Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2010
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Wandel und Stabilität: Längsschnittliche Zusammenhänge zwischen Bindungssicherheit und dem sprachlichen und sozialen Entwicklungsstand
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2010
Petra Korntheuer
Ilka Lissmann
Arnold Lohaus
In der vorliegenden Studie wird der Zusammenhang zwischen Bindungsmaßen einerseits und der sozialen und sprachlichen Entwicklung andererseits längsschnittlich analysiert. Dazu wurden bei 85 Mutter-Kind-Dyaden der Fremde-Situations-Test sowie das Attachment-Q-Sort-Verfahren zur Erhebung der Bindung im Alter von einem und zwei Jahren erfasst. An jedem der beiden Messzeitpunkte wurden darüber hinaus der soziale und der sprachliche Entwicklungsstand mit Hilfe des ET 6-6 bestimmt. Aus einer vorausgegangenen Erhebung im Alter von drei Monaten lagen Angaben zum Bildungsstand der Mütter sowie zum Ausmaß der wahrgenommenen Belastung der Mütter durch Probleme des Kindes vor, die als Kontrollvariablen in die Analysen eingingen. Die längsschnittlichen Zusammenhangsanalysen erfolgten auf der Basis eines hierarchisch-linearen Modells mit zwei Ebenen. Die Ergebnisse zeigten deutliche Zusammenhänge zwischen der Bindungs- und der Sprachentwicklung, während die Bindungsentwicklung keine Zusammenhänge zur sozialen Entwicklung aufwies.
3_057_2010_001_0001
n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2010, 57, 1 - 20 DOI 10.2378/ peu2010.art01d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Wandel und Stabilität: Längsschnittliche Zusammenhänge zwischen Bindungssicherheit und dem sprachlichen und sozialen Entwicklungsstand Petra Korntheuer, Ilka Lissmann, Arnold Lohaus Fachbereich Psychologie der Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft Universität Marburg der Universität Bielefeld Change and Stability: Longitudinal Associations between Security of Attachment and Developmental Status in the Areas of Speech and Social Functioning Summary: This study focuses on the longitudinal relation between measures of attachment and social and language development. The Strange Situation Test and the Attachment-Q-Sort were assessed for 85 mother-infant-dyads, when the infants were one and two years old. At each time of assessment, the status of social and language development was determined using the ET 6-6 as developmental test. In a previous assessment at the infants’ age of three months, the mothers’ education and the mothers’ perceived burden by problems with the infant were recorded to be used as control parameters in the analyses. The longitudinal analyses were based on hierarchical linear models with two levels of analysis. The results show clear associations between the development of attachment and language, while the development of attachment was unrelated to social development. Keywords: Attachment, strange situation, attachment-q-sort, language development, social development Zusammenfassung: In der vorliegenden Studie wird der Zusammenhang zwischen Bindungsmaßen einerseits und der sozialen und sprachlichen Entwicklung andererseits längsschnittlich analysiert. Dazu wurden bei 85 Mutter-Kind-Dyaden der Fremde-Situations-Test sowie das Attachment-Q- Sort-Verfahren zur Erhebung der Bindung im Alter von einem und zwei Jahren erfasst. An jedem der beiden Messzeitpunkte wurden darüber hinaus der soziale und der sprachliche Entwicklungsstand mit Hilfe des ET 6-6 bestimmt. Aus einer vorausgegangenen Erhebung im Alter von drei Monaten lagen Angaben zum Bildungsstand der Mütter sowie zum Ausmaß der wahrgenommenen Belastung der Mütter durch Probleme des Kindes vor, die als