Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2024
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Originalarbeit: Vorlesepraktiken von Eltern tauber und schwerhöriger Kinder
71
2024
Nora Eisinger
Mabu Aghaei
Claudia Becker
Swantje Marks
Anne Stutzer
Christian Müller
Laura Avemarie
Taube/schwerhörige (tb/sh) Kinder sind verglichen mit hörenden Kindern im Spracherwerb besonders gefährdet. Wenngleich das Potenzial des Vorlesens für die Sprachentwicklung tb/sh Kinder belegt ist, liegen bislang nur wenige Studien zu Vorlesepraktiken von Eltern tb/sh Kinder in Laut- und Gebärdensprachen vor. Das Forschungsprojekt ReaDi setzt an diesem Forschungsdesiderat an und nimmt erstmals die Vorlesepraktiken von Eltern tb/sh Kinder in Deutschland in den Blick. Mithilfe einer Onlinebefragung wurden die (sprachförderlichen) Vorlesepraktiken, Herausforderungen und Bedarfe von tb/sh und hörenden Eltern (N=68) tb/sh Kinder im vorschulischen Alter erfasst. Zur Analyse von Einflussfaktoren auf die Vorlesedauer, die Verwendung sprachförderlicher Vorlesepraktiken und das Kompetenzerleben wurden neben soziodemografischen Merkmalen (inkl. Angaben zur Tb/Sh) Informationen zur Home Literacy Environment (HLE), zu den Vorlesemotivatoren der Eltern und zu den kommunikativen Kompetenzen des Kindes erhoben. Neben deskriptiven Analysen wurden die Daten mittels Varianz- und Regressionsanalysen ausgewertet. In den Vorlesepraktiken von Eltern tb/sh Kinder lässt sich eine Reihe an Besonderheiten im Kontext der Tb/Sh identifizieren, wie z.B. die Wahl der Sitzposition. Mit einer Vorlesedauer von knapp drei Stunden pro Woche können die Eltern der vorliegenden Stichprobe als vorleseaffin beschrieben werden. Dabei ziehen sie printmediale Bilderbücher digitalen Bilderbüchern vor. Beeinflusst wird die Vorlesedauer insbesondere von der HLE und nicht vom formalen Bildungshintergrund der Eltern. Der Einsatz sprachförderlicher Vorlesepraktiken hängt vor allem von den Vorlesemotivatoren ab, hingegen das elterliche Kompetenzerleben von den erlebten Herausforderungen in der Vorlesesituation.
1_043_2024_003_0135
135 Frühförderung interdisziplinär, 43.-Jg., S.-135 - 154 (2024) DOI 10.2378/ fi2024.art13d © Ernst Reinhardt Verlag Vorlesepraktiken von Eltern tauber und schwerhöriger Kinder Nora Eisinger, Mabu Aghaei, Claudia Becker, Swantje Marks, Anne Stutzer, Christian Müller, Laura Avemarie Zusammenfassung: Taube/ schwerhörige (tb/ sh) Kinder sind verglichen mit hörenden Kindern im Spracherwerb besonders gefährdet. Wenngleich das Potenzial des Vorlesens für die Sprachentwicklung tb/ sh Kinder belegt ist, liegen bislang nur wenige Studien zu Vorlesepraktiken von Eltern tb/ sh Kinder in Laut- und Gebärdensprachen vor. Das Forschungsprojekt ReaDi setzt an diesem Forschungsdesiderat an und nimmt erstmals die Vorlesepraktiken von Eltern tb/ sh Kinder in Deutschland in den Blick. Mithilfe einer Onlinebefragung wurden die (sprachförderlichen) Vorlesepraktiken, Herausforderungen und Bedarfe von tb/ sh und hörenden Eltern (N = 68) tb/ sh Kinder im vorschulischen Alter erfasst. Zur Analyse von Einflussfaktoren auf die Vorlesedauer, die Verwendung sprachförderlicher Vorlesepraktiken und das Kompetenzerleben wurden neben soziodemografischen Merkmalen (inkl. Angaben zur Tb/ Sh) Informationen zur Home Literacy Environment (HLE), zu den Vorlesemotivatoren der Eltern und zu den kommunikativen Kompetenzen des Kindes erhoben. Neben deskriptiven Analysen wurden die Daten mittels Varianz- und Regressionsanalysen ausgewertet. In den Vorlesepraktiken von Eltern tb/ sh Kinder lässt sich eine Reihe an Besonderheiten im Kontext der Tb/ Sh identifizieren, wie z. B. die Wahl der Sitzposition. Mit einer Vorlesedauer von knapp drei Stunden pro Woche können die Eltern der vorliegenden Stichprobe als vorleseaffin beschrieben werden. Dabei ziehen sie printmediale Bilderbücher digitalen Bilderbüchern vor. Beeinflusst wird die Vorlesedauer insbesondere von der HLE und nicht vom formalen Bildungshintergrund der Eltern. Der Einsatz sprachförderlicher Vorlesepraktiken hängt vor allem von den Vorlesemotivatoren ab, hingegen das elterliche Kompetenzerleben von den erlebten Herausforderungen in der Vorlesesituation. Schlüsselbegriffe: Vorlesen, Taubheit, Schwerhörigkeit, Inklusion, Bilderbücher Shared book reading practices of parents of deaf and hard of hearing children Summary: Deaf/ hard of hearing (DHH) children are particularly vulnerable compared to hearing children with regards to language acquisition. Although the potential of shared book reading to DHH children for language development has been proven, only few studies on the shared book reading practices of parents of DHH children in spoken and sign languages have been available so far. The research project ReaDi addresses this research desideratum and for the first time takes a look at the shared book reading practices of parents of DHH children in Germany. By means of an online survey, the (language-enhancing) shared book reading practices, the challenges and the needs of DHH and hearing parents (N = 68) of DHH children of preschool age were recorded. Information on the home literacy environment (HLE), on the parents’ shared book reading motivators and on the child’s communicative competence were collected in addition to sociodemographic characteristics (including information on deafness/ hardness of hearing) in order to analyse the factors influencing the shared book reading duration, the use of language-enhancing shared book reading practices, and the experience of competence. In addition to descriptive analyses, analyses of variance and regression were used to analyse the data. The shared book reading practices of the parents of DHH children show a number of peculiarities in the context of hearing loss, such as the choice of the sitting position. With their shared book reading duration being just under three hours per week, the parents of the present sample can be described as having an affinity for shared book reading. In doing so, they prefer printed picturebooks to digital picturebooks. The duration of shared book reading is particularly influenced by the HLE, rather than by the parents‘ formal educational background. The use of language-encouraging shared book reading practices primarily depends on the shared book reading motivators, while the parental experience of competence depends on the challenges experienced in the shared book reading situation. Keywords: Shared book reading, deafness, hearing loss, inclusion, picturebooks ORIGINALARBEIT 136 FI 3/ 2024 Einleitung M it dem Vorlesen von Bilderbüchern können Eltern Kinder in ihrer sprachlichen Entwicklung unterstützen. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn sie das Vorlesen dialogisch im interaktiven Austausch gestalten und sich dabei an die Bedürfnisse und Voraussetzungen des Kindes anpassen. Vorlesen kann folglich eine wichtige präventive oder intervenierende Wirkung insbesondere für taube und schwerhörige (tb/ sh) Kinder hörender Eltern entfalten, die ein erhöhtes Risiko für Auffälligkeiten im Laut- und Gebärdenspracherwerb haben (Antia et al. 2020, Becker et al. 2018, Duchesne 2016, Webb et al. 2015). Verzögerungen oder Störungen im Spracherwerb können zum einen dadurch verursacht sein, dass der Zugang zu einer Gebärdensprache erschwert ist, wenn vor allem hörende Eltern diese nicht beherrschen oder erst selbst lernen müssen. Zum anderen kann der Einsatz von Hörgeräten und Cochlea-Implantaten zwar den Erwerb einer gesprochenen Sprache erleichtern, Kinder profitieren aber sehr unterschiedlich beim Lautspracherwerb von der Hörtechnologie und die Wahrnehmung einer gesprochenen Sprache bleibt in vielen Alltagssituationen schwierig (Szagun 2010). Verzögerungen in der Sprachentwicklung und die erschwerte Kommunikation können bei tb/ sh Kindern wiederum zu Risiken in der (sozial-)kognitiven Entwicklung führen (Theory-of-Mind-Kompetenzen: Becker et al. 2018; Emotionswissen: Sidera et al. 2017; soziale Kompetenzen: Hoffman et al. 2015; Beziehungsfähigkeit mit Gleichaltrigen: Stevenson et al. 2015). Von besonderer Bedeutung sind daher die in Deutschland bislang noch nicht erforschten Vorlesepraktiken von Eltern mit tb/ sh Kindern, die in der vorliegenden Studie mit dem Fokus auf entsprechende Herausforderungen, Einflussfaktoren und Bedarfe untersucht werden. Relevanz des Vorlesens für die kindliche Entwicklung Eine Vielzahl an Studien belegt das Potenzial gemeinsamen Bilderbuchvorlesens für die Sprachentwicklung und den Schriftspracherwerb von Kindern (Bojczyk et al. 2019, Wesseling et al. 2017). Es konnten positive Effekte des Vorlesens auf verschiedene (sozial-)kognitive und emotionale Fähigkeiten sowie die Bindungsqualität nachgewiesen werden (schulische Leistungen: Mann et al. 2021, Shahaeian et al. 2018; Merkfähigkeit: Howard et al. 2017; Emotionswissen: Grøver et al. 2020, Taumoepeau und Ruffman 2008; Sozialverhalten: Murray et al. 2016, Weisleder et al. 2016; Bindungsqualität: Canfield et al. 2020, Jimenez et al. 2019). Dabei spielt die Gestaltung des Vorlesens eine Rolle: So stehen die Häufigkeit des Vorlesens (Shahaeian et al. 2018) und der Beginn regelmäßiger Vorleseeinheiten in der frühen Kindheit (Niklas et al. 2016) positiv mit der kindlichen Entwicklung in einem Zusammenhang. Zusätzlich hängt die sprachförderliche Wirkung des Vorlesens wesentlich von der Qualität der Interaktionen zwischen der/ dem erwachsenen Vorlesenden und dem Kind während der Vorlesesituation ab (Malin et al. 2016, Murray et al. 2016, Schick 2014). Erste Studien mit meist kleineren Stichproben, in denen auch die Wirkung des Vorlesens speziell auf die Entwicklung tb/ sh Kinder untersucht wurde, belegen einen positiven Einfluss unabhängig von ihrem Hörstatus, dem Hörstatus ihrer Eltern oder der Verwendung einer Lautund/ oder Gebärdensprache beim Vorlesen. DesJardin et al. (2017) konnten in einer Studie mit 17 tb/ sh Kindern und 34 hörenden Kindern im Alter zwischen einem und drei Jahren nachweisen, dass bei beiden Gruppen die Häufigkeit des Vorlesens im familiären Umfeld und die Qualität der interaktiven Strategien, die Eltern beim Vorlesen anwenden, positiv mit rezeptiven und expressiven Fähigkeiten in einer gesprochenen Sprache von tb/ sh Kindern korrelieren. Nora Eisinger, Mabu Aghaei, Claudia Becker, Swantje Marks, Anne Stutzer, Christian Müller, Laura Avemarie 137 FI 3/ 2024 Eine weitere Studie von DesJardin et al. (2023) bestätigt dieses Ergebnis (N = 36 tb/ sh Kinder und N = 49 hörende Kinder im Alter von drei bis vier Jahren). Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Aram et al. (2006) in ihrer Studie mit 30 tb/ sh Kindern zwischen fünf und sechs Jahren. Die Ergebnisse zeigen, dass eine hohe Vorlesequalität (Verwendung verschiedener sprachförderlicher Strategien, z. B. das Elternteil stellt Fragen zum Inhalt des Buches oder zeigt auf Bilder und erklärt sie dem Kind) sowohl mit der Größe des rezeptiven Wortschatzes als auch mit der Entwicklung der phonologischen Bewusstheit in einer gesprochenen Sprache positiv zusammenhängt. Auch Fung et al. (2005) untersuchten die Erweiterung des rezeptiven Wortschatzes bei tb/ sh Kindern im Alter zwischen fünf und neun Jahren (N = 28) durch unterschiedliche Vorlesepraktiken. Die Gruppe der Kinder, in der Eltern interaktiv in einer gesprochenen Sprache vorlasen, erweiterte den Wortschatz stärker als die Gruppe, in der Eltern lediglich den Text vorlasen, ohne Interaktionen zu initiieren. Diesen positiven Effekt auf die Wortschatzentwicklung bestätigt auch die Interventionsstudie mit einem Pretest-Posttest-Design von Trussell et al. (2018). Lehrkräfte wurden im interaktiven Vorlesen geschult, um den Wortschatz von tb/ sh Kindern zu verbessern. Anschließend lasen sie interaktiv tb/ sh Kindern im Alter zwischen vier und fünf Jahren (N = 6) vor. Bereits in einem Zeitraum von drei Wochen konnten die tb/ sh Kinder vom interaktiv gestalteten Vorlesen beim Wortschatzerwerb profitieren. Gleiches gilt auch für das Vorlesen unter Verwendung von lautsprachunterstützenden Gebärden in Vorschuleinrichtungen, wobei sich der expressive Wortschatz in der Erstsprache Englisch von dreibis fünfjährigen tb/ sh Kindern (N = 11) verbesserte (Trussell et al. 2017). Das Vorlesen in einer Gebärdensprache kann ebenfalls sowohl den Gebärdenspracherwerb als auch die frühen Lese- und Schreibkompetenzen unterstützen. Andrews et al. (2017) stellten nach einer einjährigen Intervention, bei der pädagogische Fachkräfte vierbis neunjähriger Kinder (N = 25) in der Frühförderung, Vorschule und Schule regelmäßig in Amerikanischer Gebärdensprache (ASL) vorlasen, fest, dass damit auch deutliche Fortschritte bei der Entwicklung früher Lese- und Schreibkompetenzen (z. B. Buchstabenerkennung und Wortwissen) erzielt wurden. Die Studie von Wolsey et al. (2018) weist ebenfalls nach, dass das Vorlesen auf Englisch und ASL in Kindergarten und Grundschule unterstützend für die Sprachentwicklung in ASL sein kann. Elterliche Vorlesepraktiken Vorlesen umfasst im Sinne der Stiftung Lesen (2019) neben dem klassischen „Vorlesen von meist [... ] narrativen Texten aus gedruckten Büchern, unterstützt durch Bilder, die den Text illustrieren“ (Stiftung Lesen 2019, 19) auch das Betrachten von Bilder- und Wimmelbüchern, das Vorlesen aus Zeitschriften und von Büchern in digitaler Form. Vorlesepraktiken können hinsichtlich folgender Kriterien unterschieden werden: 1. Häufigkeit und Dauer des Vorlesens 2. Gestaltung der Vorlesesituation (dazu gehören z. B. die Wahl des Vorleseorts, der Sitzposition und des Mediums). 