Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
101
2005
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Wie reagieren Lehrer bei Belastungen?
101
2005
Marcus Stück
Thomas Rigotti
Hans-Ullrich Balzer
Diese Studie betrachtet Besonderheiten in der elektrodermalen Aktivität in Abhängigkeit von gesundheitsrelevanten Bewältigungsstilen, gemessen mit dem Arbeitsbezogenen Erlebens- und Verhaltensmuster (AVEM). Die Stichprobe besteht aus 20 Lehrerinnen. In einem 24-Stunden-Monitoring wurde eine umfassende Hautwiderstandsdiagnostik durchgeführt. Im Einklang mit der Untererregungstheorie konnte für die Risikomuster A (hohes Arbeitsengagement bei geringer Distanzierungsfähigkeit) und Risikomuster B (hohe Resignation, geringe Lebenszufriedenheit) eine geringere physiologische Aktivierung bei gleichzeitig häufigerem Wechsel zwischen Erregungs- und Entspannungszuständen festgestellt werden. Letzteres spricht für eine verminderte Erholungsfähigkeit. In personenzentrierten Interventionsprogrammen sollten daher eher aktivierende Techniken zum Einsatz kommen.
3_052_2005_4_0002
In dieser Studie möchten wir prüfen, ob sich psychophysiologische Besonderheiten für Typen arbeitsbezogener Erlebens- und Verhaltensmuster an einer Gruppe von Lehrerinnen während eines 24-Stunden-Monitorings des Hautwiderstandes ergeben. Der Lehrerberuf ist gekennzeichnet durch Mehrfachtätigkeiten, multiple Ziele, Aufgaben- und Bedingungsvielfalt sowie meist unklare und sporadische Rückmeldungen. Nicht selten ergeben sich daraus Rollenkonflikte sowie emotionale, kognitive, körperliche und verhaltensmäßige Überforderungsreaktionen mit gesundheitlichen Konsequenzen. Diese Belastungen spiegeln sich in einer hohen Beanspruchung von Lehrern wider, die in zahlreichen Studien dokumentiert ist (z. B. Aebischer-Kramis, 1996; Schaarschmidt, 2004; Vandenberghe & Huberman, 1999). Im Sinne eines ressourcenorientierten, salutogenetischen Ansatzes (Antonovsky, 1979; 1987) kommen daher individuellen Erlebens- und Verhaltensstilen als Bewältigungsmuster im Lehrerberuf eine herausragende Rolle zu. Schaarschmidt und Fischer (1996) entwickelten mit dem AVEM (Arbeitsbezogenes Erlebens- und Verhaltensmuster) ein Analysetool, mit dem 11 Dimensionen (siehe Tabelle 1 für eine Übersicht über die 11 Primärfaktoren und deren Zusammenhang zur Typenbildung) arbeitsbezogener Bewältigungsstile erhoben werden können. Mittels clusteranalytischer Verfahren konnten die Autoren folgende vier Typen distinkter Bewältigungsmuster klassifizieren: How do Teachers React to Stress? Work Related Coping Styles and Psychophysiological Correlates Summary: The aim of this study is the investigation of differences in galvanic skin response regarding behavioural coping styles, measured with the AVEM. The sample consists of 20 female teachers. In a 24 hour monitoring a skin response diagnostic was performed. In accordance with the underarousal-theory, risktype A (high work involvement and low dissociation from work) and risktype B (high resignation and low life satisfaction) showed lower physiological arousal and at the same time more changes between arousal and relaxation. The latter can be interpreted as decreased ability to relax. Thus, in person-oriented interventions activating techniques should be used. Keywords: Teacher, burnout, stress, galvanic skin response Zusammenfassung: Diese Studie betrachtet Besonderheiten in der elektrodermalen Aktivität in Abhängigkeit von gesundheitsrelevanten Bewältigungsstilen, gemessen mit dem Arbeitsbezogenen Erlebens- und Verhaltensmuster (AVEM). Die Stichprobe besteht aus 20 Lehrerinnen. In einem 24-Stunden-Monitoring wurde eine umfassende Hautwiderstandsdiagnostik durchgeführt. Im Einklang mit der Untererregungstheorie konnte für die Risikomuster A (hohes Arbeitsengagement bei geringer Distanzierungsfähigkeit) und Risikomuster B (hohe Resignation, geringe Lebenszufriedenheit) eine geringere physiologische Aktivierung bei gleichzeitig häufigerem Wechsel zwischen Erregungs- und Entspannungszuständen festgestellt werden. Letzteres spricht für eine verminderte Erholungsfähigkeit. In personenzentrierten Interventionsprogrammen sollten daher eher aktivierende Techniken zum Einsatz kommen. Schlüsselbegriffe: Lehrer, Stress, Burnout, Hautwiderstand ■ Empirische Arbeit Wie reagieren Lehrer bei Belastungen? Berufliche Bewältigungsmuster und psychophysiologische Korrelate Marcus Stück, Thomas Rigotti Hans-Ullrich Balzer Universität Leipzig Universität Mozarteum Salzburg Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2005, 52, 250 - 260 © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Wie reagieren Lehrer bei Belastungen? 