eJournals Frühförderung interdisziplinär 43/1

Frühförderung interdisziplinär
1
0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/fi2024art04d
11
2024
431

Aus der Praxis: SGB VIII-Reform: Echte Inklusion immer - zurück hinter UN-BRK und BTHG nimmer!

11
2024
Gerhard Krinninger
Wie stellt sich die Umsetzung von Früherkennung und Frühförderung sieben Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung (Bundesteilhabegesetz – BTHG) dar? Wissenschaftliche Beiträge, beispielsweise in dieser Zeitschrift, und Diskussionen wie bei der Abschlussveranstaltung zur BTHG-Umsetzungsbegleitung vermitteln tendenziell den Eindruck wachsender Uneinheitlichkeit und Uneindeutigkeiten, mitunter sogar von Verhärtungen. Dieser Eindruck bezieht sich einerseits auf gesellschaftstheoretische und sozialpolitische Vorstellungen von Teilhabe, Inklusion, Partizipation und Einbezogensein, andererseits auf fachlich-methodische Aspekte der Prävention, Niederschwelligkeit von Zugängen, Interdisziplinarität und Vernetzung sowie, drittens, auf gesetzliche Verankerungen bzw. vertragliche Festlegungen von Leistungsberechtigten, Ermittlungs- und Prüfverfahren, trägerübergreifende Leistungserbringung „wie aus einer Hand“, Landesrahmenvereinbarungen sowie Finanzierungen. Obwohl mit dem BTHG unmissverständlich die Zersplitterung des Leistungsgeschehens überwunden und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe gestärkt werden sollten, hat es den Anschein, als wären nicht bundesweite Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit, sondern länder- und trägerspezifische Alleingänge sowie regionale Leistungsunterschiede befördert worden. Für diese Vermutung sprechen die Vielzahl unterschiedlicher Instrumente zur Ermittlung von Eingliederungshilfebedarfen sowie die an Beliebigkeit grenzende (Nicht-)Umsetzung der Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung in den einzelnen Bundesländern.
1_043_2024_1_0005
35 Frühförderung interdisziplinär, 43.-Jg., S.-35 - 48 (2024) DOI 10.2378/ fi2024.art04d © Ernst Reinhardt Verlag AUS DER PRAXIS SGB VIII-Reform: Echte Inklusion immer - zurück hinter UN-BRK und BTHG nimmer! Gerhard Krinninger 1. Einleitung Wie stellt sich die Umsetzung von Früherkennung und Frühförderung sieben Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung (Bundesteilhabegesetz - BTHG) dar? Wissenschaftliche Beiträge, beispielsweise in dieser Zeitschrift, und Diskussionen wie bei der Abschlussveranstaltung zur BTHG-Umsetzungsbegleitung 1 vermitteln tendenziell den Eindruck wachsender Uneinheitlichkeit und Uneindeutigkeiten, mitunter sogar von Verhärtungen. Dieser Eindruck bezieht sich einerseits auf gesellschaftstheoretische und sozialpolitische Vorstellungen von Teilhabe, Inklusion, Partizipation und Einbezogensein, andererseits auf fachlichmethodische Aspekte der Prävention, Niederschwelligkeit von Zugängen, Interdisziplinarität und Vernetzung sowie, drittens, auf gesetzliche Verankerungen bzw. vertragliche Festlegungen von Leistungsberechtigten, Ermittlungs- und Prüfverfahren, trägerübergreifende Leistungserbringung „wie aus einer Hand“, Landesrahmenvereinbarungen sowie Finanzierungen. Obwohl mit dem BTHG unmissverständlich die Zersplitterung des Leistungsgeschehens 2 überwunden und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe 3 gestärkt werden sollten, hat es den Anschein, als wären nicht bundesweite Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit, sondern länder- und trägerspezifische Alleingänge sowie regionale Leistungsunterschiede befördert worden. Für diese Vermutung sprechen die Vielzahl unterschiedlicher Instrumente zur Ermittlung von Eingliederungshilfebedarfen sowie die an Beliebigkeit grenzende (Nicht-)Umsetzung der Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung in den einzelnen Bundesländern. Indes entbehrt es nicht einer gewissen Logik zu fragen, ob denn im Kindes- und Jugendalter überhaupt noch BTHG-Umsetzung und Teilhabestärkung im Vordergrund stehen, wo doch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (K JSG) im Juni 2021 bereits wegbereitend für eine inklusive SGB VIII-Reform auf den Weg gebracht wurde (Bundesrat-Drucksache 319/ 21). Vermutlich spielt diese Entwicklung Bundesländern sogar in die Karten, die bislang die Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung gar nicht oder bei Weitem nicht flächendeckend umgesetzt haben. Dennoch gilt: Landesregierungen wurden per Soll-Vorschrift in die Pflicht genommen, Regelungen durch Rechtsverordnung zu treffen, für den Fall, dass bis zum 31. Juli 2019 keine Landesrahmenvereinbarung in Sachen Früherkennung und Frühförderung zustande gekommen ist. 4 Darüber hinaus werden Handlungsbedarfe durch Ergebnisse begründet, die darauf hinweisen, dass nur ca. die Hälfte der leistungsberechtigten Kinder die Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung erhält. 5 Der vorliegende Beitrag möchte als Plädoyer für ein zweigeteiltes, jedoch miteinander verbundenes Anliegen verstanden werden, das sich folgendermaßen zusammenfassen lässt: Es gibt gute Gründe für eine beharrliche teilhabeorientierte Weiterentwicklung der Früherkennung und 36 FI 1/ 2024 Aus der Praxis Frühförderung im Sinne von SGB IX (Art. 1 BTHG) und Frühförderungsverordnung - FrühV (Art. 23 BTHG) - trotz einer Vielzahl berechtigter Einwände. Darüber hinaus ist eine offene und gleichermaßen wachsame Auseinandersetzung geboten, wenn von Inklusion und inklusiver SGB VIII-Reform die Rede ist. 2. Zurück hinter UN-BRK und BTHG nimmer! Standards des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention - UN-BRK) In ihrer Präambel gelangt die UN-BRK u. a. zu der Feststellung, dass sich Menschen mit Behinderungen „(…) nach wie vor Hindernissen für ihre Teilhabe als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft sowie Verletzungen ihrer Menschenrechte gegenübersehen“ 6 . Diese Feststellung veranlasste die Vereinten Nationen dazu, die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ (AEMR) von 1948 in Bezug auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen als Menschenrecht zu präzisieren. AEMR und UN-BRK zusammen bilden substanzielle rechtliche Grundlagen dafür, dass Teilhabe - international wie national - zu einem Leit- und Rechtsbegriff avanciert ist. Das Verständnis von Teilhabe im Sinne der UN-BRK umfasst insbesondere eine aktive Beteiligung an Entscheidungsprozessen, 7 die Gleichberechtigung von Kindern mit und ohne Behinderungen in Bezug auf alle Menschenrechte und Grundfreiheiten , 8 die Verringerung der nachteiligen Auswirkungen von Armut auf Menschen mit Behinderungen 9 sowie den vollen Zugang zur physischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Umwelt, zu Gesundheit und Bildung sowie zu Information und Kommunikation 10 . Ein frühzeitiger und niederschwelliger Zugang zu Informationen und Diensten kann als zentrale Voraussetzung für volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe angesehen werden. Chancengleichheit 11 , Zugänglichkeit 12 sowie die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität 13 seien aus den „Allgemeinen Grundsätzen“ ergänzend hinzugefügt, ebenso das Recht auf Leben 14 . Als Meilenstein bzw. Paradigmenwechsel im Verständnis von Behinderung kann Artikel 1 der UN- BRK bezeichnet werden: „Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.