3. Gestaltung des Vorlesens selbst und der damit verbundenen Interaktionen mit dem Kind (hierzu zählen der Stil des Vorlesens, die Wahl der Sprache(n) und der Einsatz von Strategien - z. B. zur Steuerung der Aufmerksamkeit des Kindes zwischen Bild und Gesprochenem/ Gebärdetem sowie zur Absicherung des Verständnisses - und von Impulsen für die Anschlusskommunikation). Zu elterlichen Vorlesepraktiken im Allgemeinen gibt es bereits zahlreiche Studien (Malin et al. Vorlesepraktiken von Eltern tauber und schwerhöriger Kinder 138 FI 3/ 2024 2016, Niklas et al. 2016, Wirth et al. 2020). Hier zeichnet sich in den letzten Jahren in Deutschland u. a. die Tendenz ab, dass in Familien weniger vorgelesen wird als früher (Stiftung Lesen 2022; 2023). Im Jahr 2023 stellte die Stiftung Lesen bei einer Befragung von 833 Eltern fest, dass 20 % der einbis achtjährigen Kinder nie vorgelesen wird. Zum Vorlesen wählen Eltern vor allem printmediale Bücher aus. Digitale Bilderbücher werden von 19 % der Eltern eingesetzt (Stiftung Lesen 2023). Das Vorliegen einer Tb/ Sh aufseiten des Kindes oder der Eltern und die damit verbundenen spezifischen kommunikativen Bedarfe erfordern besondere Vorlesepraktiken. So muss das tb/ sh Kind die visuelle Aufmerksamkeit zwischen dem Bilderbuch, den Gebärden und dem Mundbild der vorlesenden Person teilen. Ähnlich verhält sich dies bei einer gesprochenen Sprache, da Blickkontakt erforderlich sein kann, um das Verstehen der gesprochenen Sprache abzusichern. Wird eine Gebärdensprache beim Vorlesen verwendet, handelt es sich um eine mehrsprachige Vorlesesituation, in der schriftsprachliche Texte in eine Gebärdensprache übersetzt werden müssen. Das setzt sowohl gute Leseals auch gebärdensprachliche Fähigkeiten bei Eltern voraus. Darüber hinaus können die potenziell verzögerte Sprachentwicklung und die möglicherweise beeinträchtigten kommunikativen Kompetenzen des tb/ sh Kindes besondere Herausforderungen beim Absichern des Verstehens und der Initiierung von Anschlusskommunikation darstellen. Zu den Vorlesepraktiken von Eltern tb/ sh Kinder gibt es in Deutschland noch keine Forschung, es liegen aber bereits einige Studien auf internationaler Ebene vor. Swanwick und Watson (2007) konnten bei einem Vergleich von zwölf Familien, wovon sechs in der Britischen Gebärdensprache und sechs in gesprochenem Englisch kommunizierten, feststellen, dass beide Gruppen eine warme Atmosphäre und körperliche Nähe herstellten sowie Routinen für das Vorlesen entwickelten. Der Hauptunterschied bestand darin, dass gebärdensprachlich kommunizierende Eltern dazu neigten, in geringem Abstand nebeneinander zu sitzen, um das Gebärden und den Blickkontakt zu ermöglichen. Lautsprachliche Paare berührten sich hingegen häufiger (z. B. durch das Sitzen auf dem Schoß), um das Zuhören zu erleichtern. Allen Familien gelang die Steuerung der Aufmerksamkeit des Kindes zwischen sprachlichem Input und Buch. Wauters und Dirks (2017) verglichen das Vorlesen von digitalen und printmedialen Büchern bei tb/ sh Kindern im Alter von ein bis drei Jahren. Sie berichten, dass die Interaktionen mit beiden Vorlesemedien vergleichbar sind. Zwölf der achtzehn Eltern nutzen die in digitalen Bilderbüchern vorhandenen Gebärdenlexika. Auch DesJardin et al. (2017; 2023) setzten sich mit den Vorlesepraktiken von hörenden Eltern hörender Kinder und denen hörender Eltern tb/ sh Kinder auseinander. Dabei stellte sich heraus, dass hörende Eltern tb/ sh Kinder mehr Herausforderungen beim Vorlesen erleben und während des Vorlesens weniger (sprach-)förderliche Strategien einsetzen als hörende Eltern hörender Kinder. In der Längsschnittstudie von DesJardin et. al. (2017) mit 51 Kindern (davon 17 tb/ sh) konnte gezeigt werden, dass sich das elterliche Vorleseverhalten bei zwölf Monate alten Kindern (unter Benutzung einer gesprochenen Sprache) noch nicht von dem Vorleseverhalten hörender Eltern hörender Kinder unterscheidet. Erst im Alter von 36 Monaten der Kinder wenden Eltern tb/ sh Kinder weniger förderliche Vorlesepraktiken an als Eltern hörender Kinder. Nach DesJardin et al. (2023) gelingt es hörenden Eltern tb/ sh Kinder weniger gut als hörenden Eltern hörender Kinder, die Sprachproduktion des Kindes zu aktivieren. Auch konnte belegt werden, dass Nora Eisinger, Mabu Aghaei, Claudia Becker, Swantje Marks, Anne Stutzer, Christian Müller, Laura Avemarie 139 FI 3/ 2024 tb/ sh Kinder weniger Freude als hörende Kinder am Vorlesen erleben und während des Vorlesens reduziertes interaktives und responsives Verhalten zeigen. Einflussfaktoren auf elterliche Vorlesepraktiken In einigen Studien konnten relevante Einflussfaktoren auf das elterliche Verhalten während der Vorlesesituation identifiziert werden: Home Literacy Environment (HLE). „The »home literacy environment« is an umbrella term used to describe the literacy-related interactions, resources, and attitudes that children experience at home“ (Hamilton et al. 2016, 401). Zur HLE werden z. B. die Anzahl an Büchern im Haus, die elterlichen Einstellungen zum Vorlesen, die elterlichen Leseaktivitäten und Bibliotheksbesuche gezählt (Niklas 2015). In verschiedenen Studien wurde dabei ein positiver Zusammenhang zwischen der HLE und der Vorlesehäufigkeit nachgewiesen (Becker und Schubert 2010, Evans und Saint-Aubin 2010, Stiftung Lesen 2022). In der Studie von DesJardin et al. (2023) konnten keine Unterschiede in der Qualität der HLE zwischen Familien mit tb/ sh oder hörenden Kindern festgestellt werden. Individuelle Vorleseerfahrungen. Die Studie der Stiftung Lesen (2023) zeigt, dass die individuellen Vorleseerfahrungen der Eltern in ihrer Kindheit signifikant mit der Qualität und Quantität des familiären Vorlesens in einem Zusammenhang stehen. Eltern, denen früher selbst vorgelesen wurde, lesen ihren eigenen Kindern häufiger vor und schaffen mit höherer Wahrscheinlichkeit eine höhere HLE. Formale Bildung der Eltern. Vorlesepraktiken in Familien können von der formalen Bildung der Eltern abhängen, wobei Eltern mit höherer formaler Bildung tendenziell eine vermehrte Vorleseaktivität (Stiftung Lesen 2023), eine positivere Einstellung gegenüber dem Vorlesen (Niklas et al. 2020) sowie ein gesteigertes Kompetenzerleben beim Lesen aufweisen (Berkule et al. 2007, Hutton et al. 2018). Flouri und Buchanan (2004) konnten hingegen belegen, dass die elterliche Motivation zur Förderung der Literalität des Kindes einen stärkeren Einfluss auf die Vorlesepraktik ausübt als der formale Bildungsstand der Eltern. Das bedeutet, dass auch Eltern mit geringerem Bildungsabschluss, aber hoher Motivation, das Kind fördern zu wollen, unterstützende Vorlesepraktiken anwenden. Auch beeinflusst die Qualität des Vorlesens und das Vorhandensein einer breiten Buchauswahl zu Hause die Sprachentwicklung des Kindes unabhängig von der formalen Bildung der Eltern (Malin et al. 2016, Niklas et al. 2013). Die Studie der Stiftung Lesen (2023) zeigt außerdem, dass eigene Vorleseerfahrungen bei Eltern mit formal niedrigem Bildungsstand die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Eltern selbst auch vorlesen. Elterliches Kompetenzerleben beim Vorlesen. Nach Untersuchungen von Hutton et al. (2018) und Berkule et al. (2007) führt ein positives Kompetenzerleben der Eltern in Vorlesesituationen zu einem häufigeren Vorlesen. Hörstatus/ Gebärdensprachkompetenz der Eltern. Unsicherheiten beim Vorlesen können entstehen, wenn Eltern einen anderen Hörstatus als ihr Kind haben und deshalb nicht über die gleichen Erfahrungen in der Wahrnehmung und Kommunikation verfügen. Swanwick