251 Das Risikotyp-B-Muster (Burnout) ist durch vermindertes Engagement gekennzeichnet, welches gleichzeitig mit eingeschränkter Distanzierungsfähigkeit, hoher Resignationstendenz, geringem Wohlbefinden sowie herabgesetzter Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen einher geht (Schaarschmidt, Kieschke & Fischer, 1999). Die vorherrschende Resignation bei Motivationseinschränkungen und Unzufriedenheit findet sich auch im Konzept des Burnout (z. B. Maslach & Jackson, 1986) wieder. So konnte beispielsweise auch gezeigt werden, dass der mittels AVEM ermittelte Typ B sich von den anderen Typen signifikant in den Ausprägungen der Dimensionen emotionale Erschöpfung, Demotivation sowie Aversion gegenüber Schülern des FBH (Persönlichkeitsfragebogen zur Messung von Burnout aus dem Beanspruchungsscreening bei Humandienstleistungen, Hacker, Reinhold, Damm & Wollenberg, 1995) unterscheidet (siehe Schaarschmidt, Kieschke & Fischer, 1999). Das Risikotyp-A-Muster ist vor allem gekennzeichnet durch eine hohe Motivation und Verausgabung bei gleichzeitig sehr geringer Distanzierungsfähigkeit. Im Vergleich zum Typ B ist hier also ein übersteigertes Engagement gegenüber Arbeit und Beruf festzustellen (vgl. Schaarschmidt & Fischer, 1996). Die Benennung erfolgte in Anlehnung an das prominente Typ-A-Verhaltenskonzept (workaholic), welches in frühen Arbeiten mit einem erhöhten Risiko an koronaren Herzerkrankungen assoziiert wurde (z. B. Friedman & Rosenman, 1974). Das Risikotyp-A-Muster im AVEM enthält allerdings zusätzlich zu einem überhöhten Engagement negative Emotionen. Für den Typ G (Gesundheit) ist die Arbeit ein wichtiger Lebensinhalt, was sich in deutlichem, aber im Vergleich zum Risikotyp A moderatem Arbeitsengagement äußert, bei einer Typen G S A B Gesundheit Schonung Burnout Subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit .48 .11 .78 -.86 Beruflicher Ehrgeiz .55 .40 .63 -.89 Verausgabungsbereitschaft -.03 -.56 .70 -.32 Perfektionsstreben -.13 -.34 .73 -.38 Distanzierungsfähigkeit .26 .08 .04 -.18 Resignationstendenz -.59 -.51 -.42 .78 Off. Problembewältigung .59 .25 .69 -.90 Innere Ruhe/ Ausgeglichenheit .69 .58 -.01 -.52 Erfolgserleben im Beruf .12 .25 .59 -.61 Lebenszufriedenheit .65 .44 .45 -.81 Soziale Unterstützung .33 .18 .03 -.24 Tabelle 1: Die 11 Dimensionen des AVEM und die Zuordnung zu den 4 Typen von Bewältigungsmustern Die farbigen Abstufungen verdeutlichen die Charakteristik der 4 Erlebens- und Verhaltenstypen (je dunkler desto höhere Werte auf dieser Dimension, basierend auf N = 1589, Schaarschmidt & Fischer, 1996). Eingetragen sind zusätzlich die Korrelation der Einzelskalen mit der Wahrscheinlichkeit der Typenzugehörigkeit in unserer Stichprobe von N = 20 Lehrerinnen, r > .45 ist auf dem 5 %-Niveau signifikant, r > .56 auf dem 1 %-Niveau. 252 Marcus Stück et al. gleichzeitig höheren Distanzierungsfähigkeit. Personen, die diesem Typ zugeordnet werden, zeigen geringe Resignationstendenz und eine hohe Zufriedenheit. Der Typ S (Schonung) ist charakterisiert durch die vergleichsweise geringsten Ausprägungen des Arbeitsengagements und der Motivation, bei gleichzeitig hoher Distanzierungsfähigkeit und geringer Resignationstendenz. Im Vergleich zum Typ G dürfte die Quelle für hohe Zufriedenheit daher eher außerhalb der Arbeit zu suchen sein (Schaarschmidt & Fischer, 1996). Schaarschmidt, Kieschke und Fischer (1999) berichten von Prävalenzraten um die 30 % des Risikotyps B, sowie von bis zu 40 % des Risikotyps A bei Lehrkräften in Berlin und Brandenburg. Bedenkt man die gesundheitlichen Korrelate, die mit diesen Bewältigungsmustern korrespondieren, so ist dies ein äußerst besorgniserregender Befund. Der Grund für die Notwendigkeit der Feststellung der psychophysiologischen Korrelate zu Erlebens- und Verhaltensmustern ist einfach: wenn bereits im Vorfeld ernsthafter