eJournals mensch & pferd international 9/2

mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2017
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Praxistipp: Gedächtnisspiel nach dem "Memorysystem" in der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd

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2017
Stephanie Hühner
Henrike Struck
In diesem Praxistipp wird ein Gedächtnisspiel in Form eines Memorys vorgestellt. Das Spiel wurde in einer Arbeitsgruppe der Werkstätten der AWO Dortmund gemeinsam mit Mitarbeitern mit Behinderungen hergestellt und im Zentrum für Therapeutisches Reiten Lünen, das zu den Werkstätten gehört, erprobt. Das Prinzip eines Memoryspiels ist den meisten Kindern und Erwachsenen bekannt, sodass der Einsatz dieses Mediums meist ohne große Erklärungen oder vorheriges Training erfolgen kann. Daher ist es in der heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd vielseitig nutzbar.
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70 | mup 2|2017|70-72|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378 / mup2017.art12d Stephanie Hühner, Henrike Struck Praxistipp Gedächtnisspiel nach dem „Memorysystem“ in der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd In diesem Praxistipp wird ein Gedächtnisspiel in Form eines Memorys vorgestellt. Das Spiel wurde in einer Arbeitsgruppe der Werkstätten der AWO Dortmund gemeinsam mit Mitarbeitern mit Behinderungen hergestellt und im Zentrum für Therapeutisches Reiten Lünen, das zu den Werkstätten gehört, erprobt. Das Prinzip eines Memoryspiels ist den meisten Kindern und Erwachsenen bekannt, sodass der Einsatz dieses Mediums meist ohne große Erklärungen oder vorheriges Training erfolgen kann. Daher ist es in der heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd vielseitig nutzbar. Gedächtnisspiele werden in der heilpädagogischen Förderung auch ohne Pferd verbreitet eingesetzt. Förderbereiche wie Sprache, Konzentration und Gedächtnis, aber auch die Frustrationstoleranz und das Einhalten von Regeln können damit geschult werden. In der Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd werden darüber hinaus die Raumorientierung und motorische Bereiche wie Beweglichkeit und Gleichgewicht gefördert, wenn zum Erreichen der Kärtchen Bewegung im Raum, Gewichtsverlagerungen zum Ergreifen der Karten oder auch das Auf- und Absteigen zum Umdrehen einzelner Symbole vorausgesetzt ist. Attraktiv wird der Einsatz dieses Materials auch dadurch, das es möglich ist, ein stabiles, reithallengerechtes Kartenset einfach und kostengünstig selber zu basteln und individuell zu gestalten. Aufgrund der einfachen Herstellung bietet es sich beispielsweise an, die Karten in Projekten wie Ferienspielen mit Kindern selbst anzufertigen. Hier können die Kinder selbst Symbole auswählen und der Aufforderungscharakter des Materials kann dann dadurch erhöht werden, dass er sich an den aktuellen Themen der Kinder orientiert. Benötigtes Material ■ zwei Vollholz- oder Pressspanplatten pro Pärchen ■ Schleifpapier ■ Lackfarbe ■ Fototransfer-Kleber ■ Papier und Drucker ■ ein Allzwecktuch ■ Klarlack Die Herstellung Pro Pärchen werden zwei Platten benötigt. Zu empfehlen sind vier bis zehn Pärchen. Die Vollholz- oder Pressspanplatten können in beliebigen Größen in einem Baumarkt zugeschnitten werden. Bewährt hat sich eine Größe von 20x20 cm, sodass die Symbole vom Pferd aus noch gut erkennbar sind. Bei Teilnehmern mit Sehbehinderungen kann evtl. noch ein größeres Format gewählt werden. Praxistipp: Hühner, Struck - Gedächtnisspiel nach dem „Memorysystem“… mup 2|2017 | 71 Stephanie Hühner, Henrike Struck Das Holz gibt es in unterschiedlichen Stärken, es bietet sich an, mindestens acht Millimeter dicke Platten zu nehmen. So können sie nicht allzu schnell beschädigt oder zerbrochen werden und halten auch, wenn mal ein Pferd dagegen tritt oder eines der Kinder darüber rennt. Um die Verletzungsgefahr gering zu halten, sollten die Ecken und Kanten abgeschliffen werden. Empfohlen wird, die Platten für eine verlängerte Haltbarkeit zu lackieren. Am besten mit einer hellen Farbe, damit die Bilder später gut erkennbar sind. Das gewünschte Bild oder Symbol muss mit einem Laserdrucker auf Papier gedruckt werden. Ein Tintenstrahldrucker ist für das Transferieren nicht geeignet, da die Farbe ansonsten während der weiteren Verarbeitung verschmieren würde. Das ausgedruckte Bild grob ausschneiden und mit Fototransfer-Kleber bestreichen, der im Bastelladen oder Internet erhältlich ist. Falls die Bilder durch Schrift ergänzt