mensch & pferd international
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Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/mup2016.art24d
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Auswirkungen eines an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes auf die motorische Leistungsfähigkeit von Grundschülern
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Lea Steinsiek
Meike Riedel
Regelmäßige Bewegung gilt als notwendige Voraussetzung für die motorische, körperliche, geistige und psychosoziale Entwicklung von Kindern. Inaktivität erhöht die Auftretenswahrscheinlichkeit von Bewegungsmangelerkrankungen und somit auch von motorischen Defiziten. Elektronische Medien werden immer mehr zum Konkurrenten der körperlich-sportlichen Aktivität. Viele Studien (Bös 2003; Bös u. a. 2008; WIAD 2008) haben bereits eine Abnahme der motorischen Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren nachgewiesen. Der ganzheitliche Bildungsauftrag der Ganztagsgrundschulen schließt mittlerweile eine Förderung der motorischen Entwicklung ein (Schmelt u. a. 2011, 117). Dieser Beitrag stellt die Auswirkungen eines zehnwöchigen, an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes auf die motorischen Leistungsfähigkeiten von Grundschulkindern im Rahmen des Offenen Ganztags an zwei Dortmunder Grundschulen vor.
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150 | mup 4|2016|150-157|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378 / mup2016.art24d Lea Steinsiek, Meike Riedel Schlüsselbegriffe: Voltigieren, motorische Leistungsfähigkeit, Ausdauerleistungsfähigkeit, vielseitiges und variantenreiches Training Regelmäßige Bewegung gilt als notwendige Voraussetzung für die motorische, körperliche, geistige und psychosoziale Entwicklung von Kindern. Inaktivität erhöht die Auftretenswahrscheinlichkeit von Bewegungsmangelerkrankungen und somit auch von motorischen Defiziten. Elektronische Medien werden immer mehr zum Konkurrenten der körperlich-sportlichen Aktivität. Viele Studien (Bös 2003; Bös u. a. 2008; WIAD 2008) haben bereits eine Abnahme der motorischen Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren nachgewiesen. Der ganzheitliche Bildungsauftrag der Ganztagsgrundschulen schließt mittlerweile eine Förderung der motorischen Entwicklung ein (Schmelt u. a. 2011, 117). Dieser Beitrag stellt die Auswirkungen eines zehnwöchigen, an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes auf die motorischen Leistungsfähigkeiten von Grundschulkindern im Rahmen des Offenen Ganztags an zwei Dortmunder Grundschulen vor. Auswirkungen eines an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes auf die motorische Leistungsfähigkeit von Grundschülern Lea Steinsiek, Meike Riedel Steinsiek, Riedel - Auswirkungen eines an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes ... mup 4|2016 | 151 Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote im Ganztag Der Ausbau der Ganztagsschulen im Grundschulbereich bringt einen neuen, erweiterten Bildungsauftrag für die unterschiedlichen unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Angebote mit sich, welche die Grundlage des Ausbaus ganztägiger Angebote an Schulen darstellen. Verschiedene Betreuungs- und Unterstützungsmaßnahmen fungieren als wichtige Ergänzung zu den traditionellen Erziehungs- und Bildungszielen der Halbtagsschule (Aschenbrock / Pack 2011, 52). Es kommt zu einer Vernetzung des Lern- und Lebensraums. