eJournals Frühförderung interdisziplinär 42/2

Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2023
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Rezension: Markus Wilken: Frühkindliche Nahrungsverweigerung. Ursachen verstehen und Behandlungswege finden

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2023
Mirjam Hilgerloh
Kinder mit Fütterstörung und Sondendependenz begegnen uns im therapeutischen Alltag immer häufiger und stellen uns aufgrund ihrer komplexen Erscheinungsbilder vor große Herausforderungen. So ist der interessierte Therapeut immer auf der Suche nach neuen Erkenntnissen und Therapieansätzen zu diesem Störungsbild und folglich neugierig auf die Veröffentlichung dieses Buches. Markus Wilken ist sowohl national als auch international einer DER Fachleute in diesem speziellen Therapiebereich und bekannt durch Publikationen in Fachzeitschriften, Fortbildungen und seinem eigenen Therapieansatz. „Kernanliegen dieses Buches ist, die Entwicklung von Fütterstörung und Sondendependenz verständlich zu machen.“ (S. 231) Dafür nutzt der Autor Erkenntnisse aus der Theorie Freuds, der Bindungsforschung, Neurowissenschaft und Traumatheorie. Er erklärt Ursprünge und Verhaltensweisen von frühkindlicher Nahrungsverweigerung und erweitert durch seinen Beitrag den Blick und das Verständnis auf dieses komplexe Störungsbild.
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98 FI 2/ 2023 Rezensionen wichtig für die Schulfähigkeit sind, aber nicht getrennt voneinander zu fördern sind. Vielmehr die ganzheitliche Förderung aller Bereiche scheint sinnvoll. Der Eltern-Ratgeber ist zu empfehlen, wenn sich Eltern mit viel Engagement für die Förderung des Vorschulkindes interessieren. Dabei kann der Lesende ebenso in die Thematik eintauchen als auch die erfahrenen Eltern in den Querverweisen weiteres Material zum Nachlesen finden. Philip Minkenberg DOI 10.2378/ fi2023.art11d Markus Wilken: Frühkindliche Nahrungsverweigerung Ursachen verstehen und Behandlungswege finden Psychosozial-Verlag, 1. Aufl 2022, 275 S., € 32,90 Kinder mit Fütterstörung und Sondendependenz begegnen uns im therapeutischen Alltag immer häufiger und stellen uns aufgrund ihrer komplexen Erscheinungsbilder vor große Herausforderungen. So ist der interessierte Therapeut immer auf der Suche nach neuen Erkenntnissen und Therapieansätzen zu diesem Störungsbild und folglich neugierig auf die Veröffentlichung dieses Buches. Markus Wilken ist sowohl national als auch international einer DER Fachleute in diesem speziellen Therapiebereich und bekannt durch Publikationen in Fachzeitschriften, Fortbildungen und seinem eigenen Therapieansatz. „Kernanliegen dieses Buches ist, die Entwicklung von Fütterstörung und Sondendependenz verständlich zu machen.“ (S. 231) Dafür nutzt der Autor Erkenntnisse aus der Theorie Freuds, der Bindungsforschung, Neurowissenschaft und Traumatheorie. Er erklärt Ursprünge und Verhaltensweisen von frühkindlicher Nahrungsverweigerung und erweitert durch seinen Beitrag den Blick und das Verständnis auf dieses komplexe Störungsbild. Das Buch ist in drei Teile gegliedert: die Entwicklung der Oralität, die frühkindliche Nahrungsverweigerung und die Entwicklungsdynamik der Nahrungsaversion. Im ersten Teil des Buches beschreibt der Autor die große Bedeutung oraler Erfahrung für die emotionale und physiologische (Ess-)Entwicklung sowie die Wechselwirkung zwischen Oralität und Bindungsentwicklung. Es wird klar, welch wichtige Rolle der Autor Affekten beim Verständnis der Nahrungsverweigerung zuschreibt. Entsprechend zieht sich die Affektbeschreibung wie ein roter Faden durch das gesamte Buch. Im zweiten und deutlich umfangreicheren Teil nimmt Markus Wilken Symptome und Formen der Nahrungsverweigerung in den Fokus. Er stellt anschaulich und kritisch das Problem der Klassifikation von Fütterstörung dar und empfiehlt den Blick auf das Kind zu richten und bei der Beurteilung die Verhaltensbeschreibung mit