mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Praxistipp: Mach dich locker - Aufwärmübungen für Ross und Reiter
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Beate Zender
Antonia Zender
Jennifer Zender
Mittlerweile weiß es ja eigentlich jeder: Vor sportlicher Betätigung sollte man sich aufwärmen. Dieses Allgemeinwissen gilt sowohl für uns Menschen als auch für unsere Pferde. In den meisten Sportarten wird es auch so praktiziert. Aber seien Sie ehrlich: Wärmen Sie sich vor dem Reiten auf? Die meisten Reiter tun dies nicht. In diesem Beitrag wollen wir über die Relevanz des Aufwärmens für uns und unsere Pferde sprechen. [...]
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138 | mup 3|2020|138-145|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378 / mup2020.art21d Beate Zender, Antonia Zender, Jenny Zender Praxistipp Mach dich locker - Aufwärmübungen für Ross und Reiter Mittlerweile weiß es ja eigentlich jeder: Vor sportlicher Betätigung sollte man sich aufwärmen. Dieses Allgemeinwissen gilt sowohl für uns Menschen als auch für unsere Pferde. In den meisten Sportarten wird es auch so praktiziert. Aber seien Sie ehrlich: Wärmen Sie sich vor dem Reiten auf? Die meisten Reiter tun dies nicht. In diesem Beitrag wollen wir über die Relevanz des Aufwärmens für uns und unsere Pferde sprechen. Wir hoffen, Ihnen damit neue Anregungen, zum Beispiel beim Korrekturreiten Ihrer Therapiepferde und beim Unterrichten Ihrer Klienten, geben zu können. Da wir Fachkräfte unsere Therapiepferde auch korrekturreiten, um sie eben gesund zu halten und sinnvoll zu gymnastizieren, ist Losgelassenheit einer der wichtigsten Bausteine in der Pferdeausbildung. Denn ohne Losgelassenheit sind die oben genannten Ziele gar nicht möglich. Jeder Reiter lernt irgendwann, dass jede Reitstunde sich in drei Phasen unterteilt: ■ Lösungsphase ■ Arbeitsphase ■ Entspannungsphase Meiner Meinung besteht die Lösungsphase allerdings aus zwei wesentlichen Teilen: Sie startet mit einer Art Aufwärmprogramm für Mensch und Pferd und geht dann in die klassische Lösungsphase über, sodass, je nach Pferd, diese erste Phase gut 20-30 Minuten dauern kann. So lange benötigt der Körper des Pferdes, bevor die eigentliche Belastung beginnen kann. In dieser Zeit kann aber auch unsere eigene Muskulatur warm und geschmeidig werden. Im besten Fall schaffen wir es, durch die Aufwärmübungen unser Herz-Kreislauf-System hochzufahren. Dabei wird die Bildung von Gelenkflüssigkeit angeregt, diese ist wichtig zur Vorbeugung von Verletzungen. Zudem ein wesentlicher Punkt: Mensch und Pferd können sich mental auf das Kommende einstimmen. Im Detail bedeutet das Folgendes: Um diese wichtigen Veränderungen in unserem Körper und dem des Pferdes abrufen und von Ruhe und Entspannung auf Belastung hochfahren zu können, braucht es einige Zeit. Wir meinen, es lohnt sich, sich diese Zeit zu nehmen und seinem Pferd zu geben, da dann die Reiteinheit für alle positiver verlaufen kann. Eventuell sind Sie von Ihrer Tätigkeit zuvor noch gestresst oder verspannt. Vielleicht ist Ihnen kalt, dann sind es Ihre Muskeln meist auch. Wenn Sie so auf den Pferderücken steigen, dann werden Sie aller Wahrscheinlichkeit nach den Bewegungen des Pferdes nicht so harmonisch folgen können, wie Sie es möchten. Damit stören Sie Ihr Pferd in seinen Bewegungen und werden damit ungewollt verhindern, dass es losgelassen unter Ihnen laufen kann. Praxistipp: Zender, Zender, Zender - Mach dich locker - Aufwärmübungen für Ross und Reiter mup 3|2020 | 139 Die Aufwärmphase aus physiotherapeutischer