Frühförderung interdisziplinär
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0721-9121
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/fi2025.art09d
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2025
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Rezension: Britta Dawal: Kinder mit (senso-)motorischen Beeinträchtigungen. Aufgaben und Möglichkeiten der Interdisziplinären Frühförderung
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2025
Markus Spreer
Das Buch ist in der Reihe „Interdisziplinäre Frühförderung“ erschienen und ergänzt hier übergreifende Themenaspekte der Frühförderung durch die Fokussierung auf einzelne Schwerpunkte - hier die Arbeit mit Kindern mit (senso-)motorischen Beeinträchtigungen. Bereits der Titel verdeutlicht die Verschränkung der Begriffe MOTORIK, Bewegung und SensoMOTORIK, die im ersten Kapitel zunächst differenziert vorgestellt werden. Die entwicklungstheoretischen Einordnungen und Entwicklungsbeschreibungen (stets in der Verschränkung von SensoMOTORIK und Bewegung) erfolgen im Hinblick auf die Zuwendung zu einem dynamisch-systemischen Entwicklungsmodell und einem daraufhin ausgerichteten fähigkeits- und aktivitätsbezogenen Menschenbild. Dies, und die beschriebene mehrdimensionale Betrachtung der Bedeutung von Bewegung, hat auch Auswirkungen auf zu formulierende Ziele und die Gestaltung von Bildungs-, Förder- und Therapieprozessen bei Kindern mit motorischen Entwicklungsbeeinträchtigungen, was das Buch sehr gut verdeutlicht.
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86 FI 2/ 2025 REZENSIONEN Britta Dawal Kinder mit (senso-)motorischen Beeinträchtigungen. Aufgaben und Möglichkeiten der Interdisziplinären Frühförderung 2024, Stuttgart, Kohlhammer, 232 S., € 34,- Das Buch ist in der Reihe „Interdisziplinäre Frühförderung“ erschienen und ergänzt hier übergreifende Themenaspekte der Frühförderung durch die Fokussierung auf einzelne Schwerpunkte - hier die Arbeit mit Kindern mit (senso-)motorischen Beeinträchtigungen. Bereits der Titel verdeutlicht die Verschränkung der Begriffe Motorik, Bewegung und Sensomotorik, die im ersten Kapitel zunächst differenziert vorgestellt werden. Die entwicklungstheoretischen Einordnungen und Entwicklungsbeschreibungen (stets in der Verschränkung von Sensomotorik und Bewegung) erfolgen im Hinblick auf die Zuwendung zu einem dynamisch-systemischen Entwicklungsmodell und einem daraufhin ausgerichteten fähigkeits- und aktivitätsbezogenen Menschenbild. Dies, und die beschriebene mehrdimensionale Betrachtung der Bedeutung von Bewegung, hat auch Auswirkungen auf zu formulierende Ziele und die Gestaltung von Bildungs-, Förder- und Therapieprozessen bei Kindern mit motorischen Entwicklungsbeeinträchtigungen, was das Buch sehr gut verdeutlicht. Im zweiten Kapitel des Buches werden vertiefend drei motorische Beeinträchtigungen vorgestellt, die als Basis für die ausgewählten Fallbeispiele des Buches dienen. Diese an vielen Stellen aufgegriffenen Vignetten wurden durch fünf Beiträgerinnen, die an unterschiedlichen Stellen im Praxisfeld der Frühförderung und Sozialpädiatrie tätig sind, in das Buch eingebracht. Es handelt sich bei den Beeinträchtigungen um Spina Bifida, die Zerebralparese und die Umschriebene Entwicklungsstörung motorischer Funktionen (UEMF), die sowohl im Hinblick auf die Prävalenz als auch zur Illustration der Bandbreite möglicher Unterstützungsbedarfe gut gewählt wurden. Alle drei werden jeweils sowohl hinsichtlich der ICF- Komponenten der Körperfunktionen und -strukturen als auch im Hinblick auf die Komponenten Aktivitäten und Partizipation [Teilhabe] anhand aktueller Literatur skizziert. Bereits die Kapitelüberschrift Diagnostik und Förderplanung in der Zusammenarbeit mit Kindern mit motorischen Beeinträchtigungen und ihren Familien macht die Zielrichtung des nächsten Kapitels deutlich: ein partizipations- und familienorientiertes Vorgehen. Nach der Darstellung grundlegender Prinzipien in der Ausrichtung der Diagnostik in der Interdisziplinären Frühförderung werden relevante Verfahren und Methoden beschrieben. Vertieft und differenziert werden hierbei zwei in der Frühförderung eingesetzte Testverfahren (ET 6 - 6R; BOT-2) ausführlich vorgestellt, ergänzt durch Ausführungen zu einer