werden, muss diese im Druck gespiegelt werden. Das Bild mittig aufkleben und mit einem Tuch feststreichen. Der Kleber muss für den Transfer gut durchtrocknen, dies kann mehrere Stunden dauern. Mittels Föhnen oder Heizung kann der Trocknungsprozess beschleunigt werden. Nach der Trocknung ein Tuch anfeuchten und das Papier vorsichtig abrubbeln, solange, bis keine Papierschicht mehr vorhanden ist. Es erscheint das Bild auf den Holzplatten. Damit es sich durch den Gebrauch nicht zu schnell abnutzt, wird empfohlen, mit einem Klarlack über die Bilder zu streichen. So behandelt, ist das Spiel auch relativ wasserfest und kann abgewischt oder auch im Freien oder auf dem Außenplatz genutzt werden. Umsetzungsbeispiele für die Einzelförderung In der Einzelförderung kann das Gedächtnisspiel in verschiedenen Varianten genutzt werden. Die eingesetzte Variante ist abhängig von dem Niveau der Klienten. Der Klient wird entweder von Karte zu Karte geführt oder reitet selbstständig zu den gewünschten Karten, welche entweder in einem Zirkel oder der ganzen Halle verteilt liegen. Bei der ersten Variante wird der Klient beispielsweise in einem Zirkel um die Karten herumgeführt und muss sich beim Vorbeigehen durch ein Signal wie „Stopp“ das Halten erarbeiten. Zwei Karten werden auf diesem Weg umgedreht und geguckt, 72 | mup 2|2017 Praxistipp: Hühner, Struck - Gedächtnisspiel nach dem „Memorysystem“… ob sie ein Pärchen ergeben. Ist dies der Fall, kann dem Klienten eine Wunschübung angeboten werden, dies stellt einen Anreiz für die Mitarbeit dar. Ergeben die beiden Karten kein Pärchen, ist der Pädagoge an der Reihe. Dreht dieser ein passendes Pärchen um, kann auch er eine Aufgabe stellen. So werden die Karten immer im Wechsel umgedreht. Am Ende kann ein Vergleich stattfinden, indem geschaut wird, wer sich wie viele Pärchen erarbeitet hat. Die zweite Variante unterscheidet sich, indem der Klient eigenständig zu den jeweiligen Karten reitet und an der gewünschten Karte anhält. Der Rest kann wie oben beschrieben übernommen werden. Umsetzungsbeispiele in der Gruppenförderung Voltigieren Die Karten werden in einem großen Zirkel verteilt, sodass das Pferd innen daran vorbeilaufen kann. Der Voltigierer auf dem Pferd sollte höchstens vier Karten umdrehen und danach gewechselt werden, damit den weiteren Gruppenmitgliedern nicht langweilig wird. Zudem sollten diese mit in das Spiel eingebunden werden, indem sie die gewünschten Karten auf- und zudecken. Bei einem Pärchen kann beim Voltigieren den Klienten eine Runde Trab, Galopp oder eine Wunschübung angeboten werden. Abhängig ist dieses immer von der jeweiligen Gruppe, bei einigen wird keine Belohnung für das Finden eines Pärchens benötigt. Alleine die Belohnung durch die Anzahl der Pärchen reicht oft aus. Umsetzungsbeispiele in der Gruppenförderung Reiten Bei Reitgruppen kann das Memory gut für Absprachen genutzt werden. Die Klienten sollten eine Abteilung bilden, um einen besseren Überblick zu nutzen. Sie können dann absprechen, was sich derjenige erarbeiten kann, wenn ein Pärchen gefunden wurde. Auch hier kann eine Runde Trab oder Galopp angeboten werden. So kann das Memory auch während des Warmreitens genutzt und alles Erarbeitete kann in der Arbeitsphase umgesetzt werden. Das Spiel kann hier auch mit wenigen Pärchen als eine Station während eines Parcours aufgebaut werden. Die Klienten müssen zum Beispiel erst zwei Pärchen finden, um die nächste Station anreiten zu dürfen. Fazit Gedächtnisspiele mit Bildkarten bieten vielfältige Einsatzmöglichkeiten und können bei eigener Herstellung mit den Klienten gemeinsam auch individuell gestaltet werden. Da das Prinzip meist bekannt ist, können die Teilnehmer auch eigene Ideen für Spielvarianten entwickeln und einbringen. Falls die Zeit zum Basteln mal nicht reicht können die Karten mit Wunschsymbolen auch unter info@uk-büro-dortmund.de bestellt werden. Stephanie Hühner Dipl. Pädagogin, Reit- und Voltigierpädagogin (DKThR), Gruppenleitung in der Gruppe für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen der Werkstätten der AWO Dortmund GmbH. Henrike Struck Sonderpädagogin, Reitpädagogin DKThR, Schriftleitung „mensch & pferd“, Lehrbeauftragte (u. a. DKThR, TU Dortmund), Leitung Zentrum für Therapeutisches Reiten der Werkstätten der AWO Dortmund. Anschriften Stephanie Hühner · Erbstollenstr.17 · D-58454 Witten steffi.huehner@gmail.com Henrike Struck · Zentrum für Therapeutisches Reiten der Werkstätten der AWO Dortmund GmbH · Bahnstr. 95 D-44532 Lünen · h.struck@awo-reiterhof.de Die Autorinnen