Sicht Wie bereits erwähnt, muss über die Sinnhaftigkeit einer Aufwärmung vor jeglicher sportlichen Tätigkeit auch aus physiotherapeutischer Sicht nicht diskutiert werden. Eine Besonderheit stellt hierbei allerdings das Dehnen unmittelbar vor und / oder nach dem Sport dar. Die Studienlage hierzu ist nach wie vor nicht eindeutig. Um eine effiziente Übungsfolge zu erstellen, sehen wir uns einmal die zu erwartenden Belastungen des Bewegungsapparates genauer an: Zur Ausführung einer technisch einwandfreien Reiteinheit bedarf es zunächst einer guten Gleichgewichtsfähigkeit. Weiterhin wird eine hohe Körperspannung benötigt, insbesondere in Bezug auf die muskuläre Rumpfstabilität. Die Kraftausdauerfähigkeit der Beinmuskulatur ist natürlich unerlässlich bei einem gleichzeitig hohen Maß an funktioneller Beweglichkeit der Gelenke des Hüft- und Beckenbereiches. Je nach individuellem Trainingszustand kann es sinnvoll sein, den einen oder anderen Bereich auch längerfristig außerhalb des eigentlichen Reitsports zu trainieren, z. B. mit Yoga oder gezielten Dehn- und Kraftübungen. Die im Folgenden vorgestellte Übungsfolge lässt sich gut zur optimalen Vorbereitung unmittelbar vor einer Reiteinheit, integriert in die Lösungsphase, einsetzen. Alles hängt zusammen: Ist das Becken fest, dann werden die Bewegungen des Pferdes blockiert. Sind die Schultern verspannt, dann wird die Reiterhand härter. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns vor dem Reiten entspannen und uns auf das Kommende einstellen und durch Aufwärmübungen die Muskeln lockern. Denn wie bereits erwähnt, aufgewärmt zu sein bedeutet, besser reiten zu können. Daher würden wir empfehlen, diese erste Phase am Boden zu starten. Dabei ist es egal, ob dies in der Halle / auf dem Reitplatz geschieht oder man eine kleine Runde spazieren geht. Ganz im Gegenteil, Abwechslung ist auch hier von Vorteil. Nach dem Putzen Ihres Pferdes können Sie direkt beginnen. Im Folgenden haben wir Übungen zur Erwärmung für Sie. Im Stand: Aktivierung der Hüftbeuger ■ Ziel: Beweglichkeit der Hüfte und des Beckens ■ Ausführung: Rechtes Bein im Ausfallschritt nach vorne; linkes / hinteres Bein strecken; Oberkörper aufrichten; beide Hände auf dem rechten Oberschenkel abstützen; das rechte Knie so weit beugen, bis eine deutliche Dehnung in der linken Leiste spürbar ist ■ Ca. 1 min halten, dann Seitenwechsel ■ Zu beachten: Das Knie des gebeugten Beines sollte nicht mehr als 90 Grad gebeugt sein, d. h. hinter oder über dem Knöchel sein. Abb. 1: Aktivierung der Hüftbeuger 140 | mup 3|2020 Praxistipp: Zender, Zender, Zender - Mach dich locker - Aufwärmübungen für Ross und Reiter Tiefer Squad ■ Ziel: Hüftöffnung, Beweglichkeit des Beckens ■ Ausführung: Beine etwas breiter als hüftbreit öffnen; Zehen zeigen nach vorne; das Gesäß in Richtung Boden sinken lassen in eine tiefe Kniebeuge; Rücken aufrichten; Kopf mit Blick geradeaus; die Hände vor der Brust in Gebetshaltung zusammen nehmen; die Oberarme kommen an der Innenseite der Oberschenkel zu liegen und schieben die Beine leicht auseinander ■ Die Position ca. 1 min halten ■ Zu beachten: Die Oberschenkelmuskulatur bleibt entspannt, d. h., das Gesäß „hängt“ zwischen den Beinen, ggf. die Fersen etwas anheben. Äpfel pflücken im Stand bzw. im Gehen ■ Ziel: Aufrichtung und Streckung des gesamten Körpers, Schulung des Gleichgewichtes ■ Ausführung: Auf die Zehenspitzen stellen; beide Arme nach oben strecken; abwechselnd mit den Händen noch weiter in Richtung Himmel greifen, als wollte man einen Apfel pflücken, an den man gerade