eJournals mensch & pferd international 6/1

mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2014
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Recht & Sicherheit: Qualifikation von Anbietern pferdeunterstützter Maßnahmen in den Niederlanden

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2014
Ulrike Thiel
Sicherheitsaspekte und Qualifikationen im Rahmen von EAT und EMT (Equine Assisted und Equine Mediated Therapy) Bisher haben es die Anbieter von Equitherapie und anderen Formen von Equine Assisted (EAT) und Equine Mediated Therapy (EMT) in den Niederlanden, aber auch in den meisten anderen europäischen Ländern noch nicht geschafft, sich als anerkannte und grundsätzlich finanzierte Therapieform für Klienten allgemein zugänglich zu machen. Dies, obwohl wissenschaftlich fundierte Arbeitsmodelle und ernst zu nehmende Untersuchungen zur Wirkweise dieser Modelle durchaus vorhanden, wenn auch vielfach nur schwer zugänglich sind.
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Recht & Sicherheit Qualifikation von Anbietern pferdeunterstützter Maßnahmen in den Niederlanden* Sicherheitsaspekte, Risikoeinschätzung und Risikovermeidung Sicherheitsaspekte und Qualifikationen im Rahmen von EAT und EMT (Equine Assisted und Equine Mediated Therapy) Bisher haben es die Anbieter von Equitherapie und anderen Formen von Equine Assisted (EAT) und Equine Mediated Therapy (EMT) in den Niederlanden, aber auch in den meisten anderen europäischen Ländern noch nicht geschafft, sich als anerkannte und grundsätzlich finanzierte Therapieform für Klienten allgemein zugänglich zu machen. Dies, obwohl wissenschaftlich fundierte Arbeitsmodelle und ernst zu nehmende Untersuchungen zur Wirkweise dieser Modelle durchaus vorhanden, wenn auch vielfach nur schwer zugänglich sind. Im Zuge der Mitarbeit bei einigen Studien im Rahmen und im Anschluss an ein EU Projekt (SHP-E (NL) 2010, 2013) wurde die Frage des „Warum“ diskutiert und dabei neben der allgemeinen kritischen Situation von Einsparungen im Gesundheits- und Sozialwesen in Europa auch Gründe gefunden, die mit den Qualifikationen, Qualitätskriterien, Arbeitsmodellen, dem Selbstverständnis und der Selbstdarstellung von Anbietern Pferdeunterstützter Maßnahmen selbst zu tun haben sowie auch mit den Organisationen und Betrieben, die sie ausbilden und repräsentieren. Fehlende Professionalisierung sowie pferdefachliche, therapeutische oder EAA / EMT / EAT-Qualifikationen der Anbieter und zu wenig Berücksichtigung der Sicherheitsaspekte scheinen hier auch Gründe zu sein. Dazu kommt, dass im Moment „alternative Maßnahmen“ im Gesundheits- und Sozialwesen wie auch in der Arbeitswelt trotz der spürbaren Rezession „boomen“, wodurch sich immer mehr neue, mehr oder weniger qualifizierte Anbieter auf den „freien Markt“ des ziemlich unübersichtlichen Angebots unterschiedlicher Pferdeunterstützter Aktivitäten begeben. In den Niederlanden haben dieser - zwischen 2007 und 2011 auch in unserer Studie (siehe Abb. 1) belegbare - Boom und viele qualitativ und sicherheitsmäßig unzureichend abgesicherte Maßnahmen dazu geführt, dass 2011 „Unterstützungsmaßnahmen mit Tieren“ aus dem „persönlichen Budget“ für Klienten mit besonderen Ansprüchen gestrichen wurden. Hierdurch werden qualifizierte, sicher und verantwortungsbewusst arbeitende Equitherapeuten benachteiligt. Die vorliegende Studie im Rahmen eines EU-Da-Vinci-Projektes