eJournals mensch & pferd international 9/1

mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/mup2017.art03d
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2017
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HippoKids - ein gesundheitsorientiertes Bewegungs- und Ernährungsprogramm für Kinder mit Übergewicht

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2017
Meike Riedel
Nina Ludwig
Jennifer Kukuk
Bewegungsförderung und Ernährungsberatung gehören mit zu den Hauptsäulen in der Prävention und Therapie von Übergewicht. Bewegungsprogramme mit und auf dem Pferd eignen sich insbesondere für Kinder mit Übergewicht, um motiviert körperlich aktiv zu werden. Ziel der vorliegenden Interventionsstudie war es, sowohl das eigens konzipierte kombinierte Ernährungs- und Bewegungsprogramm mit und auf dem Pferd für Kinder mit Übergewicht zu testen als auch hinsichtlich der motorischen Leistungsfähigkeit zu evaluieren.
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16 | mup 1|2017|16-23|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378 / mup2017.art03d Meike Riedel, Nina Ludwig, Jennifer Kukuk Schlüsselbegriffe: Bewegungsförderung mit Pferd, Übergewicht, motorische Leistungsfähigkeit, Ernährungsberatung HippoKids - ein gesundheitsorientiertes Bewegungs- und Ernährungsprogramm für Kinder mit Übergewicht Bewegungsförderung und Ernährungsberatung gehören mit zu den Hauptsäulen in der Prävention und Therapie von Übergewicht. Bewegungsprogramme mit und auf dem Pferd eignen sich insbesondere für Kinder mit Übergewicht, um motiviert körperlich aktiv zu werden. Ziel der vorliegenden Interventionsstudie war es, sowohl das eigens konzipierte kombinierte Ernährungs- und Bewegungsprogramm mit und auf dem Pferd für Kinder mit Übergewicht zu testen als auch hinsichtlich der motorischen Leistungsfähigkeit zu evaluieren. Riedel, Ludwig, Kukuk - HippoKids - ein gesundheitsorientiertes Bewegungs- und Ernährungsprogramm mup 1|2017 | 17 Immer mehr Kinder sind heutzutage von Bewegungsmangel und Übergewicht betroffen. In Deutschland gelten derzeit 15 % der Kinder zwischen drei und siebzehn Jahren als übergewichtig (Kurth / Schaffrath Rosario 2010, 643). Übergewicht entsteht infolge einer positiven Energiebilanz, bei der die betroffenen Kinder mehr Energie aufnehmen als sie verbrauchen. Die Ursachen für kindliches Übergewicht sind vielfältig und haben oftmals ihren Ursprung in der veränderten Lebens- und Bewegungswelt der Kinder. Neben einem übermäßigen Nahrungsangebot und dem starken Anstieg des Medienkonsums sind in diesem Zusammenhang auch die Technisierung des Alltags, der Wegfall von Bewegungsräumen sowie eine zunehmende Urbanisierung zu nennen. Hierdurch kommt es zu einer Abnahme der körperlichen Aktivität der Kinder. Daraus entsteht schon bei den Kindern ein Bewegungsmangel und häufig bereits Übergewicht. Neben psychischen Folgen wie einem negativen Selbstkonzept, ist besonders die motorische Leistungsfähigkeit der betroffenen Kinder vermindert. Dies hat weitreichende Auswirkungen auf das Bewegungs-, Spiel- und Sportverhalten der Kinder. Körperliche Aktivität und Sport stehen bei den betroffenen Kindern oft in Zusammenhang mit Misserfolg und Versagensängsten. Hierdurch verlieren sie häufig die Freude an der Bewegung und entwickeln