005). Verlängerte Exposition (VE) (Foa und Rothbaum 1998) ist eine spezielle Art der kognitiven Verhaltenstherapie, die lehrt, sich traumabezogenen Erinnerungen, Emotionen und realen vs. imaginierten Situationen schrittweise und sensibel zu nähern. Durch die Konfrontation mit dem, was vermieden wurde, kann eine Person den Schweregrad ihrer PTBS- Symptome reduzieren, indem traumabezogene Erinnerungen vom ursprünglich gefährlichen Ereignis in der Vergangenheit unterschieden werden. Die verlängerte Expositionstherapie wird oft über einen Zeitraum von 3 Monaten mit 8 bis 15 Einzelsitzungen à 90 Minuten durchgeführt (Foa und Rothbaum 1998). Vor imaginierten und In-vivo-Expositionen soll der Therapeut eine Indikation und einen Überblick über die Behandlung geben, ein gründliches Verständnis über die traumatische Erfahrung der Patientin haben als auch eine sichere therapeutische Beziehung etabliert haben. Weiterhin sind Psychoedukation und Techniken zur Selbsteinschätzung des Stress- und Angstniveaus wichtig, damit die Patientin aktiv daran teilnehmen kann, mit dem Therapeuten zu entscheiden, wie die Exposition der Therapie ablaufen soll. Imaginierte Exposition Diese findet während der Sitzung statt. Die Patientin schildert detailliert und in Gegenwartsform die traumatische Erfahrung unter Anleitung und Intervention des Therapeuten. Die aufkommenden Emotionen werden gemeinsam besprochen und sind Teil der ko-konstruierten Trauma-Erzählung, welche in einem neuen physischen, zeitlichen und relationalen Kontext stattfindet. Die Patientin kann sich später die aufgenommenen Ton- oder Videoaufzeichnungen erneut anhören, um Emotionen weiterzuverarbeiten, währenddem Entspannungsmethoden angewendet werden. In-vivo-Expositionen Diese beinhalten das Ansprechen von Auslösern traumatischer Erinnerungen, welche außerhalb des therapeutischen Settings aufkommen und Neugierde, Staunen, Reflektieren 194 FI 4/ 2021 als Teil der Hausaufgaben angesehen werden. Der Therapeut und die Patientin listen gemeinsam nach Priorität eine Reihe von möglichen Auslösern auf, welche in einem realisierbaren Plan festgehalten werden. Die Toleranzschwelle für die Exposition sollte schrittweise erhöht werden. Das CAVES basiert auf der Idee der VE durch die Verwendung von Videofeedback von In-vivo- Exposition und imaginierter Exposition. Ebenfalls wird das Trauma ko-konstruktiv wiedererzählt. Eine hierarchisierte Liste von Auslösern traumatischer Erinnerungen als auch eine periodische Selbsteinschätzung des Stressniveaus werden festgehalten. Illustration der CAVES als Intervention: Der Fall von Kevin und Frau V. Kevin war ein 3-jähriger dominikanisch-amerikanischer Junge, der aufgrund dessen, was seine Mutter Frau V. als „kontrollierendes, herausforderndes Verhalten“ beschrieb, an unsere Klinik für psychische Gesundheit von Kindern in New York überwiesen wurde. Die klinische Beurteilung ergab, dass Kevin so starke Trennungsängste hatte, dass er keine Kindertagesstätte oder Vorschule besuchen konnte. Auch alltägliche Dinge, wie ihn kurz alleine zu lassen, um beispielsweise auf die Toilette zu gehen, waren unmöglich. Frau V. hat als 35-jährige Mutter von 5 Kindern von 3 verschiedenen Vätern erhebliche Gewalt, sowohl als Zeugin als auch als Opfer, von der frühen Kindheit bis zu ihren erwachsenen, romantischen Beziehungen erlebt. Ihre eigene Mutter wurde mit einer unbenannten psychiatrischen Störung diagnostiziert und war physisch und psychologisch missbrauchend. Interessanterweise beschrieb Frau V. ihre Mutter mit denselben Adjektiven wie ihren Sohn: „Kevin ist genau wie sie […] sie sind beide kontrollierend.