hat sich aus diesem Grund auch intensiv mit diesem Aspekt auseinandergesetzt. Durchführung mehrerer orientierender Studien Die Beteiligung an der Gesamtstudie hatte für SHP zwei Gründe: * Ergebnisse einer Studie im Rahmen eines EU-Leonardo-da Vinci-Projektes über Qualitätskriterien in der Animal Mediated Therapy durch die Nederlandse Stichting Helpen met Paarden Equitherapie SHP-E (NL) Ulrike Thiel 28 | mup 1|2014|28-35|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378/ mup2014.art05d 1) die eigenen Konzepte zur Minimalisierung des Klienten- und Sicherheitsrisikos im Vergleich zu anderen Anbietern auf internationalem Niveau überprüfen zu können, um diese ggf. zu optimieren; 2) einen Eindruck der Qualitäts- und Risikoaspekte bei der Vielfalt angebotener Maßnahmen in den Niederlanden zu erhalten. Im Vorfeld hatte die SHP-Arbeitsgruppe eine Internetrecherche (Analyse von 250 Websites) durchgeführt, in der sie die Variationsbreite von (nach dem Zufallsprinzip ausgewählten) Angeboten der Animal Assisted Activities / Therapy in den Niederlanden analysierte. Dabei wurden folgende Kriterien näher betrachtet: a) Zielgruppe b) Umschreibung der angebotenen Maßnahme c) theoretisches Arbeitsmodell d) Methode e) pferdefachliche Qualifikation, Funktion und Ausbildung des Pferdes f) Qualifikationen des Anbieters g) Qualitätssicherung und Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten und Klientenrisiken. Bei weniger als zehn Prozent der Anbieter waren alle sieben Kriterien überhaupt erwähnt und nur bei zwölf Anbietern (von 210) auch klar und eindeutig umschrieben. Keiner der Anbieter erwähnte den Sicherheitsaspekt direkt oder umschrieb Qualifikationen oder Kriterien, durch deren Berücksichtigung risikominimalisierendes Arbeiten mit dem Pferd möglich ist. Kontraindikationen für die Angebote wurden ebenfalls nicht genannt. Auch die Analyse von mehreren in den letzten Jahren erschienenen Studienabschlussarbeiten (Geerling 2011; Barten / De Boer 2012; De Jong 2012; Hofman 2013) zum Thema „Equine Assisted Activities and Therapy“ weist aus, dass häufig sehr unkritisch - ohne korrekte Recherche - Definitionen, Resultate und Interpretationen übernommen und Schlussfolgerungen gezogen werden. Barten und de Boer (2013) basieren nach dieser Analyse ihre Schlussfolgerungen über die Qualität und Sicherheit der Arbeit von Coaches mit Pferden auf eine Erhebung aus einer nicht repräsentativen Stichprobe von weniger als zehn Anbietern. Geerling (2011) erteilt aus Sicht der vorliegenden Analyse Empfehlungen für die Professionalisierung des Sektors, ohne tatsächlich in die vorhandene Literatur und Forschung sowie die Entwicklungsgeschichte des therapeutischen Reitens und dessen wissenschaftliche Methodenansätze, Qualifikations- und Qualitätskriterien vorzudringen. Es werden in dieser Arbeit aus Sicht der o. g. Analyse empirisch nicht belegbare Schlussfolgerungen über die Arbeitsweisen und Sicherheitsaspekte von Anbietern gezogen und verbreitet (Thiel u. a. 2013). Geerling (2011) kommt so u. a. aufgrund von belegbaren Analysefehlern anhand derselben Stichprobenerhebung, wie sie auch in dieser Studie analysiert wurde, zu einer extrem positiven Beurteilung des Sicherheitsaspektes und des Klientenrisikos der gegenwärtig in den Niederlanden angebotenen EAA / EAM / EAT-Maßnahmen, die so undifferenziert in der vorliegenden Studie nicht empirisch nachvollziehbar war. Da