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mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/mup2018.art10d
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Forum: Geglückte Rückkehr in den Sattel

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Anita Erne
Im vorliegenden Beitrag gebe ich einen Einblick in die Arbeit im Rahmen der Ausbildung zur SG-TR Reitpädagogin. Neben einem Überblick über die Ausbildung stelle ich die praktische Arbeit mit einer Klientin in einer ausgewählten Stunde vor. Der Beitrag orientiert sich an einem Referat, welches Bestandteil meiner Prüfung zur SG-TR Reitpädagogin ist und die Leitideen der Ausbildung widerspiegelt.
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mup 2|2018|73-83|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378 / mup2018.art10d | 73 Anita Erne Forum Geglückte Rückkehr in den Sattel Aus der Praxis - für die Praxis Im vorliegenden Beitrag gebe ich einen Einblick in die Arbeit im Rahmen der Ausbildung zur SG-TR Reitpädagogin. Neben einem Überblick über die Ausbildung stelle ich die praktische Arbeit mit einer Klientin in einer ausgewählten Stunde vor. Der Beitrag orientiert sich an einem Referat, welches Bestandteil meiner Prüfung zur SG-TR Reitpädagogin ist und die Leitideen der Ausbildung widerspiegelt. Rahmenbedingungen des Praktikums Ausbildungsverlauf zur SG-TR Reitpädagogin / Reittherapeutin Die Ausbildung zur SG-TR Reitpädagogin / Reittherapeutin SG-TR (Schweizer Gruppe Therapeutisches Reiten) unterteilt sich in sieben Phasen, welche bis zum Diplom zu absolvieren sind. Die Phase 1, welche die reiterlichen Qualifikationen beinhaltet, ist vor Besuch des Grundlagenkurses (Phase 2), der Praktikumsvereinbarung (Phase 3) und des Lehrgangs 1 (Phase 4) zu bestehen. Die 5. Phase beinhaltet unter anderem ein mehrmonatiges Praktikum. In diesem konnte ich mein theoretisches Wissen, welches ich mir im Lehrgang 1 aneignete, mit meinen Erfahrungen als Lehrerin kombinieren und im heilpädagogischen Reiten (HPR) praktisch umsetzen. Sobald das Praktikum beendet ist, ist man befähigt den Lehrgang 2 zu besuchen und schließt dann nach dem Bestehen der Prüfung im L 2 mit dem Diplom in der 7. Phase ab. Während meines Praktikums lernte ich V. kennen und betreute sie während neun Monaten im HPR, welches sie einmal in der Woche besucht. Durch einen Sturz vom Pferd verlor sie das Vertrauen zu sich selbst und zum Pferd. Für mich war es nun von größter Wichtigkeit, dass V. wieder Vertrauen zu sich selbst und dem Pferd fasst. Darum arbeitete ich mit V. zu Beginn des Praktikums vor allem am Boden, danach kehrte sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder mit Erfolg in den Sattel zurück. Bevor ich diese Arbeit vorstelle, folgt ein Einblick in die Rahmenbedingungen, unter denen ich mit V. gearbeitet habe. Infrastruktur und Therapiebetrieb In der Schweiz im Kanton Zug, im Zentrum von Baar direkt neben dem Kantonsspital Zug, liegt der Reitbetrieb Schmidhof (Abb. 1). Der Reitstall verfügt über sechs eigene Pferde und Ponys, welche für Abb. 1: Reitbetrieb Schmidhof in Baar 74 | mup 2|2018 Forum: Erne - Geglückte Rückkehr in den Sattel Reitstunden und heilpädagogisches Reiten eingesetzt werden. Kinder und Jugendliche eines heilpädagogischen Zentrums dürfen einmal wöchentlich den heilpädagogischen Unterricht beim und auf dem Pferd besuchen. Dieses Zentrum begleitet Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit besonderen Bedürfnissen. Betreut und begleitet werden: ■ blinde oder sehbehinderte und oder mehrfachbehinderte Kinder und Jugendliche und junge Erwachsene ■ Kinder und Jugendliche mit einer Sprachbehinderung und / oder Wahrnehmungsbeeinträchtigung ■ Kinder und Jugendliche mit einer Verhaltensauffälligkeit Der Reiterhof stellt mir zwei Therapiepferde zur Verfügung, wobei ich hauptsächlich mit Ulysse, einem 10-jährigen Warmblut und ehemaligem Springpferd, arbeitete (Abb. 2). Er ist ein wunderschöner Fuchs mit einem beachtlichen Stockmaß von etwa 1,73 m. Sein sanftmütiges Wesen und seine Sensibilität machen ihn zu einem außergewöhnlichen, liebevollen