mensch & pferd international
2
1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/mup2015.art27d
101
2015
74
Praxistipp: Funktionale Übungen mit dem Theraband im Übergang von der Longe zum freien Reiten
101
2015
Henrike Struck
Meike Riedel
Funktionale Übungen in psychomotorischen Ansätzen Funktionale Übungsformen werden in der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd (HFP) gezielt eher selten eingesetzt. Nachdem sich neben der funktionalen Perspektive in der Psychomotorik auch andere Ansätze entwickelt hatten, war die „Übungsbehandlung“ lange Zeit eher in den Hintergrund gerückt. Allerdings kommt es momentan zu einer Wiederentdeckung der funktionalen Übungen und den damit verbundenen Vorteilen in bestimmten, reflektierten Settings (Berg 2015, 72). Auch in der HFP gibt es immer wieder Situationen, in denen ein reflektiertes Üben sinnvoll sein kann. In diesem Praxistipp sollen daher Übungen mit dem Theraband vorgestellt werden, die in bestimmten Phasen des Übergangs von der Longenarbeit zum freien Reiten grundlegende motorische Fähigkeiten (Rumpfspannung und Extremitätenkontrolle) trainieren, um diesen Übergang zu erleichtern. Die Übungen sollten im Bereich des HFP aber nicht unreflektiert eingesetzt werden als „fremdgesteuertes und normatives Üben. Stattdessen sollte die durchgängig betonte Selbstbestimmtheit des Übens aktueller psychomotorischer Konzepte beibehalten werden, …“ (Berg 2015, 73).
2_007_2015_4_0007
mup 4|2015|163-166|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378 / mup2015.art27d | 163 Henrike Struck, Meike Riedel Praxistipp Funktionale Übungen mit dem Theraband im Übergang von der Longe zum freien Reiten Funktionale Übungen in psychomotorischen Ansätzen Funktionale Übungsformen werden in der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd (HFP) gezielt eher selten eingesetzt. Nachdem sich neben der funktionalen Perspektive in der Psychomotorik auch andere Ansätze entwickelt hatten, war die „Übungsbehandlung“ lange Zeit eher in den Hintergrund gerückt. Allerdings kommt es momentan zu einer Wiederentdeckung der funktionalen Übungen und den damit verbundenen Vorteilen in bestimmten, reflektierten Settings (Berg 2015, 72). Auch in der HFP gibt es immer wieder Situationen, in denen ein reflektiertes Üben sinnvoll sein kann. In diesem Praxistipp sollen daher Übungen mit dem Theraband vorgestellt werden, die in bestimmten Phasen des Übergangs von der Longenarbeit zum freien Reiten grundlegende motorische Fähigkeiten (Rumpfspannung und Extremitätenkontrolle) trainieren, um diesen Übergang zu erleichtern. Die Übungen sollten im Bereich des HFP aber nicht unreflektiert eingesetzt werden als „fremdgesteuertes und normatives Üben. Stattdessen sollte die durchgängig betonte Selbstbestimmtheit des Übens aktueller psychomotorischer Konzepte beibehalten werden,…“ (Berg 2015, 73). Voraussetzungen für das freie Reiten Im Übergang zum freien Reiten kommt es in der HFP gerade bei Jugendlichen und Erwachsenen z. B. mit kognitiven Einschränkungen aufgrund der häufig vorzufindenden Hypotonie zu Problemen in der Rumpfkontrolle und damit auch der freien und koordinierten Extremitätenbewegung, insbesondere im Bereich der Arme. Dadurch werden ein freier Sitz und eine Zügelführung häufig erschwert. Als Folge daraus können Fortschritte in übergeordneten Zielsetzungen anderer Entwicklungsbereiche wie Eigenaktivität, Selbstwirksamkeit und Selbstwertgefühl erschwert werden. Eine Reflexion der Problematik mit dem