eJournals mensch & pferd international 1/4

mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2009
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Therapeutisches Reiten für herzkranke Kinder

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2009
Sabine Schickendantz
Birna Bjarnason-Wehrens
Elisabeth Sticker
Sigrid Dordel
Narayanwami Sreeram, Marion Drache
Viele herzkranke Kinder erfahren durch einen überbehütenden Erziehungsstil der Eltern und Unsicherheit über die Belastbarkeit der Kinder bei Ärzten und Sportpädagogen einen Mangel an Bewegungserfahrung. Daraus können Defizite in der motorischen Entwicklung, in der Körperwahrnehmung und Bewegungskoordination, aber auch Ängstlichkeit, Angst in Bewegungssituationen, Mangel an Selbstbewusstsein, geringe soziale Kompetenz sowie ein eingeschränkter Aktionsradius resultieren (Sticker 2004, Bjarnason-Wehrens u. a. 2007). Therapeutisches Reiten, insbesondere die Heilpädagogische Förderung mit dem Pferd, aber auch die Hippotherapie und der Reitsport für Menschen mit Behinderungen, wirken sich in besonderem Maße positiv auf diese Fehlentwicklungen aus.
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176 | mup 4|2009|176-184|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel Schlüsselbegriffe: Heilpädagogische Förderung mit dem Pferd, Hippotherapie, Pferdesport für Menschen mit Behinderungen, Voltigieren, Reiten, Reittherapie, Sport bei kongenitalen Vitien cordis, Körperkoordination, Sporttauglichkeit bei herzkranken Kindern Viele herzkranke Kinder erfahren durch einen überbehütenden Erziehungsstil der Eltern und Unsicherheit über die Belastbarkeit der Kinder bei Ärzten und Sportpädagogen einen Mangel an Bewegungserfahrung. Daraus können Defizite in der motorischen Entwicklung, in der Körperwahrnehmung und Bewegungskoordination, aber auch Ängstlichkeit, Angst in Bewegungssituationen, Mangel an Selbstbewusstsein, geringe soziale Kompetenz sowie ein eingeschränkter Aktionsradius resultieren (Sticker 2004, Bjarnason-Wehrens u. a. 2007). Therapeutisches Reiten, insbesondere die Heilpädagogische Förderung mit dem Pferd, aber auch die Hippotherapie und der Reitsport für Menschen mit Behinderungen, wirken sich in besonderem Maße positiv auf diese Fehlentwicklungen aus. Schickendantz, Bjarnason-Wehrens, Sticker, Dordel, Drache, Sreeram Therapeutisches Reiten für herzkranke Kinder Schickendantz u. a. - Therapeutisches Reiten mup 4|2009 | 177 Schickendantz, Bjarnason-Wehrens, Sticker, Dordel, Drache, Sreeram Seit 1994 beschäftigt sich das „Kölner Modellprojekt - Sport mit herzkranken Kindern“, ein Gemeinschaftsprojekt des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin und des Institutes für Rehabilitation und Behindertensport der Deutschen Sporthochschule Köln, sowie des Departments Psychologie der Universität zu Köln gemeinsam mit der Klinik und Poliklinik für Kinderkardiologie der Universität zu Köln mit der ambulanten Rehabilitation herzkranker Kinder. Es geht hierbei schwerpunktmäßig um die Frage, welche Kinder mit welchen Herzfehlern welchen Sport mit welcher Intensität ausüben dürfen. Im Rahmen dieses Projektes wurden Defizite in der physischen, psychischen und sozialen Entwicklung herzkranker Kinder und ihre Beeinflussbarkeit durch gezielten Sportförderunterricht dokumentiert, sowie deren Ursachen aufgezeigt (Bjarnason-Wehrens u. a. 1999, 2000, 2007; Leurs 2001, 2004; Sticker 2001, 2004). Aus teils durch Überbehütung teils durch Unwissenheit und Unsicherheit bei behandelnden Ärzten und Sportpädagogen/ Sportwissenschaftlern bedingtem Bewegungsmangel entwickeln sich kaskadenförmig Defizite in Motorik und sozialer Kompetenz (siehe Abb. 1). Hinzu kommt bei herzoperierten Kindern ein um das Zehnfache erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Skoliose (Herrera-Soto u. a. 2007). Auf der Grundlage dieser Erfahrungen wird seit 2006 im Zentrum für Therapeutisches Reiten Johannisberg e. V. das Therapeutische Reiten, überwiegend in Form der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd, in die Rehabilitationsmaßnahmen mit einbezogen, da es eine intensive Förderung der beobachteten Defizite verspricht. Damit wurde in der ambulanten Rehabilitation herzkranker Kinder ein neuer Weg beschritten. Durch das aktiv-dynamische Sitzen auf dem sich bewegenden Pferd werden in vielfältiger Weise Haltung und Bewegung gefordert und gefördert. Die Haltung wird über eine Vielzahl reflektorischer Muskelkontraktionen stabilisiert. Der Muskeltonus als Grundlage der Motorik erfährt dadurch eine intensive Förderung (Bareiss 1996; Deppisch 1996, 1997, 2001). Der Umgang mit dem Pferd ist zudem in der Regel bei Kindern mit einer hohen Motivation verbunden. Gefördert werden auch Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl, eine realistische Selbsteinschätzung, Aufmerksamkeit und Konzentrationsvermögen, insgesamt also das, was wir von einer erfolgreichen Rehabilitationsmaßnahme für diese Kinder erwarten. Abb. 1: Zusammenhang zwischen Überbehütung und Bewegungsmangel bei Kindern mit angeborenen Fehlbildungen des Herzens und der herznahen großen Gefäße Angeborener Herzfehler Überbehütung Bewegungsmangel Angst, Ängstlichkeit eingeschränkter Aktionsradius soziale Isolation ggf. verminderte Belastbarkeit weitere Überbehütung erschwerte psycho-soziale Situation: Selbstkonzept, Sozialverhalten, Motivation u. a. Informationsdefizite, Unwissenheit motorische Defizite Einschränkungen der Bewegungs- und Wahrnehmungserfahrungen 178 | mup 4|2009 Schickendantz u. a. - Therapeutisches Reiten Herzkranke Patienten Bei Herzerkrankungen der Kinder handelt es sich überwiegend um angeborene Fehlbildungen. Etwa ein Prozent aller Neugeborenen, in Deutschland jährlich etwa 6000 Kinder, kommt mit einem Herzfehler auf die Welt. Es handelt sich dabei um Defekte und Obstruktionen im Bereich des Herzens und der herznahen großen Gefäße, Fehlkonnektionen und Kombinationen dieser Fehlbildungen bis hin zu völligem Fehlen ganzer Herzanteile. Hinzu kommen Störungen der Regelmäßigkeit des Herzschlages (zu schneller oder zu langsamer Herzschlag) als alleinige Auffälligkeit, aber auch in Kombination mit einem Herzfehler. Die meisten Fehler sind glücklicherweise harmlos und heilen spontan aus, bei anderen jedoch ermöglicht erst eine Herzoperation im Neugeborenen- oder frühen Säuglingsalter ein Überleben. Eine solche Operation kann den Herzfehler meist vollständig korrigieren, bei einigen Kindern bleiben jedoch Restdefekte mit unterschiedlicher Auswirkung auf die körperliche Leistungsfähigkeit bestehen. Problematisch für eine sportliche Betätigung sind zudem bei einigen Kindern erforderliche Dauertherapien wie sog. Blutverdünnung mit