Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/fi2025.art01d
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2025
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Originalarbeit: Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung
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2025
Kathrin Pfeffer
Sebastian Müller
Etwa jedes siebte Kind in Deutschland ist phasenweise von der Suchterkrankung eines Elternteils betroffen. Die Lebensumstände und die Familiendynamik können zu Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsrückständen bei den betroffenen Kindern führen. Im Vorschulalter sind sie daher auch in der Interdisziplinären Frühförderung anzutreffen. Die hohe gesellschaftliche Stigmatisierung von Abhängigkeitserkrankungen führt zu einer Tabuisierung, infolge derer die Abhängigkeitsproblematik innerhalb der Familien sowie gegenüber Fachkräften nicht offen thematisiert wird. Im Sinne der Familienorientierung sind sowohl auf Ebene des Kindes als auch auf Ebene der Elternkompetenz frühzeitige Interventionen hilfreich. Der Umgang mit suchtbelasteten Familien steht im Fokus dieses Übersichtsartikels.
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3 Frühförderung interdisziplinär, 44.-Jg., S.-3 - 22 (2025) DOI 10.2378/ fi2025.art01d © Ernst Reinhardt Verlag Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung Kathrin Pfeffer, Sebastian Müller Zusammenfassung: Etwa jedes siebte Kind in Deutschland ist phasenweise von der Suchterkrankung eines Elternteils betroffen. Die Lebensumstände und die Familiendynamik können zu Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsrückständen bei den betroffenen Kindern führen. Im Vorschulalter sind sie daher auch in der Interdisziplinären Frühförderung anzutreffen. Die hohe gesellschaftliche Stigmatisierung von Abhängigkeitserkrankungen führt zu einer Tabuisierung, infolge derer die Abhängigkeitsproblematik innerhalb der Familien sowie gegenüber Fachkräften nicht offen thematisiert wird. Im Sinne der Familienorientierung sind sowohl auf Ebene des Kindes als auch auf Ebene der Elternkompetenz frühzeitige Interventionen hilfreich. Der Umgang mit suchtbelasteten Familien steht im Fokus dieses Übersichtsartikels. Schlüsselwörter: Frühförderung, Substanzkonsumstörungen, Familienorientierung Families with parental substance misuse in early childhood intervention Summary: In Germany approximately one child out of seven is temporarily affected by a substance use disorder of a parent. Living in a family environment, where one or both parents are dependent on drugs or alcohol, is very likely to have an impact on the child’s behavioral and emotional well-being and child development. These children can therefore often be found in early childhood intervention. The stigma surrounding addiction within society makes it a taboo topic, resulting in the problem of substance misuse not being openly addressed within families or with professionals. Family-oriented early interventions are beneficial for both the child‘s emotional and behavioral well-being and for enhancing parental competence. This overview article will focus on how to support families dealing with parental substance misuse. Keywords: Early childhood intervention, substance use disorder, family orientation Einleitung S uchterkrankungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter (Jacobi et al. 2015). Dementsprechend oft wachsen Kinder mit mindestens einem suchtkranken Elternteil auf. Folgende Fragen sollen in dieser Übersichtsarbeit im Vordergrund stehen: Mit welchen Herausforderungen sind Kinder in suchtbelasteten Familien konfrontiert? Wie wirkt sich Substanzkonsum auf die Familiendynamik, die Bindung zwischen Eltern und Kind sowie die frühe Entwicklung der Kinder aus? Wie können Fachkräfte der Frühförderung mit suchtkranken Eltern umgehen? Was ist „Sucht“? Als „Sucht“ werden in diesem Artikel Erkrankungen aus dem Bereich der stoffgebundenen und stoffungebundenen Abhängigkeitserkrankungen bezeichnet. Im Falle der stoffgebundenen Abhängigkeitserkrankungen (Alkohol, Nikotin, Medikamente, Drogen) setzt sich seit Erscheinen des amerikanischen Diagnosemanuals DSM-5 (APA 2013) der Begriff der „Substanzkonsumstörung“ zunehmend durch. Abhängigkeitserkrankungen sind durch ein unwiderstehliches Verlangen nach bestimmten Substanzen oder Verhaltensweisen gekennzeichnet. Es handelt sich um einen chronischen Zustand, der durch wiederholten, zwanghaften Konsum ORIGINALARBEIT 4 FI 1/ 2025 Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung oder die Ausübung einer bestimmten Aktivität gekennzeichnet ist und trotz negativer Konsequenzen für die körperliche und psychische Gesundheit sowie das soziale Leben aufrechterhalten wird. Betroffene steigern die Dosis des Suchtstoffs oder des pathologisch gewordenen Verhaltens, um die ursprüngliche Wirkung zu erhalten (Toleranzentwicklung). Dabei verläuft die Entwicklung der Erkrankung in der Regel kontinuierlich über die Lebensspanne hinweg als schleichender Prozess, oftmals über viele Jahre unbemerkt. Betroffene nehmen aufgrund kognitiver Fehlinterpretationen und Verzerrungen ihre Abhängigkeitserkrankung selbst meist erst sehr spät wahr. Nach außen sichtbar wird dies als ein bagatellisierendes und verleugnendes Verhalten, sich selbst wie auch anderen gegenüber. An Substanzkonsumstörungen leidende Menschen verlieren die Kontrolle über ihren Konsum. Sie nehmen sich immer wieder vor, den Konsum oder das Verhalten zu reduzieren bzw. ganz einzustellen oder geben sich Regeln zur Begrenzung vor („kein Bier vor vier“, „nur noch am Wochenende spielen“). Dabei verstoßen sie im Verlauf der Erkrankung immer häufiger gegen die selbst auferlegten Regeln oder weichen diese wieder auf („Morgen trinke ich dann weniger.“). Bei den meisten Substanzen kommt über neuronale und körperliche Anpassungsprozesse im Verlauf der Chronifizierung eine körperliche Abhängigkeitsentwicklung hinzu (vgl. Tretter/ Pogarell 2023). Während im DSM-5 (APA 2013) „Substanzgebrauchsstörungen“ von „leicht“ bis „schwer“ diagnostizierbar sind, unterscheidet die ICD-11 (WHO 2019) weiterhin dichotom zwischen dem „schädlichen Gebrauch“ und der „Abhängigkeitserkrankung“. Ein schädlicher Gebrauch von Substanzen liegt dann vor, wenn der Konsum einer Substanz zu spürbaren, negativen Folgen für die körperliche und psychische Gesundheit sowie das soziale Funktionieren der betroffenen Person führt und der Konsum trotzdem fortgesetzt wird. Um eine Abhängigkeitserkrankung nach dem bei uns gängigen Diagnosemanual ICD-10 bzw. ICD-11 diagnostizieren zu können, müssen in den letzten zwölf Monaten mindestens drei der sechs aufgeführten Symptome aufgetreten sein: 1. Fortsetzung des Konsums trotz schädlicher Folgen, 2. Vernachlässigung anderer Aktivitäten und Interessen, 3. Toleranzentwicklung, 4. starker Wunsch zu konsumieren, 5. Verlust der Kontrollfähigkeit über den Suchtmittelkonsum, 6. körperliche Entzugssymptomatik (Preuss et al. 2020). Auch Verhaltensweisen wie Glücksspiel, Internetnutzung, Online-Gaming oder exzessives Essen können in eine Abhängigkeitserkrankung münden. Um den Rahmen nicht zu sprengen, beziehen wir uns in diesem Beitrag