“ Als Kevin im ersten Lebensjahr war, wurde sein Vater, ein Mann, der in Drogenhandel verwickelt war, vor den Augen von Frau V. gefoltert und brutal ermordet, während sie festgehalten und körperlich angegriffen und zum Sterben zurückgelassen wurde. Sie wurde gefunden und erholte sich körperlich, doch hatte sie eine schwere PTBS und einige dissoziative Symptome. Folgende Probleme sind beim gescheiterten Versuch einer traditionellen Eltern-Kind-Psychotherapie aufgetreten: n Kontinuität von einer Sitzung zur nächsten aufrechtzuerhalten n Eigene Krisen der Mutter, die von ihrer Beziehung zu Kevin ablenkten n Aktive Vermeidung, sich negativen Affekten (Hilflosigkeit, feindselige mentale Zustände) anzunähern aus Angst, dass das Ansprechen der traumatischen Erfahrungen den psychischen Zustand „schlimmer“ machen könnte und Frau V. „verrückt“ wie ihre eigene Mutter würde Hiermit folgen verkürzte Auszüge aus der CA- VES-Sitzung mit Frau V. (Schechter 2003/ 2013): Vor dem Zeigen von Filmausschnitten fragte ich Frau V., woran sie sich von der Sitzung, in der sie und Kevin gefilmt worden waren, erinnerte. Zögerlich und erst nach einer weiteren Ermutigung schilderte sie mit weiten Augen den Moment der Trennung, in dem sie aufgefordert wurde, den Raum zu verlassen, es aber nicht konnte, weil Kevin ihr Bein nicht loslassen wollte. Sie hatte diese Verärgerung als ein Zeichen dafür gedeutet, dass Kevin „versuchte, mit etwas davonzukommen“, […], „die Dinge auf seine Weise zu haben, […] und dass er wütend war“. Auf Nachfrage, wie sie sich zu dieser Zeit gefühlt habe, antwortete sie: „gestresst“ und auf weitere Nachfrage stufte sie diesen Moment als den schwierigsten der Sitzung ein. Auf Nachfrage nach einem positiven Moment teilte Daniel S. Schechter, Sandra Rusconi Serpa 195 FI 4/ 2021 Frau V. zögernd mit: „Ich glaube, wir haben mit dem Arztkoffer gespielt und mit dem Stethoskop das Herz des anderen abgehört? “ Genau diese beiden Momente waren auch die zwei ersten von mir ausgewählten. Frau V. und ich sahen uns die stille 30-sekündige Trennungssequenz an: Kevin versuchte seiner Mutter aus dem Raum zu folgen, als sie versuchte, ihn zu beruhigen. Verzweifelt und in einer Benommenheit mit weit aufgerissenen Augen zuckte er zurück und zog sich von der sich nähernden Forschungsassistentin zurück und kniete sich vor die Füße seiner Mutter. Frau V. stand hilflos, kichernd und ängstlichlächelnd vor ihm. Während sie sich diese Sequenz mit mir anschaute und feststellte, dass auch die jetzige Sitzung gefilmt wird, bemerkte ich, dass sich Frau V.’s Ausdruck im Video von einem ängstlichen Lächeln jetzt in ein sehr konzentriertes Betrachten des Filmausschnittes verwandelt hatte. Tränen stiegen ihr in die Augen. Als der Ausschnitt endete, fragte ich: „Also, was ist da passiert? “ „Ich glaube, er hatte Angst […] oh mein Gott […], er hatte Angst, dass ich nicht mehr ins Zimmer komme und dass ich nicht mehr für ihn da bin. Oh mein Gott, er tut mir so leid.