mensch & pferd international
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1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2023
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Forum: Ein Vierbeiner kommt selten allein
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Magdalena Bauer
Ein Vierbeiner kommt selten allein, und was gibt es Schöneres als die beiden haarigen Lieblinge zusammen um sich zu haben. Welche/r ReiterIn träumt nicht von einem entspannten Ausritt mit seinem Hund, ganz im Einklang mit Tier und Natur? Oder vielleicht sogar die therapeutisch/pädagogischen Interventionen mit Hund und Pferd kombinieren?
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mup 2|2023|65-73|© Ernst Reinhardt Verlag, DOI 10.2378 / mup2023.art09d | 65 Magdalena Bauer Forum Ein Vierbeiner kommt selten allein Der Hund im Stall - Bester Freund der ReiterInnen? Ein Vierbeiner kommt selten allein, und was gibt es Schöneres als die beiden haarigen Lieblinge zusammen um sich zu haben. Welche / r ReiterIn träumt nicht von einem entspannten Ausritt mit seinem Hund, ganz im Einklang mit Tier und Natur? Oder vielleicht sogar die therapeutisch / pädagogischen Interventionen mit Hund und Pferd kombinieren? Doch der Weg dorthin ist lang - und mit viel Zeit und Geduld verbunden. Welche Aspekte beachtet werden, welche Rassen vielleicht besonders geeignet sind und wie verschiedene ReiterInnen mit Ihren Hunden am Stall arbeiten, lest ihr im nachfolgenden Beitrag. Jeder Hund ist anders… ein kurzer Abriss Jeder Hund ist anders - „eh klar“, denkt man sich da, so wie jeder Mensch, und auch jedes Pferd, seine Eigenheiten und Charakterzüge mit sich bringt. Selbiges gilt natürlich auch für den Hund, jedoch sollte bei der Auswahl eines Hundes beachtet werden, dass sich ein umfassendes Verständnis für den Hund nur dann ergibt, wenn man dessen rassetypisches genetisches Potenzial erfasst. Denn im Laufe der Geschichte und der Entwicklung verschiedener Hundezuchten stellte der Mensch rasch fest, dass Eigenschaften des Hundes durch gezielte Zuchtauswahl gezielt beeinflusst werden können und diese Selektion das Überleben der Menschen (in früheren Jahren) deutlich erleichterte. In Neufundland beispielsweise halfen große Hunde mit dickem Fell beim Einholen der Fischernetze, während kleine, flinke Hunde in England die aktive Schädlingsbekämpfung gegen Mäuse und Ratten unterstützten. Aus diesen gezielten Zuchten heraus entwickelten sich einerseits körperliche Eigenschaften, andererseits aber auch dominante Charakterzüge, die heute charakteristisch für verschiedene Vertreter der diversen Rassen sind. Vor der Anschaffung eines Hundes gilt es also, sich gut über die üblichen Eigenschaften einer Rassegruppe zu informieren und sich entsprechend zu überlegen, welcher Hund den eigenen Ansprüchen am besten gerecht werden kann (Bailey 2004, 9). Die verschiedenen Rassegruppen Im deutschsprachigen Raum unterscheidet man 10 Rassegruppen nach der Einteilung der FCI (Fédération Cynologique Internationale, der größte internationale kynologische Dachverband). Benannt werden diese wie folgt (Bailey 2004, 11 f): ■ Gruppe 1: Hüte- und Treibhunde ■ Gruppe 2: Pinscher und Schnauzer ■ Gruppe 3: Terrier ■ Gruppe 4: Dachshunde ■ Gruppe 5: Spitze und Hunde vom Urtyp ■ Gruppe 6: Laufhunde, Schweißhunde und verwandte Rassen 66 | mup 2|2023 Forum: Bauer - Ein Vierbeiner kommt selten allein ■ Gruppe 7: Vorstehhunde ■ Gruppe 8: Apportierhunde, Stöberhunde, Wasserhunde ■ Gruppe 9: Gesellschafts- und Begleithunde ■ Gruppe 10: Windhunde Innerhalb dieser Gruppen kann in weitere Sektionen unterschieden werden. Wenn nun also die Entscheidung gefallen ist, dass ein Hund einziehen darf, gilt es also einige Aspekte abzuwägen (folgende Liste kann in keinem Fall vollständig sein, sondern soll lediglich Denkanreize bieten und diese vorerst unabhängig davon, ob ein Hund als Reitbegleithund oder gar Therapiehund ausgebildet werden soll). ■ Zuallererst: Kann ich mir einen Hund leisten? ■ Wieviel Zeit kann und möchte ich in einen Hund investieren? ■ Welchen „Zweck“ soll der Hund erfüllen (Familienhund, Hundesport bzw. viel sportliche Aktivität, Therapiehund …)? ■ Wieviel Platz kann ich dem Hund anbieten (Wohnung, Haus mit Garten, Hofhund)? ■ Lang-, Kurzhaar oder gelocktes Haar (weniger Haarverlust)? ■ Welpe oder erwachsener Hund? ■ Rassehund oder Mischling? Hund aus Tierschutz oder Tierheim? ■ etc. Wenn grundlegende Überlegungen getätigt wurden, gilt es nun, umfassende Informationen über verschiedene Rassen einzuholen: im Internet, in Büchern, in Gesprächen mit HundehalterInnen, ZüchterInnen, auf Messen etc. So sollte die Auswahl auf wenige infrage kommende Hunderassen eingeengt werden. Zu beachten gilt selbstverständlich trotzdem, dass es innerhalb einer Rasse und auch innerhalb eines Wurfs zu Variationen kommen kann und nie zwei Welpen ganz gleich sein werden. Selbiges gilt natürlich auch bei Mischlingen, bei denen der Genpool noch variabler ist als bei Zuchtrassen. Ein möglicher Vorteil von Mischlingen ist, dass „Zuchtkrankheiten“ weniger häufig vorkommen, da problembehaftete Gene „ausgedünnt“ werden. Allerdings ist es schwieriger, Vorhersagen über Größe, Körperbau und Wesen - und damit auch über die Entwicklung zu treffen. Ein persönliches Kennenlernen und eine sorgfältige Auswahl des neuen vierbeinigen Familienmitglieds ist auf jeden Fall und unabhängig von Rasse / Mischling immer notwendig (Bailey 2004, 15 f). Dabei ist es wichtig, vorab einige Aspekte zu klären - möglichst gemeinsam mit allen Familienmitgliedern, die mit dem Hund zusammenwohnen und arbeiten. Bei einigen Aspekte kann und soll kein Kompromiss eingegangen werden (z. B. Kinderfreundlichkeit), sodass unnötigen Problemen möglichst vorgebeugt werden kann. Nachfolgende Liste soll wieder einige Denkanstöße geben, und kann beliebig erweitert werden (Bailey 2004, 24 ff): ■ Persönlichkeit: Hinterfragen Sie, welche Persönlichkeit Sie von einem Hund erwarten und ob ein Zusammenleben mit einem „typischen“ Vertreter einer Rasse in Ihren Alltag passt (bspw. bewegungshungriger Australian Shepherd vs. eher ruhiger Berner Sennen). ■ Charakterstärke: Ein starker, unabhängiger Charakter erfordert (noch) konsequente(-re) Erziehung. ■ Will to please: Führige Hunde versuchen eher, der Erziehung zu entsprechen als unabhängige Charaktere. ■ Schutztrieb / Wachhund: Hunde mit starkem Schutztrieb weichen zwar in Gefahrensituationen nicht aus und schützen entsprechend, aller- Forum: Bauer - Ein Vierbeiner kommt selten allein mup 2|2023 | 67 dings neigen diese eher