eJournals mensch & pferd international 1/1

mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2009
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Geleitworte der Herausgeber

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2009
Ewald Isenbügel
Gerd Hölter
Ingrid Strauß
Erhard Olbrich
Geleitworte der Herausgeber
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Eine Zeitschrift mehr zum Thema Pferd? Macht das Sinn in der Flut der hippologischen Fachpresse heutzutage? Wenn man das Konzept der geplanten Fachzeitschrift „Mensch und Pferd - Internationale Zeitschrift für Förderung und Therapie mit dem Pferd“ kennt, muss man die Frage bejahen, denn sonst hätte ich mich auch kaum zur Mitarbeit in der Herausgeberschaft bewegen lassen. Seit den ersten organisierten Einsätzen des Pferdes als therapeutische Hilfe in den späten 1950er Jahren in Deutschland und der Schweiz - für die die Institutionen „Kuratorium Therapeutisches Reiten D“ und „Hippotherapie K CH“ stehen und natürlich vor allem Namen wie Pfarrer Gottfried von Dietze, Ursula Künzle und Dr. Bauman, mit dem wir den ersten Lehrfilm über Pferdeeinsatz bei MS Patienten am Kinderspital Basel erarbeiteten - haben sich Pferde einen unersetzlichen Platz auf dem so breit gewordenen Gebiet der körperlichen und psychischen Hilfe zur Besserung und Gesundung erarbeitet. Der Einsatz von Pferden in der Krankheitsbehandlung geht allerdings bis in die Antike zurück. „Cotherapeut Tier“ Von der Hippotherapie über das Heilpädagogische Reiten, dem Rehabilitationsreiten bis zu den Paralympics - im Behinderten-Reitsport haben Pferde weltweit den ersten Platz unter den „Cotherapeuten Tier“ eingenommen. Von den ersten zaghaften, von der Schulmedizin oft nicht ernst genommenen Einsätzen, bis zur heutigen (teilweisen) Kassenanerkennung war es ein langer und nicht immer einfacher Weg - was aber heute in einem ganzen Berufsspektrum medizinisch, heilpädagogisch und erzieherisch ausgeübt wird. Dass Islandpferde in diesem Einsatz eine bedeutende Rolle einnehmen und durch ihr Format, Haarkleid und Zuwendung eine Vertrauen schaffende Ausstrahlung auf den Klienten haben, hat mich natürlich noch einmal mehr motiviert, in dieser Aufgabe so lange mitzuarbeiten - habe ich doch einen großen Teil meines Lebens dem Islandpferd gewidmet. Dass im Einsatz des „Cotherapeuten Pferd“ zur Verbesserung von Lebenssituationen, Beeinträchtigungen und Krankheiten Menschen und Pferde zusammen arbeiten, macht diese Arbeit auf der einen Seite hochinteressant, auf der anderen Seite aber auch nicht einfach. Um den „Cotherapeuten Pferd“ auf seinen verschiedenen geforderten Einsätzen, um nicht Anwendungen zu sagen, pferdegerecht und zielorientiert einzusetzen, braucht es neben den Kenntnissen der menschlichen Ansprüche eine subtile und gründliche Kenntnis des Pferdes, um es leistungsgerecht, der geforderten Aufgabe entsprechend, mit möglichst wenig Risiken und tiergerecht im Sinne des Tierschutzes einzusetzen. Respekt vor den Bedürfnissen des Pferdes Nur so wird der verhängnisvolle Schritt zum „Therapiegerät Pferd“ vermieden. Nur wenn Pferde für ihre Aufgabe altersgerecht und sorgfältig ausgebildet, durch Haltung und ausgleichende Arbeit physisch und psychisch gesundgehalten werden, haben sie die Kooperationsbereitschaft und Ausstrahlung, die sie zu einer einzigartigen Hilfe für viele Menschen macht. Dass ich als Tierarzt seit vielen Jahren das Thema „Ansprüche, die ein Therapiepferd stellt“, anstelle „Ansprüche an ein Therapiepferd“ vertrete, versteht sich von selbst. Eine Fachzeitschrift, die all die vielen Aspekte der Betreuenden und Betreuten und der Pferde thematisiert und fokussiert zugänglich macht, ist ein vernünftiges und löbliches Unterfangen des Reinhardt Verlages, zu