mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Positive Affirmationen in pferdegestützten Coachings
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Kathrin Schütz
In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob in pferdegestützten Coachings positive Affirmationen erarbeitet werden können und welche Art der Affirmationen von KlientInnen (N = 216) besonders hervorgerufen werden können. Dabei ergaben sich fünf unterschiedliche Affirmations-Kategorien, die sich statistisch hoch signifikant voneinander unterscheiden. Die in den Übungen eingesetzten Pferde sowie das Geschlecht der Pferde hatten keinen individuellen Einfluss auf die Affirmationskategorien.
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60 | mup 2|2019|60-68|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378 / mup2019.art08d Kathrin Schütz Schlüsselbegriffe: Affirmationen, Selbstinstruktionen, Kognitive Umstrukturierung, Coaching, Persönlichkeitsentwicklung, Pferde In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob in pferdegestützten Coachings positive Affirmationen erarbeitet werden können und welche Art der Affirmationen von KlientInnen (N = 216) besonders hervorgerufen werden können. Dabei ergaben sich fünf unterschiedliche Affirmations-Kategorien, die sich statistisch hoch signifikant voneinander unterscheiden. Die in den Übungen eingesetzten Pferde sowie das Geschlecht der Pferde hatten keinen individuellen Einfluss auf die Affirmationskategorien. Positive Affirmationen in pferdegestützten Coachings Schütz - Positive Affirmationen in pferdegestützten Coachings mup 2|2019 | 61 Die Wirkung von Pferden auf Menschen Tiere können in verschiedener Hinsicht positive Wirkungen auf Menschen haben, wobei die Interaktion mit Tieren stresssenkend, emotional öffnend und auch handlungsmotivierend wirken und ein leichtes sowie nachhaltiges Lernen fördern kann (Greiffenhagen / Buck-Werner, 2007, 49; Rockenbauer, 2010, 106). Insbesondere Pferde werden seit Jahrzehnten im pädagogischen-therapeutischen Bereich, wie beispielsweise im Therapeutischen Reiten oder auch seit einigen Jahren in der Psychotherapie, eingesetzt (Gomolla, 2014, 356). Weitere positive Effekte zeigen sich in einer höheren Selbstachtung und gesteigerten Kontrolle, weshalb Tiere auch im Coaching immer mehr Anwendung finden (Friesenhahn, 2015a, 47; Greiffenhagen / Buck-Werner, 2007, 49; Mac- Donald, 2004; Otterstedt, 2001, 23). Einen Vorteil in der Arbeit mit Pferden sieht Gehrke (2009, 226) in der Neutralität der Tiere. Diese unterscheiden nicht zwischen Hautfarbe, Geschlecht oder sexueller Orientierung ihres Gegenübers, sondern achten auf dessen Auftreten. Dabei kann es sich beispielsweise um die Authentizität, das Führungsverhalten oder die klare Kommunikation sowie das Setzen von Grenzen handeln (Gehrke, 2009, 227; Schütz et al., 2018; 25). Man geht außerdem davon aus, dass Pferde nicht dazu in der Lage sind zu lügen und im aktuellen Moment agieren, sodass sie nicht strategisch überlegen, wie sie mit ihrem Gegenüber umgehen, um langfristig den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen, sondern offen und ehrlich reagieren (Gehrke, 2009, 227). Pferde in der Psychotherapie und im Coaching In der Psychotherapie können Pferde neben der / dem TherapeutIn und KlientIn als dritte Einheit eingesetzt werden. So kann ein / e KlientIn beispielsweise