gesundheitspsychologischer Beeinträchtigungen neben den psychologischen Indikatoren auch physiologische Korrelate nachgewiesen und erkannt werden könnten, so würde das eine sinnvolle Zusatzinformation zur Planung und Durchführung von primären und/ oder sekundären Präventionsmaßnahmen darstellen. Stressoren bewirken eine Aktivierung verschiedener physiologischer Systeme, die wiederum untereinander in Wechselwirkung treten können. Als zwei Hauptsysteme in diesem Zusammenhang gelten das Autonome Nervensystem (ANS) sowie die Hypothalamus- Hypophysen-Nebennierenachse (HPA). Das ANS gliedert sich weiter in das Sympathische und Parasympathische System und beeinflusst u. a. Blutdruck, Herzrate (z. B. Blaskovich & Katkin, 1995) und Speichelfluss. Die HPA beeinflusst vor allem das Immunsystem, hat aber indirekt auch Einfluss auf die physiologische Aktivierung. Es gibt eine Reihe von Befunden, die zeigen, dass eine hohe Aktivierung im Verhalten mit einer physiologischen Untererregung einhergeht (z. B. Knyazev, Slobodskaya & Wilson, 2002). Die Untererregungs-Theorie (underarousal-theory) fand bisher vor allem in Extrembereichen Anwendung: so wurde beispiels-weise eine physiologische Unteraktivierung mit kriminellem, aggressivem oder delinquenten Verhalten (Coren, 1999; Glicksohn, 2002; Grisso & Ferris, 1996; Kibler, Prosser & Ma, 2004) oder mit dem Aufmerksamkeits- Defizit-Syndrom bei Kindern (z. B. Shaw & Brown, 1999) in Verbindung gebracht. In Anlehnung an diese Theorie und bisherige Befunde vermuten wir für die beiden Risikomuster A und B eine verminderte physiologische Aktivierung (respektive erhöhte Deaktivierung) sowie einen gesteigerten Wechsel zwischen Entspannungs- und Aktivierungszuständen, die sich auch in der elektrodermalen Aktivität widerspiegeln. Bis auf eine Studie von Oelkers (1998, vgl. Schaarschmidt, Kieschke & Fischer, 1999), in der Unterschiede in der Entspannungsfähigkeit mittels der Herzfrequenz zwischen den vier oben beschriebenen Typen untersucht wurden, liegen bisher keine Studien zu psychophysiologischen Korrelaten speziell dieser Typen vor. In dieser Studie wurden von 15 - 20 Personen pro Typ vor und 20 Minuten nach einer komplexen Aufmerksamkeitsaufgabe der Puls gemessen: „Während für G ein deutlicher Rückgang konstatiert werden kann, behalten A und B im wesentlichen das Ausgangsniveau bei. […]. Der Unterschied zwischen G auf der einen und A und B auf der anderen Seite ist signifikant“ (ebd., S. 254). Dieser Befund spricht für eine schlechtere Regulationsfähigkeit der Risikotypen A und B und ist konform mit anderen Befunden zur Erholungsfähigkeit in Abhängigkeit individueller Unterschiede (siehe Linden, Earle, Gerin & Christenfeld, 1997 für eine Übersicht). Aktivierungsbzw. Deaktivierungs- oder Entspannungszustände können mit dem Hautwi- Wie reagieren Lehrer bei Belastungen? 253 derstand als einem Parameter der vegetativemotionellen Regulation erfasst werden. Der Hautwiderstand als ein Indikator der physiologischen Aktivierung wurde unseres Wissens bisher nahezu ausschließlich in klinischen Studien verwendet. Eine Ausnahme bildet eine Studie von Stück et al. (2005), in der konsistente Zusammenhänge der Hypersensibilität der Haut (s. u.) mit Fragebogendaten berichtet werden. So gaben Hypersensible in dieser Studie beispielsweise ein geringeres Wohlbefinden an als Nicht-Hypersensible. Als physiologische Basis des Hautwiderstandes werden u. a. die Aktivität des sekretorischen Teils der Schweißdrüsen und die damit verbundenen Permeabilitätsänderungen der Zellmembranen in der Epidermis angenommen. Die Schweißdrüsenaktivität wird hauptsächlich von der Hirnrinde (geistige Tätigkeit, Denken, Bewusstsein) bzw. vom Limbischen System (Kontrollzentrum für Emotionen) gesteuert. Die nervale Versorgung der Schweißdrüsen erfolgt ausschließlich über erregende cholinerge Fasern des Sympathikus (ANS). Schweißhemmende Nervenimpulse vom parasympathischen System sind nicht erforderlich, da der Schweiß nicht kontinuierlich läuft, sondern impulsartig ausgestoßen wird und sehr schnell an der Hautoberfläche verdunstet. Dieser direkte und nicht invasive Zugang zum Erregungsniveau eines Individuums lässt den Hautwiderstand als Meßmethode für Aktivierungsbzw. Stress- und Entspannungszustände relevant werden. Methode Stichprobe Es nahmen 20 weibliche Lehrkräfte, die sich zum Zeitpunkt der Studie im Schuldienst befanden, aus dem Raum Leipzig freiwillig an dieser Studie teil. Das Durchschnittsalter der Versuchspersonen lag bei 43.9 Jahren (SD = 6.16). 