“ Auf die Nachfrage, was zu dieser neuen Wahrnehmung geführt hatte, antwortete Frau V., dass sie „den Ausdruck in seinem Gesicht gesehen“ habe und dass sie in der Hitze des Gefechts „zu gestresst“ gewesen sei, um Kevin klar zu sehen und darüber nachzudenken, was in dieser Interaktion vor sich ging. Dieser transformative Moment der Begegnung, der durch die CAVES-Technik ermöglicht wurde, war ein Katalysator für eine Veränderung ihres Verhaltens. Eine Psychotherapie folgte, welche diese Veränderungen durch die CAVES-Technik verstärkten. Wir haben empirische Belege dafür, dass die oben beschriebene qualitative Veränderung der Wahrnehmung auch quantitativ mit einer positiven Veränderung der mütterlichen Attributionen in Bezug auf Negativität und Altersangemessenheit einhergeht (Schechter et al. 2006). Wir haben auch in Bezug auf das Verhalten eine mütterliche Haltungsänderung mit Entspannung der Gesichtsmuskulatur, der Schultern und Öffnung und Neuorientierung des Rumpfes, des Kopfes und der zentralen Körperachse zum Therapeuten hin festgestellt (Tortora und Schechter 2018, New York Zero-to-Three, paper in preparation). Clinician Assisted Videofeedback Exposure Appraoch Therapy oder „CAVEAT“ CAVEAT ist eine kurze, manualisierte und live stattfindende Eltern-Kind-Psychotherapie, die sich alternierend mit den Videofeedbacksitzungen der CAVES-Technik abwechselt. Insgesamt gibt es mindestens 16 Sitzungen, die 75 bis 90 Minuten lang sind. CAVEAT ist in 3 Module und 1 Abschluss über insgesamt 16 Sitzungen unterteilt, mit Möglichkeit einer Verlängerung: 1. Einführung und Einschätzung durch Evaluation der Mutter, der Mutter-Kind-Beziehung und des Kindes, Intervention (CAVES), Behandlungsplanung (5 Sitzungen) 2. Psychoedukation über die Auswirkungen von Trauma und intergenerationaler Übertragung von vergangenen und gegenwärtigen Beziehungen (5 Sitzungen) 3. Psychoedukation zur gesundheitlichen Entwicklung und zu Bindungsbedürfnissen; Entdeckung einer neuen Mutter-Kind-Beziehung, die freier ist vom Kontext der Vergangenheit (5 Sitzungen) 4. Planung der Beendigung und/ oder Aufrechterhaltung, Selbst- und Kliniker-Evaluation der Veränderung, Besprechung der Ergebnisse (1 Sitzung) Neugierde, Staunen, Reflektieren 196 FI 4/ 2021 Wie im CAVES unterscheidet sich diese Behandlung von anderen dadurch, dass gemeinsam mit dem Elternteil schwierige Momente vom Kliniker „inszeniert“ werden. Diese Inszenierungen werden dann in der therapeutisch unterstützten Videofeedback-Exposition angesprochen. Veranschaulichung des CAVEAT-Modells: Der Fall Frau S. und Alesha Das folgende Fallbeispiel handelt von einem Mutter-Tochter-Paar, das alle 16 Sitzungen von CAVEAT absolvierte und insgesamt 22 Sitzungen in Anspruch nahm. Frau S. ist eine westafrikanische, alleinerziehende 25-jährige Mutter, die ihre Tochter Alesha im Alter von 2.5 Jahren zur Behandlung nach Genf brachte und sich darüber beklagte, dass ihr Kind „zu sehr an ihr hänge“, grundlos weine und sie „stresse“. Sie war 4 Jahre zuvor aus ihrem Herkunftsland in die Schweiz gezogen und hat einen älteren Sohn im Alter von 8 Jahren aus einer früheren Beziehung. Frau S. wurde von ihrer Tante väterlicherseits, ihrem Onkel und ihrer Großmutter aufgezogen, seit sie noch ein Kleinkind war. Ihr Vater starb an einem tödlichen Unfall. Ihre Mutter, welche einem anderen Stamm angehörte, wurde für tot erklärt, damit die Tochter, Frau S., nicht nach ihr suchen würde. Der Missbrauch, welchen Frau S. in ihrer Kindheit durch ihre Tante väterlicherseits und ihren Onkel erlitten hat, könnte mit der Zugehörigkeit ihrer Mutter zu einem anderen Stamm zusammenhängen. Frau S. hatte eine Großmutter, welche die Misshandlungen zwar nicht verhinderte, von ihr aber trotzdem als Schutzfigur angesehen wurde. Nach einer erzwungenen arrangierten Ehe im Alter von 13 Jahren floh Frau S. von ihrem älteren Ehemann und landete in der Schweiz, depressiv, mit schwerer PTBS und dissoziativen Symptomen. Auf der Flucht lernte