Kontrollvariablen in die Analysen eingingen. Die längsschnittlichen Zusammenhangsanalysen erfolgten auf der Basis eines hierarchisch-linearen Modells mit zwei Ebenen. Die Ergebnisse zeigten deutliche Zusammenhänge zwischen der Bindungs- und der Sprachentwicklung, während die Bindungsentwicklung keine Zusammenhänge zur sozialen Entwicklung aufwies. Schlüsselbegriffe: Bindung, Fremde-Situations-Test, Attachment-Q-Sort, Sprachentwicklung, soziale Entwicklung Trotz teilweise geäußerter Kritik am Bindungskonzept als zu allgemein und zu ungenau definiert (z. B. Levitt, 2005) herrscht ein weitgehender Konsens darüber, dass sich frühe Bindungserfahrungen auf die spätere Entwicklung des Kindes auswirken, weil die Bindungsentwicklung nicht unabhängig von der Entwicklung in anderen Bereichen zu sehen ist (Meins, 1997). Die vorliegende Längsschnittstudie hat das Ziel, Zusammenhänge zwischen der mit zwei verschiedenen Methoden erhobenen Bindungssicherheit und der sprachlichen sowie 2 Petra Korntheuer et al. sozialen Entwicklung bei Kleinkindern zu untersuchen. Die Hauptfragestellung lautet, inwieweit Bindungssicherheit zur Erklärung intra- und interindividueller Unterschiede in der sprachlichen und sozialen Entwicklung zu Beginn und Ende des zweiten Lebensjahres herangezogen werden kann. Die Daten werden einer Mehrebenenanalyse im Rahmen eines hierarchisch-linearen Modells (HLM, vgl. Bryk & Raudenbush, 1992; Hox, 2002) unterzogen. Bindung und Entwicklung Im Verlauf der Entwicklung bilden sich charakteristische Interaktionsmuster zwischen Säugling bzw. Kind und Bezugsperson heraus. Entsprechend gilt als wahrscheinlich, dass sowohl Bindungsentwicklung als auch soziale, emotionale und sprachliche Entwicklung mit elterlichen Eigenschaften wie beispielsweise Reaktivität und Kontingenz zusammenhängen (vgl. Meins, 2003). Für die Entwicklung einer sicheren Bindung ist entscheidend, dass das Kind eine mentale Repräsentation der Bezugsperson als zugänglich und wenn nötig verfügbar bilden konnte. Gelingt dies nicht in ausreichendem Maße, entsteht eine unsichere Bindung (vgl. Cassidy, 1999). Als optimale Grundlage für Lernerfahrungen des Kindes gilt in der Bindungstheorie die „sichere Basis“ (vgl. Waters & Deane, 1985), die auf der sicheren Bindung zur Bezugsperson beruht und gleichsam den Hafen darstellt, von dem aus das Kind die Umwelt erfolgreich explorieren und zu dem es bei Fragen, Irritation, Gefahr oder dergleichen hilfesuchend zurückkehren kann. Eine sichere Bindung kann dementsprechend Entwicklungsvorteile mit sich bringen (z. B. Jacobsen & Hofmann, 1997; Korntheuer, Lissmann & Lohaus, 2007; Meins, 1997; Moss & St. Laurent, 2001; Spieker, Nelson, Petras, Jolley & Barnard, 2003). Bereits nach Bowlby (1969) ist Bindung jedoch nicht als direkte Ursache für spätere Entwicklungs- und Funktionsunterschiede verantwortlich zu machen, sondern prägt Pfade, die bestimmte Entwicklungsergebnisse wahrscheinlicher werden lassen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Belege dafür, dass die soziale Umgebung des Kindes eine Schlüsselrolle bei der sozial-kognitiven Entwicklung spielt (beispielsweise im Hinblick auf die „Theory of Mind“, s. z. B. Meins, Fernyhough, Wainwright, Gupta, Fradley & Tuckey, 2002). Vom ersten Lebenstag an machen Neugeborene durch aktive Partizipation Erfahrungen in sozialen Interaktionen. Bereits wenige Tage alte Neugeborene können beispielsweise von Erwachsenen gezeigte mimische Ausdrücke imitieren, wie z.B. die Zunge herausstrecken, den Mund öffnen oder einige Basisemotionen nachahmen (vgl. Meltzoff & Moore, 1989). Darüber hinaus konnte bei Säuglingen eine Vorliebe für menschliche Gesichter, Interesse