zu aggressiven Reaktionen und müssen entsprechend gut sozialisiert und kontrolliert werden. Ein weiterer Aspekt ist das Bellen, welches bei solchen Hunden häufig konsequenter abtrainiert werden muss als bei Rassen mit weniger Schutzinstinkt. ■ Jagdtrieb: Ein Hund mit Jagdtrieb ist häufig konsequenter zu erziehen bezogen auf Abrufbarkeit im Gelände und Impulskontrolle. ■ Verträglichkeit mit Kindern ■ Aktivitätsniveau / Beschäftigungsbedarf: Je nach Rasse haben Hunde unterschiedlich viel Beschäftigungsbedarf. Abhängig davon, wieviel Zeit man hat, um sich intensiv mit dem Hund zu beschäftigen, sollte man sich einen Hund mit entsprechendem Aktivitätsniveau aussuchen. ■ Größe, Gewicht und Kraft: Je nachdem welche Infrastruktur zur Verfügung steht (Auto, Haus / Wohnung, Garten …) und auch wer der / die hauptsächliche Hundeführer / in ist, muss abgewogen werden, welche Hunderasse dem am besten entspricht. ■ Und in unserem Fall: Soll der Hund mit in den Stall oder gar als Reitbegleithund ausgebildet werden? Prinzipiell kann jeder Hund dazu ausgebildet werden, neben dem Pferd mitzulaufen, allerdings ist es wahrscheinlich keine Überraschung, dass sich als Reitbegleithund einige Rassen besser eignen als andere. Ausschlaggebend ist am Ende jedoch das Temperament des Hundes, wie sehr der Jagdtrieb und Hüteinstinkt ausgeprägt sind und letztendlich natürlich die Ausdauer sowie die Gesundheit des Vierbeiners. Ausgewählte Hunderassen in einem kleinen Portrait Nachfolgend sollen einige Hunderassen vorgestellt werden (Legros 2010, 204 ff): ■ Jack Russel Terrier sind kleine Hunde, die sich aufgrund ihres Temperaments dennoch gut als Reitbegleithunde eignen. Sie sind lebhaft und aktiv, wachsam, lernbegierig und zumeist sehr selbstbewusst. Ursprünglich gezüchtet für die Fuchsjagd, wollen diese kleinen Terrier beschäftigt und bewegt werden, nicht ausgelastet können sie durchaus kleine „Tyrannen“ werden. Gut geführt (keine Anfängerhunde) sind sie jedoch treue, aufmerksame und aktive Begleiter in allen Lebenslagen. ■ Der Labrador ist ein wahrer Tausendsassa: freundlich, intelligent, aktiv, dabei ausgeglichen und anpassungsfähig. Ein Freund für die ganze Familie und für jeden Spaß zu haben sind diese mittelgroßen Hunde, die in vielen Sparten anzufinden sind: Servicehund, Therapiehund, Behindertenführhund - sein entgegenkommendes Wesen und das Bedürfnis, seinem Besitzer zu gefallen, lassen ihn in vielen Bereichen glänzen. ■ Der Labradoodle sei hier stellvertretend für verschiedene - inzwischen anerkannte - „Doodle-Mischlinge“ vorgestellt. Diese Mischung aus Königspudel und Labrador wird relativ groß (bis zu 65 cm) und hat gelocktes Fell. Aufgrund seiner Fellbeschaffenheit ist er gut für empfindliche (gegen Tierhaare) Menschen geeignet, da er nicht haart. Die sehr junge Rasse (1989 entstanden) ist freundlich und mit einem guten Abb. 1: Jack Russell Terrier 68 | mup 2|2023 Forum: Bauer - Ein Vierbeiner kommt selten allein „Will-to-Please“ ausgestattet. Sie sind häufig als Blindenführhund anzutreffen und aufgrund des freundlichen Wesens auch als Therapiehund gut geeignet. Selbstverständlich gibt diese Beschreibung nur einen minimalistischen Einblick in wenige verschiedene Rassen und erhebt keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit. Der