Therapiepferd. Praxisanleiterin (PAL) Im Rahmen der Ausbildung wird jede Auszubildende von einer Praxisanleiterin vor Ort betreut. In Patricia Mira habe ich eine sehr kompetente und einfühlsame Praxisanleiterin gefunden. Sie ist ausgebildete Primarlehrerin und unterrichtet im Teilpensum in einer 5. und 6. Klasse in Oberwil bei Zug. Ihre Ausbildung zur Reitpädagogin absolvierte sie ebenfalls bei der SG-TR vor einigen Jahren. Da sie des Weiteren in der Kutschenfahrt ausgebildet ist, konnte ich auch in diesem Bereich meine Erfahrungen sammeln. Sie arbeitet auf dem Reitbetrieb einmal die Woche als Reitpädagogin und betreut Kinder des heilpädagogischen Zentrums. Im Januar 2017 habe ich mit meinem Praktikum begonnen und es im September 2017 beendet. Klientin Im folgenden Kapitel stelle ich V. vor, mit der ich im Rahmen des Praktikums überwiegend gearbeitet habe. Abb. 2: Freiwillig folgt Ulysse im vollen Vertrauen der Klientin. Abb. 3: Ab geht’s durch den Parcours! Forum: Erne - Geglückte Rückkehr in den Sattel mup 2|2018 | 75 Anamnese und Indikation V. ist zu Beginn meines Praktikums 12 Jahre alt. V. ist ein zierliches, eher stilles in sich zurückgezogenes, aber fröhliches Mädchen. Sie hat Schwierigkeiten im Umgang mit ihren Mitmenschen, was vermutlich aufgrund von psychischen Störungen (Ängsten, Nöten) hervorgerufen wird. Die genauen Gründe sind bis dahin nicht bekannt. V. durfte dem Heilpädagogischen Schul- und Beratungszentrum beitreten. Ihre soziale Entwicklung ist leicht verzögert. Sie kann sich schlecht in Gruppen einfügen, entweder wird sie in der Gruppe unterworfen oder sie reagiert übermäßig. Sie ist schnell in Konkurrenzspiele verstrickt, da sie selbst einen enorm hohen Anspruch an sich selbst hat. Sie wirkt starr und angespannt in ihrem Verhalten und benötigt Hilfe durch Erwachsene. Ihre Meinung kann sie gut äußern. Ihre emotionale Entwicklung zeigt sich durch meist ruhiges, stilles und ausgeglichenes Verhalten. Ihre Welt sind die Pferde, da taut sie auf und beginnt zu strahlen, wird fröhlich und lebendig. Sie geht offen, aber mit einer leichten Zurückhaltung auf Erwachsene zu. Sie beobachtet sehr viel, redet wenig und manchmal etwas undeutlich (nuscheln). V.s kognitive Entwicklung zeigt sich in sehr konzentriertem und zügigem Arbeiten. Sie hat hohe Erwartungen an sich selbst. Auch kann sie Hilfe holen, wenn sie sie benötigt und nicht mehr weiterweiß. Sie braucht aber auch Zeit, um sich Lerneinheiten einzuprägen, sowie viele Wiederholungen. Immer wieder benötigt sie Sicherheit und Bestätigung, dass sie ihre Arbeit auch richtig ausführt. Ihre Sprache ist zum Teil sehr undeutlich, sie verschluckt Wörter oder nuschelt in sich hinein. Wenn es um Pferde geht, kann sie sich jedoch klar und deutlich ausdrücken. Auch spricht sie mit dem Pferd. Ihre motorische Entwicklung ist altersgerecht entwickelt. Ihre Bewegungen sind zierlich und etwas unsicher. Ihre Balance auf dem Pferd ist gut ausgebildet. Sie hat einen guten Sitz. Sie ist umsichtig und sehr auf Sorgfalt und Ordnung bedacht. Da sich V. Pferden gegenüber sehr öffnen kann, sich dabei geborgen und sicher fühlt, fällt ihr vieles leichter; deshalb ist das heilpädagogische Reiten eine optimale Ergänzung zu den von der Schule her gegebenen Fördermaßnahmen. Im Umgang mit dem Pferd sehe ich für V. ein geeignetes Übungsfeld, mit ihren Ängsten und Nöten, Misserfolgen und Erfolgen umzugehen, sich richtig einzuschätzen, klarer zu kommunizieren, selbstsicherer aufzutreten, um dadurch Erfahrungen zu sammeln und zu lernen, sich auch entsprechend in der „Menschenwelt“ zu behaupten. Daher ist die Indikation für das heilpädagogische Reiten für V. ganz klar gegeben. Vorgeschichte bezüglich des HPRs V. darf seit Sommer 2016 das heilpädagogische Reiten besuchen. Sie kommt selbständig in den Stall und geht auch wieder alleine zurück. V. liebt Tiere, insbesondere Pferde, und geht sehr behutsam und respektvoll mit ihnen um. Sie hat eine starke Bindung zu ihrem Therapiepferd Ulysse. Obwohl sie klein ist, macht ihr die Größe dieses Pferdes, welches wirklich sehr groß