noch dran kommt; Blick zur ausführenden Hand oder geradeaus; eventuell kleine Schritte auf der Stelle machen oder auch im Gehen ■ Wiederholung: 5-mal pro Seite ■ Zu beachten: Während der Übung tief ein- und ausatmen. Nach den Übungen im Stand geht’s in die Bewegung. Aufwärm-Spaziergang im Gelände, um die Reitanlage oder auch durch die Halle / um den Platz: Wer sein Pferd zum Aufwärmen eine Runde im schnellen Schritt führt, bringt es in Schwung - und sich selbst gleich mit. Das Pferd darf sich dabei ungezwungen am durchhängenden Zügel oder Strick bewegen, kann so seinen Hals drehen und strecken und dabei die Umwelt wahrnehmen. In dieser Zeit kann unser Pferd sich auf die veränderte körperliche Bewegung (regelmäßiges An- und Entspannen der Muskulatur, Wechsel zwischen Anwinkeln und Streckung der Gelenke) einstellen. Durch fleißige, kontinuierliche Schrittbewegung wird die Gelenkschmiere optimal verteilt (nach etwa 20 Minuten) und die Muskulatur bis in die tiefen Strukturen durchblutet (nach etwa 40 Minuten). Nach und nach werden die Schritte immer raumgreifender und geschmeidiger - ein Zeichen dafür, dass das Pferd beginnt loszulassen. Losgelassenheit: bezeichnet einen physischen und psychischen Zustand der Entspannung des Pferdes. Kennzeichen sind unter anderem das lockere und gleichmäßige An- und Abspannen der Muskulatur, eine erhöhte Dehnungsbereitschaft des Pferdes, lockeres Schwingen des Schweifes und hörbares Abschnauben. Für diejenigen, denen einfach nur Führen zu „langweilig“ ist, haben wir eine kleine Übung: Abb. 2: Tiefer Squad Praxistipp: Zender, Zender, Zender - Mach dich locker - Aufwärmübungen für Ross und Reiter mup 3|2020 | 141 Besser miteinander kommunizieren am Boden Die Zeit am Boden können Sie außerdem dafür nutzen, Ihre Kommunikation mit dem Pferd zu überprüfen. Beobachten Sie Ihr Pferd. Wir möchten, dass unser Pferd sich auf uns konzentriert, also konzentrieren Sie sich auch schon gleich zu Beginn auf Ihr Pferd. Führen Sie Ihr Pferd von beiden Seiten. Dies ist schon ein erster einfacher Punkt zur korrekten Gymnastizierung. Dabei sollte Ihr Pferd brav neben Ihnen laufen, respektvoll Abstand halten und weder drängeln noch träge schlurfen. Üben Sie außerdem, anzuhalten und nur über Ihre Körpersprache rückwärts zu steuern. Das Führen kann nach einigen Runden auch weiterentwickelt werden. Bauen Sie Momente der Handarbeit und Langzügelarbeit/ Fahren vom Boden ein. Auch diese Übungen haben den Vorteil, dass der Reiter gleich mit aufgewärmt ist. Denken Sie daran: Wir reiten selbst besser, wenn wir aufgewärmt sind, bevor wir aufs Pferd steigen. Ein aufgewärmter Reiter sitzt besser, da er seinen Körper aktiver wahrnimmt und Bewegungen flüssiger ausführen kann. Nach der Zeit am Boden macht es Sinn aufzusteigen. So kann unser Pferd sich auf andere Gleichgewichtsverhältnisse (unser Reitergewicht auf dem Pferderücken) sowie andere psychische Anforderungen (z. B. Wechsel der Umgebung) einstellen. (20 min Schritt in der Führmaschine ersetzen deshalb auch nicht alle Schrittrunden unter dem Reiter! ) Übungen auf dem stehenden Pferd oder auf dem am langen Zügel im Schritt gehendem Pferd: Äpfel pflücken auf dem Pferd ■ Ziel: Streckung der Wirbelsäule ■ Ausführung: Beide Arme nach oben strecken; abwechselnd mit den Händen noch weiter in Richtung Himmel greifen, als wollte man einen Apfel pflücken, an den man gerade noch dran kommt; Blick zur ausführenden Hand oder geradeaus ■ Zu beachten: möglichst tiefe Atemzüge ■ Wiederholungen: 5-mal pro Seite Rotation Fußgelenke ■ Ziel: Mobilisation der