“ Die Einschränkung von Teilhabe erhält durch die Neudefinition von Behinderung den Status eines konstitutiven Merkmals. Überschrift und Inhalt von Artikel 26 „Habilitation und Rehabilitation“ beschreiben eine ganzheitliche Dimension der Zielsetzung - ein Höchstmaß an Unabhängigkeit. Menschen mit Behinderungen sollen umfassende körperliche, geistige, soziale und berufliche Fähigkeiten sowie eine volle Einbeziehung in alle Aspekte des Lebens erreichen und bewahren. Damit kommen zweierlei Intentionen zum Ausdruck: zum einen, dass sowohl die (erstmalige) Entwicklung individueller Persönlichkeits- und Teilhabepotenziale von Menschen mit Behinderungen ebenso wie die Bewahrung bzw. Wiedererlangung bereits erworbener Fähigkeiten gemeint sind, und zum anderen, dass (Re-)Habilitation im Sinne der UN-BRK unter Gesichtspunkten der individuellen Teilhabe zu verwirklichen ist. Darin wird deutlich, dass der UN-BRK ein breiteres Verständnis von Rehabilitation zugrunde liegt als vergleichsweise den aus dem Gesundheitsbereich bekannten Reha-Maßnahmen. Speziell aus der Perspektive der Früherkennung und Frühförderung ist Artikel 26 deshalb bedeutsam, weil darin unzweideutig umfassende Dienste 37 FI 1/ 2024 Aus der Praxis und Programme gefordert werden, die „im frühestmöglichen Stadium einsetzen und auf einer multidisziplinären Bewertung der individuellen Bedürfnisse und Stärken beruhen“. Die UN-BRK wurde von der Bundesrepublik Deutschland 2009 ratifiziert. Sie ist seither geltendes Recht, welches alle staatlichen Stellen zur Umsetzung verpflichtet. Standards des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung (Bundesteilhabegesetz - BTHG) Mit dem Inkrafttreten des BTHG - einer der umfänglichsten Gesetzgebungsreformen der letzten Jahrzehnte in der Bundesrepublik Deutschland - wurden die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe als Anspruch und Rechtsbegriff weiter differenziert und verankert, Teilhabeleistungen definiert und mit konkreten personenbezogenen Leistungsberechtigungen hinterlegt. Das BTHG unterscheidet fünf verschiedene Leistungsgruppen: Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, 15 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, 16 unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, 17 Leistungen zur Teilhabe an Bildung 18 sowie Leistungen zur sozialen Teilhabe 19 . Außerdem wird der exponierte rechtliche Stellenwert der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in der deutschen Sozialgesetzgebung dadurch untermauert, dass eine vorrangige Prüfung von Leistungen zur Teilhabe festgeschrieben wurde. 20 Zur Stärkung von Teilhabe und Selbstbestimmung stellt das BTHG Menschen mit Behinderungen bzw. Sorgeberechtigten zur Stärkung ihrer Teilhabe erweiterte Beratungsangebote zur Verfügung. 21 Im Kontext Frühförderung ist das in § 6 a FrühV als weiterer Bestandteil der Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung benannte offene Beratungsangebot von Bedeutung, welches Eltern, die ein Entwicklungsrisiko bei ihrem Kind vermuten, einen frühzeitigen und zielgruppenspezifischen Zugang zu Informationen und Diensten ermöglicht. Das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten beinhaltet die grundsätzliche Maßgabe, dass berechtigten Wünschen entsprochen wird. In der Praxis zeigt sich allerdings, dass die Klärung und Durchsetzung dessen, welche Wünsche als berechtigt gelten, nicht frei von subjektiven Betrachtungsweisen und machtgeprägten Verfahrens- und Entscheidungsprozessen sind. Allgemein wird eine allseitige Rücksichtnahme auf die persönliche Lebenssituation (Alter, Geschlecht, Religion, Familie etc.) sowie möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher und selbstbestimmter Gestaltung ihrer Lebensumstände gesetzlich zugesichert. Ganz explizit ist den besonderen Bedürfnissen von Müttern und Vätern mit Behinderungen sowie von Kindern mit Behinderungen Rechnung zu tragen. Außerdem wird Leistungsberechtigten eine Beteiligung in allen Verfahrensschritten eingeräumt. Leistungen zur Teilhabe bedürfen der Zustimmung der Leistungsberechtigten. 22 Ein weiterer Grundsatz, der vornehmlich auch im Frühförderbereich einzulösen ist, besteht darin, dass Leistungen für Kinder mit (drohenden) Behinderungen so zu planen und umzusetzen sind, dass sie nach Möglichkeit nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen betreut werden können. 23 Überdies zählen die verbindliche Kooperation der Rehabilitationsträger und Konvergenz von Teilhabe- und (Re-)Habilitationsleistungen zu den Kernzielen und -elementen des BTHG. Dementsprechend wird dem Behinderungsbegriff eine klärende und maßstabsbildende Funktion für die Rehabilitationsträger beigemessen. 24 Flankierend legte der Gesetzgeber zudem fest, dass die Vorschriften zur Einleitung der Rehabilitation von Amts wegen, Erkennung und Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs sowie zur Koordinierung der 38 FI 1/ 2024 Aus der Praxis Leistungen 25 den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen vorgehen. Von diesen Vorschriften kann teilweise nicht einmal durch Landesrecht abgewichen werden. 26 Auf dieser trägerübergreifenden Grundlage bauen die Ermittlung und Planung von individuellen Teilhabebzw. (Re-)Habilitationsbedarfen auf. Sie sollen einheitlich, überprüfbar, individuell, alters- und funktionsbezogen, unter Verwendung von systematischen Arbeitsprozessen (z. B. dialogischer Prozess), frühzeitig, ganzheitlich, umfassend sowie in Bezug auf Ziel, Art und Umfang nahtlos ineinandergreifend gestaltet werden. 27 Mitzudenken sei ferner, dass sich individuelle Teilhabe- und (Re-)Habilitationsbedarfe im Laufe des Lebens verändern (Weiß 2019). Gemäß der Neudefinition von Behinderung spielt die Identifikation von Barrieren eine tragende Rolle bei der (Wieder-)Herstellung voller, wirksamer und gleichberechtigter Teilhabe. In der Gesetzesbegründung zum BTHG wird darauf verwiesen, insbesondere bauliche, technische, kommunikative und einstellungsbedingte (Vorurteile, Ängste) Teilhabebarrieren zu erfassen. 28 Der Abbau individueller Teilhabebarrieren kann ein möglicher Ansatzpunkt sein, um Teilhabechancen zu verbessern, ebenso die Förderung von Teilhabemöglichkeiten(-chancen). Letztere interpretiert Weiß als positives Gegenstück zu Teilhabebarrieren in der materiellen und sozialen Umwelt. Analog dazu begreift er das Zusammenwirken von Teilhabemöglichkeiten(-chancen) einerseits und individuellen Teilhabefähigkeiten andererseits als Positiv- Formulierung des bio-psychosozialen Modells der ICF (ebd.). Wie bereits das Gemeinsame Rundschreiben von Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und Bundesministerium für Gesundheit (BMG) 2009 definiert das BTHG die Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung als eigenständige Leistung. 