Hund im Stall Nach diesem nun sehr oberflächlichen allgemeinen Einblick kommen wir konkreter auf das Thema „der Hund im Stall“ zu sprechen. Ist der neue vierbeinige Freund eingezogen und soll tatsächlich auch regelmäßig in den Stall mit, gilt es wieder einige Aspekte zu beachten. Hunde und Pferde verstehen sich bezogen auf die Kommunikation und die unterschiedlichen Instinkte der beiden Vierbeiner eigentlich nicht. Von Natur aus ist das Pferd ein Fluchttier, das erst einmal instinktiv vor Angreifern und Raubtieren flüchtet. Der Hund als Jäger und Beutegreifer ist damit eigentlich automatisch ein Feind. Im ersten Schritt sollte nun das Pferd an Hunde gewöhnt und eine gewisse Gelassenheit trainiert werden. Dies passiert nicht direkt mit Hund, sondern auf vielen verschiedenen Wegen, um das Pferd möglichst umweltsicher zu machen und auf alle möglichen Reize zu desensibilisieren (Gelassenheitstraining, Bodenarbeit etc.). Ist das Pferd gegen solche Umweltreize desensibilisiert, wird es sich schnell auch an Hunde gewöhnen, die mit im Stall sind (Sporrer 2016). Die ersten Annäherungsversuche sind nun für beide Tiere sehr wichtig und sollten so gestaltet werden, dass sie mit positiven Erlebnissen verknüpft werden. Optimalerweise wird der Hund schon als Welpe mit in den Stall genommen, um ihn an die wesentlich größeren Vierbeiner zu gewöhnen. Wichtig ist aber, darauf zu achten, dass der Hund keine traumatischen Erlebnisse wie Tritte vom Pferd erlebt. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass Angst vor dem Pferd bleibt und eine Ausbildung zum Reitbegleithund sich in Zukunft wesentlich schwieriger als notwendig gestaltet. Hatte der Hund noch keinen Kontakt zu den großen Vierbeinern, empfiehlt es sich, für die Erstbegegnung ein ruhiges Pferd zu wählen, welches den Umgang mit Hunden gewohnt ist. Andersherum ist es auch ratsam, einen ruhigen Hund zum Kennenlernen auszusuchen, wenn das eigene Pferd noch nie mit Hunden zu tun Abb. 2: Eine gefährliche Situation: Der Hund frisst aus der Pferdeschüssel. Abb. 3: Abliegen und abwarten gehört dazu. Forum: Bauer - Ein Vierbeiner kommt selten allein mup 2|2023 | 69 hatte und man entsprechend nicht sicher weiß, wie das Pferd auf Hunde reagiert. Besonders in dieser Gewöhnungsphase ist es wichtig, beiden Tieren entsprechend Zeit zu lassen und einen Platz auszuwählen, der so groß ist, dass der Hund ausweichen kann und sich nicht in die Enge getrieben fühlt. Eine Annäherung beginnt aus mehreren Metern und jedes gute Verhalten des Hundes soll belohnt werden. Jegliche Körpersprache beider Tiere muss beachtet werden - auf Zeichen für Aggression, Angst, sehr hohe Erregung oder weiteres nicht gewolltes Verhalten soll entsprechend reagiert und die Distanz vergrößert werden (Junker 2021). Grundgehorsam Bevor mit dem Reitbegleithund-Training begonnen wird, muss der Hund zuverlässig auf die Grundkommandos „Sitz“, „Platz“, „Bleib“, „Hier“ und „Fuß“ reagieren. Diese Kommandos sollten immer funktionieren, unabhängig von Ablenkung und Außenreizen. Ein Besuch in der Hundeschule und entsprechendes Training ist notwendig, unabhängig vom Besuch im Stall, wobei die Gewöhnung an den Stall gerne parallel dazu erfolgen kann. Hier ist es allerdings sinnvoll, sich einen Helfer mitzunehmen, der sich um den Hund