eJournals mensch & pferd international 13/1

mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/mup2021.art05d
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2021
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Recht & Sicherheit: Sicherheit und Rechtssicherheit im Pandemie-Fall

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2021
Nina Ollinger
Stellen Sie sich vor: Die Regierung erlässt im Eiltempo Gesetze, darauf basierend Verordnungen und verbietet innerhalb kürzester Zeit die Berufsausübung und die unkontrollierte Bewegungsfreiheit. Wie es weitergeht oder wann dieser Zustand endet, ist unklar. Vor wenigen Monaten wäre ein derartiges Szenario noch unvorstellbar gewesen. In Österreich ist dies am 15.3.2020 Wirklichkeit geworden. Sicherheit im Sinne von Rechtssicherheit, was die neuen Regeln bedeuten (sollen), gab es ab diesem Tag nicht. [...]
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30 | mup 1|2021|30-36|© Ernst Reinhardt Verlag München Basel, DOI 10.2378 / mup2021.art05d Nina Ollinger Recht & Sicherheit Sicherheit und Rechtssicherheit im Pandemie-Fall Wie sich Corona auf unsere Arbeit auswirkt, am Beispiel der ReitpädagogInnen Stellen Sie sich vor: Die Regierung erlässt im Eiltempo Gesetze, darauf basierend Verordnungen und verbietet innerhalb kürzester Zeit die Berufsausübung und die unkontrollierte Bewegungsfreiheit. Wie es weitergeht oder wann dieser Zustand endet, ist unklar. Vor wenigen Monaten wäre ein derartiges Szenario noch unvorstellbar gewesen. In Österreich ist dies am 15.3.2020 Wirklichkeit geworden. Sicherheit im Sinne von Rechtssicherheit, was die neuen Regeln bedeuten (sollen), gab es ab diesem Tag nicht. Die Unklarheiten für alle waren groß, die Fragen waren viele und der Beratungsbedarf enorm. Wie können wir uns auf eine Wiederholung eines solchen Falles, der hoffentlich nicht so schnell wieder eintritt, bestmöglich vorbereiten? Eine Abhandlung, die versucht, diesen Fragen aus rechtlicher Sicht nachzugehen. Verständnis der Rechtsvorschriften In Österreich existiert seit Jahrzehnten das Epidemiegesetz. Es ermöglicht Betriebsschließungen für den Fall, dass Seuchen auftreten. Auch eine Ersatzpflicht für derartig angeordnete Betriebsschließungen ist vorgesehen. Das Epidemiegesetz ist jedoch nicht darauf ausgelegt, sämtliche Betriebe in ganz Österreich zu schließen. Somit kam es am Sonntag, dem 15.3.2020, zum COVID- 19-Maßnahmengesetz, welches der Nationalrat im Eiltempo erlassen hat. Damit wurde das Sozialministerium ermächtigt, durch Verordnung das Betreten von bestimmten Orten zu untersagen (§ 2 COVID-19-Maßnahmengesetz). Noch am selben Abend erließ das Sozialministerium zwei Verordnungen, die im Wesentlichen festlegten, dass Kundenbereiche nicht betreten werden dürfen und, so wurde es jedenfalls über die Medien verbreitet, das eigene Haus bzw. die eigene Wohnung nur aus bestimmten Gründen verlassen werden darf. Zu diesen Gründen sollten die eigene Verpflegung mit dem Notwendigsten (Lebensmittel), die Arbeit, der Sport alleine im Freien und auch die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen zählen. Eines war von Anfang an klar: Reitschulen mussten schließen, genauso wie alle anderen Einrichtungen, die nicht zu den Ausnahmen, wie z. B. Lebensmittelhandel oder auch die Rechtsberufe, zählten. Was anfangs gar nicht klar war: Es mussten nur Freizeit- und Sportbetriebe, wozu jedenfalls die Reitschulen zählen, schließen (und nicht Reitställe per se). Und natürlich war das Betreten des Kundenbereiches von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleistungsunternehmen, auch dazu kann man Reitschulen