mensch & pferd international
2
1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
41
2019
112
Forum: Wanted: Der perfekte Reitstall für Menschen mit besonderen Bedürfnissen
41
2019
Miriam Gfellner
Den perfekten Reitstall zu finden, in dem man sich wirklich wohl fühlt, ist alles andere als einfach. Speziell dann, wenn das Lernen und der Spaß nicht die einzigen Kriterien sind, sondern auch andere Komponenten in die Entscheidungsfindung einfließen: Wie groß sind die Pferde und welches Temperament haben sie? Wie viele Leute reiten in der Reitstunde mit? Kann jemand beim Aufsteigen helfen? Kann sich die Unterrichtsfachkraft auf eine neue Herausforderung einlassen? Ich bin von Geburt an kleinwüchsig. Laut dem Bundesverband für kleinwüchsige Menschen und ihre Familien leben derzeit ca. 10.000 Menschen mit Kleinwuchs in Österreich. Das bedeutet, als erwachsene Person erreichen Betroffene lediglich eine Körpergröße von 70 bis 150 Zentimetern. Über 200 Kleinwuchsarten gibt es, ich habe die häufigste: Achondroplasie.
2_011_2019_002_0076
76 | mup 2|2019|76-81|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378 / mup2019.art10d Forum Wanted: Der perfekte Reitstall für Menschen mit besonderen Bedürfnissen Eine Kleinwüchsige berichtet, worauf es ihr ankommt Miriam Gfellner Den perfekten Reitstall zu finden, in dem man sich wirklich wohl fühlt, ist alles andere als einfach. Speziell dann, wenn das Lernen und der Spaß nicht die einzigen Kriterien sind, sondern auch andere Komponenten in die Entscheidungsfindung einfließen: Wie groß sind die Pferde und welches Temperament haben sie? Wie viele Leute reiten in der Reitstunde mit? Kann jemand beim Aufsteigen helfen? Kann sich die Unterrichtsfachkraft auf eine neue Herausforderung einlassen? Ich bin von Geburt an kleinwüchsig. Laut dem Bundesverband für kleinwüchsige Menschen und ihre Familien leben derzeit ca. 10.000 Menschen mit Kleinwuchs in Österreich. Das bedeutet, als erwachsene Person erreichen Betroffene lediglich eine Körpergröße von 70 bis 150 Zentimetern. Über 200 Kleinwuchsarten gibt es, ich habe die häufigste: Achondroplasie. Menschen mit Kleinwuchs müssen im Alltag viele Barrieren meistern. Sie leben in einer genormten Welt, die nicht für sie gebaut ist. Daher lernen Kleinwüchsige von Geburt an, sich an das Umfeld anzupassen und die täglich gestellten Aufgaben geschickt zu meistern. Wenn die Arme zu kurz sind, um Dinge zu erreichen, dienen oft Alltagsgegenstände als Armverlängerung. Sind die Produkte, zum Beispiel in der Tiefkühltruhe im Supermarkt, unerreichbar, hilft eine freundliche Bitte, um die Aufmerksamkeit von Mitmenschen auf sich zu lenken und Hilfe zu erfragen. „Die meisten Menschen helfen mir gerne und freuen sich, wenn ich ihnen genau sage, wie sie mich unterstützen können.“ Meine Eltern haben sich bereits, als ich im Kindergartenalter war, für die Hippotherapie entschieden. Ziel war die Stärkung der gesamten Muskulatur sowie eine bessere Koordinierung des Gleichgewichtsinns und die Steigerung des Selbstbewusstseins. Seit den ersten Reitstunden sind Pferde aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken und ich habe eine große Leidenschaft für die kraftvollen Tiere entwickelt. Nach einigen Jahren Therapiereiten war es an der Zeit, in eine reguläre Reitschule zu wechseln. Dabei musste im Vorfeld abgeklärt werden, ob die Gegebenheiten in einem neuen Stall für mei- Abb. 1: Der Beginn der reiterlichen Karriere: Hippotherapie (Foto: Leopold Gfellner) Forum: Gfellner - Wanted: Der perfekte Reitstall für Menschen mit besonderen Bedürfnissen mup 2|2019 | 77 Miriam Gfellner nen Kleinwuchs und meine körperlichen Einschränkungen passen. Eine Sonderbehandlung kam für mich nicht in Frage, denn so wie alle anderen Kinder in meinem Alter wollte ich unabhängig