meist auf die stoffgebundene Abhängigkeitserkrankung, wohl wissend, dass auch Verhaltenssüchte, allen voran das pathologische Glücksspiel, massive Auswirkungen auf die familiäre Situation haben können. Aufgrund der Auftretenshäufigkeit gibt es besonders viele Studien zur Alkoholabhängigkeit, auf die sich daher ein Großteil der im weiteren Beitrag genannten Untersuchungen und Beispiele beziehen wird. Substanzbezogene Unterschiede (die Auswirkungen auf das Kind betreffend) beruhen meist auf einer ggf. vorhandenen Illegalisierung und der jeweiligen Szenezugehörigkeit der Elternteile und damit verbundenen geringeren innerfamiliären Ressourcen und ausgleichenden Faktoren (vgl. Moesgen et al. 2017). Aufgrund der großen Anzahl an unterschiedlichen Substanzen kann nicht auf jede einzelne Substanz im Speziellen eingegangen werden, es ist aber davon auszugehen, dass sich eine Suchterkrankung unabhängig von der Substanz negativ auf die kindliche Entwicklung auswirkt, wobei einige Studien zeigen konnten, dass sich der Missbrauch illegalisierter Drogen noch schwerer auf die kindliche Entwicklung auswirkt als Alkoholmissbrauch (u. a. Fals-Stewart et al. 2004). Die Ursachen einer Abhängigkeitserkrankung sind vielschichtig und beinhalten eine Kom- Kathrin Pfeffer, Sebastian Müller 5 FI 1/ 2025 Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung bination aus genetisch-biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren. Eine genetisch-biologische Veranlagung erhöht die Anfälligkeit für Suchterkrankungen. Ebenso können psychologische Faktoren, wie maladaptive Stressverarbeitung, Emotionsregulation, Angstbewältigung oder depressive Symptomatiken sowie Persönlichkeitsstörungen, die Entwicklung einer Sucht begünstigen (Krausz et al. 2000, Wittfoot/ Driessen 2000). Umweltfaktoren, wie der Zugang zu süchtig machenden Substanzen, die soziale Akzeptanz des Suchtstoffs, das soziale Umfeld (insbesondere die Peergroup in der Jugend sowie familiäre Einflüsse und der psychosoziale Status) spielen darüber hinaus eine bedeutende Rolle (u. a. Ottova et al. 2009). Im Gehirn führt die wiederholte Exposition gegenüber Substanzen mit Abhängigkeitspotenzial zu Veränderungen in den neuronalen Schaltkreisen, insbesondere im mesolimbischen Belohnungssystem. Dieses System ist dafür verantwortlich, dass Menschen Erfahrungen als positiv empfinden und diese mit einem angenehmen Gefühl assoziieren. Bei Suchtmittelkonsum oder süchtigem Verhalten wird das Belohnungssystem überaktiviert, was zu einem anhaltenden Verlangen und der steigenden Unfähigkeit führt, diesen Impulsen zu widerstehen (Tretter/ Pogarell 2023). Menschen, die an einer Abhängigkeitserkrankung leiden, verlieren die kognitive Kontrolle über den Substanzkonsum. Es entsteht ein Konsumwunsch bei gleichzeitig auftretendem Wunsch nach Kontrolle und Veränderung des Konsums. Dieser Zustand der Ambivalenz verursacht starke Dissonanzspannungen, die oft durch die bereits oben erwähnten Mechanismen (Verleugnung des eigenen Konsums, Rechtfertigung, Kleinreden) bewältigt werden. (vgl. Rummel/ Gaßmann 2020) Die Auswirkungen einer Abhängigkeitserkrankung können schwerwiegend sein und betreffen alle Lebensbereiche. Bei Eltern kann eine Abhängigkeitserkrankung weitreichende Effekte auf das Erziehungs- und Interaktionsverhalten haben (Moesgen et al. 2017). Kinder suchtkranker Eltern haben ein deutlich erhöhtes Risiko, im späteren Leben ebenfalls eine Suchterkrankung oder eine andere psychische Erkrankung zu entwickeln. Nur ein Drittel bleibt größtenteils psychisch stabil (Lenz 2010). Dies ist sowohl auf epigenetische Phänomene als auch auf belastende Umweltbedingungen zurückzuführen, wie auch darauf, dass sie das Suchtverhalten schon von klein auf vorgelebt bekommen (Zobel 2017), worauf zu einem späteren Zeitpunkt nochmal genauer eingegangen werden soll. Substanzgebrauch in Zahlen Nicht für alle Suchtmittel gibt es genaue Zahlen über den Konsum, daher beziehen sich die häufigsten statistischen Daten auf Alkohol. Laut dem aktuellen Jahrbuch Sucht (DHS 2023 a) weisen in Deutschland 7,9 Mio. Menschen einen riskanten Alkoholkonsum auf. Das bedeutet, sie konsumieren im Schnitt mehr als 12 g (Frauen), bzw. 24 g (Männer) reinen Alkohol pro Tag, d. h. mehr als etwa ein bzw. zwei Bier (0,33 l). Bezüglich illegaler Drogen kann von etwa 4,7 Mio. erwachsenen Konsumenten zwischen 18 und 64 Jahren ausgegangen werden. Darüber hinaus weisen etwa 5,7 % (2,9 Mio.) der in Deutschland lebenden Menschen einen missbräuchlichen Medikamentengebrauch auf (Rauschert et al. 2022). Beim Medikamentenmissbrauch fällt auch die Geschlechterverteilung auf. Während beim Rauschtrinken der Anteil an Männern überwiegt und beim missbräuchlichen Alkoholkonsum inzwischen kaum mehr Unterschiede zwischen den Geschlechtern bestehen, überwiegt beim Medikamentenmissbrauch der Anteil der Frauen (ebd.). Kinder suchtkranker Eltern Doch eine Suchterkrankung wirkt sich nicht nur auf den Konsumierenden selbst aus, sondern auch in einem hohen Ausmaß auf sein 6 FI 1/ 2025 Umfeld, und hier vor allem auf die Angehörigen, darunter auch viele Kinder. Die im Folgenden vorgestellten Zahlen zu Kindern in alkoholbelasteten Familien wurden auf Grundlage der GEDA-Umfrage (Gesundheit in Deutschland; RKI 2014) statistisch geschätzt (RKI 2016). Bis zu 6,6 Mio. Kinder in Deutschland haben ihren Lebensmittelpunkt im Haushalt eines Elternteils mit riskantem Alkoholkonsum, 4,2 Mio. Kinder bei einem Elternteil mit regelmäßigem Rauschtrinken. Aufgrund der Verharmlosung insbesondere des Alkoholkonsums als gesellschaftsfähiges und traditionell erstmal positiv assoziiertes Suchtmittel auf der einen Seite und der hohen Stigmatisierung von chronisch Suchtkranken auf der anderen Seite kann davon ausgegangen werden, dass die Dunkelziffer hoch ist. Laut Schätzung des RKI (2016, 90) sind zwar mehr Kinder im Schul- und Jugendalter als im Vorschulalter betroffen, doch auch 14,5 % aller Mütter und Väter von Kindern zwischen null und sechs Jahren zeigen einen mindestens riskanten Alkoholkonsum. Es ist davon auszugehen, dass diese Kinder häufiger Entwicklungsrisiken und Kindeswohlgefährdung ausgesetzt sind als unbelastete Gleichaltrige (Plass/ Wiegand-Grefe 2012). Trennungen, Arbeitslosigkeit und sozioökonomische Schwierigkeiten kommen zwar in suchtbelasteten Familien etwas häufiger vor als in anderen Familien, dennoch sind diese Probleme nicht der Regelfall. Die GEDA-Daten (RKI 2014, RKI 2016) zeigen, dass die meisten Familien, in denen mindestens ein Elternteil einen riskanten Alkoholkonsum aufweist, einen mittleren oder hohen sozialen Status haben. Der Anteil der in einer festen Partnerschaft lebenden Eltern beträgt über 90 %. Bei Frauen zeigen sich zudem Unterschiede je nach Bildungsabschluss. So haben Frauen mit einem mittleren oder hohen Bildungsabschluss häufiger einen riskanten Alkoholkonsum als Frauen mit einem niedrigen Bildungsabschluss. Bei Männern gibt es diesbezüglich kaum Differenzen. Im ersten Moment mag mit Blick auf die eigenen Klienten und Klientinnen der Eindruck entstehen, es befänden sich kaum suchtbelastete Familien in der Interdisziplinären Frühförderung. Doch das ist in Anbetracht der