Teilnehmer kann zu dem gemeinsamen Schluss führen, diesen Bereich durch gezielte Übungen zu verbessern. Die folgenden Übungen mit dem Theraband sind dem Übungsprogramm „Voltigieren als Rückenfitness- und Förderangebot für Kinder“ (Riedel / Zimmermann 2009) entnommen. „Auf dem Pferderücken werden diese funktionsgymnastischen Übungen …intensiviert, da durch die Fortbewegung des Pferdes höhere Anforderungen an die Koordination und hierbei insbesondere an die Gleichgewichtsfähigkeit und intra- und intermuskuläre Koordination gestellt werden“ (Riedel / Zimmermann 2009, 26). Die folgenden Übungen von Riedel und Zimmermann (2009) sollen also den Bereich der Rumpfstabilität gezielt trainieren, um einen Übergang zum freien Reiten zu erleichtern. 164 | mup 4|2015 Praxistipp: Struck, Riedel - Funktionale Übungen mit dem Theraband Flieger: Kräftigung des breiten Rückenmuskels Im Vorwärtssitz wird das Theraband um die Hände gewickelt, die erhobenen Arme werden dann gleichmäßig bis auf Halshöhe auseinandergenommen. Bei allen Übungen ist auf einen aufgerichteten Sitz und leicht gebeugte Ellenbogen zu achten. Der Kopf sollte immer in Verlängerung der Wirbelsäule mit Blickrichtung nach vorn bleiben. Kreuzung: Verbesserung der Rumpfstabilität (Kapuzenmuskel, Deltamuskel, Großer Rautenmuskel) Die Therabänder werden an den Griffen befestigt und diagonal gegriffen. In der überkreuzten Position werden sie gleichmäßig bis leicht über Schulterhöhe nach oben gezogen. Auch hier bleiben die Ellenbogen leicht gebeugt, in der Endposition werden die Handgelenke noch hinten oben rotiert. Praxistipp: Struck, Riedel - Funktionale Übungen mit dem Theraband mup 4|2015 | 165 Boxer: Verbesserung der Rumpfstabilität (Deltamuskel, Großer Brustmuskel) Auch hier werden die Therabänder an den Griffen befestigt, aber einseitig diagonal gegriffen. Die Bänder werden nun wechselseitig diagonal nach oben gezogen. Gummiband: Verbesserung der Rumpfstabilität (Kapuzenmuskel, Großer Rautenmuskel) Die Enden des Therabandes werden um die Hände gewickelt. Das Band wird auf Brusthöhe gleichmäßig auseinander gezogen. Ruderer: Rumpfstabilität, Kräftigung des Deltamuskels Im Rückwärtssitz werden die an den Griffen befestigten Therabänder gleichseitig gegriffen. Die Bänder werden gleichmäßig in Richtung Schweif gezogen. 166 | mup 4|2015 Praxistipp: Struck, Riedel - Funktionale Übungen mit dem Theraband Literatur ■ Berg, S. (2015): Die Bedeutung des Übens im Kontext von Psychomotorik und Motologie. Wiederentdeckung einer vernachlässigten, aber wichtigen psychomotorischen Praxis? Motorik 3, 67-74, http: / / dx.doi.org/ 10.2378/ mot2015. art12d ■ Riedel, M., Zimmermann, E. (2009): Voltigieren als Rückenfitness- und Förderangebot für Kinder. Praxis Physiotherapie 1, 26-32 Die Autorinnen Henrike Struck Sonderpädagogin, Reitpädagogin DKThR, Schriftleitung „Mensch & Pferd international“, Lehrbeauftragte (u. a. DKThR, TU Dortmund), Leitung Zentrum für Therapeutisches Reiten der Werkstätten der AWO Dortmund. Dr. Meike Riedel Wiss. Angestellte am Institut für Sport und Sportwissenschaft an der TU-Dortmund, Schriftleitung der „Mensch & Pferd international“, 1. Vorsitzende des Ausschusses Breitensport des Pferdesportverbandes Westfalens, Trainer C Voltigieren. Anschriften: Henrike Struck · Zentrum für Therapeutisches Reiten der Werkstätten der AWO Dortmund GmbH · Bahnstr. 95 D-44532 Lünen · h.struck@awo-reiterhof.de Dr. Meike Riedel · Eggeberger Str. 15 D-33790 Halle / Westf. · meike.riedel@tu-dortmund.de