kümmert, während mit dem Pferd gearbeitet werden soll (Junker, 2021). Stimmen diese Grundvoraussetzungen, geht es direkt ans Training mit dem Pferd, allerdings auch hier noch lange nicht vom Pferderücken aus. Erst einmal sollte der Hund lernen, entspannt zu warten, während das Pferd vorbereitet und geputzt wird. Dafür ist es hilfreich, seinem Hund beizubringen, auf einer Decke oder einem ausgewählten Platz liegen zu bleiben. Trainiert wird in kleinen Schritten, z. B. „Platz“ und „Bleib“ auf dieser Decke, und es wird belohnt, wenn er auch nur wenige Sekunden ausgehalten hat, darauf zu bleiben ohne aufzustehen. Im nächsten Schritt wird versucht, das „Bleib“ zu verlängern, man geht z. B. zur Putzbox und nimmt eine Bürste heraus - auch danach wird der Hund auf der Decke belohnt. Wichtig: Gutes Training ist immer so aufgebaut, dass keine Fehler passieren. Also lieber kurz liegen lassen, als zu viel zu erwarten und der Hund steht auf. Anfangs kann übrigens eine Leine zur Sicherung hilfreich sein und sollte eingesetzt werden, bis es zu einem Ritual wird, dass der Hund auf der Decke liegen bleibt, während das Pferd vorbereitet wird. Wichtig: Achten Sie stets auf ausreichend Abstand zwischen Hund und Pferd. So können Sie gewährleisten, dass der Hund nicht getroffen wird, sollte sich das Pferd erschrecken. Klappt das Vorbereiten gut, kann es mit einem Spaziergang weitergehen. Wichtig dabei ist wieder, am Anfang einen Helfer dabeizuhaben, der das Pferd führt, sodass die eigene Konzentration auf dem Hund bleiben kann. Der Hund Abb. 4: gemeinsame Spaziergänge zur Vorbereitung auf den Ausritt 70 | mup 2|2023 Forum: Bauer - Ein Vierbeiner kommt selten allein sollte an Brustgeschirr und langer Leine (ca. 3 m) geführt werden, niemals mit einer Flexileine. Des Weiteren sollte ausreichend Belohnung mitgeführt werden. Zuallererst soll der Hund verstehen, dass das Gehen neben dem Pferd keine Gefahr für ihn bedeutet. Dabei soll der Abstand, in dem sich der Hund wohlfühlt, beachtet werden (Achtung auf sogenannte „Calming Signals“). Er soll lernen, auch in dieser Situation leinenführig neben Ihnen zu laufen (mit Ihrem gewohnten Signal), während der Helfer mit dem Pferd geht. Ist der Hund dabei unsicher, sollte der Helfer neben Ihnen gehen, sodass ein weiterer Puffer zwischen Hund und Pferd gebildet wird. Klappt das gut und stressfrei, kann der Helfer die Seite wechseln, sodass nur noch der / die HundeführerIn zwischen Pferd und Hund geht, so wie das auch später der Fall sein wird. Funktioniert dies gut, kann der Anspruch langsam gesteigert werden (Laufen mit und ohne Leine, Richtungswechsel etc.). Insgesamt ist die Kontrolle auf Distanz in der Ausbildung zum Reitbegleithund ein wichtiges Thema - so sollten die Grundkommandos auch vom Pferd aus und ohne Leine jederzeit abrufbar sein. Der gemeinsame Ausritt Geht es nun ans Reiten, ist es auch hier wieder wichtig, anfangs eine zweite Person um Hilfe zu bitten. Beim Aufsteigen gilt wieder: abwarten und bleiben, währenddessen halten Sie die Hundeleine aber locker in Ihrer Hand (optimalerweise ohne Schlaufe, sodass ein Hängenbleiben verhindert wird). Die ersten Schritte sollte das Pferd von einem / r HelferIn geführt werden, sodass die Konzentration am Hund bleiben kann. Klappt das gut, wird der Hund