und Watson (2007) verglichen in ihrer Studie das Vorleseverhalten hörender und tauber Eltern in Laut- oder Gebärdensprachen mit dem Ergebnis, dass hörende Eltern tb/ sh Kinder dazu tendieren, sich stärker auf das reine Vorlesen des Textes zu beschränken, während die untersuchten tauben Eltern mehr Interaktionen mit dem tauben Kind initiierten. Berke (2013) hält auf der Grundlage einer Studie mit zehn tauben Müttern tb/ sh Kinder fest, dass diese beim Übersetzen des schriftlichen Textes in eine Ge- Vorlesepraktiken von Eltern tauber und schwerhöriger Kinder 140 FI 3/ 2024 bärdensprache verschiedene Strategien einsetzten, um zwischen Schrift und Bild sowie Gebärdensprache zu vermitteln. Sie erklärten z. B. die Besonderheiten der jeweiligen Lautsprache bei Reimen. Fragestellungen der Untersuchung Um Eltern tb/ sh Kinder im Vorlesen bedarfsgerecht - vor allem in der Frühförderung - unterstützen zu können, sind Erkenntnisse zu ihren Vorlesepraktiken erforderlich. Mit dieser Studie sollen deshalb folgende Fragestellungen beantwortet werden: 1. Wie lesen Eltern tb/ sh Kinder im vorschulischen Alter vor? 2. Welche Herausforderungen werden von Eltern tb/ sh Kinder beim Vorlesen wahrgenommen? 3. Welche Faktoren nehmen Einfluss auf die Vorlesedauer, die Verwendung sprachförderlicher Vorlesepraktiken und das subjektive Kompetenzerleben? 4. Welche Unterstützungsbedarfe haben Eltern zur Stärkung ihrer Vorlesekompetenzen? Methoden Datenerhebung Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine Querschnittuntersuchung, die im Rahmen des Projekts Reading Digital: Inklusive Sprachbildung mit mehrsprachigen digitalen Bilderbüchern in Laut- und Gebärdensprachen (ReaDi) 1 durchgeführt wurde. Die Befragung richtete sich an Eltern und pädagogische Fachkräfte tb/ sh Kinder im vorschulischen und schulischen Alter. Die Datenerhebung erfolgte im Zeitraum vom 19.05.2023 bis zum 18.08.2023 online über die Plattform SoSci Survey (Leiner 2019). Die Rekrutierung der Stichprobe fand über Elternverbände und Vereine tb/ sh Menschen, Cochlea- Implantat-Zentren und Bildungseinrichtungen mit dem Förderschwerpunkt Hören (und Kommunikation) in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg sowie Nordrhein-Westfalen statt. Die vorliegende Teilstichprobe umfasst ausschließlich Eltern tb/ sh Kinder im vorschulischen Alter. Stichprobe An der Befragung nahmen N = 68 - überwiegend weibliche (83.8 %) - Elternteile von tb/ sh Kindern im vorschulischen Alter teil. Die deskriptiven Daten der Elternteile sind in Tabelle 1 dargestellt. Der Großteil der Befragten ist hörend (77.9 %) und beherrscht DGS nicht oder nur auf geringem Niveau (79.1 %). 22.1 % kommunizieren bevorzugt in DGS, 64.2 % in deutscher Lautsprache sowie 10.4 % in deutscher Lautsprache mit lautsprachunterstützenden Gebärden (LUG). Knapp die Hälfte der Teilnehmenden besitzt als höchsten Bildungsabschluss einen Hochschulabschluss. Im Durchschnitt lesen die befragten Eltern 4.44 Stunden in der Woche (SD = 4.12) Bücher, Zeitschriften, E-Books oder Onlinezeitungen. Die Eltern berichten, dass ihnen selbst im Schnitt 2.21 Stunden pro Woche (SD = 2.29) als Kind zu Hause vorgelesen wurde. Laut Angaben der Eltern sind 58.8 % der Kinder taub und 41.2 % schwerhörig. Die Kinder sind zwischen einem Jahr und acht Jahren alt 2 (M = 4.24, SD = 1.50; vgl. Tabelle 2) und besuchen in mehr als der Hälfte der Fälle (64.7 %) einen allgemeinen Kindergarten. Eine zusätzliche Beeinträchtigung weisen 17.6 % der Kinder auf. 26.5 % der Kinder kommunizieren in mehr als einer (Gebärden-)Sprache. In 38.5 % der Fälle haben Eltern und Kind die deutsche Lautsprache als ihre bevorzugte Sprache. 21.5 % der Familien bevorzugen in DGS zu kommunizieren und 9.2 % geben die deutsche Lautsprache mit LUG als präferierte Sprache an. 30.8 % der Eltern und Kinder einer Familie haben nicht dieselbe bevorzugte Sprache. Nora Eisinger, Mabu Aghaei, Claudia Becker, Swantje Marks, Anne Stutzer, Christian Müller, Laura Avemarie 141 FI 3/ 2024 Erhebungsinstrumente Die Entwicklung des Fragebogens zur Erfassung der Vorlesepraktiken, der Herausforderungen und des subjektiven Kompetenzerlebens, der Einflussfaktoren und der Unterstützungsbedarfe erfolgte partizipativ (Arbeitskreise aus Eltern und pädagogischen Fachkräften tb/ sh Kinder) und in Anlehnung an die Fragebögen der Stiftung Lesen (2012 - 2022). Der Fragebogen setzt sich aus insgesamt 60 Items in einfacher Sprache zusammen, die in DGS, deutscher, englischer, Vorlesepraktiken von Eltern tauber und schwerhöriger Kinder Variable Ausprägung N % Geschlecht ◾ weiblich ◾ männlich ◾ divers 57 10 1 83.8 14.7 1.5 Alter Md = 36 - 40 Jahre ◾ 26 - 30 ◾ 31 - 35 ◾ 36 - 40 ◾ 41 - 45 ◾ 46 - 50 ◾ > 50 6 25 19 13 2 3 8.8 36.8 27.9 19.1 2.9 4.4 Hörstatus ◾ taub ◾ schwerhörig ◾ hörend 12 3 53 17.6 4.4 77.9 Höchster Bildungsabschluss ◾ kein Schulabschluss/ mittlerer Schulabschluss ◾ Abitur/ Berufsausbildung ◾ Hochschulabschluss 7 29 32 10.3 42.6 47.1 Bevorzugte Sprache ◾ DGS ◾ deutsche Lautsprache ◾ deutsche Lautsprache mit LUG ◾ andere Gebärdensprache ◾ andere Lautsprache 15 43 7 1 1 22.1 64.2 10.4 1.5 1.5 DGS-Kompetenz * ◾ keine Kenntnisse ◾ Grundlagenkenntnisse ◾ erweiterte Grundlagenkenntnisse ◾ fortgeschrittene Kompetenz ◾ Erstsprachniveau ◾ keine Angabe 23 12 18 5 9 1 33.8 17.6 26.5 7.4 13.2 1.5 Eigene Lesedauer (Std./ Woche) Md = 3.33; M = 4.44, SD = 4.12 ◾ ≤ 1 Stunde ◾ ≤ 5 Stunden ◾ ≤ 10 Stunden ◾ > 10 Stunden 16 32 16 4 23.5 47.1 23.5 5.9 Vorleseerfahrung der Eltern in der Kindheit (Std./ Woche) Md = 1.67; M = 2.21, SD = 2.29 ◾ ≤ 1 Stunde ◾ ≤ 5 Stunden ◾ > 5 Stunden ◾ keine Angabe 28 34 5 1 41.2 50.0 7.4 1.5 Tab. 1: Demografische Angaben der befragten Elternteile (N = 68) Anmerkung: * Selbsteinschätzung DGS-Kompetenz: Keine Kenntnisse: „Ich kann DGS nicht.“; Grundlagenkenntnisse: „Ich kann ganz einfache Sätze in DGS verstehen und formulieren.“; Erweiterte Grundlagenkenntnisse: „Ich kann mich über einfache Alltagsthemen in DGS unterhalten.“; Fortgeschrittene Kompetenz: „Ich kann mich in DGS über schwierige Themen unterhalten.“; Erstsprachliches Niveau: „DGS ist meine Erstsprache/ Muttersprache oder ich kann DGS auf diesem Niveau.