Fußgelenke ■ Ausführung: Linkes Bein strecken; mit gestrecktem Bein die Fußspitze in Richtung Nase ziehen; anschließend die Fußspitze in Richtung Boden strecken; das Fußgelenk im Uhrzeigersinn kreisen; das Fußgelenk gegen den Uhrzeigersinn kreisen; die Übungen auf der anderen Seite wiederholen, oder beide Fußgelenke gleichzeitig mobilisieren ■ Wiederholungen: gesamte Abfolge 3-mal Schulter kreisen ■ Ziel: Mobilisierung und Lockerung der Schultergelenke ■ Ausführung: Aufrechter Sitz, Rücken gerade, Arme locker hängen lassen; beide Schulter kreisend über vorne nach oben in Richtung Ohren ziehen und über hinten so tief wie möglich nach unten bringen Abb. 3: Ein entspannt am langen Zügel gehendes Pferd bietet optimale Möglichkeit für einfache Aufwärmübungen im Schritt 142 | mup 3|2020 Praxistipp: Zender, Zender, Zender - Mach dich locker - Aufwärmübungen für Ross und Reiter ■ Wiederholungen: 5-mal kreisen ■ Zu beachten: Während der Aufwärtsbewegung über vorne gleiten, die Schulterblätter auseinander; während der Abwärtsbewegung ziehen sich die Schulterblätter zusammen, die Übung endet unten. Handgelenke kreisen ■ Ziel: Mobilisierung der Handgelenke, Aktivierung der Unterarmmuskulatur, Durchblutung der Hände ■ Ausführung: Aufrechter Sitz, Rücken gerade; Arme gestreckt vor den Körper bringen; Hände zu lockeren Fäusten ballen, Handrücken nach oben; Handgelenke „klappen“ nach unten, von hier aus kreisende Handbewegungen über innen, oben, außen, unten ■ Richtungswechsel ■ Wiederholungen: 5-mal in jede Richtung kreisen Finger spreizen ■ Ziel: Mobilisierung der Fingergelenke, Durchblutung der Hände ■ Ausführung: Aufrechter Sitz, Rücken gerade; beide Arme und Hände gestreckt nach vorne, Handrücken Richtung Decke; im Wechsel Finger aktiv spreizen und anschließend die Hände zu Fäusten ballen ■ Wiederholungen: je 10-mal strecken und ballen HWS-Rotation / Kreisen ■ Ziel: Mobilisation der Halswirbelsäule und oberen Brustwirbelsäule ■ Ausführung: Aufrechter Sitz, Rücken gerade; Schultern weg von den Ohren; Blick geradeaus; den Kopf abwechselnd zur rechten und linken Seite drehen ■ Wiederholungen: 5-mal pro Seite Kinn zur Brust sinken lassen ■ Mit dem Kinn einen Halbkreis zur rechten Schulter und von dort zur linken Schulter beschreiben (nur über vorne / unten) ■ Wiederholungen: 5-mal je Richtung ■ Zu beachten: Rücken bleibt aufrecht und Schultern tief, die Bewegungen niemals endgradig ausführen, d. h. nur soweit den Kopf drehen, wie die Bewegung schmerzfrei möglich ist. Diese Übungen bieten sich eher auf dem stehenden Pferd an: Beckenkippung ■ Ziel: Beweglichkeit und Flexibilität im Becken und in der unteren Wirbelsäule ■ Ausführung: Aufrechter Sitz; Sitzbeinhöcker wahrnehmen und Gewicht möglichst gleichmäßig verteilen; Hände in der Hüfte abstützen Abb. 4: Handgelenke kreisen Abb. 5: Finger spreizen Praxistipp: Zender, Zender, Zender - Mach dich locker - Aufwärmübungen für Ross und Reiter mup 3|2020 | 143 oder seitlich hängen lassen; das Becken langsam nach vorne kippen (Hohlkreuz), dann das Becken nach hinten kippen (Schambein zieht in Richtung Bauchnabel) ■ Wiederholungen: abwechselnd 5-mal in jede Richtung ■ Zu beachten: Während der gesamten Übung den Bauchnabel in Richtung Wirbelsäule ziehen; oberer Rücken bleibt aufgerichtet; Schultern sinken lassen. Rumpfrotation ■ Ziel: Verbesserung der Wirbelsäulenbeweglichkeit ■ Ausführung: Arme überkreuzt auf Brusthöhe ablegen, Hände sind geöffnet; Rotation mit dem gesamten Oberkörper abwechselnd zu beiden Seiten, Kopf folgt der Rotationsrichtung ■ Wiederholung: 5-mal pro