ist, nichts aus. Sie fühlt sich wohl bei ihm und möchte kein anderes. Sie holt Ulysse immer selbständig aus der Box oder vom Paddock und auch von der Weide. V. beobachtet ihn meist kurze Zeit, bevor sie zu ihm hingeht. Auch verrichtet sie alle Arbeiten am Pferd selbständig, sicher, gekonnt und respektvoll. Sie kennt bereits verschiedene Körperteile und weiß, wo es Ulysse am liebsten mag, geputzt zu werden. Sie kann beim Putzen sehr lange verweilen und die Abschiede fallen ihr immer sehr schwer. Da V. bereits drei Mal ein Reitlager besuchen durfte, bringt sie Reitkenntnisse mit. Zielsetzungen und Umsetzungsmöglichkeiten in der Arbeit mit V. Vor meinem Praktikumsbeginn hatte V. einen Sturz von Ulysse, welcher aber zum Glück glimpflich ablief. Trotzdem hatte sich eine gewisse Unsicherheit und Angst 76 | mup 2|2018 Forum: Erne - Geglückte Rückkehr in den Sattel aufgebaut. Für mich war somit ein wichtiges Ziel gegeben: Zuerst soll V. das Vertrauen zu Ulysse wiederfinden und so ihre Angst und Unsicherheit abbauen. Ich entschloss mich deshalb, in der Anbahnungsphase der Förderung die Bodenarbeit mit dem Pferd und das Kommunizieren mit ihm, verbal und nonverbal, in den Mittelpunkt zu stellen und damit das Vertrauen zum Pferd zu festigen. Das Getragenwerden auf dem geführten Pferd gehört auch dazu. In der Vertiefungsphase wurden die Grob- und Feinziele dem reiterlichen Können zugeordnet, um V.s neu erworbenes Selbstwertgefühl nun auch im Sattel weiter zu stärken und zu festigen. Verlauf der Förderung Zu Beginn lernte ich eine total motivierte, aber eher schüchterne und zurückhaltende V. kennen. Als ich ihr mitteilte, dass wir die nächsten Stunden vor allem am Boden arbeiten werden, war sie sichtlich begeistert. Sie strahlte und begann mir sogleich vom Film „Ostwind“ zu erzählen. Ich war erstaunt, dass sie mit mir gegen Schluss der Stunde für ihre Verhältnisse viel sprach. Viel zu schnell verflogen jeweils die Stunden mit V. Von Stunde zu Stunde konnte ich beobachten, wie ihr Vertrauen zu Ulysse und auch das von Ulysse zu ihr wächst. V. brachte bereits in der 2. Lektion eigene Ideen und Wünsche ein. Wir übten eine kleine Zirkusnummer ein, die V. großen Spaß bereitete und wir lachten oft. Auch Ulysse schien diese Abwechslung gelegen zu kommen. Es war köstlich zu beobachten, wie V. sich große Mühe gab, Ulysse das „Nein-Sagen“ beizubringen und im Gegenzug sich auch Ulysse stark bemühte zu verstehen, was V. nun von ihm möchte. Als das Kunststück gelang, hatte ich eine strahlende V. und einen kauenden Ulysse mit entspannter Körperhaltung im Roundpen. Die ersten drei Lektionen führten wir im Roundpen aus. Mir war es wichtig, dass V. Ulysse sicher führt und in einem kleineren abgesteckten Feld longieren kann. In der 4. Lektion ging es dann aufs Viereck, wo V. ihre Führungsqualitäten in einem Führparcours demonstrieren konnte. Sie machte das ausgezeichnet und auch Ulysse folgte ihr ohne zu zögern. Er reagierte sehr gut auf sie. In der 5. und 6. Lektion machten wir den Parcours etwas schwieriger, und auch das Longieren wurde nochmals jetzt im größeren Feld wiederholt. Grobziel 1: V. kann mit dem Pferd (verbal und nonverbal) kommunizieren, indem sie das Pferd über verschiedene Sinne wahrnimmt sowie auch sich selbst und die Umgebung. Feinziel 1.1 V. kann die Aufmerksamkeit des Pferdes durch verschiedene Signale auf sich ziehen, es anlocken oder wegschicken. Feinziel 1.2 V. kann mit dem Pferd eine „2er Herde“ bilden, in der sie führt. Feinziel 1.3 V. kennt verschiedene Möglichkeiten der Bodenarbeit mit dem Langstrick und kann auch selber Ideen einbringen und umsetzen. Grobziel 2: V. kann über verschiedene Kanäle mit dem Pferd eine Beziehung aufbauen, wodurch auch gegenseitiges Vertrauen entsteht und Ängste abgebaut werden. Feinziel 2.1 V. kann das Pferd an der Longe beobachten (Vorzeigen / Nachmachen). Feinziel 2.2 V. kennt die Übungen der Stille und kann sie aushalten. Feinziel 2.3 V. kann die Körpersprache des Pferdes richtig interpretieren. Feinziel 2.4 V. kennt verschiedene Methoden des Abstreichens. Tabelle 1: Zielsetzungen in der