eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 56/2

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2009
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Interethnische Freundschaften, Akkulturationsorientierungen und Autonomieentwicklung bei Jugendlichen türkischer und italienischer Herkunft

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2009
Heinz Reinders
Enikö Varadi
Im vorliegenden Beitrag wird geprüft, ob interethnische Freundschaften bei Migrantenjugendlichen im Vergleich zu intraethnischen Varianten zu einer Akzeleration der Autonomieentwicklung führen. Basierend auf der Individuationstheorie unter Anreicherung bisheriger Forschung wird argumentiert, dass durch den Austausch mit Freunden deutscher Herkunft eine Angleichung an deren Autonomievorstellungen und realisierter Autonomie stattfindet. Die Autonomieentwicklung wird dabei als Teilaspekt der übergreifenden Akkulturation von Migranten-jugendlichen begriffen. Anhand einer Querschnittstudie bei 564 Jugendlichen türkischer und italienischer Herkunft im Alter von 12 bis 17 Jahren kann gezeigt werden, dass Migrantenjugendliche mit einem Freund deutschsprachiger Herkunft biografisch frühere Autonomievorstellungen äußern und mehr Selbstbestimmung gegenüber den Eltern realisiert sehen. Damit einher geht eine stärker assimilative Akkulturationsorientierung als bei Migranten mit gleichethnischem Freund.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2009, 56, 123 - 136 © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Interethnische Freundschaften, Akkulturationsorientierungen und Autonomieentwicklung bei Jugendlichen türkischer und italienischer Herkunft 1 Heinz Reinders, Enikö Varadi Julius-Maximilians-Universität Würzburg Interethnic Friendship, Acculturation and Autonomy Needs of Adolescents of Turkish and Italian Origin Summary: The present study examines the role of interethnic friendships of minority youth regarding their autonomy development. Based on the individuation theory and former research it is assumed that migrants with German friends tend to develop autonomy earlier than adolescents with same-ethnicity friends. In addition, the process of autonomy development is assumed to be a part of the broader context of acculturation in adolescence. The assumptions are tested with data from 564 adolescents of Turkish and Italian origin aged 12 to 17. Results indicate that minority youth is more oriented towards assimilation and early autonomy if they report a friend of German origin. Keywords: Individuation, autonomy, acculturation, adolescence, friendship, ethnicity Zusammenfassung: Im vorliegenden Beitrag wird geprüft, ob interethnische Freundschaften bei Migrantenjugendlichen im Vergleich zu intraethnischen Varianten zu einer Akzeleration der Autonomieentwicklung führen. Basierend auf der Individuationstheorie unter Anreicherung bisheriger Forschung wird argumentiert, dass durch den Austausch mit Freunden deutscher Herkunft eine Angleichung an deren Autonomievorstellungen und realisierter Autonomie stattfindet. Die Autonomieentwicklung wird dabei als Teilaspekt der übergreifenden Akkulturation von Migrantenjugendlichen begriffen. Anhand einer Querschnittstudie bei 564 Jugendlichen türkischer und italienischer Herkunft im Alter von 12 bis 17 Jahren kann gezeigt werden, dass Migrantenjugendliche mit einem Freund deutschsprachiger Herkunft biografisch frühere Autonomievorstellungen äußern und mehr Selbstbestimmung gegenüber den Eltern realisiert sehen. Damit einher geht eine stärker assimilative Akkulturationsorientierung als bei Migranten mit gleichethnischem Freund. Schlüsselbegriffe: Individuation, Autonomie, Akkulturation, Adoleszenz, Freundschaft, Ethnizität Interethnische Beziehungen im Kindes- und Jugendalter stellen ein wichtiges Forschungsfeld innerhalb der Migrationsforschung dar (Hamm, Brown & Heck, 2005; Reinders & Mangold, 2005). Es wird bspw. vor dem Hintergrund sozialpsychologischer Konzepte untersucht, wie sich Beziehungen zwischen Personen unterschiedlicher Herkunft auf deren Vorurteile und Stereotype auswirken (Hewstone & Brown, 1986; Pettigrew, 1997). Im Blick sind hier vor allem Heranwachsende der Majoritätskultur. Für diese Gruppe konnte nachgewiesen werden, dass Freundschaftsbeziehungen zu Peers andersethnischer Herkunft die Entwicklung von Vorurteilen hemmen und die kulturelle Offenheit fördern (vgl. Pettigrew & Tropp, 2000; Reinders, Greb & Grimm, 2006). Für Heranwachsende der Mi- 124 Heinz Reinders, Enikö Varadi noritätsgruppe konnten solche Effekte nicht nachgewiesen werden (Powers & Ellison, 1995). Vielmehr zeichnet sich ab, dass interethnische Freundschaften bei Migrantenjugendlichen mit der Ausbildung eher assimilativer bzw. integrativer Akkulturationsorientierungen einhergehen und die Entwicklung einer bikulturellen Identität fördern (Nauck, Kohlmann & Diefenbach, 1997; Schneewind & Merkens, 2001). Auch finden sich Hinweise, dass die Geschwindigkeit, mit der Jugendliche Autonomie von der Herkunftsfamilie erlangen wollen, von Beziehungen zu autochthonen Gleichaltrigen beeinflusst wird (Fuligni, 1998; Silbereisen & Schmitt-Rodermund, 1995). Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Frage, ob sich die o. g. Befunde systematisch und theoriegeleitet bei Jugendlichen türkischer und italienischer Herkunft finden lassen und in welchem empirischen Zusammenhang interethnische Freundschaften, Akkulturationsorientierungen und Autonomiestrebungen bei diesen Migrantengruppen stehen. Im Folgenden wird zunächst der Forschungsstand zu interethnischen Beziehungen bei Migrantenjugendlichen skizziert, im Anschluss der theoretische Rahmen der vorliegenden Studie und sodann die Befunde berichtet und diskutiert. Forschungsstand zur Entstehung, Gestalt und Auswirkungen interethnischer Freundschaften Verschiedene Studien bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zeigen an, dass je nach Herkunftsland und Lebensalter etwa ein Fünftel bis ein Drittel der Migranten über Beziehungen zur autochthonen Bevölkerung verfügen (Esser, 1991; Schrader, Nikles & Griese, 1979; Reinders, 2003). Mit jeder Generation nimmt die Quantität solcher Beziehungen zu (Leggewie, 2000). Damit stellen ethnisch heterogene Konstellationen einen relevanten Anteil am Alltagsleben von Migranten. Entstehung interethnischer Beziehungen Bei Kindern entstehen interethnische Freundschaften in der Schule und werden im Freizeitbereich fortgeführt (Schrader, Nikles & Griese, 1979), Ähnliches gilt für Jugendliche (Reinders, 2003). Im Erwachsenenalter sind Arbeitskontakte der häufigste Anlass für interethnische Beziehungen, die jedoch eher seltener die Gestalt von Freundschaften annehmen (Esser, 1990, 1991). Die Entstehung interethnischer Freundschaften ist somit der Genese intraethnischer Varianten eher ähnlich denn unähnlich (Preuß-Lausitz, 1999). Gestalt interethnischer Beziehungen Sofern es sich um Freundschaftsbeziehungen handelt, weisen diese bei Kindern und Jugendlichen eine zu intraethnischen Konstellationen vergleichbare Qualität auf. Das Konfliktpotenzial ist in interethnischen ähnlich wie in intraethnischen Freundschaften (Ramachers, 1996; Strohmeier, Nestler & Spiel, 2006). Intimität, Reziprozität und Aktivitätsintensität unterscheiden sich ebenfalls nicht zwischen ethnisch homogenen und ethnisch heterogenen Beziehungen (Reinders & Mangold, 2005), sodass kulturelle Unterschiede die Qualität der Freundschaft nicht negativ beeinflussen. Auswirkungen interethnischer Beziehungen Für Migrantenjugendliche deutet sich an, dass diese bei Freunden deutscher Herkunftssprache eher zu einer bikulturellen Identität tendieren (Nauck, Kohlmann & Diefenbach, 1997), sich schneller als die Eltern an die kulturellen Praktiken der Aufnahmegesellschaft annähern (Sciarra & Ponterotto, 1991) und eher assimilative oder integrative Akkulturationsorientierungen aufweisen (Reinders et al., 2000). Bei Aussiedlerjugendlichen finden sich Zusammenhänge zwischen interethnischen Beziehungen zu Peers und veränderten, d. h. beschleunigten Autonomiebestrebungen (Silber- Interethnische Freundschaften bei Migrantenjugendlichen 125 eisen & Schmitt-Rodermund, 1995). Im sprachlichen Bereich berichten türkische Jugendliche mit deutschen Freunden eine bessere selbstperzipierte deutsche Sprachkompetenz als Jugendliche ohne deutschen Freund (Varadi, 2006) und es kommt zur Ausbildung von Ethnolekten, bei denen Elemente der Herkunfts- und der Aufnahmesprache miteinander kombiniert werden (Auer & Dirim, 2000). Im Kontext von Schule und Schulklasse führen interethnische Netzwerke zu einem erhöhten sozialen Integrationserleben bei Migrantenschülern (Hamm, Brown & Heck, 2005; Kronig, Haeberlin & Eckhardt, 2000) und reduzieren das Ausmaß ethnisch begründeter Aggressionen (Strohmeier, Nestler & Spiel, 2006). Die Auswirkungen interethnischer Beziehungen unterscheiden sich demnach nicht nur von jenen intraethnischer Konstellationen, sondern auch zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund. Fragestellungen und möglicher Erkenntnisgewinn der eigenen Studie Forschung zu interethnischen Beziehungen bei Migranten zeigt an, dass sich die Entstehungsbedingungen und die Gestalt solcher Beziehungen nicht von intraethnischen Konstellationen unterscheiden. Im Bereich der Auswirkungenfinden sich jedoch deutliche Differenzen: Interethnische Freundschaften beeinflussen den Akkulturationsprozess (bspw. Autonomiebedürfnisse, Identität, Akkulturationsorientierungen, Sprache) stärker als intraethnische Beziehungen in Richtung Integration bzw. Assimilation. Die Forschungslage zu Migrantenjugendlichen und interethnischen Beziehungen ist dabei dadurch gekennzeichnet, dass (1.) Befunde nicht systematisch ausfallen und teils nicht zufallskritisch abgesichert sind, (2.) sich die Stichproben der einzelnen Studien hinsichtlich der Herkunft unterscheiden und (3.) theoretische Erklärungen dieser Effekte nur in Ansätzen vorliegen bzw. ex-post formuliert werden. Die vorliegende Studie schlägt für die Erklärung des Zusammenhangs von interethnischen Freundschaften und von Akkulturationsprozessen einen theoretischen Rahmen vor, der sich an die Individuationstheorie (Youniss, 1980; Youniss & Smollar, 1985) anlehnt. Es wird sodann geprüft, ob die postulierten Zusammenhänge unabhängig der Herkunft von Migrantenjugendlichen gelten. Theorie - Individuation, Akkulturation und Werteentwicklung Jugendlicher mit Migrationshintergrund Zur Erklärung des gerichteten Zusammenhangs von interethnischen Freundschaften im Jugendalter und Variablen der Akkulturation von Migrantenjugendlichen wird die Individuationstheorie nach Youniss und Smollar (1985) herangezogen und um Annahmen zu Auswirkungen des Migrationsprozesses auf Migrantenjugendliche und ihre Familien ergänzt. Individuationstheorie Die Individuationstheorie konzipiert die sozioemotionale Ablösung Jugendlicher aus einer sozial-kognitiven Perspektive und betrachtet Sozialisation prinzipiell als das sich in sozialen Interaktionen entwickelnde Selbst (Piaget, 1965; Sullivan, 1953; Youniss, 1980: 13f, 1984). Sie postuliert für den Übergang von der Kindheit zur frühen Jugendphase einen Wandel der Familie von komplementären zu stärker symmetrischen Konstellationen. Dieser Wandel vollzieht sich durch das geänderte Verhältnis von Autonomie und Kontrolle. 