sein und die Pflege des Pferdes selbstständig erledigen können. Dabei gibt es bis heute immer wieder Situationen, in denen es nicht nur auf das Gespür der Tiere für den Reiter, sondern auch auf das Gespür der Menschen ankommt. Das Umfeld: Bauliche Barrieren und Barrieren in den Köpfen Im Reitstall werden viele Gegenstände oft weiter oben aufbewahrt, um sie vor Hunden, Katzen oder Mäusen zu schützen. Ich schätze es, wenn der Betrieb dazu bereit ist, das benötigte Zaumzeug oder den Sattel etwas niedriger zu hängen oder einen stabilen Hocker zur Verfügung zu stellen, sodass die Ausrüstung ohne gefährliche Kletterabenteuer erreicht werden kann. Zu den räumlichen Barrieren am Hof gehören oft das große, schwere Hoftor, die Toiletten und der Zugang zur Tribüne. Manche Dinge können leider nur schwer adaptiert werden, bei anderen können kleine Änderungen, wie zum Beispiel das Zur-Verfügung-Stellen von stabilen Hockern, große Erleichterung bewirken. Außerdem kann eine zu hohe Bande für Menschen mit Kleinwuchs den Blick in die Reithalle erschweren - eine erhöhte Sitzmöglichkeit kann Abhilfe schaffen. Putzen, satteln, zäumen - Vorbereitungen auf die Reitstunde Manchmal wird mir bei der Vorbereitung des Pferdes für das Reiten zu viel abgenommen. Das passiert automatisch und ist gut gemeint. Doch genau wegen diesen für mich schönen Arbeiten komme ich in den Stall. Vom Striegeln bis hin zum Hufauskratzen können die meisten Arbeiten alleine bewältigt werden. Die liebevolle und achtsame Pflege des Pferdes und die gemeinsam verbrachte Zeit erfüllen mich sehr und ich möchte diesen Teil der Arbeit nicht missen. „Auch wenn es nicht immer gleich klappt, das Halfter über die Ohren des Pferdes zu ziehen, weil es den Kopf zu weit oben hält oder ich mich mehr anstrengen muss, um den Rücken des Pferdes beim Putzen zu erreichen, so erfüllt es mich doch sehr mit Stolz, wenn ich mein Pferd und mich (fast) alleine auf die Reitstunde vorbereiten kann.“ Je nach Größe des Pferdes wird beim Satteln Hilfe benötigt, hierbei sollte aber nicht das „Tun“ der Unterrichtsfachkraft, sondern das „Zusammenhelfen“ im Vordergrund stehen. Meistens benötige ich Hilfe beim Nachgurten, da ich - je nach Stockmaß des Pferdes - von meiner Position aus zu wenig Kraft aufbringen kann, um den Sattelgurt fest genug anziehen zu können. Von dem Pferderücken aus ist es mir aufgrund der kurzen Arme nicht möglich, den Sattelgurt enger zu schnallen. Das Aufzäumen gelingt bei wohlerzogenen Pferden, die den Kopf nicht entziehen, meistens alleine. Die Ausrüstung: Kleine Adaptionen machen den Unterschied In der Regel wird für kleinwüchsige Menschen keine spezielle Ausrüstung benötigt. Ich persönlich bevorzuge englische Abb. 2: Vorbereiten des Pferdes (Foto: Leopold Gfellner) 78 | mup 2|2019 Forum: Gfellner - Wanted: Der perfekte Reitstall für Menschen mit besonderen Bedürfnissen Sättel gegenüber Westernreitsätteln. Das Horn eines Westernsattels erschwert das Aufsteigen und auch die Steigbügel sind nicht flexibel genug verstellbar. Springsättel scheinen mit den vorgezogenen Pauschen besser an die Schenkellage zu passen als ein Dressursattel mit sehr geradem Sattelblatt, ebenso werden Sättel mit tiefem Sitz bevorzugt. Die Unterschiede werden als geringfügig empfunden. Voltigiergurte oder Therapiegurte mit sehr stabilen Griffen werden als angenehm erlebt. Baumlose Sättel oder Fellsättel bieten aufgrund der gegebenen Instabilität weniger Halt und ich, beziehungsweise vermutlich auch andere betroffene Personen, neigen dabei dazu, in ein starkes Hohlkreuz fallen. Bei der Länge der Steigbügelriemen gilt es zu beachten, dass genügend Löcher zum Verstellen vorhanden sind. Kurze Steigbügelriemen für Kinder können Abhilfe schaffen, eine eventuelle Alternative wären extra Löcher, welche für die