eJournals Frühförderung interdisziplinär 41/4

Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/fi2022.art22d
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Originalarbeit: "Jetzt sehe ich, was mein Kind für Fortschritte macht!" - Wie verändern die "Bildungs- und Lerngeschichten" die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern?

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Corina Wustmann Seiler
Carina Kammerer
Arna Villiger
Im Rahmen von zwei Evaluationsstudien wurde in Schweizer Kindertageseinrichtungen der Frage nachgegangen, inwiefern das Beobachtungsverfahren der Bildungs- und Lerngeschichten (BULG) die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Eltern verändert. Dabei wurden längsschnittliche Auswirkungen der BULG auf die Zusammenarbeit und die Gesprächskultur zwischen Fachkräften und Eltern untersucht. Zudem wurden unterschiedliche soziale Faktoren (fremdsprachige Familien, niedriger Sozialindex der Kita, Risikobelastungen) einbezogen. Die Ergebnisse zeigten, dass die BULG zu einer Verbesserung in der Zusammenarbeit und Gesprächskultur insbesondere mit fremdsprachigen und sozial benachteiligten Familien beitragen können. Die Fachkräfte bewerteten die Veränderungen positiver als die Eltern.
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Frühförderung interdisziplinär, 41.-Jg., S.-184 - 198 (2022) DOI 10.2378/ fi2022.art22d © Ernst Reinhardt Verlag 184 ORIGINALARBEIT „Jetzt sehe ich, was mein Kind für Fortschritte macht! “ - Wie verändern die „Bildungs- und Lerngeschichten“ die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern? Ergebnisse aus zwei Evaluationsstudien in Kindertageseinrichtungen der Schweiz Corina Wustmann Seiler 1, 2 , Carina Kammerer 2 , Arna Villiger 2 1 Pädagogische Hochschule Zürich 2 Marie Meierhofer Institut für das Kind, Zürich Zusammenfassung: Im Rahmen von zwei Evaluationsstudien wurde in Schweizer Kindertageseinrichtungen der Frage nachgegangen, inwiefern das Beobachtungsverfahren der Bildungs- und Lerngeschichten (BULG) die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Eltern verändert. Dabei wurden längsschnittliche Auswirkungen der BULG auf die Zusammenarbeit und die Gesprächskultur zwischen Fachkräften und Eltern untersucht. Zudem wurden unterschiedliche soziale Faktoren (fremdsprachige Familien, niedriger Sozialindex der Kita, Risikobelastungen) einbezogen. Die Ergebnisse zeigten, dass die BULG zu einer Verbesserung in der Zusammenarbeit und Gesprächskultur insbesondere mit fremdsprachigen und sozial benachteiligten Familien beitragen können. Die Fachkräfte bewerteten die Veränderungen positiver als die Eltern. Schlüsselwörter: Lerngeschichten, Kindertageseinrichtungen, Zusammenarbeit, Eltern “Now I can see the growth my child is making! ” - How do learning stories change the teacher-parent partnership? Results from two evaluation studies in childcare centers in Switzerland Summary: In two evaluation studies in Swiss childcare centers, we investigated the extent to which the learning stories approach enhanced the parent-teacher partnership. Thereby, longitudinal effects of the learning stories on the cooperation and communication between teachers and parents were explored. In addition, different social factors (foreign-language families, low social index of the childcare center, child and parental risks) were included. The results showed that the learning stories can contribute to an improvement in cooperation and communication, especially with foreign-language and socially disadvantaged families. However, professionals rated the improvements in general more positively than parents. Keywords: Learning stories, Childcare centers, Cooperation, Parents Einleitung F ast alle Kindertageseinrichtungen (Kitas) weisen in ihrer Konzeption auf die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften hin. Auf fachlicher Ebene wird eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft gefordert, in der beide Bezugssysteme eng miteinander kooperieren, sich über ihr Handeln und ihre Haltungen austauschen und sich gegenseitig zum Wohl des Kindes unterstützen (Stange 2012, Textor 2009, Wustmann Seiler/ Simoni 2016). Dennoch zeigt sich in der Praxis, dass diese Forderung und ihre Umsetzung große Herausforderungen mit sich bringen. 185 FI 4/ 2022 Veränderung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft durch BULG? Das ressourcenorientierte Verfahren der Bildungs- und Lerngeschichten (BULG) hat zum Ziel, den Dialog zwischen Fachkräften und Eltern zu intensivieren (z. B. Carr 2001, Leu et al. 2007, Spirig Mohr 2011). Der Austausch über persönliche Lerngeschichten, über Interessen und Fortschritte des Kindes können Fachkräfte dabei methodisch-didaktisch unterstützen. Zentral ist hierbei, „dass das Kind seinen Platz im Zentrum des Austauschs zwischen Fachkräften und Eltern einnimmt“ (Messina 2019, 7). Der vorliegende Beitrag geht erstmals für Kitas in der Schweiz und längsschnittlich der Frage nach, ob die Arbeit mit den BULG die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Eltern stärkt und zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit beider Bezugssysteme beizutragen vermag. Bildungs- und Erziehungspartnerschaft Die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft verfolgt das Ziel, „in allen Lernumgebungen dem Kind bestmögliche Bildungs- und Entwicklungsbedingungen bereitzustellen“ (Wustmann Seiler/ Simoni 2016, 57). Zugleich besteht darin die Hoffnung, dass durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Kita und Eltern Entwicklungsrisiken und -auffälligkeiten von Kindern frühzeitig vorgebeugt (Hess 2011) sowie Eltern niederschwellig über die Fachkräfte für wichtige, gemeinsame Bildungs- und Erziehungsthemen erreicht werden können (Fröhlich-Gildhoff 2013). So sollen Fachkräfte und Eltern umfassend und verbindlich zusammenarbeiten sowie „auf Augenhöhe“ im Interesse des Kindes kooperieren (Stange 2012). Da gerade Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten und belasteten Familien einen großen Bedarf an Unterstützung und gezielter Förderung haben (Lanfranchi/ Sempert 2012), ist es besonders bedeutsam, einen guten Austausch zwischen Fachkräften und Eltern aufzubauen und zu pflegen. Eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft setzt jedoch voraus, dass sich Familie und Kita füreinander öffnen und sich regelmäßig über die Bildungs- und Erziehungsprozesse des Kindes austauschen. Die Zusammenarbeit muss daher in die pädagogische Alltagsgestaltung eingebettet und in Form von täglichen Tür- und Angelgesprächen, geplanten Entwicklungsgesprächen sowie Elternveranstaltungen kontinuierlich organisiert sein (Wustmann Seiler/ Simoni 2016). Die Verantwortung für die Initiative und Aufrechterhaltung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft liegt bei den pädagogischen Fachkräften, auch wenn sie nicht allein für das Gelingen verantwortlich sind. Sie müssen Offenheit und Verständnis für die vielfältigen Formen, Kulturen und Hintergründe der Familien aufzeigen. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit Eltern stellt für pädagogische Fachkräfte vielfach eine Herausforderung, teilweise sogar eine persönliche, zeitliche oder strukturell-organisatorische Überforderung dar (Viernickel et al. 2013). Zugleich kann sich eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Migrationsfamilien effektiv schwerer gestalten. Insbesondere Sprachbarrieren können hinderlich sein, in einen regelmäßigen Austausch zu gelangen. Auch unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen stellen Hürden für den Aufbau einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft dar (Textor 2006). Bildungs- und Lerngeschichten Systematische Bildungsbeobachtung und -dokumentation gehören zu den wichtigsten Aufgaben von pädagogischen Fachkräften im Frühbereich (Wustmann Seiler/ Simoni, 2016). Das gezielte Beobachten ermöglicht den Fachkräften, die aktuellen Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnisse eines Kindes zu erkennen und ihr pädagogisches Handeln darauf abzustimmen. Die Bildungs- und Lerngeschichten (BULG, 186 FI 4/ 2022 Corina Wustmann Seiler, Carina Kammerer, Arna Villiger Carr 2001, Leu et al. 2007, Wustmann Seiler/ Simoni 2013) sind als ressourcenorientiertes Verfahren anerkannt und weltweit in Kitas verbreitet. Ziel der BULG ist es, jedes Kind in seinem Selbstbild als kompetente/ r Lernende/ r zu unterstützen und darüber in einen Austausch im Team, mit dem Kind sowie mit den Eltern zu treten (Carr 2001). Das Verfahren wurde von Margaret Carr (2001) in Neuseeland entwickelt sowie vom Deutschen Jugendinstitut e.V. für den deutschen Sprachraum adaptiert und weiterentwickelt (Leu et al. 2007). Im Rahmen des Praxisforschungsprojektes Bildungs- und Resilienzförderung im Frühbereich am Marie Meierhofer Institut für das Kind wurden die BULG erstmals in 24 Kitas in der Deutschschweiz erprobt und für den Schweizer Kontext angepasst (Wustmann Seiler/ Simoni 2013). 1 Bei dem Verfahren beobachten die pädagogischen Fachkräfte die Kinder regelmäßig in ihrem Alltag, notieren und analysieren ihre Beobachtungen nach Lerndispositionen und überlegen gemeinsam im Team, was das Kind brauchen könnte, um in seinem Lernen voranzukommen („nächste Schritte“). Für das Kind werden die Beobachtungen und Reflexionen über seine Fähigkeiten und Interessen in einer Lerngeschichte, d. h. einem persönlichen Brief, wertschätzend dokumentiert. Beim Vorlesen der Lerngeschichte oder beim gemeinsamen Betrachten der Portfolios entstehen Dialoge zwischen Fachkraft und Kind. Die verschiedenen Dokumentationsformen (Lerngeschichten, Portfolios, Wanddokumentationen) dienen zudem als Grundlage für den Austausch mit den Eltern. In die Dokumentationsarbeit werden Kinder und Eltern aktiv einbezogen. Dabei steht im Vordergrund, den Eltern die Lernprozesse ihres Kindes aufzuzeigen, mit ihnen darüber ins Gespräch zu kommen (Integration der Lerngeschichten in Tür- und Angelgespräche sowie in regelmäßige Elterngespräche, Mitgabe der Lerngeschichten und Portfolios nach Hause) und somit eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Familie aufzubauen. Auswirkungen der Bildungs- und Lerngeschichten auf die Zusammenarbeit mit Eltern Empirische Befunde zu den Auswirkungen der BULG auf die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Eltern sind bislang dünn und wenig differenziert. Resultate aus Evaluationsstudien in Deutschland zeigen, dass die Arbeit mit den BULG positive Veränderungen bewirken kann. Im Projekt BeobAchtung und ErziehungsPartnerschaft wurde sichtbar, dass sich die pädagogischen Fachkräfte durch die BULG stärker mit den Lebenswelten der Kinder auseinandersetzten und ein tieferes Verständnis für unterschiedliche kulturelle, religiöse und sprachliche Hintergründe der Familien entwickelten (Weltzien 2009). In der Evaluation des Projektes Bildungs- und Lerngeschichten als Instrument zur Konkretisierung und Umsetzung des Bildungsauftrags im Elementarbereich des Deutschen Jugendinstituts e.V. (2007) nahmen nicht deutschsprachige Eltern mehr positive Veränderungen durch die BULG wahr als deutschsprachige Familien. In der Evaluation zur Einführung des Verfahrens der Bildungs- und Lerngeschichten in Einrichtungen der Eltern- Kind-Gruppen e.V. bescheinigten die pädagogischen Fachkräfte ebenfalls positive Veränderungen in der Zusammenarbeit mit den Eltern (Moritz et al. 2012, Zipperle/ Müller 2011). Der größte Nutzen wurde für die Vorbereitung und Durchführung von Elterngesprächen attestiert. So scheinen die Fachkräfte den Eltern mehr Informationen über ihr Kind und seine Entwicklungsprozesse zu geben. Eltern berichteten dagegen sowohl von positiven als auch von keinen besonderen Veränderungen durch die BULG. Dies bezog sich auch auf die Qualität der Elterngespräche: Nur 20 % der Eltern berichteten von Qualitätsverbesserungen. Knapp ein Drittel der Eltern gab an, durch die BULG zusätzliche Informationen über das eigene Kind, neue Einsichten in dessen Entwicklung oder zusätzliche Anregungen für den Umgang mit ihrem Kind zu erhalten. 187 FI 4/ 2022 Veränderung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft durch BULG? Forschungslücken und Fragestellung Bisherige Forschungsbefunde zu den Auswirkungen der BULG auf die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Eltern beziehen sich ausschließlich auf Einrichtungen in Deutschland. Dabei wurden bis anhin kaum verschiedene Belastungsfaktoren bei Eltern und Kindern sowie soziale Hintergründe in der Zusammensetzung der Kitas differenziert. Am ehesten wurden fremdsprachige Eltern unterschieden. Auch wurden die Auswirkungen der BULG nicht längsschnittlich untersucht, zumeist als ex-post-Evaluationen. Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen von zwei Evaluationsstudien erstmals Auswirkungen der BULG auf die Zusammenarbeit sowie die Gesprächskultur zwischen pädagogischen Fachkräften und Eltern in Kitas der deutschsprachigen Schweiz erforscht. Folgende Frage stand im Zentrum: Wie verändern die BULG die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Eltern? Dabei wurden einerseits unterschiedliche soziale Faktoren einbezogen und verschiedene Elterngruppen bzw. Kitakontexte differenziert: fremdsprachige Familien, Kitas mit einem niedrigen Sozialindex sowie elterliche Belastungen durch kind- und elternbezogene Risiken. Andererseits wurden die Perspektiven von Eltern und pädagogischen Fachkräften berücksichtigt. Drittens wurden sowohl quantitative, längsschnittliche als auch qualitative Methoden eingesetzt. Es wurde davon ausgegangen, dass die Arbeit mit BULG zu einer Verbesserung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Eltern beiträgt sowie beide Zielgruppen - Eltern und pädagogische Fachkräfte - die Gesprächskultur stärken- und ressourcenorientierter bewerten. Studie 1 Stichprobe Die Daten der Evaluationsstudie 1 wurden im Rahmen des Forschungsprojekts Bildungs- und Resilienzförderung im Frühbereich erhoben (z. B. Wustmann Seiler/ Simoni 2013, Wustmann et al. 2019). Für die Studie wurden Eltern und pädagogische Fachkräfte aus zwölf Kitas der deutschsprachigen Schweiz mittels standardisierter Fragebögen schriftlich befragt. Die Studie basierte auf einem längsschnittlichen Design mit zwei Erhebungszeitpunkten: Prä-Messung vor Einführung der BULG (t1: Oktober bis Dezember 2009) und Post- Messung nach einem Jahr (t2: Oktober bis Dezember 2010). Für die Teilnahme wurde ein Bewerbungsverfahren für Kitas lanciert. Voraussetzungen waren die Motivation des Teams sowie das Einverständnis des Trägers. Auf der Grundlage von leitfadengestützten Auswahlgesprächen wurden 12 Kitas in das Projekt aufgenommen. Die Implementierung beinhaltete Inhouse-Weiterbildungen (fünf Tage) sowie intensives Coaching (acht bis zwölf Tage). Im Rahmen des Coachings fanden Fallbesprechungen, Teamsitzungen und Einzelberatungen statt. Mit den Kitas wurde eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, welche einen Minimalstandard in der Umsetzung der BULG definierte, um eine möglichst einheitliche Umsetzung des Verfahrens zu gewährleisten (Wustmann Seiler/ Simoni 2013). Die Einrichtungen befanden sich alle in Städten oder Agglomerationsgemeinden in vier Kantonen der Schweiz. Etwas mehr als die Hälfte der Kitas (n = 7) waren in privater Trägerschaft, der Rest verteilte sich auf öffentlich-rechtliche oder andere Trägerschaften. Die Größe der Kitas reichte von einer bis sieben Gruppen. Alle Befragten wurden vorgängig informiert, dass die Daten anonymisiert und nur für Forschungszwecke verwendet werden. Der Elternfragebogen wurde in mehreren Sprachen angeboten und retourniert (Deutsch, Französisch, Englisch, Serbokroatisch, Spanisch). Die Rücklaufquoten waren akzeptabel (t1: 71,1 %; t2: 66,2 %). 200 Eltern füllten den Fragebogen zu beiden Erhebungszeitpunkten 188 FI 4/ 2022 Corina Wustmann Seiler, Carina Kammerer, Arna Villiger aus (t1: 84,0 % Mütter, 16,0 % Väter; t2: 88,2 % Mütter, 11,8 % Väter). Die Eltern waren zu t1 im Durchschnitt 36 Jahre alt (M = 36.11, SD = 4.96). Rund 72 % hatten Schweizer Nationalität (28 % eine andere Nationalität, hauptsächlich aus Südeuropa, Osteuropa, Südosteuropa/ Balkan/ Türkei sowie afrikanische oder südamerikanische Nationalitäten). Die meisten (88,5 %) lebten als Kernfamilie im Haushalt mit ein bis zwei Kindern (91,1 %), rund 11 % waren alleinerziehend. Knapp zwei Drittel (62,5 %) sprachen in der Familie Schweizerdeutsch, ein Drittel (32,5 %) gab Fremdsprachigkeit an und praktizierte eine oder mehrere andere Familiensprachen (nicht Schweizerdeutsch/ Hochdeutsch). Dazu zählten in erster Linie andere Landessprachen der Schweiz (Italienisch, Französisch, Rätoromanisch) sowie Spanisch, Portugiesisch, Serbisch, Albanisch und Türkisch. Rund 72 % der Eltern besaßen einen Hochschulabschluss. An der Befragung der pädagogischen Fachkräfte nahmen insgesamt 100 Fachpersonen im Alter zwischen 16 und 57 Jahren (M = 27.61, SD = 9.60) zu beiden Erhebungszeitpunkten (t1 und t2) teil. Von den Teilnehmenden waren 95 % weiblich. 83 % verfügten über Schweizer Nationalität. Die meisten Fachkräfte hatten zu t1 eine pädagogische Ausbildung (54,2 %; als Kleinkinderzieher/ in, Fachfrau / Fachmann Betreuung oder staatlich anerkannte/ r Erzieher/ in, 6,3 % über ein Hochschulstudium oder Lehrdiplom Kindergarten/ Primarstufe, 3,1 % über eine Ausbildung an einer Höheren Fachschule); 36,5 % besaßen keine abgeschlossene Qualifikation und waren als Lernende oder als Praktikant/ innen in der Kita tätig. Die Berufserfahrung der ausgebildeten Fachkräfte lag bei knapp 10 Jahren (M = 9.54, SD = 6.30). Das Anstellungspensum der Befragten betrug im Durchschnitt rund 84 % (M = 83.73, SD = 18.34). Der Rücklauf der Fragebögen war sehr zufriedenstellend (t1: 96,1 %; t2: 85,2 %). Erhebungsinstrumente Elternbefragung Die Eltern wurden zu den Auswirkungen der BULG auf sich selbst sowie zur Gesprächskultur zwischen Kita und Eltern befragt. Die Skala Positive Auswirkungen der BULG auf die Eltern wurde anhand von fünf Items erhoben, welche mit einer vierstufigen Skala (1 =trifft nicht zu, 4 =trifft zu) beantwortet wurden (z. B. „Durch das Beobachtungsverfahren der BULG fühle ich mich in der Erziehung gestärkt.“, „Durch das Beobachtungsverfahren der BULG erweitert sich der Blick auf mein Kind.“, „Ich werde in das Beobachtungsverfahren der BULG ausreichend einbezogen.“; eigenentwickelt in Anlehnung an Deutsches Jugendinstitut e.V. 2007). 2 Die Skala verfügte jeweils über eine gute interne Konsistenz (Cronbach’s Alpha; t1 = .71, t2 = .77). Die Gesprächskultur wurde zum einen anhand der Skala Stärkenorientierte Gespräche über das Kind mit drei Items erhoben (Cronbach’s Alpha; t1/ t2 = .77): z. B. „Durch die Gespräche mit den ErzieherInnen werde ich besonders auf die Stärken meines Kindes aufmerksam.“, „Durch die Gespräche mit den ErzieherInnen werde ich angeregt, genauer darauf zu achten, was mein Kind schon alles kann.