ein Bewegungsvermeidungsverhalten. Aus diesem Grund sollten neben der Erhöhung der körperlichen Aktivität besonders die Steigerung der Motivation zur Bewegung und die Bewegungsfreude bei Kindern mit Übergewicht im Vordergrund stehen. Methode Untersuchungsablauf An der Studie nahmen 13 Kinder im Alter von sieben bis zehn Jahren teil, die keine Vorerfahrungen im Reit- oder Voltigiersport aufwiesen. Die Drop-out-Quote der Kinder lag bei 0 %. Die Kinder absolvierten an 19 Terminen jeweils 1,5 Stunden lang ein Bewegungsprogramm mit und auf dem Pferd sowie zusätzlich fünf Ernährungsberatungstermine. Darüber hinaus erläuterte eine Ernährungsberaterin an einem Termin den Eltern die Inhalte des Ernährungsprogramms und führte diese in die grundlegenden Ernährungsrichtlinien ein. Ein gesundes Essen, welches zusammen mit den Eltern, den Kindern und der Ernährungsberaterin vorbereitet wurde, stellte den Abschluss des Projektes dar. Ziel der Studie war es, die Auswirkungen eines eigens konzipierten vielseitigen und variantenreichen Bewegungsprogramms mit und auf dem Pferd auf die motorische Leistungsfähigkeit von Kindern mit Übergewicht zu dokumentieren. Messgrößen Folgende Messgrößen wurden bei der vorliegenden Studie erhoben: I. Anthropometrische Daten ■ Alter (Jahre) ■ Größe (cm) ■ Gewicht (kg) ■ Body-Mass-Index (kg / m 2 ) nach Perzentilkurven von Kromeyer-Hauschild (2005) II. Motorik-Test für Nordrhein-Westfalen Testaufgabe Getestete motorische Fähigkeit Primär beanspruchte Muskulatur 20 m-Sprint (sec) Schnelligkeit → Aktionsschnelligkeit untere Extremitäten Standweitsprung (cm) Kraft → Schnellkraft untere Extremitäten Sit-ups (Anzahl in 40 sec) Kraft → Kraftausdauer Rumpfmuskulatur Liegestütz (Anzahl in 40 sec) Kraft → Kraftausdauer obere Extremitäten 18 | mup 1|2017 Riedel, Ludwig, Kukuk - HippoKids - ein gesundheitsorientiertes Bewegungs- und Ernährungsprogramm seitliches Hin- und Herspringen (Anzahl in 15 sec) Koordination → Koordination unter Zeitdruck untere Extremitäten Balancieren rückwärts (Anzahl der Schritte) Koordination → Koordination bei Präzisionsaufgaben Ganzkörper Rumpfbeuge (cm) Beweglichkeit rückwärtige Muskulatur 6-min-Lauf (m) Ausdauer → Aerobe Ausdauer untere Extremitäten, Herz- Kreislauf- System Ermittlung eines motorischen Gesamtwerts Mithilfe dieses Tests lassen sich Aussagen zur körperlichen Leistungsfähigkeit machen. Hierbei ist eine Auswertung auf zwei Ebenen möglich: 1. die Auswertung der Einzeltests, um differenziert Stärken und Schwächen zu ermitteln; 2. die Ermittlung eines Gesamtwerts, der einen ersten Eindruck über die Leistungsfähigkeit eines Kindes oder Jugendlichen gibt (Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen 2014, 5). Die Einzeltests lassen sich alters- und geschlechtsspezifisch auswerten. Sowohl die Einzeltests als auch der Gesamtwert lassen sich anhand der Punktewerte (1 bis 5) wie folgt klassifizieren: Bewertung weit überdurchschnittlich (5 Punkte) überdurchschnittlich (4 Punkte) durchschnittlich (3 Punkte) unterdurchschnittlich (2 Punkte) weit unterdurchschnittlich (1 Punkt) Versuchsdurchführung Die anthropometrischen Daten sind zu Beginn der Studie erhoben worden. Der Motorik-Test für NRW ist zu Beginn, nach 12 und nach 19 Terminen durchgeführt worden. Bewegungsprogramm mit und