dem ich viel Erfolg wünsche. Prof. Dr. Ewald Isenbügel, Zürich, im Dezember 2008 Von den Ansprüchen eines Therapiepferdes Geleitworte der Herausgeber 8 | mup 1|2009 Geleitworte der Herausgeber Begleitworte eines hippologischen Leiharbeiters Mein Wissen von Pferden und ihren möglichen therapeutischen Wirkungen auf Menschen in besonderen Problemlagen beruht fast ausschließlich auf dem ‚Hörensagen‘: allerdings vom Hörensagen auf hohem Niveau … keine Gerüchte, sondern verlässliche Berichte und persönliche Mitteilungen von Expertinnen und Experten aus dem Bereich des Heilpädagogischen Reitens und Voltigierens, die mir im Laufe meines Berufslebens als Bewegungswissenschaftler in den letzten dreißig Jahren begegnet sind. Kaufhauspferd mit Wolldecke? Den Anfang machte in den 1970er Jahren der Aachener Soziologe und renommierte Dressurreiter H. Meyer - einer der Mitherausgeber der Reiterrevue -, der mich bei der Verteidigung meiner Dissertation zur Motivationsentwicklung von verhaltensauffälligen Kindern mit der Frage konfrontierte, was die von mir zum Zwecke der Motivförderung u.a. eingesetzte Maßnahme des Heilpädagogischen Reitens und Voltigierens von der viel kostengünstigeren Intervention durch ein elektrisches Rodeo-Kaufhauspferd - dekoriert mit einer Felldecke - unterscheide. Mit dieser Frage habe ich dann in der Folgezeit mich selbst, meine Mitarbeiterinnen und Studierenden - heute z.T. mit eigenen Reitställen, Ausbildungslehrgängen und wissenschaftlichen Qualifikationen - ‚auf Trab gehalten‘. Sind es die dreidimensionalen Bewegungsimpulse des Pferdes und die Selbstregulation von Antrieb und Form? Oder die besondere Triade zwischen Tier, Patient und Therapeutin? Oder Glaubens- und Placeboeffekte sowohl auf Seiten der Therapeutinnen als auch der Patienten? Oder vielleicht sogar alles zusammen? Ehrlich gesagt, eine schlüssige Antwort darauf kann ich bis heute nicht geben, ebenso wenig darauf, warumTanz,Trampolinspringen,Aquatherapie, Joggen sowie andere leib- und bewegungsorientierteTherapien, die mich in meinem Berufsleben in ihrer Wirkung auf Patienten interessieren, zumindest in der subjektiven Bewertung durch die Adressaten so wirksam sind. Effektivitätsforschung Aus der viel umfangreicheren Psychotherapieforschung wissen wir, dass Psychotherapie zu 80 % wirkt. Warum dies der Fall ist, kann bisher nur vermutet werden und die Tendenz geht hier dahin, sog. unspezifische Wirkfaktoren, wie z. B. die Art und Weise der Beziehungsgestaltung, als eigentliches Heilmittel anzunehmen. Bewegungstherapien - mit und ohne Pferd - sind in dieser Hinsicht bisher kaum erforscht worden, aber die meisten hier tätigen Therapeutinnen und Therapeuten wissen oder besser spüren intuitiv, dass ihre spezifische Zugangsweise wirkt. Und dies wird ihnen auch durch systematische Befragungen zur subjektiven Bewertung von Therapieerfolgen von ihren Patientinnen und Patienten bestätigt. Nur das Warum ist - wenn es über physiologische Wirkungen hinausgeht - bisher schwer zu ergründen, geschweige denn mit wissenschaftlich anerkannten Standards zu beschreiben. Meine Hoffnung als Mitherausgeber der Zeitschrift „Mensch und Pferd“ ist, dass ich irgendwann mit Unterstützung interessanter wissenschaftlicher Beiträge aus der Zeitschrift meinem akademischen Lehrer und ‚Pferdenarren‘ H. Meyer die Frage beantworten kann, warum der therapeutische Dialog mit einem lebendigen Wesen nicht durch einen dekorierten „Therapieroboter“ zu ersetzen ist. Prof. Dr. Gerd Hölter, Dortmund, im Dezember 2008 Geleitworte der Herausgeber mup 1|2009 | 9 Die Beziehung des Menschen zum Pferd ist etwas Unvergleichliches. Seit es Gemeinschaften zwischen Mensch und Pferd gibt, lassen sich aus dieser Verbindung „Förderungen“ beobachten und erleben. Vom