“, „Die ErzieherInnen haben großes Interesse, uns Eltern mitzuteilen, was unser Kind in der Kita lernt.“ (in Anlehnung an Deutsches Jugendinstitut e.V. 2007). Zum anderen wurden Gesprächsthemen zwischen Eltern und Erzieher/ innen über zwei Skalen erfasst, welche mittels explorativer Faktoranalyse ermittelt 3 und jeweils über drei Items eingeschätzt wurden (1 = trifft nicht zu, 4 = trifft zu): Ressourcenorientierte Themen in Elterngesprächen (Cronbach’s Alpha; t1 = .84, t2 = .88; z. B. „Stärken des Kindes“, „Interessen des Kindes“, „Vorlieben des Kindes“) und Erziehungs- und Beratungsthemen in Elterngesprächen (Cronbach’s Alpha; t1 = .74, t2 = .78; z. B. „Beratung/ Erziehungsfragen“, „Erziehungsschwierigkeiten mit dem Kind“, „Persönliche Probleme“; in Anlehnung an Carr 2001; Dippelhofer-Stiem/ Kahle 1995, Deutsches Jugendinstitut e.V. 2007). Abschließend wurden 189 FI 4/ 2022 Veränderung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft durch BULG? die Eltern gefragt, wie sie die Arbeit mit dem Portfolio in der Kita bewerten. Die Skala Portfolioarbeit in der Kita bestand aus vier Items und wies eine sehr gute interne Konsistenz auf (Cronbach’s Alpha; t1 = .88, t2 = .78; 1 = trifft nicht zu, 4 = trifft zu; z. B. „Die Entwicklung und das Lernen meines Kindes werden in einem Ordner (Buch, Heft) festgehalten.“, „Der Ordner (Buch, Heft) steht uns Eltern zur Einsicht zur Verfügung.“, „Andere Berichte (z. B. Tagebücher, Rückmeldehefte, Fotosammlungen) werden zu unserem Kind geführt.“). 4 Die deskriptiven Kennwerte können Tabelle 1 entnommen werden. Fachkräftebefragung Die pädagogischen Fachkräfte wurden zu ihrer Einschätzung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Eltern sowie ebenfalls zu den Gesprächsthemen mit den Eltern befragt (vgl. Tab. 3). Die Skala Kooperative Zusammenarbeit mit den Eltern bestand aus fünf Items und zeigte eine sehr gute interne Konsistenz (Cronbach’s Alpha; t1/ t2 = .73; 1 = trifft nicht zu, 4 = trifft zu; z. B. „Die Zusammenarbeit mit den Eltern gestaltet sich oft schwierig (recodiert)“, „Die Eltern haben großes Interesse an dem, was wir in der Kita machen.“, „Die Zusammenarbeit mit den Eltern macht mir Spaß“; in Anlehnung an Deutsches Jugendinstitut e.V. 2007). 5 Die Gesprächsthemen wurden analog zu den Eltern über zwei Skalen erfasst (1 = trifft nicht zu, 4 = trifft zu): Ressourcenorientierte Themen in Elterngesprächen (3 Items; Cronbach’s Alpha; t1 = .76, t2 = .77; z. B. „Stärken des Kindes“, „Interessen des Kindes“, „Vorlieben des Kindes“) und Erziehungs- und Beratungsthemen in Elterngesprächen (6 Items; Cronbach’s Alpha; t1 = .74, t2 = .76; z. B. „Erziehungsschwierigkeiten mit dem Kind“, „Beratung der Eltern in Erziehungsfragen“, „Fragen der Eltern zur pädagogischen Arbeit in der Kita“). 6 Zusätzlich wurden die Fachpersonen zur Einschätzung ihrer Kommunikations- und Gesprächsführungskompetenz im Umgang mit Kindern und Eltern 7 anhand einer vierstufigen Antwortskala (1 = nicht kompetent, 4 = kompetent) befragt (4 Items; Cronbach’s Alpha; t1 = .74, t2 = .61; z. B. „Gesprächsführung mit den Eltern“, „Zusammenarbeit mit Eltern aus anderen Kulturen“, „Gesprächsführung mit den Kindern“). Soziale Faktoren Fremdsprachige Familien a Niedriger Sozialindex der Kita b Skalen t1 t2 t1 t2 Ja Nein Ja Nein Ja Nein Ja Nein Positive Auswirkungen der BULG auf die Eltern 2.82 (0.64) 2.63 (0.60) 2.75 (0.67) 2.61 (0.66) 2.85 (0.66) 2.63 (0.59) 2.89 (0.66) 2.57 (0.65) Stärkenorientierte Gespräche über das Kind 2.98 (0.78) 2.80 (0.67) 3.03 (0.76) 2.79 (0.68) 2.79 (0.75) 2.89 (0.69) 2.88 (0.77) 2.87 (0.69) Ressourcenorientierte Themen in Elterngesprächen 3.10 (0.72) 3.03 (0.55) 3.11 (0.71) 3.08 (0.58) 2.92 (0.75) 3.10 (0.55) 2.92 (0.66) 3.16 (0.60) Erziehungs- und Beratungsthemen in Elterngesprächen 2.31 (0.74) 2.12 (0.63) 2.36 (0.76) 2.08 (0.58) 2.20 (0.77) 2.18 (0.63) 2.24 (0.79) 2.14 (0.60) Portfolioarbeit in der Kita c 2.63 (1.22) 2.29 (1.17) 3.40 (0.80) 3.51 (0.70) 2.23 (1.21) 2.46 (1.18) 3.79 (0.51) 3.35 (0.77) Tab. 1: Deskriptive Kennwerte der einbezogenen Skalen aus der Elternbefragung von Studie 1 nach Zeitpunkt und sozialen Faktoren (Mittelwert, Standardabweichung) Anmerkungen: a n Fremdsprachig = 64, n Nicht-fremdsprachig = 135. b n Niedriger Sozialindex = 55, n Hoher Sozialindex = 144. c n Fremdsprachig = 40, n Nicht-fremdsprachig = 91, n Niedriger Sozialindex = 38, n Hoher Sozialindex = 93. 190 FI 4/ 2022 Corina Wustmann Seiler, Carina Kammerer, Arna Villiger Soziale Faktoren Zur Differenzierung der sozialen Hintergründe wurden bei der Elternbefragung zwei Faktoren einbezogen: (1) Fremdsprachige Familie (Familien, in denen kein Schweizerdeutsch/ Hochdeutsch gesprochen wird; 1 = Ja, 0 = Nein), (2) Niedriger Sozialindex der Kita 8 (sozio-ökonomische Zusammensetzung der Kinder und Familien in der Kita; 1 = Ja, Kinder und Familien stammen aus stark durchmischten und benachteiligten Verhältnissen, 0 = Nein, Kinder und Familien stammen aus gering durchmischten und privilegierten Verhältnissen). Bei der Fachkräftebefragung wurde nur der zweite Faktor (Niedriger Sozialindex der Kita) berücksichtigt. Statistische Analysen Die Datenanalysen erfolgten mit dem Statistikprogramm IBM SPSS 27. Dabei kamen zweifaktorielle Varianzanalysen mit Messwiederholung zum Einsatz. Ergebnisse Elternbefragung Die Eltern berichteten in fast allen Skalen von keinen markanten Veränderungen in der Zusammenarbeit mit der Kita zwischen erstem und zweitem Erhebungszeitpunkt (vgl. Tab. 2). Bei den positiven Auswirkungen der BULG auf sie als Eltern zeigte sich aber, dass Eltern aus Kitas mit einem niedrigen Sozialindex (große soziale Durchmischung und benachteiligte Verhältnisse; F [1; 197] = 9.94, p < .01, η 2 = .05) sowie Eltern aus fremdsprachigen Familien (F [1; 197] = 4.05, p < .05, η 2 = .02) zu beiden Zeitpunkten signifikant höhere Werte angaben als Eltern aus Kitas mit einem hohen Sozialindex (geringe Durchmischung und privilegierte Verhältnisse) sowie nicht fremdsprachige Eltern. Fremdsprachige Eltern bewerteten zudem zu beiden Zeitpunkten die Gespräche mit den pädagogischen Fachkräften über ihr Kind signifikant stärkenorientierter (F [1; 196] = 4.68, p < .05, η 2 = .02). Dafür Skalen F Fremdsprachige Familie (Haupteffekt) F Zeit (Haupteffekt) F