zählen, verboten (§ 1 VO 96 / 2020 sowie § 1 VO 98 / 2020, erlassen vom Sozialministerium am 15.3.2020, in Kraft getreten am 16.3.2020, außer Kraft getreten mit Ablauf des 30.4.2020). Abgelöst wurden beide Verordnungen durch die COVID-19-Lockerungsverordnung. Recht & Sicherheit: Ollinger - Sicherheit und Rechtssicherheit im Pandemie-Fall mup 1|2021 | 31 In Österreich entschied sich die Politik dazu, in 14-tägigen Schritten die Situation zu evaluieren. Es kam somit in 14-tägigen Abständen zu immer neuen Regelungen, die es selbst Juristen nicht einfach gemacht haben, am Ball zu bleiben und zu wissen, wo letztlich eine Maske zu tragen ist und wo nicht. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Zudem erließen Länder, z. B. Tirol und Oberösterreich, eigene Verordnungen und auch Anweisungen von Bezirkshauptmannschaften fanden statt. Auch das beschäftigte die Politik: Der „Fleckerlteppich“ Österreichs sollte ein Ende haben. Ein gemeinsames Vorgehen konnte erst nach einigen Monaten nach Absprache mit den Landeshauptleuten, die ja auch anordnungsbefugt sind, erreicht werden. Ob diese Einigkeit währt, wird sich zeigen. Nach den ersten Anläufen der Corona- Ampel Anfang September 2020 in Österreich, die Bezirken Farben zuteilt (grün, gelb, orange, rot) und abhängig davon Maßnahmen greifen sollen, darf man skeptisch sein. Besonders schwer hatten es die Reitschulen wohl mit 1.5.2020. An diesem Tag durften sie ihren Betrieb wieder öffnen. Die Novelle, die die Details regelte, wurde jedoch erst am Vorabend kurz vor Mitternacht und damit knapp vor ihrem Inkrafttreten überhaupt erst einmal veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt mussten Juristen sich die Verordnungen zunächst mal durchlesen, Auslegungen dazu finden und die entsprechenden Adressaten der Verordnungen informieren. Was gab es damals für Regeln? Mindestabstand beim Betreten von Sportstätten innen und außen von einem Meter; Mindestabstand beim Sport in Sportstätten, außen oder innen, zwei Meter; beim Sport auf öffentlichen Freiflächen jedoch nur 1 m. Beim Betreten gab es bei OutdoorSportstätten keine Maskenpflicht, auch nicht auf öffentlichen Freiflächen, bei Indoor- Sportstätten aber sehr wohl. Auch die Vorschriften für Veranstaltungen führten zu Unklarheiten. Zu welchem Zeitpunkt dürfen wie viele Personen an einer Veranstaltung teilnehmen? Müssen ihnen fixe Sitzplätze zugewiesen werden? Welche Pflichten hat der Veranstalter, wofür muss er sorgen? Wofür haftet er, wenn sich Teilnehmer an eine Maskenpflicht, einen vorgeschriebenen Sitzplatz, den Mindestabstand nicht halten? Die Situation wurde auch nicht dadurch verbessert, dass die Rechtsvorschriften, insbesondere die in Geltung gesetzten und genannten Verordnungen, schon von Anfang an von Juristen als verfassungswidrig kritisiert wurden. Schließlich wurden die Verordnungen, jedoch erst in seiner Session im Juni 2020, durch den Verfassungsgerichtshof überprüft und im Wesentlichen gekippt. Erst zu diesem Zeitpunkt nahm sich die Politik dieses Problems an und versuchte, die Verordnungen und Gesetze zu überarbeiten. Das Fazit daraus? Ein Verständnis der Rechtsvorschriften war und ist zu jedem Zeitpunkt nicht immer einfach, sich intensiv zu informieren war und ist notwendig. Das teilweise mühsame Durchlesen von Rechtsvorschriften bleibt jenen, die sich rechtskonform verhalten wollen und insbesondere auch Veranstaltungen anbieten, nicht erspart. Auch in der Position als Arbeitgeber ist es notwendig, sich mit den Vorschriften auseinanderzusetzen. Letztlich wurden auch viele Strafen verhängt, die allein aufgrund der Aufhebung der Verordnungen