17 von ihnen unterrichten an Gymnasien, zwei an einer Mittelschule und eine Lehrerin an einer Grundschule. Messinstrumente und Auswertung Arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM) Als unabhängige Variablen in dieser Studie fanden die anhand der Arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM, Schaarschmidt & Fischer, 1996) klassifizierten Reaktionstypen A, B (Burnout), G (Gesundheit) und S (Schonung) Anwendung. Das Verfahren ist ein mehrdimensionales persönlichkeitsdiagnostisches Verfahren, mit dem Selbsteinschätzungen zum Erleben und Verhalten in Arbeit und Beruf erhoben werden. Anliegen ist die Identifizierung von Verhaltens- und Erlebensmustern, die auf Risiken im Sinne psychischer und psychosomatischer Gefährdung schließen lassen. Die Auswertung der über den Fragebogen AVEM von Schaarschmidt und Fischer (1996) erhobenen Daten erfolgte über die Software AVEM von Swets Test Services, die eine Typzuordnung (Typen A, B, G und S) sowie eine Zuordnung zu 11 faktoranalytisch konstruierten Skalen erlaubt (siehe Tabelle 1). Mittels der testspezifischen Auswertungssoftware erhält man für jede Person vier Prozentwerte, welche die Wahrscheinlichkeit einer Typenzugehörigkeit angeben. Verwendet man eine 95%-Wahrscheinlichkeit als Kriterium so ließen sich in unserer Stichprobe 7 Personen dem Risikotyp B zuordnen (35 %), weitere 2 Personen dem Risikotyp A (10 %). Die restlichen 11 Personen ließen sich nicht eindeutig einem Typ zuordnen. Tabelle 2 können die Interkorrelationen der Typenwahrscheinlichkeiten sowie die mittleren Wahrscheinlichkeiten unserer Stichprobe entnommen Typ A Typ B Typ S Typ G (Burnout) (Schonung) (Gesundheit) Typ A (25 %) Typ B -.73** (56 %) Typ S -.40 -.19 (8 %) Typ G -.63** .04 .40 (11 %) Tabelle 2 : Interkorrelation der Wahrscheinlichkeiten, einem Typ zugeordnet zu werden, und mittlere Wahrscheinlichkeiten der Typenzugehörigkeit in der Gesamtstichprobe * p < .05, ** p < .01, in Klammern: die mittlere Wahrscheinlichkeit der Typenzugehörigkeit, N = 20 254 Marcus Stück et al. werden. Es wird deutlich, dass Personen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Risikotyp B zuzuordnen sind, gleichzeitig sehr unwahrscheinlich ein Erlebens- und Verhaltensmuster des Risikotyps A aufzeigen und umgekehrt. So haben jene 13 Personen, die nicht dem Risiktotyp B zugeordnet werden können, eine mittlere Wahrscheinlichkeit von 38 % dem Risikotyp A anzugehören (S: 11 %, G: 16 %). Jene 18 Personen, die nicht dem Risikotyp A zuzuordnen sind, haben eine mittlere Wahrscheinlichkeit von 63 %, dem Typ B zu entsprechen (S: 8 %, G: 12 %). Hautwiderstandsdiagnostik Als abhängige Variablen wurden Parameter des Hautwiderstandes (Aktivierung, Verteilte Aktivierung, Deaktivierung, Überlastungshemmung, Hypersensibilität) untersucht. Die Erfassung des Hautwiderstandes erfolgte mit Hilfe des von Hecht und Balzer (siehe Hecht, 2001) zur Objektivierung des Erregungszustandes entwickelten Geräts HIMEN. Der Hautwiderstand wird dabei als elektrischer Widerstand der Haut mittels eines durchfließenden schwachen Gleichstroms (Stromstärke: 1 bis 5 mA) erfasst (exosomatische Methode). Die Messung selbst erfolgt nicht-invasiv durch Anbringen von zwei Elektroden im Bereich der unteren Innenseite des Armes. Über einen im Messgerät eingebauten Kondensator erfolgt nach dem Aufladen mittels Gleichstrom eine Kondensatoren-Entladung, die in Abhängigkeit vom Hautwiderstand variiert. Damit funktioniert das Gerät auf der Basis eines Widerstands-Frequenzwandlers. Eine niedrige Frequenz der Entladungen induziert einen hohen Hautwiderstand, während eine hohe Frequenz auf einen geringen Hautwiderstand schließen lässt. In Abbildung 1 ist ein Beispiel einer Original-Datenkurve mit den entsprechenden Impulsabständen in ms dargestellt. Ein Absinken der Kurve bedeutet Aktivierung, ein Anstieg bedeutet Deaktivierung bzw. zunehmende Entspannung. Diese Zeitreihe enthält quasistationäre, periodische und stochastische Anteile, d. h. beim 