Fremdsprachige Familie × Zeit (Interaktionseffekt) Effektstärke F Niedriger Sozialindex (Haupteffekt) F Zeit (Haupteffekt) F Niedriger Sozialindex × Zeit (Interaktionseffekt) Effektstärke df F-Wert p η 2 df F-Wert p η 2 Positive Auswirkungen der BULG auf die Eltern 1; 197 1; 197 1; 197 4.05 0.66 0.27 .046 .417 .606 .02 .00 .00 1; 197 1; 197 1; 197 9.94 0.02 1.03 .002 .881 .312 .05 .00 .01 Stärkenorientierte Gespräche über das Kind 1; 196 1; 196 1; 196 4.68 0.17 0.41 .032 .678 .521 .02 .00 .00 1; 196 1; 196 1; 196 0.20 0.48 1.38 .652 .490 .241 .00 .00 .01 Ressourcenorientierte Themen in Elterngesprächen 1; 197 1; 197 1; 197 0.44 0.44 0.20 .510 .510 .658 .00 .00 .00 1; 197 1; 197 1; 197 6.45 0.26 0.40 .012 .612 .528 .03 .00 .00 Erziehungs- und Beratungsthemen in Elterngesprächen 1; 197 1; 197 1; 197 7.22 0.01 1.05 .008 .936 .308 .04 .00 .01 1; 197 1; 197 1; 197 0.37 0.01 0.68 .542 .923 .411 .00 .00 .00 Portfolioarbeit in der Kita 1; 129 1; 129 1; 129 0.66 66.70 3.26 .419 .000 .073 .01 .34 .03 1; 129 1; 129 1; 129 0.51 100.31 7.38 .476 .000 .008 .00 .44 .05 Tab. 2: Vergleich der einbezogenen Skalen aus der Elternbefragung der Studie 1 nach sozialen Faktoren zu zwei Zeitpunkten (t1 - t2) Anmerkungen: df: Freiheitsgrade, p: Signifikanzniveau, η 2 : partielles Eta-Quadrat. 191 FI 4/ 2022 Veränderung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft durch BULG? berichteten Eltern aus Kitas mit einem hohen Sozialindex, dass in den Gesprächen mit den pädagogischen Fachkräften ressourcenorientierte Themen signifikant mehr vorkamen (F [1; 197] = 6.45, p < .05, η 2 = .03). Nur bei der Portfolioarbeit in der Kita zeigte sich ein signifikanter Zeiteffekt (F [1; 129] = 100.31, p < .001, η 2 = .44): Alle Eltern erkannten sichtbare Fortschritte in der Dokumentation kindlicher Bildungs- und Entwicklungsprozesse in der Kita. Diese positive Entwicklung berichteten verstärkt Eltern aus Kitas mit einem niedrigen Sozialindex (Interaktionseffekt F [1; 129] = 7.38, p < .01, η 2 = .05) und fremdsprachige Eltern (marginaler Interaktionseffekt F [1; 129] = 3.26, p < .10, η 2 = .03). Fachkräftebefragung Die pädagogischen Fachkräfte bewerteten die Zusammenarbeit mit den Eltern seit Einführung der BULG als signifikant kooperativer (F [1; 96] = 5.91, p < .05, η 2 = .06; vgl. Tab. 3). Auch berichteten sie von einer bedeutsamen Zunahme an ressourcenorientierten Themen in den Gesprächen mit den Eltern (F [1; 96] = 4.75, p < .05, η 2 = .05). Beide Entwicklungen wurden vor allem von pädagogischen Fachkräften aus Kitas mit einem niedrigen Sozialindex erwähnt (Kooperative Zusammenarbeit mit den Eltern: Interaktionseffekt F [1; 96] = 10.10, p < .01, η 2 = .10; Ressourcenorientierte Themen in Elterngesprächen: Interaktionseffekt F [1; 96] = 3.40, p < .10, η 2 = .03). In diesen Kitas zeigten sich in den Augen der Fachpersonen deutlichere Fortschritte als in den Kitas mit einem höheren Sozialindex. In Bezug auf Erziehungs- und Beratungsthemen in den Elterngesprächen wurden in den Angaben der pädagogischen Fachkräfte keine markanten Veränderungen über die Zeit sowie keine bedeutsamen Unterschiede im Hinblick auf den Sozialindex der Kita sichtbar. Unabhängig vom Sozialindex schätzten aber alle Fachkräfte ihre Kommunikations- und Gesprächsführungskompetenzen im Umgang mit Kindern und Eltern zum zweiten Erhebungszeitpunkt signifikant höher ein (F [1; 96] = 8.36, p < .01, η 2 = .08), d. h. sie nahmen sich selbst nach einem Jahr in ihren Kommunikationsfähigkeiten kompetenter wahr. Soziale Faktoren Niedriger Sozialindex der Kita F Niedriger Sozialindex (Haupteffekt) F Zeit (Haupteffekt) F Niedriger Sozialindex × Zeit (Interaktionseffekt) Skalen t1 t2 t1 t2 Ja Nein Ja Nein df F-Wert p η 2 Kooperative Zusammenarbeit mit den Eltern a 3.16 (0.55) 3.35 (0.48) 3.39 (0.46) 3.31 (0.52) 1; 96 1; 96 1; 96 0.62 5.91 10.10 .432 .017 .002 .01 .06 .10 Ressourcenorientierte Themen in Elterngesprächen a 3.72 (0.44) 3.79 (0.32) 3.88 (0.30) 3.81 (0.36) 1; 96 1; 96 1; 96 0.00 4.75 3.40 .969 .032 .068 .00 .05 .03 Erziehungs- und Beratungsthemen in Elterngesprächen b 2.92 (0.53) 2.83 (0.51) 2.85 (0.40) 2.80 (0.51) 1; 97 1; 97 1; 97 0.47 0.70 0.07 .496 .405 .790 .01 .01 .00 Kommunikations- und Gesprächsführungskompetenz im Umgang mit Kindern und Eltern a 3.19 (0.58) 3.21 (0.46) 3.37 (0.44) 3.31 (0.42) 1; 96 1; 96 1; 96 0.05 8.36 0.60 .825 .005 .440 .00 .08 .01 Tab. 3: Deskriptive Kennwerte und Vergleich der einbezogenen Skalen aus der Fachkräftebefragung von Studie 1 nach Zeitpunkt und Sozialindex der Kita (Mittelwert, Standardabweichung) Anmerkungen: a n Niedriger Sozialindex = 26, n Hoher Sozialindex = 72. b n Niedriger Sozialindex = 26, n Hoher Sozialindex = 73. 192 FI 4/ 2022 Corina Wustmann Seiler, Carina Kammerer, Arna Villiger Studie 2 Stichprobe Von 2017 bis 2020 wurden 42 Kitas in der deutschsprachigen Schweiz bei der Implementierung der BULG in ihre pädagogische Praxis durch das Marie Meierhofer Institut für das Kind begleitet und gecoacht. Die vorliegende Studie 2 war Teil einer Abschlussevaluation für die Roger Federer Foundation (Schlegel et al. 2020), welche einen Großteil der Weiterbildungskosten für die Einrichtungen subventionierte. Die Evaluation umfasste eine Methodenkombination aus quantitativen und qualitativen Ansätzen mit einem ex-post-Design. Von Oktober 2019 bis März 2020 wurden pädagogische Fachkräfte aus 18 Kitas zu ihren Veränderungen durch die BULG schriftlich befragt sowie Eltern aus sechs Kitas telefonisch interviewt. Zu diesem Zeitpunkt hatten sieben Kitas die 1½-jährige Weiterbildung bereits abgeschlossen, elf Einrichtungen befanden sich seit mindestens einem Jahr darin. Kitas, welche weniger als ein Jahr an der Weiterbildung partizipierten, wurden ausgeschlossen. Die Subvention erhielten ausschließlich Kitas, welche mindestens 50 % sozial- und bildungsbenachteiligte Kinder 9 zum Zeitpunkt der Bewerbung betreuten. Für die Abklärung mussten die Kitaleitungen einen Erhebungsbogen für all diejenigen Kinder anonymisiert ausfüllen, bei denen mindestens ein Risikofaktor vorlag. Kitas erhielten dann eine Zusage, wenn sie die Fördervoraussetzungen erfüllten sowie begünstigende Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung der BULG vorlagen (Motivation und Zustimmung der Kitaleitung, Trägerschaft und des Teams). Die Einführung der BULG umfasste drei Tage Inhouse-Weiterbildungen sowie vier Coachings im Rahmen von Fallbesprechungen sowie Gruppen- und Einzelberatungen. Die Einrichtungen verteilten sich auf sieben Kantone, wobei sich zehn Kitas in einer ländlichen und acht in einer Agglomerationsgemeinde bzw. Stadt befanden. Der Großteil der Kitas umfasste zwei bis drei Gruppen. Alle Beteiligten wurden über den Zweck der Studie und die Vorgaben der Anonymität informiert. Die halbstrukturierten Telefoninterviews fanden mit 15 Müttern und 2 Vätern statt. Die Eltern wurden von den Kitaleitungen vermittelt. 