durch den Verfassungsgerichtshof nicht hätten verhängt werden dürfen. Es zeigt sich sohin: Wer sich mit der Situation im Detail auseinandergesetzt und letztlich auch Strafen bekämpft hat, ist nun klar im Vorteil - die eigene Arbeitszeit diesbezüglich abgezogen. Es bleibt zu hoffen, dass bei einer erneuten Situation dieser Art ein Vorgehen gewählt wird, das dem Bürger, insbesondere jenen, die selbstständig tätig sind, eine leichtere Handhabe ermöglichen. Meines Erachtens müssen wir uns aber darauf einstellen, dass wir solchen Situationen wieder ausgesetzt werden. Und was dann? Zum Verständnis von - insbesondere neuartigen, schnell erlassenen - Rechtsvorschriften kann ich nur Folgendes empfehlen: 32 | mup 1|2021 Recht & Sicherheit: Ollinger - Sicherheit und Rechtssicherheit im Pandemie-Fall 1. Jede Rechtsvorschrift hinterfragen. 2. Jede Rechtsvorschrift, die einen selbst betrifft, auch selbst lesen. 3. Bei Auslegungsschwierigkeiten Hilfe suchen, wenngleich die Vergangenheit gezeigt hat, dass auch Interessensverbände in der Kürze der Zeit falsche Auslegungen vornehmen oder sich von Eigeninteressen / Mitgliederinteressen bei der Auslegung leiten lassen. Es empfiehlt sich daher, sich an einen Juristen zu wenden, der sich mit der Rechtslage auch intensiv auseinandersetzt. 4. Eigene Schlüsse daraus ziehen, was man tun darf und was nicht und notfalls, dies mangels Rechtsprechung und gesicherter Rechtslage, Abwägungen treffen hinsichtlich des Risikos, wenn man sich für einen gewissen Weg entscheidet. Geltung der Rechtsvorschriften Wie bereits angeführt hat der österreichische Verfassungsgerichtshof die genannten Verordnungen, die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung aber gar nicht mehr in Kraft waren, aufgehoben. Was hilft einem dies rückwirkend? Im Wesentlichen hilft es nur in Bezug auf Strafen, die unrechtmäßigerweise verhängt wurden. In dem Zeitpunkt, in dem diese Verordnungen „gelten“, kann man sich zwar auf deren Unwirksamkeit berufen, bekommt aber erst Monate später diesbezüglich Recht. Wie sich also bestmöglich verhalten? Was sind eigentlich die Risiken, wenn man sich an eine Verordnung nicht hält, von der man weiß, dass sie gar nicht juristisch in Kraft sein darf? Nun, zum einen werden Verordnungen, mögen sie nun verfassungsgemäß sein oder nicht, von der Polizei und / oder Bezirkshauptmannschaft (zuständiges Organ) umgesetzt. Das heißt, verhält man sich verordnungswidrig, hat man mit den nachteiligen Folgen zu rechnen, z. B. mit einer Strafe. Die Verhängung der Strafe alleine ist ja für einen Reitbetrieb, wenn er weiß, dass er sie im Nachhinein bekämpfen kann, noch nicht das große Problem. Wenngleich man bei angedrohten Beträgen von € 30.000,00 bei bestehender Rechtsunsicherheit doch ein gewisses Nervenkostüm benötigt. Kommt die Bezirkshauptmannschaft auf den Plan und erlässt Anweisungen oder überlegt sich sogar eine Schließung des Reitbetriebes / Reitstalles wegen Missachtung der Verordnung, so kann man auch wirtschaftliche und damit finanzielle Nachteile erleiden. Auch hier besteht natürlich die Möglichkeit, im Nachhinein gegen derartige Maßnahmen vorzugehen und auch Amtshaftungsklagen einzubringen. Wenig befriedigend, ich weiß. All diese Möglichkeiten bestehen zwar, führen zu monatelangen Verzögerungen, kosten Geld und lösen keinerlei Probleme kurzfristig. Aus juristischer Sicht erschreckend war auch, dass aufgrund des Lockdowns in Österreich sämtliche Gerichte ihre Arbeit niedergelegt haben. Es wäre daher nicht einmal möglich gewesen, kurzfristig Hilfe bei Gericht zu suchen. Zwar arbeiteten die Gerichte weiter, Vernehmungen wurden aber kaum bis gar nicht durchgeführt und es wurde richterabhängig entschieden, was gemacht werden kann und was nicht. Das eigene Weltbild des Richters entschied somit über das, was zu geschehen hat. Rechtsstaatlichkeit sieht anders aus. Was ist nun die Empfehlung: 1. Abhängig davon, wie wichtig die Nichteinhaltung der Rechtsvorschrift, von der man weiß, dass sie verfassungs- und / oder gesetzwidrig ist, einem ist, sollte man abwägen, ob man diese wirklich nicht einhalten möchte. JuristInnen einbeziehen! 