2 Heranwachsende zeigen an diesem Übergang ein erhöhtes Bedürfnis nach Autonomie und Eltern reagieren hierauf in der Regel mit einer Veränderung ihrer Kontrolle, die sich sukzessive zum Monitoring wandelt (Hofer, 2003). Neben einsetzenden, körperlichen Veränderungen im Zuge der Pubertät (Steinberg, 1988, 1989) sind das Erleben neuer, symmetrischer Interaktionsmuster im Peer-Kontext Auslöser für Autonomiebedürfnisse, die Jugendliche an die 126 Heinz Reinders, Enikö Varadi Eltern richten. Als zentrale Bedürfnisbereiche Jugendlicher gelten Verhaltens- und sozioemotionale Autonomie, von denen vor allem Fragen der Verhaltensautonomie familiären Konfliktstoff bergen (Noack, 2002; Oswald & Boll, 1992). Akkulturation im Jugendalter Im Zuge der Identitätsentwicklung in der Adoleszenz erhalten Akkulturationsprozesse für Migranten eine besondere Bedeutung. Jugendliche mit Migrationshintergrund sind vor die Aufgabe gestellt, ihre Identität im Angebotsbereich der Herkunfts- und der Aufnahmekultur zu entwickeln (Berry et al., 1992; Hettlage- Varjas & Hettlage, 1983). Im Kern handelt es sich hier um die Frage, im Zusammenhang welcher sozialen Gruppe die eigene ethnische Identität entwickelt wird (Mummendey, 1993). Gemäß der „Social Identity Theory“ (Tajfel, 1982) entwickeln Personen ihre soziale Identität im Kontext einer positiv und u. U. in Abgrenzung zu einer negativ bewerteten sozialen Gruppe. Für Migranten ist somit die Entwicklung einer sozialen (d. h. in diesem konkreten Fall ethnischen) Identität daran gekoppelt, ob sie die Aufnahme- oder die Herkunftsgesellschaft als positive soziale Vergleichsgruppe ansehen. Somit sollten Akkulturationsprozess und Identitätsentwicklung, zumal bei Jugendlichen, miteinander korreliert sein. In Anlehnung an Krewer und Eckensberger (1991) kann dieser duale Prozess in drei Subdimensionen gegliedert werden. Dies ist zum einen der Identitätsbereich, in dem Jugendliche ein Empfinden ethnischer Zugehörigkeit entwickeln (Mummendey, 1993). Als Ausdruck dieser sozialen Kategorisierung ist die Akkulturationsorientierung Heranwachsender anzusehen. Der zweite Bereich umfasst die Orientierung an kulturspezifischen Werten und Normen und die dritte Dimension ist jene der Orientierung an kulturell (mit-) bedingten Handlungsmustern. Diese drei Dimensionen sind hierarchisch geordnet. Die übergeordnete Dimension ist jene der Akkulturationsorientierung als Ausdruck der ethnischen Identität. Spezifische Ausformungen der Akkulturationsorientierung sind die Orientierung an Handlungsmustern sowie an Werten/ Normen. Berry et al. (1992) verweisen darauf, dass der Akkulturationsprozess kontextabhängig verlaufen kann. Das heißt, dass die soziale Umwelt, in der sich Jugendliche bewegen, relevant für die Ausgestaltung des Prozesses ist. Im Folgenden werden für die drei Dimensionen Akkulturationsorientierung, Werte/ Normen und Handlungsmuster Überlegungen angestellt, inwiefern sich interethnische Freundschaften als spezifische Umwelt Migrantenjugendlicher auf deren Akkulturationsprozess auswirken werden. Akkulturationsorientierung Als Akkulturationsorientierung wird eine Werte- und Handlungsstruktur verstanden, die auf den Erhalt der Herkunftsbzw. auf die Übernahme der Kultur des Aufnahmelandes abzielt (Berry et al., 1992). Idealtypisch ergeben sich aus der Kombination dieser beiden Bestrebungen vier Akkulturationstypen (Integration beider Kulturen, Assimilation an bzw. Separation von der Aufnahmekultur, Individualisierung/ Marginalisierung als Abgrenzung von beiden Varianten) (Nauck, Kohlmann & Diefenbach, 1997). 3 Die Kontaktaufnahme und die Pflege interethnischer Freundschaften kann als die Orientierung an der Aufnahmekultur und die Abkehr von der Herkunftskultur gewertet werden. Dies sollte sowohl für die kulturspezifischen Werte und Normen als auch Handlungsmuster gelten. Für den Akkulturationsprozess jugendlicher Migranten wird erwartet, dass jene mit einem besten Freund deutscher Herkunft stärker assimilative Akkulturationsorientierungen aufweisen als solche Jugendliche, die einen eigenethnischen besten Freund haben. Umgekehrt werden Jugendliche mit einem besten Freund gleicher Herkunft stärker separative Orientierungen aufweisen. Interethnische Freundschaften bei Migrantenjugendlichen 127 Werte und Normen Individuelle Werte und Normen können als verallgemeinerte Strukturen von persönlichen Zielen angesehen werden und enthalten affektive und evaluative Merkmale. Werte und Normen einer Person hängen über verschiedene Situationen hinweg mit einer Vielzahl von Verhaltensabsichten und Verhaltensweisen zusammen (z. B. Bardi & Schwartz, 2003; Verplanken & Holland, 2002). In der eigenen Studie stehen Vorstellungen darüber, ab welchem Alter Heranwachsende eigenständig entscheiden und handeln können, im Mittelpunkt. Diese Vorstellungen werden in der Regel unter dem Konstrukt der Altersnormen verhandelt (Fuchs-Heinritz, 