Seite ■ Zu beachten: Während der gesamten Übung den Bauchnabel einziehen / in Richtung Wirbelsäule ziehen, dies aktiviert die Bauchspannung; Rücken gerade halten - Aufrichtung, Schultern locker nach unten. Rumpfkippung ■ Ziel: Beweglichkeit der Wirbelsäule, Aktivierung der tiefen Rumpfmuskulatur ■ Ausführung: Arme überkreuzt auf Brusthöhe ablegen, Hände sind geöffnet; Becken ist stabil in mittlerer Position (weder nach vorne, noch nach hinten gekippt); Wirbelsäule aufgerichtet; Bauchnabel zieht in Richtung Wirbelsäule; Kopf gerade; linke Schulter in Richtung linke Beckenschaufel bringen, Seitenwechsel ■ Wiederholungen: 5-mal pro Seite ■ Zu beachten: Beide Sitzbeinhöcker bleiben während der ganzen Übung im guten Kontakt mit dem Sattel; die Bauchspannung bleibt die ganze Zeit aktiv; Schultern von den Ohren entfernen d. h. Schultern sinken lassen. Diagonale ■ Ziel: Beweglichkeit der Wirbelsäule und des Schultergürtels, Aktivierung der tiefen Rumpfmuskulatur ■ Ausführung: Rechten Arm weit nach hinten und nach oben strecken, den Oberkörper dabei zur rechten Seite öffnen; der Blick geht zur rechten Hand; die rechte Hand diagonal zum linken Knie, Schienbein oder Fuß bringen, je nach Be- Abb. 6: Rumpfrotation Abb. 7: Rumpfkippung Abb. 8: Diagonale 144 | mup 3|2020 Praxistipp: Zender, Zender, Zender - Mach dich locker - Aufwärmübungen für Ross und Reiter weglichkeit; wieder in die normale Aufrichtung kommen, Seitenwechsel ■ Wiederholungen: 3-mal pro Seite ■ Zu beachten: Während der gesamten Übung die Bauchmuskulatur und den Beckenboden anspannen (Bauchnabel in Richtung Wirbelsäule ziehen, Sitzbeinhöcker zusammenziehen); Schultern sinken lassen. Nach den physiotherapeutischen Übungen für den Reiter folgt spätestens jetzt der Schritt am langen Zügel für das Pferd: Ungezwungener Schritt am langen Zügel sollte unserer Meinung nach jedes Reittraining eröffnen - auch wenn man bereits einen Aufwärm-Spaziergang hinter sich hat. Am hingegebenen Zügel soll das Pferd im Idealfall völlig unbeeinflusst von reiterlichen Hilfen ins Schreiten kommen. Nur durch eine Lenkung mit unserem Sitz können in dieser Phase bereits erste große Wendungen geritten und das Pferd so auf die nächste Phase eingestimmt werden. Reiterliche Übungen währenddessen: Feines Lenken über den Sitz Während der Wendungen können Sie bewusst Ihren Körper mit in die Bewegungsrichtungen drehen lassen. Das hilft Ihrem Pferd, die Hilfen eindeutiger zu verstehen, und Ihnen beim weiteren Erwärmen der eigenen Muskulatur. Sie können, wie bereits am Boden, ein wenig ausprobieren, wie gut die Kommunikation mit Ihrem Pferd ist: Wie gut können Sie es nur durch Gewichtshilfen am langen Zügel lenken? Die Hilfen hierfür wären der Fokus, die Ausrichtung des Körpers und der Sitz. Das stärkt die Verbindung und verfeinert die Kommunikation. Während Sie am hingegebenen Zügel Ihr Pferd nur mit Gewichtshilfen durch die Halle leiten, können Sie Ihren eigenen Körper einmal von oben bis unten „durchscannen“: Finden Sie Verspannungen? Können Sie diese auflösen? Wenn wir uns selbst lockern, können wir ein Stück weit verhindern, dass eigene Sitzfehler das Pferd unter uns blockieren. Lösungsphase individuell anpassen Ist die Zwanglosigkeit im Schritt sichergestellt, beginnt die eigentliche, wohl bekannte Lösungsphase. Und die kann je nachdem, was das jeweilige Pferd braucht, ganz unterschiedlich aussehen. Grundsätzlich wichtig ist: Sie muss hinsichtlich Intensität und koordinativer Anforderungen vom Leichten zum Schweren führen und darf das Pferd nicht ermüden, sondern den Körper