35 % der interviewten Eltern wurden als unbelastet, 29 % mit mindestens einem kindbezogenen Risikofaktor, 12 % mit mindestens einem elternbezogenen Risikofaktor sowie 24 % mit mindestens einem kind- und einem elternbezogenen Risikofaktor eingeschätzt. An der Online-Fragebogenerhebung über LimeSurvey nahmen 197 pädagogische Fachkräfte im Alter zwischen 15 und 60 Jahren (M = 28.24, SD = 8.50) teil. 80 % der Teilnehmenden gaben Schweizerdeutsch als (erste) Muttersprache an, 90 % der Beteiligten waren weiblich. Der Großteil verfügte über eine pädagogische Grundausbildung (69 % als Fachfrau/ Fachmann Betreuung, als Kleinkinderzieher/ in oder als Sozialpädagoge/ in), 31 % arbeiteten ohne abgeschlossene Ausbildung als Auszubildende/ r oder Praktikant/ in. Die Rücklaufquote war mit 76 % zufriedenstellend. Erhebungsinstrumente Die Erhebungsinstrumente wurden in Anlehnung an die Evaluation zur Einführung der BULG in Einrichtungen des Stuttgarter Eltern-Kind- Gruppen e.V. entwickelt (Moritz et al. 2012) und pilotiert. Elterninterviews Mit allen Elternteilen wurde ein 15 - 20-minütiges halbstrukturiertes, telefonisches Interview durchgeführt, das mit einem Aufnahmegerät dokumentiert wurde. Folgende Aspekte wurden dabei erfragt: Bewertung der BULG, wahrgenommene Veränderungen in Bezug auf den Austausch mit den pädagogischen Fachkräften, wahrgenommene Veränderungen in Bezug auf Informationen über Lernfortschritte und Interessen des Kindes sowie Einblicke in die Kita. 193 FI 4/ 2022 Veränderung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft durch BULG? Fachkräftebefragung Die Fachkräfte wurden zur Veränderung in der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern mittels zwei Variablen befragt: „Durch die Arbeit mit den BULG gibt es eine gute Grundlage beim Austausch mit Eltern“ sowie „Durch die Arbeit mit den BULG hat sich der Austausch mit Eltern verbessert“ (1 = stimmt nicht bis 4 = stimmt völlig). Die Variablen wurden jeweils in Bezug auf folgende drei Elterngruppen separat erfragt: (1) Eltern mit Migrationshintergrund bzw. mangelnden Sprachkenntnissen, (2) Eltern in schwieriger gesundheitlicher/ beruflicher Situation, (3) Eltern ohne spezielle Herausforderungen (insgesamt sechs Variablen). Statistische Analysen Die Elterninterviews wurden transkribiert und inhaltsanalytisch nach Mayring (2003) ausgewertet. Dabei wurden Kategorien gebildet und entsprechend den Nennungen ausgezählt. Folgende Kategorien wurden entwickelt: 1.) Der Austausch mit den Fachpersonen findet häufiger statt, 2.) Eltern schätzen die ressourcenorientierte Haltung, 3.) Eltern nehmen Fachpersonen als professioneller wahr, 4.) Eltern sind über die Interessen, Lernfortschritte ihrer/ s Kindes/ er besser informiert, 5.) Eltern werden in ihrer Perspektive auf ihr Kind bereichert. Die Angaben der Fachkräfte wurden deskriptiv mittels des Statistikprogramms R analysiert. Ergebnisse Elterninterviews 82 % der befragten Eltern berichteten von einer Zunahme des Austausches mit den pädagogischen Fachkräften. Bemerkbar sei dies daran, dass die Fachkräfte beim Bringen und Abholen der Kinder mehr über die Erlebnisse und Aktivitäten des Kindes im Alltag Auskunft geben. Als besonders hilfreich empfanden die Eltern die Dokumentationsformen Portfolio, Lerngeschichten und Wanddokumentationen, um sich die erlebten Situationen des Kindes besser vorstellen zu können. Darüber hinaus berichteten die Eltern positiv von speziellen Elternveranstaltungen zu den BULG, an welchen das Verfahren im Detail vorgestellt wurde. Diese hätten zu mehr Verständnis und einer höheren Wertschätzung der pädagogischen Arbeit in der Kita geführt, die sich „freiwillig (…) so viel Zusatzarbeit aufbürdet“ (Frau J, Mutter). 47 % der Eltern schilderten, dass ihnen der ganzheitliche und ressourcenorientierte Blick auf das Kind sehr zusage, welchen sie in den Lerngeschichten und in den „nächsten Schritten“ erkennen würden. Der Großteil der Eltern (82 %) berichtete, dass sie von den Lerngeschichten emotional sehr berührt seien. Eine Mutter führte ihre Gedanken dazu wie folgt aus: „Ich hab’ den Text einfach so, so schön verfasst gefunden und ich habe mir gedacht, als ich den gelesen habe, das kann nur wer schreiben, der mein Kind doch wirklich gerne hat.“ (Frau E, Mutter). 12 % der Eltern äußerten sich kritisch in Bezug auf die Qualität der Lerngeschichten und wünschten sich darin noch mehr reflektierte Außenperspektive der pädagogischen Fachkräfte. Fachkräftebefragung Der Großteil der Fachkräfte stimmte zu, mit den BULG über eine gute Grundlage für den Austausch mit den Eltern zu verfügen. Die deskriptiven Befunde zeigten, dass sich dies auf den Austausch mit allen Elterngruppen bezieht, unabhängig vom Belastungshintergrund. Für alle drei Elterngruppen lagen die Mittelwerte über dem theoretischen Mittelwert (Eltern mit Migrationshintergrund oder mangelnden Sprachkenntnissen: M = 3.30, SD = 0.78, N = 135; Eltern mit gesundheitlichen/ beruflichen Schwierigkeiten: M = 3.20, SD = 0.87; N = 132; Eltern ohne Belastungen: M = 3.44, SD = 0.74, N = 153). Das Ergebnis verweist auf eine durchschnittlich 194 FI 4/ 2022 Corina Wustmann Seiler, Carina Kammerer, Arna Villiger hohe Zustimmung der Fachkräfte. Die Mehrheit der Fachkräfte gab zudem positive Veränderungen durch die BULG in Bezug auf den Austausch mit den Eltern an. Diese positiven Entwicklungen wurden insbesondere für den Austausch mit fremdsprachigen Eltern berichtet (M = 3.71, SD = 0.84, N = 127; Eltern mit gesundheitlichen/ beruflichen Schwierigkeiten: M = 3.10, SD = 0.81, N = 126; Eltern ohne Belastungen: M = 3.32, SD = 0.76, N = 146) 10 . Diskussion Ziel war es, erstmals im Rahmen von zwei Evaluationsstudien in