auf dem Pferd Kinder mit Übergewicht weisen besonders in den Bereichen Ausdauer, Koordination und Kraft schlechtere Leistungen auf als normalgewichtige Kinder. Aus diesem Grund beinhaltet das Bewegungsproramm mit und auf dem Pferd Spiele und Übungen zu den gerade genannten Fähigkeiten in besonderem Maße. Durch das Medium Pferd sollen die Motivation gesteigert und die Kinder zu mehr Bewegungsfreude animiert werden. Für das Übungsprogramm wurde der Voltigiersport als Basis herangezogen, da er im besonderen Maße zur Förderung der koordinativen und konditionellen Fähigkeiten beitragen kann (Deutsche Reiterliche Vereinigung 2013, 146; Steinsiek / Riedel 2016; Steinsiek / Riedel 2013). Die Kombination aus sportlicher Betätigung und dem sozialen Kontakt mit dem Pferd macht die Besonderheit des Voltigierens aus. „Durch das Üben in einer Gruppe werden Gemeinschaftssinn, Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme gefördert (Rieder 2002, 13). Durch ergänzende Übungs- und Spielformen mit und ohne Pferd können entstehende Wartezeiten genutzt und motorische Fähigkeiten weiter verbessert werden. Durch eine zielorientierte und strukturierte Unterrichtsgestaltung bietet der Voltigiersport sowohl im Bereich seiner vielfältigen Übungselemente auf dem Pferd, im Rahmen von Spielen mit dem Pferd als auch im Rahmen von Übungen ohne Pferd ein breites Spektrum von Fördermöglichkeiten der motorischen Fähigkeiten (Deutsche Reiterliche Vereinigung 2013, 146). Weiterhin regt die spielerische Arbeit mit dem Lebewesen Pferd den Bewegungsdrang von Kindern an und „motiviert zum Sich-Bewegen, Üben und Mitspielen“ (Rosemann 2006, 71). Der Voltigiersport bietet darüber hinaus die Möglichkeit einer umfangreichen Bewegungsschulung und -erziehung. Im Kontext des verwendeten Bewegungsprogramms wird auf breitensportliche, spielerische und kindgerechte Ausführung des Sports Wert gelegt. Hierbei stehen Spaß und Freude an der Bewegung sowie Riedel, Ludwig, Kukuk - HippoKids - ein gesundheitsorientiertes Bewegungs- und Ernährungsprogramm mup 1|2017 | 19 eine abwechslungsreiche Grundlagenausbildung im Vordergrund. Datenverarbeitung Die erhobenen Daten wurden mittels des Programms SPSS für Windows verarbeitet. Die Unterschiedsprüfungen erfolgten anhand der einfaktoriellen Varianzanalyse mit Post-hoc-Test mit Bonferroni-Korrektur. Das Signifikanzniveau wurde mit p≤0,05 als signifikant und p≤0,01 als hochsignifikant festgelegt. Ergebnisse Personenstichprobe An der Studie nahmen dreizehn Kinder (10 Mädchen, 3 Jungen) im Alter von 7 bis 10 Jahren (MW 9,1 + / − 1,12 Jahre) teil. Die Mädchen sind im Mittel 54,7 kg (+ / − 19,4) schwer und 1,47 m (+ / − 0,11) groß. Die Jungen sind im Mittel 54 kg (+ / −0,9) schwer und 1,45 m (+ / − 0,11) groß. Der mittlere BMI der Mädchen beträgt 25,8 (+ / − 5,28) und der der Jungen 24,1 (+ / − 0,56). Bei den Mädchen sind laut den Perzentilkurven nach Kromeyer-Hauschild (2005) 3 Mädchen von Übergewicht und 7 Mädchen von starkem Übergewicht betroffen. Bei den Jungen gelten 2 als übergewichtig und 1 Junge als stark übergewichtig. Motorischer Test für NRW Die folgenden Abbildungen zeigen die Leistungen in den acht Einzeltests an den drei Messzeitpunkten sowie den Gesamtbeurteilungswert. Der mittlere Gesamtwert weist bei den Kindern zum ersten