eJournals mensch & pferd international 7/4

mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/mup2015.art26d
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Praxistipp: Wie TEACCHt man mit dem Pferd?

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Franziska Varel
In diesem Artikel soll beschrieben werden, wie Klienten mit einer Autismus-Spektrum-Störung, hauptsächlich mit frühkindlichem Autismus, innerhalb einer Fördergruppe im Rahmen der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd (HFP) möglichst viele Entwicklungsimpulse mitnehmen können. Der TEACCH-Ansatz ist häufig die Grundlage für die Arbeit in der Autistenförderung und strukturiert den Alltag von Autisten in den meisten Einrichtungen. Das lässt es sinnvoll erscheinen, die Heilpädagogische Förderung mit dem Pferd mit dem TEACCH-Ansatz zu verbinden.
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160 | mup 4|2015|160-162|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378 / mup2015.art26d Franziska Varel Praxistipp Wie TEACCHt man mit dem Pferd? In diesem Artikel soll beschrieben werden, wie Klienten mit einer Autismus-Spektrum-Störung, hauptsächlich mit frühkindlichem Autismus, innerhalb einer Fördergruppe im Rahmen der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd (HFP) möglichst viele Entwicklungsimpulse mitnehmen können. Der TEACCH-Ansatz ist häufig die Grundlage für die Arbeit in der Autistenförderung und strukturiert den Alltag von Autisten in den meisten Einrichtungen. Das lässt es sinnvoll erscheinen, die Heilpädagogische Förderung mit dem Pferd mit dem TEACCH-Ansatz zu verbinden. Was ist eigentlich TEACCH? „TEACCH steht für Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children (Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder)“ (Häußler 2008, 11). TEACCH bezeichnet gleichzeitig ein Netzwerk von Einrichtungen zur Förderung und Begleitung von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen in North Carolina wie auch das in diesen Einrichtungen entstandene pädagogische Konzept. Dieses weltweit anerkannte Konzept hat das Ziel der sozialen Integration von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung und soll eine ganzheitliche Förderung darstellen. Der TEACCH Ansatz gibt keine direkten Handlungsschritte oder Methoden vor, mit denen gearbeitet wird, sondern stellt mit den TEACCH- Prinzipien Leitlinien zur Verfügung, an denen sich das Handeln in der Praxis orientiert (Häußler 2008, 11). Es existieren folgende TEACCH Prinzipien: ■ „Autismus erkennen und verstehen ■ Partnerschaft mit den Eltern ■ Streben nach dem Optimum, nicht der Heilung ■ Individuelle Diagnostik als Basis für individuelle Förderung ■ Ganzheitlichkeit ■ Strukturierung der Fördersituation ■ Kognitive Psychologie und Lerntheorie ■ Orientierung an den Stärken ■ Langfristig angelegte Hilfen“ (Häußler 2008, 16). Da der TEACCH Ansatz keine fertig ausgearbeitete Anleitung ist, sondern eine individuell anzupassende Grundidee, ist viel Kreativität und Ideenreichtum bei der Umsetzung gefordert. Deshalb kann diese Idee auch gut auf Situationen mit dem Pferd und der Gruppe übertragen werden. Strukturierung während der Fördereinheit Dieser Praxistipp bezieht sich besonders auf das Prinzip der „Strukturierung der Fördersi- Praxistipp: Varel - Wie TEACCHt man mit dem Pferd? mup 4|2015 | 161 tuation“, es werden aber auch andere Prinzipien berücksichtigt. Wie in den Prinzipien bereits aufgeführt, sieht der TEACCH-Ansatz eine Strukturierung der Fördersituation vor. In einer Fördereinheit sollen der Raum, die Zeit, das Material und die Aktivität strukturiert werden. In der HFP kann eine Strukturierung