2. Im Berufsbereich und als Arbeitgeber wird davon wohl im Regelfalle abzuraten sein. Im Privatbereich kann man das sicher leichter abwägen. 3. Strafen sollte man bekämpfen. Vieles kann auf eigene Faust bekämpft werden (Anwalts- Recht & Sicherheit: Ollinger - Sicherheit und Rechtssicherheit im Pandemie-Fall mup 1|2021 | 33 pflicht ist bei der Bekämpfung von Strafen meist nicht vorgesehen, vor allem regelmäßig nicht in der ersten Instanz). 4. Seinen eigenen Interessen und den Interessen der Branche auch Gehör verschaffen; das ist gerade in Österreich für die Pferdebranche nicht immer leicht. 5. Letztlich wird man sich damit abfinden müssen, dass Rechtsvorschriften bestehen, die allenfalls wieder aufgehoben werden (könnten). Das ist der sonderbaren Situation und dem Durchpeitschen von Verordnungen - ohne Einbindung des Parlamentes, wie wir es gewohnt sind und es einer Demokratie würdig ist - geschuldet. Sicherheit bei der Berufsausübung: Verhalten gegenüber KundInnen Nun, während des Lockdowns war es ohnehin nicht möglich, reitpädagogischen Unterricht zu erteilen. Darüber hinaus war es ReitpädagogInnen aber auch ab der Öffnung der Sportstätten in Österreich ab 1.5.2020 erschwert möglich, ihrer Arbeit nachzugehen. Zunächst wurde hauptsächlich auf den Mindestabstand gesetzt. Ausnahmen bestanden dahingehend, dass dieser Mindestabstand unterschritten werden darf, wenn die Eigenheit der Dienstleistung (damit auch der Reitpädagogik, Stichwort Aufstiegshilfe) dies erforderte. Alternative Sicherheitsmaßnahmen (Handschuhe, Desinfektion) fanden dann immer mehr Platz in den Lösungsmöglichkeiten, um die Situation auch für die Selbstständigen in Österreich erträglich zu machen Im Rahmen der Berufsausübung ist gerade bei ReitpädagogInnen die Sicherheit für die Kunden, seien es benachteiligte Personen, seien es Kinder oder auch gesunde Erwachsene, an erste Stelle zu setzen. Im Pandemiefall und insbesondere bei Vorliegen derartiger Vorschriften, wie wir sie kannten und kennen, kommt noch der Sicherheitsaspekt in Bezug auf die Minimierung eines Infektionsrisikos hinzu. In der Reitpädagogik hat das Thema Aufklärung bereits einen großen Stellenwert. Auch das richtige Verhalten zur Minimierung von Ansteckungsrisiken sollte in die durchzuführende Aufklärung gegenüber dem Kunden einfließen. Sonstige Sicherheitsmaßnahmen, wie regelmäßige Desinfektion, Desinfektion für Kunden, Desinfektion der Nassräume, allenfalls Tragen von Einweghandschuhen etc. gehören bekanntermaßen dazu. So man keinerlei oder zu wenig Vorkehrungen trifft, wird man sich für den Fall von Infektionen im eigenen Reitschulbereich verantworten müssen. Sollte einmal belegbar nachweisbar sein, dass man durch geeignetes Verhalten eine Ansteckungsgefahr wesentlich reduzieren oder sogar verhindern hätte können, sind auch Schadenersatzansprüche der Kundin / des Kunden denkbar. Hier sollte beachtet werden, dass Schadenersatzansprüche erst nach drei Jahren verjähren. Sollten wir in den nächsten zwei bis drei Jahren daher noch mehr über diesen Virus und dessen Ansteckungsgefahr lernen, so könnten sich Scha- Abb. 1: Unterricht vor