“ 142 FI 3/ 2024 türkischer oder arabischer Schriftsprache bearbeitet werden konnten. Als Antwortformate wurden Multiple- und Single-Choice, Likert-Skalen und offene Eingabefelder gewählt. Vorlesepraktiken. Zur Erfassung der Vorlesepraktiken wurden im offenen Antwortformat die Vorlesedauer in Minuten pro Vorlesesitzung und die Vorlesedauer in Minuten pro Woche mit printmedialen und digitalen Kinderbüchern abgefragt. Das Setting wurde im Single-Choice- Format über die Vorlesesprache (fünf Items, z. B. DGS), den Vorleseort (fünf Items, z. B. Wir sitzen auf dem Boden) und die Vorleseposition (fünf Items, z. B. Wir sitzen uns gegenüber) erhoben. Außerdem wurden die ausgeübten sprachförderlichen Vorlesepraktiken (17 Items, z. B. Ich gebe dem Kind Rückmeldung zu dem, was es sagt, z. B. Das ist ja interessant! Erzählst du mir mehr davon? ) und der Vorbereitungsumfang Nora Eisinger, Mabu Aghaei, Claudia Becker, Swantje Marks, Anne Stutzer, Christian Müller, Laura Avemarie Variable Ausprägung N % Geschlecht ◾ weiblich ◾ männlich ◾ divers ◾ keine Angabe 40 25 2 1 58.8 36.8 2.9 1.5 Alter Md = 4.50; M = 4.24, SD = 1.50 ◾ 1 Jahr ◾ 2 Jahre ◾ 3 Jahre ◾ 4 Jahre ◾ 5 Jahre ◾ 6 Jahre ◾ 7 Jahre ◾ 8 Jahre 1 12 7 14 21 11 1 1 1.5 17.6 10.3 20.6 30.9 16.2 1.5 1.5 Bevorzugte Sprache ◾ DGS ◾ deutsche Lautsprache ◾ deutsche Lautsprache mit LUG ◾ keine Angabe 19 26 21 2 27.9 38.2 30.9 2.9 Mehrsprachigkeit ◾ einsprachig mit einer Lautsprache ◾ einsprachig mit einer Gebärdensprache ◾ mehrsprachig mit zwei od. mehr Gebärdensprachen ◾ mehrsprachig mit mind. einer Laut- und einer Gebärdensprache 39 11 1 17 57.4 16.2 1.5 25.0 Hörstatus ◾ beidseitig taub ◾ einseitig taub ◾ beidseitig schwerhörig ◾ einseitig schwerhörig 35 5 23 5 51.5 7.4 33.8 7.4 hörtechnische Versorgung ◾ keine Versorgung ◾ Hörgerät(e) ◾ Cochlea-Implantat(e) ◾ Hörgerät und CI 6 36 23 3 8.8 52.9 33.8 4.4 zusätzliche Beeinträchtigung ◾ nein ◾ ja ◾ keine Angabe 55 12 1 80.9 17.6 1.5 besuchte Einrichtung ◾ Frühförderstelle ◾ allgemeiner Kindergarten ◾ Förderkindergarten ◾ andere 20 44 18 6 22.7 50.0 20.5 6.8 Tab. 2: Demografische Angaben zu den tb/ sh Kindern der befragten Elternteile (N = 68) 143 FI 3/ 2024 (7 Items, z. B. Ich überlege mir, welche Fragen das Kind stellen könnte) im Multiple-Choice- Format erfasst, sodass die Teilnehmenden alle Items auswählen konnten, die sie beim Vorlesen bzw. in der Vorbereitung anwenden. Kompetenzerleben/ Herausforderungen. Die Frage nach dem elterlichen Kompetenzerleben beim Vorlesen konnte auf einer zehnstufigen Likert-Skala (von 1 = „sehr unsicher“ bis 10 = „sehr sicher“) beantwortet werden. Herausforderungen aufseiten des/ der Vorlesenden (19 Items, z. B. Ich weiß nicht, wo und wie ich mich mit dem Kind am besten hinsetze) und Herausforderungen aufseiten des Kindes (elf Items, z. B. Für das Kind ist das Zuhören/ Zuschauen oft anstrengend) wurden im Multiple-Choice-Format abgefragt, sodass die Teilnehmenden alle Herausforderungen auswählen konnten, mit denen sie beim Vorlesen konfrontiert sind. Als mögliche Einflussfaktoren auf die Vorlesepraktiken und das elterliche Kompetenzerleben wurden folgende Variablen erhoben: ◾ Die Gründe für (Vorlesemotivatoren; neun Items, z. B. Um Zeit miteinander zu verbringen und weil wir uns dadurch nahe sind) und gegen (Vorlesedemotivatoren; elf Items, z. B. Ich habe keine/ wenig Freude am Vorlesen) das Vorlesen mit printmedialen und digitalen Kinderbüchern wurde im Multiple-Choice- Format erfasst. ◾ Die kommunikativen Kompetenzen des tb/ sh Kindes beurteilten die Eltern anhand der vier Items des Kommunikativen-Kompetenz-Indikators (KKI) von Hintermair (2012) mithilfe einer fünfstufigen Likert-Skala (von 1 = „trifft gar nicht zu“ bis 5 = „trifft genau zu“; Beispielitem: Das Kind ist in der Lage, mir über alle Dinge, die es beschäftigt, etwas zu erzählen). Ein KKI-Wert von 3.5 gilt als Mittelwertgrenze zwischen auffälligen und unauffälligen Werten. Die interne Konsistenz der Skala für die vorliegenden Daten ist hoch (Cronbachs α = .87). ◾ Als weitere Einflussfaktoren wurden außerdem verschiedene demografische Daten der Eltern und des Kindes einbezogen (vgl. Tabelle 1 und 2). Unterstützungsbedarfe. Im Multiple-Choice-Format wurden die Wünsche für digitale Bilderbücher (zehn Items, z. B. Der Text muss ein- und ausschaltbar sein) und der Bedarf an Unterstützungsangeboten (sechs Items, z. B. Eine Internetseite mit Informationen zum Vorlesen, die ich jederzeit alleine anschauen kann) zur Stärkung der Vorlesekompetenzen der Eltern abgefragt. Statistische Analysen Die statistischen Analysen erfolgten mit der Statistiksoftware SPSS (IBM Corp. 2022) mit einem Signifikanzniveau von p < .05 für alle durchgeführten Tests. Einzelne Daten wurden in Folge der heterogenen Größenordnungen für die inferenzstatistischen Testverfahren logarithmiert. Zur Betrachtung bestimmter Zusammenhänge wurden zudem Variablen theoriegeleitet und basierend auf Korrelationsanalysen wie folgt zusammengefasst: ◾ Angelehnt an Niklas (2015) wurde zunächst die Variable Home Literacy Environment (HLE) aus der Summe an printmedialen Kinderbüchern im Haushalt (logarithmiert), der elterlichen Leseaktivität (gemessen an der logarithmierten Dauer des eigenen Lesens in Min./ Woche) sowie der elterlichen Einstellungen zum Vorlesen (gemessen an der logarithmierten Anzahl an Vorlesemotivatoren) gebildet. Die Variable HLE weist in der vorliegenden Stichprobe Werte von 2.55 bis 6.38 auf. ◾ Des Weiteren wurde die Variable sprachförderliche Vorlesepraktiken (Werte von -1 bis 14) aus der Summe aller ausgewählten Items der Multiple-Choice-Frage zu Vorlesepraktiken generiert. Dazu wurde zuerst allen Items, die als sprachförderlich bewertet werden können, der Wert 1 zugeschrieben. Die Vorlesepraktiken von Eltern tauber und schwerhöriger Kinder 144 FI 3/ 2024 Items „Ich überspringe manche Seiten“ und „Anderes“ wurden als neutral bewertet und daher mit dem Wert 0 kodiert. Das Item „Ich lese die Geschichte von Anfang bis Ende, möglichst ohne Unterbrechungen“ gilt theoriegeleitet als eine nicht sprachförderliche Vorlesepraktik und wurde deshalb mit dem Wert -1 kodiert. ◾ Um die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Elternteil und tb/ sh Kind einschätzen zu können, wurde überprüft, ob beide Seiten jeweils die gleiche Sprache bevorzugen. Dafür wurde die Variable Sprache-Match gebildet, die den Abgleich der bevorzugten Sprache des Elternteils mit der des Kindes widerspiegelt. Die Werte 1 (= bevorzugte Sprache DGS), 2 (= bevorzugte Sprache deutsche Lautsprache ohne LUG) sowie 3 (= bevorzugte Sprache deutsche Lautsprache mit LUG) bedeuten damit eine Übereinstimmung in der bevorzugten Kommunikationsmodalität, wohingegen der Wert 4 eine Diskrepanz in der bevorzugten Kommunikationsmodalität zwischen Elternteil und Kind repräsentiert. Im ersten Schritt wurden deskriptive Analysen zur Identifikation von Vorlesepraktiken, Herausforderungen und Bedarfen von Eltern tb/ sh Kinder in der Frühförderung durchgeführt. Einflussfaktoren, die sich positiv oder negativ auf die Vorlesedauer, das Maß sprachförderlicher Vorleseinterventionen oder das elterliche Kompetenzerleben auswirken, wurden mittels multipler linearer Regressionen identifiziert. Für Gruppenvergleiche anhand demografischer Merkmale der Teilnehmenden (z. B. zusätzliche Beeinträchtigung und Bildungsabschluss) wurden Varianzanalysen durchgeführt. Ergebnisse Deskriptive Ergebnisse Vorlesepraktiken Von den 68 Befragten geben 64 (94.1 %) an, vorzulesen. Von den 64 Vorlesenden lesen 54 (84.3 %) ausschließlich mit printmedialen Kinderbüchern und neun (14.1 %) auch mit digitalen Kinderbüchern vor. Die durchschnittliche Vorlesedauer pro Woche beträgt mit Printmedien 2.74 (SD = 2.31) Stunden und mit digitalen Medien 6.64 Minuten (SD = 23.85). Eine Vorlesesitzung dauert im Durchschnitt mit Printmedien 15.75 Minuten (SD = 10.97) und mit digitalen Medien 10.33 Minuten (SD = 7.89). Die meisten Eltern (47.6 %) verwenden als Vorlesesprache die deutsche Lautsprache. LUG setzen dabei 22.2 % der Eltern ein. In DGS vorzulesen geben 30.2 % der Eltern an (vgl. Tabelle 3). Am häufigsten positionieren sich Elternteil und Kind beim Vorlesen nebeneinander sitzend (38.1 %) (vgl. Tabelle 4). Nahezu alle Eltern (96.8 %) wenden nach eigenen Angaben mindestens eine sprachförderliche Vorlesepraktik an. Die am häufigsten Nora Eisinger, Mabu Aghaei, Claudia Becker, Swantje Marks, Anne Stutzer, Christian Müller, Laura Avemarie Vorlesesprache DGS dt. Lautsprache mit LUG dt. Lautsprache Gesamt Hörstatus Eltern ◾ taub ◾ schwerhörig ◾ hörend 11 0 8 0 1 13 0 1 29 11 2 50 Gesamt 19 14 30 63 Tab. 3: Kreuztabelle mit dem Hörstatus des Elternteils und der Vorlesesprache (N = 63) 145 FI 3/ 2024 genutzten sprachförderlichen Vorlesepraktiken sind das Zeigen auf Bilder (85.7 %), der Einsatz von Mimik bzw. die Übernahme der Rolle einer Buchfigur (60.3 %) und Erweiterungsstrategien, das heißt die Vervollständigung des vom Kind Gebärdeten/ Gesagten (60.3 %). Nur wenige Eltern lassen das Kind das Ende der Geschichte erzählen (9.5 %). Mehrheitlich bereiten sich Eltern auf die Vorlesesituation vor (87.3 %). Dabei wird am häufigsten auf die Herstellung guter Beleuchtungsbedingungen für das Vorlesen geachtet (76.4 %). Am seltensten überlegen sich Eltern vorab, welche Fragen das Kind stellen könnte (3.6 %). Motivatoren Hauptmotivatoren der Eltern zum Vorlesen (unabhängig vom Medium) sind der Beziehungsaufbau (89.1 %), die sprachförderlichen Aspekte des Vorlesens (87.5 %) und der Spaß am Vorlesen (85.9 %). Eher irrelevant für die Eltern ist beim Vorlesen, andere Themen ansprechen zu können (28.1 %). Unter den digital vorlesenden Eltern (n = 9) ist der Hauptmotivator zum digitalen Vorlesen die gute Eignung von digitalen Medien beim Vorlesen mit tb/ sh Kindern (71.4 %). Die am häufigsten genannten Demotivatoren für das digitale Vorlesen sind die grundsätzliche Ablehnung des befragten Elternteils gegenüber digitalen Kinderbüchern (62.5 %) sowie die Absicht, dass das Kind nicht so viel auf Bildschirme schaut (60.7 %). Kompetenzerleben und Herausforderungen Auf der zehnstufigen Likert-Skala schätzen sich die Eltern selbst als kompetente Vorlesende ein (M = 8.33; SD = 2.16; Min = 2, Max = 10). Herausforderungen auf elterlicher Seite werden von 55.0 % der Befragten benannt. Die am häufigsten genannte Herausforderung aufseiten des/ der Vorlesenden ist die Unsicherheit in der Gebärdensprache (66.7 %). 54.2 % der Eltern geben an, beim tb/ sh Kind Schwierigkeiten beim Vorlesen zu bemerken. Die am häufigsten genannte Herausforderung aufseiten des Kindes ist „Unruhe und fehlende Konzentration“ (71.9 %). Unterstützungsbedarfe 54 (90.0 %) Eltern geben an, Unterstützungsbedarf beim Vorlesen zu haben. Die kostenfreie Verfügbarkeit (46.5 %) und das Vorhandensein von DGS-Videos (58.1 %) sind die am häufigsten genannten Wünsche für digitale Bilderbücher. Ihre favorisierte Darbietungsform ist eine Website mit Informationen zum Vorlesen (z. B. Videotrainings) (77.8 %). Schulungen in Präsenz (z. B. in der KiTa/ Schule) mit anderen Eltern zusammen (38.9 %) werden digitalen (20.4 %) vorgezogen. Vorlesepraktiken von Eltern tauber und schwerhöriger Kinder Vorlesesprache DGS dt. Lautsprache mit LUG dt. Lautsprache Gesamt Sitzposition ◾ auf dem Schoß 0 3 7 10 ◾ nebeneinandersitzend 3 5 16 24 ◾ gegenübersitzend 11 4 1 16 ◾ Kind liegt und Vorleser/ in sitzt/ liegt daneben 4 0 6 10 ◾ anders 1 2 0 3 Gesamt 19 14 30 30 Tab. 4: Kreuztabelle mit der Sitzposition beim Vorlesen und der Vorlesesprache (N = 63) 146 FI 3/ 2024 Inferenzstatistische Analysen Welche Faktoren beeinflussen die Vorlesedauer? Das multiple lineare Regressionsmodell mit den Prädiktoren HLE und elterliches Kompetenzerleben sowie dem Kriterium Vorlesedauer mit printmedialen Kinderbüchern 3 (logarithmiert) ist signifikant [F(2, 56) = 8.98, p < .001] mit einer eher hohen Varianzaufklärung von R 2 = .24 gemäß Cohen (1988). Die Variablen HLE (p = .012) und elterliches Kompetenzerleben (p = .011) erfüllen das Signifikanzkriterium. Das Ergebnis zeigt, dass sich ein hoher Wert in der HLE und im elterlichen Kompetenzerleben positiv auf die Vorlesedauer auswirkt. Die Regressionskoeffizienten sind in Tabelle 5 dargestellt. Durchgeführte Varianzanalysen mit der abhängigen Variable Vorlesedauer mit printmedialen Kinderbüchern und den unabhängigen Variablen Hörstatus des Elternteils [F(2) = .12, p = .891], zusätzliche Beeinträchtigung des Kindes [F(1) = .01, p = .945], elterlicher Bildungsabschluss [F(2) = 1.73, p = .186] und Sprache-Match [F(2) = 1.20, p = .317] zeigen keine signifikanten Mittelwertunterschiede. Demnach sind der Hörstatus und Bildungsabschluss des Elternteils, eine vorliegende zusätzliche Beeinträchtigung des Kindes und die Übereinstimmung in der bevorzugten Sprache von Eltern und Kind für die Vorlesedauer nicht bedeutsam. Welche Faktoren beeinflussen sprachförderliche Vorlesepraktiken? Das multiple lineare Regressionsmodell mit den Prädiktoren Motivation Vorlesen (logarithmiert), Vorbereitungsumfang (logarithmiert), KKI des Kindes und elterliche Vorleseerfahrungen (logarithmiert) sowie dem Kriterium sprachförderliche Vorlesepraktiken ist signi- Nora Eisinger, Mabu Aghaei, Claudia Becker, Swantje Marks, Anne Stutzer, Christian Müller, Laura Avemarie Koeffizienten b SE β T p 95 %-KI UG OG (Konstante) HLE Kompetenzerleben .76 .17 .06 .31 .07 .02 .31 .32 2.29 2.59 2.63 .026 .012 .011 .10 .04 .01 1.42 .30 .11 Anmerkungen: N = 59, R 2 = .24; korr. R 2 = .22; F (2,56) = 8.98; p < .001 Tab. 5: Koeffizienten der linearen Regressionen mit dem Kriterium Vorlesedauer mit printmedialen Kinderbüchern (logarithmiert) Anmerkungen: N = 53, R 2 = .36; korr. R 2 = .31; F (4,48) = 6.77; p < .001 Koeffizienten b SE β T p 95 %-KI UG OG (Konstante) Motivation Vorlesen KKI elterliche Vorleseerfahrung (log) Vorbereitungsumfang (log) .04 .41 -.01 .07 .81 .22 .15 .03 .03 .27 .32 -.04 .25 .35 .20 2.72 -.31 2.09 2.98 .844 .009 .760 .042 .005 -.40 .11 -.07 .00 .26 .49 .71 .05 .14 1.36 Tab. 6: Koeffizienten der linearen Regression mit dem Kriterium Maß sprachförderlicher Vorlesepraktiken (logarithmiert) 147 FI 3/ 2024 fikant [F(4,48) = 6.77, p < .001] mit einer hohen Varianzaufklärung von R 2 = .36. Nur die Variablen Motivation Vorlesen (logarithmiert) (p = .009), elterliche Vorleseerfahrungen (logarithmiert) (p = .042) und Vorbereitungsumfang (logarithmiert) (p = .005) haben einen signifikanten Einfluss auf die prädiktive Leistung des Modells. Der KKI (p = .760) ist negativ mit den sprachförderlichen Vorlesepraktiken assoziiert, ist aber kein signifikanter Prädiktor. Das Ergebnis zeigt, dass Eltern, die in ihrer Kindheit selbst vorgelesen bekommen haben, und jene, die eine hohe Motivation zum Vorlesen aufweisen, mehr sprachförderliche Vorlesepraktiken in ihr eigenes Vorlesen integrieren. Außerdem wirkt sich eine ausführliche Vorbereitung auf das Vorlesen in der Qualität des Vorlesens (hinsichtlich sprachförderlicher Vorlesepraktiken) positiv