Messzeitpunkt mit 15,2 Punkten eine „weit unterdurchschnittliche Leistungsfähigkeit“ und zum zweiten Messzeitpunkt (17,9 Punkte) und dritten Messzeitpunkt (20,6 Punkte) jeweils eine „unterdurchschnittliche Leistungsfähigkeit“ auf. Mithilfe einer einfaktoriellen Varianzanalyse konnten vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt signifikante Unterschiede, vom zweiten zum dritten Messzeitpunkt und vom ersten zum dritten Messzeit- 6 5,5 5 4,5 4 3,5 20-m-Sprint (sec.) 5,29 sec. (+/ − 1,04) 5,11 sec. (+/ − 0,93) 4,95 sec. (+/ − 0,84) * * (p=0,002) Test 1 Test 2 Test 3 (p=0,057) * (p=0,036) 115 110 105 100 95 90 85 80 11 10 9 8 7 6 5 Standweitsprung Sit ups (cm) (Anzahl) 99,4 cm (+/ − 21,85) 7 Ausf. (+/ − 5,07) 103,6 cm (+/ − 22,78) 8 Ausf. (+/ − 5,69) 109,7 cm (+/ − 23,44) 9,8 Ausf. (+/ − 5,88) * * (p=0,001) * * (p=0,000) Test 1 Test 1 Test 2 Test 2 Test 3 Test 3 * *(p=0,003) (p=0,092) * *(p=0,002) * *(p=0,000) Abb. 1: 20-m-Sprint Abb. 3: Sit ups Abb. 2: Standweitsprung 20 | mup 1|2017 Riedel, Ludwig, Kukuk - HippoKids - ein gesundheitsorientiertes Bewegungs- und Ernährungsprogramm 14 13 12 11 1098765 Liegestütz (Anzahl) 9,9 Ausf. (+/ − 3,68) 11,5 Ausf. (+/ − 3,4) 12,4 Ausf. (+/ − 3,71) * * (p=0,000) Test 1 Test 2 Test 3 ** (p=0,002) **(p=0,007) 34 32 30 28 26 24 22 20 18 Seitliches Hin- und Herspringen (Sprünge) 24,3 Sprünge (+/ − 6,3) 27,7 Sprünge (+/ − 7,4) 30,1 Sprünge (+/ − 7,6) * * (p=0,000) Test 1 Test 2 Test 3 ** (p=0,001) **(p=0,000) 34 32 30 28 26 24 22 20 18 Balancieren rückwärts (Schritte) 24,9 Schritte (+/ − 11,47) 27,2 Schritte (+/ − 12,32) 30,2 Schritte (+/ − 11,5) * * (p=0,000) Test 1 Test 2 Test 3 * (p=0,034) **(p=0,000) punkt hochsignifikante Unterschiede nachgewiesen werden (vgl. Abb. 9). Die Auswertung der Einzeltests „20-m-Sprint“, „Standweitsprung“, „Sit-ups“ und „6-min-Lauf“, die die Fähigkeiten Schnelligkeit, Kraftausdauer der unteren Extremitäten, Kraftausdauer der Rumpfmuskulatur und aerobe Ausdauer messen, ergab jeweils für alle drei Messzeitpunkte im Mittel eine „weit unterdurchschnittliche Leistung“. Jedoch konnten innerhalb des Bereichs der „weit unterdurchschnittlichen Leistung“ Verbesserungen erzielt werden, bei denen sich z. T. auch signifikante und hochsignifikante Unterschiede zeigen (vgl. Abb. 1, 2, 3 und 8). Bei den Testaufgaben „Balancieren rückwärts“ (Ganzkörperkoordination) und „Rumpfbeuge“ (Beweglichkeit der rückwärtigen Muskulatur) erreichten die Kinder jeweils zum ersten und zweiten Messzeitpunkt eine „unterdurchschnittliche Leistung“, die sich dann zum dritten Messzeitpunkt hochsignifikant zu den beiden vorherigen Messzeitpunkten unterschied und als „durchschnittlich“ klassifiziert werden konnte (vgl. Abb. 6 und 7). Der mittlere Gesamtwert der Testaufgabe „Liegestütz“ (Kraftausdauer der oberen Extremitäten) weist beim ersten Messzeitpunkt eine „unterdurchschnittliche Leistung “ und beim zweiten und dritten Messzeitpunkt eine „durchschnittliche Leistung “ auf. Auch hier konnten jeweils zwischen allen Messzeitpunkten hochsignifikante Unterschiede nachgewiesen werden (vgl. Abb. 4). Ebenso konnten bei der Testaufgabe „Seitliches Hin- und Herspringen“ (Koordination unter Zeitdruck) zwischen allen drei Messzeitpunkten signifikante Unterschiede nachgewiesen werden. Die erbrachte mittlere