der Beziehungsorientierung zu kombinieren und nicht eine der beiden Sichtweisen auszuschließen. Er widmet sich ausführlich der Sondendependenz, stellt diese der Fütterstörung gegenüber, macht den Vorschlag einer Definition und lädt ein zur weiteren klinisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu diesem Thema, bei dem noch viel Forschungsbedarf besteht. Beiden Störungsbildern gemeinsam ist, dass es den Blick über die eigene Profession hinaus braucht, um das komplexe Geschehen kompetent begleiten zu können. „Das erfordert von jedem Therapeuten, der sich dem Thema annähert, eine Ausweitung der therapeutischen Komfortzone.“ (S. 122) Im dritten und längsten Teil des Buches zeigt Wilken die Entstehung der Nahrungsaversion durch fehlende Entwicklungsimpulse, -blockaden oder 99 FI 2/ 2023 Rezensionen -zusammenbruch durch Trauma auf. Anhand konkreter Beispiele aus der Praxis veranschaulicht er komplexe neuropsychologische Abläufe im Körper und macht damit neurowissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere der Polyvagaltheorie für den Leser gut verständlich. Er stellt nachvollziehbar den Zusammenhang zwischen autonomem Nervensystem und Fütterstörung/ Sondendependenz dar und drückt damit eine Kernaussage des Buches aus. Wilken postuliert ein entsprechend traumasensibles Vorgehen in der Therapie. Wie genau dies im Kontext Fütterstörung aussehen kann, bleibt uns der Autor aber schuldig. Das letzte Kapitel, das die vage Überschrift „Therapeutische Synthese: Das Wissen in die Therapie mitnehmen“ trägt, beschreibt keinerlei konkrete Vorgehensweise. Es bleibt bei einem Aufgreifen der bisherigen Inhalte und einer Haltungsbeschreibung des Therapeuten gegenüber dem Kind und den Eltern. Innerhalb weniger Seiten ist dieses Kapitel abgehandelt. So gut es Markus Wilken in den vorherigen 230 Seiten gelungen ist, dem Leser die Entstehungsgeschichte und Wirkzusammenhänge von frühkindlicher Nahrungsverweigerung verständlich und in flüssig lesbarem Schreibstil zu erklären, so ratlos und abrupt lässt er den Leser am Ende zurück. Erfahrenen Therapeuten mögen sich neue Perspektiven und Impulse für Therapieansätze eröffnen, für Einsteiger und Interessierte wären konkrete Interventionen und Therapieschritte wünschenswert gewesen. Mirjam Hilgerloh DOI 10.2378/ fi2023.art12d Agathe Israel, Cecilia Enriquez de Salamanca (Hg.): Baby, Familie, Beobachter*in Subjektive Prozesse in der Säuglingsbeobachtung Jahrbuch für teilnehmende Säuglings- und Kleinkindbeobachtung Psychosozial-Verlag 2021, 101 S., € 19,90 Mit ihrem „Geniestreich“ der Säuglingsbeobachtung (Harris 1983) hat Esther Bick uns, die wir als Psychotherapeut*innen, Erzieher*innen, Pädagog*innen, Ärzt*innen, Hebammen, Sozialarbeiter*innen mit Kindern und ihren Familien arbeiten, eine einmalige Lernerfahrung ermöglicht, in der wissenschaftliche Objektivität und emotionale Erfahrungen der Beobachter*innen zusammenkommen. Dieses Zitat stelle ich an den Anfang meiner Rezension des Buches „Baby, Familie, Beobachter*in, weil es Wesentliches der Säuglingsbeobachtung („Infant Observation“) - nämlich Säuglingsbeobachtung: wer und wozu? - prägnant zusammenfasst: Nicht nur in Psychotherapie und Beratung, sondern auch im pädagogisch-sozialen und medizinischen Bereich lässt sich Säuglingsbeobachtung trefflich in Aus- und Weiterbildung zur professionellen und persönlichen Entwicklung nutzen. Das schlanke Buch eröffnet die Reihe des Jahrbuchs für teilnehmende Säuglings- und Kleinkindbeobachtung. Es enthält Vorträge der 8. Tagung „Wie erleben und gebrauchen das Baby und die Familie die Beobachter*in als Dritte sowie die Vorstellung einer zweijährigen Säuglingsbeobachtung. In der Vorbemerkung rollen die Herausgeberinnen Geschichte und Entwicklung der „Infant Observation“ in Großbritannien und Deutschland auf. Dies beinhaltet die Würdigung der Verdienste für Praxis und Theoriebildung von Esther Bick, die 1964, im Rahmen von John Bowlbys Auftrag zur