Anbahnungsphase Forum: Erne - Geglückte Rückkehr in den Sattel mup 2|2018 | 77 V. war besonders stolz, als ihr Ulysse ohne Halfter und Strick folgte. Egal welche Richtung V. einschlug oder ob sie stehen blieb. Ulysse war ihr mit einem respektvollen Abstand auf den Fersen. V. war nun soweit, sich wieder in den Sattel zu setzen. Beispiel einer Lektion und deren Auswertung Im folgenden Kapitel wird anhand einer Einheit die Planung sowie Durchführungsmethodik, wie sie im Lehrgang angewandt wurde aufgezeigt und beschrieben. Grobziel 3: V. kennt verschiedene inhaltliche Ziele des Reiterbrevets und kann sie richtig einsetzen oder wiedergeben. Die Sprache wird über das Pferd und mit dem Pferd gefördert. V. kann sich klar und deutlich ausdrücken. Feinziel 3.1: V. kennt verschiedene Pflanzen, welche für das Pferd giftig sind und welches Futter für das Pferd gesund ist. Feinziel 3.2: V. kennt die wichtigsten Pferdekrankheiten und deren Symptome / Ursachen und Behandlung. Feinziel 3.3: V. kann die wichtigsten Körperteile am Pferd mit den korrekten Begriffen benennen. Feinziel 3.4: V. kann die einzelnen Teile an Zaum und Sattel richtig benennen, auch kennt sie verschiedene Hilfszügel und deren Anwendung. Grobziel 4: V. verbessert ihre Grob- und Feinmotorik sowie das Gleichgewicht. Dadurch nimmt sie sich besser wahr und lernt sich richtig einzuschätzen. Feinziel 4.1: V. kennt verschiedene einfache Hufschlagfiguren und kann sie benennen und reiten im Schritt. Feinziel 4.2: V. kann sicher im Trab auf dem Viereck einfache Hufschlagfiguren reiten. Feinziel 4.3: V. kennt die Beschriftungen am Dressurviereck und weiß, wo sich die Buchstaben befinden. Feinziel 4.4: V. kann eine große Volte im Galopp sicher reiten. Grobziel 5: Im Viereck oder Roundpen und bei Spaziergängen in der Natur nimmt V. die Bewegungen des Pferdes durch verschiedene Übungen noch besser wahr. Ihre Wahrnehmung verfeinert sich. Feinziel 5.1: V. nimmt ihren Körper bei verschiedenen Übungen auf dem stehenden Pferd und neben dem Pferd am Boden wahr. Feinziel 5.2: V. nimmt ihren Körper bei verschiedenen Übungen auf dem geführten Pferd im Schritt wahr. Feinziel 5.3: V. nimmt ihre Umgebung auf dem Viereck oder in der freien Natur wahr. Feinziel 5.4: V. kann sich bei Ausritten entspannen. Abb. 4: Ulysse folgt V. ohne zu zögern in die Gasse. Tabelle 2: Zielsetzungen in der Vertiefungsphase - Reiten 78 | mup 2|2018 Forum: Erne - Geglückte Rückkehr in den Sattel Kurzfristige Planung Ausgangssituation: V. kennt die Grundlagen des Longierens, ob mit Longe oder Langstrick. Auch kennt V. das Knotenhalfter und wird es heute mit Hilfe einer Bildabfolge selbst an Ulysse befestigen. V. kann Ulysse sicher am lockeren Strick führen. Dies werden wir heute in einem kleinen Parcours erweitern und festigen. V. kennt ein paar Spiele von Pat Parelli und kann diese anwenden. Lektionsziele: 1. V. kann das Pferd locker am durchhängenden Strick im Schritt im Viereck führen. 2. V. kann dem Pferd deutlich signalisieren, wann sie stehen bleiben möchte. Das Pferd bleibt sofort auch stehen. Es geht rückwärts, wenn sie rückwärts geht. 3. V. kann das Pferd vom Boden aus ein paar Schritte rückwärtsrichten, indem sie die Hände / den Strick benützt. 4. V. kann das Pferd spielerisch wieder nach dem Rückwärtsrichten zu sich her holen, ohne am Strick zu ziehen (Jojo-Spiel nach Parelli). 5. V. kann dem Pferd mit Hilfe von Gerte und / oder langem Führstrick die Richtung weisen (langsam). 6. V. folgt das Pferd freiwillig ohne Führstrick. 7. V. legt einen kleinen Führparcours auf dem Viereck mit Schaumstoffschlangen und das Pferd folgt ihr im Schritt hindurch. 8. V. kann das Pferd rückwärts zwischen zwei am Boden liegenden Springstangen führen. 9. V. weiß, warum Bodenarbeit genauso wichtig ist wie das Reiten und kann es erklären. 