schon für wenige Schritte belohnt. Wie auch zu Fuß, kann vom Pferd aus die Anforderung nach und nach gesteigert und Herausforderungen wie Richtungswechsel eingebaut werden. Wenn eine gewisse Routine erreicht ist, wagen Sie die ersten Schritte ohne HelferIn. Das Vorgehen bei den ersten Geländeritten sollte dasselbe sein. Wichtig: Vor allem beim Ausreiten ist ein gut abrufbarer Hund unabdingbar, um Gefahren zu vermeiden. Insgesamt braucht es Zeit, Geduld und Verständnis, um einen guten Reitbegleithund auszubilden (Sporrer, 2016). Man muss lernen, die Signale des Hundes richtig zu deuten, Stress vermeiden und Abb. 6: Nach Absprache haben die zwei Hunde hier ein gemeinsames Plätzchen zum Warten. Abb. 5: Die Arbeit macht sich bezahlt - schön, wenn es dann gemeinsam klappt! Forum: Bauer - Ein Vierbeiner kommt selten allein mup 2|2023 | 71 Abb. 6: Nach Absprache haben die zwei Hunde hier ein gemeinsames Plätzchen zum Warten. eine positive Kooperation aufbauen. Des Weiteren müssen die körperlichen Aspekte des Hundes beachtet werden, wenn man ihn auf Ausritte mitnimmt, gerade im ersten Lebensjahr sollen weite Spaziergänge vermieden werden. Was gilt es noch zu beachten? Bevor man einen Hund in den Stall mitbringt und ihn dort frei laufen lässt, sollte das Gespräch mit anderen PferdebesitzerInnen und den StallbesitzerInnen gesucht werden. Frühzeitige Gespräche vermeiden hierbei nicht nur gefährliche Situationen, sondern sorgen auch für ein besseres Stallklima. Wenn alle Mitglieder des Stalls informiert und miteinbezogen werden, fühlen sie sich nicht übergangen. Wenn man den Hund nun im Stall mitführt, aber nicht ausreiten geht, ist es wichtig, auch hier entsprechendes Training zu etablieren. Wie bereits beim Putzen macht es Sinn, den Hund bereits als Welpen daran zu gewöhnen, alleine an einem Ort zu bleiben und zu warten. Hierfür gibt es in diesem Fall verschiedene Varianten. Zum einen kann der Hund lernen, auf seinem „festen“ Platz zu bleiben. Wie bereits beschrieben, kann dies beispielsweise eine Decke sein, die sich an einem Ort (komplett außer Reichweite von Hufen und Treckern) befindet und an dem der Hund sich so lange ausruhen kann, bis die Reitzeit vorbei ist. Die Decke kann hierfür vom Putzplatz mitgenommen werden an einen sicheren Ort in der Reithalle (z. B. Ecke hinter Springstangen oder Tribüne oder am Reitplatz außerhalb des Zauns). Alternativ kann der Hund lernen in der Box zu bleiben. Absolute Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Box ordentlich gemistet und mit ausreichend frischem Stroh eingestreut ist. In jedem Fall sollen die Hunde keine Möglichkeit haben, in der Zwischenzeit Pferdeäpfel zu fressen (Bakterien- und Wurmgefahr! ). Auch hier gilt erneut, dass die Hunde langsam an die neue Situation herangeführt werden müssen. Wer seinen Hund einfach nur in die Box einsperrt und für zwei Stunden verschwunden ist, kann damit rechnen, dass der Hund bellt, andere PferdebesitzerInnen schnell genervt sind und der Hund die Box als unangenehme Erfahrung abspeichert. Sinn macht es unter Umständen, dem Hund einen Beschäftigungsknochen oder ein Kauholz hinzulegen, sodass die Zeit des Wartens auch für den Hund so angenehm wie möglich gestaltet wird. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verträglichkeit des Hundes. Man kann und muss davon ausgehen, dass er im Stall auf andere Vierbeiner trifft (Hunde, Katzen, eventuell auch Hühner oder weiteres Kleingetier). Der eigene Hund soll unter keinen Umständen anfangen, mit anderen Hunden zu streiten oder Katzen zu jagen. Erfahrungen verschiedener HundebesitzerInnen Im folgenden Absatz möchten wir einige HundebesitzerInnen zu Wort kommen lassen. Sie berichten über ihre eigenen Erfahrungswerte und auch über den Einsatzbereich des Hundes abseits des Stalls. Die Autorin Magdalena Bauer ist Sozialpädagogin, staatlich geprüfte Fachkraft für heilpädagogische Förderung mit Pferd und Hundebesitzerin. Kontakt Magdalena Bauer · Lichtegg 1 A - 4770 Andorf · MagdalenaBauer@gmx.at MagdalenaBauer@gmx.at 72 | mup 2|2023 Forum: Bauer - Ein Vierbeiner kommt selten allein Mit Pferd und Hund gemeinsam durch Wald und Wiesen galoppieren das ist wohl der Traum vieler. Ich lebe diesen Traum mit meinem Goldendoodle, Filou, und meinem Isländer, Feill. Dieser Traum ist jedoch mit viel Arbeit und Training verbunden. Von Beginn an bis heute waren bzw. sind mir einige Regeln für ein harmonisches Miteinander sehr wichtig. Oberstes Gebot für Filou ist es, Abstand zu fremden Pferden zu halten. Das bedeutet kein Anstupsen, weiträumiges Vorbeigehen und schon gar kein Versuch, Futter zu klauen. Außerdem muss Filou jederzeit abrufbar sein für mich. Bis ich ihm hier nicht mit Sicherheit vertrauen konnte, blieb mein Hund also an der Leine. Besonders schwierig war das Warten während des Reitens für ihn. Hierfür lohnt sich ein Deckentraining, denn mittlerweile liegt Filou brav auf seiner Decke und schaut uns Runde um Runde zu. Am meisten Spaß macht uns Dreien das gemeinsame Ausreiten. Feill und Filou lieben es, gemeinsam über Wiesen zu galoppieren oder eine kleine Erfrischung aus dem Fluss zu nehmen. Hinter so einem entspannten Ausritt steckt aber viel Arbeit. Meiner Meinung nach ist ein starker Gehorsam die Voraussetzung. Mein Hund muss zu jeder Zeit abrufbar sein, ganz egal was er sieht oder welche verführerische Spur seine Nase aufgenommen hat. Bis dies verlässlich der Fall ist, dauert es eine Weile. Ich persönlich habe auch gute Erfahrungen mit Schrittausritten an der Leine gemacht. Sind Pferd und Hund dann ein Team, gibt es nichts Schöneres als gemeinsam „Quality-Time“ zu verbringen. Doch Filou ist weit mehr als ein Reitbegleithund. Seit zwei Jahren ist er ein staatlich geprüfter Therapiebegleithund und unterstützt mich wöchentlich in der Schule. Hierbei hilft er den Kindern beim Rechnen, Lesen und Schreiben. Ganz nebenbei lernen die Schüler spielerisch Verantwortung zu übernehmen und werden in allen sozialen Anliegen von Filou unterstützt. Seit mein Co-Lehrer regelmäßig dabei ist, sind die Leistungen in meiner Klasse besser geworden. Durch das Streicheln werden Endorphine ausgeschüttet und das Stresslevel sinkt, so können sich die Kinder besser auf ihre Arbeiten konzentrieren. Eine große und wichtige Stütze ist Filou jedoch für Kinder, die am Rande der Gemeinschaft stehen. Spielerisch und ohne große Bemühungen führt er sie wieder zurück in die Klassengemeinschaft. Mit seiner Hilfe kommen sie viel leichter in Gespräche, außerdem haben sie alle ein gemeinsames Interesse - Filou! In unserer Schule wäre ein Therapiebegleithund