29 Sie umfasst Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, heilpädagogische Leistungen sowie weitere Leistungen. 30 In Abgrenzung zu sonstigen Leistungen der beteiligten (Re-)Habilitationsträger erschöpft sich der Charakter der Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung nicht in der Addition einzelner Leistungspflichten. Die Erbringung richtet sich grundsätzlich nicht nach den Vorgaben der Heilmittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses. Gleichzeitig werden Interdisziplinarität, Qualität und Lebensweltbezug durch interne und externe „Korridorleistungen“ sowie durch eine mobile, nicht auf medizinische Indikationen begrenzte Arbeitsweise gestärkt. 31 Heilpädagogische Leistungen können entweder als Einzelleistungen oder aber als Bestandteil der übergreifenden Komplexleistung erbracht werden. Die Art der Leistungserbringung, ob einzeln oder in komplexer Form, ist jedoch mit nicht unwesentlichen Implikationen verbunden: Einerseits findet die Frühförderungsverordnung als konkretisierende Ausführungsvorschrift lediglich bei einer Komplexleistung Anwendung. Andererseits können heilpädagogische Leistungen generell nur an schwerstbehinderten und schwerstmehrfachbehinderten Kindern erbracht werden. 32 Nicht zuletzt entstehen in der Praxis Umsetzungsunterschiede dadurch, dass bei (isolierten) heilpädagogischen Leistungen die jeweiligen Leistungsgesetze des Eingliederungshilfeträgers erfahrungsgemäß stärker ins Gewicht fallen als im Komplexleistungsfall. Aber auch dann, wenn (lediglich) heilpädagogische Leistungen beantragt wurden, ist - nach einem Richterspruch des Sozialgerichts in Karlsruhe 33 - eine interdisziplinäre Eingangsdiagnostik zwingend notwendig. Das Sozialgericht betrachtet die Abklärung eines Komplexleistungsbedarfs als Regelfall und vorrangig gegenüber der heilpädagogischen Frühförderung als Einzelleistung. Aufschlussreich an dem Urteil ist weiterhin, dass eine ärztliche Verordnung zur Erlangung der „fachlichen Erkenntnis“ hinsichtlich eines Teilhabebedarfs auf heilpädagogische Leistungen nicht ausreichend ist. Eine Leistungserbringung sei erst mit dem Vorliegen aller Prüfungen und Voraussetzungen möglich. Diese Bedingung sei lediglich nach einer interdisziplinären Eingangsdiagnostik erfüllt. 39 FI 1/ 2024 Aus der Praxis Sofern eine interdisziplinäre Eingangsdiagnostik den Bedarf der Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung ergeben hat, ist gemäß FrühV ein Förder- und Behandlungsplan zu erstellen, in dem die benötigten Leistungen zuständigkeitsübergreifend zusammengeführt werden. Damit entspricht der Förder- und Behandlungsplan im Bereich Früherkennung und Frühförderung dem trägerübergreifenden Teilhabeplan in Teil 1 SGB IX. Beide dienen einer nahtlosen Zusammenführung individuell benötigter Leistungen sowie der Leistungserbringung „wie aus einer Hand“. Bereits das Gemeinsame Rundschreiben von BMAS und BMG erklärte übergreifende Entwicklungs- und Teilhabeziele zu einem fixen Bestandteil der Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung. Zur Vervollständigung der gesetzlich basierten Besonderheiten der Komplexleistung seien nachfolgend noch weitere Aspekte erwähnt: n „Die interdisziplinären Frühförderstellen (…) stellen die nach dem individuellen Bedarf zur Förderung und Behandlung voraussichtlich erforderlichen Leistungen nach §§ 5 und 6 in Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten in einem interdisziplinär entwickelten Förder- und Behandlungsplan schriftlich oder elektronisch zusammen und legen diesen den beteiligten Rehabilitationsträgern nach Maßgabe des § 14 des Neunten Buch Sozialgesetzbuch zur Entscheidung vor“ (§ 7(1) FrühV). n Medizinisch-therapeutische Leistungen auf der Grundlage des Förder- und Behandlungsplans richten sich grundsätzlich nach dem Förder- und Behandlungsplan. 34 n Die Beratung, Unterstützung und Begleitung der Erziehungsberechtigten durch medizinische Therapeut: innen stellt eine Regelleistung dar. 35 Einschub 1: Öffentliche Jugendhilfe als Träger von Teilhabeleistungen Zum Kreis der durch das BTHG bestimmten Rehabilitationsträger - (Re-)Habilitation im erweiterten Sinne der UN-BRK verstanden - zählen auch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Damit geht einher, dass die trägerübergreifenden Verpflichtungen gemäß Teil 1 SGB IX bereits seit 2018 auch für die Kinder- und Jugendhilfe Gültigkeit besitzen, z. B. die frühzeitige Erkennung von Rehabilitationsbedarfen, die vorrangige Prüfung von Teilhabeleistungen, das Hinwirken auf Antragstellungen, BTHG-spezifische Qualifizierung von Fachkräften des Jugendamts einschließlich des notwendigen Wissens über das Leistungsspektrum anderer Reha-Träger und BTHGbezogene Fristenregelungen, ICF-orientierte Bedarfsermittlung, verbindliche und konkrete Zusammenarbeit mit anderen Rehabilitationsträgern sowie die Anwendung des Teilhabeplanverfahrens als Brückenschlag zwischen den Leistungssystemen. 36 Zwar wurde mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz eine Legaldefinition zur Übernahme des Behinderungsbegriffs von UN-BRK und BTHG eingefügt. 37 Im Gegensatz dazu blieb indes der Wortlaut des § 35 a SGB VIII unverändert. Behinderung wird dort weiterhin als Eigenschaft bzw. Defizit der Person betrachtet - ohne Berücksichtigung von einstellungs- und umweltbedingten Teilhabebarrieren. De facto existieren damit zwei unterschiedliche Behinderungsbegriffe für Kinder/ Jugendliche mit körperlichen, sinnesspezifischen und geistigen Beeinträchtigungen einerseits und seelischen Beeinträchtigungen andererseits. In Summe stehen das Verständnis von Behinderung, die Nichtbeachtung der vorrangigen Prüfung von Teilhabebedarfen, Arbeitsprozesse, Arbeitsinstrumente sowie fehlende Teilhabezielsetzungen und -maßnahmen vielerorts nicht in Einklang mit den für alle (Re-)Habilitationsträger verbindlichen Regelungen gemäß Teil 1 SGB IX. Schlussfolgernd bedeutet dies in Bezug auf die trägerübergreifend ausgestaltete Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung, dass die notwendigen Kompatibilitätsvoraussetzungen seitens der öffentlichen Jugendhilfe nicht grundsätzlich erfüllt sind. 40 FI 1/ 2024 Aus der Praxis Abschließende Anmerkungen zum 2. Gliederungspunkt Wie dargestellt, wurde mit UN-BRK und BTHG der menschenrechtsbasierte Leitgedanke der Teilhabe grundlegend und vielschichtig in der deutschen Sozialgesetzgebung verankert. Teilhabe ist dadurch auch zu einem bedeutsamen Rechtsbegriff aufgestiegen, aus dem sich zahlreiche Rechtsansprüche ableiten lassen. In Anbetracht der Tatsache, dass noch nicht alle BTHG-Reformstufen in Gänze vollzogen wurden - die Neudefinition der Leistungsberechtigten im Eingliederungshilfebereich ist noch ausständig - und die Handlungsoptionen und -verpflichtungen des BTHG längst noch nicht ausgeschöpft sind (vgl. DVfR 2019), erscheint eine finale Bewertung verfrüht. Unbeschönigt festzuhalten ist jedoch, dass