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden bewegungsarmen Lebenswelt sowie der Zunahme an Bewegungsmangelerkrankungen bereits im Kindes- und Jugendalter erweisen sich Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote für eine ganzheitliche Bildung an Ganztagsschulen als zentral bedeutsam. Vielen Studien ist zu entnehmen, dass sich die motorische Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren verschlechtert bzw. nicht in dem Ausmaß entwickelt hat, wie es im Schulkindalter eigentlich möglich ist (Bös u. a. 2002; Schmidt u. a. 2006; Schmidt 2008). Bereits 2002 berichteten Rusch und Irrgang, dass die körperliche Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen in den letzten drei Jahrzehnten deutlich abgenommen habe. Im Jahr 2001 erzielten nur noch ca. 27 % der Heranwachsenden „die Durchschnittswerte ihrer Gleichaltrigen aus dem Jahr 1986“ (Schlicht/ Brand 2007, 45). Zu dem Ergebnis eines Leistungsabfalls der motorischen Leistungsfähigkeiten kamen ebenfalls Klaes u. a. (2003) in Schlicht und Brand (2007, 45), die eine Abnahme der Leistungsfähigkeit zwischen 1995 und 2002 feststellten. Die Integration von Bewegungs-, Spiel- und Sportangeboten in den Schulalltag erhöht die Chancen für mehr Bewegung in der Schule. Diese Angebote sind bei den Schülern sehr gefragt und werden auch intensiv in Anspruch genommen (Aschebrock / Pack 2011, 59 f). Darüber hinaus bietet der erweiterte Bildungsauftrag der Ganztagsschule vielfältige Möglichkeiten der „(individuellen) motorischen, sozialen und gesundheitlichen Förderung aller Schülerinnen und Schüler einschließlich besonderer Hilfen für benachteiligte Kinder und Jugendliche“ (Aschebrock / Pack 2011, 60). Dieser Aspekt zeigt, dass der ganzheitliche Bildungsansatz der Ganztagsschule zur Bewegungsbildung und Gesundheitsförderung beitragen und somit dem Problem der beschriebenen Bewegungsarmut der Kinder entgegenwirken kann (Naul 2009, 334; Schmelt u. a. 2011, 115). Körperliche Aktivität steht in einem engen Zusammenhang mit der Gesundheit und dem gesundheitlichen Wohlbefinden von Kindern im Grundschulalter. Weiterhin kann sie die Herausbildung der motorischen Fähigkeiten der Heranwachsenden positiv beeinflussen (Schmelt u. a. 2011, 118 f; Starker u. a. 2007, 779-782). Diese Aspekte verdeutlichen und befürworten den hohen Stellenwert von Bewegungs-, Spiel- und Sportangeboten im Ganztag. Fördermöglichkeiten durch ein an Vielseitigkeit orientiertes Voltigierangebot Neben den Möglichkeiten der Förderung der ganzheitlichen Entwicklung hat der Voltigiersport ein hohes Förderpotential hinsichtlich der motorischen Leistungsfähigkeit. Als Technik- und Kombinationssportart bietet er sich in besonderem Maße zum Training der koordinativen Fähigkeiten an und ermöglicht somit ganz neue Bewegungserfahrungen (Steinsiek / Riedel 2013). Die Fördermöglichkeiten ergeben sich durch die Bewegungen des Pferdes von ganz alleine, denn „die vom Pferd ausgehenden Bewegungsimpulse im Schritt oder Galopp (wahlweise auch im Trab) sind von entscheidender Bedeutung, um die Bewegungsgrundlagen wie Gleichgewicht, Reaktionsfähigkeit, kinästhetische Differenzierungsfähigkeit sowie Orientierungsfähigkeit zu schulen (Ringbeck 1995, 24). Die koordinativen Fähigkeiten können darüber hinaus durch abwechslungsreiche Übungen sowie durch Spiele auf und mit dem 152 | mup 4|2016 Steinsiek, Riedel - Auswirkungen eines an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes ... Pferd in besonderem Maße gezielt gefördert werden. Des Weiteren ermöglicht der Voltigiersport ebenfalls eine Förderung der konditionellen Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Schnelligkeit). Besonders hervorzuheben sind vielzählige Möglichkeiten der Förderung der Kraftfähigkeiten, besonders der Kraftausdauer, aber auch der Schnellkraft. Die Körperhaltung und die Ganzkörperspannung fungieren als Voraussetzungen für das Ausführen vieler Voltigierübungen. In Bezug auf die Ausdauerfähigkeiten ist beim Voltigieren neben einer guten Grundlagenausdauer die Kurzzeitausdauer von