nicht mehr wegzudenken. Faszinierend ist es, wenn Filou seine beiden Jobs vereint und im Reitstall Kindern oder auch Erwachsenen in Stresssituationen hilft. Sei es ein Turnier oder eine Blockade nach einem Reitunfall, Filou ist mit seiner ruhigen und führsorglichen Art der perfekte Therapeut. Hinter einem Reitbegleithund und einem Therapiebegleithund steckt jahrelanges Training, das ständig fortgeführt werden muss. Für mich ist es eindeutig jede Mühe wert, denn es gibt nichts Schöneres, als Pferd und Hund glücklich und frei zu sehen. Johanna Walch, Pädagogin, Hunde- und Pferdebesitzerin Johanna Walch mit Goldendoodle Filou Abb. 7: Therapiehund Filou bei der Arbeit… Abb. 8: … und unterwegs beim gemeinsamen Ausritt mit Besitzerin Johanna (der Helm wurde selbstverständlich nach dem Foto sofort wieder aufgesetzt) Forum: Bauer - Ein Vierbeiner kommt selten allein mup 2|2023 | 73 Literatur ■ Bailey, G.(2004); Hund gesucht: Welcher Hund passt zu mir. Kynos / Mürlenbach ■ Junker, L. (2021): Reitbegleithund: So funktioniert es mit Hund und Pferd. In: https: / / www. fundis-reitsport.de / blog / ausbildung / reitbegleithund / letzter Zugriff 22.12.2022 ■ Legros, Cathérine (2010): Enzyklopädie der Hunde. Diffomédia / Paris ■ Sporrer, C. (2016): Mit Pferd und Hund unterwegs. In: www.martinruetter.com / wiener-neustadt-oberwart/ news / details / artikel/ mit-pferdund-hund-unterwegs / letzter Zugriff 22.12.2022 Mein Hund Lino ist ein Havaneser und mit mir gemeinsam in Ausbildung zum Therapiebegleithundeteam (ISAAT). Zudem nehme ich ihn mit in den Stall, wo er mich auch auf Ausritte begleitet. Lino ist im Februar 2021 geboren und ganz bewusst von uns ausgewählt worden: Havaneser gehören in Gruppe 9, sie verlieren kein Fell und werden als verspielt, menschbezogen, intelligent und gut ansprechbar beschrieben. Zudem aber auch als sportlich und aktiv. Alles Punkte, die mir ausgesprochen wichtig waren, um zumindest die Grundvoraussetzungen für die heilpädagogische Förderung und für einen Reitbegleithund mitzubringen. Am Ende steht und fällt es dennoch mit dem individuellen Charakter des Hundes, aber bei der Auswahl können diese beschriebenen Kriterien Orientierung bieten. Da ich Lino seit dem Welpenalter bei mir habe, konnte ich ihm in der wichtigen Sozialisierungsphase zeigen, was in unserem Leben wichtig ist: Und zwar alles, was mit Kindern mit Behinderungen zu tun haben könnte, sowie der Stall. In ganz kleinen Schritten und mit viel positiver Verstärkung hat Lino alles kennengelernt. Jetzt als Junghund sind beispielsweise Rollstühle für ihn genauso normal wie Fahrräder. Auch die Ausbildung zum Reitbegleithund haben wir früh begonnen. Natürlich wurde die Belastung und die Zielsetzung immer dem Alter und dem Entwicklungsstand angepasst. Ob Lino auch auf Dauer Freude in der heilpädagogischen Förderung haben wird, wird sich zeigen. Das Zusammensein mit dem Pferd und mir in der Natur genießt er sichtlich und hat so wahrscheinlich auch einen guten Ausgleich von unserem gemeinsamen Arbeitsalltag. Jenny Zender, staatlich geprüfte Fachkraft für heilpädagogische Förderung mit Pferd, Hundebesitzerin Jenny Zender mit Havaneser Lino Abb. 9: Havaneser Filou in der Ausbildung beim Rollstuhl-Training Abb. 10: „Quality Time“ mit Besitzerin Jenny