aus. Alle Modellkoeffizienten der linearen Regressionen können Tabelle 6 entnommen werden. Die Umsetzung sprachförderlicher Vorlesepraktiken korreliert nicht mit dem Kompetenzerleben (r = -.02, p = .905). Die mehrfaktorielle Varianzanalyse mit der abhängigen Variable sprachförderliche Vorlesepraktiken und den unabhängigen Variablen Hörstatus des Elternteils (p = .386), zusätzliche Beeinträchtigung des Kindes (p = .535) und Sprache-Match (p = .381) zeigt keine signifikanten Haupt- oder Interaktionseffekte [F(15) = 1.22, p = .296]. Taube, schwerhörige und hörende Eltern verwenden sprachförderliche Vorlesepraktiken demnach in einer vergleichbaren Häufigkeit. Auch die Übereinstimmung der bevorzugten Sprache von Eltern und Kind sowie die zusätzliche Beeinträchtigung des Kindes spielen für den Gebrauch sprachförderlicher Praktiken keine Rolle. Eine weitere Varianzanalyse mit der abhängigen Variable sprachförderliche Vorlesepraktiken und den unabhängigen Variablen DGS-Kompetenz (p = .105) und Bildungsabschluss des Elternteils (p = .729) zeigt ebenfalls keine signifikanten Mittelwertunterschiede [F(12) = .85, p = .597]. Eltern setzen somit sprachförderliche Vorlesepraktiken unabhängig von ihrer DGS-Kompetenz oder ihrem Bildungsabschluss ein. Welche Faktoren nehmen Einfluss auf das Kompetenzerleben der Eltern? Das multiple lineare Regressionsmodell mit den Prädiktoren Herausforderungen aufseiten der/ des Vorlesenden, dem Bildungsabschluss des Elternteils und dem KKI sowie dem Kriterium elterliches Kompetenzerleben ist ebenfalls signifikant [F(3, 28) = 5.34, p = .005] mit einer hohen Varianzaufklärung von R 2 = .36. Signifikanten Einfluss auf die prädiktive Leistung des Modells haben die Variablen KKI des Kindes (p = .029) und Herausforderungen aufseiten der/ des Vorlesenden (p = .006). Das Ergebnis zeigt, dass sich Eltern mit steigendem KKI des Kindes kompetenter beim Vorlesen erleben und ihr Kompetenzerleben mit den erlebten Herausforderungen als Vorlesende/ r abnimmt. Alle Modellkoeffizienten der Regressionen sind in Tabelle 7 zu finden. Vorlesepraktiken von Eltern tauber und schwerhöriger Kinder Koeffizienten b SE β T p 95 %-KI UG OG (Konstante) KKI Herausforderungen aufseiten des/ der Vorlesenden Bildungsabschluss 4.51 .79 -.91 .88 1.99 .35 .31 .59 .35 -.46 .23 2.27 2.30 -2.97 1.50 .031 .029 .006 .144 .43 .09 -1.54 -.32 8.58 1.50 -.28 2.08 Anmerkungen: N = 32, R 2 = .36; korr. R 2 = .30; F (3,28) = 5.34; p = .005 Tab. 7: Koeffizienten der multiplen linearen Regressionen mit dem Kriterium elterliches Kompetenzerleben 148 FI 3/ 2024 Diskussion Ziel der vorliegenden Studie war es, die Vorlesepraktiken mit dem Fokus auf Herausforderungen, Einflussfaktoren und Unterstützungsbedarfe beim Vorlesen mit tb/ sh Kindern zu erfassen. Im Vergleich zu den Ergebnissen der Stiftung Lesen (2023) gehören in der vorliegenden Untersuchung die Eltern häufiger zu der Gruppe der Vorlesenden (94 % vs. 20 %). Dieses Ergebnis steht möglicherweise mit dem hohen Anteil an Eltern mit Hochschulabschluss (Stiftung Lesen 2023, Niklas et al. 2020) in der vorliegenden Stichprobe und dem Wissen um das Potenzial des Vorlesens für die Sprachentwicklung tb/ sh Kinder (einer der angegebenen Hauptgründe für das Vorlesen) in einem Zusammenhang. Wie auch in der Studie der Stiftung Lesen (2023) werden von Eltern tb/ sh Kinder printmediale Bilderbücher deutlich den digitalen Bilderbüchern vorgezogen. Der Anteil von 14 % an Nutzer: innen digitaler Bilderbücher ist mit dem Anteil digitaler Vorleser: innen der Stiftung Lesen (2023) (= 19 %) vergleichbar. Dass die HLE für die Vorlesedauer von Relevanz ist, stimmt mit verschiedenen Untersuchungsergebnissen überein (Berkule et al. 2007, Stiftung Lesen 2022, Evans und Saint-Aubin 2010, Becker und Schubert 2010). Bezüglich der eingesetzten Sprache in der Vorlesesituation zeigt sich, dass knapp die Hälfte der hörenden Eltern Gebärden in der Vorlesesituation mit ihrem tb/ sh Kind einsetzt. Ob es sich hierbei um einen steigenden Trend handelt, muss als Fragestellung in zukünftigen Studien behandelt werden. Wie in der Untersuchung von Swanwick und Watson (2007) wird auch in dieser Untersuchung deutlich, dass unter dem Einsatz einer Gebärdensprache bzw. einzelner Gebärden Elternteil und Kind deutlich häufiger einander gegenübersitzen als lautsprachlich kommunizierende Eltern und Kinder. Letztere positionieren sich bevorzugt nebeneinandersitzend. Auch das Ergebnis, dass der Schoß als Sitzposition des Kindes ausschließlich von Eltern, die in Lautsprache (mit und ohne LUG) mit ihrem Kind vorlesen, gewählt wird, kann durch die vorliegende Untersuchung bestätigt werden. Entgegen den Untersuchungsergebnissen von Swanwick und Watson (2007), DesJardin et al. (2017) und DesJardin et al. (2023) spielt der Hörstatus der Eltern in der vorliegenden Untersuchung für die Umsetzung sprachförderlicher Strategien keine Rolle. Hörende Eltern tb/ sh Kinder setzen sprachförderliche Vorlesepraktiken ebenso ein wie tb/ sh Eltern tb/ sh Kinder. Auch der formale Bildungsstand der Eltern ist für die Umsetzung sprachförderlicher Vorlesepraktiken irrelevant. Dass ein sprachförderliches Literacy-Umfeld nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen vielmehr von den individuellen elterlichen Vorleseerfahrungen in der Kindheit abhängt, stimmt mit den Erkenntnissen der Stiftung Lesen (2023) überein. Zusätzlich konnte der Vorbereitungsumfang als ein weiterer, bislang in der Literatur vernachlässigter Faktor für die Anwendung sprachförderlicher Vorlesepraktiken identifiziert werden. Wie bei Flouri und Buchanan (2004) konnte ein starker positiver Einfluss der elterlichen Vorlesemotivation (= Förderung der Literalität des Kindes) auf die Vorlesepraktik nachgewiesen werden. Eltern mit einer hohen Vorlesemotivation integrieren mehr sprachförderliche Vorlesepraktiken in ihr Vorlesen. Auffällig ist allerdings, dass ca. 40 % der Eltern angeben, keine Erweiterungsstrategien anzuwenden, die sich besonders förderlich auf den Spracherwerb auswirken können. Eine der am häufigsten von den Eltern genannten Herausforderungen in der Vorlesesituation - die erhöhte Unruhe/ fehlende Konzentration Nora Eisinger, Mabu Aghaei, Claudia Becker, Swantje Marks, Anne Stutzer, Christian Müller, Laura Avemarie 149 FI 3/ 2024 des Kindes - wird durch Untersuchungen zu häufigeren Verhaltensauffälligkeiten bei tb/ sh Kindern (Bigler et al. 2019) gestützt. Was das subjektive Kompetenzerleben anbelangt, stellt sich heraus, dass dieses insbesondere von den erlebten Herausforderungen in der Vorlesesituation und den kommunikativen Kompetenzen des Kindes abhängt. Entgegen der Untersuchungen von Hutton et al. (2018) und Berkule et al. (2007) spielt der formale Bildungsabschluss für das elterliche Kompetenzerleben keine Rolle. Pädagogische Implikationen Die Ergebnisse bieten wertvolle Einblicke in die verschiedenen Aspekte des Vorlesens mit tb/ sh Kindern im vorschulischen Alter und ermöglichen die Ableitung der folgenden relevanten pädagogischen Handlungsempfehlungen, die im Rahmen des Projekts ReaDi umgesetzt werden: 1. Eltern wünschen sich Angebote zur Stärkung ihrer Vorlesekompetenzen. Trotz eines hohen elterlichen Kompetenzerlebens meldet die Mehrheit der Eltern Unterstützungsbedarfe beim Vorlesen an. Um Eltern in der Breite zu erreichen, werden digitale und Präsenztrainingsprogramme entwickelt. Deren Inhalte generieren sich aus den o. g. Ergebnissen: So wird es beispielsweise Trainingsbausteine zur Vorbereitung von Vorlesesituationen, zum interaktiven Vorlesen mit sprachförderlichen Impulsen und zum Umgang mit einem Bilderbuch nach dem Vorlesen geben. 