Schweizer Kitas zu untersuchen, welche Veränderungen sich durch die BULG in der Zusammenarbeit zwischen Kita und Eltern ergeben. Dabei wurden drei soziale Faktoren - fremdsprachige Familien, niedriger Sozialindex der Kita, elterliche und kindliche Belastungen - sowie die Perspektive von Eltern und pädagogischen Fachkräften einbezogen. Zudem wurde erstmalig längsschnittlich vorgegangen (Studie 1). Die Ergebnisse zeigten analog zu den bestehenden Evaluationen in Deutschland (Deutsches Jugendinstitut e.V. 2007, Moritz et al. 2012, Weltzien 2009), dass die BULG zu einer Verbesserung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Eltern beitragen können. Allerdings sind die Fortschritte als klein und differenziert zu betrachten. So fallen die Befunde in der Einschätzung der pädagogischen Fachkräfte deutlich positiver aus als aus der Perspektive der Eltern. In der längsschnittlichen Analyse (Studie 1) berichteten die Fachkräfte, dass die Zusammenarbeit mit den Eltern seit Einführung der BULG kooperativer ausfällt und mehr ressourcenorientierte Themen in den Gesprächen mit den Eltern vorkommen. Auch in Studie 2 stimmte die große Mehrheit der Fachkräfte den positiven Auswirkungen der BULG auf den Austausch mit den Eltern zu. In der Rückmeldung der Eltern fanden sich hingegen - ähnlich wie in der Evaluation von Moritz et al. (2012) - im Längsschnitt (Studie 1) weniger allgemeine, positive Veränderungen. Lediglich bei der Umsetzung der Portfolios und der Dokumentation kindlicher Bildungs- und Entwicklungsprozesse nahmen alle Eltern markante, positive Entwicklungen wahr. Etwas bejahender zeichnete sich das Bild in den qualitativen Elterninterviews (Studie 2) ab. Hier gab die große Mehrheit der befragten Eltern an, dass sich der Austausch mit den Fachkräften intensiviert habe, insbesondere bei den täglichen Tür- und Angelgesprächen. Aber auch spezifische Elternveranstaltungen hätten zu mehr Verständnis für die wertvolle pädagogische Arbeit in der Kita geführt. Kritisch wurde aber auch die Qualität der Lerngeschichten angesprochen, indem diese noch fachlich-reflektierter ausfallen könnten. Dieser Einwand fügt sich in die Studie von Knauf (2019) ein: In ihrer Analyse von über 300 Lerngeschichten machte die Autorin ebenfalls darauf aufmerksam, dass sich die Lerngeschichten in der Praxis in ihrer Intensität von Analyse und Reflexion stark unterscheiden (zwischen neutraler Beobachtung und kategorisierender Bewertung). Auffallend war in den vorliegenden Evaluationsstudien, dass sich die Zusammenarbeit und Gesprächskultur zwischen pädagogischen Fachkräften und Eltern insbesondere bei fremdsprachigen und benachteiligten Eltern deutlich verbesserten. Die Kooperation und ein ressourcenorientierter Austausch haben sich nach Einschätzung der Fachkräfte vor allem in Kitas mit einem höheren Anteil an Familien aus benachteiligten Verhältnissen intensiviert. Aus der Perspektive fremdsprachiger Eltern sowie von Eltern aus Kitas mit einem niedrigen Sozialindex war vor allem der Fortschritt in der Portfolioarbeit sichtbar. Die anschauliche Art der Dokumentation kindlicher Bildungs- und Lernprozesse scheint für solche Elterngruppen besonders ansprechend und zugänglicher als frühere Rückmeldungen aus der Kita. Beide 195 FI 4/ 2022 Veränderung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft durch BULG? Elterngruppen gaben zudem zu allen Zeitpunkten an, dass die BULG positive Auswirkungen auf sie selbst als Eltern zeigten, indem sie sich dadurch in ihrer Erziehung und in ihrem Blick auf ihr Kind gestärkt fühlten. Auch bewerteten fremdsprachige Eltern die Gespräche mit den pädagogischen Fachkräften stets stärkenorientierter als nicht fremdsprachige Eltern. Sie schätzen die neue Gesprächskultur sowie die Hinweise der Fachkräfte auf die Fähigkeiten, Interessen und Fortschritte ihres Kindes. Der Befund fügt sich in die Ergebnisse der Evaluation des Deutschen Jugendinstituts e.V. (2007) ein. Auch dort gaben zwei Drittel der fremdsprachigen Eltern an, dass der Austausch mit den Fachkräften seit Einführung der BULG positiver und stärkenorientierter sei. Sämtliche Befunde aus Deutschland und der Schweiz verweisen jedoch auf einen sehr kurzen Zeitraum ihrer Untersuchung (1 - 2 Jahre; Weltzien/ Viernickel 2012). Bis die Veränderungen auf allen Ebenen ankommen, benötigt es mehrere Jahre. Die Studie von Wustmann Seiler et al. (2019) bestätigte: Nach zwei Jahren Arbeit mit den BULG lassen sich deutliche Verbesserungen in der pädagogischen Qualität der Kitas nachweisen. In einer kurzen Fragebogenerhebung bei pädagogischen Fachkräften, die seit zehn Jahren mit den BULG arbeiteten, bescheinigten die Befragten ebenfalls eine langfristige Verbesserung der Kommunikation mit den Eltern und die große Bedeutung der BULG für die Vorbereitung von Elterngesprächen (Schlegel/ Spirig Mohr 2019). Die Eltern würden die verschiedenen Dokumentationsformen (Lerngeschichten, Portfolio) und die veränderte ressourcenorientierte Haltung der Fachkräfte enorm schätzen. Neben einer konstanten Umsetzung der BULG im Alltag braucht es nach Schneider (2019) vor allem Fachkräfte, die von den Lerngeschichten überzeugt sind und die Dokumentationsformen stetig in ihren Austausch mit den Eltern (Tür- und Angelgespräche, Entwicklungsgespräche, Elternveranstaltungen) einbeziehen. Es wäre wünschenswert, wenn solchen langfristigen Veränderungen in weiteren repräsentativen Studien nachgegangen werden könnte. Die vorliegenden Evaluationen weisen Einschränkungen auf. Erstens wurden der niedrige Sozialindex der Kita (Studie 1) sowie die Belastungshintergründe der Eltern (Studie 2) ausschließlich über die Kitaleitung erfasst, nicht über ein Risikoscreening bei den Eltern direkt. Zweitens wurden die Eltern für das Interview (Studie 2) nicht zufällig gewählt, sondern von den Kitaleitungen vermittelt. Damit könnten eher hoch motivierte Eltern beteiligt gewesen sein. Auch wenn erstmals Einschätzungen von Eltern und pädagogischen Fachkräften im Längsschnitt (im Prä-/ Post-Design) vorliegen, weisen drittens beide Studien einen kurzen Zeitraum in der Umsetzung der BULG auf (1 - 1,5 Jahre BULG). Einige Einrichtungen haben zu diesem Zeitpunkt möglicherweise erst damit begonnen, die BULG in den Austausch mit den Eltern zu integrieren. Die BULG können eine Brücke darstellen, eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Eltern im Alltag zu pflegen und zu verstärken. Sie können die Kooperation zum Wohle des Kindes „beleben“ und Zugangswege zu Familien schaffen, die mit „klassischen“ Methoden bislang schwerer erreichbar sind. Die persönlichen Lerngeschichten, die ansprechenden und kindgerechten Portfolios, das Feedback über Stärken und Fortschritte des Kindes sowie die gemeinsame Planung von „nächsten Schritten“ für das Kind stellen zentrale Eckpfeiler für eine gelingende Zusammenarbeit beider Bezugssysteme dar. Aber: Sie sind nicht der alleinige Indikator für eine funktionierende Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Dazu gehören beispielsweise auch andere Formen der Beteiligung und Mitwirkung von Eltern am Kitaalltag wie Elternbildungsveranstaltungen (z. B. offene Sprechstunden, Elternabende) und gemeinsame Feste sowie ein konstanter Austausch miteinander. 