lediglich aktivieren. Ob die Lösungsarbeit am besten im Schritt, Trab oder Galopp durchgeführt wird, hängt demnach sehr von den individuellen Voraussetzungen und Vorlieben des Pferdes ab. Zu berücksichtigende Faktoren sind beispielsweise: ■ Alter des Pferdes ■ Trainingszustand ■ Wetter ■ Disziplin (Ausritt, Dressur, Springen …) ■ Leistungsniveau ■ Temperament Abb. 9: Gut aufgewärmt zu allen Jahreszeiten mit verschiedenen Übungen Praxistipp: Zender, Zender, Zender - Mach dich locker - Aufwärmübungen für Ross und Reiter mup 3|2020 | 145 Einschub: EFT / Gamut-Point-Technik EFT oder Emotional Freedom Techniques wurden von dem Amerikaner Gary Craig entwickelt und verbinden Akupressur und Neurologie. Die im Folgenden erklärte Gamut- Point-Technik ist ein Teil daraus und dauert nur wenige Minuten. Du kannst sie vor deiner Reitstunde anwenden, wenn du z. B. nach einem hektischen Tag das Gefühl hast, noch nicht so ganz „angekommen zu sein“, oder du oder deine Schülerin / dein Schüler ängstlich wirkt. Ausführung: Die 9 Schritte der Gamut-Point-Technik: ■ Gamut-Punkt klopfen / tappen: Klopfe den Gamut-Punkt (zwischen den Knöcheln des Kleinen und Ringfingers ca. einen Fingerbreit darunter in Richtung Handgelenk) und konzentriere dich auf das Gefühl. Wie stark ist dieses Gefühl auf einer Skala von 1-10? Atme hier tief ein und tief aus und klopfe einfach nur diesen Punkt. ■ Schließe kurz deine Augen ■ Öffne deine Augen dann wieder ■ Schaue einmal nach rechts unten, schaue dann nach links unten - Kopf dabei gerade halten - nur die Augen bewegen sich ■ Drehe deine Augen einmal im Uhrzeigersinn (Kopf gerade) ■ Drehe deine Augen einmal gegen den Uhrzeigersinn (Kopf gerade) ■ Summe danach ein Lied, das du einfach magst (z. B. „Happy Birthday“) ■ Dann zähle von 5 auf 1 runter ■ Jetzt summe nochmal ein Lied, das du gerne magst. Schließe nochmal deine Augen und atme tief ein und aus und schau wie intensiv das Gefühl jetzt noch für dich ist. Es gibt bisher keine Forschung, die die Wirkung der 9-Gamut-Prozedur beweist. Viele Therapeuten arbeiten jedoch erfolgreich damit. Eine mögliche Erklärung: Der Gamut-Punkt ist ein Akupunkturpunkt auf dem sogenannten 3facher- ErwärmerMeridian. In der traditionellen chinesischen Medizin ist dieser Meridian einer der wichtigsten, weil er für die gleichmäßige Verteilung und Fluss des Qi (Lebensenergie) im Körper zuständig ist. Das Summen spricht unsere rechte Gehirnhälfte (kreative Seite) an und das Zählen die linke Gehirnhälfte (rationale Seite). Durch die Übungen und durch die Bewegung der Augen (sind mit Gehirn verbunden) werden die Gehirnhälften wieder synchronisiert und arbeiten zusammen. Die Autorinnen Beate Zender Beate Zender ist selbstständige Heilpraktikerin mit dem Schwerpunkt Osteopathie und arbeitet in ihrer Praxis in Neu Wulmstorf sowie im Therapie- und Osteopathiezentrum Hoheluft in Hamburg. Behandelt werden alle Altersklassen - vom Baby bis zur Seniorin. www.beate-zender.de Antonia Zender Antonia Zender befindet sich im letzten Jahr ihres Physiotherapiestudiums. Sie lebt in Hamburg und studiert am Universitätsklinikum HamburgEppendorf. Jennifer Zender Jennifer Zender ist staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin und Fachkraft in der heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd (DKThR), Trainer C Voltigieren Basissport (FN). Sie arbeitet zurzeit in einer kleinen heilpädagogischen Einrichtung im Herzen Hamburgs. Kontakt Beate Zender · praxis@beate-zender.de Antonia Zender · antoniazender@gmail.com Jennifer Zender · jennyglitza@googlemail.com