genannten Zahlen sehr unwahrscheinlich. Viele Menschen sind sich gar nicht bewusst, dass sie bereits einen bedenklichen Substanzkonsum haben. Sichtbare Konsequenzen treten erst zutage, wenn die Suchtentwicklung schon fortgeschritten ist. Da die Stigmatisierung von Suchterkrankungen sehr hoch ist (Schomerus et al. 2011), wird von Betroffenen alles dafür getan, dass ein problematischer Konsum mit all seinen Folgen geheim und vom Umfeld unerkannt bleibt. Oft weiß weder der Haus- oder Kinderarzt noch der betreuende Kindergarten über den Substanzkonsum in einer Familie Bescheid. Somit erhalten Menschen mit missbräuchlichem Substanzkonsum erst sehr spät professionelle Hilfe bezüglich ihres Konsums und ihrer Elternrolle. Hat ein Betroffener die Problematik erkannt und sich das erste Mal mit seinen Sorgen an eine fachkundige Stelle (z. B. den Hausarzt) gewandt, dauert es ab diesem Zeitpunkt in Deutschland im Durchschnitt immer noch neun Jahre, bis er um eine suchtspezifische Hilfe anfragt (Wang et al. 2007). Die Menge an spezifischen Unterstützungsmöglichkeiten für betroffene Kinder ist leider noch recht überschaubar, insbesondere für Kinder im Vorschulalter, wenngleich die Themen Elternschaft und Familienorientierung immer mehr in den Fokus der Suchthilfe rücken. Bisher ist die Not dieser Kinder in unserer Gesellschaft praktisch „unsichtbar“. Suchtbetroffene Familien Familiendynamik Die familiäre Dynamik lässt sich mithilfe des „Stress-Strain-Coping-Support-Modells“ (Orford et al. 2005) beschreiben. Aufbauend auf Stressbewältigungsmodelle entwickelten die Forscher Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung Kathrin Pfeffer, Sebastian Müller 7 FI 1/ 2025 um Jim Orford ein Verständnismodell über die Dynamik in betroffenen Familien. Die zentrale Aussage des Modells liegt darin, dass Menschen, die mit den multiplen Stressoren einer Abhängigkeitserkrankung in der Familie konfrontiert sind, verschiedene Bewältigungsstrategien entwickeln, um der Situation nicht hilflos ausgesetzt zu sein. Die Kompensationsversuche lassen sich in drei Kategorien einteilen: a) Auseinandersetzung mit der Abhängigkeit (Anwendung von Strategien, um wieder Kontrolle zu erlangen) b) Toleranz der Abhängigkeit (sich in der Situation einrichten, das Problem nach außen verschleiern oder entschuldigen, sich hilflos der Situation ergeben) c) Distanzierung von der Abhängigkeit (sich vom Abhängigen emotional/ körperlich/ räumlich distanzieren, ihm die Verantwortung für die Veränderung überlassen, den Fokus auf das eigene Leben und die eigenen Bedürfnisse richten) Dabei stehen sich die einzelnen Bewältigungsmöglichkeiten teils kontrastierend gegenüber, was zu einem Dilemma für den Angehörigen führt (Orford et al. 2005). So stehen die Akzeptanz und das sich Einrichten in der Situation auf der einen Seite, die Suche nach Unabhängigkeit sowie das Loslösen aus der Situation auf der anderen Seite (Abb. 1). Das in der Literatur zur Angehörigenarbeit oft beschriebene „co-abhängige“ Verhalten, also Verhaltensweisen aus der Kategorie „Toleranz der Abhängigkeit“, die die Aufrechterhaltung der Suchterkrankung begünstigen, kann ebenfalls als ein Bewältigungsversuch betrachtet werden. Kurzfristig reduziert sich der familiäre Stress durch die Übernahme von Verantwortung und sogar die Beschaffung der Substanz. Langfristig verschärft sich dadurch die Situation, da negative Folgen für den Betroffenen abgemildert werden und Selbstverantwortung abgenommen wird. In Angehörigen-Coachings werden Angehörige darin unterstützt, dies zu Abb. 1: Einflüsse einer Abhängigkeitserkrankung auf nahe Angehörige (basierend auf Orford et al. 2005, 206) Die Bemühungen zur Bewältigung der Situation unterstützen Nicht verurteilende emotionale Unterstützung Auseinandersetzung mit der Abhängigkeit Toleranz der Abhängigkeit Soziales Leben & Finanzen Gesundheit und Wohlbefinden Beunruhigt & besorgt über den Angehörigen Betroffen durch Bedrohungen Bewältigungsdilemmata Negative soziale Unterstützung Positive soziale Unterstützung Disempowered Hilfreich bei der Überwindung der Machtlosigkeit Substanzkonsum Kinder und Familie Gemeinde Angehörige Haus und Heim Kritik Unverständnis Pathologisierung Unabhängigkeit absprechen, Entmutigung Positive Einstellung gegenüber dem Abhängigen Lebensnahe oder materielle Unterstützung Distanzierung von der Abhängigkeit Distanzierung von der Abhängigkeit Anzeichen von Überlastungen Unsicher Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung 8 FI 1/ 2025 erkennen und dort, wo möglich, die Verantwortung wieder an den Betroffenen zurückzugeben sowie Verhaltensweisen, die negative Konsequenzen kurzfristig verhindern, zu reduzieren. Der Begriff der Co-Abhängigkeit wird von der Fachöffentlichkeit heute abgelehnt, da er Angehörige stigmatisiert und suggeriert, Angehörige könnten keinen Einfluss auf die Entwicklung der Suchterkrankung geltend machen (Klein und Bischof 2013, DHS 2023 b). Wissenschaftliche Studien belegen das Gegenteil. Angehörige können durch gezielte Interventionen wie das CRA-Familientraining positiv Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung des Abhängigen nehmen (Roozen et al. 2010). Sie können zudem stark von sozialer Unterstützung profitieren, um die Auswirkungen der Belastung zu mildern und ihre eigenen Ressourcen zu stärken. Auch Kinder in suchtbelasteten Familien versuchen die Situation durch oben genannte Mechanismen zu bewältigen. Hinzu kommen multiple körperliche, psychische und soziale Anpassungsprozesse, die Kinder in chronischen Hochstress-Situationen vollziehen, um mit den Bedingungen ihres Aufwachsens zurechtzukommen. Besonders belastend für die Kinder sind laut Oswald und Meeß (2022) Auseinandersetzungen und Gewalt in der Familie, der körperliche Zustand des konsumierenden Elternteils, Geldmangel, inkonsequente und inkonsistente Erziehungsmethoden sowie die Unberechenbarkeit des Alltags. Besonders schwerwiegend für das kindliche Selbstbild ist darüber hinaus das ständige Nicht-gesehen- Werden. Dies ist z. B. beim Rauschtrinken während und nach dem Konsum der Fall. Obwohl der Umgang mit belastenden Situationen wie einer eigenen Suchterkrankung oder der Suchterkrankung des Partners individuell sehr variieren kann, sind die Auswirkungen auf die Kinder größtenteils verheerend (Bischof et al. 2022, Bryant et al. 2020). Bei chronisch suchtkranken Eltern dreht sich das Leben in den meisten Fällen nur mehr ausschließlich um den Konsum und die eigene Bedürfnisbefriedigung. Der konsumierende Elternteil ist nur noch selten emotional zugänglich und dem Kind zugewandt. Oder die Zustände von liebevoller Zugewandtheit und emotionaler Abwesenheit wechseln sich ab und die Bezugsperson ist dadurch völlig unberechenbar für das Kind, was sich traumatisierend auswirken kann (Fischer/ Möller 2020). Der nicht-abhängige Elternteil kann aber die Bedürfnisse des Kindes oft ebenfalls nicht mehr in ausreichendem Maße wahrnehmen, weil sich auch für ihn - wie oben dargestellt - das Leben nur noch um die Bewältigung der Suchterkrankung des Partners dreht und Sorgen in allen Lebensbereichen den Blick auf das betroffene Kind überlagern (Velleman/ Templeton 2007). Illegalisierte