es auch mit dem BHTG nicht gelungen ist, das altbekannte „Etikettierungs-Ressourcen-Dilemma“ zu überwinden. Auch das BTHG kommt in seiner Definition von Behinderung nicht ohne normierende Kategorienbildung aus. Denn: Der für das Lebensalter typische Körper- und Gesundheitszustand wird darin zum Bewertungsmaßstab erklärt und die Abweichung davon als Beeinträchtigung. Erst diese Kategorisierung ebnet den Weg zu Teilhabeansprüchen und -leistungen. Überdies muss in Bezug auf die Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung zur Kenntnis genommen werden, dass sie nicht flächendeckend in der vom Gesetzgeber gewünschten Form umgesetzt wird. Dennoch käme es einer leichtfertigen und voreiligen Konsequenz gleich, das BTHG, respektive UN-BRK, nicht als Basis für eine ambitionierte Weiterentwicklung gesetzlich grundgelegter Teilhaberechte und -leistungen zu nutzen. Im Gegenteil: Errungenschaften zu sichern, weitere Gestaltungsspielräume aufzuzeigen, Umsetzungsbarrieren abzubauen und teilhabeförderliche Optionen mit Leben zu füllen, bleibt uneingeschränkt gesamtgesellschaftliche (Mammut-)Aufgabe. 3. Echte Inklusion immer! So häufig von Inklusion die Rede ist, so unklar erscheint vielfach, was jeweils damit gemeint sein könnte. Theoretische Präzisierungen sind dringend nötig. In diesem Kapitel wird daher der Versuch einer geschichtlichen Annäherung und inhaltlichen Differenzierung unternommen. Wesselmann (2022) unterscheidet vier verschiedene, teils historisch hergeleitete Verwendungsformen bzw. -kontexte des Begriffes Inklusion. Demnach habe Luhmann in den 1970er-Jahren das Begriffepaar Exklusion und Inklusion in die Soziologie eingeführt. Inklusion im Luhmann’schen Verständnis beziehe sich auf die Mitgliedschaft in gesellschaftlichen Funktionssystemen, z. B. Arbeit, Bildung, Gesundheit und Wissenschaft. Im Gegensatz zu Luhmann, der Inklusion und Exklusion „wertfrei“ verstanden wissen wollte, sei im Kontext der Erforschung sozialer Ungleichheit in den 1980er-Jahren eine normative (Be-)Wertung der beiden Begriffe aufgekommen - vornehmlich noch mit Fokus auf dem Begriff der (sozialen) Exklusion, bevor Inklusion als Gegenbegriff entworfen worden sei. Seit der Verabschiedung der UN-BRK (2006) stehe nunmehr die Inklusion im Vordergrund, charakterisiert durch eine inhaltliche Ausrichtung auf Menschenrechte. Ein vierter, von Wesselmann identifizierter Verwendungshorizont bezieht sich auf die (Schul-)Pädagogik. Hierbei ziele die Inklusionsdebatte auf die Änderung des Systems ab. Nach Jantzen (2017, in Bezugnahme auf Doose 2011) besteht der Kern des Inklusionsbegriffs in der gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen in ihrer Verschiedenheit in all ihren Lebensbereichen, unabhängig von Frau oder Mann, jung oder alt, arm oder reich, von Behinderung, Migrationshintergrund, sexueller Orientierung, religiösem Bekenntnis usw. Laut Dederich (2015) gehört die Wertschätzung von Vielfalt und Differenz zu den sozialmoralischen Kernforderungen der Inklusion. Bei Umsetzungsbemühungen stünden jedoch eher sozialtechnologisch kontrollierbare Aspekte im Fokus, 41 FI 1/ 2024 Aus der Praxis beispielsweise der Umbau von Organisationen und Systemen, Qualifikation von Professionellen, Schaffung von Barrierefreiheit, Sicherung von Ressourcen sowie methodische und didaktische Ansätze. Dederich sieht die subjektive Dimension der Inklusion bisweilen so sehr vernachlässigt, dass sie kaum noch wahrnehmbar sei. Angesichts der hohen Bedeutung individueller Gefühle, die mit der Schaffung von Nähe und Distanz, Sympathie und Antipathie, Bindung - also jedweden sozialen Prozessen - in Verbindung steht, sei eine einseitige Herangehensweise zu kurz gegriffen. Dederich verweist darauf, dass die Rolle von Emotionen bei Akten des Wertschätzens, Respektierens und für die Entstehung eines gerechten Gemeinwesens inzwischen auch von der politischen Philosophie erkannt worden sei. Aus der Sicht von Buchner, T. und Leitner, S. (2016) sind vier Bedingungen für die Realisierung von Inklusion unerlässlich: ein funktionierendes soziales Netz, die Bereitstellung von Ressourcen und Unterstützungssystemen für alle, Kooperation mit gleichberechtigten Partner: innen sowie Engagement der Mitarbeiter: innen. In Bezug auf die Realisierbarkeitsperspektive sehen die beiden Autoren eine Lagerbildung in: a) jene Menschen, die große Chancen (Bereicherung für Gesellschaft, Anerkennung von Individualität, Entwicklungsperspektiven einzelner Zielgruppen) in den Vordergrund stellen, und b) jene, die dem Inklusionskonzept keine oder nur wenige Chancen hinsichtlich der Realisierung geben. Recherchiert man Veröffentlichungen zur Inklusion im Bereich Früherkennung und Frühförderung, so spiegelt sich die eben beschriebene Lagerbildung gleichfalls wider. Nach ihrem Veröffentlichungsdatum gereiht, wird nachfolgend eine kleine Auswahl aufgeführt: „In der gegenwärtigen Diskussion, in der alles Inklusive einen ideologisch hohen Wert hat, kann es leicht dazu kommen, dass alles Besondere unter diskreditierenden Druck gerät.“ (Speck 2012, 47) „Rein ökonomische Modelle (…) enthalten (…) die Gefahr weiterer Ausgrenzungen, da der ,Mehraufwand‘ für Kinder mit Behinderungen unter dem Druck von Kosteneinsparungen ausdrücklich gerechtfertigt werden muss.“ (Heimlich 2016, 37) „Diese Gesellschaft entwickelt zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit eine Gleichheitsmetaphorik.“ (S. 7) „Das moralische Reden von Inklusion - exkludiert.“ (Emlein 2017, 2) „Der inklusions- und integrationsbezogene Selbstanspruch der Interdisziplinären Frühförderung steht in einem Spannungsverhältnis zu der Tatsache, dass dieses System insofern exklusiven Charakter hat, als es gemäß seinen rechtlichen Grundlagen für eine bestimmte, ‚besondere‘ Klientel - Kinder mit (drohender) Behinderung - zuständig ist.“ (Weiß 2022, 116 f.) „Es stellt sich die Frage, ob die Frühförderung in ihren traditionellen Strukturen den veränderten Anforderungen ihrer Klientel noch entspricht und welchen Beitrag sie leisten kann, um vermehrt präventiv wirken zu können. (…) Das Konzept der Inklusiven Frühförderung überwindet all diese kritischen Aspekte und setzt stattdessen systemübergreifende Akzente, die den modernen Anforderungen an Frühförderung Rechnung tragen sollen.“ (Sohns 2022, 139 und 142) „Und was heißt ,inklusiv‘? Dieses Wort stellt heute immer mehr eine leere Worthülse dar.“ (…) „Die zentrale Frage dürfte die nach der Eigenständigkeit (der IFS) sein.“ (Peterander 2022, 165f.) „Im Rahmen der Implementierung der Inklusion wird sie (die Frühförderung) langfristig den exkludierenden Charakter als ,Sondereinrichtung‘ hinter sich lassen im Sinne der natürlichen Vielfalt aller Kinder. (…) Der damit verbundene Anspruch ist allgemeingültig, aber bisher weit entfernt von einer gelebten Realität.