Marcumar oder eine Herzschrittmachertherapie. Diese Entwicklung, die sich zunehmend bereits pränatal abzeichnet und oftmals schwere Herzoperationen in der Neugeborenen- oder frühen Säuglingsphase notwendig macht, bereitet den Eltern große Sorgen, ist doch eines der wichtigsten Organe des Organismus von der Fehlbildung betroffen. Der damit verbundene überbehütende Erziehungsstil ist nachvollziehbar, führt jedoch häufig durch mangelnde Bewegungserfahrung der Kinder zu sekundären Entwicklungsstörungen im motorischen (verminderte Muskelkraft, Dehnbarkeit und Körperkoordination) und psychosozialen Bereich (emotionale Labilität, Kontaktangst, unrealistisches Selbstkonzept, unangepasstes Sozialverhalten und instabiles Leistungsverhalten) (Sticker 2004; Schickendantz u. a. 2009). Gruppe A und B: Kinder mit ausgeheilten Defekten und Kinder mit geringen Restdefekten voll leistungsfähig uneingeschränkt sporttauglich - Gruppe C: mit für die Herzarbeit bedeutungsvollen Restdefekten bei Alltagsbelastungen völlig unauffällig - Gesunden in der körperlichen Leistungsfähigkeit, aber beim Sport unterlegen durch verminderte Steigerungsfähigkeit des Herzzeitvolumens Sport nicht leistungsorientiert, Gefahr der Überbelastung! keine Sportarten mit überwiegender statischer Belastung (z. B. Kraftsport); führt zu Druckerhöhung im Lungen- kreislauf und zu einer Belastung der rechten Herzseite (Gefahr auch tödlicher Herzrhythmusstörungen) Bei Herzschrittmachertherapien und Therapien mit Marcumar (Blutverdünnung) sind verletzungsträchtige - Sportarten zu meiden. Gruppe D: Kinder mit schwerwiegenden Restdefekten - Sport nur eingeschränkt möglich einige von ihnen weisen einen Sauerstoffmangel im Blut auf (Zyanose = Blauverfärbung der Haut, Lippen und - Fingernägel), der sich unter körperlicher Belastung verstärkt Sport mit Pausen nach subjektivem Empfinden - Gruppe E: Kinder mit vitaler Gefährdung bei körperlicher Belastung sind wegen der Gefährdung durch plötzlichen Herztod von sportlicher Betätigung auszuschließen. Tabelle 1: Schweregradgruppen und Sporttauglichkeit Schickendantz u. a. - Therapeutisches Reiten mup 4|2009 | 179 Sporttauglichkeit herzkranker Kinder Sport zu treiben setzt voraus, dass die körperliche Leistung gesteigert werden kann. Dies erfolgt über eine Zunahme der Pulsrate und des geförderten Blutvolumens pro Herzschlag (Steigerung des Herzzeitvolumens). Beide Steuerungsmechanismen können bei herzkranken Kindern mehr oder weniger gestört sein. Die Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Kinder beim Sport hängt davon ab, in welchem Ausmaß die Steigerungsfähigkeit ihrer Herzzeitvolumen gestört ist. Unter diesem Gesichtspunkt werden die Kinder für die Sporttauglichkeitsbeurteilung in Schweregradgruppen eingeteilt (siehe Tab. 1; Schickendantz u. a. 2007). Kinder mit ausgeheilten Defekten und Kinder mit geringen Restdefekten (Gruppe A und B) sind voll leistungsfähig und können deshalb uneingeschränkt Sport treiben. Kinder mit für die Herzarbeit bedeutungsvollen Restdefekten (Gruppe C) sind bei Alltagsbelastungen völlig unauffällig, sie sind den altersgleichen Gesunden jedoch in der körperlichen Leistungsfähigkeit beim Sport unterlegen. Sie sollten den Sport nicht leistungsorientiert betreiben, um sich so vor einer Überbelastung zu bewahren. Darüber hinaus führen Sportarten mit überwiegender