eJournals mensch & pferd international 4/3

mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2012
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Editorial 3/12

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2012
Editorial 3/12
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Editorial mup 3|2012 | 105 Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, „Evidenzbasierung“ ist ein aus dem Angloamerikanischen kommender Fachbegriff, der zumindest diejenigen unter Ihnen beschäftigen wird, die für ihre reittherapeutischen oder heilpädagogischen Bemühungen Geld aus dem Gesundheitssystem haben wollen. Unter diesem Begriff wird vereinfacht gesagt der empirische Nachweis der Wirksamkeit von therapeutischen Interventionen mit einer Methodik bezeichnet, die ursprünglich von Medikamentenstudien abgeleitet wurde. Dabei gelten die Grundsätze a) „doppelblind“, d. h. weder Untersucher noch Patienten wissen, wer mit was behandelt wurde und b) „randomisiert“, d. h. es werden hinreichend große Versuchs- und Kontrollgruppen nach Zufallskriterien gebildet. Da sich diese methodischen Anforderungen kaum auf psychotherapeutisch oder psychosozial orientierte Interventionen anwenden lassen, gibt es hierzu auch nur wenige „evidenzbasierte“ Untersuchungsbefunde, was wiederum - zumindest zur Zeit - eine Abrechenbarkeit von Leistungen in diesem Bereich schwierig macht. Ein Ausweg aus der „Zwangsmethodik“ der Evidenzbasierten Medizin (EbM) kann zum einen eine Orientierung an Modellen und Verfahren der Evidenzbasierten Praxis (EbP) sein, die für mehrere psychosozial orientierte Interventionen vor allem in Australien und England entwickelt wurde. Zum andern wächst aus der gesundheitspolitischen Forderung nach mehr „Evidenzbasierung“ auch in der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd (HFP) die Notwendigkeit, therapeutische Prozesse systematischer zu dokumentieren, als es bis jetzt der Fall war. Hierfür gibt es mittlerweile eine Reihe von brauchbaren qualitativen und quantitativen Verfahren wie Beobachtungs- und Fragebögen, Videoanalysen, Interviews, Beurteilungsskalen etc., die allerdings nach meiner Einschätzung noch viel zu wenig systematisch angewendet werden. Ob sich so allerdings die „Magie“ und „Heilende Kraft“ der besonderen Beziehung zwischen Mensch und Tier hinreichend erfassen lassen oder wie bei Brossard (in der vorletzten Ausgabe beschrieben) die „Heilpädagogische Begleitung mit dem Pferd“, sei dahingestellt. Aber „Magie“ und „Begleitung“ allein werden heutzutage sicherlich keinen Sachbearbeiter bei Krankenkassen oder Ämtern überzeugen (es sei denn, sein eigenes Kind wird durch eine solche Maßnahme gefördert). Prof. Dr. Gerd Hölter