in den Niederlanden kaum auf vorhandene deutschsprachige Literatur oder Untersuchungsergebnisse zurückgegriffen wird und außer diesen Studienabschlussarbeiten wenige Publikationen zum Themenkreis EAM / EAT / EAA vorhanden sind, werden gerade diese Arbeiten immer weiter zitiert, ohne dass fehlerhafte Angaben oder Resultate in Frage gestellt oder überprüft werden. Erhebungen im Rahmen des EU Projektes Mit der Teilnahme am erwähnten EU-Project (SHP-E (NL) 2012, 2013), an dem sich Ausbildungsorganisationen für therapeutisches Reiten Recht & Sicherheit: Thiel - Qualifikation von Anbietern pferdeunterstützter Maßnahmen in den Niederlanden mup 1|2014 | 29 aus sechs europäischen Ländern (Deutschland, Frankreich, Polen, Slowakei, Belgien, Niederlande) beteiligten, sollte mit anderen gleichgesinnten Organisationen ein „Framework“ von Qualifikations- und Qualitätskriterien sowie Sicherheitsaspekten für die Ausbildung und Praxis von unterschiedlichen Formen der Equine Mediated Therapy (Begleitung von therapeutischen Prozessen) erstellt werden. Darüber hinaus sollte es zur inhaltlichen Abgrenzung von anderen Arten von Equine Assisted / Mediated Activities wie etwa Coaching (Motivations- und Leistungsförderung) und Begleitung von Lern- und Trainingsprozessen kommen (Projektumschreibung SHP-E (NL) 2010). Durch Schwierigkeiten im Verlauf des Projektes war diese Erhebung so nicht möglich. „State of the Art“: Qualifikationen, Sicherheitsaspekte, Klientenrisiko in der Praxis in den Niederlanden Aufgrund dieser Schwierigkeiten wurde im Frühjahr 2011 dann die im Projekt vorgesehene Piloterhebung nur für die Niederlande über einen Onlinefragebogen durchgeführt. Diese Studie hat sich als äußerst aufschlussreich erwiesen. Einige der Ergebnisse zu den Themen Sicherheitsstandards, Klientenrisiko und Qualifikationen werden hier vorgestellt. Untersuchungsstichprobe Die Erhebung erbrachte brauchbare Stichprobenergebnisse von 132 Anbietern Pferdeunterstützter Aktivitäten und 20 Ausbildungsanbietern. Damit lag die Teilnahmerate über den Erwartungen und konnte als durchaus repräsentativ gewertet werden, vergleicht man die Stichprobe mit der Zahl der bei der „Kamer van Koophandel“ registrierten Unternehmer in diesem Bereich sowie einer 2011 online veröffentlichten Inventarisierung von Rutgers (nach Geerling 2011) von 279 gemeldeten Betrieben. Da es in den Niederlanden bis in die 90er Jahre zwar häufig Reiten als Sport für Menschen mit Behinderungen, aber so gut wie keine therapeutischen Ansätze wie etwa im deutschsprachigen Europa gab (Thiel u. a. 2011), der Begriff „Equitherapie“ 1994 durch die Autorin erstmals eingeführt wurde und seit 2001 Ausbildungen zum Equitherapeuten SHP angeboten werden, verwundert es nicht, dass die meisten Anbieter Therapeutischen Reitens in der Kategorie EMT (Equine Mediated Therapy) den Beginn ihrer Arbeit aus der Zeit nach 2002 datieren. Ein starkes absolutes Ansteigen von EAA / EAL-Aktivitäten (vor allem auf dem Sektor Coaching), aber auch prozentual passend von EMT / EAT-Aktivitäten ist von 2007 an zu bemerken: 67 % der Untersuchungsstichprobe fielen in diesen Zeitraum (davon 35 Coaches, 19 Equitherapeuten SHP, 3 andere EAT-Anbieter). Da in der Gesamtstichprobe die beiden größten Gruppierungen unterschiedlicher Anbieter die der nach ihrem Selbstverständnis als „Coaches“ oder „Pferdecoaches“ bezeichnete (n = 50) und die der diplomierten