Substanzen bergen für Kinder in betroffenen Familien weitere Gefahren: Sie wachsen in einem Umfeld auf, in dem der Erwerb und der Konsum dieser Substanzen zum Alltag gehören. Im jüngeren Alter besteht die Gefahr, dass Suchtmittel im Wohnumfeld ungeschützt herumliegen und Kinder sie ggf. unbeabsichtigt konsumieren können, was z. B. auch auf (legalen) Medikamentenkonsum zutrifft. Seit der Legalisierung von Cannabis in essbarer Form in einigen Provinzen Kanadas sind dort zum Beispiel die Vergiftungen bei Kindern durch versehentlichen Konsum von Cannabis deutlich gestiegen (Myran et al. 2023). Werden die Kinder älter, haben sie durch die schon vorhandene Nähe zur Drogenszene auch leichter Zugang zu illegalisierten Substanzen. Zudem treten vermehrt Trennungen und Familienkonflikte auf und die Betroffenen können in finanzielle und juristische Schwierigkeiten kommen (Klein et al. 2016). Dadurch, dass betroffene Eltern oftmals ihren Sorge- und Erziehungsauftrag nicht ausreichend erfüllen können, ergeben sich für das Kind Strukturen, die das gesunde Aufwachsen erheblich erschweren (vgl. Moesgen et al. 2017). Beispielsweise werden durch die häufig auftretende Vernachlässigung häuslicher Pflichten, Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung Kathrin Pfeffer, Sebastian Müller 9 FI 1/ 2025 wie Einkaufen, Kochen und Putzen, durch die Eltern diese Aufgaben zum Teil schon sehr früh von Kindern der Familie übernommen. Die älteren Kinder einer Familie sorgen für die jüngeren Geschwister oder fühlen sich gar verantwortlich für das Wohlergehen der suchtkranken Eltern (Parentifizierung). Sie wirken oftmals sehr angepasst und sind selbstständiger, als ihre Gesamtentwicklung vermuten lässt. Die Kinder reagieren sensibel auf die wechselnde Stimmung der Eltern und versuchen möglichst wenig „zur Last zu fallen“ bzw. einen durch Suchtmittelkonsum impulsiven Elternteil nicht zu verärgern. Da die Eltern die Bedürfnisse der Kinder in vielen Fällen zumindest zeitweise übergehen, nehmen langfristig auch die Kinder ihre eigenen Bedürfnisse nicht mehr ausreichend wahr. Der missbräuchliche Substanzkonsum der Eltern führt zu einem Verlust an Selbstwert beim betroffenen Kind („Ich bin es nicht wert, dass man sich um mich kümmert.“). Unbeschwerte Momente und ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit können betroffene Kinder dann nur noch selten in ihrer Familie erleben. Suchtbelastete Familien leben oft relativ isoliert. Die Eltern gehen meist davon aus, dass ihre Kinder von der Suchtproblematik nichts mitbekommen. Aus Erzählungen der Kinder im vertrauensvollen Setting wird jedoch schnell deutlich, dass sie früh erkennen, dass in ihrer Familie ein Problem vorliegt. In und außerhalb der Familie darf die Problematik aufgrund von Schuld, Scham und Insuffizienzgefühlen nicht angesprochen werden - das Familiengeheimnis wird bewahrt. Dies führt in der Regel dazu, dass Kinder kaum Entlastung im außerfamiliären Umfeld erhalten oder einfordern. Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder Velleman & Templeton (2016) stellen klar, dass ein suchtbelastetes Elternhaus nicht zwangsläufig zu Entwicklungsstörungen und Auffälligkeiten beim Kind führen muss. Doch sie zeigen Risikofaktoren auf, die eine Gefährdung der Kindesentwicklung begünstigen. Dazu gehören Gewalt, die das Kind selbst erfahren oder gesehen hat, das Vorliegen von komorbiden psychischen Störungen bei mindestens einem Elternteil, sozioökonomische Probleme, das Erleben von Isolation und Stigmatisierung im sozialen Umfeld sowie elterliche Konflikte und ein hoher Konsum, der zu Hause ausgelebt wird. Des Weiteren ist das Alter des Kindes ausschlaggebend. Je früher das Kind Belastungen erfährt, desto stärker wirken sich diese langfristig aus. Bindung Säuglinge und Kinder sind abhängig von der Fürsorge eines Erwachsenen. Da diese Bindung überlebenswichtig ist, hält ein Kind an einem existierenden Bindungsangebot fest, egal wie schädigend es ist (u. a. Klappstein/ Kortewille 2020). Das Thema Bindung spielt in suchtbetroffenen Familien in zweierlei Hinsicht eine große Rolle: Während inzwischen hinreichend bekannt ist, dass eine sichere Bindung als entscheidender Resilienzfaktor bezüglich eines gesunden Aufwachsens betrachtet werden kann (Fischer/ Möller 2020, Trost 2013), gilt eine Bindungsstörung bzw. unsichere Bindung als Risikofaktor für Substanzmissbrauch (Jordan/ Sack 2009). Viele Menschen mit einer Suchterkrankung haben selbst kaum positive Bindungserfahrung, wodurch neben dem Substanzmissbrauch auch weitere komorbide psychische Erkrankungen begünstigt werden (De Rick et al. 2009). In einer Studie von De Palo et al. (2014) waren 90 % der untersuchten drogenabhängigen Mütter unsicher oder desorganisiert gebunden. Dieses Bindungsmuster wird oft durch das Verhalten der Mütter an die Kinder weitergegeben. Laut Porreca et al. (2016) muss die Ursache für eine unsichere Mutter-Kind-Bindung nicht zwangsläufig in der Suchterkrankung liegen. Möglicherweise können Mütter und Väter mit einer Substanzkonsumstörung Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung 10 FI 1/ 2025 oft auch nur deshalb nicht feinfühlig auf ihr Kind eingehen, weil sie selbst als Kind bereits keine sichere Bindung erlebt haben, sodass neben dem Substanzkonsum auch die transgenerationale Weitergabe des eigenen Bindungstraumas eine große Rolle spielt. Neppl et al. (2020) bestätigten dies durch eine Untersuchung des Zusammenhangs von einem wenig feinfühligen Erziehungsstil, Substanzkonsum und emotionalem Stress über drei Generationen hinweg. Bindungsstörungen führen zu einer verringerten Fähigkeit, die Äußerungen und Affekte eines Säuglings wahrzunehmen und auf diese einzugehen. Die so wichtige elterliche Feinfühligkeit beschreibt Trost (2013, 110) als „die Fähigkeit, die kindlichen Signale wahrzunehmen, zu verstehen und prompt wie auch angemessen zu beantworten.“ Ohne feinfühlige Begleitung fällt es einem Kind schwer, den Umgang mit den eigenen Emotionen zu erlernen, was es wiederum im Jugend- und Erwachsenenalter anfällig für eine eigene Suchterkrankung macht. Ein Teufelskreis entsteht. Anhand bildgebender Verfahren konnten Landi et al. (2011) in ihrer Untersuchung feststellen, dass Mütter mit Substanzmissbrauch auf typische Auslösereize ihres Babys (z. B. lautieren, schreien) im präfrontalen Kortex sowie im limbischen System geringere Aktivierungen zeigten als nicht-konsumierende Mütter. Dabei spielte die Art des Suchtmittels nur eine geringe Rolle, sogar Nikotin hatte diesen Effekt. Trost (2013) folgert daraus, dass durch die psychosozialen Schwierigkeiten der Mutter - abgesehen von den Stresserfahrungen, die das Kind bereits im Mutterleib erlebt hat - der Beziehungsaufbau zum Kind sowie die Mutter- Kind-Interaktion von Beginn an gestört sind und die Mutter häufig anstatt eines feinfühligen Verhaltens ein depressiv-resignatives oder ärgerlich-reizbares Verhalten zeigt. In seiner Studie waren die Kinder der substanzabhängigen Mütter tendenziell irritabler und taktil überempfindlicher als die der Kontrollgruppe. Die Mütter zeigten teils kompensatorische Überfürsorge, teils eine höhere Tendenz zu Strafen sowie eine von