2001). Vergleichende Untersuchungen zeigen, dass Jugendliche deutscher Herkunft zumeist früher in ihrer Biografie Autonomie einfordern als Jugendliche nicht-deutscher Herkunftssprache (Silbereisen & Schmitt-Rodermund, 1993). Unter Hinzunahme der Befunde zur Sozialisation in Freundschaften (Kandel, 1978; Youniss, 1980) lässt sich daraus ableiten, dass Migrantenjugendliche mit deutschen Freunden über solche Altersnormen in Austausch treten und sich den Vorstellungen ihrer Freunde angleichen. Migrantenjugendliche mit interethnischen Freundschaften werden Altersnormen mit lebenszeitlich früheren Autonomievorstellungen aufweisen als Jugendliche mit gleichethnischen Freunden. Handlungsmuster Aus den vielfältigen Handlungsbereichen und -mustern werden im Rahmen der Studie solche Handlungen herausgegriffen, die im Sinne der Individuationstheorie auf den Erwerb und Ausbau von Autonomie gegenüber den Eltern abzielen. Selbstbestimmung als zentrales Merkmal von Autonomie im Jugendalter (Hofer, 2003) zielt darauf ab, eigenständig Entscheidungen für oder gegen spezifische Handlungen treffen zu wollen und können. Es wird erwartet, dass Migrantenjugendliche in Abhängigkeit ihrer Freundschaften unterschiedlich stark selbstbestimmtes Handeln einfordern. Autochthone Jugendliche weisen in der Regel früher Autonomie gegenüber den Eltern auf als Jugendliche mit Migrationshintergrund (s. o.; Fuligni, 1998; Silbereisen & Schmitt-Rodermund 1993; Merkens & Nauck, 1993; Nauck, 1989). Es wird erwartet, dass sich Migrantenjugendliche mit deutschen Freunden aufgrund des Austauschs mit ihren Freunden an deren Verhalten gegenüber den Eltern orientieren. Sie werden demnach stärker als Migranten mit intraethnischer Freundschaft Handlungsmuster der Autonomie aufweisen. Zusammenfassung - Migration und Individuation Migrantenkinder, insbesondere solche, die seit ihrer Geburt in Deutschland leben bzw. den Großteil ihrer Schulkarriere im Aufnahmeland absolvieren, kommen häufiger in Kontakt mit der ansässigen Bevölkerung, lernen die Sprache des Aufnahmelandes systematischer als ihre Eltern und besitzen durch ihren Schulbesuch Erfahrung mit Institutionen der Mehrheitsgesellschaft. Herwartz-Emden und Westphal (2000: 249) fanden, dass bei Aussiedlerjugendlichen und Jugendlichen türkischer Herkunft die Familien- und Peer-Orientierung gleich hoch ausgeprägt ist. Insbesondere im Kontakt mit Gleichaltrigen der Aufnahmegesellschaft und der Etablierung von Freundschaften eignen sich Migrantenkinder und -jugendliche deren Wertvorstellungen an (Nauck, 1994) und erleben ein zur eigenen Kultur abweichendes „Alternativmodell“. Im Zuge dessen sollten sich durch Aushandlungsprozesse die Autonomievorstellungen jenen ihrer deutschen Peers angleichen (Siefen, Kirkcaldy & Athanasou, 1996; Silbereisen & Schmitt-Rodermund, 1993, 1995; Youniss, 1980; Kolip, 1994). Hypothesen der Studie Auf der Basis der Ausführungen werden die folgenden Annahmen geprüft: Migrantenjugendliche mit interethnischen Freundschaften im Vergleich zu Migrantenjugendlichen mit intraethnischen Freundschaften 128 Heinz Reinders, Enikö Varadi (H1) sind stärker assimilativ und weniger separativ orientiert, (H2) beanspruchen für sich früher im Lebenslauf Autonomie und (H3) zeigen autonomeres Verhalten gegenüber den Eltern. Ergänzend hierzu wird geprüft, ob sich diese Annahmen bei Migrantenjugendlichen verschiedener Herkunft nachweisen lassen. Methode Stichprobe Aufgrund des höheren Anteils an Migranten wurde die Untersuchung auf Hauptschulen begrenzt, die nach Zustimmung durch die Behörden und der Bereitschaft zur Teilnahme in das Sample aufgenommen wurden 4 . In der vorliegenden Studie liegen von insgesamt 704 Jugendlichen türkischer (74,0 %) und italienischer (26 %) Herkunft 5 vollständige Fragebögen inkl. der Angabe eines besten Freundes vor. Die Befragten waren zum Zeitpunkt der Studie im Alter von 12 bis 17 Jahren (M = 14,1; SD = 1,16). 47,4 Prozent der Vpn sind Mädchen. Signifikante Verteilungsdifferenzen ergeben sich weder bezogen auf Herkunft und Geschlecht ( c 2 = 1,34; n.s.) noch auf Herkunft und Alter (t = 0,40; n.s.). Die Jugendlichen wurden im Klassenverband mittels standardisierter Fragebögen im Rahmen einer Schulstunde durch geschulte Interviewer befragt. Instrumente Unabhängige Variable - Freundschaftstyp. Die Jugendlichen wurden zu Beginn des Fragebogens gebeten, den Namen und die Herkunft ihres besten Freundes anzugeben (vgl. dazu Furman, 1996). Insgesamt 140 Jugendliche gaben einen Freund an, der nicht deutscher oder nicht der gleichen Herkunft war (19,9 %). Da interethnische Freundschaften zwischen bspw. italienischen und griechischen Jugendlichen für die weiteren Analysen nicht bedeutsam sind, wurden diese Fälle ausgeschlossen. 6 Es verbleiben insgesamt 564 Fälle (80,1 % des Gesamtsamples). 