Bedeutung. Zur Verbesserung der Grundlagenausdauer eignen sich insbesondere Laufspiele, die ein Bewegen mit dem Pferd beinhalten. Die Beweglichkeit ist beim Voltigieren ebenfalls eine leistungslimitierende Voraussetzung, die sich dementsprechend durch gezielte Voltigierübungen fördern lässt. Sowohl zur Förderung der koordinativen als auch der konditionellen Fähigkeiten sollte ein vielseitiges und abwechslungsreiches Voltigierprogramm durchgeführt werden, das sich durch eine Vielzahl von Bewegungsspielen mit, am und auf dem Pferd sowie durch vielfältige, variantenreiche koordinativ anspruchsvolle Voltigierübungen vom herkömmlichen Voltigieren unterscheidet. Bild 1: Fahne (Quelle Bilder 1-7: Steinsiek/ Riedel 2013) Bild 2: Schneidersitz Bild 3: Wanderball 1 3 2 Steinsiek, Riedel - Auswirkungen eines an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes ... mup 4|2016 | 153 Untersuchungsablauf Personenstichprobe An der Studie nahmen insgesamt 32 klinisch gesunde Drittklässler (15 Mädchen und 17 Jungen) von zwei Dortmunder Grundschulen teil, die keine Vorerfahrungen im Reiten oder Voltigieren aufwiesen. Es erfolgte eine Einteilung der Schüler in eine aktive Gruppe (n=16) und eine Kontrollgruppe (n=16). Die aktive Gruppe führte über den Zeitraum von zehn Wochen ein zweimal wöchentlich stattfindendes Bewegungsprogramm mit und auf dem Pferd durch. Die Kinder der Kontrollgruppe führten kein Bewegungsprogramm mit dem Pferd durch. Für die Erhebung der Messgrößen wurde ein Prä-Post-Test durchgeführt. In Tabelle 1 sind die anthropometrischen Daten der gesamten Stichprobe differenziert nach Interventions- und Kontrollgruppe aufgelistet. Messgrößen Folgende dargestellte Messgrößen sind im Rahmen der Untersuchung erhoben worden: Anthropometrische Daten: Alter (Jahren), Größe (cm), Gewicht (kg), Body-Mass-Index (kg / m 2 ) (Tab. 1) Bild 4: Zielwürfe durch gehaltene Reifen Bild 5: Umsitzer Bild 6: Slalom Bild 7: Mühle 4 5 7 6 154 | mup 4|2016 Steinsiek, Riedel - Auswirkungen eines an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes ... Münchner Fitnesstest (MFT) (Rusch / Irrgang 2005) Der Münchner Fitnesstest untersucht sowohl koordinative als auch konditionelle Fähigkeiten, die zusammen als sportmotorische Leistungsfähigkeit bezeichnet werden. Er setzt sich aus folgenden sechs verschiedenen Aufgaben zusammen: Ballprellen, Zielwerfen, Rumpfbeugen / Hüftbeugen, Standhochspringen, Halten im Hang sowie Stufensteigen. Die Testergebnisse der einzelnen Testaufgaben können mithilfe der geschlechtsspezifischen Normierungstabellen der jeweiligen Altersstufe entsprechend in T-Werte transformiert werden, aus denen sich eine Gesamtbeurteilung der sportmotorischen Leistungsfähigkeit ableiten lässt. Die erreichten Leistungen lassen sich nach einer Beurteilungsskala von sehr gut, gut, befriedigend, ausreichend bis mangelhaft klassifizieren. Sechs-Minuten-Lauf des Deutschen Motorik Tests 6-18 (DMT) Der Sechs-Minuten- Lauf dient der Überprüfung der aeroben Ausdauer beim Laufen. Für die Rohwerte der Testaufgabe liegen geschlechtsspezifische Normwerte für die Altersstufe von 6 bis 18 Jahren vor. Diese können alters- und geschlechtsspezifischen Normentabellen entnommen werden. Mithilfe der Normentabellen können Z-Werte, Prozentränge, Leistungsklassen und Quintile ermittelt werden. Die Transformation der Rohwerte in alters- und geschlechtsbezogene Z-Werte ermöglicht eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse sowie eine Bewertung der Ergebnisse der Testaufgaben von weit unterdurchschnittlich, unterdurchschnittlich, durchschnittlich, überdurchschnittlich bis weit überdurchschnittlich. Intervention Die Durchführung der Intervention erfolgte über einen Zeitraum von zehn Wochen zweimal wöchentlich mit