10. V. kann 5 von 10 Körperteilen am Pferd benennen. Ablauf der Lektion: Ich begrüße V., welche alleine zum Stall kommt. V. fühlt sich wohl und freut sich auf die Stunde. Wie wird V. auf mein Vorhaben der heutigen Stunde reagieren? Das Pferd steht in der Box oder im Auslauf. Mit mir wird das bereitgestellte Material (Putzkiste, Halfter, Strick, Langstrick, Knotenhalfter und Bildabfolge) überprüft. Denkt V. an alles? Braucht sie Hilfe? V. nimmt Kontakt mit U. auf und lockt ihn zu sich heran. Geht es U. gut? V. schaut ihn sich kurz an, halftert ihn dann auf und führt ihn alleine zum Anbindeplatz. Ich bleibe in unmittelbarer Nähe der beiden und helfe, falls nötig. Ich lasse V. so Abb. 5: Auch das Longieren klappt schon ganz gut. Abb. 6: Ulysse genießt das Abstreichen und auch V. hat ihre Freude daran. Forum: Erne - Geglückte Rückkehr in den Sattel mup 2|2018 | 79 viel wie möglich alleine machen. Wie geht sie mit U. um? Kann sie die Signale richtig deuten? Wie verhält sich U. heute? Woran erkennt V., dass es U. gut geht? Beim Anbindeplatz angekommen, bindet V. U. selbständig an und teilt mir mit, welche Stelle sie gerade putzt und wie das Körperteil genannt wird. Ich helfe beim Putzen auf der anderen Seite mit und frage immer wieder nach einem Körperteil. V. kennt den Putzablauf und erledigt diese Aufgabe gut. Stellt sie etwas beim Putzen fest? Genießt U. das Putzen? Woran erkennt V., was U. gerne hat und was nicht? Kann mir V. mindestens fünf Körperteile richtig benennen? V. schaut sich nun die Bildabfolge des zu befestigenden Knotenhalfters genau an und versucht es anschließend U. anzulegen. Schafft sie es selbständig? V. führt nun am lockeren durchhängenden Strick U. im Viereck. Von Zeit zu Zeit bleibt sie stehen und geht dann etwas rückwärts. Bleibt U. auch stehen? Das Pferd reagiert sofort auf sie. Ich bleibe neben V. und greife, falls nötig, ein und gebe Hinweise oder Korrektur von Körperhaltung oder Position. Kann sie ihre Position oder Haltung verändern, dass sie jeweils richtig zum Pferd steht? Ich weise auch darauf hin, dass es hilfreich sein kann, wenn V. das, was sie macht, U. klar erklärt und ihm sagt, was genau sie von ihm haben möchte. Wird sie mit ihm sprechen? Der Sprechanteil wird gefördert. In der Mitte des Vierecks schickt V. U. rückwärts und holt ihn wieder zu sich her (Jojo-Spiel). V. weist U. in die angezeigte Richtung. Geht U. von ihr weg in die richtige Richtung? Die Führposition wird beibehalten, aber mit etwas mehr Abstand. V. kann U. locker am durchhängenden Strick durch den Parcours führen. U. geht ein paar Schritte rückwärts zwischen den am Boden liegenden Stangen. U. folgt nun ohne Strick durch den Parcours. Das Selbstvertrauen wird gestärkt. Folgt ihr U. oder wird er zögern oder gar ausweichen? V. erklärt mir nochmals, warum Bodenarbeit mit den Pferden so wichtig ist. V. geht mit U. alleine zum Anbindeplatz zurück, löst selbständig das Knotenhalfter und streift das Stallhalfter über. Darauf bürstet sie ihn nochmals gründlich durch, holt die Belohnung und führt ihn in seine Box zurück, bedankt und verabschiedet sich. Ist V. entspannt und verlässt die Stunde glücklich? Hat sie noch Fragen? Hätte sie einen Wunsch für die nächste Stunde? Auswertung: V. saß bereits schon in der Sonne auf dem Baumstamm und strahlte, als ich auf sie zukam und stand sofort auf. Ich teilte ihr mit, was wir heute machen werden und dabei machte sie einen kleinen Hüpfer und jubelte. V. scheint die Bodenarbeit sichtlich Spaß zu machen. Ulysse befand sich heute nicht auf dem Paddock, sondern auf dem Laufband. V. erblickte ihn sofort. Ich half Ulysse loszubinden und V. ging mit ihm die Rampe hinunter und führte ihn zum Putzplatz. V. bereitete es etwas Mühe den Anbindeknoten festzuziehen. Ich zeigte es ihr noch einmal. Ich werde das nächste Mal nochmals darauf achten, dass sie ihn sicher alleine festziehen kann. Mit Hilfe der laminierten Abbildung von den Körperteilen der Pferde hatten wir heute den Fokus auf die Hinterhand des Pferdes. V. teilte mir mit, wie die einzelnen Stellen, auf welche ich zeigte, heißen. Die meisten Begriffe waren für V. neu und das eine oder andere wusste sie nicht genau, wo es sich befand (Hüfte, Sitzbeinhöcker, Oberschenkel, Unterschenkel, Sprunggelenk, Hinterröhre). Beim nächsten Mal werde ich diese Begriffe nochmals repetieren. Das Knotenhalfter konnte V. mit Hilfe der