7 Von diesen Jugendlichen haben 31,0 Prozent einen Freund deutscher Herkunft genannt. Der Anteil interethnischer Freundschaften ist bei den italienischen Jugendlichen mit 54,8 Prozent mehr als doppelt so hoch als bei den Jugendlichen türkischer Herkunft (24,9 %) ( c 2 = 38,08; p < ,001). Mädchen und Jungen nennen hingegen in gleichem Maße eine Freundin oder einen Freund deutscher Herkunftssprache ( c 2 = 0,01; n.s.). Abhängige Variable - Akkulturationsorientierung. Die Akkulturationsorientierung wurde über zwei geschlechtskongruent formulierte Vignetten erfasst. Die erste Vignette beschreibt einen assimilierten, die zweite einen separativen Migrantenjugendlichen (vgl. Kasten 1 & 2). Die Vpn sollten auf einer Skala von 1 (Sehr unähnlich) bis 6 (Sehr ähnlich) angeben, wie ähnlich sie diesen beiden beschriebenen Jugendlichen sind. Kasten 1: Vignette zur Beschreibung eines separativen Jugendlichen SHALIA/ DÖRGEN* ist nicht in Deutschland geboren. Sie lebt seitdem sie vier Jahre alt ist in Deutschland. Mit ihren Eltern redet sie nur in ihrer Herkunftssprache. Und sie mag die Musik, das Essen und die Filme aus ihrem Herkunftsland sehr gerne. Sie hat in der Schule nur Freundinnen, die nicht aus Deutschland kommen. Mit ihren Freundinnen spricht sie auch selten Deutsch. Wenn Shalia erwachsen ist, will sie ihre eigenen Kinder so erziehen, wie es die Eltern in ihrem Herkunftsland auch machen. * Zur Erhöhung der Salienz wurden den Jugendlichen in den Vignetten Namen gegeben, die phonetisch weiblich bzw. männlich sind, um Geschlechtskongruenz herstellen zu können. Gleichzeitig sollen die Namen aber nicht eindeutig einer ethnischen Herkunft zuzuordnen sein, damit die Identifikation mit der fiktiven Person nicht durch ethnische Aspekte überlagert wird. Kasten 2: Vignette zur Beschreibung eines assimilativen Jugendlichen TIARA/ KISUM ist ebenfalls nicht in Deutschland geboren und lebt auch seitdem sie vier Jahre alt ist in Deutschland. Zu Hause mit ihren Eltern spricht sie nur Deutsch. Die Musik, das Essen und die Filme aus ihrem Herkunftsland mag sie gar nicht. In der Schule hat sie nur deutsche Freundinnen, mit denen sie auch nur Deutsch redet. Wenn Tiara erwachsen ist, will sie ihre Kinder so erziehen, wie es die Deutschen auch machen. Interethnische Freundschaften bei Migrantenjugendlichen 129 Im Mittel erweisen sich die befragten Jugendlichen als signifikant stärker separativ (M = 3,4; SD = 1,59) denn als assimiliert (M = 2,6; SD = 1,53) (t = 8,41; p < ,001). Türkische und italienische Jugendliche unterscheiden sich bei beiden Vignetten nicht (t jeweils < 0,59; n.s.). Gleiches gilt für die mittleren Ausprägungen von Mädchen und Jungen (t jeweils < 1,26; n.s.). Auch sind die Akkulturationsorientierungen nicht mit dem Alter korreliert. Beide Vignetten korrelieren mit eingeführten Maßen der Erfassung von Akkulturationsorientierungen. Die Antworten zur Assimilationsvignette sind negativ (R = - ,36; p < ,000), die Antworten zur Separationsvignette positiv (R = ,47; p < ,000) mit der Segregationsskala von Ben-Shalom und Horenczyk (2003) korreliert. Abhängige Variable - Altersnormen. Zur Erfassung der Vorstellungen darüber, ab welchem Alter die Jugendlichen selbstbestimmt handeln wollen, wurden den Jugendlichen Skalen zu den drei Bereichen ökonomischer, sozialer und Verhaltensautonomie vorgelegt (Likert-Skala jeweils von 9 bis 21 Jahre). Im Mittel erwarten die Jugendlichen Verhaltens- und soziale Autonomie im Alter von knapp über 12 Jahren, etwa ein Jahr später auch ökonomische Autonomie (vgl. Tabelle 1). Die Vpn unterscheiden sich in allen drei Bereichen nicht nach Geschlecht (t jeweils < 1,7; n.s.) und tendenziell nach Herkunft. Türkische erwarten für sich etwas später als italienische Jugendliche ökonomische Autonomie (t = 2,85; p < , 01). Auch bei der sozialen Autonomie liegen die Angaben türkischer Befragter biografisch leicht nach jenen der Jugendlichen italienischer Herkunft (t = 2,02; p < ,05). Die geäußerten Altersnormen korrelieren nur schwach mit dem Alter der Jugendlichen (R jeweils < ,15). Abhängige Variable - Autonomie. Im Gegensatz zu den Altersnormen erfassen die Konstrukte zur ökonomischen, sozialen und Verhaltensautonomie die aus Sicht der Jugendlichen tatsächlich realisierte Selbstbestimmung (Likert-Skala von 1 - Stimmt nicht bis 4 - Stimmt völlig). Im Durchschnitt berichten die Vpn eine über dem theoretischen Mittel liegende Autonomie gegenüber den Eltern (vgl. Tabelle 2). Konstrukt Anzahl Items Bsp.-Item M SD a Altersnorm - Ökonomische Autonomie 3 Ab welchem Alter willst du, dass dir deine Eltern bei folgenden Dingen die Entscheidung überlassen? Was ich mir von meinem Geld kaufe. 13,3 2,31 0,77 Altersnorm - Soziale Autonomie 5 Ab welchem Alter willst du, dass dir deine Eltern bei folgenden Dingen die Entscheidung überlassen? Wer meine Freunde sind. 12,2 2,23 0,88 Altersnorm - Verhaltensautonomie 3 Ab welchem Alter willst du, dass dir deine Eltern bei folgenden Dingen die Entscheidung überlassen? Wie ich mich benehme. 12,2 2,61 0,83 Tabelle 1: Übersicht der Skalen zur Erfassung der Altersnormen Konstrukt Anzahl Items Bsp.-Item M SD a Ökonomische Autonomie 6 Nicht meine Eltern, sondern ich bestimme, wofür ich mein Taschengeld ausgebe. 3,2 0,69 0,70 Soziale Autonomie 5 Nicht meine Eltern, sondern ich bestimme, wer meine Freunde sind. 3,0 0,72 0,70 Verhaltensautonomie 5 Nicht meine Eltern, sondern ich bestimme, wie ich mich benehme. 3,0 0,68 0,77 Tabelle 2: Übersicht der Skalen zur Erfassung der Autonomie 130 Heinz Reinders, Enikö Varadi Die drei Variablen zur Autonomie sind im Mittel mit R = 0,55 (p jeweils < ,001) miteinander korreliert und messen somit die Teildimensionen der Autonomie nicht unabhängig voneinander. Dieser theoretisch erwartbare Befund (vgl. Hofer, 2003) wird dazu führen, dass mögliche Unterschiede in den drei Variablen der gleichen Richtung folgen werden. Unterschiede nach Herkunft (t jeweils < 0,99; n.s.) bestehen nicht. Allerdings beanspruchen die Mädchen tendenziell für sich, mehr Selbstbestimmung gegenüber den Eltern erreicht zu haben als die Jungen (t jeweils > 2,50; p < ,05). Zusammenhänge zum Alter der Jugendlichen bestehen nicht. 