des Raumes durch Kennzeichnung der verschiedenen Bereiche erfolgen. So können zum Beispiel die Sattelkammer, der Stall und auch der Reitplatz ausgeschildert werden. Für den Klienten sollte klar ersichtlich sein, wo welche Aktivität stattfindet, wo er sich aufhalten soll und wo sich welche Dinge befinden. Die Strukturierung der Zeit während der Fördersituation kann durch einen Ablaufplan erfolgen. Der Plan sollte so gestaltet sein, dass der Klient ihn mühelos erfassen kann. So kann er zum Beispiel als Objektplan, aus den Materialien, die auch genutzt werden bestehend, mit Fotos oder Symbolen gestaltet sein oder als schriftliche Anleitung vorliegen. Die jeweilige Form muss individuell an die Leistungs- und die Abstraktionsfähigkeit des Klienten angepasst werden. Die einzelnen Teile der Fördereinheit, wie z. B. das Pferd holen, Putzen, Satteln oder Reiten können anhand so eines Plans kleinschrittig abgearbeitet werden. Wie kleinschrittig der Plan sein muss, kann von Klient zu Klient variieren. Um sehr viel Struktur und Übersichtlichkeit zu schaffen, kann es nötig sein, während des Putzens jede einzelne Bürste vorzugeben, die genutzt werden soll. Ist der Ablauf verinnerlicht, kann ein einziges Symbol für das Putzen ausreichen. Wie lange die gesamte Fördereinheit oder auch ihre einzelnen Teile dauern, kann mit Hilfe eines TimeTimers visualisiert werden. Kann der Klient die Uhr bereits lesen, reicht auch eine einfache Uhr. Um deutlich zu machen, welche Aktivität beendet ist, kann am Ablaufplan eine „Fertigtasche“ angebracht werden. In diese Tasche werden dann die Symbolkarten für bereits beendete Aktivitäten gesteckt und diese sind somit auch nicht mehr sichtbar und können nicht ablenken. Bei einem schriftlichen Ablaufplan kann die abgeschlossene Aktivität einfach durchgestrichen werden. Auch das Material, das während der HFP genutzt wird, kann durch Symbole oder Beschriftungen strukturiert werden. Für den Klienten muss eindeutig sein, welches Material er verwenden und wozu er dieses benutzen soll. Deshalb sollte die Ausrüstung eines Pferdes beispielsweise mit dem Namen und für nicht lesende Klienten mit einem Foto oder Symbol gekennzeichnet sein. Zum Putzen sollten nur die Bürsten in einer Kiste sein, die auch benötigt werden. Hilfreich kann es auch sein, die Bürsten in der richtigen Reihenfolge bereitzulegen und symbolisch darzustellen, wie welche Bürste genutzt werden soll. Das Material für unterschiedliche Übungen während der Fördereinheit sollte bereits vor Eintreffen des Klienten bereit stehen, um ein Suchen zu vermeiden. Material, das nicht genutzt werden soll, sollte auch nicht in der Bahn sein. So kann es nicht vom eigentlichen Geschehen rund um das Pferd ablenken. Grundsätzlich gilt, lieber weniger Material, um ein reizarmes Umfeld zu schaffen. 162 | mup 4|2015 Praxistipp: Varel - Wie TEACCHt man mit dem Pferd? Mit Hilfe dieser Strukturierungen kann so die gesamte Einheit übersichtlich gestaltet werden. Der Klient sollte während der HFP immer wissen, was er tun soll, wann und wo er etwas tun soll und was im Anschluss passiert. Von dieser Art der Strukturierung profitieren im Übrigen nicht nur Klienten mit einer Autismus- Spektrum-Störung, sondern auch alle anderen Teilnehmer einer Fördereinheit. Durch die Übersichtlichkeit und Anschaulichkeit haben alle die Möglichkeit, sich vermehrt auf die Förderung mit dem Pferd einzulassen und mehr Anregungen anzunehmen. Literatur ■ Häußler, A. (2008): Der TEACCH Ansatz zur Förderung von Menschen mit Autismus: Einführung in Theorie und Praxis. Borgmann, Dortmund Die Autorin Franziska Varel Am Brunnenpark 4 · D-49809 Lingen f.varel@outlook.de