Bildabfolge sehr gut alleine befestigen. Bilder helfen V. zu verstehen und richtige Schlüsse daraus zu ziehen. Ich werde bei V. häufig Bilder einbauen. V. führt Ulysse schon sehr sicher am Strick. Allerdings dreht sie sich noch sehr oft zu Ulysse hin, worauf dieser mit langsameren Schritten reagiert. Ich teilte ihr mit, dass sie zwar Ulysse im Auge behalten, aber trotzdem vorwärtsgehen soll. Auch blieb sie am Anfang nicht klar stehen und für Ulysse kam das Stehenbleiben somit überraschend und er lief noch ein paar Schritte weiter. Dies zeigte sich auch beim Rückwärtsrichten. Ich zeigte es ihr nochmals vor und machte sie darauf aufmerksam, dass sie mit ihrem Körper und ihrer Stimme kommunizieren soll. V. hatte Mühe, klar und deutlich aufzutreten. Sie möchte so fein wie möglich mit Ulysse umgehen, nur nützte dieser dies auch etwas auf liebenswürdige Art und Weise aus. Ich werde wiederum in der nächsten Lektion vermehrt auf die Körperhaltung von V. achten. 80 | mup 2|2018 Forum: Erne - Geglückte Rückkehr in den Sattel Den Führparcours absolvierten beide wunderbar. V. zeigte Ulysse zuerst den ganzen Parcours und wählte dann selbst den Startpunkt aus. Sie absolvierte den Parcours in Ruhe und ließ sich Zeit. Wir wiederholten nun das Jojo-Spiel. Auch da hatte V. etwas Mühe, bestimmt und klar aufzutreten. Als sie versuchte, Ulysse mit dem Langstrick rückwärtszurichten, drehte dieser nur den Kopf etwas weg, aber bewegte sich keinen Schritt zurück. Ich machte es dann mit V. zusammen und da funktioniere es. V. hat Mühe aus sich herauszukommen. Sie wirkt noch etwas gehemmt und muss lernen, bestimmter aufzutreten. Dies werde ich auch versuchen, in der nächsten Lektion zu berücksichtigen. Ulysse wird mir dabei helfen. Nun lösten wir den Strick vom Halfter und V. lief los. Ich sagte ihr, dass sie zügig losgehen und sich nicht nach Ulysse umdrehen soll. Ulysse folgte V. in einem kleinen Abstand. Man hatte das Gefühl, dass Ulysse einen Anstandsabstand zu V. hielt und sich seiner Größe voll bewusst war. V. strahlte und machte den Parcours problemlos, bis Ulysse plötzlich den Boden zum Wälzen besser fand. V. verpasste den Augenblick, Ulysse daran zu hindern. Die kurze Unaufmerksamkeit seitens V. nützte Ulysse natürlich aus, legte sich genüsslich auf den Boden und wälzte sich. Ich ließ V. bewusst ein bisschen auflaufen, als ich sah, dass sich Ulysse bereit machte zum Hinlegen. Falls es V. das nächste Mal wieder nicht merkt, werde ich eingreifen. Ich teilte V. mit, dass es absolut toll ist, wenn Ulysse sich wälzen möchte, nur soll sie darauf achten, dass er dies entweder zu Beginn der Lektion täte oder dann am Schluss, quasi als Belohnung. Ich ließ nun V. noch etwas Zeit, damit sie die verbleibenden Minuten mit Ulysse noch genießen konnte. Sie übte von sich aus nochmals das Stehenbleiben und Rückwärtsrichten. Es funktionierte nun schon etwas besser. V. ist es immer wichtig, die Arbeiten richtig und genau zu machen. V. führte nun Ulysse ohne Strick zum Anbindeplatz zurück. Er folgte ihr ohne zu zögern. Sie löste das Knotenhalfter und streifte ihm das Stallhalfter über den Kopf, holte seine Belohnung und versorgte Ulysse in seiner Box. Dann bedankte und verabschiedete sie sich. V. äußerte anschließend den Wunsch, dass sie gerne Ulysse das nächste Mal ohne Knotenhalfter durch den Parcours führen möchte. Ich werde versuchen auf ihren Wunsch einzugehen und in meine Planung miteinbeziehen. Fazit: Auch diese Stunde machte mir wieder großen Spaß. Es ist so herrlich, V. und Ulysse zu beobachten. V. gibt sich große Mühe, aber sie wirkt noch sehr zaghaft. Sie möchte Ulysse auf keinen Fall wehtun und fasst ihn mit Samthandschuhen an. Ulysse ist ein sehr sensibles Pferd, aber auch er braucht eine klare Ansage. Manchmal habe ich das Gefühl, dass es für ihn ganz in Ordnung ist, alles sehr gemütlich anzugehen. Trotzdem zeigt er V. ganz genau, dass er mehr braucht, um zu reagieren. Sie muss lernen, bestimmter aufzutreten und etwas aus sich herauszukommen. Hierfür ist Ulysse ein prima Lehrer. Ich freue mich schon sehr auf die nächste Stunde mit den