einem Zeitumfang von 60 Minuten in einem Dortmunder Reitverein. Die Intervention bestand aus vielzähligen koordinativ anspruchsvollen Voltigierübungen sowie vielfältigen Voltigierspielen mit und auf dem Pferd. Ergebnisse Motorische Leistungsfähigkeiten Mithilfe des Münchner Fitnesstests sowie des Sechs-Minuten-Laufs kann zum einen die sportmotorische Leistungsfähigkeit und noch einmal speziell die Ausdauerleistungsfähigkeit der Schüler entsprechend ihres Alters und ihres Geschlechts bewertet werden. Zum anderen kann eine Aussage bezüglich der Effektivität der zehnwöchigen Intervention im Rahmen eines Voltigierprogramms im Hinblick auf die koordinativen und konditionellen Fähigkeiten gemacht werden. Für die Ergebnisse des Münchner Fitnesstests, aber auch des Sechs-Minuten-Laufs wurde zum ersten Messzeitpunkt eine Unterschieds- Tabelle 1: Anthropometrische Daten zum ersten Messzeitpunkt (M = Mittelwert, SD = Standardabweichung, Min = Minimum, Max = Maximum) Messgrößen aktive Gruppe Kontrollgruppe Geschlecht N m / w 6 / 10 m / w 11 / 5 Alter (Jahre) M SD Min Max 8,56 0,51 89 8,81 0,66 8 10 Größe (cm) M SD Min Max 138,44 5,27 128,0 149,0 137,31 4,27 131,0 148,0 Gewicht (kg) M SD Min Max 36,88 9,72 23,50 56,80 35,24 7,03 28,10 55,00 BMI (kg/ m 2 ) M SD Min Max 19,10 4,23 14,34 26,00 18,59 2,83 14,34 25,11 Steinsiek, Riedel - Auswirkungen eines an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes ... mup 4|2016 | 155 prüfung zwischen der aktiven Gruppe und der Kontrollgruppe basierend auf den T-Werten bzw. Z-Werten vorgenommen. Die Unterschiedsprüfung mittels des t-Tests für unabhängige Stichproben auf Basis der T-Werte verzeichnet hinsichtlich des Münchner Fitnesstests keine signifikanten Unterschiede. Auch bei der Testaufgabe des Sechs-Minuten-Laufs konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Zur Überprüfung der Effektivität der zehnwöchigen Intervention wurde der t-Test für gepaarte Stichproben eingesetzt. Dieser ermöglicht eine Überprüfung von Veränderungen innerhalb der Gruppen vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt. Im Prä-Test erreicht die aktive Gruppe im Münchner Fitnesstest im Mittel einen Gesamtwert von 43,74, im Post-Test einen Gesamtwert von 48,64. Diese Veränderung erweist sich als hochsignifikant (p=0,000). Im Gegensatz dazu können bei der Kontrollgruppe bei einer Veränderung von 45,39 auf 46,54 keine signifikanten Unterschiede (p=0,296) nachgewiesen werden. Die Gesamtergebnisse im Prä-Test sowohl der aktiven Gruppe als auch der Kontrollgruppe können mit Hilfe der Beurteilungsskala mit „ausreichend“ bewertet werden. Beim Sechs-Minuten-Lauf, der der Überprüfung der aeroben Ausdauer beim Laufen dient, absolvierte die aktive Gruppe im Prä-Test im Mittel eine Strecke von 879,75 m, wohingegen im Post-Test durchschnittlich eine Strecke von 957,50 m zurückgelegt wurde. Der t-Test für gepaarte Stichproben verzeichnet hinsichtlich dieser Testwerte einen hochsignifikanten Unterschied (p=0,000). Die Kontrollgruppe legte beim ersten Messzeitpunkt eine Strecke von 986,00 m und beim zweiten Messzeitpunkt 989,06 m zurück. Hier können keine signifikanten Veränderungen (p=0,914) dokumentiert werden (Abb. 2). Diskussion und Zusammenfassung Die durchgeführte Studie kommt ebenfalls wie bereits Rusch / Irrgang 2002, Schlicht/ Brand 2007, Bös u. a. 2008 und WIAD 2008 zu dem Ergebnis, dass die Entwicklung der motorischen Leistungsfähigkeit in einigen Bereichen Defizite und somit Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigt. Die Gesamtergebnisse des Münchner Fitnesstests lassen im Prä-Test sowohl bei der aktiven Gruppe als auch der Kontrollgruppe lediglich eine „ausreichende“ Bewertung zu. Im Sechs-Minuten- Lauf erweist sich die Ausdauerleistungsfähigkeit