zunächst mit dem Pferd in Kontakt treten und hierüber auch mit der / dem TherapeutIn. Neben der Eisbrecherfunktion können so die Kommunikation und Beziehung zwischen den beiden gestärkt werden, sodass sich über das Interagieren mit dem Pferd weitere Gespräche entwickeln lassen (Gomolla, 2014, 356; Opgen-Rhein, 2018, 13). Zudem lassen sich Kommunikationsprobleme bearbeiten, da mit den Pferden nonverbal kommuniziert wird. Krüger (2018) betont, dass Pferde nicht ohne Grund emotional reagieren und man hierdurch Hinweise auf emotionale Zustände bei der jeweiligen Person erhalten kann, wodurch sich eine Grundlage für weitere Gespräche ergibt. In einer Studie gaben Psychotherapeuten an, dass Pferde helfen können, im Hier und Jetzt zu sein und sich auf Emotionen zu konzentrieren (Dawson, 2014, 47). Bei der Bewältigung von Traumata können Pferde ebenso eingesetzt werden (Yorke, 2003, 51; Yorke et al., 2008, 17) wie beispielsweise auch bei Posttraumatischen Belastungsstörungen (Shambo et al., 2010, 11; Staudt/ Cherry, 2017, 403) oder bei Essstörungen (Seifert, 1997, 208). Im Coaching werden Pferde ebenfalls eingesetzt, um die Wahrnehmungsschulung zu fokussieren, sodass Potenziale und Defizite analysiert werden können. Aufgrund der für die KlientInnen ungewohnten Situationen reagieren diese weniger mit einem eingeübten oder aufgesetzten Verhalten (Konir, 2012, 21). Hierdurch können auch neue Verhaltensweisen aufgezeigt und somit die Möglichkeiten des Verhaltensrepertoires erweitert werden (Schütz / Meyer, 2017, 21). Im Fokus steht dabei die Körpersprache der KlientInnen, wobei diese direkt erleben, wie das Pferd auf sie reagiert (Friesenhahn, 2015b, 50). Der Forschungsstand im Bereich des pferdegestützten Coachings weist jedoch kaum empirische Untersuchungen auf (Friesenhahn, 2015b, 48), obwohl die Nachfrage pferdegestützter Persönlichkeitsentwicklungsmaßnahmen ansteigt (Bittelmeyer, 2006, 54). Dass Pferde auch in Pferde können im Coaching nicht nur zur Wahrnehmungsschulung eingesetzt werden. 62 | mup 2|2019 Schütz - Positive Affirmationen in pferdegestützten Coachings identischen Settings individuell auf Klienten reagieren und die Übungen nicht auswendig gelernt haben, konnte bereits gezeigt werden (Schütz et al., 2018, 22). Friesenhahn (2015b, 50) fand heraus, dass mithilfe des pferdegestützten Coachings Gefühls-, Denk- und Verhaltensmuster bewusst werden, wodurch Veränderungen im Alltag angeregt und der Abgleich zwischen dem verbalen und nonverbalen Ausdruck verbessert werden können. Weiterhin wurden positive Effekte im Hinblick auf die Führungskompetenz festgestellt. Studien zum Einsatz von Pferden in Kombination mit positiven Affirmationen im Coaching liegen jedoch bislang nicht vor, obwohl die oben genannten Veränderungen im Alltag hinsichtlich der Muster des Fühlens, Denkens und Handelns relevante Aspekte in diesen Coachings zu sein scheinen. Positive Affirmationen Positive Affirmationen (auch: Selbstinstruktionen) werden im psychotherapeutischen Kontext in der Kognitiven Umstrukturierung eingesetzt. Hierbei geht es darum, dysfunktionale Kognitionen festzustellen, diese infrage zu stellen und letztlich funktionale, zielführende Kognitionen zu erarbeiten und einzuüben (Wilken, 2015, 16). Die zielführenden Kognitionen sollten dabei als spezifische Selbstinstruktionen formuliert sein und eine direkte Anrede (an sich