Beiden. Reflexion der Ziele V. konnte einige meiner gesteckten Ziele gut bis sehr gut erreichen. Besonders die Arbeit mit dem Pferd am Boden taten ihr sowie Ulysse sehr gut. Man konnte von Stunde zu Stunde sehen, wie ihre Freundschaft wächst und gestärkt wurde. Und nicht nur ihre Freundschaft wurde von Stunde zu Stunde stärker, auch V.s Selbstvertrauen wuchs zusehends. Besonders am Boden musste sie auch ihre Stimme einsetzen, sei es im Führparcours oder beim Longieren. Immer wieder musste sie mit dem Pferd sprechen. Dies kommt beim Reiten im Viereck eher weniger vor. Da war V. viel stiller. Bei Ausritten hingegen konnte sie sich einfach nur tragen lassen und entweder die Stille genießen oder auch einfach mir mal etwas erzählen, was sie interessierte. Doch ein paar gesteckte Ziele konnten wir nur kurz angehen und bräuchten mei- Forum: Erne - Geglückte Rückkehr in den Sattel mup 2|2018 | 81 nes Erachtens noch mehr Zeit wie zum Beispiel das Longieren. V. kann es zwar, aber trotzdem ist sie plötzlich mit der Distanz zum Pferd, der Longe und der Longiergerte überfordert. Dies fiel mir besonders auf, als sie dann im Trab und Galopp longierte. Dies würde ich mit V. noch vertiefen und üben. Und es gab Ziele eher im Reiterlichen, die wir in der Zeit, in der ich im Praktikum war, noch nicht erreichen konnten. V. braucht für diese Zielsetzungen noch etwas länger und viele Wiederholungen, bis auch diese sitzen. Ich bin mir aber sicher, dass sie von V. erreicht werden. Abschluss bzw. sinnvolle Gründe zur Weiterführung der Förderung Das Weiterführen der Förderung begrüße ich sehr. Zum einen sind die Pferde V.s Welt und sie hat somit die Möglichkeit, sich auszuleben und zu finden. Zum anderen wird durch das Pferd ihr Selbstvertrauen massiv gestärkt. Ihre Sprache wird weiter gefördert, weil sie im HPR einfach sie selbst sein kann und sich angenommen fühlt. Ihre Wahrnehmung wird verfeinert. Es findet keine Wertung oder Prüfung statt, in der sie unter Druck gerät und sich mit anderen Vergleichen muss oder unbewusst möchte. Und durch das Pferd lernt sie, dass sie sich auch gar nicht mit anderen vergleichen muss. Sie ist gut so, wie sie ist. Ihre Ängste und Nöte werden weiter abgebaut. Ulysse gibt V. Sicherheit und Geborgenheit. Bei ihm kann sie sich fallen lassen. Und dies braucht V. noch mit Hilfe der Reitpädagogin. Ausblick V. konnte im HPR bereits einige Fortschritte erzielen und hat viele der von mir gesetzten Ziele erreicht. Ich bin sehr stolz auf sie. Da sich V. im HPR sehr wohl fühlt und in ihrem Tempo vorwärtsgeht, denke ich, dass es für sie weiterhin Sinn macht, das HPR zu besuchen. Ich bin mir sicher, dass es für V. noch zu früh wäre, in einem regulären Reitunterricht regelmäßig teilzunehmen. Ihr Selbstvertrauen hat sich in meinen Augen sehr verbessert und ist gewachsen. Sie tritt sicherer auf und weiß genau, was sie kann. Allerdings habe ich ein paar Mal gemerkt, dass wenn etwas nicht gleich klappte oder etwas Unvorhergesehenes passierte, sie schnell verunsichert war. Sie brauchte dann meine Bestätigung, dass es nicht schlimm sei, wir es einfach nochmals versuchen und sie sich Zeit lassen soll. Ich könnte mir vorstellen, dass es in einem regulären Reitbetrieb, wo es doch viele junge Mädchen gibt und dementsprechendes Konkurrenzdenken, es für V. noch sehr schwierig wäre, da Fuß zu fas- Abb. 7: Und nun wieder zurück im Sattel. V. mit Anita Erne 82 | mup 2|2018 Forum: Erne - Geglückte Rückkehr in den Sattel sen. Meines Erachtens wäre sie sehr schnell noch verunsichert und eingeschüchtert und ihr aufgebautes Selbstvertrauen schnell wieder abgebaut. Daher würde ich es begrüßen, wenn sie weiterhin das HPR besucht und ihr Wissen, ihr Selbstvertrauen, ihre Wahrnehmung und ihre Sprache weiter gefördert werden. Ein geschützter Rahmen entspricht m. E. V.s Lernstand noch sehr. Gut vorstellen kann ich mir aber, dass sie es mit Geduld schafft, sich selbst soweit zu stärken, dass sie selbstbewusst durchs Leben gehen wird. Auch bin ich mir sicher, dass sie ihr Ziel - das Reitbrevet - welches sie sich wünscht zu erreichen, einmal sehr gut