“ (Kühl 2023, 84) 42 FI 1/ 2024 Aus der Praxis Einschub 2: Auf dem Weg zu einem inklusiven SGB VIII In ihrem Positionspapier mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem ,Inklusiven SGB VIII‘ - Standortbestimmung mit Impulsen zur Weiterentwicklung“ beschreibt die Vereinigung für Interdisziplinäre FrühFörderung - Bundesvereinigung (VIFF) e. V. strukturelle Merkmale interdisziplinärer Frühförderung sowie gesetzlich verankerte Bestandteile der Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung. Exemplarisch seien offenes, niederschwelliges Beratungsangebot/ Erstberatung, Wunsch- und Wahlrecht, umfassende interdisziplinäre Diagnostik und ICF-orientierte Ermittlung von Teilhabebedarfen, Förder- und Behandlungsplan (= Teilhabeplan), trägerübergreifende Leistungen „wie aus einer Hand“, aufsuchende Leistungserbringung sowie Maßnahmen zur Sicherstellung der Interdisziplinarität angeführt (VIFF 2023). Die gesetzlichen Grundlagen hierfür bilden in erster Linie Teil 1 SGB IX in Artikel 1 BTHG und die FrühV (Art. 23 BTHG). Wenn also in § 107 „Übergangsregelung“ Kinder- und Jugendstärkungsgesetz die Losung ausgegeben wird, dass „keine Verschlechterungen für leistungsberechtigte (…) Personen (…) sowie des Leistungsumfangs im Vergleich zur Rechtslage am 1. Januar 2023 herbeizuführen“ seien, müssen die Errungenschaften von UN-BRK und BTHG - unter Maßgabe einer „conditio sine qua non“ - als sicherzustellende Standards gesetzt sein. Dies ist insbesondere auch deshalb geboten, weil es sich bei der „Inklusion“ (längst noch) nicht um einen differenziert verankerten Rechtsbegriff handelt, der anhand konkretisierter Leistungen 38 definiert, mit Leistungsgruppen beschrieben und der zur einheitlichen und überprüfbaren Ermittlung des individuellen (Re-)Habilitationsbedarfs durch systematische Arbeitsprozesse und standardisierte Arbeitsmittel (Instrumente) auf der Basis des bio-psycho-sozialen Modells zu operationalisieren ist. Durch bemerkenswerte Klarheit besticht die Stellungnahme der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände vom 26. 4. 2023, aus der folgendes Zitat stammt: „Wir erlauben uns (…) darauf hinzuweisen, dass die alleinige Überführung der Leistungen aus dem SGB IX in das SGB VIII nicht dazu führt, dass Leistungen automatisch ,inklusiv‘ werden. (…) Inklusive Lebensverhältnisse sind dann hergestellt, wenn Kinder ohne Förderbedarf mit Kindern mit Förderbedarf ohne Inanspruchnahme von Leistungen (ob diese im SGB VIII oder im SGB IX normiert sind, ist dabei zweitrangig) selbstverständlich aufwachsen können und die Regelsysteme nutzen können“ (S. 2). Eine inklusive SGB VIII-Reform kann folglich nur dann gelingen, wenn Menschen mit Behinderungen ihre bisherigen rechtlichen Ansprüche und Leistungen nicht verlieren, ohne dass volle, wirksame und gleichberechtige gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten nicht per se durch inklusive Strukturen gewährleistet werden. Abschließende Anmerkungen zum 3. Gliederungspunkt Sechs Sachverhalte sind in Bezug auf Inklusion und inklusive SGB VIII-Reform substanziell zu reflektieren: 1. Augenscheinlich offenbaren Diskussionen und wissenschaftliche Beiträge zum Thema Inklusion theoretische Unschärfen. Die „Verständniswelten“ bewegen sich zwischen wertfreier Verwendung und „paradiesischem Verheißungscharakter“. Nicht ohne Süffisanz und Doppeldeutigkeit lässt sich trefflich anmerken, dass die „Normalität der Verschiedenheit“ gleichfalls für das Verständnis des Begriffes Inklusion selbst zutrifft. Umso essenzieller ist die Klärung, auf welche Definition sich KJSG und inklusive SGB VIII-Reform beziehen, damit die nötigen Voraussetzungen für ein transparentes und stabiles Fundament gewährleistet werden. 43 FI 1/ 2024 Aus der Praxis 2. Wenn im Konzept der Inklusion die „Normalität der Verschiedenheit“ propagiert wird, impliziert dies erkennbar auch eine Wahrnehmung und Feststellung unterschiedlicher Ausprägungen menschlicher Eigenschaften. Entscheidend sind offensichtlich nicht die wahrbzw. vorgenommenen Unterschiede selbst, sondern deren Bewertungen auf der Basis normativer und einstellungsbezogener Gesichtspunkte. Zu bedenken ist, dass sich ein derart fundamentaler gesamtgesellschaftlicher Haltungs- und Praxiswandel nicht allein per Gesetzesreform vollziehen wird. 3. Daneben fehlt es bei der intendierten SGB VIII- Reform bis dato an verbindlichen Zieldefinitionen. Denn: Sprachwissenschaftlich betrachtet, stellt „inklusive“ lediglich eine Beifügung dar, nicht das Eigentliche. Welche Reichweite soll/ wird die inklusive SGB VIII-Reform tatsächlich annehmen? Werden politische Durchsetzungskraft und gesellschaftlicher Wille so ambitioniert und anhaltend sein, dass sie in der Lage sind, Systeme und Strukturen im Bereich der öffentlichen Jugendhilfe in einer Form nachhaltig zu verändern, sodass Beantragungen individueller Teilhabeleistungen in Alltag und Praxis regelrecht überflüssig werden? 4. Auf breiter Basis wurde/ wird die „ausstattungs- und befähigungsarme“ Kostenkalkulation in Zusammenhang mit dem KJSG bemängelt, z. B. durch den Deutschen Bundesrat. In der Tat stehen Realisierungsanforderungen, z. B. konzeptioneller, baulicher, institutioneller, personeller und sozialräumlicher Art, in einem erstaunlichen Missverhältnis zum prognostizierten Mehraufwand sowohl auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene als auch im Bereich der Wirtschaft und der (Re-)Habilitationsträger. 5. Zudem sind die Zweifel nicht ausgeräumt, ob das „Wächteramt“ in Bezug auf Kindeswohlgefährdungen und inklusive Ausgestaltung des SGB VIII miteinander vereinbar sind. 6. Nicht zuletzt wirkt in hohem Maß irritierend und entmutigend, dass seit Inkrafttreten des KJSG de facto zwei sich gegenseitig ausschließende Legaldefinitionen von Behinderung - der wechselwirkungsbasierte Behinderungsbegriff von UN-BRK und BTHG sowie das überholte Verständnis, welches Behinderung als Merkmal einer Person betrachtet - gleichzeitig Bestandteil des SGB VIII sind. Auch für die Früherkennung und Frühförderung haben Themen in Zusammenhang mit der inklusiven SGB VIII-Reform naturgemäß sehr hohe Relevanz. Inklusionsorientierte Neuausrichtungen konzeptioneller und praxisbezogener Art stehen im Raum, u. a.: Wie können Zugänge, Prävention, Früherkennung und Kooperationen mit prophylaktischen Angeboten der öffentlichen Jugendhilfe und des Gesundheitsbereichs ausgebaut werden, indem eigene Kompetenzen gleichwertig eingebracht werden können (vgl. Weiß 2022)? Wie lassen sich engagierte Ansätze zur Überwindung individueller Exklusionen strukturell verankern? Aber ebenso: Was steht für die in der Frühförderung betreuten Kinder/ Familien auf dem Spiel? Welche Errungenschaften dürfen nicht auf der Strecke bleiben? 4. Weiterentwicklungsansätze und Handlungsoptionen im Bereich Früherkennung und Frühförderung Die rund 50-jährige Entwicklungsgeschichte der interdisziplinären Frühförderung wäre wohl ohne ein innovatives und synergetisches Zusammenwirken von Wissenschaft, Politik und Praxis nicht möglich gewesen. Inzwischen geht es nicht mehr so sehr darum, etwas komplett Neues zu schaffen, sondern - aufbauend auf Bewährtem und bestehenden rechtlichen Gegebenheiten - sinnvolle und notwendige Weiterentwicklungen in Gang zu setzen. Allein schon der geringe Grad an Inanspruchnahme der Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung und der Umstand, dass die Komplexleistung nicht flächendeckend in der vom Gesetzgeber gewünschten Form umgesetzt wird, sind Handlungsaufforderung genug. 