selbst) enthalten (Wilken, 2015, 160; Meichenbaum, 2012, 136). Nach Wilken (2015, 160) sollten die hilfreichen Kognitionen im Hinblick auf die jeweilige Situation der individuellen Sprache der / des KlientIn entsprechen. Um die Selbstinstruktionen einzuüben, können die Sätze erst laut und später leise vorgesagt sowie auf Karten notiert werden, um diese mehrmals täglich durchzulesen (Wilken, 2015, 172). Die bereits genannten Beobachtungs- und Reflexionsprozesse der Gefühls-, Denksowie Verhaltensmuster dienen auch im pferdegestützten Coaching als Ausgangspunkte, um eigene positive Affirmationen zu formulieren. Bislang liegen im Bereich des pferdegestützten Coachings noch keine Untersuchungen zur Arbeit mit positiven Affirmationen vor, weshalb die Forschungslücke mit der vorliegenden Studie geschlossen werden soll, welche Affirmationen in diesem Kontext mit dem Pferd hervorgerufen werden können. Forschungsfrage Aufgrund der fehlenden wissenschaftlichen Fundierung handelt es sich bei der vorliegenden Studie um ein exploratives, qualitatives Forschungsdesign. Die Forschungsfrage, die als Grundlage der Erforschung dieses Themengebiets diente, lautete: „Welche Affirmationskategorien lassen sich mithilfe pferdegestützter Coachings herausarbeiten? “ Die qualitativen Kategorien der unterschiedlichen Affirmationen, auf die im Ergebnisteil genauer eingegangen wird, sollten zudem mittels Chi-Quadrat-Tests inferenzstatistisch überprüft werden. Ziel der Untersuchung war es zu überprüfen, ob sich die Kategorien der Affirmationen statistisch signifikant voneinander unterscheiden. Methode Zur Beantwortung dieser Fragestellung absolvierten die KlientInnen eine Übung mit einem von zwei Pferden, die im weiteren Verlauf genauer analysiert wurde und die Basis für das Herausarbeiten der Affirmationen bildete. Die durch die KlientInnen formulierten Affirmationen wurden transkribiert und bildeten so die Basis für die inhaltsanalytische sowie im Anschluss inferenzstatistische Auswertung. Die ethische Behandlung der Tiere wird garantiert. Der Ablauf erfolgte - einschließlich der zentralen Fragen zu den Erlebnissen während der Übung und der Arbeit mit den Affirmationen (siehe unten) - durch zwei systemische, pferdegestützte Coaches, die auf eine standardisierte Durchführung achteten. Material und Durchführung Die der Auswertung zugrunde liegenden Coachings beinhalteten eine Übung, die für die Beantwortung der Fragestellung konzipiert wurde (Abb. 1). Hierbei Schütz - Positive Affirmationen in pferdegestützten Coachings mup 2|2019 | 63 sollten die ProbandInnen im Anschluss an die Kontaktaufnahme eines von zwei Pferden auswählen und mit diesem den Parcours durchlaufen. Im Parcours sollten sie das Pferd im Slalom um vier Pylonen sowie über eine Plastikplane führen und weiterhin so über einer Stange zum Stehen bringen, dass die Vorderbeine vor und die Hinterbeine des Pferdes hinter der Stange standen. Die Übung wurde ausgewählt, da sie einen einfach strukturierten Aufbau beinhaltete und jedem der Pferde aus mindestens zehn der vorherigen Coachings bekannt war. Zudem konnten durch diese Stationen im Parcours unterschiedliche Themen abgedeckt werden. Bei einer knisternden Plastikplane muss das Pferd der Person vertrauen, um diese zu überqueren; zwischen den Pylonen müssen dem Pferd klar die Richtungswechsel sowie das Tempo mitgeteilt werden und