betroffene Person mit einer Lochzange gestanzt werden können. Notfalls kann mit dem Überschlagen der Steigbügelriemen gearbeitet werden. Da dies allerdings eher umständlich ist, ist bei regelmäßigem Unterricht für Menschen mit Kleinwuchs davon abzuraten. Die Steigbügel an sich werden in einer regulären Größe benötigt, da die Füße von Kleinwüchsigen meist etwas breiter sind und sich beim Sturz aus Kindersteigbügeln leichter verhängen können. Bei der Wahl der Ausrüstung gilt es, auf die individuellen Bedürfnisse der Personen einzugehen. Zwei lange Gerten können von Vorteil sein, um die Hilfengebung zu präziseren. Wichtig ist außerdem, dass die Zügel lang genug sind, um diese gut erreichen zu können und dem Pferd dennoch die gewünschte Dehnung zu ermöglichen. Hierbei ist außerdem der Sicherheitsaspekt nicht zu unterschätzen. Wenn das Pferd eine rasche, unerwartete Kopfbewegung macht (Fliegen! ), werden die ReiterInnen bei zu kurzen Zügeln leichter aus dem Gleichgewicht gebracht. Ein längerer Zügel erlaubt hier etwas mehr Spielraum, der Gleichgewichtsverlust und / oder Verlust des Zügels kann vermieden werden. Wünsche an das Pferd Generell werden Pferde mit klaren, eher flachen Gängen mit wenig Schwung bevorzugt. Die Hauptarbeit findet im Schritt und Trab statt, aufgrund der kurzen Beine und dem daraus resultierenden geringen Halt auf dem Pferderücken galoppiere ich selten. Abb. 3: Ein Versuch im Westernsattel (Foto: Leopold Gfellner) Forum: Gfellner - Wanted: Der perfekte Reitstall für Menschen mit besonderen Bedürfnissen mup 2|2019 | 79 Voraussetzung für Galoppreprisen sind ein gutes Vertraut-sein mit den Bewegungen sowie dem Temperament des Pferdes. Hierbei gilt es, das eigene Können sowie das Pferd möglichst gut einschätzen zu können. Auch das Springreiten würde ein großes Risiko für Menschen mit Kleinwuchs darstellen und wird (von mir persönlich) vermieden. Bei der Arbeit mit Gangpferden hingegen eröffnen sich mir alternative Möglichkeiten. Eine spezielle Ausbildung des Pferdes ist nicht notwendig, das Pferd sollte jedoch sensibel auf feine Hilfen reagieren und sich an die besonderen Bedürfnisse der kleinen ReiterInnen anpassen. Viele Pferde lassen sich auf diese Besonderheiten gut ein und senken beispielsweise beim Aufzäumen automatisch den Kopf, oder bleiben beim Auf- und Absteigen gelassen stehen. Das Reiten nach der Signalreitweise, die häufig bei Island- und Westernpferden angewendet wird, erleichtert Menschen mit Kleinwuchs die eigene Hilfengebung. Sind Pferde an diese Reitweise gewöhnt und dementsprechend ausgebildet, benötigen sie keine ständige Einwirkung des Reiters. Statt einer konstanten Schenkeleinwirkung und Zügelparaden genügen signalartige Kommandos für „Langzeitwirkung“. Ein eigenständiges Arbeiten und Mitdenken des Pferdes, auch ohne den ständigen Rahmen des Reiters, ist erwünscht. Die besondere Eignung von gangveranlagten Islandpferden für Menschen mit Kleinwuchs Aus meiner Sicht scheinen Islandpferde mit Gangveranlagung im Unterricht für Menschen mit Kleinwuchs besonders geeignet zu sein. Islandpferde sind zumeist sehr freundlich und dem Menschen zugewandt. Die Größe ist angenehm, trotzdem können sie ein Gewicht bis zu 85 kg gut tragen. Aufgrund ihrer Herkunft sind sie ausgesprochen trittsicher und ermöglichen somit ein sicheres Reiten im Gelände. Ein Stolpern kann bei Reitern mit kurzen Beinen schon für deutliche Gleichgewichtsprobleme sorgen. Der für Isländer typische, gelaufene Tölt ist oft einfacher zu reiten als ein schwunghafter Trab. Hier gelingt es mir leichter, in einen ausbalancierten Sitz zu kommen. Das Reiten im Tölt schont außerdem den Rücken des Reiters: Ein heikles Thema für kleinwüchsige Menschen, da diese oft im Jugendalter schon mit Bandscheibenvorfällen konfrontiert sein können. Auf