Leistungsfähigkeit konnte zum ersten und zweiten Messzeitpunkt als „durchschnittlich“ und zum dritten Messzeitpunkt sogar als „überdurchschnittlich“ bewertet werden (vgl. Abb. 5). Abb. 5: Seitliches Hin- und Herspringen Abb. 4: Liegestütz Abb. 6: Balancieren rückwärts Riedel, Ludwig, Kukuk - HippoKids - ein gesundheitsorientiertes Bewegungs- und Ernährungsprogramm mup 1|2017 | 21 Diskussion In einer Zeit, die in hohem Maße durch Inaktivität charakterisiert ist, steigt die Bedeutung regelmäßiger organisierter Bewegung für die Gesundheit. Regelmäßige Bewegung ist ein wesentlicher Baustein für die Gesundheitsvorsorge, insbesondere zur Vermeidung von Zivilisationserkrankungen. Vor dem Hintergrund der hohen Anzahl an Kindern, die von Bewegungsmangel betroffen sind, der stetig steigenden Prävalenzraten von Übergewicht im Kindes- und Jugendalter sowie der hohen Wahrscheinlichkeit einer Persistenz von Übergewicht bis ins Erwachsenenalter hinein, wird deutlich, wie wichtig und notwendig geeignete Präventionsprogramme bereits im Kindesalter sind. In der vorliegenden Studie wurde die Wirkungsweise der eigens konzipierten Intervention „HippoKids - ein gesundheitsorientiertes Bewegungs- und Ernährungsprogramm für Kinder mit dem Pferd“ auf die motorische Leistungsfähigkeit von dreizehn Kindern untersucht. Das Programm ist so konzipiert worden, dass es der oftmals defizitär ausgebildeten Ausdauer-, Kraft- und Koordinationsfähigkeit von übergewichtigen Kindern bedarfsgerecht entgegenwirken kann. Speziell die Übungsbelastungen der verschiedenen Übungs- und Spielformen mit und ohne Pferd sind auf die physiologischen und motorischen Voraussetzungen dieser Kinder abgestimmt worden. Als wesentliche Grundsätze der Trainingslehre gelten hierbei für ein Ausdauertraining Übungsformen mit der Dauermethode und Belastungen mit Kurzzeitintervallen, für ein Koordinationstraining vielfältige und variantenreiche Übungsformen und für ein Krafttraining spielimmanente Übungsformen in Zusammenhang mit der koordinativen Schulung sowie der Optimierung der inter- und intramuskulären Koordination. Die Besonderheit dieser Konzeption stellt das Medium Pferd dar, das „wie ein Magnet, Partner und Freund zugleich, Kinder in seinen Bann zieht. Es motiviert und befähigt zu gemeinsamen Handlungen und sportlichen Fähigkeiten (Deutsche Reiterliche Vereinigung 2011, 26). 4 3 2 1 0 −1 −2 −3 Rumpfbeuge (cm) 1,77 cm (+/ − 3,94) 0,23 cm (+/ − 3,27) 1,62 cm (+/ − 2,84) * * (p=0,000) Test 1 Test 2 Test 3 ** (p=0,001) **(p=0,001) 900 850 800 750 700 650 600 550 6-min-Lauf (m) 669,8 m (+/ − 113,6) 739,8 m (+/ − 138,5) 797,5 m (+/ − 138,3) * * (p=0,000) Test 1 Test 2 Test 3 * *(p=0,000) * *(p=0,000) 23 21 19 17 15 13 11975 Gesamtwert (Punktwert) 15,2 (+/ − 3,65) 17,9 (+/ − 5,11) 20,6 (+/ − 4,96) * * (p=0,000) Test 1 Test 2 Test 3 * (p=0,023) **(p=0,001) Abb. 9: Gesamtwert Abb. 7: Rumpfbeuge Abb. 8: 6-min-Lauf 22 | mup 1|2017 Riedel, Ludwig, Kukuk - HippoKids - ein gesundheitsorientiertes Bewegungs- und Ernährungsprogramm Nach den 19 Einheiten (dritter Messzeitpunkt) konnten sowohl bei allen Einzeltests als auch beim Gesamtwert im Vergleich zum ersten Messzeitpunkt hochsignifikante Unterschiede nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse deuten auf eine hohe Trainingswirksamkeit