beim Stehenbleiben über der Stange ist eine klare Kommunikation vonnöten, damit das Pferd weder komplett über die Stange hinweg geht noch vor dieser stehen bleibt. Bei den in den Coachings eingesetzten Pferden handelte es sich um ausgebildete Pferde (drei Stuten und zwei Wallache) im Alter von 12 bis 20 Jahren, die seit mindestens fünf Jahren in Coachings mitwirkten und die mindestens zehn Stunden pro Tag im Herdenverband stehen. Diese waren darin geschult, beispielsweise routiniert über knisternde Plastikplanen zu gehen und mit verschiedenen Menschen zu arbeiten. Eines der Pferde sowie ein Teilnehmender der Studie sind in Abbildung 2 zu erkennen. Jede Durchführung wurde mittels einer Videokamera festgehalten, um den KlientInnen anschließend eine erneute Rückmeldung anhand des Videos zu geben. Nach der jeweiligen Übung erläuterten die Teilnehmenden ihre Erfahrungen mit dem Pferd während der Übung (Selbstwahrnehmung). Hier sollten sie angeben, warum sie sich für das jeweilige Pferd entschieden hatten, wie sie die Übung erlebt hatten und welche Parallelen sie im Hinblick auf die eigene Person erkennen konnten (dysfunktionale und funktionale As- Abb. 1: Aufbau der in der Studie genutzten Übung Abb. 2: Überqueren einer Plastikplane als Bestandteil der Übung mit dem Pferd (Foto: Daniel Kuhl Photography, Lüxheim) 64 | mup 2|2019 Schütz - Positive Affirmationen in pferdegestützten Coachings pekte). Im Anschluss an die Videoanalyse formulierten die Teilnehmenden - basierend auf dem Erlebten mit den Pferden sowie der Videoanalyse einschließlich des Transfers auf ihren Alltag - ihre persönlichen, positiven Affirmationen in ihren eigenen Worten. Dabei wurden dysfunktionale Kognitionen betrachtet, infrage gestellt sowie daraus im Anschluss funktionale und somit zielführende Kognitionen erarbeitet. Hier wurde zudem darauf geachtet, dass diese spezifisch formuliert wurden. Die Teilnehmenden notierten sich die Affirmationen zusätzlich auf einem Zettel, um diese einzuüben. Ein exemplarischer Dialog aus der Durchführung befindet sich im nachfolgenden Kasten. Auswertung Im Rahmen der Auswertung wurden die Affirmationen als grundlegendes Material für diese Studie verwendet, welche zunächst wortwörtlich transkribiert wurden. Die anschließende qualitative Inhaltsanalyse wurde in Anlehnung an Mayring (2010) durchgeführt, da bei diesem Verfahren das Material in beliebiger, symbolischer Form vorliegen kann und Kommunikation stets im Mittelpunkt steht. Bei der Durchführung wurde sich an die von Mayring postulierten Analyseschritte gehalten. Relevante Strukturierungsdimensionen im Sinne von Kategorien wurden induktiv aus dem Material herausgearbeitet. Mangels theoretischer Fundierung war eine rein deduktive Herleitung nicht möglich. Im nächsten Schritt wurden die Kategorien definiert; hierbei zeigte sich eine inhaltliche Übereinstimmung einzelner Kategorien, die eine Reduktion des Kategoriensystems auf insgesamt fünf Kategorien zur Folge hatte. Anschließend wurden diese Kategorien expliziert. Es wurden Bedingungen herausgearbeitet, unter denen eine bestimmte gezeigte Aussage einer Kategorie eineindeutig zuordenbar war (Mayring, 2010). Zur Sicherung der Gültigkeit wurde die Auswertung von drei unabhängigen Prüfern vorgenommen, wobei sich die Ergebnisse am Schluss bei der kritischen Analyse als identisch herausstellten. Zur tieferen Analyse