mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Sicherheit: Das kleine 1x1 der Sicherheit in der Therapie mit dem Pferd
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Dina Menke
"Autsch, er ist mir auf den Fuß getreten!" Laura zieht ihren Stiefel und ihre Socke aus und zeigt weinend auf den blau-roten Zeh!
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mup 2|2011|83-84|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel | 83 Dina Menke Sicherheit Das kleine 1x1 der Sicherheit in der Therapie mit dem Pferd „Autsch, er ist mir auf den Fuß getreten! “ Laura zieht ihren Stiefel und ihre Socke aus und zeigt weinend auf den blau-roten Zeh! Die Reittherapeutin tröstet Laura und kühlt mit fließendem Wasser den Fuß. Anschließend ruft sie die vier Reiterinnen zusammen und bespricht mit ihnen, wie es passieren konnte, dass das Pony Jurek Laura auf den Fuß getreten ist und wie man so ein Missgeschick möglichst vermeiden kann. Laura berichtet, dass sie beim Hufeauskratzen und anschließendem Hufabsetzen vergessen hatte, ihren Fuß rechtzeitig wegzunehmen. „ Jurek konnte nichts dafür … ich habe da irgendwie nicht mehr dran gedacht! “ Damit ein solches Missgeschick ein Einzelfall bleibt und nicht schwerwiegende Unfälle passieren, sind in der Therapie mit dem Pferd entsprechende Rahmenbedingungen und Verhaltensregeln im Umgang mit dem großen, schweren und starken Lebewesen unabdingbar. Zu diesen Verhaltensregeln zählen bestimmte „Dos“ und „Don’ts“, die der Therapeut seinen Klienten von der ersten Therapiestunde an vermitteln und natürlich selbst auch einhalten sollte. Die wichtigste Rahmenbedingung für die Sicherheit in der Therapie mit dem Pferd stellt ein ausgebildeter Therapeut dar, der im Umgang mit dem Pferd sowie mit seinen Klienten gut geschult sein sollte. Das ausgebildete Therapiepferd gilt ebenfalls als ein sehr wichtiger Faktor für die Sicherheit in der Therapie mit dem Pferd. Hinzu kommen weitere Aspekte wie eine korrekte und sichere Ausrüstung des Therapiepferdes, sicheres Material wie z. B. die Aufsitzhilfe, eine ruhige, möglichst berechenbare Umgebung, in der die Therapie stattfindet, eine Ausbildung des Therapeuten in Erster Hilfe, ein sich in der Nähe befindender Erste-Hilfe-Kasten und die Verfügbarkeit eines Telefons. Den Klienten sollte, ihrer Auffassungsgabe entsprechend, vermittelt werden, dass Pferde Fluchttiere sind und daraus begründet im Umgang mit dem Pferd weder gerannt noch geschrien werden sollte, um nicht den Fluchtinstinkt auszulösen. Bei allen Arbeiten rund um das Pferd ist es notwendig, festes Schuhwerk zu tragen. Beim Heilpädagogischen Voltigieren ist es zweckmäßig und sicher, anliegende elastische Kleidung zu tragen, um die Bewegungsfreiheit zu gewährleisten und ein Hängenbleiben an Ausrüstungsgegenständen zu vermeiden. Beim Reiten besteht eine sichere Ausrüstung des Reiters aus einer geprüften Reitkappe, Reithose, Reitstiefeln bzw. Stiefeletten mit Chaps und evtl. einer Sicherheitsweste. Um ein Durchrutschen des Fußes durch den Steigbügel zu verhindern, bieten sich sogenannte Körbchenbügel an, die aber bei entsprechender Stiefeletten- oder Stiefelwahl nicht zwingend erforderlich sind. Der Therapeut weist bei allen Interventionen mit dem Pferd auf die Notwendigkeit eines ausreichenden Tetanus-Impfschutzes hin. Im Zusammenhang mit der Pferdepflege sollte erklärt werden, dass selbst gutmütige und 84 | mup 2|2011 Menke - Das kleine 1x1 der Sicherheit in der Therapie mit dem Pferd Annette Gomolla gut ausgebildete Pferde in besonderen Situationen schnappen und ausschlagen sowie durch ihre Kraft und / oder ihr Gewicht unabsichtlich Verletzungen herbeiführen können. Im Folgenden werden die wichtigsten Verhaltensregeln im Umgang mit dem Pferd aufgelistet: Mimik und Gestik des Pferdes stets beobach- - ten und interpretieren das Pferd deutlich vor einem Körperkontakt - ansprechen sich dem Pferd nicht von hinten nähern - nicht neben das Pferd knien oder setzen - beim Putzen nie die Hand auf den Boden legen - - „Kitzelstellen“ vorsichtig putzen oder vom - - Therapeuten putzen lassen beim Absetzen des Hufes den eigenen Fuß - frühzeitig wegziehen das Pferd an einer geeigneten Stelle mit einem - fachgerechten Knoten im Strick oder aber mit einem Gummistrick anbinden Vorsicht, wenn andere Pferde vorbei geführt - werden Belohnung nur von der flachen Hand und unter - - Aufsicht füttern das Pferd nicht im Maulbereich (außerhalb des - - Sehfeldes) küssen o. ä. beim Hufeauskratzen die Körperposition und - - Mimik des Pferdes beobachten auf der Stallgasse nicht rennen oder schreien - festes Schuhwerk (auch im Sommer keine San- - dalen) auf der Stallgasse tragen zweckmäßige Kleidung (eng und elastisch) - - All die hier beschriebenen Aspekte sollten mit dem Ziel vermittelt werden, eine gesunde Balance von einerseits Respekt vor dem Pferd und andererseits Selbstbewusstsein im Umgang mit dem Pferd zu schaffen. Und wenn trotz aller Vorsichtmaßnahmen etwas passiert, sollte: ein kühler Kopf bewahrt werden - der Verletzte aus der Gefahrenzone gebracht - werden ein Notruf abgesetzt werden - ggf. Angehörige des Verletzten benachrichtigt - werden der Verletzte bis zum Eintreffen des Notarztes - betreut werden eine Beruhigung der Zuschauer erfolgen und - das Geschehene mit den Zuschauern nachbesprochen werden (Schreck und Schock vorbeugen, Kinder psychologisch auffangen) die Versicherung benachrichtigt und ein Un- - fallbogen ausgefüllt werden Dr. Dina Menke Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin, staatl. anerkannte Fachkraft für die Heilpädagogische Förderung mit dem Pferd, Trainer A Reiten, Trainer A Voltigieren, Trainer im Reiten als Sport für Behinderte, Trainer im Reiten als Gesundheitssport Die Autorin Anschrift: Haus Getter 61 48163 Münster dinamenke@t-online.de