Equitherapeuten SHP (n = 26) waren, haben wir diese beiden Gruppen hinsichtlich etlicher Kriterien und Variablen häufiger miteinander vergleichen können, so auch, was ihre Qualifikationen und Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten und Klientenrisikos be- Abb. 1: Verteilung der Startperiode der Pferdeunterstützten Aktivitäten aller Anbieter und Ausbildungsanbieter der Untersuchungsstichprobe 60 50 40 30 20 10 0 aktiv geworden vor 1995 aktiv geworden 1996 - 2000 aktiv geworden 2001 - 2005 aktiv geworden 2006 - 2011 andere 30 | mup 1|2014 Recht & Sicherheit: Thiel - Qualifikation von Anbietern pferdeunterstützter Maßnahmen in den Niederlanden EAGALA EATgent Equitherapeuten SHP Coach trifft. Neben diesen beiden Gruppen fanden sich sechs Absolventen von EAT-Ausbildungen, die sich als Equitherapeuten sehen, vier Untersuchungsteilnehmer, die sich ohne entsprechende Ausbildung Equitherapeuten nannten, neun Anbieter mit ausschließlich pferdefachlichem Hintergrund sowie eine große Gruppe von Anbietern, die keine Angaben über ihre Ausbildung machten (n = 38). Qualifikationen, Angebot und Aktivitäten Betrachtet man das Angebot an pferdeunterstützten Aktivitäten, so ergibt sich die in Abbildung 2 und Abbildung 3 dargestellte Verteilung der angebotenen Dienste. An Qualifikationen aus dem therapeutischen Grundberuf, offiziellen pferdefachlichen Qualifikationen (vergleichbar Trainer C), Qualifikation einer EAT / EMT- oder EAA / EAL-Ausbildung und deren Kombinationen fanden sich die in Abbildung 4 dargestellten Verteilungen. SHP findet, dass seine Absolventen aus Sicherheitsgründen neben der therapeutischen Qualifikation und der professionellen Erfahrung in der Prozessbegleitung von Klientengruppen auch über eine pferdefachliche Qualifikation (offizielles Trainerdiplom, mind. Trainer C-Niveau) sowie ausreichend Erfahrung im Training von Pferden nach klassischen Richtlinien verfügen sollten. Häufig wird im Zusammenhang mit EAA und EAT oder EMT in Anlehnung an andere Formen von tiergestützten Maßnahmen nur von „Wissen über das Therapietier“ gesprochen oder „Wissen und Erfahrung mit dem Therapietier“ verlangt. Neben den 26 SHP Absolventen, für die entsprechend der verwendeten pferdetechnischen Settings eine pferdefachliche Qualifikation als Voltigiertrainer auf C-Niveau verpflichtend verlangt wird, verfügte keiner der anderen Anbieter aus der Untersuchungsstichprobe über eine Kombination aus allen drei Kategorien, nämlich Abb. 2: Verteilung der angebotenen Dienste (kategorisiert nach freien Angaben der Untersuchungsstichprobe Abb. 3: Verteilung der durch Coaches, Equitherapeuten SHP und andere EAT-Therapeuten angebotenen Aktivitäten Recht & Sicherheit: Thiel - Qualifikation von Anbietern pferdeunterstützter Maßnahmen in den Niederlanden mup 1|2014 | 31 Anders Unklare Umschreibung Unprofessionelle Umschreibung Coaching und Training Tagesaktivitäten Angepasstes Reiten Therapie mit dem Pferd Nicht beantwortet 0 5 10 15 20 25 30 35 Coaches Equitherapeuten SHP EATgent EAGALA Equitherapie Entwicklungsförderung Equitherapie Heilpädagogische Begleitung Equitherapie Psychosoziale Begleitung Equitherapie Rehabilitation Equitherapie Psychotherapie Hippotherapie Rehabilitation Heilpädagogisches Reiten Voltigieren Psychotherapie Healing Coaching Counseling Persönliche Entwicklung Teamtraining Systemisches Pferdecoachen Führungskräftetraining Erfahrungsgerichtetes