der Affirmationen wurden anschließend die Häufigkeiten der Kategorien ausgezählt. Im Anschluss wurden die Daten quantitativ ausgewertet. Stichprobe Es nahmen 216 ProbandInnen an der vorliegenden Studie teil, wobei es sich um 162 weibliche Probanden handelte (75 %). Die Teilnehmenden durften zu keinem Zeitpunkt der Untersuchung Futter bei sich tragen. Zudem wurden alle darin geschult, ein Pferd am Strick zu führen und zur Teilnahme an einer Sicherheitsunterweisung verpflichtet. Die Personen hatten zuvor noch nie an einem pferdegestützten Coaching teilgenommen, was eine Teilnahmevoraussetzung darstellte, und hatten sich freiwillig für Die eigene, dysfunktionale Kognition der Person ergab sich aus der Interaktion mit dem Pferd: „Das Pferd mochte mich nicht und ist deshalb nicht weitergelaufen, als ich mit ihm über die Plane gehen wollte. Auch im Alltag habe ich den Eindruck, dass mich Personen falsch einschätzen und nicht mögen.“ Videoanalyse: In der Betrachtung der Pferd-Mensch-Interaktion wurde deutlich, dass die Person vor der Plane selbst kurz stehengeblieben war und gezögert hatte, da vermutet worden war, dass Pferde generell nicht gerne über knisternde Dinge laufen. Das eigene Zögern und das Fehlen einer klaren Herangehensweise an das Ziel hatte das Pferd scheinbar dazu veranlasst, ebenfalls stehen zu bleiben. Als die Person daraufhin kurz vor und zurück lief, fehlte eine klare Kommunikation - das Pferd wusste scheinbar nicht, was es genau tun sollte. Auf den Alltag übertragen wurde geschlussfolgert, dass es nicht an den anderen liegt, die einen nicht mögen, sondern dass die klare Kommunikation und das Setzen eigener Ziele nicht immer gegeben ist, wodurch Missverständnisse entstehen. So wurde die funktionale Kognition erarbeitet: „Ich habe mein Ziel klar vor Augen und kommuniziere dies klar.“ Beispiel zu dysfunktionalen und funktionalen Kognitionen: Schütz - Positive Affirmationen in pferdegestützten Coachings mup 2|2019 | 65 das Coaching angemeldet. 38 Personen hatten Pferdeerfahrung, da sie beispielsweise ein eigenes Pferd besaßen oder sich um ein Pflegepferd bzw. eine Reitbeteiligung kümmerten. Die übrigen Personen gaben an, zwar keine Pferdeerfahrung, aber auch keine Angst vor Pferden zu haben. Dies war ebenfalls eine Voraussetzung zur Teilnahme; Personen mit Angst vor Pferden hätten möglicherweise weniger offen in die Übungen mit den Pferden gehen können, was die Herleitung der Affirmationen hätte beeinflussen können. Neun Personen hatten bereits an einem Coaching ohne Pferde teilgenommen. Ergebnisse Im Rahmen der Auswertung wurden die 216 Affirmationen der Befragten analysiert, die in fünf distinkte Kategorien eingeordnet werden konnten („Führungsverhalten“; „Selbstwert, Selbstvertrauen, Anerkennung“; „Aufgabenbewältigung, Entscheidungsfindung“; „Grenzen setzen, Durchsetzen“; „Kommunikationsverhalten“). Bezogen auf die Forschungsfrage lässt sich zunächst sagen, dass mithilfe der pferdegestützten Coachings unterschiedliche Affirmationen der KlientInnen herausgearbeitet werden konnten. Der Kategorie „Führungsverhalten“ gehören Sätze, die „Ich bin / führe …“ als Bedingung enthalten, an (z. B. „Ich bin eine gute Führungskraft.“, „Ich kann auf Augenhöhe führen.“). Der Kategorie „Selbstwert, Selbstvertrauen, Anerkennung“ gehören Sätze an, die Aussagen zur Bedingung „Ich traue es mir zu.