Ängstlichkeit, Unsicherheit, geringem Selbstvertrauen und Schuldgefühlen geprägte Beziehungsgestaltung. In der Diskussion seiner Ergebnisse weist der Autor darauf hin, dass die Unberechenbarkeit der Bindungsperson ebenfalls chronischen Stress beim Kind auslösen kann, was wiederum negative Auswirkungen auf die Hirnentwicklung nach sich zieht. Die hohe Bedeutung einer sicheren Bindung zu mindestens einem Elternteil bestätigte auch eine Untersuchung von Eiden (2013). In der Längsschnittstudie wurden Kinder alkoholabhängiger Eltern, die zu Beginn der Studie noch unter einem Jahr alt waren, mehrere Jahre in ihrer Entwicklung verfolgt. Es nahmen 102 Familien mit einem alkoholkranken Vater sowie 23 Familien teil, in denen beide Eltern mindestens missbräuchlich Alkohol konsumierten. Des Weiteren gab es eine Kontrollgruppe, die 102 Familien ohne Suchterkrankung umfasste. Aus den Ergebnissen schließt die Autorin (Eiden 2013, 187) „dass die Sicherheit der frühen Mutterbindung ein signifikanter Moderator der weiteren Entwicklung von Alkoholikerkindern ist“. Ob dies für Väter ebenfalls gilt, darüber kann hier keine Aussage getroffen werden, da sich unter den Probanden keine Familie befand, in der die Mutter suchtkrank war, der Vater aber nicht. Die Erfahrungen in der Suchthilfe zeigen aber, dass diese Konstellation zum einen deutlich seltener vorkommt, weil es trotz Zunahme an alkoholabhängigen Frauen insgesamt (noch) deutlich weniger riskant konsumierende Mütter als Väter gibt (2,5 Mio. Mütter vs. 4,1 Mio. Väter laut RKI 2016), und zum anderen, weil sich gesunde Männer von ihren suchtkranken Frauen erfahrungsgemäß oft früher trennen als das andersherum der Fall zu sein scheint. Oft entstehen dann Patchwork-Familien und sehr heterogene Familienstrukturen, über die es aber noch wenige Studien gibt. Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung Kathrin Pfeffer, Sebastian Müller 11 FI 1/ 2025 Sind beide Eltern von der Suchterkrankung betroffen, kann eine enge Bindung an die Mutter auch negative Effekte haben, wie Eidens Daten zeigten. Eiden (2013, 187) betont die „protektive Rolle“, die die Bindung zum nicht-abhängigen Elternteil mit sich bringt, da sich in ihrer Studie bereits ab dem Alter von zwei Jahren Unterschiede zwischen den beiden Gruppen von Kindern zeigten und insbesondere Jungen mit beiderseits suchtkranken Eltern früh zu aggressivem Verhalten gegenüber anderen Kindern neigten und noch bis ins mittlere Kindesalter Probleme in Beziehungen zu Gleichaltrigen hatten. Eiden weist auch darauf hin, dass diesen Folgen durch möglichst frühe Interventionen, die Qualität der Eltern-Kind-Bindung und das Verhalten der Kinder betreffend, entgegengewirkt werden kann. In der KiD 0 - 3 Studie des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (Fullerton et al. 2017) mit Familien von 0 - 3-jährigen Kindern gaben die Eltern mit auffälligem Substanzkonsum im Vergleich zu Eltern der Kontrollgruppe deutlich häufiger an, ihr Kind habe ein „negatives Temperament“, es gebe „Schreiprobleme“, sie empfänden eine „hohe soziale Isolation“ sowie „persönliche Einschränkungen“ durch das Kind und hätten „Zweifel an der eigenen elterlichen Kompetenz“ wie auch „Schwierigkeiten, sich in das Kind einzufühlen“. Daraus lässt sich schließen, dass sich die betroffenen Eltern auch selbst als wenig kompetent erleben und sich oft unsicher im Umgang mit ihren Kindern fühlen. Entwicklungsauffälligkeiten Sarimski (2022) sieht bei Kindern aus suchtbetroffenen Familien grundsätzlich ein erhöhtes Risiko für Entwicklungsstörungen. Vergleicht man Studien zu dieser Thematik, kann man drei Gruppen von Beeinträchtigungen differenzieren. Das Fetale Alkohol Syndrom (FAS), entstanden durch häufigen Alkoholkonsum der werdenden Mutter, und die auch schon durch gelegentlichen Alkoholkonsum in der Schwangerschaft entstehende Alkoholspektrumstörung (FASD) zählen zu den am häufigsten vorkommenden, nicht genetisch bedingten Beeinträchtigungen. Der pränatale Alkoholkonsum der Mutter führt neben körperlichen Auffälligkeiten und Fehlbildungen vor allem zu Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsstörungen beim Kind. So leben z. B. 19,3 % der Frauen in Deutschland mit hohem Bildungsstand während der Schwangerschaft nicht völlig abstinent (Pfinder 2015). Die Entwicklungsstörungen bei FAS/ FASD sind nicht revidierbar, dennoch kann eine frühe Förderung Verbesserungen erzielen. Die Effekte anderer Substanzen als Alkohol auf das ungeborene Kind fallen sehr unterschiedlich aus und können hier nicht umfassend aufgelistet werden. Bei der dritten Gruppe handelt es sich um die Kinder, die nicht pränatal, sondern postnatal geschädigt sind. Sie sind belastet durch die Bedingungen, unter denen sie aufwachsen. Obwohl für die Diagnose von FAS/ FASD der Nachweis des Substanzkonsums in der Schwangerschaft durch die Mutter nicht notwendig ist, wenn die Diagnosekriterien zutreffen, ist die Dunkelziffer hoch. Aufgrund von Scham, Schuld und der hohen Stigmatisierung geben viele Mütter den pränatalen Substanzkonsum nicht preis. Daher ist nicht klar feststellbar, welche Kinder prä- und welche erst postnatal belastet sind. Kinder mit FAS/ FASD werden aufgrund ihrer Erkrankung auch im Kleinkindalter schon als besonders anstrengend von den Eltern empfunden. Schreit ein Kind besonders lang und häufig, ist unruhig, kann schlecht Kontakt aufnehmen, entwickelt sich langsam, hat eine besonders sensible Wahrnehmung, schläft schlecht und kann sich erst sehr spät verbal ausdrücken, dann sind die Eltern stark gefordert, fühlen sich möglicherweise persönlich angegriffen und gehen infolgedessen weniger ausgeglichen auf ihr Kind ein. Das Kind hat durch die Defizite, die seine Entwicklungsstö- Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung 12 FI 1/ 2025 rung mit sich bringt, besondere Bedürfnisse, denen die Eltern aufgrund ihrer eigenen Erkrankung noch weniger nachkommen können als Eltern ohne Suchtbelastung. Diese Herausforderungen können auch zu erhöhtem oder erneutem Konsum beim suchtkranken Elternteil führen. Eine momentane Abstinenz ist erst einmal ein Schutzfaktor für das Kind. Doch das Halten der Abstinenz bringt Stress für den Suchtkranken mit sich, der wiederum ein Risiko für Misshandlung und Vernachlässigung darstellt (Chrzan-Dętkoś/ Walczak-Kozłowska 2017). Über Kinder, die erst postnatal durch den Substanzkonsum in ihrer Familie beeinträchtigt sind, gibt es nur wenige Studien jenseits des sozial-emotionalen Bereichs. Doch es ist bekannt, dass die Entwicklung der betroffenen Kinder in allen Bereichen beeinträchtigt sein kann (Sher 1991). Viele Entwicklungsbereiche stehen miteinander in Verbindung. Sprachauffälligkeiten etwa beeinflussen das sozial-emotionale Verhalten (Keenan/ Shaw 2003) ebenso wie die Fähigkeiten zur Selbstregulation (Petersen et al. 2015, Vallotton/ Ayoub 2011), die sowohl als Auslöser, als auch als Folge von Substanzmissbrauch eine Rolle spielt. Haben die Eltern bereits ein Problem mit dem Thema Selbstregulation, können ihre Kinder weder durch Co-Regulation noch durch Imitationslernen Strategien zur eigenen Emotionsregulation von ihnen lernen. Leider mangelt es an aktuellen und umfassenden Studien