44 FI 1/ 2024 Aus der Praxis Es müsse ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass die interdisziplinäre Frühförderung nicht ein nachrangiges System für 4 bis 6 % junger Kinder in „Notfällen“ sei. Zur Überwindung dieses Zustandes schlägt Kühl eine Auseinandersetzung mit folgenden drei Fragen vor: Was kann dabei helfen, Barrieren für Lernen und Teilhabe zu überwinden? Welche Ressourcen sind nutzbar, um Lernen und Teilhabe zu unterstützen? Wie können zusätzliche Ressourcen mobilisiert werden, um beides zu unterstützen? (Kühl 2023, 97). Weiterentwicklungsansätze und Handlungsoptionen der interdisziplinären Frühförderung auf konzeptioneller, fachlicher und organisatorischer Ebene Konkrete Anregungen und Ideen in Richtung Teilhabe und inklusive Prozesse finden sich in der Fachliteratur reichlich. Eine kleine Übersicht ist im anschließenden Text stichpunktartig zusammengestellt: n Wesselmann (2022) rät dazu, generell von der individuellen Exklusionssituation her zu denken, um Bedarfe zu erkennen und zu mehr Teilhabe und Inklusion zu gelangen. n Emlein (2017) schlägt eine systematische Analyse des „Exklusionsprofils“ betreuter Familien vor. n Sohns (2022) fordert - mit Verweis auf „sozialen Gradienten“ und „neue Morbidität“ (vgl. KIGGS- Studie 2008, zit. n. Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2008) - von Gesundheitsbereich sowie Jugend- und Eingliederungshilfe responsive und systemübergreifende Angebote an das gesamte System Familie, die trägerspezifische Parallelstrukturen überwinden und auf gemeinsamen Konzepten basieren. n Weiß (2022) ermutigt im Sinne des bio-psychosozialen Modells zu einem frühestmöglichen Aufdecken eines „Hemmungszirkels“ interagierender und kumulierender psychosozialer und biologischer Faktoren und dem Entgegensetzen eines interdisziplinären „Förderzirkels“. Nachgehende Familien- und Gesundheitsfachkräfte, Kitas sowie Interdisziplinäre Frühförderstellen sollten „Glieder einer Präventionskette“ bilden. n Kratz und Klein (2016) berichten von einer flächendeckenden heilpädagogischen Fachberatung als eigenständigem Angebot von hessischen Frühförderstellen. n Lütolf und Schaub (2019) fassen internationale und nationale Studienergebnisse zusammen, die sich mit der sozialen Teilhabe von Kindern mit Behinderung in Kindertageseinrichtungen befassen. n Hanke und Minkenberg (2022) stellen das Modellprojekt „Schulstarthelfer“ vor, das speziell Kindern, die im Vorschulalter interdisziplinäre Frühförderung benötigten und eine Grundschule besuchen, im ersten Schuljahr eine Übergangsbegleitung anbietet. n Krinninger et al. (2023) geben Einblicke in das Beratungsangebot „Die wichtigen Jahre 0 - 3“, welches als präventives Angebot aus dem Bereich der Frühen Hilfen in einem interdisziplinären Frühförderzentrum integriert werden konnte. n Simon (2023) verschriftlichte facettenreich Aspekte zur Gestaltung der interdisziplinären (Team-)Organisation und Zusammenarbeit. n Die Vereinigung für Interdisziplinäre Frühförderung e. V. (2018) sowie Krinninger (2020 und 2021) beschäftigen sich intensiv mit dem Gesamtprozess der Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung gemäß BTHG. Sie erläutern Einzelschritte des Gesamtprozesses, nicht zuletzt auch die Nutzung des offenen Beratungsangebots zur Stärkung von Früherkennung und Prävention. n Seidel und Schneider (2021) vermitteln praxisbezogene Anleitungen zur ICF-orientierten Bedarfsermittlung. n Pretis (2020) befasst sich - ebenfalls ICF-basiert - mit der Definition von Teilhabe sowie dem Formulieren und Evaluieren von Teilhabezielen. 45 FI 1/ 2024 Aus der Praxis n Kühl (2023) diskutiert vielschichtig Gesichtspunkte einer konzeptionellen Öffnung der interdisziplinären Frühförderung in Richtung Inklusion. Mehrere Aspekte daraus sind bereits in obige Ausführungen eingeflossen. BTHG-bezogene Handlungsbedarfe auf der Ebene der Politik, Ministerien und Leistungsträger Allein im Handlungsfeld der interdisziplinären Frühförderung werden die sinnvollen und notwendigen Entwicklungsschritte nicht zu bewerkstelligen sein. Wie oben erwähnt, sind insbesondere Landesregierungen, Länderministerien und (Re-)Habilitationsträger in kaum nachvollziehbarer Weise hinsichtlich der Umsetzung basaler BTHG- Vorgaben in Verzug, beispielsweise bei der durchgängigen Anwendung der Neudefinition von Behinderung auf der Grundlage der UN-BRK und des bio-psycho-sozialen Modells, der Realisierung der träger- und länderübergreifenden Vorrangregelungen in Teil 1 SGB IX sowie der nahtlosen Zusammenführung benötigter Teilhabeleistungen „wie aus einer Hand“. Noch mehr erstaunt fast, wie wenig detailliertes Wissen bei Verantwortlichen in Politik und bei den beteiligten (Re-)Habilitationsträgern in Bezug auf die Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung vorhanden ist. Zugleich mangelt es nicht selten an der Akzeptanz, dass die Komplexleistung Früherkennung und Frühförderung eine eigenständige Leistung darstellt, dass sie der Regelfall und gegenüber einer heilpädagogischen Frühförderung als Einzelleistung vorrangig zu prüfen ist, dass eine ärztliche Verordnung zur Erlangung der „fachlichen Erkenntnis“ hinsichtlich des Bedarfs von heilpädagogischen Teilhabeleistungen nicht ausreicht und dass es Aufgabe der (zugelassenen) Interdisziplinären Frühförderstellen und Sozialpädiatrischen Zentren ist, individuell benötigte Teilhabeleistungen in einem Förder- und Behandlungsplan (= Teilhabeplan) zusammenzustellen. Und vieles mehr. Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die in § 6 a FrühV definierten weiteren Leistungen der Komplexleistung umgesetzt und finanziert werden - insbesondere die Sicherstellung der Interdisziplinarität und Qualität durch Team- und Vernetzungspauschalen, der mobilen Leistungserbringung sowie der Elternberatung durch medizinische Therapeut: innen auf Basis eines Förder- und Behandlungsplans. 5. Zusammenfassung Flächendeckende und nachhaltige Weiterentwicklungen im Bereich Früherkennung und Frühförderung bedürfen vorrangiger und trägerübergreifender gesetzlicher Grundlagen sowie eines Leitgedankens, der auch als Rechtsbegriff umfassend definiert ist - wie im Falle der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe. Rückschritte im Sinne einer Aufweichung oder Abschaffung von individuellen Teilhaberechten und -leistungen ohne einen adäquaten strukturell gewährleisteten Ersatz kämen einer Schwächung von Menschenrechten gleich. Deshalb sieht der Autor in den gesetzlichen Grundlagen von UN-BRK und BTHG und der bestehenden rechtlichen Verankerung von Teilhabe sicherzustellende Standards - dies umso mehr, als der Begriff der Inklusion zum einen von theoretischen Unschärfen behaftet ist und zum anderen nicht annähernd den Rechtsstatus genießt wie die Teilhabe. Gleichwohl „schlummert“ in UN-BRK und BTHG sowie bei den „Umsetzungsprotagonisten“ noch reichlich Optimierungspotenzial - auch im Bereich der Früherkennung und Frühförderung. Dabei stellt es durchaus eine Herausforderung dar, mit aktuell bestehenden Heterogenitäten und Uneindeutigkeiten konstruktiv umzugehen, ebenso mit der noch recht nebulös scheinenden inklusiven SGB VIII-Reform. 