8 Kontrollvariablen. Als Kontrollvariablen werden aufgrund der zum Teil vorgefundenen Differenzen bei den abhängigen Variablen das Geschlecht und die Herkunft der Jugendlichen einbezogen. Auswertungsmethode Differenzen der abhängigen Variablen zwischen Jugendlichen mit inter- und intraethnischer Freundschaft werden mittels multifaktorieller Varianzanalysen unter Einbezug der Kontrollvariablen Herkunft und Geschlecht ermittelt. Ergebnisse Zunächst werden die Befunde der MANOVAs und im Anschluss deskriptive Befunde in Form von Mittelwertsvergleichen inter- und intraethnischer Freundschaften berichtet. Die multifaktoriellen Analysen ergeben im Wesentlichen Haupteffekte der ethnischen Komposition der Freundschaft und sporadisch Quelle Abhängige Variable F p Eta 2 Ethnische Komposition Assimilation 7,20 < ,01 ,02 Segregation 5,91 < ,05 ,01 Altersnorm Verhaltensautonomie 2,43 n.s. ,00 Altersnorm Soziale Autonomie 5,69 < ,05 ,01 Altersnorm Ökonom. Autonomie 6,13 < ,05 ,01 Verhaltensautonomie 13,57 < ,001 ,02 Soziale Autonomie 14,19 < ,001 ,03 Ökonom. Autonomie 6,66 < ,05 ,01 Herkunft Assimilation 0,20 n.s. ,00 Segregation 2,10 n.s. ,00 Altersnorm Verhaltensautonomie 0,19 n.s. ,00 Altersnorm Soziale Autonomie 3,33 < ,10 ,01 Altersnorm Ökonom. Autonomie 6,54 < ,05 ,01 Verhaltensautonomie 0,47 n.s. ,00 Soziale Autonomie 0,03 n.s. ,00 Ökonom. Autonomie 0,16 n.s. ,00 Geschlecht Assimilation 0,14 n.s. ,00 Segregation 0,41 n.s. ,00 Altersnorm Verhaltensautonomie 1,42 n.s. ,00 Altersnorm Soziale Autonomie 0,55 n.s. ,00 Altersnorm Ökonom. Autonomie 1,02 n.s. ,00 Verhaltensautonomie 10,52 < ,01 ,02 Soziale Autonomie 2,42 n.s. ,00 Ökonom. Autonomie 1,45 n.s. ,00 Tabelle 3: Haupteffekte der ethnischen Komposition, der Herkunft und des Geschlechts (Gesamtstichprobe, Tests der Zwischensubjekteffekte) auf die abhängigen Variablen. Interethnische Freundschaften bei Migrantenjugendlichen 131 schwache Haupteffekte der Herkunft und des Geschlechts (vgl. Tabelle 3). Lediglich bei der Assimilationsorientierung ergab sich ein Interaktionseffekt von Geschlecht und Freundschaftstyp, der auf dem 10%-Niveau signifikant ist. Bei der Freundschaftsart ergeben sich eine Reihe von Haupteffekten. Mit Ausnahme der Altersnorm zur Verhaltensautonomie sind die Unterschiede zwischen Jugendlichen mit interim Vergleich zu intraethnischer Freundschaft durchweg signifikant. Die deutlichsten Effekte ergeben sich gemäß des geschätzten h 2 bei der sozialen Autonomie, der Verhaltensautonomie sowie der Assimilationsorientierung. Weniger deutlich fallen die Unterschiede bei der Separationsorientierung, den Altersnormen sowie der ökonomischen Autonomie aus. Bei der Herkunft sind es tendenziell die türkischen Jugendlichen, die biographisch leicht spätere Altersnormen der sozialen und ökonomischen Autonomie berichten. Lediglich bei der Verhaltensautonomie sind es schließlich die Mädchen, die für sich eine signifikant ausgeprägtere Selbstbestimmung berichten. Der Blick auf die deskriptiven Befunde zeigt an, dass die Differenzen zwischen Migrantenjugendlichen mit und ohne Freundschaft zu deutschen Jugendlichen in die theoretisch erwartete Richtung weisen (vgl. Tabelle 4). Migrantenjugendliche mit interethnischer Freundschaft berichten eine höhere Assimilations- und eine geringere Separationsorientierung als Jugendliche mit gleichethnischem Freund. Bei den Altersnormen liegen die Vorstellungen der erstgenannten Gruppe durchweg biografisch vor jenen der Migranten mit intraethnischer Freundschaft. Bei der Verhaltens- und sozialen Autonomie beanspruchen Migranten mit deutschem Freund im Mittel 0,7 Jahre früher selbstbestimmtes Handeln, bei der ökonomischen Autonomie sind es sogar 0,9 Jahre. Gleichzeitig besteht auch innerhalb der beiden Gruppen eine nicht unerhebliche Varianz dieser Altersvorstellungen, die sich, wie die Befunde gezeigt haben, zumindest bei der sozialen und ökonomischen Autonomie tendenziell durch die Herkunft der Jugendlichen erklären lässt. Deutliche Differenzen finden sich sodann bei dem Ausmaß realisierter Selbstbestimmung. Migrantenjugendliche mit einem Freund deutscher Herkunft nehmen für sich selbst ein höheres Maß an Autonomie gegenüber den Eltern wahr als Migranten ohne deutschen Freund. Diskussion Im vorliegenden Beitrag wird die Frage behandelt, in welchem Zusammenhang die ethnische Komposition von Freundschaften bei Migrantenjugendlichen zu deren Akkulturationsorientierungen, Altersnormen der Autonomieerlangung und realisierter Autonomie stehen. Theoretisch wird argumentiert, dass es sich bei der Erlangung von Autonomie um ein für Jugendliche generell anstehendes Entwicklungsunterfangen handelt und für Migrantenjugendliche Interethnische Freundschaft Intraethnische Freundschaft M SD M SD Assimilation 2,9 1,56 2,5 1,50 Segregation 3,2 1,59 3,5 1,58 Altersnorm Verhaltensautonomie 11,7 2,56 12,4 2,61 Altersnorm Soziale Autonomie 11,7 2,18 12,4 2,22 Altersnorm Ökonom. Autonomie 12,7 2,37 13,6 2,24 Verhaltensautonomie 3,2 0,68 2,9 0,66 Soziale Autonomie 3,2 0,70 2,9 0,69 Ökonom. Autonomie 3,4 0,68 3,2 0,67 Tabelle 4: Mittelwerte und Standardabweichungen der AVs im Vergleich von inter- und intraethnischer Freundschaft 132 Heinz Reinders, Enikö Varadi zusätzlich an den