statischer Belastung (z. B. Kraftsport) zu einer Druckerhöhung im Lungenkreislauf und zu einer Belastung der rechten Herzseite, was bei Kindern mit bedeutungsvollen Restdefekten dort schwerwiegende, auch tödliche Herzrhythmusstörungen auslösen kann. Bei Herzschrittmachertherapien und Therapien mit Marcumar sind verletzungsträchtige Sportarten zu meiden. Kinder mit schwerwiegenden Restdefekten (Gruppe D) können nur eingeschränkt Sport treiben. Einige von ihnen weisen einen Sauerstoffmangel im Blut auf (Zyanose = Blauverfärbung der Haut, Lippen und Fingernägel), der sich unter körperlicher Belastung weiter verstärkt. Ihnen muss erlaubt werden, nach subjektivem Empfinden beim Sport Pausen einzulegen. Kinder mit vitaler Gefährdung bei körperlicher Belastung (Gruppe E) sind nicht unbedingt eingeschränkt in ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit, sie sind dennoch wegen der Gefährdung durch plötzlichen Herztod von sportlicher Betätigung auszuschließen. Die überwiegende Zahl der herzkranken Kinder kann jedoch uneingeschränkt Sport treiben. Nach einer Untersuchung der Sporttauglichkeit bei herzkranken Schulanfängern 2008/ 2009 in unserem Herzzentrum (siehe Abb. 2) sind 85% von ihnen uneingeschränkt sporttauglich! Therapeutisches Reiten für herzkranke Kinder In den Kinderherzsportgruppen erfolgt in der Regel ein Sportförderunterricht ohne Leistungsdruck (kurze Lauf- und Ballspiele wechseln mit einem Geräteparcours). Zusätzlich zur Einübung von Unterrichtseinheiten des Schulsportes erfahren die Kinder, „was sie alles können“, gewinnen Sicherheit, erleben, dass auch andere Kinder manche Übungen nicht oder nur unzulänglich ausführen können. Ein Schwerpunkt ist zudem die Übung der Körperwahrnehmung, die die Kinder Gruppe A = 21 % Gruppe B = 64 % Gruppe C = 11 % Gruppe D = 2 % Gruppe E = 2 % Verteilung - Sporttauglichkeit Abb. 2: Sporttauglichkeit bei herzkranken Schulanfängern 2008/ 2009 (n = 63) 180 | mup 4|2009 Schickendantz u. a. - Therapeutisches Reiten vor Überbelastung bewahren soll (Bjarnason- Wehrens u. a. 1999; Leurs 2004; Sticker 2004). Das therapeutische Reiten verspricht eine noch intensivere Förderung der Muskelfunktionen und Körperkoordination zusammen mit einer deutlicheren Stärkung des Selbstbewusstseins und, als tiergestützte Therapie, eine positive Entwicklung der sozialen Kompetenz. Für die Mehrzahl der Kinder ist die Heilpädagogische Förderung mit dem Pferd die geeignete Fördermaßnahme. Das Getragen-Werden auf dem sich in den drei Gangarten bewegenden Pferd unter Einbeziehung verschiedener Übungen (siehe Bilder 1, 2 und 3) führt vor allem auch in den schnellen Gangarten nachvollziehbar zu Stolz und Selbstbewusstsein der Kinder. Die übrigen Kinder der Gruppe begleiten die Übungen mit und neben dem Pferd mit Lauf- und Fangspielen. So werden die Bewegungskoordination, insbesondere das Gleichgewicht und die Körperwahrnehmung ebenso wie die muskuläre Leistungsfähigkeit (Kraft und Dehnfähigkeit) und die Haltung geschult. Das Einbeziehen von Kleingeräten wie Bälle und Ringe fördert die Konzentrations- und Koordinationsfähigkeit. Vom Gesichtspunkt der Herz-Kreislauf-Belastung her handelt es sich bei der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd um eine Intervall- Sportart mit moderater Intensität nahezu ohne statische Belastungsanteile. Sie ist somit