an Augenkontakt oder die Bevorzugung kontingenter Interaktionen nachgewiesen werden (z. B. Moore, Cohn & Campbell, 2001; Reddy, Hay, Murray & Trevarthen, 1997). Von einem Teil der Forscher werden solche Befunde dahingehend interpretiert, dass beim Menschen ein hohes Ausmaß an primärer Intersubjektivität besteht. Intersubjektivität beruht auf einem begünstigten, fein eingestellten konversationellen Engagement zwischen Kind und Bezugsperson und bedeutet, dass das Kind seine emotionalen Selbstzustände als geteilt („shared“) mit der Bezugsperson erlebt (vgl. z. B. Braten, 1998; Meltzoff & Moore, 1989; Stern, 1992; Trevarthen & Aitken, 2001). Die primäre Intersubjektivität stellt nach diesem Konzept die Grundlage sowohl für die Bindungsentwicklung als auch für Entwicklungspfade dar, die auf andere Aspekte der sozialen, kognitiven und sprachlichen Entwicklung bezogen sind. Andere Forscher betrachten die soziale Entwicklung in den ersten Lebensmonaten dagegen als Konsequenz der frühen Selbstorganisation eines dynamischen Prozesses (z. B. Fogel, Nwokah, Dedo, Messinger, Dickson & Holt, 1992), der die frühe Wahrnehmung und Sozialisation von Gefühlen in der Bezugsperson- Kind-Beziehung begünstigt (z. B. Gergely & Watson, 1996, 1999; Sroufe, 1996) und da- Bindungssicherheit und Entwicklungsstand 3 durch auch auf andere Entwicklungspfade Einfluss nimmt. Dabei werden gleichzeitig die wachsenden Erkenntnisse zur Schnittstelle zwischen Gehirnentwicklung und frühen psychosozialen Erfahrungen integriert (vgl. z. B. Cicchetti & Tucker, 1994; Schore, 1994, 2003; Siegel, 2004; Young, 2002). Durch Umwelteinflüsse können fundamentale Prozesse wie Genexpression oder Veränderungen in der Rezeptorendichte erklärt werden: Die Gehirnentwicklung wird dabei als erfahrungserwartend aufgefasst (vgl. Siegel, 1999). In diesem Sinne müssen auch die Bindungserfahrungen als wichtiger Umweltfaktor angesehen werden. So wird beispielsweise die Affektregulation in der frühen Bindungsentwicklung auf der Grundlage von Reaktionen der Bezugsperson auf Disstress des Kindes gelernt (vgl. Cassidy, 1994; Isabella, 1993; Spangler, Grossmann & Schieche, 2002; Sroufe, 1996). Insbesondere Sroufe hat bereits 1996 das Konzept der Bindung über den physischen Schutz des Kleinkindes hinaus maßgeblich erweitert. Sichere Bindung erleichtert die Organisation von physiologischer und Gehirnregulation (vgl. Burgess, Marshall, Rubin & Fox, 2003; Siegel, 2004) und hilft so, die angemessene Organisation von Gehirnprozessen zu steuern, die der sozialen Kognition dienen und dabei helfen, das Individuum für eine gemeinsame und kooperative Existenz auszurüsten (Fonagy, 2003). Das so erweiterte Bindungskonzept stellt demnach gewissermaßen einen Teil der Rahmenbedingungen dar, innerhalb derer soziale und sprachliche Fertigkeiten entwickelt werden können. Eine besondere Rolle für Bindung und Entwicklung des Kindes spielt nach Grossmann (1999 a) die angemessene soziale Interaktion mit der Bezugsperson. Csibra und Gergely (2006) postulieren ein sogenanntes „pädagogisches“ Konzept zur Erklärung des Erlernens sozialer Funktionen: Die Bezugsperson verwendet als (biologisch präparierter) Lehrer des Kindes automatisch und schon in der frühen Bindungsentwicklung spezielle kommunikative Signale an das Kind, für die es besonders rezeptiv ist. Dazu gehören zum einen Aspekte „anschaulicher Kommunikation“, die dem Kind zeigen, dass eine kommunikative Intention vorliegt, die speziell für es gedacht ist und so gezielte Aufmerksamkeit erzeugt. Zum anderen kommt es zu „referentieller Wissensoffenbarung“, die z. B. (objektspezifische) Gesichtsausdrücke, Nennung von Bezeichnungen oder das Zeigen von