Reiten als „exercitia universalia“ - als allumfassende Übungen - weiß man, seit sich die Reitkunst entwickelte: Der 430 v. Chr. geborene griechische Heerführer Xenophon hat in seinem Buch „Über die Reitkunst“ noch heute Gültiges geschrieben. Die Medizin hat spätestens seit dem Mittelalter die Bewegungsbehandlung „Reiten“ und ihre Wirkung auf Körper, Geist und Seele erkannt und beschrieben. Besonders interessant ist, dass in der Encyclopédie von D. Diderot - 1751 erschienen - im Abschnitt über „Das Reiten und seine Beziehung zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit“ nicht nur vielfache Beobachtungen über heilende Wirkung auf allerverschiedenste Probleme des Menschen beschrieben werden - von Kopf über Herz-Kreislauf, Atmung, Magen-Darmtrakt, Nieren, Blase, Haltung, Bewegungsapparat bis zu psychisch-mentalen Störungen. Auch die Eignung des Pferdes vom Typ her und seiner Bewegungen wird erörtert und genaue Hinweise für Durchführung und Dosierung der „Behandlung“ werden gegeben - immer in Absprache mit dem Arzt! Im 18. und 19. Jahrhundert nahm das „Reiten“ mit der Fülle seiner „heilenden“ Einwirkungen beachtlichen Platz in der Medizin ein. Im 20. Jahrhundert kristallisierte sich das „Therapeutische Reiten“ geradezu als Renaissance aller bisherigen positiven Erfahrungen mit und auf dem Pferd heraus und damit begann ein anspruchsvoller Entwicklungsprozess. In Deutschland hat das Deutsche Kuratorium für Therapeutisches Reiten (DKThR) wesentlich dazu beigetragen, zunächst die Fülle aller beobachteten positiven Einwirkungen zu sichten und zu ordnen. Die noch heute gültige Konzeption der Einsatzbereiche des Pferdes in Medizin - Pädagogik - Sport war geniale Voraussetzung für eine Qualifizierung der Arbeit. In der weiteren Entwicklung kristallisierten sich eigenständige (Interdisziplinär-) Bereiche heraus, die eine Öffnung der bisher fast statischen Ordnung in eine erweiterbare Dynamik erforderten. Medizinische Disziplinen Der Bereich Medizin kann nicht mehr Hippotherapie in ihrer klassischen Formulierung heißen, sondern umfasst als Hippo-Physiotherapie auch Bereiche mit anderen Behandlungsschwerpunkten: Die Orthopädie mit vielfachen Indikationen, sowohl kurativer wie präventiver wie rehabilitativer Behandlungen, war die Wiege des therapeutischen Reitens - sie gehört zur Medizin. Auch die inzwischen etablierte und qualifizierte Behandlung in der Psychiatrie sei erwähnt; wo hat „Psychotherapeutisches Reiten“ seinen Platz? Hippo-Ergotherapie spezialisiert sich … Beachtenswerte Berichte über den Einsatz des Pferdes in anderen medizinischen Disziplinen müssen wahrgenommen und geprüft werden - hier entsteht ein großes Aufgabengebiet. Heilpädagogisches Reiten / Voltigieren in Bewegung Auch der Bereich Pädagogik erfährt neue Impulse - das zeigt sich schon an der Namensänderung des Heilpädagogischen Reitens/ Voltigierens in „Heilpädagogische Förderung mit dem Pferd“ - HFP; die sprunghaft wachsenden Erfahrungen auf dem großen Gebiet der „tiergestützten Therapie“ gewinnen zunehmend an Bedeutung, veranlassten sogar Überlegungen eines Fachgremiums zu einer Definition „Pferdgestützte pädagogische Therapie“ … Und wohin gehören die Aktivitäten der Manager- Schulungen mit Hilfe des Pferdes? Reitsport für Menschen mit Behinderungen Der Bereich Sport schließlich bezieht sich nicht nur auf die Integration von Menschen mit Behinderungen in den klassischen Reitsport, sondern umfasst allerverschiedenste Reitweisen, der Fahrsport bekam seinen Platz … Bei allen Abgrenzungen der Arbeitsbereiche wird es immer Überschneidungen und Schwerpunkte geben - das liegt in der Natur des ganzen Pferdes für den ganzen Menschen! Neue Herausforderungen Diese wenigen kurzen Blicke auf Förderung und Therapie des Men- Mensch