196 FI 4/ 2022 Corina Wustmann Seiler, Carina Kammerer, Arna Villiger Bedeutung für die Praxis Die BULG können ein bedeutender Türöffner für den Austausch zwischen Kita und Eltern sein, insbesondere mit solchen Eltern, welche stark belastet und über bisherige Zugänge nur schwer erreichbar sind. Zentrale Gelingensfaktoren sind eine ressourcenorientierte Haltung der pädagogischen Fachkräfte sowie regelmäßige Gespräche mit Eltern, in denen die kindlichen Aktivitäten und Lernprozesse anhand von Dokumentationen (wie Lerngeschichten und Portfolios) stärkenorientiert aufgezeigt werden. Eine von Beginn an vertrauensvolle und wertschätzende Zusammenarbeit zwischen Kita und Familien kann im Falle einer möglichen Entwicklungsverzögerung oder -beeinträchtigung eines Kindes wichtig sein, um frühzeitig gemeinsam weitere Unterstützungsmöglichkeiten einzuleiten. Hier können die BULG eine zentrale methodische Stütze in der Zusammenarbeit sein. Damit die BULG ihre Wirkung entfalten können, ist jedoch stets die Qualität der Umsetzung und die Verständlichkeit der Lerngeschichten entscheidend, damit alle Eltern angesprochen werden (Knauf 2018). Danksagung Wir danken allen Eltern und pädagogischen Fachkräften für ihre Teilnahme. Zudem danken wir Eliza Spirig Mohr und Annika Butters für ihre wertvollen Anregungen in der Entstehung des Manuskripts. Prof. Dr. Corina Wustmann Seiler Pädagogische Hochschule Zürich Lagerstr. 5 CH-8090 Zürich E-Mail: corina.wustmann@phzh.ch Carina Kammerer Arna Villiger Marie Meierhofer Institut für das Kind Pfingstweidstr. 16 CH-8005 Zürich E-Mail: kammerer@mmi.ch villiger@mmi.ch Anmerkungen 1 Kitas in der Deutschschweiz betreuen in der Regel jüngere Kinder im Alter von drei bzw. sechs Monaten bis zum Eintritt in den Kindergarten (mit ca. 4 - 5 Jahren). Die Betreuung findet zumeist in Teilzeit an zwei bis drei Tagen statt (hohe Quote an Teilzeitkindern). Das pädagogische Team umfasst sowohl ausgebildete Fachpersonen als auch Lernende und Praktikant/ innen. 2 Mittels explorativer Faktorenanalyse wurde die Faktorenstruktur der Skala überprüft: Hauptkomponentenanalyse, oblique Rotation Promax, Kappa = 4; t1: KMO-Koeffizient = 0.67; Bartlett-Test p < .001; R 2 = 47.21 %, Faktorladungen = .51 - .82; t2: KMO- Koeffizient = 0.72; Bartlett-Test p < .001; R 2 = 52.38 %, Faktorladungen = .50 - .83. 3 Hauptkomponentenanalyse, oblique Rotation Promax, Kappa = 4; t1: KMO-Koeffizient = 0.77; Bartlett- Test p < .001; R 2 = 70.60 %, Faktorladungen = .71 - .89; t2: KMO-Koeffizient = 0.77; Bartlett-Test p < .001; R 2 = 75.35 %; Faktorladungen = .78 - .89 4 Hauptkomponentenanalyse, oblique Rotation Promax, Kappa = 4; t1: KMO-Koeffizient = 0.76; Bartlett- Test p < .001; R 2 = 73.83 %, Faktorladungen = .79 - .91; t2: KMO-Koeffizient = 0.64; Bartlett-Test p < .001; R 2 = 63.23 %; Faktorladungen = .60 - .91. 5 Hauptkomponentenanalyse, oblique Rotation Promax, Kappa = 4; t1: KMO-Koeffizient = 0.69; Bartlett- Test p < .001; R 2 = 49.07 %, Faktorladungen = .48 - .82; t2: KMO-Koeffizient = 0.69; Bartlett-Test p < .001; R 2 = 48.29 %; Faktorladungen = .55 - .76. 6 Hauptkomponentenanalyse, oblique Rotation Promax, Kappa = 4; t1: KMO-Koeffizient = 0.79; Bartlett- Test p < .001; R 2 = 52.33 %, Faktorladungen = .54 - .86; t2: KMO-Koeffizient = 0.73; Bartlett-Test p < .001; R 2 = 55.52 %; Faktorladungen = .57 - .88. 7 Hauptkomponentenanalyse, oblique Rotation Promax, Kappa = 4; t1: KMO-Koeffizient = 0.72; Bartlett- Test p < .001; R 2 = 56.21 %, Faktorladungen = .64 - .81; t2: KMO-Koeffizient = 0.64; Bartlett-Test p < .001; R 2 = 46.66 %; Faktorladungen = .59 - .89. 8 Der Sozialindex der Kita wurde über die Kitaleitung erfasst: „Wie ist der soziale Hintergrund der Kinder und Familien in Ihrer Kita? “ (1 = Eher aus privilegierten und kaum durchmischten Verhältnissen, 2 = Eher aus sehr durchmischten und benachteiligten Verhältnissen). 9 Als Faktoren für sozial und bildungsbenachteiligte Kinder galten: Kindbezogene Risikofaktoren wie Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsverzögerungen und Behinderungen sowie eltern- und umgebungsbezogene Risikofaktoren wie Migration und geringe mündliche Kompetenzen in Deutsch, psychosoziale Belastungen oder niedriges Familieneinkommen (Stamm et al. 2011). 197 FI 4/ 2022 Veränderung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft durch BULG? 10 Eine hohe Anzahl Fachkräfte hat die Fragen als nicht beurteilbar beantwortet. So führen Praktikant/ innen und Auszubildende in der Regel kaum Elterngespräche durch. Zudem standen einige Einrichtungen noch am Anfang, die BULG in Elterngespräche zu integrieren. Literatur Carr, M. (2001): Assessment in early childhood settings. Learning stories. SAGE Publications, London u. a. Deutsches Jugendinstitut e.V. (2007): Abschlussbericht des Projekts „Bildungs- und Lerngeschichten als Instrument zur Konkretisierung und Umsetzung des Bildungsauftrags im Elementarbereich”. München, Eigenverlag. In: https: / / www.dji.de/ fileadmin/ user_ upload/ bildung-lerngeschichten/ BuLG_Abschluss bericht.pdf, 22. 11. 2021 Dippelhofer-Stiem, B., Kahle, I. (1995): Die Erzieherin im evangelischen Kindergarten. Empirische Analysen zum professionellen Selbstbild des pädagogischen Personals, zur Sicht der Kirche und zu den Erwartungen der Eltern. Kleine, Bielefeld Fröhlich-Gildhoff, K. 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