dem Rücken der Pferde - auf Augenhöhe mit dem Umfeld Das Aufsteigen auf das Pferd stellt auch für durchschnittlich große Menschen eine Herausforderung dar. Kleinwüchsige begegnen hier einer Situation, die unter Umständen gefährlich werden kann. Ideal ist es, wenn eine hohe Rampe zur Verfügung steht und das Pferd an diese Aufstiegshilfe gewöhnt ist. Ansonsten kann die notwendige Unterstützung geleistet werden, indem mich zwei Personen jeweils an einem Bein hoch- und in den Sattel heben. Ein verlängerter Steigbügel führt meist nicht zum Ziel, da die Beine zu kurz sind, um mich über den Pferderücken schwingen zu können. Da die Hilfengebung durch die verkürzte Beinlänge der Reiterin für das Pferd oft schwerer deutbar ist, ist es wichtig, sensible Pferde für den Unterricht zu wählen, die auch auf geringe Abb. 4: Mit Isländerwallach Gyllir auf der Ovalbahn (Foto: Leopold Gfellner) 80 | mup 2|2019 Forum: Gfellner - Wanted: Der perfekte Reitstall für Menschen mit besonderen Bedürfnissen Hilfen ausreichend reagieren. Um die Hilfengebung über das Bein zu verstärken, versuche ich dem Pferd mit meiner Stimme und klaren verbalen Kommandos zu helfen. Wichtig ist, dass die Pferde wohlerzogen sind, da auch kleine Unarten (Kopfschlagen etc.) sehr unangenehm und zum Teil sogar als bedrohend für die Balance empfunden werden können. Gerade im Gelände kann es für Kleinwüchsige zu gefährlichen Situationen kommen, wenn das Pferd den Kopf senkt, um nach einem Grasbüschel zu schnappen. Die Zügel können schnell aus der Hand gleiten und über den Hals des Pferdes rutschen. Es ist schwer möglich, diese wieder einzufangen und die Kontrolle über das Pferd zu behalten. Aus diesem Grund ist es eine gute Möglichkeit, die Zügel durch einen Mariahilfriemen zu ziehen, um diese zu sichern, falls das Pferd den Kopf abrupt senkt. Ich schätze, wie vermutlich alle ReitschülerInnen, die Abwechslung im Unterricht. Angefangen von Sitzkorrekturen, über das Erlernen der korrekten Einwirkung bis hin zum konkreten Training von bestimmten Lektionen sind viele Punkte auch für Menschen mit Kleinwuchs erlernbar. Der Ablauf einer Reitstunde sollte, entsprechend dem Regulärunterricht, aus einer Mischung zwischen konzentrierten Arbeitsphasen und entspannenden Schrittpausen bestehen. Oft reicht eine halbe Stunde intensives Reiten aus, um mich zu for- „Als ausgebildete Fachkraft für Heilpädagogische Förderung mit Pferd sowie Lehrwartin für integratives Reiten begegnen mir eine Vielzahl verschiedener Beeinträchtigungen, deren individuellen Bedürfnissen man versucht gerecht zu werden. Die Arbeit am Pferd mit Menschen mit Kleinwuchs birgt dabei einige Aspekte, die einen als Unterrichtsfachkraft vor Herausforderungen stellt. Diese Herausforderung beginnt bei Miriam, wie bei allen KlientInnen, bei der Wahl des richtigen Pferdes: Flache, eher schwunglose Gänge (in unserem Fall mit leicht zu reitendem, bequem zu sitzendem Tölt), sensibel ohne schreckhaft zu sein und so gut ausgebildet, dass verschiedene Lektionen auch mit weniger Einwirkung zu reiten sind. Trittsicher im Gelände, fleißig vorwärtsdenkend, ohne dabei unkontrolliert zu werden - so sollte sich aus Sicht der Fachkraft das Pferd der Wahl präsentieren. Beim gemeinsamen Vorbereiten des Pferdes gilt es, Miriam zu unterstützen, ohne ihr die Arbeit, die eigentlich ohne Hilfe erledigt werden kann, abzunehmen. Nachfragen und miteinander kommunizieren steht hier im Vordergrund - ich persönlich habe sehr offene, selbstbewusste Menschen mit Kleinwuchs kennengelernt, die sehr genau wissen und einschätzen können, was sie sich selber zumuten können und wollen. Hierauf sollte man sich verlassen, ohne dabei das eigene Sicherheitsbedürfnis zu ignorieren und gegebenenfalls zu kommunizieren. Die Organisation des Aufsteigens sollte bereits