Akkulturationsprozess gekoppelt ist. Diese zusätzliche Koppelung lässt die Frage aufkommen, ob sich die Autonomieentwicklung gegenüber den Eltern dann unterschiedlich gestaltet, wenn Migrantenjugendliche Freundschaften zu autochthonen Jugendlichen eingehen und sich deren Entwicklungs-„Fahrpläne“ aneignen. Theoretische Überlegungen und die bisherige Forschung wurden zu der These verdichtet, dass sich die Autonomieentwicklung bei interethnischen Freundschaften anders, d. h. beschleunigter, als bei Jugendlichen mit intraethnischen Freundschaften gestalten wird. Dies sollte Niederschlag in den Akkulturationsorientierungen als Ausdruck der Auseinandersetzung mit der eigenen ethnischen Identität, den Vorstellungen über altersangemessenes, selbstbestimmtes Handeln sowie dem Ausmaß realisierter Autonomie gegenüber den Eltern finden. Die vorliegende Studie prüft diese Annahmen für zwei unterschiedliche Migrantengruppen und die Befunde ordnen sich in den bisherigen Forschungsstand ein. Freundschaften zu deutschen Jugendlichen gehen einher mit einer Akzeleration der Autonomievorstellungen und realisierter Autonomie gegenüber den Eltern. Interethnische Freundschaften bringen offenbar eine Annäherung der biografischen Vorstellungen von Autonomie und der Autonomieentwicklung von Jugendlichen aus sog. „kollektivistischen“ Wertestrukturen an sog. „individualistische“ Kulturen mit sich (Markus & Kitayama, 1991; Nauck & Suckow, 2002; Nauck, 2004). Zumindest aber was die Ablösung von den Eltern anbetrifft, beschleunigt sich diese in interethnischen im Vergleich zu intraethnischen Freundschaften (Fuligni, 1998; Sciarra & Ponterotto, 1991; Silbereisen & Schmitt-Rodermund, 1993). Es handelt sich nach den vorliegenden Analysen um einen gleichgerichteten Prozess. Sowohl die Orientierung an der Aufnahmegesellschaft als Ausdruck der Identitätsentwicklung im Allgemeinen als auch die Ausgestaltung sozialer Beziehungen im Besonderen sind vom Vorhandensein interethnischer Freundschaften betroffen. Es kann deshalb vermutet werden und wäre im Längsschnitt zu prüfen, dass die „kontextsensitive Akkulturation“ (Reinders et al., 2000; Schneewind & Merkens, 2001) in Freundschaftsbeziehungen Rückwirkungen auf familiale Aushandlungsprozesse besitzt, also Interdependenzen zwischen beiden sozialen Kontexten bestehen (vgl. Reinders & Varadi, 2008). Inwieweit dies aber zu den häufig konstatierten, vermehrten Konflikten in der Familie führt (Fuligni, 1998; Nauck, Kohlmann & Diefenbach, 1997), ist empirisch bislang für Migranten in Deutschland nicht hinreichend geklärt. Allerdings lassen die vergleichsweise intensiven „transmission belts“ von Werten in Migrantenfamilien (Phalet & Schönpflug, 2001) erwarten, dass Jugendliche und elterliche Akkulturationsorientierungen eher gleichdenn gegengerichtet ausfallen bzw. eine stärkere Hinwendung der Familie zu individualistischen Werten zur Gewährung von mehr Autonomie seitens der Eltern gegenüber ihren Kindern führt. Inwieweit also das Mesosystem Familie - Peers eine Rolle für den Autonomieprozess bei Migrantenjugendlichen spielt, gilt es zu klären. Aus den Befunden ergeben sich Unklarheiten, die aufgrund der bislang vorliegenden Daten nicht ausgeräumt werden können. Dies betrifft das Problem der gefundenen Effektstärken, der Frage gerichteter Zusammenhänge, der Selektivität der Stichprobe sowie Fragen der konkreten Qualität der Freundschaftsbeziehungen. Effektstärken Die gefundenen Unterschiede zwischen Migrantenjugendlichen mit und ohne interethnischer, bester Freundschaft fallen nicht sehr hoch aus. Die geschätzte, aufgeklärte Varianz schwankt zwischen einem und drei Prozent. Dieser Umstand führt notwendigerweise zu einer zurückhaltenden Interpretation der Befunde. Angesichts der Stichprobengröße, möglichen Selektionseffekten (s. u.) und dem Umstand, dass die gefundenen Differenzen systematisch in die gleiche Richtung weisen, vermuten wir jedoch mit der vorliegenden Studie ein für Migrantenjugendliche relevantes, soziales Phänomen zu behandeln. Interethnische Freundschaften bei Migrantenjugendlichen 133 Richtung der Zusammenhänge In Querschnittstudien wie der vorliegenden ist die Richtung der Zusammenhänge nicht zu klären. Zwar wird theoretisch postuliert, dass die ethnische Komposition der Freundschaften Auswirkungen auf den Autonomieprozess besitzen wird. Dies wird theoretisch mit der Individuationstheorie (Youniss & Smollar, 1985) begründet und deckt sich für Jugendliche der Mehrheitskultur mit Längsschnittbefunden (Reis & Youniss, 2004; Reinders & Youniss, 2005). Gleichwohl sind reziproke oder entgegengesetzte Zusammenhänge denkbar, wonach sich Jugendliche mit assimilativen Akkulturationsorientierungen und biografisch früheren Autonomievorstellungen Freundschaften „suchen“, die diesen Eigenschaften am ehesten entsprechen. Gerade hinsichtlich der Verhaltens- und sozialen Autonomie, die auf die Möglichkeit außerhäuslicher Aktivitäten abzielen, liegt die Vermutung nahe, dass realisierte Autonomie zum Aufsuchen spezifischer Sozialräume führt, in denen Peers mit ähnlichem Autonomiestand vorgefunden werden (Reinders, 2004). Exemplarisch wird die Frage nach der Richtung der Zusammenhänge nach Vorliegen des zweiten und dritten Messzeitpunkts zu beantworten sein. Selektivität der Stichprobe Die Untersuchung stützt sich auf Daten von Migrantenjugendlichen türkischer und italienischer Herkunft. Die zahlenmäßig