im Prä-Test der Kinder der aktiven Gruppe als „unterdurchschnittlich“ und die der Kontrollgruppenkinder als „durchschnittlich“. Die vorliegende Studie macht deutlich, dass ein zehnwöchiges, an Vielseitigkeit orientiertes Votigierangebot zu einer Verbesserung der motorischen Leistungsfähigkeiten führen kann. Die Abb. 1: Prä-Post-Vergleich MFT Gesamtwert Abb. 2: Prä-Post-Vergleich Subtest „Sechs-Minuten-Lauf“ 50 40 30 20 10 0 Prä-Test Post-Test Prä-Post-Vergleich MFT Gesamt T-Wert aktive Gruppe * * Kontrollgruppe n. s. 43,74 45,39 48,64 46,54 1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 Prä-Test Post-Test Prä-Post-Vergleich Sechs-Minuten-Lauf Strecke in m aktive Gruppe * * Kontrollgruppe n. s. 879,75 986 957,5 989,06 156 | mup 4|2016 Steinsiek, Riedel - Auswirkungen eines an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes ... Veränderung des Gesamtwertes des Münchner Fitnesstests erweist sich als hochsignifikant. Ebenfalls lassen sich hochsignifikante Unterschiede bei der aktiven Gruppe im Prä-Post-Vergleich im Sechs-Minuten-Lauf feststellen. Der Voltigiersport ist durch ein breites Spektrum von koordinativ anspruchsvollen Übungen gekennzeichnet. Die Verbesserung der motorischen Leistungsfähigkeit lässt sich durch die vielseitige Ausführung voltigierspezifischer Übungen und dem damit verbundenen Förderpotential begründen. Die Verbesserung der Ausdauerfähigkeit kann mit den regelmäßig durchgeführten Laufspielen mit und am Pferd in Verbindung gebracht werden. In jeder Voltigierstunde diente ein Laufspiel der körperlichen Erwärmung sowie der Einstimmung auf die Stunde. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl die technikzentrierten Voltigierübungen als auch ein vielseitiges, variantenreiches und durch Spiele geprägtes Voltigierprogramm insbesondere die Ausbildung der sportmotorischen Leistungsfähigkeit sowie die aerobe Ausdauerfähigkeit ansprechen. Dieser Gesichtspunkt spricht für eine Umsetzung der hier vorgestellten Maßnahme mit Kindern im Grundschulalter, da sich insbesondere die koordinativen Fähigkeiten in dieser Lebensphase nicht nur gut entwickeln, sondern auch gut trainierbar sind. Darüber hinaus können die konditionellen Fähigkeiten neben der zentralen Koordinationsschulung durch unterschiedliche Übungen und Spiele mitgeschult werden. Der Voltigiersport ermöglicht ein abwechslungsreiches Sammeln von Bewegungserfahrungen und eine motorische Grundausbildung (Steinsiek / Riedel 2013). Weiterhin spricht der Voltigiersport die ganzheitliche Entwicklung der Heranwachsenden an. Neben den physischen Auswirkungen kann das Voltigieren positive Effekte auf die psychische, soziale sowie auf die Persönlichkeitsentwicklung haben. Das Besondere der Sportart ist durch die Zusammenarbeit mit dem Pferd gegeben. Die Bewegungen des Pferdes liefern nicht nur besondere Impulse für die Ausbildung motorischer Fähigkeiten, sondern das Pferd verfügt ebenso über einen hohen motivationalen Anreiz, der die Kinder zur Aktivität auffordert. Die spielerische, kindgerechte Umsetzung entspricht dem natürlichen Spiel- und Bewegungsdrang der Grundschulkinder und stellt eine abwechslungsreiche, alternative Möglichkeit des Spiel- und Sportangebots des Offenen Ganztags mit der Intention einer motorischen Förderung dar. Ziel der Studie war es, neben der Untersuchung der Effektivität des Voltigierens eine vermehrte Integration des Voltigiersports in die Schulstruktur des Offenen Ganztags an Grundschulen anzuregen. Literatur ■ Aschenbrock, H., Pack, R.-P. (2011): Strukturelle und konzeptionelle Grundlagen für Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagsschule. In: Naul, R. (Hrsg.): Bewegung, Spiel & Sport in der Ganztagsschule. Bilanz und Perspektiven. Meyer & Meyer, Aachen, 14-29 ■ Bös, K. (2009): Deutscher Motorik Test 6-18 (DMT 6-18). Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft. Czwalina, Hamburg ■ Bös, K. (2003): Motorische Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen. In: Schmidt, W., Hartmann-Tews, I., Brettschneider, W.-D. (Hrsg.): Erster Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht. 2. Aufl., Hofmann, Schorndorf, 85-107 ■ Bös, K., Heel, J., Romhan, N., Tittlbach, S., Woll, A., Worth, A., Hölling, H. (2002): Untersuchungen zur Motorik im Rahmen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys. In: Gesundheitswesen, 64, Sonderheft 1, 80-87, http: / / dx.doi. org/ 10.1055/ s-2002-39225 ■ Bös, K., Oberger, J., Lämmle, L., Opper, E., Romahn, N., Tittlbach, S., Wagner, M., Woll, A., Worth, A. (2008): Motorische Leistungsfähigkeit. In: Schmidt, W. (Hrsg.): Zweiter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht. Schwerpunkt: Kindheit. Hofmann, Schorndorf, 137-157 ■ Naul, R. (2009): Die Ganztagsschule. In: Schmidt, W. (Hrsg.): Zweiter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht. Schwerpunkt: Kindheit. 2. überarb. Aufl. Hofmann, 319-335 ■ Ringbeck, B. (1995): Psychomotorisch orientierte Förderung durch heilpädagogisches Voltigieren. In: Deutsches Kuratorium für Steinsiek, Riedel - Auswirkungen eines an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes ... mup 4|2016 | 157 Therapeutisches Reiten (Hrsg.): Heilpädagogisches Voltigieren und Reiten in pädagogischen Handlungsfeldern. Sonderheft 1995. FN, Warendorf, 22-25 ■ Rusch, H., Irrgang, W. (2005): Münchner- Fitnesstest (MFT). Neue Normierungstabelle. In: www.sportunterricht.de/ mft/ mft-daten05.pdf, 20.06.2016 ■ Rusch, H., Irrgang, W. (2002): Aufschwung oder Abschwung? Verändert sich die körperliche Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen oder nicht? Haltung und Bewegung 22, 5-10 ■ Schlicht, W., Brand, R. (2007): Körperliche Aktivität, Sport und Gesundheit. Eine interdisziplinäre Einführung. Juventa, München ■ Schmelt, D., Hoffmann, D., Naul, R. (2011): Bewegungsbildung und Gesundheitsförderung in der Ganztagsschule. In: Naul, R. (Hrsg.): Bewegung, Spiel & Sport in der Ganztagsschule. Bilanz und Perspektiven. Meyer & Meyer, Aachen, 115-132 ■ Schmidt, W. (Hrsg.) (2008): Zweiter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht. Schwerpunkt: Kindheit. Hofmann, Schorndorf ■ Schmidt, W., Hartmann-Tews, I., Brettschneider, W.-D. (Hrsg.) (2006): Erster Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht. 2. Aufl. Hofmann, Schorndorf ■ Starker, A., Lampert, T., Worth, A., Oberger, J., Kahl, H., Bös, K. (2007): Motorische Leistungsfähigkeit. Ergebnisse der Kinder- und Jugendgesundheitssurveys. In: Bundesgesundheitsblatt 50 (5 / 6), 775-783, http: / / dx.doi.org/ 10.1007/ s00103-007-0240-8 ■ Steinsiek, L., Riedel, M. (2013): Fördermöglichkeiten der koordinativen Fähigkeiten durch das Voltigieren im Rahmen des Grundschulsports. mensch & pferd international 3, 125-137, http: / / dx.doi.org/ 10.2378/ mup2013.art06d ■ WIAD (2008). Fit sein macht Schule. Erfolgreiche Bewegungskonzepte für Kinder und Jugendliche. Deutscher Ärzteverlag, Köln Die Autorinnen Lea Steinsiek MA Kernfach Sport und Komplementfach Germanistik, Trainer B Voltigieren. Dr. Meike Riedel Wiss. Angestellte am Institut für Sport und Sportwissenschaft an der TU-Dortmund, Schriftleitung der „mensch & pferd international“, 1. Vorsitzende des Ausschusses Breitensport des Pferdesportverbandes Westfalens, Trainer C Voltigieren. Anschriften Lea Steinsiek · Roseggerstr. 67 · D-44137 Dortmund leasteinsiek@web.de Dr. Meike Riedel · TU-Dortmund · Institut für Sport und Sportwissenschaft · Otto-Hahn-Str. 3 · D-44227 Dortmund meike.riedel@tu-dortmund.de oder mup-schriftleitung@gmx.net