und Pferd 10 | mup 1|2009 Geleitworte der Herausgeber schen mit und auf dem Pferd heute zeigen, welch große Aufgaben gegeben und zu bewältigen sind und in welcher Verantwortung wir stehen. Mit dieser internationalen Fachzeitschrift soll ein Forum geschaffen werden, welches mit fachlichem Niveau eine neutrale Vorstellung von Arbeiten und Berichten ermöglicht. Vernetzung, Kenntnis und Begutachtung von Aktivitäten mit und auf dem Pferd sollen überregional ermöglicht werden, Einbeziehen und Ausgrenzen von Arbeitsgebieten setzen Information voraus. Dem Ernst Reinhardt Verlag gebührt großer Dank dafür, dass er sich dieser Aufgabe stellt! „Wenn ich könnte, malte ich am Himmel einen Regenbogen und richtete es so ein, dass er auch bei Nacht zu sehen wäre! “ - Mit diesen Worten von Helder Camara wünsche ich der neuen Fachzeitschrift Glück! Dr. med. Ingrid Strauß, Kreuth, im Dezember 2008 Literatur Strauß, I. (2008): Hippotherapie. Physiotherapie mit und auf dem Pferd. 4. Aufl. Thieme, Stuttgart Pferde faszinieren Menschen seit Jahrtausenden. Lange schon bevor sie zum Reiten, zur Arbeit oder zum Kampf genutzt wurden, malten unsere Vorfahren sie in all ihrer Schönheit und Dynamik an die Wände ihrer Höhlen, drückten schon damals mit hoher Präzision aus, was sie fesselte, ohne an Domestikation oder gar an Beherrschung von Pferden zu denken. Und Pferde faszinieren bis heute. Pferde sprechen in vielen Menschen etwas an, das nicht allein durch vernünftiges Interagieren oder effizientes Nutzen erklärt werden kann. Das äußert sich auch emotional in einer hohen Wertschätzung von Pferden. Menschen streben danach, die Beziehung zu perfektionieren, sei es, dass sie besondere Fertigkeiten ihrer Pferde ausbilden, sie ausstellen, sie zum Sport oder auch zur Therapie heranziehen, sei es, dass sie mit ihnen zusammen sein wollen, sie versorgen und pflegen, oder was auch immer. Gerade der Idealismus motiviert auf besondere Weise, gibt dem Streben nach gemeinsamem Tun mit Pferden eine besondere Richtung und Intensität. Und viel von diesem idealen Streben ist mit Lernen und Entwicklung verbunden - mit Entwicklung von Menschen und von Pferden. Das herauszuarbeiten, ist eines der Anliegen der Herausgeber dieser Zeitschrift. Lernen und Entwicklung werden natürlich im Turnier- und Leistungssport auf die eine Weise realisiert, auf andere Art beim Barockreiten, wiederum anders beim Englisch- oder Westernreiten, und natürlich ist all dieses Lernen und all diese Entwicklung noch einmal ganz anders beim missbrauchten Mädchen, das eine vertrauensvolle Beziehung zu einer Stute beginnen und sich darüber erst für eine Therapie aufschließen kann. Auf all diese Aspekte soll in dieser Zeitschrift eingegangen werden. Lernen und Entwicklung Gerade pädagogisch und therapeutisch wichtige Formen der Entwicklung mit Pferden haben in Deutschland seit vielen Jahrzehnten eine besondere Aufmerksamkeit erfahren. Sie stellen Effekte heraus, die das therapeutische Reiten oder das heilpädagogische Voltigieren ermöglichen. Stets geht es doch bei diesen ebenso wie bei den zuvor kurz angesprochen Beziehungen um das Erfassen einer anderen Spezies, und das ist etwas, für das wir schon evolutionär vorbereitet sind. Wilson (1984) umschreibt es mit dem Stichwort „Biophilie“, und de Waal (2008) erkennt die Möglichkeit zum empathischen Miteinander. Neben motorischen Fertigkeiten wird im Umgang mit Pferden ein anderes Wahrnehmen gelernt, und eine eigentlich uralte, aber in unserer Zivilisation selten genutzte Form der Kommunikation (analoge Kommunikation nach Watzlawick et al. 1969) wird praktiziert, jene non-verbale Sprache, die Monty Roberts „Equus“ nennt. Und die „neuen“ Formen der seit Jahrtausenden vorbereiteten Beziehung, die Menschen beim Zusammenleben