24-Stunden-Monitoring des Hautwiderstandes unter Feldbedingungen ist es notwendig, die stochastischen und quasistationären Fehler-Anteile in der Messkurve zu beachten. Als quasistationäre Anteile werden solche Änderungen der gemessenen oder beobachteten Daten betrachtet, deren Trend (linear oder nichtlinear) sich im untersuchten Zeitintervall stetig und nicht periodisch ändert (z. B. Verdunstung, Absorption). Als stochastische Anteile werden solche Änderungen der gemessenen oder beobachteten Daten betrachtet, die keinen Trend enthalten und die innerhalb eines definierten Zeitfensters keine reproduzierbaren Ereignisse enthalten (z. B. Spontanaktivität, Elektrodendruck, Armbewegungen). Als periodische Anteile werden solche Änderungen der gemessenen oder beobachteten Daten betrachtet, die keinen Trend aufweisen und die innerhalb eines definierten Zeitintervalls reproduzierbare Maxima oder Minima aufweisen (Schweißdrüsensekretion). Zunächst wurden diese Anteile aus den Zeitreihen gefiltert (siehe Hecht & Balzer, 1996; Balzer & Hecht, 2000; Hecht, 2001). Abbildung 1: Graphische Darstellung eines Originaldatenbeispiels des Hautwiderstandes Wie reagieren Lehrer bei Belastungen? 255 Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung beschränken wir uns auf die Analyse der Perioden, die auf einem Kontinuum zwischen 20 Sekunden bis 130 Sekunden Periodenlängen liegen. Dieser gewählte Zeitbereich ist deshalb für die Untersuchung von Entspannungs- und Stresszuständen interessant, da er mit der Anstiegszeit des Stresshormons Adrenalin (60 Sekunden) korreliert. Balzer und Hecht (1989) unterscheiden auf dieser Grundlage Aktivierungszustände mit Periodenlängen zwischen 20 und 60 Sekunden und Entspannungszustände mit Periodenlängen zwischen 60 und 130 Sekunden. Als Verteilte Aktivierung werden die Zustände des Übergangs von Aktivierungsin Entspannungszustände bezeichnet. Mit der hier verwendeten Auswertungsmethodik des Hautwiderstandes können zusätzlich zwei Schutzmechanismen festgestellt werden, die dann einsetzen, wenn das vegetativ emotionelle System überlastet ist. Diese Schutzmechanismen dienen zur Vorbeugung von Erschöpfungszuständen. Es handelt sich dabei um die Überlastungshemmung und die Hypersensibilität (Hecht, 2001). Ergeben sich kurze Periodenlängen von 20 sec bis 60 sec mit einem nachfolgenden Sprung auf Periodenlängen, die größer als 130 sec sind, wird von einer Überlastungshemmung gesprochen. Diese sprunghafte Verlagerung in den äußersten Deaktivierungsbereich ist die Folge einer hochgradigen Erregung und wird als Hemmungsbzw. Schutzmechanismus interpretiert. Die Impulsabstands-Zeiten, die mit dem Messgerät gemessen werden, sind abhängig vom Erregungsgrad einer Person. Je kürzer die Impulsabstände werden, umso erregter ist eine Person. Bei dem zweiten Schutzmechanismus vor Überlastung, der Hypersensibilität, werden Impulsabstände unter 50 ms gemessen. Mit dieser Erregungssteigerung geht auch eine Steigerung der Hautsensibilität einher. Es erfolgt eine Umpolarisierung des Zellmembranpotenzials, die Reizschwelle ist herabgesetzt und bereits geringe Zusatzreize führen zu Aktionspotenzialen mit positiven Werten im so genannten Overschoot-Bereich (Deetjan & Speckmann, 1999, zit. in Hecht, 2001). Das Auftreten derartig kurzer Entladungszeiten wird als unspezifische Sensibilität bzw. Hypersensibilität bezeichnet (Balzer & Hecht, 2000; Hecht, 2001). Die erhobenen Parameter der Hautwiderstandsdiagnostik sind nochmals mit einer kurzen Beschreibung in Tabelle 3 zusammengefasst. Ergebnisse Lineare Zusammenhänge zwischen Typenzugehörigkeit und Hautwiderstand Zunächst haben wir geprüft, ob sich mittels Pearson-Korrelationskoeffizienten lineare Zusammenhänge zwischen der Typenwahrscheinlichkeit und den Indikatoren des Haut- Parameter Analyse Bedeutung der Kenngröße Aktivierung Auftreten kurzer Perioden- Aktivierungszustand. Prozentuale Verteilung der längen (20 - 60 sec) Aktivierungsmuster über den Untersuchungszeitraum (ca. 24 h) Verteilte Auftreten von kurzen und Zustand des Übergangs vom Aktivierungsin Aktivierung langen Periodenlängen den Entspannungszustand. Prozentuale Verteilung der verteilten Aktivierungsmuster über den Untersuchungszeitraum (ca. 24 h) Deaktivierung Auftreten von langen