Lernen Spiegeln Mindfulness anders, nl 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Coaches Equitherapeut SHP EATgent EAGALA pferdefachliche, therapeutische und EMT-Ausbildung mit nachgewiesener Qualifikation. Klientenrisiko Betrachtet man die Ausbildungsrichtung, das Ausbildungsniveau, die professionelle Arbeitserfahrung und die vorhandenen und nicht vorhandenen Qualifikationen von Anbietern kombiniert mit den angebotenen Aktivitäten und den Zielgruppen / Klientengruppen, mit denen sie arbeiten, so kann man aus diesen Verteilungen abschätzen, welches Risiko für Klienten mit einer bestimmten Problematik besteht, an einen nicht oder nur teilqualifizierten Anbieter zu gelangen. Ebenso könnte man das Risiko ableiten, bei der Wahl einer bestimmten Aktivität auf mehr oder weniger qualifizierte Anbieter zu treffen. Bei den angebotenen Diensten stehen sowohl Coaching als auch Therapie mit dem Pferd an der Spitze (vgl. Abb. 5 bis Abb. 7). Der große Prozentsatz von Anbietern ohne pferdefachliche Qualifikationen findet auch in der Einschätzung von Risiken und der Bewertung der Notwendigkeit einer Ausbildung des Therapiepferdes seinen Ausdruck. Anbieter ohne diese Qualifikationen können die Bedeutung der Ausbildung und des Trainings des Therapiepferdes unterschätzen. Häufig wird auch mit Pferden gearbeitet, die der Anbieter selbst nicht aus dem eigenen Training kennt. Training und Ausbildung des Pferdes sowie eigene pferdefachliche Qualifikation werden häufig durch Kriterien ersetzt wie: ■ „ …ich kenne das Pferd“ ■ „ …ich arbeite nur mit vertrauenswürdigen nicht gefährlichen Pferden“ ■ „ …ich arbeite nicht mit dem Klienten auf dem Pferd“ ■ „ …ich bin immer dabei“ ■ „ …ich instruiere die Klienten über Pferdeverhalten“ Vergleicht man die Gruppen von Coaches und Equitherapeuten SHP hinsichtlich Qualifikation, Berufserfahrung, Angebot und Klientengruppen mit denen pferdeunterstützt gearbeitet wird, ergeben sich die in Abbildung 8 bis Abbildung 10 dargestellten Verteilungen. Es fällt in der gesamten Analyse auf, dass neben den Coaches, die ihre Aktivitäten auch als Trainings- und Lernaktivitäten mit dem Pferd definieren und anbieten, eine nicht unerhebliche Anzahl explizit Equitherapie anbietet oder Klientengruppen anspricht, die aufgrund ihrer Problematik und Zielvorgabe eigentlich besser Abb. 4: Verteilung von pferdefachlichen, therapeutischen und EAT / EMT- Teilqualifikationen und deren Kombination in der Untersuchungsstichprobe Abb. 5: Fehlende Teilqualifikationen bei Anbietern unterschiedlicher Ausrichtung 32 | mup 1|2014 Recht & Sicherheit: Thiel - Qualifikation von Anbietern pferdeunterstützter Maßnahmen in den Niederlanden keine therapeutisch + pferdefachlich + EAT/ EMT pferdefachlich + EAT/ EMT therapeutisch + EAT/ EMT EAT/ EMT therapeutisch + pferdefachlich pferdefachlich therapeutisch 0 5 10 15 20 25 30 35 Keine pferdefachliche Qualifikation Keine EAT/ EMT Qualifikation Keine therapeutische Qualifikation 35 30 25 20 15 10 5 0 Pferdecoach Coach Nur pferdefachliche EATgent EAGALA Equitherapeuten SHP Keine Ausbildung bei einem qualifizierten EMT- oder EAT-Therapeuten mit professioneller Prozesserfahrung aufgehoben wären. SHP vertritt die Auffassung, dass durch eine Kombination von nicht nachweislich vorhandenem Wissen über die Klientengruppe / Problematik, nicht vorhandener Qualifikation in professioneller Prozessbegleitung der Klientengruppe