sie einen gleichaltrigen Mann aus ihrem Land kennen, der ähnlich traumatisiert war und an einer PTBS litt. Dies wurde der Vater von Alesha. Er verkaufte Drogen, wurde erwischt und inhaftiert. Die Trennung löste bei Frau S. eine Verschlimmerung der Symptome aus und sie unternahm einen Selbstmordversuch. Ihre Kinder wurden vom Jugendamt untergebracht, während sie im Krankenhaus war. Für eine CAVEAT-Studie stimmte Frau S. zu. Zum Zeitpunkt der Untersuchung hatte Alesha schwere Trennungsängste und konnte keinen Moment ohne ihre Mutter sein. Frau S. beschrieb Alesha als nett, freundlich, erwachsen („Sie schminkt sich selbstständig“), eigensinnig und fürsorglich für die Mutter („Mama das wird schon wieder.“, „Hast du Kopfschmerzen? “). Auf die Frage, was Frau S. an Alesha am schwierigsten findet, antwortet sie: „Ihr Charakter, sie will alles. Sie denkt, alles gehört ihr. Das mag ich nicht an ihr. Sie erinnert mich ein wenig an meine misshandelnde Tante, sie ist egoistisch.“ Während einer CAVES Sitzung beobachtete Frau S. in der 4. Sequenz, wie Alesha mit einem neuartigen Roboterspielzeug konfrontiert wurde, das mit einem brüllenden Geräusch auf sie zugeht. Alesha reagiert darauf mit weit aufgerissenen Augen und einem eingefrorenen Gesichtsausdruck („Frozen watchfulness“; Zeanah 1996) und beginnt zurückzuweichen, ohne ihre Mutter anzusehen. Diese schaut lächelnd und lachend in Richtung der Therapeutin. Auf Nachfrage, was sie in diesem Ausschnitt gesehen hat, gibt Frau S. eine widersprüchliche Antwort. Einerseits sagte sie, Alesha hat keine Angst, andererseits vermerkte sie, Alesha könnte Folgendes denken: „Hol mich hier raus! Ich habe Angst! “ Auf die Frage, welche Emotionen dies in Frau S. auslöse, antwortete sie: „Ich muss lachen, wenn der Dinosaurier Alesha anfassen will, aber sie hatte keine Angst.“ Frau S. versteht im CAVES noch nicht, warum sie lachen muss. Daniel S. Schechter, Sandra Rusconi Serpa 197 FI 4/ 2021 Nach 3 Sitzungen und einer Erstbewertung kommt es in der aktuellen „Fokus-Sitzung“ zur Behandlungsplanung, in welcher Therapeutin und Elternteil gemeinsam die Hauptthemen definieren mit Fokus auf die Thematik der Verwirrung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, d. h. Identifizierung gegenwärtiger Auslöser von traumatischen Erinnerungsspuren. Diese können auch durch mentale Zustände wie Stress, Angst, Vermeidungsverhalten und Dissoziation in Verbindung zum Trauma gebracht werden. In dieser Fokus-Sitzung kam eine elaborierte Episode von Frau S.’ Geschichte zum Vorschein. Sie erinnerte sich, dass sie im Alter von 12 Jahren sehr gut in der Schule war und ihre Lehrerin sie bestärkte, an die Hochschule zu gehen und damit ihren Wunsch, Ärztin zu werden, unterstützte. Voller Eifer und Vorfreude erzählte sie dies ihrer Tante und ihrem Onkel, welche sie anstatt zu loben, schlugen, da muslimische Mädchen Hausfrauen und Mütter werden sollen und nicht wie die Jungs zur Schule gehen sollen. Frau S. rennt weg in die Moschee, um Vergebung zu erbitten, da sie glaubt, gesündigt zu haben. Da begegnete sie einem Mann, der ihre Not bemerkte und ihr versprach, ihr zu helfen. Als sie an einem ausreichend abgelegenen Ort waren, vergewaltigte er sie. An diesem Punkt droht er: „Jetzt, wo ich dir deine Jungfräulichkeit genommen habe, weißt du, dass du mich heiraten musst, oder ich muss es deiner Familie erzählen.