eJournals mensch & pferd international 15/2

mensch & pferd international
2
1867-6456
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
41
2023
152

Stichwort: Die Gangarten des Pferdes

41
2023
Verena Bauer
Zu den Grundgangarten des Pferdes gehören Schritt, Trab und Galopp. Einige Pferderassen verfügen darüber hinaus aber noch über ein bzw. sogar zwei zusätzliche Gang­arten: Tölt und Rennpass - wobei diese bei den unterschiedlichen Pferde­rassen unterschiedliche Benennungen haben.
2_015_2023_002_0074
74 | mup 2|2023|74-75|© Ernst Reinhardt Verlag, DOI 10.2378 / mup2023.art10d Verena Bauer Stichwort Die Gangarten des Pferdes Zu den Grundgangarten des Pferdes gehören Schritt, Trab und Galopp. Einige Pferderassen verfügen darüber hinaus aber noch über ein bzw. sogar zwei zusätzliche Gangarten: Tölt und Rennpass - wobei diese bei den unterschiedlichen Pferderassen unterschiedliche Benennungen haben. Im Folgenden werden die einzelnen Gangarten kurz näher erläutert. Schritt Im Schritt setzt das Pferd die Hufe nacheinander auf den Boden auf: links hinten, links vorne, rechts hinten, rechts vorne. Der Schritt ist somit eine ruhige Viertaktgangart ohne Schwebephase, in dem das Pferd längere Distanzen zurücklegen kann, ohne zu ermüden. Das Pferd hat immer zwei, höchstens drei Beine gleichzeitig auf dem Boden. In der Dressur wird unterschieden zwischen Mittelschritt, versammeltem und starkem Schritt. Beim starken Schritt werden je nach Ausbildungsstand des Pferdes die Tritte deutlich verlängert und die Hinterhufe deutlich über den Abdruck des Vorderhufes hinausgesetzt. Die Schrittfrequenz wird nicht eiliger, die Schritte jedoch deutlich ausgreifender und die Nickbewegung des Kopfes deutlicher. Beim versammelten Schritt soll das Pferd vermehrt Last auf die Hinterhand aufnehmen. Tölt Der Tölt ist dem Schritt von der Fußfolge her gleich. Durch die fehlende Schwebephase ist der Tölt für den / die ReiterIn sehr angenehm, beinahe erschütterungsfrei zu sitzen. Je nach Ausbildungsstand und Veranlagung des Pferdes ist der Tölt in unterschiedlichen Tempi vom Schritttempo bis zum Renntempo zu reiten. Guter Tölt zeichnet sich durch den in Wellenbewegungen fallenden Schweif sowie einen locker schwingenden Rücken aus. Jedoch beherrscht nicht jedes Pferd diese besondere Gangart: Der bekannteste Vertreter dafür ist wohl das Islandpferd. Man geht aber davon aus, dass ursprünglich jedes Pferd eine Veranlagung zum Tölten hatte. Nachdem Kutschen populär wurden und sich der Trab besonders gut dazu eignete, eine Kutsche schnell zu befördern, wurde die Zucht vorerst auf Traber umgestellt - so wurde der Tölt weitestgehend „weggezüchtet“. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Tölt mit der Verbreitung der Isländer wiederentdeckt. So schön guter Tölt zu reiten ist, so störungsanfällig für Taktunreinheiten ist er leider auch. Die beiden häufigsten Fehler im Tölt werden hier in aller Kürze etwas näher beschrieben. Taktfehler im Tölt Trabtölt Hat das Pferd zu wenig Spannung und / oder setzt seine Hinterhand nicht genügend ein, verändert sich der Tölt Richtung Trab. Der Tölt wird trabig oder das Pferd trabt ganz aus. Passtölt/ Schweinepass Hat das Pferd hingegen zu viel Spannung im Körper, führt das zu Passtölt, auch Schweinepass genannt. Durch Überspannung bewegen sich die Beinpaare nicht mehr hintereinander, sondern gleichzeitig, also lateral. Das ist sowohl für den Reiter