im Vorhinein abgesprochen werden, um hier stressige Situationen zu vermeiden. Sollten Ställe keine genügend hohe Aufstiegstreppe oder Rollstuhlrampe zur Verfügung haben, muss eine zweite Person beim Aufsteigen behilflich sein. Neigt das Pferd beim Aufsteigen dazu, nicht ruhig stehen zu bleiben, eventuell sogar eine dritte. Da Menschen mit Kleinwuchs kognitiv in der Regel absolut nicht beeinträchtigt sind, gilt es den Unterricht abwechslungsreich und fordernd zu gestalten, ohne dabei körperlich zu überfordern. Dabei eigenen sich aus meiner Sicht theoretische Inputs (angefangen vom Erläutern der Skala der Ausbildung des Pferdes bis hin zu Gangtheorie etc.), Sitzkorrekturen (wobei hierbei auf gegebene anatomische Individualitäten Rücksicht genommen werden muss) bis hin zum Abrufen von korrekten Hufschlagfiguren und Übergängen. Man hat also ein sehr breit gefächertes Feld und viele Möglichkeiten, um den Unterricht abwechslungsreich und gut, immer auf Augenhöhe mit den KlientInnen, gestalten zu können (Bauer, 2018).“ Exkurs: Aus Sicht von Miriams Unterrichtsfachkraft Forum: Gfellner - Wanted: Der perfekte Reitstall für Menschen mit besonderen Bedürfnissen mup 2|2019 | 81 dern, jedoch nicht zu überfordern. Konkrete Übungen, die körperliche Anstrengung mit sich bringen, können mit Schrittpausen aufgelockert werden. Am meisten fordert mich dabei nicht unbedingt das Reiten in schnellen Gangarten, sondern die korrekte Durchführung konkreter Übungen, wie zum Beispiel das Schenkelweichen, da hier Gewichtsverlagerungen und ein gefühlvoller Schenkeldruck sowie feine Zügelhilfen gefragt sind und sich Reiter und Pferd fokussieren müssen. Wünsche an die Unterrichtsfachkraft In der Jugend bestanden viele meiner Reitstunden hauptsächlich daraus, im Unterricht an der Longe von einem Buchstaben zum nächsten zu reiten oder in der Abteilung hinter vielen anderen Pferden gedankenlos hinterher zu reiten. Die Pferde waren im Vorfeld bereits fertig gesattelt und es konnte nur wenig gemeinsame Zeit im Stall verbracht werden. Nach einem Stallwechsel hat sich das geändert und ich entdeckte die Welt der Bodenarbeit für mich, durfte an Ausritten teilnehmen - ein Gefühl von Freiheit und Selbstbestimmtheit - und das Hofleben aktiver miterleben. „Gerade jetzt als Erwachsene, wenn das Reiten aus Zeitgründen zur Seltenheit wird, genieße ich den Luxus einer speziell für mich gestalteten Einzelstunde und die Zeit im Stall.“ Der Traum vom eigenen Pferd? Der Traum vom eigenen Pferd schwebt seit Kindheitstagen in meinem Kopf herum und ist nie verschwunden. Mir ist klar, dass es eine Herausforderung darstellen wird, das Pferd rundum selbstständig betreuen zu können und ich dabei in einigen Situationen immer auf fremde Hilfe angewiesen sein werde. Die Versorgung eines Pferdes kann - auch mit zunehmendem Alter - körperlich an meine Grenzen gehen. Dennoch hoffe ich, mir diesen Traum eines Tages verwirklichen zu können. Die Arbeit mit den Pferden ist eine gute Möglichkeit für Menschen mit oder ohne Handicap, Freiheit zu spüren und die Schwierigkeiten, die der Alltag bringt, hinter sich zu lassen. Pferde sind fürsorglich, tragen ihre Reiter und fordern gleichzeitig Verantwortung und Mut, denn sie müssen geführt und gesteuert werden. Ich bin durch die Arbeit mit den Pferden auf jeden Fall gewachsen! Literatur ■ Bauer, M. (2018): Unveröffentlichtes Manuskript Die Autorin Miriam Gfellner ist einen Meter und 29 Zentimeter groß. Das ist die Größe eines 8-jährigen Kindes. Sie ist 25 Jahre alt und eine selbstbewusste Frau, die mit Achondroplasie geboren wurde. Sie hat in Wien den Bachelor of Arts in Werbung und Markenmanagement abgeschlossen und lebt in Irland, wo sie derzeit für eBay in Dublin arbeitet. Anschrift Teichstraße 3 · A-4722 Peuerbach · miriam.gfellner@gmail.com