zur kognitiven und sprachlichen Entwicklung von Kindern suchtkranker Eltern. Vorhandene Studien konnten größtenteils negative Effekte auf alle Entwicklungsbereiche bei Kindern suchtkranker Eltern aufzeigen (vgl. Salo/ Flykt 2013). Die Mehrheit der Untersuchungen betrifft Kinder im Schulalter bezüglich des Schulerfolgs. Laut Zobel (2017) zeigen Kinder vor allem im höheren Schulalter schlechtere Schulleistungen als ihre gleichaltrigen Klassenkameraden ohne ein suchtbelastetes Umfeld, wobei hier vor allem mangelnde Anregung und Förderung als ursächlich angenommen werden können. Dabei fällt auf, dass die Familienverhältnisse und das individuelle Verhalten des suchtkranken Elternteils einen großen Einfluss haben (Poon et al. 2000). Intakte Familienverhältnisse und ein hoher sozioökonomischer Status sowie lange Phasen der Abstinenz gelten als Schutzfaktoren, während komorbide psychische Erkrankungen eines Elternteils einen weiteren Risikofaktor darstellen, wie eine Studie von Moss et al. (1995) für Söhne zeigen konnte. Eine retrospektive Kohortenstudie von Raitasalo et al. (2019) anhand der Daten von 57.377 Kindern stellte unter anderem fest, dass sich eine Suchterkrankung des Vaters und der Mutter ähnlich negativ auf die mentale Gesundheit und das Verhalten eines betroffenen Kindes auswirken. Die Bedeutung des „Window of Tolerance“ für das Lernen Häufig liegt bei Kindern aus suchtbelasteten Familien auch ein Aufmerksamkeitsdefizit vor (Wilens et al. 1996, Parvaresh et al. 2015, Kendler et al. 2016). Menschen mit einer Aufmerksamkeitsstörung erlebten in ihrer Kindheit nicht selten traumatische Ereignisse, wie Gewalterfahrungen oder Vernachlässigung (Miodus et al. 2021). Auch Kinder aus suchtbelasteten Familien können eine Traumafolgestörung entwickeln. Ohne auf das Thema Traumatisierung genauer eingehen zu wollen, sei darauf hingewiesen, dass Kinder mit einer Traumafolgestörung oft über ein sehr schmales Stress- Toleranz-Fenster (Window of Tolerance) verfügen. Das Modell eines „Window-of-Tolerance“ wurde von Daniel Siegel (1999) geprägt, der damit aufzeigte, dass Menschen auf einen belastenden Stressor oder Trigger mit einem Zustand der absoluten Über- oder Untererregung reagieren können. In der Übererregung kommt es zum sogenannten Flucht- oder Kampfmodus, der sich durch Hypervigilanz, Panik, Angstreaktionen oder Aggression ausdrückt. In der Untererregung kommt es zur sogenannten Er- Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung Kathrin Pfeffer, Sebastian Müller 13 FI 1/ 2025 starrung, die sich als körperliche Inaktivität, Gefühlstaubheit, Wahrnehmungseinschränkung oder sozialer Rückzug zeigen kann. Beide Zustände sind für den Betroffenen in diesem Moment unkontrollierbar. Das Toleranzfenster dazwischen (Abb. 2) - der optimale Erregungszustand - ist bei Menschen mit einer Traumafolgestörung sehr schmal, d. h. sie fallen schneller in für sie unkontrollierbare Zustände der Über- oder Untererregung. Die Regulationsfähigkeit des Nervensystems ist eingeschränkt. Doch nur auf mittlerem Erregungsniveau, d. h. wenn ein Mensch sich körperlich und mental in einem optimalen Erregungszustand befindet, ist auch Lernen möglich. Nur dann können Reize aus der Umgebung adäquat aufgenommen, verarbeitet und langfristig abgespeichert werden. Ein Kind, das in seiner häuslichen Umgebung wenig Sicherheit erfährt, dessen Alltag von emotionaler und/ oder körperlicher Vernachlässigung bzw. Misshandlung geprägt ist, ist permanent beunruhigt und befindet sich daher selten im optimalen Erregungszustand, in dem effektives Lernen möglich ist. Dies begünstigt Entwicklungsverzögerungen in allen Bereichen. Resilienzfaktoren Bei Kindern suchtkranker Eltern handelt es sich nicht nur um eine Risikogruppe für Entwicklungsstörungen, sondern auch für Kindesmisshandlung und Vernachlässigung und nicht zuletzt um eine Risikogruppe für eine eigene Suchtproblematik im Jugend- und Erwachsenenalter. Obwohl nicht allein aufgrund einer Suchtproblematik in einer Familie sofort auf eine Kindeswohlgefährdung geschlossen werden kann, zeigen Untersuchungen, dass das Kindeswohl in Familien mit einem Alkohol oder andere Drogen konsumierenden Elternteil häufig durch verschiedene Faktoren gefährdet sein kann. Eine schwedische Erhebung bei 15 -17-jährigen Jugendlichen konnte etwa nachweisen, dass Drogen- oder Alkoholkon- Abb. 2: Stress-Toleranz-Fenster (in Anlehnung an Siegel 1999) Übererregung Untererregung Optimaler Erregungszustand Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung 14 FI 1/ 2025 sum aufseiten der Eltern signifikant mit verschiedensten Arten von Kindeswohlgefährdung assoziiert ist. Besonders hervorzuheben sind hier das Beobachten körperlicher Gewalt der Eltern untereinander sowie die vielfältige Viktimisierung der Kinder, auf persönlicher wie auch auf gesellschaftlicher Ebene (Jernbro et al. 2022). Eine Meta-Analyse von Kuppens et al. (2020) erbrachte Erkenntnisse über die langfristigen Folgen von Substanzkonsum für die Kinder der konsumierenden Eltern, wobei sich insbesondere Drogenkonsum besonders negativ auf das Kindeswohl von 0 -18-Jährigen auswirken kann. Doch auch Alkohol- und Tabakkonsum sowie eine Alkoholerkrankung zeigten in der Metastudie signifikant negative Auswirkungen auf das Kindeswohl. Das Kindeswohl ist dann besonders gefährdet, wenn eine hohe Anzahl an Risikofaktoren nur geringen persönlichen, familiären und sozialen Schutzfaktoren gegenübersteht. Nicht jedes Kind, das unter den Belastungen einer Suchterkrankung in der Familie aufwächst, wird letztendlich auch entwicklungsauffällig oder selbst suchtkrank. Die in verschiedenen Studien (vgl. Bender/ Lösel 2016, Hohm et al. 2017, Pretis/ Dimova 2016, Velleman/ Templeton 2007 und 2016) erfassten Schutzfaktoren sollen hier überblicksartig zusammengefasst werden. Zu diesen gehören neben einer stabilen Beziehung zu mindestens einem Elternteil oder einer anderen nahen Bezugsperson hilfreiche Strukturen im außerfamiliären Erziehungsumfeld (z. B. Kindergarten, Schule) sowie eine gute soziale Einbindung (z. B. Sportverein, Kirche, Freunde). Außerdem wirken gute kognitive und sprachliche Fähigkeiten wie auch ausgereifte Fähigkeiten zur Emotionsregulation unterstützend. Auch ein gutes Verständnis für Kohärenz in der eigenen Lebensgeschichte, ein konstruktiver Umgang mit Belastungen sowie eine positive Betrachtung der eigenen Zukunft stellen Resilienzfaktoren dar. Klare Strukturen, Regeln und Rituale geben Sicherheit. Des Weiteren helfen ein realistisch positives Selbstkonzept sowie ein hohes Selbstwirksamkeitsempfinden. All diese Faktoren betreffen darüber hinaus nicht nur Kinder aus suchtbelasteten Familien, sondern alle Menschen, wenn sie mit Belastungen konfrontiert sind, insbesondere auch die Eltern der betroffenen Kinder. Sowohl der suchtkranke Elternteil als auch dessen Partner profitieren von den genannten Schutzfaktoren. Die Angebote und Interventionen der Suchthilfe adressieren viele dieser Faktoren in ihrer Arbeit mit Menschen mit einer Suchterkrankung. Weiterhin sind eine gute Beziehung der Eltern untereinander und ein offener Umgang mit der Suchterkrankung innerhalb der Familie von zentraler Bedeutung. Wird