“ beinhalten (z. B. „Ich vertraue auf meine Stärken.“, „Ich stehe sicher bei Präsentationen im Mitteilpunkt.“). Der dritten Kategorie souveräne, gelassene „Aufgabenbewältigung, Entscheidungsfindung“ („Ich handle.“) wurden Affirmationen wie beispielsweise „Ich löse meine Aufgaben gut.“ oder „Ich gehe mit Leichtigkeit meiner beruflichen Erfüllung entgegen.“ zugeordnet. Der Kategorie „Grenzen setzen, Durchsetzen“ („Ich grenze mich gegenüber Menschen ab.“) wurden Sätze wie „Ich setze meine Grenzen leichter.“ und „Ich darf nein sagen.“ hinzugefügt. Der letzten Kategorie „Kommunikationsverhalten“ („Ich kommuniziere.“) gehören beispielsweise die Affirmationen „Ich kommuniziere klar.“ und „Ich kommuniziere mit Klarheit und Freundlichkeit.“ an. Bei der Betrachtung der Häufigkeiten der Affirmationskategorien zeigte sich, dass die meisten Sätze der Kategorie „Aufgabenbewältigung, Entscheidungsfindung“ (n = 83; 38,4 %) angehören, gefolgt von der Kategorie „Selbstwert, Selbstvertrauen, Anerkennung“ (n = 79; 36,6 %). Dem Bereich „Kommunikationsverhalten“ wurden 21 Affirmationen (9,7 %) zugeordnet, gefolgt von den Kategorien des „Führungsverhaltens“ (n = 17; 7,9 %) sowie „Grenzen setzen, Durchsetzen“ (n = 16; 7,4 %). Im nächsten Schritt erfolgten quantitative Analysen mit Hilfe von Chi-Quadrat-Tests. Nach Bonferroni-Korrektur gelten bei fünf durchgeführten Qui-Quadrat-Tests Werte von p < 0.01 als signifikant auf dem 5 %-Niveau. Zunächst wurden die Häufigkeiten der Affirmationskategorien untereinander analysiert. Diese unterscheiden sich höchst signifikant untereinander (χ 2 (4, N=216) =110.76, p =.000). Weiterhin wurden die Kategorien im Hinblick auf die jeweiligen Pferde ausgewertet, wobei sich keine signifikanten Unterschiede ergaben (χ 2 (16, N=216) = 17.77, p =.34). Dieses Ergebnis lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Wahl des Pferdes im Rahmen der Studie keinen individuellen Einfluss auf die Affirmationskategorien hatte. Demnach machte es im Hinblick auf die jeweilige Affirmation keinen Unterschied, mit welchem Pferd die Übung absolviert wurde. Weiterhin wurden die Kategorien mit den Geschlechtern der Pferde ins Verhältnis gesetzt. Es zeigte sich, dass sich das Geschlecht der Pferde Fünf unterschiedliche Affirmationskategorien zeigten sich in pferdegestützten Coachings. 66 | mup 2|2019 Schütz - Positive Affirmationen in pferdegestützten Coachings nicht auf die Kategorien auswirkte (χ 2 (4, N=216) = 6.50, p =.17). Es lässt sich somit schlussfolgern, dass das Geschlecht der Pferde keinen unmittelbaren Einfluss auf die Affirmationskategorien hatte. Es machte also keinen Unterschied, ob die Übung mit einer Stute oder einem Wallach absolviert worden war. Im Hinblick auf mögliche Unterschiede je nach Geschlecht der Teilnehmenden und den Kategorien der Affirmationen ergab sich ein knapp nicht signifikanter Unterschied (χ 2 (4, N=216) = 12.40, p =.02), wobei auch betont werden muss, dass die Geschlechterverteilung der Stichprobe ungleich ist. Während sich dem Bereich „Führungsverhalten“ nahezu gleich viele Aussagen weiblicher und männlicher Personen zuordnen lassen, ist das Verhältnis der Geschlechterverteilung bei der Kategorie „Selbstwert, Selbstvertrauen, Anerkennung“ deutlicher zwischen Frauen und Männern zu erkennen. Ebenso wird dies in der Kategorie „Grenzen setzen, Durchsetzen“ deutlich, der mehr weibliche als männliche