hinsichtlich des konzipierten gesundheitsorientierten Bewegungsprogramms hin. Bei einer längerfristigen Teilnahme an einem solchen Bewegungsprogramm ist davon auszugehen, dass sich die motorische Leistungsfähigkeit der Kinder weiter verbessern dürfte. Eine Erklärung für das kontinuierliche und begeisterte Mitmachen der Kinder bei den verschiedenen Ausdauer-, Kraft- und Koordinationsübungen ist in dem vom Pferd ausgehenden Aufforderungscharakter zu sehen. Es konnte beobachtet werden, dass sich auch die bewegungsängstlichen und bewegungsdemotivierten Kinder den vom Pferd ausgehenden hohen motivationalen Anreizen nicht entziehen konnten und mit Freude und Spaß das Bewegungsprogramm absolvierten. Laut Aussagen der Eltern war es für viele Kinder ein ganz neues Gefühl, bei sportlicher Aktivität keine Ausgrenzung zu erfahren. Kinder, die zuvor andere Sportarten wie Fußball, Handball oder Turnen ausprobiert hatten und dort aufgrund ihres höheren Körpergewichts und ihrer schlechteren motorischen Leistungsfähigkeit oftmals ausgegrenzt und gehänselt wurden, erfuhren in diesem Bewegungsprogramm mit dem Pferd eine hohe Wertschätzung, durch die auch das Selbstbewusstsein gestärkt wurde. Auch die Kombination mit den Ernährungsberatungsterminen sowohl für die Kinder als auch für die Eltern erwies sich als sinnvoll und lohnend. Durch die Erfolgserlebnisse hinsichtlich der sportlichen Aktivität und der Vermittlung von ernährungswissenschaftlichen Grundlagen in Theorie und Praxis konnten erste Anreize für eine gesündere Ernährung und einen bewegungsfreudigeren Lebensstil gegeben werden. Die Kinder sollten lernen, den Zusammenhang zwischen ihrem Ess- und Bewegungsverhalten und ihrem Körpergewicht zu erkennen und Hinweise zur Umstellung ihres Ernährungsverhaltens bekommen. Im Bereich der Bewegung standen die Verbesserung der aeroben Ausdauer sowie die Förderung der Kraft und Koordination im Vordergrund. Des Weiteren sollten die Kinder Spaß an der Bewegung erfahren, um wieder mehr körperliche Aktivität in ihren Bewegungsalltag zu bringen. Es ist jedoch einschränkend darauf hinzuweisen, dass dieses Pilotprojekt insgesamt nur 19 Bewegungseinheiten und fünf Ernährungsberatungstermine für die Kinder sowie einen Ernährungsberatungstermin für die Eltern umfasste. Für die Zukunft wäre es erstrebenswert, dass Kinder mit Übergewicht langfristig an einem solchen Bewegungsprogramm teilnähmen, um neben einer weiteren Steigerung der motorischen Leistungsfähigkeit, auch eine Reduktion des Körpergewichts bzw. des BMIs erreichen zu können. Des Weiteren würde sich bei einer langfristig angelegten Intervention auch eine regelmäßige Ernährungsberatung der Kinder und Eltern anbieten. Bzgl. der Interpretation der Ergebnisse wäre eine Kontrollgruppe wünschenswert gewesen. Für die vorliegende Studie war es jedoch schwierig, überhaupt Kinder zu akquirieren, sodass für das Pilotprojekt auf eine Kontrollgruppe verzichtet wurde. Zusammenfassend betrachtet sprechen die dargestellten Ergebnisse für die Effektivität der Intervention „HippoKids - zur Verbesserung der motorischen Leistungsfähigkeit von Kindern mit Übergewicht“. Durch das Bewegungsprogramm mit und auf dem Pferd wurde das Selbstbewusstsein gestärkt. Riedel, Ludwig, Kukuk - HippoKids - ein gesundheitsorientiertes