“ Er wurde ihr Ehemann und sie war bis zu seinem Tod mit ihm verheiratet. Diese Erzählung ließ Frau S. benommen und verwirrt zurück. Nach der Sitzung begibt sie sich auf den Weg nach Hause, auf dem sie eine voll ausgeprägte, dissoziative Episode mit extrem lebhaften Flashbacks von Westafrika hatte. Diese beschrieb sie der Therapeutin telefonisch. Sie fühlte sich, als ob sie sterben wollte, und beschrieb die Szene wie folgt: „Ich war in Afrika und dann reden alle, aber ich verstehe nicht viel von dem, was sie sagen. Sie sprechen eine andere Sprache. Ich verstehe nicht allzu viel, obwohl ich in meinem eignen Land bin. Aber da war jemand, der mit mir sprach und ich habe nicht geantwortet. Und dann sind alle schwarz, nicht weiß. Und draußen ist ein Hain und da ist ein Mann.“ In der Sitzung nach dem posttraumatischen Flashback wird auf posttraumatische Auslöser in der Mutter-Kind-Beziehung eingegangen. Auf Frau S.’ Beschreibung ihrer Hilflosigkeit gegenüber ihrer Tochter, welche sie als aggressiv und manipulativ wahrnimmt, erinnert die Therapeutin an die 4. Sequenz aus dem CAVES. Frau S. wiederholte ihre Schilderung von zuvor, dass Alesha keine Angst hatte. Aber dann erinnerte sich Frau S.: „Alesha suchte Augenkontakt, sie bat um Hilfe. Ich konnte es an ihrem Blick erkennen.“ Frau S. lächelt und sagt: „Ich weiß noch, dass sie Angst hatte und ich gelacht hatte.“ Frau S. weiß immer noch nicht, warum sie lacht. Die Therapeutin fragt sich, ob Aleshas Angst und Hilflosigkeit Frau S. an etwas erinnert, das sie aus ihrer eignen Vergangenheit nicht fühlen will. In der nächsten Sitzung des CAVEAT wird ein zuvor besprochener Auslöser, nämlich Aleshas Aggressionen, wenn sie nicht mehrere Bonbons bekommen kann, von der Therapeutin inszeniert und gefilmt. Frau S. wird angewiesen, einen Bonbon während der Sitzung anzubieten und den anderen in ihre Tasche zu stecken und Alesha mitzuteilen, dass sie diesen ein anderes Mal haben kann. Anstatt dass Alesha nach dem Bonbon schreit und Frau S. schikaniert, wie dies Frau S. zuvor vermutend antizipierte, erstarrt sie. Frau S. bricht in Gelächter aus. In Echtzeit und im späteren Videofeedback antwortet Frau S. auf die Frage, was Alesha wohl gefühlt hat, ohne Aufforderung, auch über ihre Gefühlslage zu sprechen: „Sie will schreien, aber sie hält es zurück. Deshalb hat sie mich zum Lachen gebracht! “ Die Therapeutin bemerkt: „Es ist erstaunlich, wie sie sich selbst still hält und jede Emotion unterdrückt.“ Frau S. antwortet: „Ja, ja und dabei erinnert sie mich an mich selbst. Es hat so weh getan, als ich geschlagen wurde, Neugierde, Staunen, Reflektieren 198 FI 4/ 2021 aber ich habe mich beherrscht. Die Tränen kamen, aber ich habe nicht geweint. Ich habe nichts gesagt.“ Frau S. kommt allmählich zu der Erkenntnis, dass Aleshas Gefühl der Hilflosigkeit und Angst sie sehr unbehaglich und ängstlich macht, bis sie nur noch dissoziativ lachen kann, ohne sich ihrer inkongruenten Reaktion auf Alesha bewusst zu sein. Denn diese wird noch ängstlicher und erstarrt. Dieser Anstieg der reflexiven Funktion wurde in den folgenden Sitzungen durch Interaktionen über die Vermeidung von Hilflosigkeit weiter modelliert und unterstützt. Frau S. erkannte, dass auch Alesha nur sehr ungern ihre Mutter um Hilfe bat, sondern vielmehr in einer Rollenumkehrung immer versuchte, sich um ihre Mutter zu kümmern. Frau S. wurde weiterhin sensibilisiert, dass sie und Alesha ein Gefühl der Einsamkeit teilen, wenn sie in Gefahr sind. Im Verlauf der Behandlung erkannte Frau S. auch, dass sie Alesha Angst macht und dass auch umgekehrt sie vor Alesha Angst hat, welche mit der Rivalität und dem aggressiven Konkurrenzkampf, den sie