mit Pferden erfahren, prägen nicht nur ihre sozialen Interaktionen, sie haben auch Faszination Geleitworte der Herausgeber mup 1|2009 | 11 Einfluss auf emotionales Erleben und können selbst Persönlichkeitsentwicklung auf Tiefenschichten der Person prägen. Das belegen Befunde aus Arbeiten zum Therapeutischen Reiten (Scheidhacker 1998), allgemeiner noch Arbeiten zur Tiergestützten Erziehung und zur Tiergestützten Therapie (Fine 2006). Forschungen und Diskurse Eine wissenschaftliche Zeitschrift über Menschen und Pferde stellt unter den vielen reiterlichen, tierärztlichen, psychologischen oder ethologischen Journalen vor allem eines heraus: Wir verstehen immer mehr von all den Prozessen, die in Beziehungen mit diesen faszinierenden Geschöpfen ablaufen. Und dieses Wissen kann und soll helfen, das Zusammenleben von Menschen mit Pferden zu optimieren - für beide, für Menschen und für Pferde. Hier wird ein Forum für Studien eröffnet, die in erster Linie den wissenschaftlichen Diskurs weiter anregen und vertiefen wollen. Er kann sich auf ein breites Spektrum von methodisch und theoretisch wichtigen Zugängen stützen. Es ist zu hoffen, dass dieser Diskurs auch manche der Barrieren zu überwinden helfen wird, die Dominanz und Anthropozentrismus in der „Pferdewelt“ errichtet haben. Wie solche Verbundenheit erlebt werden kann, hat der junge Mark Spragg (1999) einmal beschrieben: Er wuchs in Wyoming auf; seine Eltern besaßen etwa 100 Pferde, die sie immer wieder Städtern für längere Touren vermieteten. Schon als Zwölfjähriger führte Mark zusammen mit seinem jüngeren Bruder Reitergruppen durch die unberührte Natur. Und er schreibt, wie skeptisch er zu Beginn solcher Wochentrips angesehen wurde: Man traute dem Jungen doch nicht zu, gute Wege zu finden, sichere Nachtlager zu errichten, und die Pferde in der Wildnis über Tage hinweg zusammenzuhalten. Aber wenn die Städter erst einmal ungläubig registriert hatten, dass die beiden Brüder jeden Morgen die frei grasenden Pferde wieder einfingen, dass sie die Reit- und Packpferde mit einer Sicherheit führten, die aus einem tiefen Wissen um die Natur erwuchs, dann begannen sie etwas von jener Verbundenheit zu ahnen, von der Spragg schreibt (s. Kasten). Nicht nur erweiterte Fertigkeiten werden hier angesprochen. Es ist auch eine Beziehung, ja, eine Verbundenheit mit einer anderen Spezies, mit der ganzen Natur, die durch das Zusammenleben mit Pferden erfahren werden kann. Prof. Dr. Erhard Olbrich, Freiburg-Tiengen, im Dezember 2008 Literatur de Waal, F. (2008): Putting the Altruism Back into Altruism: The Evolution of Empathy. Annual Review of Psychology 59, 279-300 Fine, A. (2006): Handbook on animal assisted therapy. Academic Press, New York Scheidhacker, M. (Hrsg.) (1998): Ich träumte von einem weisen Schimmel, der mir den Weg zeigte. Bezirkskrankenhaus Haar, Haar Spragg, M. (1999): Where rivers change direction. Riverhead Books, New York Watzlawick, P., Beavin, J. H., Jackson, D. D. (1969): Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien. Huber, Bern Wilson, E. O. (1984): Biophilia: The human bond with other species. Harvard University Press, Cambridge „Sie wussten nicht, wer wir waren. Sie wussten nicht, dass wir Pferdejungen waren. Dass wir durch die großen, dunklen Augen von Pferden nach Gefahren Ausschau hielten. Dass wir die Erde und den Wind, der über die Welt strich, mit weiten, offenen Nüstern witterten. Dass wir den Druck des Wassers der Flüsse gegen unsere Beine und unsere Flanken spürten, dass unsere Füße zu Hufen wurden, die im Flussbett über die runden, moosbedeckten Steine balancierten. Sie wussten nicht, dass wir mit derben und doch weichen Lippen an der Welt knabberten.“ (Spragg 1999, 13) 12 | mup 1|2009 Geleitworte der Herausgeber