Coronazeiten - Zu diesen Zeiten wären Masken ratsam (Foto: Rosemarie Hieret) 34 | mup 1|2021 Recht & Sicherheit: Ollinger - Sicherheit und Rechtssicherheit im Pandemie-Fall densersatzansprüche vielleicht erst in einigen Monaten / Jahren sehr gut nachweisen lassen, bevor die Verjährung eintritt. Jeder Unternehmer und insbesondere auch jede Reitpädagogin / jeder Reitpädagoge wird daher gut daran tun, sich an gut umsetzbare Sicherheitsmaßnahmen zu halten und diese nachweisbar einzuführen. Zu beachten ist, dass meist nur recht vage Rechtsvorschriften bestehen, wie z. B. Mindestabstand und bei Nichteinhaltung des Mindestabstandes zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen. Was diese Sicherheitsmaßnahmen genau sind oder welche konkret einzuhalten sind, bleibt dem Unternehmer dann selbst zu überlegen und überlassen. Hat man Standesvertretungen, die Konzepte ausarbeiten, ist man klar im Vorteil. Gibt es Berufsgruppen, Sonderfälle oder Sonderumstände, die es nicht erlauben, allgemeine Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen, ist man selbst gefragt. Wir kennen mittlerweile aus den Vorschriften das „COVID-19-Präventionskonzept“, insbesondere für Veranstaltungen. Es empfiehlt sich, selbst ein Konzept zu erarbeiten. Selbstverständlich empfiehlt sich hier Schriftlichkeit, Verbreitung unter den eigenen Mitarbeitern bzw. Stallbenützern, um nachweislich argumentieren zu können, dass man sich des Themas angenommen und dieses auch entsprechend umgesetzt hat. In Reitställen sollten Stallordnungen ergänzt und Empfehlungen für Pandemiefälle vorbereitet werden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Reitställe in Österreich massenweise zugesperrt haben, obwohl dies aus den Verordnungen nicht ableitbar war. Vorsichtsmaßnahmen und Regelungen des Reitstallbetriebes hätten und haben ausgereicht. Auch darauf kann man sich vorbereiten. Wie soll im Fall einer Pandemie im eigenen Stall umgegangen werden? Sollen Zeitslots vergeben werden, wie dies in den meisten Reitställen in der Vergangenheit umgesetzt wurde? Soll es Regelungen geben, wie viele Personen sich wann und wo aufhalten und wie soll dies genau aussehen? All das kann man, soweit man dies nicht ohnehin für den Zeitraum des Lockdowns innerhalb kürzester Zeit aus dem Boden gestampft hat, nunmehr überlegen und für sein eigenes Konzept ausarbeiten. Das gilt genauso für ReitpädagogInnen. Sicherheit der ArbeitnehmerInnen: Verhalten am Arbeitsplatz Ähnlich verhält es sich in Bezug auf ArbeitnehmerInnen und das eigene Verhalten am Arbeitsplatz. Ein entsprechendes Konzept kann Abhilfe schaffen. Sämtliche ArbeitnehmerInnen wie auch das Stallpersonal sollten genau wissen, wie sie sich verhalten, sowohl gegenüber KundInnen als auch EinstellerInnen. Wie soll hier am besten vorgegangen werden? Wie werden alle Personen bestmöglich geschützt? Wann dürfen ArbeitnehmerInnen zur Arbeit erscheinen und wann nicht? Die Versorgung der Tiere ist auch während des Lockdowns auf jeden Fall etwas, das selbstverständlich notwendig ist. Auch das Erscheinen der EinstellerInnen im Stall und das Bereiten der Pferde fiel zu keinem Zeitpunkt in eine Verbotsbestimmung, wenngleich dies zumindest in der ersten Woche in Österreich vielerorts völlig fehlerhaft ausgelegt und umgesetzt wurde. Zu beachten ist die Schutzpflicht, die ArbeitgeberInnen gegenüber ihren ArbeitnehmerInnen haben. Maßnahmen müssen daher getroffen werden, damit auch ArbeitnehmerInnen geschützt sind. Sämtliche Schutzmaßnahmen, die gegenüber KundInnen im Gespräch sind (Mindestabstand, Mund-Nasen-Schutz, Desinfektion, Einweghandschuhe, Barriere im Kundenbereich, soweit