Entspannungszustand. Es werden die Perioden (60 - 130 sec) Deaktivierungsmuster ausgezählt. Prozentuale Verteilung der Deaktivierungsmuster über den Untersuchungszeitraum (ca. 24 h) Überlastungs- Sprünge von Periodenlängen Sprunghafte Verlagerung in den äußersten hemmung zwischen 20 s und 60 s auf Deaktivierungsbereich aufgrund einer Periodenlängen größer als hochgradigen Erregung. Erster Schutzmechanis- 130 s mus vor Überlastung des vegetativ-emotionellen Systems. Hypersensibilität Auftreten von Impuls- Steigerung der Hautsensibilität. Zweiter Schutzabständen unterhalb 50 ms mechanismus vor Überlastung des vegetativemotionellen Systems. Tabelle 3: Parameter der Hautwiderstandsdiagnostik 256 Marcus Stück et al. widerstandes ergeben. Aufgrund der geringen Stichprobengröße und der damit verbundenen geringen Power haben wir das Alpha-Niveau a priori auf 10 % festgelegt. Es zeigten sich signifikante lineare Zusammenhänge zwischen der Zugehörigkeit zu Typ S und den Indikatoren des Hautwiderstands. Je höher die Wahrscheinlichkeit, dem Bewältigungsstil des Typ S (Schonung) zu entsprechen desto mehr Aktivierungszustände (r = .38, p < .10), respektive weniger Entspannungszustände (r = -.41, p < .10) konnten im 24-Stunden Monitoring beobachtet werden. Es zeigte sich zu dem ein Zusammenhang des Typs S mit einem geringerem Auftreten von Wechseln zwischen Entspannungs- und Erregungszuständen (r = -.34, p < .10) sowie ein häufigeres Auftreten von Hypersensibilität als Schutzmechanismus (r = .52, p < .05). Die Effektstärken, obgleich nicht signifikant, die sich für den Risikotyp A ergeben, sind in ihrer Richtung mit der Untererregungs-Theorie konform (siehe Tabelle 4). Zu den anderen beiden Typen ergeben sich keine interpretierbaren linearen Zusammenhänge zum Hautwiderstand. Kurvilineare Zusammenhänge der Typenzugehörigkeit mit Indikatoren des Hautwiderstandes Wie wir oben beschrieben haben, geht in unserer Stichprobe eine geringe Wahrscheinlichkeit, dem Risikotyp B zuzugehören, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit, dem Risikotyp A anzugehören, einher und umgekehrt. Nimmt man nun aber für beide Risikotypen eine verminderte Aktivierung, respektive erhöhte Deaktivierung an, so ist für den Zusammenhang zwischen Typzugehörigkeit und Hautwiderstand eine kurvilineare Beziehung anzunehmen, d. h. geringe Aktivierungszustände sind auch für jene zu erwarten, die ei- Aktivierung Deaktivierung Verteilte Überlastungs- Hyper- Aktivierung hemmung sensibilität Typ S .38* -.41* -.34* -.27 .52** Typ A -.27 .20 .29 .36 -.36 Typ G -.10 -.05 .16 .21 -.10 Typ B .12 .02 -.17 -.28 .14 Tabelle 4: Prüfung linearer Zusammenhänge zwischen Wahrscheinlichkeit der Typenzugehörigkeit und Indikatoren des Hautwiderstandes * p < .10, ** p < .05 (einseitig), N = 20 Aktivierung Deaktivierung Verteilte Überlastungs- Hyper- Aktivierung hemmung sensibilität Step 1 Typ G -.03 .09 -.11 .01 -.10 Typ S .47* -.46* -.41+ -.40+ .67** Step 2 Typ B -.31 .21 .47 .24 -.07 Step 3 (Typ B) 2 -.78* .68* .90** .88** -.55+ ∆ R 2 (1-2) .03 .04 .01 .07 .05 ∆ R 2 (2-3) .25* .19* .33** .31** .12+ Adj. R 2 .37 .30 .40 .46 .44 Tabelle 5: Multiple Regressionsanalyse mit einem Kurvilinearen Effekt der Wahrscheinlichkeit, Risikotyp B zuzugehören, unter Kontrolle der Wahrscheinlichkeiten, den Typen G und S zuzugehören Es wurden z-transformierte Werte verwendet, +p < .10, * p < .05, ** p < .01, N = 20 Wie reagieren Lehrer bei Belastungen? 257 ne geringe Wahrscheinlichkeit haben, dem Risikotyp B zugeordnet zu werden. Diese Annahme haben wir zunächst mittels multipler Regressionsanalysen mit quadratischem Term geprüft. Als unabhängige Variablen haben wir die z-transformierten Wahrscheinlichkeiten der Typenzugehörigkeit verwendet. Dadurch ergeben sich für die Quadratur der Wahrscheinlichkeit, dem Risikotyp B anzugehören, hohe positive Werte sowohl für sehr geringe als auch hohe Wahrscheinlichkeitswerte. Zudem wird durch die z-Transformation der Variablen die Multikollinearität vermindert (vgl. Tab. 4). In einem ersten Schritt haben wir die Wahrscheinlichkeiten eingeführt, den Typen S (Schonung) und G (Gesundheit) zuzugehören, in einem zweiten Schritt die Wahrscheinlichkeit, dem Risikotyp B zuzugehören, und schließlich den Quadratischen Term