Funktionen beinhaltet. Auf diese Weise können nicht nur Handlungen und Objekte gelernt werden, sondern beispielsweise auch soziale Fertigkeiten und die Repräsentation von Affekten (vgl. Fonagy et al., 2007). Vorausgesetzt werden lediglich ein angeborenes Kontingenz-Entdeckungs-System und eine biologische Disposition zum Lehren und Lernen bei Kind und Elternteil. Bindung und soziale Entwicklung Viele Forscher sind sich einig, dass Bindung ein wichtiger Bestandteil des sozialen Systems des Kleinkindes ist (vgl. Thompson, 2005). Eine Studie von Spangler et al. (2002) konnte zeigen, dass sicher gebundene im Gegensatz zu unsicher oder desorganisiert gebundenen Kindern auf den Trennungsstress im Fremde Situations- Test (FST) mit einer signifikant geringeren Ausschüttung des Stresshormons Kortisol reagiert hatten. Die ausgeprägteste adrenocortikale Aktivation fand sich dagegen bei unsicher gebundenen Kindern mit hoher Verhaltensinhibition (Spangler et al., 2002). Dies wurde dahingehend interpretiert, dass eine sichere Bindung als sozialer Puffer gegen eine vorliegende weniger günstige Temperamentsdisposition angesehen werden kann (vgl. Gunnar, Broderson, Nachmias, Buss, & Rigatuso, 1996; Schieche & Spangler, 2005; Spangler, 1998). Auch gelten unsicher gebundene Kinder als weniger kompetent im sozialen Verständnis als sicher gebundene Kinder. Empirische Untersuchungen haben u. a. gezeigt, dass sich sicher gebundene Mutter-Kind-Dyaden in ihrer Konversation häufiger auf Emotionen beziehen, was das Verstehen von Emotionen beim Kind fördert (Raikes & Thompson, 2006). Dieser Ef- 4 Petra Korntheuer et al. fekt, der einen wichtigen Aspekt der sozialen Kompetenz berührt, konnte für sicher gebundene Kinder im Vorschulalter mehrfach nachgewiesen werden (Ontai & Thompson, 2002; De Rosnay & Harris, 2002; Fonagy & Target, 1997; Harris, 1999; Steele, Steele, Croft & Fonagy, 1999). Auch für Kinder im Schulalter ging sowohl frühere als auch zeitgleich erhobene Bindungssicherheit mit einer besseren sozialen Anpassung einher (Bohlin, Hagekull & Rydell, 2000). Bindung und sprachliche Entwicklung Es gibt empirische Belege dafür, dass die sprachliche Entwicklung maßgeblich durch sich häufig wiederholende Interaktionsmuster beeinflusst wird. Kleinkinder abstrahieren bereits in der Mitte des zweiten Lebensjahres routinemäßig von den alltäglichen Gegebenheiten und bilden Repräsentationen zeitlicher Sequenzen und Erwartungen über typische Ausgänge (Fivush & Hudson, 1990). Wird auf solche Repräsentationen und Erwartungen in sozialen Interaktionen mehrfach zurückgegriffen, dann erhöht sich deren Zugänglichkeit im Gedächtnis. Kinder erwerben so wichtige narrative Kompetenzen im Kontext der Eltern-Kind- Konversation (McCabe & Peterson, 1991; Fivush, 1991 a, 1991 b; Hudson, 1990). Für den Zusammenhang zwischen Bindungssicherheit und Sprachkompetenz fanden van Ijzendoorn, Dijkstra und Bus (1995) in ihrer Metaanalyse von sieben Studien eine kombinierte Effektstärke von r = .28 (N = 303). In einer Studie von Moss und St. Laurent (2001) erreichten sicher gebundene Schulkinder höhere Scores in der Kommunikation. Meins (1997) konnte zeigen, dass im Alter von einem Jahr sicher gebundene Kinder sechs Monate später in der Sprachentwicklung weiter fortgeschritten waren und mehr Nomen benutzten als unsicher gebundene Kinder. Interindividuelle Unterschiede in der Erfahrung sozialer Interaktion können daher neben der sozial-emotionalen Entwicklung auch die Entwicklung, Kohärenz und Ausgestaltung der persönlichen Sprachfähigkeit beeinflussen (Oppenheim & Waters, 1995). Es ist daher zu vermuten, dass bereits frühe soziale Rahmenbedingungen, wie sie im erweiterten