eJournals Frühförderung interdisziplinär 41/4

Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/fi2022.art25d
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2022
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Rezension: Ferdinand Klein Waldorfpädagogik in Krippe und Kita. Einblick in eine ganzheitliche Praxis, die jedem Kind seinen individuellen Lebensweg ermöglicht

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Gerhard Neuhäuser
Wie allgemein bekannt, muss Inklusion in der frühen Kindheit beginnen, um für das Leben wirksam zu sein. Kinder wollen erkunden, erfahren und lernen, sie müssen aber auch gefördert werden, um späteren Anforderungen gerecht werden zu können. Dabei ist die Umwelt, sind die Interaktionen mit Eltern und Erziehern von zentraler Bedeutung. Welche pädagogischen Methoden am besten geeignet sind, wird kontrovers diskutiert, dabei hat die Waldorfpädagogik sich seit hundert Jahren offensichtlich bewährt und einen festen Platz gefunden. Sie sei ein wenig lebensfremd und esoterisch, sagen zwar ihre Kritiker, dass sie allumfassend und ganzheitlich ausgerichtet ist, wird aber nicht bestritten. Um zu einem Urteil zu kommen, müssen Erfahrungen gesammelt werden, wie sie im vorliegenden Büchlein von einem „Altmeister“ der Vorschul- bzw. Behindertenpädagogik und Frühförderung eindrucksvoll beschrieben sind. Er hat sich seit Jahren bemüht, den Dialog zwischen verschiedenen „Schulen“ zu pflegen und die Gedanken von Rudolf Steiner, wie auch von Janusz Korczak oder Maria Montessori, in seine an der Praxis orientierten Darstellungen eingebracht. So gelingt es ihm überzeugend, eine spezifisch kindzentrierte Haltung des Erziehers zu fordern: Dem Kind soll „auf Augenhöhe“ zur Entfaltung bzw. bei der Entwicklung seiner Fähigkeiten (Potenziale) verholfen werden. Dies setzt eine intensive Selbsterziehung voraus, für deren Grundlegung anthroposophische Erkenntnisse besonders wertvoll sind.
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219 FI 4/ 2022 REZENSION Ferdinand Klein Waldorfpädagogik in Krippe und Kita. Einblick in eine ganzheitliche Praxis, die jedem Kind seinen individuellen Lebensweg ermöglicht BurckhardtHaus c/ o Körner- Medien UG, Freiburg, 2022. 161 S., kart., € 25,- Wie allgemein bekannt, muss Inklusion in der frühen Kindheit beginnen, um für das Leben wirksam zu sein. Kinder wollen erkunden, erfahren und lernen, sie müssen aber auch gefördert werden, um späteren Anforderungen gerecht werden zu können. Dabei ist die Umwelt, sind die Interaktionen mit Eltern und Erziehern von zentraler Bedeutung. Welche pädagogischen Methoden am besten geeignet sind, wird kontrovers diskutiert; dabei hat die Waldorfpädagogik sich seit hundert Jahren offensichtlich bewährt und einen festen Platz gefunden. Sie sei ein wenig lebensfremd und esoterisch, sagen zwar ihre Kritiker, dass sie allumfassend und ganzheitlich ausgerichtet ist, wird aber nicht bestritten. Um zu einem Urteil zu kommen, müssen Erfahrungen gesammelt werden, wie sie im vorliegenden Büchlein von einem „Altmeister“ der Vorschulbzw. Behindertenpädagogik und Frühförderung eindrucksvoll beschrieben sind. Er hat sich seit Jahren bemüht, den Dialog zwischen verschiedenen „Schulen“ zu pflegen und die Gedanken von Rudolf Steiner, wie auch von Janusz Korczak oder Maria Montessori, in seine an der Praxis orientierten Darstellungen eingebracht. So gelingt es ihm