aus dieser Wahrscheinlichkeit (Tab. 5). Es zeigt sich, dass die Beta-Koeffizienten (Partialkorrelation) des quadratischen Terms für alle Indikatoren des Hautwiderstands signifikant sind und dass dieser dritte Schritt auch signifikant zur Prädiktion der abhängigen Variablen beiträgt. Mit Varianzaufklärungen (korrigiertes R 2 ) von 30 % (Deaktivierung) bis zu 46 % (Überlastungshemmung) kann die Typenbildung des AVEM einen beachtlichen Anteil der Varianz in den Hautwiderstandsindikatoren aufklären. Sowohl eine hohe als auch eine geringe Wahrscheinlichkeit, dem Typ B anzugehören, zeigte einen Zusammenhang zu vermehrten Entspannungszuständen und geringerer Anzahl von Aktivierungen. Zudem zeigen sich vermehrt verteilte Aktivierungen, die für eine schlechtere Erholungsfähigkeit sprechen. Es treten vermehrt Überlastungshemmungen auf, jedoch weniger Hypersensibilitätszustände. Für den Risikotyp A sind wir analog vorgegangen. Die Ergebnisse können Tabelle 6 entnommen werden. Es zeigen sich signifikante Effekte des Quadrierten Terms für Aktivierung (geringer), Deaktivierung (höher) sowie ein verstärktes Auftreten von Überlastungshemmungen. Mittelwertunterschiede in Indikatoren des Hautwiderstands zwischen den Risikotypen A/ B und den anderen Zusätzlich haben wir mittels t-Tests für unabhängige Stichproben geprüft, ob sich die 9 Personen, die sich mit über 95 % Wahrscheinlichkeit einer der beiden Risikotypen zuordnen lassen, von den anderen im Mittelwert der Hautwiderstandsindikatoren unterscheiden. Analog zu den Befunden der Regressionsanalysen zeigten sich signifikant weniger Aktivierungszustände (T = 2.56, p < .05, d’ = 1.14), mehr Entspannungszustände (T = -2.46, p < .05, d’ = 1.09) bei gleichzeitig häufigerem Wechsel zwischen Aktivierung und Aktivierung Deaktivierung Verteilte Überlastungs- Hyper- Aktivierung hemmung sensibilität Step 1 Typ G -.48+ .54* .29 .57* -.45+ Typ S .48+ -.45+ -.45+ -.37 .62** Step 2 Typ A .71 -.71 -.63 -.73 .25 Step 3 (Typ A) 2 -.96+ .99+ .81 1.11* -.53 ∆ R 2 (1-2) .03 .04 .01 .07 .05 ∆ R 2 (2-3) .13+ .14+ .10 .18* .04 Adj. R 2 .38 .40 .10 .29 .33 Tabelle 6: Multiple Regressionsanalyse mit einem Kurvilinearen Effekt der Wahrscheinlichkeit, Risikotyp A zuzugehören, unter Kontrolle der Wahrscheinlichkeiten, den Typen G und S zuzugehören Es wurden z-transformierte Werte verwendet, +p < .10, * p < .05, ** p < .01, N = 20 258 Marcus Stück et al. Entspannung (T = -2.36, p < .05, d’ = 1.09) für die Risikotypen im Vergleich zu den anderen Personen der Stichprobe. Die Risikotypen zeigten zudem häufiger Überlastungshemmungen im Untersuchungszeitraum (T = -2.34, p < .05, d’ = 1.06). Bezüglich der Hypersensibilität konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen ermittelt werden (vgl. Tabelle 7). Trotz der geringen Stichprobengröße bleiben diese Unterschiede auch nach einer Alpha-Adjustierung signifikant (bei Berücksichtigung der Interkorrelation der Hautwiderstandsindikatoren). Diskussion Wie erwartet wiesen die Versuchspersonen mit problematischen arbeitsbezogenen Bewältigungsstilen (Risikotyp A und B) eine geringere Aktivierung sowie einen häufigeren Wechsel zwischen Aktivierungs- und Entspannungszuständen auf. Letzteres spricht für eine geringere Erholungsfähigkeit und ist konform mit den Befunden von Oeckels (1998; vgl. Schaarschmidt, Krieschke & Fischer, 1999). Ersteres bestätigt die Untererregungs- Theorie, die postuliert, dass eine erhöhte Verhaltensaktivierung (Typ A) bzw. emotionale Anspannung (Typ B) mit einer verminderten physiologischen und kardiovaskulären Erregung korrespondiert. Der Schontyp, der durch ein geringes Arbeitsengagement bei gleichzeitig hoher Distanzierungsfähigkeit gekennzeichnet ist, zeigte im Vergleich zu den Risikotypen ein gegenläufiges Muster der physiologischen Aktivierung. Hier zeigten sich lineare Zusammenhänge, die für verstärktes Auftreten von Aktivierungszuständen und Hypersensibilitätszuständen sprechen bei gleichzeitig geringerem Wechsel zwischen Entspannung und Aktivierung. Personen, die dem Schontyp angehören, versuchen möglicherweise die psychophysiologische Übererregung mit einer gesundheitsförderlichen Schonhaltung zu kompensieren. Die Ergebnisse der multiplen Regressionsanalysen mit den nicht-linearen Effekten