und nicht vorhandener nachgewiesener pferdefachlicher Qualifikation erhebliche Risiken für Klient und auch Therapiepferd entstehen können. Sicherheitsrelevante Aspekte und Qualitätskontrolle Geerling (2011) veröffentlicht in ihrer Studienabschlussarbeit aufgrund eines Analysefehlers (fehlende Antworten wer- Abb. 6: Verteilung fehlender Teilqualifikationen pro angebotener Abb. 7: Verteilung fehlender Teilqualifikationen pro Zielgruppe, mit der gearbeitet wird Recht & Sicherheit: Thiel - Qualifikation von Anbietern pferdeunterstützter Maßnahmen in den Niederlanden mup 1|2014 | 33 Equitherapie Entwicklungsförderung Equitherapie heilpädagogische Begleitung Equitherapie psychosoziale Begleitung Equitherapie Psychotherapie Hippotherapie Rehabilitation Heilpädagogisches Voltigieren Psychotherapie Healing Coaching Counseling Persönliche Entwicklung Teamtraining Systemisches Pferdecoachen Training von Führungseigenschaften Erfahrungsgerichtetes Lernen Spiegeln Mindfulness Andere 0 10 20 30 40 50 60 Keine therapeutische Qualifikation Keine EAT/ EMT Qualifikation Keine pferdefachliche Qualifikation Anders Freizeit Bewegung Integration in Berufsleben Körperliche Rehabilitation Berufliche Entwicklung Persönliche Entwicklung Burn Out Beziehungsproblematik Abhängigkeitsproblematik Essstörungen Familienprobleme Psychiatrische Probleme Geriatrische Probleme Verhaltensauffälligkeiten 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 Keine therapeutische Qualifikation Keine EAT/ EMT Qualifikation Keine pferdefachliche Qualifikation den nicht mitgezählt), dass 81 % der Anbieter Pferdeunterstützter Maßnahmen in den Niederlanden über eine Risikoinventarisation und -evaluation verfügten und konkludiert, dass im Allgemeinen sehr verantwortungsvoll mit dem Pferderisiko umgegangen würde. In der vorliegenden (ungültige Antworten berücksichtigenden) Analyse ist ein völlig anderes Bild entstanden: nur 21 % der Anbieter gaben an, Risikoinventarisierung im Zusammenhang mit ihren Pferdeunterstützten Aktivitäten vorgenommen zu haben, und weniger als die Hälfte der Anbieter gaben an, über ein Erste-Hilfe-Diplom oder ein Diplom als Betriebshelfer zu verfügen. Risikoeinschätzung durch Anbieter Von Anbietern mit fehlenden Teilqualifikationen wird das objektive Risiko meist sehr unvollständig eingeschätzt. Einige (25 %) ignorieren das Risiko vollständig oder sie nennen unvollständige (40 %) und nicht relevante Kriterien zur Verbesserung der Sicherheit bzw. gehen auf diese Thema nicht explizit ein (35 %). Erwähnenswert erscheint dabei, dass man einen deutlichen Zusammenhang zwischen einer reellen Risikoeinschätzung und Risikoprävention, der Qualifikation des Anbieters und der Ausbildung des Therapiepferdes feststellen konnte. Hier schnitten die von SHP ausgebildeten Equitherapeuten vergleichsweise gut ab, da diese Aspekte einen Teil unseres Ausbildungs- und Zertifizierungskonzeptes ausmachen. Sowohl Coaching als auch andere EAA / EAL- Maßnahmen oder Therapeutisches Reiten (EMT oder EAT) sind für die entsprechenden Zielgruppen sinnvolle Aktivitäten. Die Anbieter dieser Maßnahmen sollten sich dann aber auch auf diese Zielgruppen sowie Aktivitäten beschränken, für die sie auch nachweislich qualifiziert sind. Ansonsten steigt das Risiko für Klienten, nicht ihrer Problematik entsprechend professionell prozessmäßig begleitet werden zu können oder nicht sicher mit dem Pferd