Bindungsbegriff konzeptualisiert sind, maßgeblich zu sprachlichen und sozialen Entwicklungsergebnissen beitragen können. Für das kleinkindliche Alter liegen in diesem Bereich - wohl nicht zuletzt wegen der bis dahin meist eher bescheidenen Sprachfertigkeiten - bislang jedoch erst relativ wenige Daten vor (vgl. Meins, 1997; van Ijzendoorn et al., 1995). Stabilität der Bindung Die Studien zum Zusammenhang zwischen Bindung und Entwicklung beruhen häufig auf längsschnittlichen, prospektiven Untersuchungsdesigns, in denen die Bindungssicherheit typischerweise nur einmal zu einem frühen Zeitpunkt erfasst wurde. Zwar gilt Bindung überwiegend als relativ stabil, doch bei Wiederholungsmessungen variiert das Maß an Stabilität erheblich. Beispielsweise fand sich für größere Zeiträume wie den Zeitraum zwischen Kleinkind- und Jugendalter teils eine hohe Stabilität von 77 %, zumindest für die zunächst sicher gebundenen Kinder (Hamilton, 2000), teils aber auch gar keine Stabilität (z.B. Weinfield, Sroufe & Egeland, 2000). In kleineren Zeiträumen sind die Unterschiede ebenfalls beträchtlich. So berichtet Meins (1997) bei Kleinkindern über eine nach sechs Monaten fast perfekte Konkordanz der Bindungsklassifikation von 98 %. Teilweise deutlich geringere Stabilitäten ergab jedoch z. B. die Untersuchung an einer deutschen Stichprobe von Kleinkindern über neun Monate hinweg. Hier lagen - abhängig vom Klassifikationssystem - die Stabilitäten zwischen 27 % und 84 %, wobei die sicher gebundenen Kinder höhere Stabilitäten aufwiesen als die unsicher gebundenen (Rauh, Ziegenhain, Müller & Wijnroks, 2000). Für die Instabilität von Bindung werden neben auswertungsbedingten Aspekten wie unterschiedlichen Klassifikationssystemen für das Verhalten in der Fremden Situation (vgl. Rauh Bindungssicherheit und Entwicklungsstand 5 et al., 2000) auch ungünstige psychosoziale Faktoren verantwortlich gemacht, wie z. B. mütterliche Depressionen oder Scheidung der Eltern (vgl. Weinfield et al., 2000). Angesichts solcher möglicher Variationen und der Bedeutung des erweiterten Bindungskonzeptes für die kindliche Entwicklung erscheint es daher notwendig, potenzielle Veränderungen in der Bindungsrepräsentation bereits im Kleinkindalter mit zu berücksichtigen. Dazu müssen auch in prospektiven Studien Bindung und Entwicklung parallel, nicht nur nacheinander an verschiedenen Messzeitpunkten erfasst werden. Die vorliegende Studie trägt dieser Forderung insofern Rechnung, als Bindung und Entwicklung sowie ihre Zusammenhänge jeweils zu Beginn und Ende des zweiten Lebensjahres untersucht wurden. Darüber hinaus wurden zwei verschiedene Methoden zur Feststellung der Bindungssicherheit verwendet: Neben dem Fremde-Situations-Test (FST, Ainsworth, Blehar, Waters & Wall, 1978) kam der Attachment Q-Sort (AQS, Waters, 1997) zum Einsatz. Da sich die beiden Verfahren auf unterschiedliche Beobachtungssituationen stützen und dabei zudem auf unterschiedliche Verhaltensaspekte fokussieren, bilden sie nicht nur ein breites Spektrum an bindungsrelevanten Informationen ab, sondern ermöglichen gegebenenfalls situationsspezifische Interpretationen. Fragestellungen Ziel der Untersuchung war es, den intraindividuellen Verlauf von Bindungs- und sprachlicher sowie sozialer Entwicklung zu untersuchen. Zusätzlich sollten interindividuelle Unterschiede analysiert werden. Erwartet wurde für den intraindividuellen Bereich, dass eine höhere Bindungssicherheit mit besserer sprachlicher und sozialer Entwicklung einhergeht. Daten früherer Studien hatten überdies bereits gezeigt, dass Entwicklungsdimensionen im kleinkindlichen Alter häufig recht hoch miteinander korrelieren, also nicht als