nicht im häuslichen Umfeld konsumiert und aktiv statt vermeidend mit der Erkrankung umgegangen, kann leichter Hilfe in Anspruch genommen werden. Eine lösungsorientierte Sichtweise bei Kindern und Eltern wird gefördert. Umgang mit suchtbetroffenen Familien Fachkräfte in der Frühförderung treffen sowohl auf Familien, in denen eine Abhängigkeit vorliegt, als auch auf Familien, in denen der Substanzkonsum bereits erhöht, aber noch nicht eskaliert ist. Beides kann Entwicklungsauffälligkeiten bei den Kindern begünstigen. Resilienzorientierung, Familienorientierung sowie Interaktions- und Bindungsorientierung gehören zu den Grundprinzipien der Frühförderung (Sarimski 2022) und beinhalten damit genau das, was suchtbetroffene Familien bezüglich ihrer Kinder benötigen. Dabei ist ein rein kindzentriertes Vorgehen wenig zielführend und die Integration der Eltern in die Förderung und Therapie des Kindes unerlässlich. Sarimski (2022) stellt einige Studien zur Einbindung von Eltern in die Frühförderung bzw. Maßnahmen zur Unterstützung der Elternkompetenz vor. So konnten Trivette et al. (2010) nachweisen, dass sich die Unterstützung der Eltern in der Gestal- Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung Kathrin Pfeffer, Sebastian Müller 15 FI 1/ 2025 tung von entwicklungsförderlichen Interaktionen indirekt positiv auf die kindliche Entwicklung auswirkt. Eine große Rolle spielen dabei ein verbessertes Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeitsempfinden sowie letztendlich die psychische Stabilität der Eltern. Die Elternarbeit bezeichnet Sarimski (2022, 41) als eine Art „Coaching“, da sie weder familientherapeutisch aussehen, noch die Eltern als Co-Therapeuten einsetzen, sondern eher einen Dialog und Selbstreflexion der eigenen Interaktion in der „Triade Fachkraft-Eltern-Kind“ ermöglichen soll. Auch videogestützte Beratungsformen wie z. B. die Entwicklungspsychologische Beratung (EPB) (ursprünglich von Ziegenhain et al. 2004, adaptiert für die Frühförderung von Fries et al. 2005), das Marte-Meo-Konzept (Bünder et al. 2015) sowie das Programm STEEP (Steps to enjoyable and effective Parenting; u. a. Erickson/ Egeland 2006) tragen zu einer effektiven Elternarbeit bei. Dabei können die in suchtbetroffenen Familien besonders relevanten Bereiche - wie etwa ein strukturgebender Alltag, feinfühliges Reagieren auf die kindlichen Bedürfnisse und Co-Regulation der kindlichen Emotionen, Regeln und Rituale, angemessene Konsequenzen, förderliches Kommunikationsverhalten, aber auch Ressourcenstärkung bei Eltern und Kind - thematisiert werden. Zudem ist eine ausführliche Aufklärung darüber, wie das Verhalten des konsumierenden Elternteils sowie die Bewältigungsversuche des anderen Elternteils das Kind beeinflussen, essenziell für suchtbelastete Familien. Darüber hinaus gibt es Konzepte zur Steigerung der Elternkompetenz speziell für suchtkranke Eltern. Allerdings handelt es sich hierbei meist um Gruppenprogramme (z. B. Lenz 2019) oder einzelne Termine für Eltern innerhalb von Gruppenkonzepten für Kinder suchtkranker Eltern (z. B. Trampolin; Klein et al. 2013), wobei solche noch nicht flächendeckend und oft auch nur für Kinder ab dem Grundschulalter durch Suchtberatungs- und Erziehungsberatungsstellen angeboten werden (vgl. Härtl et al. 2020). Studien konnten positive Effekte auf die kindliche Entwicklung durch verschiedenste Arten an frühen Interventionen bei suchtbelasteten Familiensystemen feststellen (u. a. Berlin et al. 2014, Calhoun et al. 2015). Besonderheiten im Umgang mit suchtbelasteten Eltern Doch wie erfährt die Frühförderkraft überhaupt von der Suchtbelastung in einer Familie? Grundsätzlich ist es ratsam, standardmäßig die häuslichen Umstände und mögliche Entwicklungsrisiken in der Anamnese zu erheben. Das könnte zum Beispiel so aussehen: „Wie zufrieden sind Sie mit dem Alkoholkonsum in Ihrer Familie? “. Diese Anamnese kann mündlich in einem der ersten Gespräche oder schriftlich durch einen standardisierten Fragebogen, der verschiedene Informationen abfragt, erfolgen. Die Reaktion wird vorerst nur dokumentiert und sollte zu einem späteren Zeitpunkt nochmal aufgegriffen werden. Auch wenn im Verlauf der Förderung durch das Verhalten oder Äußerungen des Kindes oder eines Elternteils der Verdacht auf eine Suchterkrankung in der Familie entsteht, darf dies thematisiert werden. Das Gespräch mit den Eltern oder einem Elternteil stellt einerseits die größte Hürde, andererseits aber auch die größte Chance für das Anstoßen von Veränderungsprozessen dar. Da die Abhängigkeitserkrankung in unserer Gesellschaft immer noch einer massiven Stigmatisierung unterliegt, benötigt es hier großes Feingefühl, um das von Scham und Schuldgefühlen besetzte Thema anzusprechen, und auch Selbstreflektion bezüglich der eigenen Haltung gegenüber Menschen mit einer Suchterkrankung. Ein vertrauensvoller Rahmen unter vier Augen ist die Grundlage für ein konstruktives Gespräch, unabhängig davon, ob der Gesprächspartner selbst der von riskantem Konsum betroffene Elternteil ist oder der nicht-konsumierende Partner. Um den Widerstand zu reduzieren, empfiehlt es sich, zuerst die Erlaubnis einzuho- Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung 16 FI 1/ 2025 len, ein eventuell heikles Thema anzusprechen und die eigenen Beobachtungen klar und neutral als Rückmeldung zu formulieren. In der Beratung von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen hat sich die Methodik der Motivierenden Gesprächsführung als besonders effektiv herausgestellt (Bischof et al. 2021). Die Anwendung dieser Methode bei Gesprächen mit suchtbetroffenen Eltern trägt zu einer Atmosphäre der Offenheit und des Vertrauens bei. Dabei spielen die Grundprinzipien der Motivierenden Gesprächsführung eine wichtige Rolle: aktiv zuhören, Ich-Botschaften verwenden, offene Fragen stellen, die Eltern (z. B. durch Skalierungsfragen) zum Nachdenken Richtung Veränderung anregen und bei Widerstand gelassen reagieren. Die Haltung sollte immer wertschätzend sein. Anstatt auf Widerstand mit einem Angriff zu reagieren, kann die Kraft des Widerstands gewürdigt werden. Wenn Eltern emotional reagieren, kann das eine Chance bedeuten. Diese Gefühle können dann validiert, aufgegriffen und ernst genommen werden. Beweisführungen sollten hingegen vermieden werden. Wenn eine Fachkraft ihre Besorgnis äußert, muss dies erst von den Eltern verarbeitet werden. „Was geht Sie der Alkoholkonsum von meinem Mann an? Sie sollen Tim beim Sprechen lernen helfen! “ - „Sie haben Recht, mir geht es genau wie Ihnen in erster Linie um Tim. Lassen Sie uns gemeinsam schauen, wie wir ihn unterstützen können.