überzeugend, eine spezifisch kindzentrierte Haltung des Erziehers zu fordern: Dem Kind soll „auf Augenhöhe“ zur Entfaltung bzw. bei der Entwicklung seiner Fähigkeiten (Potenziale) verholfen werden. Dies setzt eine intensive Selbsterziehung voraus, für deren Grundlegung anthroposophische Erkenntnisse besonders wertvoll sind. Klein hat in den letzten Jahren mehrere Monografien zur Vorschulpädagogik verfasst; der vorliegende „Einblick“ ist gewissermaßen ein Vermächtnis, er plädiert für „ganzheitliche Praxis“ und individuelle Beziehungsgestaltung. Im Geleitwort von Götz Kaschubowski wird der enge Bezug zur anthroposophisch-sozialtherapeutischen Praxis betont. Einführende Denkanstöße befassen sich mit dem geisteswissenschaftlichen Hintergrund und schildern die Bemühungen Rudolf Steiners für die Reformpädagogik des vorigen Jahrhunderts. Einfühlsam und ohne ideologischen Überbau werden in einem Kapitel die Voraussetzungen der „Menschenkunde“ für die Waldorferziehung geschildert, die auf Goethes Vorstellungen von der Metamorphose zurückgehen und diese als Grundlage von Entwicklung ansehen. Impulse für die Erziehung sind „Eilen und Beschleunigung die Stirn bieten, Haltungskompetenzen lernen, und mit der Farbe der Liebe dem Leib des Kindes von Anfang an Gutes tun“. Im Sinn der Menschenkunde, die Siebenjahresepochen unterscheidet, ist deren erste mit Nachahmung und Resonanzbedürfnis besonders wichtig: „Das Kind gestaltet aus seinem inneren Kraftzentrum seine Individualität im Bereich des Denkens, Vorstellens und Sprechens, des Fühlens und Wollens (Handeln).“ Das bei der Lektüre in vieler Hinsicht, auch durch Zitate und Abbildungen recht anregende Büchlein schließt mit ganz praktischen Hinweisen und entsprechenden Beispielen. Dabei wird auch die Rolle von Karl König, dem Begründer der Camphill-Bewegung herausgestellt, der wichtige humanistisch-christliche Impulse für ein von Klein propagiertes handlungsbezogenes Handeln der Erziehenden gegeben hat. Das auch durch sein Layout besondere Buch ist ein persönliches Bekenntnis; es vermittelt dabei wichtige Impulse für alle, die sich mit der Erzie- 220 FI 4/ 2022 Rezension hung von Kindern in den ersten Lebensjahren befassen, auch für die interdisziplinäre Frühförderung. Es hilft, im Sinn der Selbsterziehung den eigenen Standpunkt zu begründen und dem Kind „vom Ich zum Ich“ zu begegnen. Dann wird auch Inklusion ganz selbstverständlich realisiert und erfolgreich sein. Gerhard Neuhäuser, Linden DOI 10.2378/ fi2022.art25d a www.reinhardt-verlag.de Edith Müller-Rieckmann Das frühgeborene Kind in seiner Entwicklung Eine Elternberatung 7., akt. Aufl. 2022. 160 Seiten. (978-3-497-03160-3) kt Eltern brauchen während und nach der klinischen Betreuung von Frühgeborenen gezielte Beratung. Das Präventivmodell von Edith Müller- Rieckmann berücksichtigt vielfältige Aspekte: somatopsychische, psychosoziale, frühpädagogische, entwicklungsdiagnostische und -psychologische. Wertvolles Kernstück des Buches ist ein Beobachtungsbogen, mit dem die Entwicklung des frühgeborenen Kindes jedes Gestationsalters in differenzierten Entwicklungs- und Verhaltensbereichen über die ersten Jahre hinweg festgehalten werden kann. Eine Fülle von Förderideen zu verschiedenen Förderbereichen rundet das Buch ab. Neu in der 7. Auflage: Zentrale Themen wie Operation, Narkose und Händigkeit werden anhand neuer Fallbeispiele analysiert. Frühgeborene optimal betreuen