46 FI 1/ 2024 Aus der Praxis Bei aller Dringlichkeit der Entwicklungs- und Reformbedarfe sollte dennoch nicht außer Acht bleiben, dass die interdisziplinäre Frühförderung gegenwärtig mit zwei der wohl größten Sozialrechtsreformen der letzten Jahrzehnte konfrontiert ist. Die notwendige Unterstützung von Kindern mit (drohender) Behinderung und deren Bezugspersonen sollte keinesfalls unter „Highspeed-Anpassungsprozessen“ leiden müssen, auch nicht die Mitarbeiter: innen. Es gilt also, einen leistbaren Einklang zu finden - vielleicht im Sinne von L. Vygotskijs „Zone der nächsten Entwicklung“. Damit wäre ein gleichzeitiger wie auch individueller Neuanlauf in allen Bundesländern möglich. Von wo aus der Weg auch starten mag, der Autor wünscht ein gutes Gelingen. Gerhard Krinninger Caritas-Frühförderungsdienst Neuburger Str. 128 94036 Passau E-Mail: krinninger@caritas-passau.de Anmerkungen 1 https: / / umsetzungsbegleitung-bthg.de/ veranstaltun gen/ vergangene-veranstaltungen/ p60-22-abschluss/ , 30. 9. 2023 2 vgl. BT-Drucksache 18/ 9522, S. 192 3 § 1 SGB IX 4 § 46 Abs. 6 SGB IX 5 vgl. ISG-Studie 2012 und DVfR 2019, S. 1 6 UN-BRK, Präambel Buchstabe k 7 UN-BRK, Präambel Buchstabe o 8 UN-BRK, Präambel Buchstabe r sowie Art. 24 9 UN-BRK, Präambel Buchstabe t 10 UN-BRK, Präambel Buchstabe v sowie Art. 21 und 23 Abs. 3 11 UN-BRK, Art. 3 Buchstabe e 12 UN-BRK, Art. 3 Buchstabe f 13 UN-BRK, Art. 3 Buchstabe h 14 UN-BRK, Art. 10 15 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 66, § 5 SGB IX und §§ 42ff. SGB IX 16 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 66, § 5 SGB IX und §§ 49ff. SGB IX 17 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 66, § 5 SGB IX und §§ 64ff. SGB IX 18 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 66, § 5 SGB IX und § 75 SGB IX 19 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 66, § 5 SGB IX und §§ 76ff. SGB IX 20 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 66, § 9 SGB IX 21 vgl. §§ 12, 32, 33, 34 und 106 SGB IX 22 § 8 SGB IX 23 § 4 Abs. 3 SGB IX 24 §§9-26 SGB IX sowie Bundestag-Drucksache 18/ 9522, 192f. 25 Kap. 2 - 4 SGB IX sowie Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (2019, 9) 26 § 7 Abs. 2 SGB IX sowie Empfehlungen DV 01/ 19, 9 27 §§ 2(1), 4, 12(1), 13, 14(2), 15(2) und 19(1) SGB IX sowie DVfR (2017) 28 Bundestag-Drucksache 18/ 9522, 192 und 227 29 § 46 Abs. 3 i.V. m. § 79 SGB IX sowie FrühV (Art. 23 BTHG) 30 §§ 5, 6 und 6 a FrühV 31 BT-Drucksache 18/ 9522, S. 251f. sowie § 6 a FrühV 32 § 79 SGB IX 33 Urteil vom 27. Juli 2022 - S 10 SO 2576/ 21 34 § 5 Abs. 1 Punkt 3 FrühV 35 § 6a FrühV Abs. 1 36 §§ 6 und 26 SGB IX, vgl. DV 2/ 22, 6 - 9 sowie DIMDI (2005) (ICF) 37 § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII 38 § 4 SGB IX Literatur Buchner, T., Leitner, S. (2016): Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe. Ergebnisse der ExpertInnenbefragung 2015. JuQuest - Trends in der Kinder- und Jugendhilfe. In: https: / / www.sos-kinderdorf.at/ get media/ 07b53b37-d998-4b3a-adfd-d40791dc722e/ Bericht-Inklusion-JuQuest-2015_final.pdf, 30. 9. 2023 Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (2019): Die wichtigsten Änderungen im SGB IX. Bundesteilhabegesetz. Kompakt. 4. Aufl. In: https: / / www.bar-frankfurt.de/ fileadmin/ dateiliste/ _ publikationen/ reha_grundlagen/ pdfs/ BTHG%C3% 84nderungenSGBIX.web.pdf, 30. 9. 2023 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 66, ausgegeben zu Bonn am 29. Dezember 2016: Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG). In: http: / / www.bmas.de/ SharedDocs/ Downloads/ DE/ PDF-Meldungen/ 2016/ bundesteilhabe gesetz.pdf? __blob=publicationFile&v=7, 30. 9. 2023 47 FI 1/ 2024 Aus der Praxis Bundesrat-Drucksache 319/ 21: Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz - KJSG). In: https: / / www.bundesrat.de/ SharedDocs/ drucksachen/ 2021/ 0301-0400/ zu319-21. pdf; jsessionid=0395A60DD7069E31D7A6CB744CF97E BB.live241? __blob=publicationFile&v=1, 30. 9. 2023 Bundestag-Drucksache 18/ 9522. In: http: / / dipbt.bun destag.de/ dip21/ btd/ 18/ 095/ 1809522.pdf, 30. 9. 2023 Bundesverband kommunaler Spitzenverbände (2023): 3. Sitzung AG Inklusive SGB VIII - Stellungnahme zum Arbeitspapier „Art und Umfang der Leistungen (Teil 2), Zugang zu Leistungen und Hilfe-, Gesamtplan- und Teilhabeplanung“, 26. 4. 2023. In: https: / / gemeinsam-zum-ziel.org/ fileadmin/ user_ upload/ Dateien_Bibliothek/ 3.AG-Sitzung/ B_BV_AG_ Inklusives_SGB_VIII.pdf, 30. 9. 2023 Dederich, M. (2015): „Nature Loves Variety - Unfortunately Society Hates it“. Emotionale Resonanzen auf Behinderung und ihre Bedeutung für die Inklusion. In: Durst, M., Kluge, S, Liesner, A., Lohmann, I., Salomon, S., Springer, J.-M., Steffens, G., Weiß, E. (Hrsg.): Jahrbuch für Pädagogik 2015. Inklusion als Ideologie, 121 - 132, Frankfurt a. M., Peter Lang Edition, https: / / doi.org/ 10. 3726/ 267059_121 Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. - DV (2019): Empfehlungen zur Gesamtplanung in der Eingliederungshilfe und ihr Verhältnis zur Teilhabeplanung. In: https: / / www.deutscherverein.de/ de/ uploads/ empfehlungen-stellungnahmen/ 2019/ dv-01-19_eingliederungshilfe.pdf, 30. 9. 2023 Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. - DV (2/ 22): Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe bei der Umsetzung der Reformstufe 2 des Bundesteilhabegesetzes (BTHG). In: https: / / www.deutscher-verein.de/ de/ uploads/ empfehlungen-stellungnahmen/ 2023/ dv-2-22_bthg_kinder_und_jugendhilfe.pdf, 30. 9. 2023 Deutsche Vereinigung für Rehabilitation - DVfR (2017): Stellungnahme des Ad-hoc-Ausschusses „Umsetzung des BTHG“. In: https: / / www.dvfr.de/ file admin/ user_upload/ DVfR/ Downloads/ Stellungnah men/ Diskussionspapier_BTHG-Ausschuss_der_DVfR_ zur_ICF-Nutzung_im_BTHG.pdf, 30. 9. 2023 Deutsche Vereinigung für Rehabilitation - DVfR (2019): Zur interdisziplinären Teilhabesicherung von Kindern mit (drohenden) Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder Entwicklungsbeeinträchtigungen im Vorschulalter und der Unterstützung ihrer Eltern - Positionspapier, August 2019. In: https: / / www.dvfr.de/ fileadmin/ user_upload/ DVfR/ Downloads/ Stellung nahmen/ DVfR_Positionspapier_Interdisziplin%C3% A4re_Teilhabesicherung_f%C3%BCr_Kinder.pdf, 30. 9. 2023 DIMDI - Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (2005): International classification of functioning, disability and health (ICF). In: www.dimdi.de, 30. 9. 