möglich) gelten natürlich auch für ArbeitnehmerInnen. Auch diesbezüglich sollte bedacht werden, wie diese geschützt werden können und welche Konzepte eine Situation erfordert. Augenmaß ist hier ganz besonders gefragt, um allen Interessen bestmöglich gerecht zu werden. Schutz des eigenen Unternehmens: Verhalten im Fall einer Nachschau - während eines Lockdowns und danach Der Schutz des eigenen Unternehmens, insbesondere von Reitställen, die offen hielten, stellt natürlich einen wesentlichen Punkt in unerwarteten Situationen dar. Natürlich kommt es in Situationen wie jenen, die wir während des Lockdowns erlebt haben, zu vermehrtem Polizeiaufgebot. Die Unsicherheit und die vielen neuen Gesetze führten dazu, dass viele Menschen unterschiedliche Auslegungsvarianten befolgten und das Einschreiten der Exekutive häufig vorkommt. Ich kann aus meinen Erfahrungen nur mitteilen, dass PolizeibeamtIn- Recht & Sicherheit: Ollinger - Sicherheit und Rechtssicherheit im Pandemie-Fall mup 1|2021 | 35 nen sehr gut geschult sind. Wichtig ist es, keine Emotionen zu zeigen und höflich nachzufragen, mit wem man spricht und weshalb die PolizeibeamtInnen erschienen sind. Ich habe in meiner Beratung insbesondere im März 2020 erfahren müssen, wie viel Sorge und Ängste es bereitet, möglicherweise Polizei und Amtstierärztinnen im Stall zu haben. Hier sei vorweggenommen: Auch das sind Menschen und Personen, die im Regelfall ganz genau wissen, was sie dürfen und was nicht. Das stimmt allerdings leider rückblickend für Einzelsituationen nicht. Dennoch empfiehlt es sich: Ruhig bleiben, sachlich und emotionslos die Gesetzeslage besprechen und bei Meinungsverschiedenheiten das einschreitende Organ auffordern, eine schriftliche Anzeige auszufertigen. Gegen diese kann man sich in einem Rechtsstaat, auch wenn es länger dauert, ja immerhin noch wehren. Leider bedeutet es Aufwand und oft auch finanziellen Einsatz, um dagegen vorzugehen. Man muss aber nicht die Meinung des anderen komplett übernehmen oder hinnehmen. Es empfiehlt sich auch, nach der Rechtsgrundlage des einschreitenden Organes zu fragen, sich diese zeigen und erläutern zu lassen. Vielleicht ist es dann möglich, gewisse Punkte zu klären. Wichtig ist es immer, auch in solchen Situationen, offen zu sein, PolizeibeamtInnen das Gelände zu zeigen, mitzuteilen, was man tut und was man gerade nicht tut, z. B. keine Reitstunden erteilen in Zeiten des Lockdowns. In solchen Situationen bewähren sich schriftliche Stallordnungen, Hygienekonzepte, COVID- 19-Präventionskonzepte oder wie auch immer Sie die Überlegungen, die Sie angestellt haben, betiteln wollen. Haben Sie diese Unterlagen zudem Ihren EinstellerInnen und Ihren KundInnen nachweislich zur Kenntnis gebracht, beweisen Sie, dass Sie sich des Themas angenommen haben. Dadurch sollte sich zeigen, dass eine Nachschau, aus welchem Grund auch immer sie stattgefunden hat, unberechtigt ist und Sie sich gesetzeskonform verhalten. Fazit Situationen wie diese werden wir wohl immer wieder einmal erleben müssen. Einen kühlen Kopf bewahren und sich Informationen bei jenen suchen, die sich im Detail mit dem Thema auseinandersetzen, kann ich nur von Herzen empfehlen. Wenn Sie sich darauf vorbereiten und besonnen agieren, werden Sie bestmöglich durch jede Krise kommen, egal welcher Natur sie ist. Vergessen Sie nicht: Sie sind nicht allein, und es gibt Berater und Unterstützer, die für Sie da sind. Suchen Sie sie auf! Zusammenfassung Im Pandemiefall ist das Verständnis der Rechtsvorschriften oftmals nicht gegeben. Man sollte sehr gut darauf achten, wo man sich Informationen holt, im besten Fall bei