bestehen wird. Schlussfolgerung für das weitere Vorgehen Im Rahmen des Praktikums und vor allem bei der Arbeit mit V. konnte ich viele Eindrücke sammeln und vieles lernen, welches ich auch sicherlich später, wie oben bereits erwähnt, beibehalten werde. Besonders die jeweiligen Auswertungen der Lektionen fand ich sehr hilfreich und spannend und konnte durch intensive Reflexion die folgenden Lektionen entsprechend gestalten. Dies werde ich so weiterführen. Auch sind mir die Fortschritte so klar ersichtlich, und ich kann gegenüber Dritten kompetent Auskunft über die Entwicklung des Klienten geben. Für V. wünsche ich mir, dass sie durch Ulysse weiter lernt ihre Ängste und Nöte zu überwinden und ihr Selbstvertrauen weiterwächst. Auch ich habe ganz klar gemerkt, dass ich mit der Ausbildung des SG-TR zur Reitpädagogin auf dem richtigen Weg bin und mich schon sehr freue, hoffentlich bald meine eigenen Klienten auf ihrem Lebensweg ein Stück zu begleiten. Reflexion der persönlichen Eindrücke Die Zeit bei Patricia Mira und V. war sehr eindrucksvoll für mich und meine Ausbildung zur Reitpädagogin. Ich lernte eine vorerst sehr schüchterne und eher wortkarge, unsichere V. kennen und war gespannt, wie sie und auch das Pferd auf die Bodenarbeit reagieren werden, da beide noch nicht viel Erfahrung darin hatten. Da V. vor Beginn meines Praktikums einen Sturz von Ulysse hatte, fand ich es sinnvoll, dass ihr Vertrauen zu ihm zunächst wieder gestärkt wird. Und da sie gleich in meiner ersten Stunde von dem Film „Ostwind“ erzählte und ich spürte, dass sie die Bodenarbeit sehr interessierte, fand ich es erst recht genau richtig. V. kam jede Stunde sehr motiviert zu mir ins HPR. Auch brachte sie immer wieder eigene Ideen ein und teilte mir auch ihre Wünsche und Ideen mit, welche ich versuchte umzusetzen und in die jeweiligen Folgestunde einfließen zu lassen. Als ich ihr dann nach sechs Lektionen Bodenarbeit mitteilte, dass wir die nächsten Lektionen im Sattel machen werden, da ich das Gefühl hätte, dass sie nun so weit sei, hatte ich den Eindruck, dass sie noch gerne mehr am Boden gemacht hätte, aber es ihr auch recht ist, wieder zu reiten. Ich spürte eine gewisse Unsicherheit, vielleicht Abb. 8: Freundschaft Forum: Erne - Geglückte Rückkehr in den Sattel mup 2|2018 | 83 auch Angst aufkommen. Eventuell erinnerte sie sich kurz wieder an den Sturz. Trotzdem ließ sie sich darauf ein. Für mich war es sehr schön zu sehen, wie V.s Vertrauen zu Ulysse und Ulysses Vertrauen zu V. von Stunde zu Stunde wuchs. Es zeigte mir auch, wie wichtig die Bodenarbeit für einen Klienten sein kann oder ist. Es berührte mich jeweils sehr, wenn ich wieder Fortschritte, und wenn sie noch so klein waren, sehen konnte. Der Moment, als V. sich wünschte, mit Ulysse frei den Führparcours zu machen und Ulysse ihr auch tatsächlich frei folgte und Patricia und mich völlig ignorierte, war für mich unbeschreiblich schön. In V.s leuchtenden Augen war Stolz zu sehen und sie lächelte. Und ich hatte auch das Gefühl, dass Ulysse „lächelte“. Ich bin mir sicher, dass die Bodenarbeit V. das nötige Vertrauen zurück in den Sattel gegeben hat. Diesen Stolz und diese Freude konnte ich wieder in ihren Augen sehen, als sie Ulysse alleine, während ich sie an der Longe führte, angaloppierte. Vor dem Galopp fürchtete sie sich etwas. Aber sie hatte ihre Angst überwunden und ein sehr großes und wichtiges Ziel erreicht. Nicht nur um wieder im Sattel zu sitzen, sondern auch für sich persönlich. V. konnte sehr viel Selbstvertrauen aufbauen und wird es weiterhin noch tun. Die Bodenarbeit fördert ihren verbalen sowie auch nonverbalen Ausdruck. Sie muss sich durchsetzen und klar signalisieren, was sie vom Pferd möchte und was nicht. Das wird ihr später im Leben sicherlich helfen. Ich konnte sehr viel mit V. und Ulysse und der Unterstützung von Patricia lernen und werde sicher einiges in meinen eigenen HPR-Stunden weiterführen. Die Autorin Anita Erne Reitpädagogin SG-TR, Lehrerin und Polizistin Anschrift Anita Erne · Mettenwilhöhe 16 CH-6275 Ballwil · anita.erne@gmail.com Abb. 9: Es ist geschafft!