selbst für Kinder der Gruppe D mit schwerwiegenden Restdefekten geeignet und durchführbar. Die Vorbereitung zur Förderung und das abschließende Versorgen der Pferde mit den notwendigen Pflegemaßnahmen nach der Einheit schulen Verantwortungsbewusstsein und soziale Kompetenz. Für Kinder mit stärkeren motorischen Einschränkungen kann zunächst der Einsatz der Hippotherapie (siehe Bild 4) sinnvoll sein. Bei dieser Therapie auf dem nur im Schritt geführten Pferd kommt es zudem zu keiner wesentlichen Herz- Kreislauf-Belastung. Sie ist aus diesem Grund selbst für Kinder mit einem Sportverbot geeig- Bilder 1, 2 und 3: Heilpädagogische Förderung mit dem Pferd bei herzkranken Kindern - verschiedene Übungen auf dem Pferd Schickendantz u. a. - Therapeutisches Reiten mup 4|2009 | 181 net. Diese erleben hier eine durch keine andere physiotherapeutische Maßnahme zu erzielende Bewegungserfahrung. Nach Abschluss der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd können die Kinder in den Bereich des Pferdesports für Menschen mit Behinderungen wechseln bzw. sich, bei uneingeschränkter Sporttauglichkeit, auch dem „regulären“ Reitsport anschließen. Sicherheitshinweise Bei Integration eines herzkranken Kindes in eine Gruppe der Heilpäd- agogischen Förderung mit dem Pferd sind für die Pädagogen Informationen über den Schweregrad der Herzerkrankung und das Wissen um möglicherweise problematische Anteile der Förderung unbedingt erforderlich. Der behandelnde Kinderkardiologe sollte in einer ausführlichen Sporttauglichkeitsbescheinigung darauf im Einzelnen eingehen und ansprechbar sein, um offene Fragen zu klären. Hierfür muss das Einverständnis der Eltern vorliegen. Die Anwesenheit eines Kinderarztes bei der Förderung ist nur im Rahmen von Kinderherzsportgruppen erforderlich. Bekannt sein sollten zudem die „Rettungswege“; dies vor allem dann, wenn es zu einem Unfall bei einem blutungsgefährdeten Kind kommt. Hier sollten auch banal erscheinende Verletzungen ernst genommen werden, da innere Blutungen zunächst unentdeckt bleiben können. Das Tragen eines Reithelmes ist im Rahmen von Kinderherzsportgruppen auch beim Voltigieren zu fordern. Bei der Integration von herzkranken Kindern in andere Therapiegruppen sollte dies abhängig gemacht werden von einem möglichen Blutungsrisiko. Bisher ist es im Kölner Modellprojekt jedoch weder beim therapeutischen Reiten noch bei den anderen Veranstaltungen der Kinderherzsportgruppen zu einer Notfallsituation gekommen. Dennoch, nicht nur bei der Therapie von herzkranken Kindern ist es für die Mitarbeiter in einem therapeutischen Reitbetrieb sinnvoll, regelmäßig die „Erste Hilfe“-Kenntnisse zu erneuern Bild 4: Hippotherapie bei Kindern mit Herzerkrankung 182 | mup 4|2009 Schickendantz u. a. - Therapeutisches Reiten Problematik wissenschaftlicher Studien zum Thema: „Therapeutisches Reiten für herzkranke Kinder“ seltene Erkrankung mit großer Variabilität erforderliche Probandenzahlen nur multizentrisch erreichbar - Randomisierung, Verblindung und Bildung von Kontrollgrup- pen nicht realisierbar Auswahl geeigneter und valider Testverfahren schwierig besondere Logistik erforderlich zur einheitlichen - Durchführung von - Testuntersuchungen und - Therapie besondere Kostenintensität im Hinblick auf - - Therapiekosten - Kosten für ärztliche Betreuung - Finanzierung der umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen und Auswertungen (Personal- und Materialkosten) Abb. 3: Problematik wissenschaftlicher Studien im Arbeitsfeld und für den Notfall einen Rettungsplan zu erstellen, z. B. für die Evakuierung der Pferde (und Hunde), falls ein Notarztwagen mit Blaulicht und Martinshorn oder ein Hubschrauber zum Einsatz kommen muss. Abschlussbemerkungen Auch für herzkranke Kinder ist das Therapeutische Reiten eine wichtige ambulante Rehabilitationsmaßnahme, die in größerem Umfang durchgeführt werden kann und sollte. Wichtig ist auch, dass hier Kinder, die sonst keinen Sport betreiben dürfen, mit der Hippotherapie umfangreiche Bewegungserfahrungen machen können. In welchem Ausmaß sich das Therapeutische Reiten auf die psychosoziale und psychomotorische Entwicklung auswirkt, muss jedoch noch in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen werden. Die bisher durchgeführten Studien zum Therapeutischen Reiten bei herzkranken Kindern (unveröffentlicht) können lediglich als Pilotstudien angesehen werden, die allerdings die positive Wirksamkeit in der Tendenz deutlich machten. Die aufgrund dieser Pilotstudien erstellte Planung für eine wissenschaftlichen Standards gerecht werdende Studie scheiterte bislang an der Finanzierung; eine Problematik, die sich bei klinischen Studien zu seltenen Erkrankungen mit großer Variabilität leider häufig stellt (siehe Abbildung 3). Literatur Bareiss, H. J. (1996): Therapeutische Mensch- ■ Pferd-Interaktion (TMPI). Grundzüge eines ganzheitlichen und mehrdimensionalen Strukturmodells. Praxis der Psychomotorik 21, 93-99 Bjarnason-Wehrens, B., Dordel, S., Leurs, S., ■ Lawrenz, W., Sticker, E. J., Schickendantz, S., Mennicken, U., Rost, R. (1999): Das Kölner Modellprojekt „Sport mit herzkranken Kindern“. In: Bräutigam, M., Starischka, S., Swoboda, J. - Institut für Sport und seine Didaktik der Universität Dortmund (Hrsg.): Sport - Lehrer - Studium: Bewährtes erhalten und Neues tun. Dortmunder Schriften Sport 9. SFT, Erlensee, 27-45 Bjarnason-Wehrens, B., Dordel, S., Leurs, S., ■ Schickendantz, S., Lawrenz, W., Sticker, E. J., Mennicken, U., Rost, R. (2000): Sport mit herzkranken Kindern - Das Kölner Modellprojekt. Forschung, Innovation, Technologie I, 14-22 Bjarnason-Wehrens, B., Dordel, S., Schicken- ■ dantz, S., Krumm, C., Bott, D., Sreeram, N., Brockmeier, K. (2007): Motor development in children with congenital cardiac diseases compared to their healthy peers. Cardiology in the Young 17, 487-498 Deppisch, J. (1996): Das Pferd als Medium mo- ■ totherapeutischer Intervention für hyperaktive Kinder. In: Passolt, M. (Hrsg.): Mototherapeutische Arbeit mit hyperaktiven Kindern. Ernst Reinhardt, München/ Basel, 167-193 Deppisch, J. (1997): Hippopädagogik - eine ■ neue Anwendungsdisziplin der Motopädagogik. Motorik 19, 39-49 Deppisch, J. (2001): Pferde bewegen die ■ Motopädagogik. In: Fischer, K., Holland-Moritz, H. (Red.): Mosaiksteine der Motologie. Karl Hofmann, Schorndorf, 283-194 Herrera-Soto, J. A., Vander Have, K. L., Barry- ■ Lane, P., Myers, J. L. (2007): Retrospective study on the development of spinal deformities fol- Schickendantz u. a. - Therapeutisches Reiten mup 4|2009 | 183 Dr. med. Sabine Schickendantz nach Medizinstudium Ausbildung zur Kinderärztin und Kinderkardiologin, derzeit tätig an der Klinik und Poliklinik