“ Schnelle Veränderungen sind nicht zu erwarten. Veränderungen benötigen gerade bei Menschen mit missbräuchlichem Substanzkonsum viel Zeit. Wer seine Sorge äußert, kann einen Veränderungsprozess anstoßen. Die Eltern benötigen Informationen darüber, wie sich der Substanzkonsum auf ihr Kind auswirkt und welche Veränderungen ihrem Kind helfen können. Durch vertiefte Aufklärung darüber, wie sich eine elterliche Suchterkrankung auf die Entwicklung des eigenen Kindes auswirken kann, können Eltern für Entwicklungsrisiken sensibilisiert werden. Darüber hinaus ist es hilfreich, Unterstützung anzubieten und bei Wunsch auch Empfehlungen aus dem lokalen Netzwerk zur weiterführenden Beratung oder Behandlung auszusprechen. Konkrete Ziele der Eltern können gemeinsam formuliert werden (z. B. Kontakt zur Suchtberatung aufnehmen, mit dem betroffenen Kind gemeinsam ins Gespräch kommen, zur eigenen Entlastung die Oma regelmäßig um Kinderbetreuung bitten, usw.). Im Zuge weiterer Gespräche kann immer wieder Bezug auf das Verabredete genommen werden, um Verbindlichkeit herzustellen. Dabei sollte nie der Blick auf das Kindeswohl verloren gehen. In suchtbetroffenen Familien treten körperliche Gewalt und Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch sowie körperliche und emotionale Vernachlässigung häufiger auf als in Familien ohne eine derartige Belastung. 12,3 % der Eltern mit Suchtanzeichen berichten über Gewalt gegenüber ihren Kindern oder Vernachlässigung dieser, im Vergleich zu 2,3 % der Eltern ohne Suchtanzeichen (NZFH 2016 in DGKiM 2020). Wie oben bereits geschildert, stellen insbesondere Medikamente und Drogen besondere gesundheitliche Gefahren für Kinder dar. Wenn eine Zusammenarbeit und ein Austausch der verschiedenen Beteiligten von den Eltern nicht gewünscht ist und die Eltern mangelndes Interesse und mangelnde Mitarbeit erkennen lassen, obwohl das Wohl des Kindes gefährdet scheint, muss das Kindeswohl genauer überprüft werden und ggf. eine Meldung der Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt erfolgen. Im Regelfall wollen auch suchtkranke Eltern gute Eltern für ihr Kind sein, doch nicht immer gelingt das bzw. gelingt es oft nur mit Unterstützung von außen. Die DGKiM (2020) hat dazu einen umfangreichen Leitfaden entworfen, der die Herausforderungen im Kinderschutz der betroffenen Kinder aufzeigt sowie Handlungsempfehlungen zum Schutz des Kindeswohls gibt. Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung Kathrin Pfeffer, Sebastian Müller 17 FI 1/ 2025 Selbstfürsorge Bei aller Sorge um eine betroffene Familie und das in ihr lebende Kind darf der Blick der Fachkraft auf sich selbst nicht in Vergessenheit geraten. Die Arbeit mit einer suchtbelasteten Familie kann herausfordernd sein und schnell reagiert ein Helfer ähnlich einem Angehörigen. Immer wieder sollten Fachkräfte hinterfragen: Wie viel Unterstützung ist hilfreich? Was ist zu viel? Stärken wir wirklich noch Ressourcen und Selbstwirksamkeit oder nehmen wir der Familie schon Aufgaben und Verantwortung ab? Manchmal ist weniger mehr. Aufgabe der Frühförderung ist das Wohl des Kindes. Dabei ist die Zusammenarbeit mit den Eltern wichtig, damit diese ihre Elternrolle so gut wie möglich ausfüllen können. Das Elterncoaching durch Frühförderfachkräfte kann keine Therapie der Eltern ersetzen. Aber es kann ein vertrauensvolles, offenes Arbeitsverhältnis auf Augenhöhe aufgebaut und eine stabile, zuverlässige Beziehung angeboten und vorgelebt werden. Um nicht zu weit über die eigenen Grenzen zu gehen und sich in der Arbeit mit psychisch kranken Eltern und deren Kindern nicht in „Verstrickungen“ (Pretis 2016) zu verlieren, empfiehlt sich insbesondere bei der Arbeit mit suchtbetroffenen Familien ein intensiver Austausch im Team. Dabei kann auch die eigene Haltung gegenüber Menschen mit einer Suchterkrankung reflektiert werden. Außerdem kann bei Schwierigkeiten mit der betroffenen Familie und Sorgen um das Wohl des Kindes eine Supervision in Anspruch genommen und mit anderen Stellen im Hilfesystem, wie etwa der Erziehungsberatung, der Suchtberatung und dem Jugendamt kooperiert werden. Ganz besonders gilt das auch, wenn ein Verdacht auf Kindeswohlgefährdung im Raum steht. Sinnvolle Unterstützung kann nur gelingen, solange Fachkräfte ihre eigenen Grenzen der Belastbarkeit kennen und für sich selbst gut sorgen. Daher sollte in der Zusammenarbeit mit suchtbelasteten Eltern immer wieder reflektiert werden: Was sind meine eigenen Gedanken über suchtkranke Eltern? Was ist mein Auftrag? Was kann ich leisten? Und wo ist meine Grenze erreicht? Weiterführende Angebote Das Erkennen eines riskanten oder abhängigen Suchtmittelkonsums in einer Familie ist ebenso wichtig wie der Einbezug der spezifischen Folgeprobleme in die Förderung und Therapie des Kindes. Ein weiterer Faktor ist die Kooperation mit anderen Institutionen im sozialen Hilfesystem. Noch gibt es viel zu wenige Netzwerke und kooperative Angebote zwischen Diensten, wie z. B. der Frühförderung, Erziehungsberatungsstellen und dem Netzwerk Frühe Hilfen auf der einen Seite und Suchtberatungsstellen und Kliniken auf der anderen Seite. Gerade bei Kindern suchtkranker Eltern ist eine engmaschige Zusammenarbeit - soweit von den Eltern gewünscht - mit der jeweiligen Kindertagesstätte sowie ein regelmäßiger Austausch mit dem Kinderarzt hilfreich für alle Seiten. Viele Leuchtturmprojekte zur Unterstützung von Kindern aus suchtbelasteten Familien werden aus Projektgeldern oder Spendengeldern finanziert, (positiv) evaluiert und dann mangels Finanzierung wieder aufgegeben. Andererseits könnte man Kräfte und finanzielle Ressourcen durch eine gezieltere Zusammenarbeit bündeln. Insbesondere für Kinder im Vorschulalter sind die Angebote rar gesät. Ein wichtiger Netzwerkpartner kann die kommunale Suchtberatungsstelle/ Suchtfachambulanz sein. Diese berät nicht nur suchtkranke Menschen und deren Familien, sondern auch jeden Interessierten zum Thema Sucht und zum Umgang mit suchtbelasteten Familien. Außerdem kann hier das lokale Angebot für betroffene Kinder erfragt und eine Zusammenarbeit aufgebaut Familien mit elterlicher Suchtbelastung in der Frühförderung 18 FI 1/ 2025 werden. Weiterführende Informationen über Projekte und Angebote für Kinder aus suchtbelasteten Familien bieten zudem folgende Internetseiten: www.kidkit.de und www.nacoa.de Bedeutung für die Praxis Kinder suchtkranker Eltern sind eine Hochrisikogruppe für Entwicklungsauffälligkeiten. Idealerweise werden Entwicklungsrisiken im häuslichen Umfeld, wie etwa der Substanzkonsum, bereits konkret in der Anamnese erfragt. Besteht ein Verdacht auf riskanten Substanzkonsum in der Familie, ist ein informatives, motivierendes Gespräch auf Augenhöhe unbedingt angezeigt. Nur wenige professionelle Berufsgruppen haben im Kleinkind- und Vorschulalter einen so regelmäßigen und vertrauensvollen Kontakt zu den betroffenen Familien wie die Frühen Hilfen und die Frühförderung. Wir möchten ausdrücklich zu Offenheit, Netzwerkarbeit und Kooperation ermutigen. Dadurch können Barrieren gesenkt und Kompetenzen gebündelt werden. Dr. phil. Kathrin Pfeffer Interdisziplinäre Frühförderung des Dominikus-Ringeisen-Werks Rudolf-Diesel-Str. 5 86470 Thannhausen E-Mail: kathrin.pfeffer@drw.de Sebastian Müller, M. Sc. Caritas Fachambulanz für Suchtkranke Herzog-Wilhelm-Str. 20 83278 Traunstein E-Mail: sebastian.mueller@caritasmuenchen.org Literatur American Psychiatric Association (2013): Diagnostic and statistical manual of mental disorders (DSM-5). Washington, DC, American Psychological Association. Bender, D., Lösel, F. (2016): Risikofaktoren, Schutzfaktoren und Resilienz bei Misshandlung und Vernachlässigung. 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