sehr unangenehm zu sitzen als auch für das Pferd nicht gesund. Trab Der Trab ist eine schnelle Zweitaktgangart, bei der jeweils das diagonale Beinpaar gemeinsam Stichwort: Bauer - Die Gangarten des Pferdes mup 2|2023 | 75 vorgeschwungen wird. Zwischen den Bodenberührungen ist eine kurze Schwebephase. Beim Dressurreiten wird unterschieden zwischen versammeltem Trab, Arbeitstrab, Mitteltrab und starkem Trab. Als „Piaffe“ wird das Traben auf der Stelle bezeichnet: eine Übung aus der hohen Schule. Eine „Passage“ hingegen ist der Trab mit verlängerter Schwebephase und akzentuiert gehobenen Beinen. Galopp Die schnellste Grundgangart ist der Galopp. Es wird unterschieden zwischen Linksgalopp und Rechtsgalopp, wobei beim Linksgalopp das linke Beinpaar weiter ausgreift, beim Rechtsgalopp umgekehrt. Der Galopp ist eine gesprungene Gangart mit Schwebephase im Dreitakt. Nach neuesten Erkenntnissen ist der Galopp eigentlich sogar eher eine Viertaktgangart, die Verschiebung der gleichzeitig auffußenden Diagonalen ist hier jedoch so gering, dass es für das menschliche Auge kaum sichtbar ist. Der Galopp kann als Abfolge von Sprüngen gesehen werden - das war jedoch lange nicht bekannt. Dieses Phänomen wurde erstmals 1878 durch den Fotografen Eadweard Muybridge mit dem Zoopraxiskop fotografisch festgehalten. Kreuzgalopp Ist die Fußfolge im Galopp fehlerhaft, so spricht man vom Kreuzgalopp. Das Pferd ist hier mit den Vorderbeinen im Linksgalopp und mit den Hinterbeinen im Rechtsgalopp - oder umgekehrt. Häufig kommt dieser Fehler bei jungen, noch nicht richtig ausbalancierten Pferden oder bei sehr schiefen Pferden vor. Um den Galopp zu korrigieren, muss das Pferd durchpariert und von Neuem angaloppiert werden. Rennpass Beim Rennpass handelt es sich um eine laterale Zweitaktgangart mit Schwebephase: die Beinpaare fußen nahezu gleichzeitig und gleichseitig ab. Die sogenannte „Fünfte Gangart“ wird nur auf kurzen Strecken geritten. Der Weltrekord im Speedpass liegt bei 6,95 Sekunden auf 100 Metern, das sind in etwa 50 km / h. Von großer Bedeutung für die Qualität des Rennpass ist das Legen; der Übergang vom Galopp zum Rennpass. In der therapeutischen Arbeit mit Pferden ist es wichtig, sich der einzelnen Qualitäten in den verschiedenen Gangarten bewusst zu sein. Der Schritt wirkt eher beruhigend, während der Trab und der Galopp eher aktivieren. Dem Tölt kommt eine eigene Bedeutung zu: zum einen kann er aufgrund der Bequemlichkeit einen großen Vorteil bieten für KlientInnen, die gerne ein wenig schneller reiten möchten, allerdings den Schwung im Trab nicht ausbalancieren können, zum anderen ist es für Gangpferde zum Teil deutlich schwerer, die Balance in den einzelnen Gangarten zu finden und korrekt zu trennen. Es erfordert Können und Wissen seitens der Fachkräfte, das Pferd entsprechend so zu reiten und zu korrigieren, dass eine klare Gangtrennung erhalten bleibt. Der Pass ist in der therapeutische / pädagogischen Arbeit mit Pferd nicht von Bedeutung. Ein Pferd mit zu starker Passveranlagung eignet sich aufgrund der erschwerten Gangtrennung nicht optimal für die Arbeit mit KlientInnen Die Autorin Verena Bauer Journalismusstudentin an der FH in Wien, Absolventin des Medienkollegs Innsbruck, Fotografin und Islandpferdereiterin - arbeitete in Island, Deutschland und Österreich auf verschiedenen Gestüten. Kontakt Verena Bauer · Thaliastrasse 86 · A - 1160 Wien Verenakbauer@gmail.com