Affirmationen zugeordnet wurden. Zusätzlich wurde überprüft, ob die Wahl einer Stute oder eines Wallachs von dem Geschlecht der ProbandInnen abhing. Hier ergab sich kein signifikanter Unterschied (χ 2 (1, N=216) = 2.35, p =.13). Diskussion Die vorliegenden Ergebnisse bestärken, dass im Rahmen pferdegestützter Coachings positive Affirmationen erarbeitet werden können, die sich hoch signifikant voneinander unterscheiden. Womöglich lässt sich dies auf die Theorie von Meyer (2009) zurückführen, dass Pferde innere Prozesse und Emotionen, die sich über menschliche Körpersprache ausdrücken, spiegeln und dabei bereits auf kleinste Veränderungen reagieren. Basierend hierauf lassen sich weitere Gesprächsimpulse erarbeiten sowie Folgegespräche. Opgen-Rhein (2018, 17) vermutet, dass Pferde im Rahmen des Domestizierungsprozesses die für das Überleben der Herde wichtige Wahrnehmung nonverbalen Ausdrucks auf Menschen übertragen haben können. So sollen sie unmittelbar auf individuellen menschlichen nonverbalen Ausdruck eigenständig reagieren gelernt haben. Dies bildet die Grundlage dafür, dass sich Pferde demnach nicht nur im therapeutischen Einsatz, sondern ebenfalls zur Persönlichkeitsentwicklung im Coaching einsetzen lassen und beim Erarbeiten von positiven Affirmationen mitwirken können. Das Pferd könnte auch hier ein relevanter Faktor gewesen sein, indem es nonverbal auf die Person reagierte und somit Impulse für weitere Denk-, Gefühls- und Verhaltensmuster der Teilnehmenden gegeben hat. Dies kann zu unterschiedlichen Affirmationen beigetragen haben. Hatten sich die Personen in der Übung beispielsweise schlecht eingeschätzt und ihre selbst wahrgenommenen Misserfolge, z. B. dass das Pferd nicht direkt mitgegangen oder vor der Plane stehen geblieben und erst im zweiten oder dritten Anlauf über diese gegangen war, wurden diese Aspekte im weiteren Gespräch im Rahmen der Videoanalyse genauer betrachtet. So zeigte sich beispielsweise bei einer Person, dass das Pferd aufgrund eines Außengeräuschs, auf das es sich konzentriert hatte, zunächst nicht mitgegangen war. In anderen Fällen sahen sich die Personen auf dem Video und stellten fest, dass es weitaus souveräner wirkte als es sich zunächst angefühlt hatte, da das Stehenbleiben aus einer leicht inkongruenten Kommunikation zwischen Mensch und Pferd resultierte. Dies ermöglichte das Erarbeiten der positiven Affirmationen. Auch in der vorliegenden Studie waren die Kognitionen zielführend und als Selbstinstruktion formuliert, einschließlich einer direkten Anrede, wie es auch bei den Methoden von Wilken (2015, 160) und Meichenbaum (2012, 136) der Fall ist. Zu den Stärken dieser Studie zählt, dass sie sich einer bisher wissenschaftlich kaum fundier- Das Geschlecht des jeweiligen Pferdes hatte keinen Einfluss auf die Affirmationskategorien. Schütz - Positive Affirmationen in pferdegestützten Coachings mup 2|2019 | 67 ten, in der Praxis jedoch gleichzeitig vermehrt angewandten Methode des Coachings mit Pferden widmet und den Nachweis bringt, dass sich die im pferdegestützten Coaching formulierten Affirmationen unterscheiden und somit der Einsatz der Pferde im Coaching sinnvoll erscheint. Kritisch anzumerken ist, dass auch weitere Faktoren wie die Videoanalyse oder das individuelle Feedback und damit einhergehend die Rolle der Coaches in den Situationen Einfluss auf die Affirmationen gehabt