qualitativen Beobachtung und Befunderhebung der Motorik - anhand eines der Fallbeispiele. Hervorzuheben ist die kritische Reflexion standardisierter/ normierter Verfahren, die explizit und lösungsorientiert für die hier in den Blick genommene Zielgruppe thematisiert wird. Im Sinne einer ICF-orientierten Diagnostik wird auch die Beurteilung von Aktivitäten und Partizipation ausführlich und ergänzt durch einen Fallbeispielauszug bedacht - genauso wie die Erfassung und Beurteilung von Kontextfaktoren. Das Kapitel Förder- und Behandlungsplanung gibt im Anschluss Einblicke in die Planung, Umsetzung und Überwachung SMARTer partizipationsorientierter Förderziele. Die Darstellung zum praktischen therapeutischen Vorgehen und zur Förderung erfolgt über eine Auswahl von Förder- und Behandlungskonzepten 87 FI 2/ 2025 Rezensionen (aufgrund der Bandbreite ist diese Auswahl gezwungenermaßen notwendig) im Kapitel Förder- und Behandlungskonzepte. Für die Physiotherapie, die Ergotherapie oder auch die Heilpädagogische Spiel- und Handlungsförderung werden somit grundlegend einzelne Konzepte ausgeführt (z. B. Bobath-Konzept) und wiederum anhand der Fallbeispiel-Kinder gut nachvollziehbar beschrieben. In diesem Kapitel - wie auch im gesamten Band - gelingt es der Autorin sehr gut, die Balance zwischen gewünschter Breite und notwendiger Tiefe der Themen zu halten. Ausgeklammert bleibt der Bereich Logopädie/ Sprachtherapie, der gerade im Hinblick auf den Schwerpunkt Unterstützte Kommunikation natürlich hoch relevant ist - aber inhaltlich in einem separaten Band verortet werden wird. Als separates Hauptkapitel ist die Zusammenarbeit mit den Eltern/ Bezugspersonen und die Vernetzung im Sozialraum konzipiert. Neben vielen Ankerstellen, die bereits in den vorangegangenen Kapiteln auf diese wichtigen Aspekte verwiesen, wird hier nochmals mit Untermalung der Fallbeispiele auf unterschiedliche Rahmenbedingungen Bezug genommen. Hier werden auch spezifische Themen, wie beispielsweise Kinder mit progredienten Erkrankungen thematisiert, die in besonderer Weise die Aufmerksamkeit der Zusammenarbeit mit den Familien erfordern. Hervorzuheben sind die wiederum mit Fallbeispielen unterlegten Kapitel zur Kooperation mit Kindertageseinrichtungen und zum Übergang in die Schule. Diese Ausführungen bieten nicht nur Studienergebnisse zur gegenwärtigen Praxis, sondern auch einen ebenso breiten Ideenfundus zur möglichen Gestaltung. Das gut lesbare Buch überzeugt zunächst durch den klaren Aufbau und die durchgängig sichtbare Rezeption des aktuellen internationalen Forschungsstandes. Vor allem aber profitieren (zukünftige) Fachkräfte in der Frühförderung und darüber hinaus von den wiederum durchgängig begleitenden Fallvignetten, die beginnend mit der ICF-basierten Beschreibung u. a. von Körperfunktionen und -strukturen über die interdisziplinäre Diagnostik und partizipationsorientierte Förderplanung bis hin zur Intervention alle Aufgabenfelder und Prinzipien im Bereich der Frühförderung zeigen - und dies in der Bandbreite der Unterstützungsbedarfe von Kindern mit (senso-)motorischen Beeinträchtigungen. So werden vielfältige, unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten der Frühförderung transportiert, die stets die Partizipation [Teilhabe] ermöglichen und sichern wollen. Markus Spreer, Leipzig DOI 10.2378/ fi2025.art09d Marianne Bossard, Sarah Wabnitz Beratungsprozesse mit Eltern partizipativ gestalten Das 8-Schritte-Verfahren für die Frühe Kindheit 2024, Vandenhoeck & Ruprecht Verlag, 224 S., € 25,- Mit der Frage: „Sind sie schon PINK? “, beginnt das sehr aufschlussreiche und praxisnahe Buch „Beratungsprozesse mit Eltern partizipativ gestalten“ von den Schweizer Autorinnen Bossard und Wabnitz. PINK steht hier für Partizipative Individuelle Kooperative Prozessbegleitung und vermittelt einerseits eine Haltung in Beratungsprozessen mit Eltern und andererseits ein praxisnahes, prozesshaftes Vorgehen. Eine neue, anders gedachte Elternbegleitung durch eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, eine gemeinsam gleichwertige Kommunikation und eine Kooperation mit Eltern in einem Förderprozess sind die Merkmale dieser Elternberatung. Durch einen systemischen Ansatz soll eine nachhaltige Wirksamkeit gefördert werden.