verdeutlichen u. E., dass die Typenbildung des AVEM einen bedeutenden Anteil der Varianz der gemessenen Hautwiderstandsparameter aufklären kann. Die in dieser Studie gewählte Methode zur Testung einer kurvilinearen Beziehung folgt der spezifischen Zusammensetzung der Stichprobe und muss daher in größeren Stichproben nicht zwangsläufig die Methode der Wahl darstellen. Aufgrund der Typenverteilung in repräsentativen Lehrerstichproben (vgl. Schaarschmidt & Fischer, 1996) sind ähnliche Effekte allerdings auch bei größeren Gruppen von LehrerInnen zu erwarten, nicht jedoch in einer Stichprobe, in der die Typen S (Schonung) und G (Gesundheit) dominieren. Inwiefern die berichtete Untererregung der beiden Risikotypen spezifischer für den sich verausgabenden Typ A TYP A + TYP B Andere Mittelwertunterschied (N = 9) (N = 11) M SD M SD T df p d’ 1 Aktivierung 66.55 16.99 84.70 14.73 2.56 18 .02* 1.14 2 Verteilte Aktivierung 11.04 6.07 5.02 5.33 -2.36 18 .03* 1.05 3 Deaktivierung 22.40 11.90 10.25 10.24 -2.46 18 .02* 1.09 4 Überlastungshemmung 90.47 12.68 75.60 15.25 -2.34 18 .03* 1.06 5 Hypersensibilität 23.67 37.10 45.18 44.72 1.15 18 .26 0.52 Tabelle 7: Mittelwertunterschiede hinsichtlich Hautwiderstandsindikatoren zwischen den Risikotypen A und B und anderen Anmerkung: Signifikanz (zweiseitig), + p < .10, * p < .05, d’ = Effektgrößen Wie reagieren Lehrer bei Belastungen? 259 oder den „verausgabten“ Typ B (Burnout) sind, muss in weiteren Untersuchungen geklärt werden. Zwar gelten die Bewältigungsmuster als zeitlich relativ stabile individuelle Dispositionen. Es zeigen sich aber auch Zusammenhänge zu beruflichen Belastungen, wie z. B. Beziehung zum Schulleiter, Verhalten von Schülern, Stoffumfang oder kollegiale Unterstützung (Schaarschmidt, Kieschke & Fischer, 1999; Schaarschmidt & Fischer, 2001). Dies lässt auf eine Beeinflussbarkeit der Bewältigungsstile schließen. Neben Verhältnispräventiven Maßnahmen können auch Verhaltenspräventive Interventionen zu einer Verminderung von Beanspruchung beitragen. Stück, Rigotti und Mohr (2004) konnten beispielsweise nachweisen, dass die Erholungsfähigkeit auch langfristig mittels Entspannungstechniken als personenzentrierte Intervention beeinflussbar ist. Aus den hier berichteten Ergebnissen lässt sich ableiten, dass im Hinblick auf die Risikomuster A und B zu beachten ist, dass vermutlich eher eine physiologische Unterregung sowie ein Regulationsdefizit vorliegt. Wir schließen daraus, dass in personenzentrierten Präventionsprogrammen gezielt aktivierende Techniken eingesetzt werden sollten, welche das psychophysiologische Erregungsniveau anheben und die Regulation zwischen Entspannungs- und Aktivierungszuständen verbessern. Hierzu zählen sportliche Aktivitäten und körperbetonte Entspannungstechniken wie beispielsweise Yoga (vgl. Stück, 2003). Einschränkungen und Ausblick Die Ergebnisse dieser Studie sollten anhand einer Untersuchung mit einem größeren Stichprobenumfang geprüft werden. Auch sollte die Gültigkeit der Aussagen anhand einer beide Geschlechter umfassenden Stichprobe überprüft werden und mögliche Geschlechtsunterschiede im Zusammenhang mit psychophysiologischen Manifestationen der im AVEM erhobenen Reaktionstypen herausgearbeitet werden. Denkbar ist hier eine höhere Ausprägung körperlicher Korrelate bei männlichen Versuchspersonen, da diese im Allgemeinen hinsichtlich der Angabe von Belastungsfolgen eher repressive Verarbeitungsstile bevorzugen. Es sollte über eine Ausweitung der Forschung auf diesem Gebiet auf andere Berufsfelder mit erhöhtem Risiko im Bereich der Reaktionstypen A und B nachgedacht werden, um dahingehende Interventionsansätze zu entwickeln. Literatur Aebischer-Kramis, K. (1996). Stress, Belastungen und Belastungsverarbeitung im Lehrberuf. Bern: Verlag Paul Haupt. Antonovsky, A. (1979). Health, stress and coping. San Francisco, CA: Jossey-Bass. Antonovsky, A. (1987). Unrevealing the mystery of health. How people manage stress and stay well. San Francisco, CA: Jossey-Bass. Balzer, H.-U., Hecht, K. (1989). Ist Stress noninvasiv zu messen? Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt- Universität Berlin, Reihe Medizin 38/ 4, 456 - 460 Balzer, H.-U., Hecht, K. (2000). 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