Bewegungs- und Ernährungsprogramm mup 1|2017 | 23 Die Autorinnen Literatur ■ Deutsche Reiterliche Vereinigung (Hrsg.) (2013): Richtlinien für Reiten, Fahren und Voltigieren. Band 3. FN, Warendorf ■ Deutsche Reiterliche Vereinigung (Hrsg.) (2011): Kursmanual. Kinder mit Pferden stärken. FN, Warendorf ■ Kromeyer-Hauschild, K. (2005): Definition, Anthropometrie und deutsche Referenzwerte für BMI. In: Wabitsch, M., Zwiauer, K., Hebebrand, J., Kiess, W. (Hrsg.): Adipositas bei Kindern und Jugendlichen. Grundlagen und Klinik. Springer, Berlin, 3-15, http: / / dx.doi. org/ 10.1007/ 3-540-26775-1_1 ■ Kurth, B.-M., Schaffrath Rosario, A. (2010): Übergewicht und Adipositas bei Kindern in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt 53, 643-652, http: / / dx.doi.org/ 10.1007/ s00103-010-1083-2 ■ Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen (2014): Motorischer Test für Nordrhein-Westfalen. jva druck+medien geldern, Düsseldorf ■ Rosemann, H. (2006): Voltigierer und Pferde spielend motivieren. FN, Warendorf ■ Rieder, U. (2002): Voltigieren. Vom Anfänger zum Könner. BLV, München ■ Steinsiek, L., Riedel, M. (2016): Auswirkungen eines an Vielseitigkeit orientierten Voltigierangebotes auf die motorische Leistungsfähigkeit von Grundschülern. Mensch und Pferd international 4, 150-157, http: / / dx.doi.org/ 10.2378/ mup2016. art24d ■ Steinsiek, L., Riedel, M. (2013): Fördermöglichkeiten der koordinativen Fähigkeiten durch das Voltigieren im Rahmen des Grundschulsports. Mensch und Pferd international 3, 125-137, http: / / dx.doi.org/ 10.2378/ mup2013.art06d Dr. Meike Riedel Wiss. Angestellte am Institut für Sport und Sportwissenschaft an der TU-Dortmund, Schriftleitung der „mensch & pferd international“, 1. Vorsitzende des Ausschusses Breitensport des Pferdesportverbandes Westfalens, Trainer C Voltigieren. Nina Ludwig BA. Sc. Sport & Psychologie, Masterstudentin Lehramt Sport & Psychologie, Therapeutin für medizinische Trainingstherapie, Fitness- und Rehasporttrainerin bei GoPhysio, 2. Vorsitzende des Reit- und Fahrvereins Kultur Aktiv e. V., Trainer C Voltigieren. Jennifer Kukuk MA Lehramt für die Fächer Mathe und Sport, Trainer B Reiten Leistungssport, seit 2011 Trainertätigkeit auf dem Hof Schulze Niehues (Fachschule für Reiten). Anschriften Dr. Meike Riedel · TU-Dortmund Institut für Sport und Sportwissenschaft · Otto-Hahn-Str. 3 D-44227 Dortmund · meike.riedel@tu-dortmund.de oder mup-schriftleitung@gmx.net Nina Ludwig · Große Heimstr. 37 · D-44137 Dortmund nina.ludwig@tu-dortmund.de Jennifer Kukuk · Osningstr. 74 · D-33605 Bielefeld jenniferkukuk@googlemail.com Stellenangebot Ich suche Dich: motivierte/ r, fröhliche/ r Reitpädagogin/ e, die/ der Spaß und Erfahrung im Umgang mit Menschen mit besonderem Hilfe-und Förderbedarf hat. Deine Aufgabe ist es, Kunden in abwechslungsreichen Einzelstunden individuell von ihren Stärken ausgehend zu fördern, Kleingruppen kompetent zu leiten, Ferienfreizeiten zu organisieren, Eltern ein/ e hilfreiche/ r Gesprächspartner/ in zu sein und eine kleine Pferdemannschaft kompetent und liebevoll zu betreuen. Du findest Deinen Arbeitsplatz im Nordschwarzwald und hast ein tolles, engagiertes Helferinnenteam. Die Pferde sind gut ausgebildet und erfahren. 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