JuristInnen, die sich im Detail mit der Rechtslage auseinandersetzen. Es hilft nichts, wenn Rechtsvorschriften Monate später vom Verfassungsgerichtshof, wie in Österreich geschehen, aufgehoben werden, sie aber sofort eine Lösung benötigen. Nehmen Sie nicht jede Strafe hin, wenn Sie nicht davon ausgehen, dass sie gerechtfertigt ist. In einem Rechtsstaat kann man diese Nähere Ausführungen zum österreichischen Recht und zur Corona-Situation erhalten Sie, immer aktuell, auf der Homepage der Autorin Dr. Nina Ollinger, die am 17.3.2020 einen Blog für die Pferdewelt ins Leben gerufen hat, um alle betroffenen Pferdebesitzer, Reitschulen und sonstige Personengruppen, die mit Pferden zu tun haben, unabhängig und im Detail zu informieren https: / / www.ra-ollinger.at/ aktuelles/ covid-19-coronavirus-update-fuer-die-pferdewelt/ . Zu Haftungsthemen im Allgemeinen rund ums Pferd hat die Autorin in ihrem Buch „Haftungsfalle Pferd“ (österreichisches Recht) viele Informationen für den Laien einfach nachzulesen zusammengetragen. Dazu kann auch eine Sonderedition für ReitpädagogInnen erworben werden. Beide Bücher können direkt über die Rechtsanwaltskanzlei von Dr. Nina Ollinger bezogen werden. Laufend aktualisierte Corona-News 36 | mup 1|2021 Recht & Sicherheit: Ollinger - Sicherheit und Rechtssicherheit im Pandemie-Fall anfechten, auch wenn das erst Monate später bearbeitet wird. Im Sinne Ihrer KundInnen und ArbeitnehmerInnen sollten Sie die Sicherheitsvorschriften, die für Ihren Betrieb gelten, einhalten. Oftmals ist es nicht einfach, diese herauszufinden. Sich selbst im Detail zu informieren, die Verordnungen selbst zu lesen und sich möglichst unabhängige Hilfe zu holen, ist höchst empfehlenswert. Für den Fall einer Nachschau durch Polizei, Bezirkshauptmannschaft (AmtsärztIn, Amtstierärztin) empfiehlt es sich, ruhig zu bleiben, sachlich und emotionslos zu agieren und sich insbesondere die Rechtsgrundlage der Nachschau bzw. des behaupteten oder möglichen Verstoßes erklären zu lassen bzw. gemeinsam zu erörtern. Im Zweifelsfall sollte anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Haftungsausschluss: Dieser Artikel ist aus Sicht der österreichischen Rechtslage verfasst; die Grundgedanken sind sicher auch für Deutschland interessant. Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, gibt die Meinung der Autorin wieder und kann eine individuelle Rechtsberatung keinesfalls ersetzen. Die Autorin Dr. Nina Ollinger LL.M., Rechtsanwältin in Österreich mit Spezialisierung auf Pferderecht, Autorin der Bücher „Haftungsfalle Pferd“ und „Pferdekauf“, Vortragende, Rechtsreferentin des Niederösterreichischen Pferdesportverbandes, Kompetenzzentrum Pferd des Österreichischen Pferdesportverbandes Anschrift Dr. Nina Ollinger · Hauptplatz 5 · A - 3002 Purkersdorf office@ra-ollinger.at www.ra-ollinger.at Spiritualität entdecken Die Autoren, beide Erlebnispädagogen mit langjähriger Erfahrung in der Jugend- und Erwachsenenbildung, geben über 50 Anregungen zum Naturerleben und zur Spurensuche. Ausführliche Anleitungen mit praktischen Hinweisen, zahlreiche Erfahrungsberichte und Fotos veranschaulichen die vorgestellten Szenarien und erleichtern die Umsetzung in und mit Gruppen. Die 2., überarbeitete und erweiterte Auflage beinhaltet u. a. neue und spannende Anregungen, Informationen und Übungseinheiten zum Naturraum See sowie zu erlebnispädagogischen Angeboten in Städten und Dörfern. Albin Muff / Horst Engelhardt Erlebnispädagogik und Spiritualität (erleben & lernen; 11) 52 Anregungen für die Gruppenarbeit 2., überarb. und erw. Auflage 2013. 190 Seiten. 21 Abb. 12 Tab. (978-3-497-02397-4) kt a w