haben könnten. Da die Pferde in den Übungen nicht identisch auf die Personen reagiert hatten, ergaben sich unterschiedliche Ansatzpunkte und Gesprächsinhalte, wenn auch darauf geachtet wurde, dass die grundlegenden Fragen bei allen Personen gleichermaßen neutral gestellt wurden, um die Effekte sozialer Erwünschtheit zu minimieren. Womöglich war für einige Personen die Videoanalyse der ausschlaggebende Punkt, an dem die Denk-, Gefühls- und Verhaltensmuster reflektiert und Aha-Erlebnisse geschaffen wurden, bei anderen geschah dies möglicherweise bereits während der Übung mit dem Pferd. Diese Störvariablen wurden konstant gehalten (die Videoanalyse und zugehöriges Feedback erhielten alle Teilnehmenden mit klarem Fokus auf den Interaktionen zwischen Mensch und Pferd sowie der Analyse der Verhaltensweisen in der gleichen Reihenfolge ohne Hinzunahme weiterer theoretischer Modelle), da sie nicht eliminiert werden konnten. Es handelt sich um eine Feldstudie, die die klassischen Gütekriterien einer Experimentalsituation nicht erfüllen kann. Zudem muss berücksichtigt werden, dass es keine Kontrollgruppe ohne ein Treatment, also den pferdegestützten Part, gab. Weiterhin gab es keine weitere Gruppe, die eine andere Form der Intervention erhielt. Fazit Die vorliegende Studie zeigt, dass mittels des pferdegestützten Coachings unterschiedliche Affirmationen erarbeitet werden können, weshalb der Einsatz dieser auch bei derartigen Coachings sinnvoll erscheint. Je nach KlientIn können hierdurch unterschiedliche Selbstinstruktionen erarbeitet werden, wobei es keinen Unterschied zu machen scheint, mit welchem Pferd die Coachingübungen absolviert wurden. Es sind jedoch noch weitere Studien notwendig, um die langfristige Wirksamkeit der erarbeiteten Affirmationen in pferdegestützten Interventionen beurteilen zu können. Weiterhin scheint es Unterschiede je nach Geschlecht der KlientInnen zu geben, wobei es gilt, Geschlechterunterschiede allgemein im Bereich der Affirmationen weiter zu untersuchen, um vergleichen zu können, ob sich diese auch außerhalb des pferdegestützten Coachings zeigen. Zudem könnte die Relevanz der Videoanalyse genauer betrachtet werden, um zu prüfen, ob durch den Einsatz dieser auch andere Kategorien erarbeitet werden als ohne diese. Weiterhin könnten unterschiedliche Fragen betrachtet werden, z. B. zirkuläre Fragen, Skalierungsfragen, Wunderfragen, Ausnahmefragen, Zeitreisen (von Schlippe & Schweitzer, 2017, 45) sowie andere Interventionen ohne Pferd, um mögliche Unterschiede zwischen den einzelnen Formen der Interventionen aufdecken zu können. Literatur ■ Bittelmeyer, A. (2006): Was lernt der Boss vom Ross? managerSeminare 102, 54-59 ■ Dawson, B. T. (2014): An exploratory mixed methodology study into the theoretical foundation of equine-assisted psychotherapy. Electronic Theses, Projects, and Dissertations, 67. In: http: / / scholarworks.lib.csusb.edu/ etd/ 67, 16.09.2018 ■ Friesenhahn, J. (2015a): Coaching mit Pferden - bad practice oder doch good practice mit gesundem Menschenverstand? 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Kathrin Schütz Professorin für Wirtschaftspsychologie, Inhaberin „Dr. Kathrin Schütz - Psychologie im Reitsport“ & „Pferdecoaching Eifel“ Anschrift Hochschule Fresenius Düsseldorf · Psychology School · Platz der Ideen 2 · D-40476 Düsseldorf kathrin.schuetz@hs-fresenius.de