mit ihrer Tante erlebt hatte, in Verbindung steht. Sich selbst mit Alesha im Videofeedback zu sehen, machte Alesha real und zu einer eigenständigen Person. Nach zwei Dritteln der Behandlung erkannte Frau S. den Unterschied zwischen der Vergangenheit in Westafrika und der Gegenwart in der Schweiz, zwischen Frau S. als Kind und Alesha als Kind. Darin bestand auch eine Erkenntnis ihrer Rolle als Mutter, Alesha zu beschützen, zu trösten und sie zu unterstützen, ihre Emotionen und Gedanken zu verstehen, und nicht andersherum. Aleshas Vater kamen diese Verhaltensveränderungen verdächtig vor und er behauptete, dass Frau S. von einem bösen Geist besessen sei. Als Frau S. immer mehr beschrieb, wie Herr S. sie von einem friedlichen Leben abhielt, lud die Therapeutin eine kulturpsychiatrische Kollegin in die Behandlung ein, um eine Parallelsitzung mit Vater, Mutter, Tochter und ihr selbst als auch eine Sitzung nur mit Vater und Alesha durchzuführen. Triadische und dyadische Interaktionen wurden gefilmt, beobachtet und während des Videofeedbacks mit Frau S. reflektiert. Herr S. wurde misstrauischer, kontrollierender und wollte Frau S. von der Fortsetzung der Behandlung abhalten. Frau S. hingegen konnte durch eine integrierte traumainformierte Perspektive erkennen, dass der Vater nicht bereit ist, seine Angst und Vermeidung aufzugeben. Frau S. verließ ihn im Laufe der Behandlung. Sie konzentrierte sich auf die neue Beziehung zu Alesha, während sie die laufende Beziehung von Alesha zu ihrem Vater bei den Besuchen bei ihm so weit wie möglich unterstützte. Bedeutung für die Praxis Wir haben in diesem Artikel versucht zu zeigen, wie die Förderung der mütterlichen Neugierde, ihr Staunen und ihre reflexive Funktion sowohl während der in In-vivo-Exposition als auch in der Videofeedback-Exposition zu folgenden Verbesserungen führt: 1. verbesserte psychobiologische Regulation der Mutter und die damit einhergehende emotionale Verfügbarkeit für ihr Kind, 2. Rekonsolidierung traumatischer Erinnerungen innerhalb einer sicheren therapeutischen Beziehung als neuer Kontext, 3. Entwicklung von Intersubjektivität zwischen traumatisiertem Elternteil und Kind, die neue Beziehungserlebnisse ermöglicht, in der traumatische Erinnerungen in der Vergangenheit und an ihrem ursprünglichen Ort platziert werden. Dieser Lernprozess wird von Fragen vor und nach dem Videofeedback in Gang gesetzt, wird von der Mutter allmählich verinnerlicht und so immer mehr auch in stressigen Echtzeit-Interaktionen zwischen Mutter und Kind fruchtbar werden. Daniel S. Schechter, Sandra Rusconi Serpa 199 FI 4/ 2021 Daniel S. Schechter, M. D. Centre Hospitalier Universitire Vaudois, Faculté de biologie et de médecine, Faculté de Médecine de l‘Université de Genève, New York Grossman School of Medicine E-Mail: daniel.schechter@chuv.ch Sandra Rusconi Serpa, M.S., FSP Faculté de Psychologie et des Sciences de l‘Education de l‘Université de Genève E-Mail: Sandra.rusconi.serpa@gmail.com Literatur American Psychiatric Association (2013): Diagnostic and statistical manual of mental disorders (5th ed.). Washington, DC Beck, A. T., Emery, G. (with Greenberg, R. L.) (2005): Anxiety Disorders and Phobias: A Cognitive Perspective. Rev. Ed. Basic Books, New York Coates, S. W. (2005): Having a Mind of One‘s Own and Holding the Other in Mind: Commentary on Paper by Peter Fonagy and Mary Target (1998). In: Aron, L., Harris, A. (Eds.): Relational psychoanalysis: Innovation and expansion. 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