2. Mehr Bilderbücher und eine höhere elterliche Vorlesemotivation beeinflussen die Vorlesedauer positiv. Die hohe prädiktive Leistung der HLE (und nicht des unbeeinflussbaren Faktors Bildungshintergrund) für die Vorlesedauer ist pädagogisch bedeutsam: Durch Unterstützungsmaßnahmen, wie die Bereitstellung von (digitalen) Büchern und Aufklärungsarbeit zur Steigerung der elterlichen Motivation für das Vorlesen, kann die Vorlesedauer erhöht und damit die Sprachentwicklung tb/ sh Kinder positiv beeinflusst werden. 3. Die Vorbereitung des Vorlesens macht sprachförderliche Interaktionen wahrscheinlicher. Die vorliegende Studie zeigt, dass umfangreicheres Vorbereiten auf die Vorlesesituation mit dem Einsatz sprachförderlicher Vorlesepraktiken in einem Zusammenhang steht. Eltern könnten in Trainingsprogrammen über die Bedeutung der Vorbereitung von Vorlesesituationen aufgeklärt werden und Handlungswissen zur Vorbereitung der Vorlesesituation vermittelt bekommen. Hierbei ist es entscheidend, ihnen auch unterschiedliche sprachförderliche Strategien wie z. B. Erweiterungsstrategien zu vermitteln. Wichtig ist außerdem der Befund, dass das Kompetenzerleben der/ des Vorlesenden nicht mit dem tatsächlichen Können im Bereich des Einsatzes sprachförderlicher Strategien zusammenzuhängen scheint. Während der Bildungsabschluss zwar das Kompetenzerleben determiniert, hatte er keine Auswirkungen auf das Maß an sprachförderlichen Vorleseinterventionen. 4. Der Abbau von Herausforderungen dient dem Kompetenzerleben. Das Kompetenzerleben der Eltern ist insbesondere von den erlebten Herausforderungen in der Vorlesesituation abhängig. Da als häufigste Herausforderung die Unsicherheit in der Verwendung der DGS benannt wurde, bedarf es der besonderen Unterstützung von Familien beim Erwerb einer Gebärdensprache und dem Vorlesen in einem mehrsprachigen Kontext. Vorlesepraktiken von Eltern tauber und schwerhöriger Kinder 150 FI 3/ 2024 5. Für das Potenzial digitaler Lesemedien für mehrsprachige Kontexte sensibilisieren. Digitale Bilderbücher - wie sie im Projekt ReaDi entwickelt werden - bieten ein besonderes Potenzial, die beschriebenen Handlungsempfehlungen umzusetzen. Sie sind kostenfrei verfügbar (ab Oktober 2025 unter www.projekt-readi.de), wodurch die HLE um digitale Bücher erweitert und den genannten Unterstützungsbedarfen bei den Vorlesepraktiken entsprochen werden kann: Um Eltern in der Umsetzung sprachförderlicher Strategien zu unterstützen, bieten die digitalen Bilderbücher von ReaDi auf jeder Seite optional Fragen und Impulse zur Anschlusskommunikation an. Da sich das Kompetenzerleben auf die Vorlesedauer auswirkt und das Kompetenzerleben des Elternteils stark von der eigenen erlebten Unsicherheit beim Vorlesen in einer Gebärdensprache abhängt, können in den entwickelten digitalen Bilderbüchern auf jeder Bilderbuchseite DGS-Videos optional ein- und ausgeblendet werden. Zusätzlich gibt ein bilderbuchspezifisches DGS-Glossar Eltern mit geringer DGS-Kompetenz Schlüsselwörter an die Hand und ermöglicht eine Erweiterung ihrer DGS-Kompetenzen. Außerdem dient ein mehrstufiges digitales Trainingsprogramm der Stärkung der elterlichen Vorlesekompetenzen in mehrsprachigen Kontexten und damit dem Abbau von erlebten Herausforderungen. Limitationen Onlineumfragen unterliegen verschiedenen Selektionseffekten, welche die Aussagekraft der Daten einschränken können. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Teilnahme freiwillig war und die durch die Fragebögen erhobenen Daten ausschließlich auf der Selbstauskunft der Teilnehmenden basieren. Effekte sozialer Erwünschtheit, die zu studienspezifischen Verzerrungen führen können, sind nicht auszuschließen. Weiter muss einschränkend erwähnt werden, dass es sich um eine Population von besonders vorleseenthusiastischen, sich selbst als (vor)lesesicher einschätzenden und bildungsnahen Eltern handelt. Um dieser Einschränkung zu begegnen, werden im Rahmen des Forschungsprojekts ReaDi zusätzlich qualitative Daten von Eltern, die durch Onlineumfragen möglicherweise schwer zu erreichen sind (z. B. Eltern in herausfordernden Lebenslagen), erhoben. Die gezielte Ansprache von Fachkräften, Elternverbänden etc. ermöglicht die Erreichung auch von Subpopulationen, die sonst aufgrund von Sprach- oder Technikbarrieren von Datenerhebungen ausgeschlossen sind. Nora Eisinger Anne Stutzer Prof.in Dr. Laura Avemarie Ludwig-Maximilians-Universität München Fakultät für Psychologie und Pädagogik Department für Pädagogik und Rehabilitation Lehrstuhl für Sonderpädagogik - Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation einschließlich inklusiver Pädagogik Leopoldstr. 13 80802 München Mabu Aghaei Prof.in Dr. Claudia Becker Swantje Marks Humboldt-Universität zu Berlin Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät Institut für Rehabilitationswissenschaften Abteilung Gebärdensprach- & Audiopädagogik Ziegelstr. 4 10117 Berlin Christian Müller Ludwig-Maximilians-Universität München Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften Department I - Germanistik, Komparatistik, Nordistik, Deutsch als Fremdsprache Schellingstr. 3 80799 München Nora Eisinger, Mabu Aghaei, Claudia Becker, Swantje Marks, Anne Stutzer, Christian Müller, Laura Avemarie 151 FI 3/ 2024 Anmerkungen 1 Das Projekt ReaDi wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 01JM2205a, 01JM2205b). 2 Das Einschlusskriterium war die Einrichtung (Frühförderstelle und/ oder allgemeiner Kindergarten/ Förderkindergarten) und nicht das Alter. 3 In dieser Analyse des Faktors Vorlesedauer wurde die Variable Vorlesedauer mit digitalen Kinderbüchern nicht berücksichtigt, da Eltern diese kaum nutzen. 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Schmatzende, nasse Bussis von der Tante, ko mische Angebote von wildfremden Menschen auf dem Spielplatz oder ältere Kinder, die einem die Hose runter ziehen: Das sind richtig doofe Situationen, in denen man eigentlich nur ganz schnell irgendwo in einem Loch verschwinden will. Ben, Ida und Toni kennen diese Situationen auch. Aber: Sie kennen auch ein paar richtig gute Strategien, um sich zu wehren! Denn die drei Freunde sind zwar noch jung - aber sie wis sen ganz genau, wie sie „Nein! “ sagen können, wie sie blöde Gefühle im Bauch oder schlechte Geheimnisse ganz schnell wieder los werden und welche Rechte sie haben. In diesem Buch lernen Kinder, Grenzen zu setzen, auf ihr Bauch gefühl zu hören und sich vor sexuellem Miss brauch zu schützen.
