mensch & pferd international
2
1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
41
2016
82
Praxistipp: Bewegungs-Spiel-Geschichten
41
2016
Jennifer Glitza
Kinder haben große Freude daran, in Geschichten einzutauchen und diese fantasievoll auszugestalten. Wenn diese Geschichten ihre Lebenswirklichkeit sowie aktuelle Themen beinhalten, sind sie schnell dafür zu begeistern. Mit Bewegungs-Spiel-Geschichten lassen sich diverse Förderungsbereiche gezielt ansprechen und bearbeiten. Leicht lassen sich Partizipationsmöglichkeiten für Kinder während der Geschichte einbauen. Durch die Kreativität der Kinder entwickeln sich aus einfachen Ideen ganz andere wunderbare fantasievolle Geschichten. Im Folgenden wird eine Spielgeschichte als Beispiel vorgestellt. Diese kann als Vorlage dienen und sollte individuell auf das Setting und die Kinder abgestimmt werden, die in der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd begleitet werden. In der Geschichte geht es um einen kleinen Blumensamen, der wächst. Sie hat einen hohen Symbolcharakter und passt zum Frühling. Diese Geschichte ist gut im Einzelsetting umzusetzen. Da kaum Hilfsmittel und zusätzliche Vorbereitungszeit benötigt werden, ist sie leicht durchführbar. Förderschwerpunkte sind die Sprach- und Gleichgewichtsförderung sowie die Körperwahrnehmung. Spielerisch und fantasievoll werden Übungen zu den Förderschwerpunkten eingebunden.
2_008_2016_002_0075
mup 2|2016|75-77|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378 / mup2016.art13d | 75 Jennifer Glitza Praxistipp Bewegungs-Spiel-Geschichten Kinder haben große Freude daran, in Geschichten einzutauchen und diese fantasievoll auszugestalten. Wenn diese Geschichten ihre Lebenswirklichkeit sowie aktuelle Themen beinhalten, sind sie schnell dafür zu begeistern. Mit Bewegungs-Spiel-Geschichten lassen sich diverse Förderungsbereiche gezielt ansprechen und bearbeiten. Leicht lassen sich Partizipationsmöglichkeiten für Kinder während der Geschichte einbauen. Durch die Kreativität der Kinder entwickeln sich aus einfachen Ideen ganz andere wunderbare fantasievolle Geschichten. Im Folgenden wird eine Spielgeschichte als Beispiel vorgestellt. Diese kann als Vorlage dienen und sollte individuell auf das Setting und die Kinder abgestimmt werden, die in der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd begleitet werden. In der Geschichte geht es um einen kleinen Blumensamen, der wächst. Sie hat einen hohen Symbolcharakter und passt zum Frühling. Diese Geschichte ist gut im Einzelsetting umzusetzen. Da kaum Hilfsmittel und zusätzliche Vorbereitungszeit benötigt werden, ist sie leicht durchführbar. Förderschwerpunkte sind die Sprach- und Gleichgewichtsförderung sowie die Körperwahrnehmung. Spielerisch und fantasievoll werden Übungen zu den Förderschwerpunkten eingebunden. Die Blume Stell dir vor, du bist ein kleiner Blumensamen. Ein Samen ist klitzeklein. (Bild 1) Schaffst du es, dich ganz klein auf dem Pferderücken zu machen? Weißt du, dass ein Blumensamen unter der Erde ist? Die Erde deckt den Samen ganz behutsam zu. Traust du dich, auch zugedeckt zu werden? Nun bist du von der Erde ganz sacht umhüllt. Der kleine Blumensamen benötigt seine Zeit, um zu wachsen und zu reifen. Nimm dir die Zeit und lasse dich von deinem Pferd auf seinem Rücken tragen. Je nach Kind kann variiert werden, ob es von einer Decke zugedeckt wird oder nicht. Diese Übung erfordert Mut und viel Vertrauen zum Pädagogen sowie zum Pferd. Manchen Kindern hilft es, wenn ein ständiger Körperkontakt während der Übung besteht. Zum Beispiel, indem man seine Hand auf dem Rücken des Kindes behält. Dies vermittelt Sicherheit und zeigt dem Kind, dass man die ganze Zeit bei ihm ist. Langsam und mit viel Ruhe wächst aus dem Samen eine Blume. Das dauert. Zuerst sieht man eine kleine schöne Knospe aus der Erde hervorkommen. 