ebenfalls gewichtige Gruppe der Migrantenjugendlichen aus Osteuropa konnte nicht einbezogen werden. Die Befunde weisen jedoch in die gleiche Richtung wie jene, die bei sog. „Aussiedlerjugendlichen“ (Schmitt-Rodermund & Silbereisen, 1999) und Migrantenjugendlichen in anderen Ländern (Fuligni, 1998; Hagan, Mac- Millan & Wheaton, 1996) ermittelt wurden. Zusätzlich handelt es sich um eine schulbasierte, anfallende Stichprobe an Hauptschulen mit den üblichen Restriktionen eines solchen Samplings. Der Fokus auf Hauptschulen ist intendiert und entspricht der Überrepräsentation von Migrantenschülern an dieser Schulform (Deutsches PISA-Konsortium, 2001, 2003). Zudem lassen sich hinsichtlich der Häufigkeit und Qualität interethnischer Freundschaften im Vergleich zu Realschülern und Gymnasiasten mit Migrationshintergrund keine Differenzen erkennen (Reinders, 2005). Allerdings weisen Jugendliche mit steigendem Bildungsgang verzögerte Autonomieentwicklungen auf (Juang, Silbereisen & Wiesner, 1999). Daher ist für Realschüler und Gymnasiasten gesondert zu prüfen, ob sich Differenzen in den Entwicklungsfahrplänen zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund mit steigender Bildung nivellieren und der hier gefundene Effekt einer Akzeleration abnimmt oder gänzlich verschwindet. Qualität der Freundschaften Gänzlich außer Acht ist die Qualität der Freundschaft als Prädiktor für veränderte Autonomieentwicklung geblieben. Es kann begründet angenommen werden, dass die Annäherung an den deutschen Freund umso stärker ausfällt, je besser die Freundschaftsqualität wahrgenommen wird. Dies sollte jedoch gleichermaßen für intrawie für interethnische Freundschaften gelten, da sich beide Freundschaftsvarianten in ihrer Qualität nicht unterscheiden (Reinders & Mangold, 2005), also Variationen der Beziehungsqualität gleichermaßen auf beide Typen verteilt sind. Zumindest die in der Studie als Kovariate einbezogene Dauer der Freundschaft erbrachte keine zusätzliche Varianzaufklärung der abhängigen Variablen. Trotz der Restriktionen macht die Studie glaubhaft, dass interethnische Freundschaften bei Migrantenjugendlichen im Zusammenhang zu deren Akkulturationsorientierung, Altersnormen zu und realisiertem Ausmaß an Autonomie stehen. Migrationsforschung sollte sich deshalb intensiver mit solchen sozialen Beziehungen bei Migrantenjugendlichen befassen. Häufig findet Migrationsforschung statt, in dem Werte und Einstellungen dieser Gruppen erfasst werden. Der Einbezug der konkreteren Verhaltensebene ermöglicht u.U. eine bessere 134 Heinz Reinders, Enikö Varadi Aufklärung der Varianz von Akkulturationsprozessen. In diesem Zusammenhang kommt der Betrachtung interethnischer Beziehungen im Vor- und Grundschulalter eine nicht unerhebliche Bedeutung zu (Schrader, Nikles & Griese, 1979), weil sich andeutet, dass interethnische Freundschaftsbeziehungen offenbar bereits in dieser Lebensphase angelegt sind (Reinders, Mangold & Greb, 2005). Anmerkungen 1 Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Projekts „Freundschaftsbeziehungen in interethnischen Netzwerken“, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit Sachbeihilfen an den Erstautor gefördert wird (Az. Re 1569/ 3-1; 4-1). 2 Trommsdorff (1999, 2005) hat darauf verwiesen, dass sich Autonomie und Kontrolle als Familienvariablen in besonderem Maße eignen, um kulturvergleichend und -übergreifend die Entwicklung Jugendlicher zu betrachten. Dementsprechend kann auch Autonomie als Konstrukt bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund betrachtet und als entwicklungsrelevant angesehen werden. 3 Problematisch an der Typisierung ist, dass die vier Typen empirisch mittels Skalen nicht hinreichend trennscharf erfasst werden können (vgl. Ben-Shalom & Horenczyk, 2003), sodass bspw. Integration hoch mit Assimilation und Segregation korreliert ist. Als trennscharf erweisen sich lediglich Assimilation und Segregation (Mangold, in Vorb.). 4 Insgesamt wurden 15 Schulen um Teilnahme gebeten, von denen 11 (73 %) an der Untersuchung teilgenommen haben. 5 Die Jugendlichen wurden nach der Herkunft ihrer Mutter und ihres Vaters gefragt. Im Sample verblieben sind nur diejenigen Fälle, bei denen die Eltern gleicher Herkunft sind. 87,3 % der Jugendlichen wurden in Deutschland geboren (Tk. Jgdl.: 89,0 %; ital. Jgdl.: 80,4 %; c 2 = 5,20; df = 1; p < ,05). Jugendliche, die nicht in Deutschland geboren wurden, waren zum Zeitpunkt der Einreise im Durchschnitt 1,33 Jahre alt (SD = 3,01). Beim Einreisealter ergeben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Jugendlichen türkischer und italienischer Herkunft. 6 Hinsichtlich der Kontroll- und abhängigen Variablen ergaben sich dadurch keine signifikanten Veränderungen, da diese Variante interethnischer Freundschaften in der Regel der Gestalt intraethnischer Konstellationen ähnlich war. 7 Auch in der reduzierten Stichprobe ergeben sich keine statistisch bedeutsamen Verteilungsdifferenzen hinsichtlich Herkunft, Geschlecht und Alter. 8 Wenngleich theoretisch Korrelationen mit dem Alter der Jugendlichen erwartbar sind, so bedeuten die Befunde nicht, dass altersabhängige Veränderungen nicht auftreten. Vielmehr wird im Vergleich mit dem Längsschnitt zu prüfen sein, inwiefern hier Kohorteneffekte bzw. die relativ geringe Streuung des Alters eine Rolle spielen. Literatur Auer, P. & Dirim, I. 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