2023 Doose, S. (2011): „I want my dream! “ Persönliche Zukunftsplanung. Neue Perspektiven und Methoden einer individuellen Hilfeplanung mit Menschen mit Behinderungen. Überarbeitete und erweiterte Neuauflage. Netzwerk People First Deutschland e.V., Kassel. In: https: / / www.lag-wfbm-bw.de/ fileadmin/ user_upload/ Dokumentationen/ 2018_03_21Fachtag FuB/ WorkshopFI_want_my_dream_2011_03_10_ 2011.pdf, 16. 11. 2023 Gemeinsames Rundschreiben des BMAS und des BMG zum Thema „Frühförderung“ (2009): In: https: / / www.buendnis-gesund-aufwachsen.de/ fileadmin/ redaktion/ dokumente/ fruehfoerderunggem.Rundschreiben.pdf, 30. 9. 2023 Gesundheitsberichterstattung des Bundes (2008): Lebensphasenspezifische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, Robert Koch- Institut, Berlin. In: https: / / www.rki.de/ DE/ Content/ Gesundheitsmonitoring/ Gesundheitsberichterstattung/ GBEDownloadsB/ KiGGS_SVR.pdf? __blob=publication File, 19. 8. 2023 Emlein, G. (2017): Inklusion als Vision der Frühförderung. System- und gesellschaftstheoretische Überlegungen. Frühförderung interdisziplinär 36 (1), 2 - 11, https: / / doi.org/ 10.2378/ fi2017.art01d Hanke, N., Minkenberg, P. (2022): Schulstarthelfer. Von der Frühförderung in die Schule - Fortsetzung des Projekts der Interdisziplinären Frühförderung der Lebenshilfe im Nürnberger Land e.V., Frühförderung interdisziplinär 41 (2), 89 - 95, https: / / doi.org/ 10.2378/ fi2022.art11d Heimlich, U. (2016): Inklusion und Qualität. Auf dem Weg zur inklusiven Kindertageseinrichtung. Frühförderung interdisziplinär 35 (1), 28 - 39, https: / / doi.org/ 10.2378/ fi2016.art03d Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (2012): Strukturelle und finanzielle Hindernisse bei der Umsetzung der interdisziplinären Frühförderung gem. § 26 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. §§ 30 und 56 Abs. 2 SGB IX, Abschlussbericht 2012 (ISG 2012). In: http: / / www.bmas.de/ SharedDocs/ Downloads/ DE/ PDF-Publikationen/ fb419frueherkennung.pdf? __blob= publicationFile, 19. 8. 2023 Jantzen, W. (2017): Inklusion als Paradiesmetapher? Zur Kritik einer unpolitischen Diskussion und Praxis. In: http: / / www.basaglia.de/ Artikel/ Inklusion%20als %20Paradiesmetapher.pdf, 30. 9. 2023 48 FI 1/ 2024 Aus der Praxis Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG). In: https: / / www.bgbl.de/ xaver/ bgbl/ text.xav? SID= &tf=xaver.component.Text_0&tocf=&qmf=&hlf= xaver.component.Hitlist_0&bk=bgbl&start=%2F% 2F*%5B%40node_id%3D%27940526%27%5D& skin=pdf&tlevel=-2&nohist=1&sinst=4E1F8986, 30. 9. 2023 Kratz, M., Klein, E. (2016): „Inklusion! Geht das von alleine? “ Eine Evaluation der Heilpädagogischen Fachberatung der Frühförderstellen für Kindertageseinrichtungen als unterstützendes Angebot zur Weiterentwicklung der Inklusion aller Kinder in das Regelsystem. Frühförderung interdisziplinär 35 (1), 40 - 52, https: / / doi.org/ 10.2378/ fi2016.art04d Krinninger, G. (2020): Früherkennung und Frühförderung an Interdisziplinären Frühförderstellen im Kontext des Bundesteilhabegesetzes (BTHG). Ein zusammenführender Brückenschlag zwischen insular diskutierten Weiterentwicklungsaspekten. Frühförderung interdisziplinär 3/ 2020, 151 - 164, https: / / doi.org/ 10.2378/ fi2020.art15d Krinninger, G. (2021): Volljährig, aber auch eigenständig? - die Komplexleistung Frühförderung. In: Gebhard, B., Simon, L., Ziemen, K., Opp, G., Groß- Kunkel, A. (Hrsg.): Transitionen. Übergänge in der Frühförderung gestalten. Idstein, Schulz-Kirchner, 297 - 307 Krinninger, G., Hausmann, G., Krinninger, K. (2023): Beratungsangebot „Die wichtigen Jahre 0 - 3“. Beispiel einer staatlich anerkannten Schreibabyberatungsstelle an einem interdisziplinären Frühförderzentrum. Frühförderung interdisziplinär 42 (3), 145 - 158, https: / / doi.org/ 10.2378/ fi2023.art17d Kühl, J. (2023): Inklusive Frühförderung. In: Simon, L., Kühl, J. (2023): Interdisziplinäre Zusammenarbeit und inklusive Frühförderung. Kohlhammer, Stuttgart Lütolf, M., Schaub, S. (2019): Soziale Teilhabe von Kindern mit Behinderung in der Kindertagesstätte. Eine Beobachtungsstudie. Frühförderung interdisziplinär 38 (4), 176 - 190, https: / / doi.org/ 10.2378/ fi2019. art24d Peterander, F. (2022): Editorial. Wohin treibt die Interdisziplinäre Frühförderung? Frühförderung interdisziplinär 41 (4), 165 - 169, https: / / doi.org/ 10.2378/ fi2021. art20d Pretis, M. (2020): Teilhabeziele planen, formulieren und überprüfen. ICF leicht gemacht. Ernst Reinhardt, München Seidel, A., Schneider, S. (2021): Praxishandbuch ICForientierte Bedarfsermittlung. Beratung, Diagnostik und Hilfeplanung in sozialen Berufen. 2. Aufl., Beltz Juventa, Weinheim Simon, L. (2023): Interdisziplinäre Zusammenarbeit. In: Simon, L., Kühl, J. (2023): Interdisziplinäre Zusammenarbeit und inklusive Frühförderung. Kohlhammer, Stuttgart Simon, L., Kühl, J. (2023): Interdisziplinäre Zusammenarbeit und inklusive Frühförderung. Kohlhammer, Stuttgart. https: / / doi.org/ 10.17433/ 978-3-17-034431-0 Sohns, A. (2022): Das Konzept der Inklusiven Frühförderung. Frühförderung interdisziplinär 41 (3), 138 - 152, https: / / doi.org/ 10.2378/ fi2022.art18d Speck, O. (2012): Sind interdisziplinäre Frühförderstellen mit dem Inklusionsprinzip vereinbar? Frühförderung interdisziplinär 31 (1), 46 - 49 Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen - UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). In: https: / / www.institut-fuer-menschenrechte.de/ fileadmin/ Redaktion/ PDF/ DB_Menschenrechtsschutz/ CRPD/ CRPD_Konvention_und_Fakultativprotokoll.pdf, 30. 9. 2023 Vereinigung für Interdisziplinäre Frühförderung e.V. (2018): Gesamtprozess der Frühförderung als Komplexleistung an Interdisziplinären Frühförderstellen. Handlungsempfehlungen zur Umsetzung BTHG/ SGB IX/ FrühV. In: www.viff-fruehfoerderung.de, 30. 9. 2023 Vereinigung für Interdisziplinäre Frühförderung e.V. (2023): Auf dem Weg zu einem„Inklusiven SGB VIII“. Standortbestimmung mit Impulsen zur Weiterentwicklung. Positionspapier. In: https: / / viff-fruehfoerderung.de/ wp-content/ uploads/ 2023/ 03/ Stellungnahme-inkl- SGB-VIII-End-8.3.pdf, 30. 9. 2023 Vereinte Nationen (1948): Resolution der Generalversammlung 217 A (III). Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. In: https: / / www.un.org/ depts/ german/ menschenrechte/ aemr.pdf, 30. 9. 2023 Weiß, H. (2019): Teilhabe im Kontext der Frühförderung. Frühförderung interdisziplinär 38 (4), 191 - 206, https: / / doi.org/ 10.2378/ fi2019.art25d Weiß, H. (2022): Inklusion und Integration als zentrale Aufgaben einer Interdisziplinären Frühförderung - und mögliche Hindernisse ihrer Realisierung. Frühförderung interdisziplinär 41 (3), 116 - 127, https: / / doi.org/ 10.2378/ fi2022.art16d Wesselmann, C. (2022): Partizipation, Inklusion und Exklusion im Kontext von Behinderung - Eckpunkte einer (kritischen) Teilhabeforschung! ? In: Wansing, G., Schäfers, M., Köbsell, S. (Hrsg.): Teilhabeforschung - Konturen eines neuen Forschungsfeldes. Beiträge zur Teilhabeforschung. Springer VS, Open-Access-Publikation, 67 - 84, https: / / doi.org/ 10.1007/ 978-3-658-383 05-3_4