76 | mup 2|2016 Praxistipp: Glitza - Bewegungs-Spiel-Geschichten Hebe langsam deinen Kopf an. Dein Kopf darf nun die Knospe sein und sich in der neuen Umgebung umschauen. (Bild 2) Was benötigt so eine Blume noch, um zu wachsen? Hast du eine Idee? Um zu wachsen, benötigt sie Regenwasser. Stelle dir vor, dass der Regen ganz sacht auf dich fällt. Wo fühlst du die Regentropfen am meisten? Unter der Erde, am Körper? Wie ist es, wenn die Regentropfen auf die Knospe, auf deinen Kopf tröpfeln? Wo magst du die Regentropfen am liebsten spüren? (Bild 3) Der Pädagoge kann den Regen spielen und mit den Fingerspitzen auf den Körper des Kindes tippen. Noch darf auch die Decke über dem Kind liegen und nur der Kopf ist zu sehen. Es regnet und regnet und nun beginnt die Blume weiter zu wachsen. Der Stängel wird sichtbar. Du wächst nun, der Regen hat dir Kraft gespendet. Du kommst aus der Erde hervor. Dein Oberkörper kann nun der Stängel sein, dein Kopf weiterhin die Knospe. Deine Beine sind tief verwurzelt mit der Erde. Das Kind kann sich nun aufrichten, auf den Rücken des Pferdes setzen und den Oberkörper strecken. Die Decke wird weggelegt. Der Regen hat aufgehört und aus dem Stängel heraus wachsen saftige grüne Blätter. Was könnten die Blätter sein? Hast du eine Idee? Das Kind kann die Arme ausstrecken und diese in Blätter verwandeln. Deine Arme und Hände sind die grünen Blätter. Wie sollen die Blätter am Stängel sein? Sollen sie hängen? Sind sie ganz weit auseinander? Die Blume wächst immer weiter. Kannst du noch größer werden? Das Kind kann sich je nach Möglichkeit hinknien oder hinstellen. Jetzt ist der Blumenstängel schon richtig groß. Meinst du, die Blume bleibt so groß oder kann sie noch weiter wachsen? (Bild 4) Eventuell wird sich das Kind noch strecken und auf Zehenspitzen stellen. Bild 1: Der Samen ist klitzeklein. Bild 2: Die Knospe schaut aus der Erde. Bild 3: Regentropfen auf dem Rücken. Praxistipp: Glitza - Bewegungs-Spiel-Geschichten mup 2|2016 | 77 Nun ist sie ja so groß, dass sie die Sonne fast berühren kann. Aus dem Knospenkopf entwickelt sich eine tolle große Blüte. Welche Farbe soll die Blüte haben? Hast du eine Lieblingsfarbe? Jetzt, wo die Blume so groß ist, spürt sie auch viele andere Dinge. Es ist ganz schön wackelig, wenn sie so groß ist und sich so reckt. Was spürt sie nun alles? Vielleicht spürt sie den Wind. Spürst du ihn? Vielleicht schaukelt die Blume sogar im Wind. Vorsichtig lässt der Wind dich hin- und herschaukeln. Der Stängel und die Blätter bewegen sich mit. Der Wind lässt nach. Nun kommt die Blume zur Ruhe. Im Laufe des Tages zieht die Sonne ihre Kreise, die Blume wandert ihr hinterher. Kannst du dich mit der Sonne drehen? (Bild 5) Entweder steht das Kind noch und dreht sich stehend oder es macht eine Mühle. Es kann auch eigene Möglichkeiten entwickeln, sich auf dem Pferderücken zu drehen. Langsam wird es Abend und die Sonne geht unter. Auch die Blume merkt, dass sie ganz schön müde wird. Das war ein aufregender erster Frühlingstag. Die Sonne geht unter und auch die Blume lässt langsam ihren Kopf hängen und schließt die Augen. (Bild 6) Wenn du magst, darfst du noch ein paar Runden mit geschlossenen Augen reiten. Wenn du die Augen wieder öffnest, bist du wieder hier mit mir auf dem Reitplatz / in der Reithalle und in deinem Körper. Die Autorin Jennifer Glitza Heilerziehungspflegerin, Leitung von einer heilpädagogische Kleingruppe in einer Kita, Trainer C Voltigieren, z. Z. Teilnahme am Aufbauausbildungsgang zur Fachkraft für die heilpädagogische Förderung mit dem Pferd. Anschrift Jennifer Glitza · Brunsstraße 4 · D-21073 Hamburg jennyglitza@gmail.com Bild 4: Die Blume wird immer größer. Bild 5: Die Blume folgt der Sonne. Bild 6: Nacht, die Blume ist müde.