arbeiten zu können, massiv an. Empirische Studien wie diese und systematische grenz- und organisationsüberschreitende Sammlungen von relevanten Ergebnissen zur Risikoanalyse von EMT können helfen, Entwicklungen transparenter zu machen und EMT als Therapieform anerkannter zu machen. Abb. 8: Berufserfahrung von Equitherapeuten SHP und Coaches Abb. 9: Pferdefachliche Erfahrungen und Kompetenzen von Coaches und Equitherapeuten Abb. 10: Ausbildung und Training des Therapiepferdes bei Coaches und Equitherapeuten 34 | mup 1|2014 Recht & Sicherheit: Thiel - Qualifikation von Anbietern pferdeunterstützter Maßnahmen in den Niederlanden Anders Erfahrung als Coach Erfahrung im pferdefachlichen Bereich Erfahrung im therapeutischen und psychosozialen Bereich Erfahrung in EAT/ EMT Frage falsch interpretiert Nicht beantwortet 0 5 10 15 20 25 Equitherapeut SHP Coach Keine aktive Erfahrung Nicht beantwortet Diverse Kurse Offizielle Lizenz Natural Horsemanship Freestyle Klassisch Reiten Bodenarbeit 0 5 10 15 20 25 30 Equitherapeuten SHP Coach Kein Training Anders Nicht beantwortet Training EAT/ EMT Freizeitreiten Longieren Natural Horsemanship Freestyle Bodenarbeit Klassisches Training 0 5 10 15 20 25 30 35 Equitherapeuten SHP Coach Literatur ■ Barten, M., De Boer, M. (2013): Samen op weg naar profesionalisering. Van Hall Hoogschool, Leeuwaarden ■ Geerling, A. (2011): Het paard als Partner. Saxion, Deventer ■ Jong de, M. (2012): Een boer met een braaf paard is nog geen Equitherapeut. Van Hall Hoogschool, Leuwaarden / HippoCampus ■ Hofman, L. (2013): Equine Assisted Therapy: an experience based practice? Faculteit Gedragen Maatschappijwetenschappen, Afdeling Orthopedagogiek, Rijsuniversiteit Groningen ■ SHP-E(NL) (2010): Projektbeschreibung. In: www.en.equitherapie.org/ page/ Description-ofthe-LDV-Project, 01.05.2013 ■ SHP-(NL) (2012): Links zu unterschiedlichen Rapporten und den Erhebungsbögen des EU Projektes: www.equitherapie.org/ page/ EUproject-SHP-afgesloten, 10.05.2013 ■ SHP-E(NL) (2013): Final Report NL LDV Project www.equitherapie.org/ fileupload/ EindreportSH- Penassesmentdeffhomepage.pdf, 01.05.2013 ■ Thiel, U. (2011): Equitherapie: Entwickeln, Fördern, Unterstützen und Heilen mit Hilfe des Pferdes. Horses and Driving Books, Lochem ■ Thiel, U., van Eijk, M., de Groeve, J. (2013): Equine assisted and mediated therapy, trainingsand learning-activities in the Netherlands and Europe. SHP-E(NL) Kenniscentrum, Soerendonk Die Autorin Dr. Ulrike Thiel ist in Österreich promovierte klinische Psychologin, Reittherapeutin (OEKTKR), Reit- und Voltigierlehrerin, Sportlehrerin und Richterin Dressur. Sie hat wissenschaftlich in der Forschung gearbeitet, eine eigene Therapiepraxis geleitet, im Justizvollzug und für das Jugendamt als Psychologin und Gutachterin gewirkt. Seit 1994 leitet sie das Institut für Equitherapie und Hippische Sportpsychologie HippoCampus in den Niederlanden. Seit 2000 entwickelt und leitet sie für den Verband „Nederlandse Stichting Helpen met Paarden -Equitherapie“ die Ausbildung von Equitherapeuten SHP. Für diesen Verband saß sie zwei Jahre im Vorstand des FATP und einiger Arbeitsgruppen der FRDI und koordinierte für SHP ein EU-Projekt. Anschrift: Dr. Ulrike Thiel · De Bult 2 · NL-6027 RG Soerendonk helpen-met-paarden@iae.nl Recht & Sicherheit: Thiel - Qualifikation von Anbietern pferdeunterstützter Maßnahmen in den Niederlanden mup 1|2014 | 35