für Kinderkardiologie, Herzzentrum an der Universität zu Köln Prof. Dr. Birna Bjarnason-Wehrens Sportwissenschaftlerin, seit 1991 Mitarbeiterin im Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Hauptarbeitsgebiete: Kardiologische Rehabilitation der Phase II und Phase III; geschlechtsspezifische Unterschiede; körperliche Aktivität und Training in der Prävention, Sekundärprävention und Rehabilitation von kardiovaskulären Erkrankungen, körperliche Aktivität und Training bei Kindern und Jugendlichen mit angeborenen Herzfehlern. Prof. Dr. Elisabeth Sticker Diplompsychologin, Studium Lehramt für Grund- und Hauptschulen (1971-1974), Studium Psychologie (1975-1980), Promotion (1983), Lehr- und Forschungstätigkeit an den Universitäten Bonn (1983-1987), Köln (1997-2002) und Siegen (ab 2008, Lehrstuhlvertretung Pädagogische Psychologie), Habilitation (2002), Leitung des Projektes Hochbegabung Köln (PHK) beim Schulpsychologischen Dienst der Stadt Köln (2004-2008) Dr. rer. nat. Sigrid Dordel Diplom-Sportlehrerin, seit 1971 an der Deutschen Sporthochschule Köln tätig mit dem Arbeitsschwerpunkt Bewegung, Spiel und Sport in der Prävention, spezifische Bedingungen und Verlauf normaler und gestörter motorischer Entwicklung sowie Wirksamkeit motorischer Intervention Marion Drache Kommunikationswissenschaftlerin M.A., Public Relations Beraterin, Stiftungsberaterin, Trainer C Reiten, Ausbilderin im Reitsport für Menschen mit Handicap Prof. Dr. med. Narayanswami Sreeram 1993-1996 Pädiatrischer Kardiologe am Birmingham Children’s Hospital (UK), 1997- 2002 Professor für Pädiatrische Kardiologie am University Medical Center Utrecht (NL), seit 2003 leitender Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Kinderkardiologie, Herzzentrum, der Universität zu Köln Kontakt: Dr. med. Sabine Schickendantz · Kinderkardiologie · Herzzentrum der Universität zu Köln · Kerpener Straße 62 · 50937 Köln · E-Mail: sabine.schickendantz@medizin.uni-koeln.de Die Autoren 184 | mup 4|2009 Schickendantz u. a. - Therapeutisches Reiten lowing sternotomy for congenital heart disease. Spine 32, 1998-2004 Leurs, S., Dordel, S., Lawrenz, W., Schicken- ■ dantz, S., Sticker, E. J., Bjarnason-Wehrens, B. (2001): Kölner Modell „Sport mit herzkranken Kindern“. Konzept und Organisation des Projekts. In: Bjarnason-Wehrens, B., Dordel, S. (Hrsg.): Motorische Förderung von Kindern mit angeborenen Herzfehlern. Academia, Sankt Augustin, 70-78 Leurs, S. (2004): Die kardiale Leistungsfähig- ■ keit, der motorische Entwicklungsstand und die psychosoziale Situation herzkranker Kinder und Jugendlicher sowie deren Beeinflussbarkeit durch eine Kinderherzgruppe. Dissertation Deutsche Sporthochschule Köln Schickendantz, S., Sticker, E. J., Dordel, S., ■ Bjarnason-Wehrens, B. (2007): Bewegung, Spiel und Sport mit herzkranken Kindern. Sport and Physical Activity in Children with Congenital Heart Disease. Deutsches Ärzteblatt 104, A-563 / B-494 / C-476 Sticker, E. J. (2001): Kinderherzsportgruppen ■ in Deutschland. In: Bjarnason-Wehrens, B., Dordel, S. (Hrsg.): Motorische Förderung von Kindern mit angeborenen Herzfehlern. Academia, Sankt Augustin, 89-100 Sticker, E. J. (2004): Sport macht stark - auch ■ bei angeborenem Herzfehler, Ergebnisse einer interdisziplinären Follow-up-Studie zur Entwicklungsoptimierung. Shaker, Aachen Gabriele Eickmeyer