isolierte Trends angesehen werden können (vgl. Lissmann, Korntheuer & Lohaus, 2007). Um von einem substanziellen Ergebnis sprechen zu können, sollte die Bindung daher mindestens so viel Varianz der sozialen und sprachlichen Entwicklung erklären wie andere Entwicklungsdimensionen, beispielsweise aus dem kognitiven Bereich. Für die Untersuchung interindividueller Zusammenhänge wurde darüber hinaus eine Problemeinschätzung aus den ersten drei Lebensmonaten des Kindes berücksichtigt, um einen Hinweis auf das Temperament des Kindes zu erhalten. Zwar gilt ein direkter Zusammenhang zwischen Bindungsentwicklung und Temperament als unwahrscheinlich (Seifer, Schiller, Sameroff, Resnick & Riordan, 1996; vgl. auch Weinfield et al., 2000), jedoch wird beispielsweise der Trennungsstress im Fremde-Situations-Test durch Temperamentsaspekte beeinflusst (vgl. Spangler et al., 2002; Vaughn & Bost, 1999). Ein von seiner Mutter als problematisch eingestuftes Kind wird möglicherweise anders behandelt als ein als unproblematisch erachtetes Kind und macht dadurch andere soziale und sprachlich-kommunikative Erfahrungen, die sich in den Entwicklungsergebnissen niederschlagen könnten. Mit steigendem Problemindex wurden hier daher weniger günstige Entwicklungswerte erwartet. Methode Stichprobe Die Stichprobe umfasste 85 Mutter-Kind-Dyaden mit erstgeborenen Säuglingen. Die 50 Mädchen und 35 Jungen wurden im Alter von drei Monaten (Messzeitpunkt 1 bzw. MZP1), einem Jahr (MZP2) und zwei Jahren (MZP3) untersucht. Die Untersuchungen wurden eng um das kalendarische Alter terminiert (die maximalen Abweichungen betrugen am MZP1 eine Woche, am MZP2 zwei Wochen und am MZP3 drei Wochen). Das Alter der Mütter bei der Geburt des Kindes lag zwischen 16 und 42 Jahren (AM = 30.0, SD = 4.8), was in etwa mit den Angaben des Statistischen Bundesamtes für das mittlere Alter von Erstgebärenden in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2004 (AM = 29.4) übereinstimmt. Zwar nicht untypisch für Untersuchungen im frühkindlichen Alter, dennoch auffallend hoch war der Bildungsgrad der Mütter, von denen zwei 6 Petra Korntheuer et al. Drittel über Abitur oder Hochschulabschluss verfügten. Der Bildungsgrad der Mutter wurde daher als dummy-codierte Kontrollvariable in die interindividuellen Analysen mit einbezogen. Erhebungen im Alter von drei Monaten (MZP 1) Neben dem Fragebogen zu den Soziodemografischen Daten wurden am ersten Messzeitpunkt die Probleme im Umgang mit dem Kind tabellarisch erfasst. In der ersten Spalte wurden dabei in einem offenen Kurzantwortformat Problembereiche der vergangenen drei Monate retrospektiv erfragt. In vier weiteren Spalten sollte die Belastung verbal verankert mit „gering“, „mäßig“, „stark“ oder „sehr stark“ eingeschätzt werden. Aus den drei am häufigsten genannten Problembereichen „Schreien“, „Schlafen“ und „Rhythmus des Kindes“ wurden die angegebenen Belastungswerte zu einem Mittelwert für die Variable „Problemindex“ verrechnet. Erhebungen im Alter von einem und zwei Jahren (MZP 2 und 3) Fremde-Situations-Test (FST). Der FST (Ainsworth et al., 1978) ermöglicht die Beobachtung des Gleichgewichtes zwischen Bindungs- und Explorationsverhalten des Kleinkindes unter den standardisierten Bedingungen eines unbekannten Beobachtungsraumes. Die Durchführung erfolgt in acht Episoden mit einer Länge von jeweils 3 Minuten, in deren Verlauf das Kind einer sukzessiv stärker werdenden Belastung durch die Konfrontation mit einer fremden Person und zwei Trennungen von der Mutter - mit anschließendem Wiedersehen in den Episoden 5 und 8 - ausgesetzt wird. Für jede teilnehmende Mutter-Kind-Dyade wurde der gesamte FST auf Video aufgezeichnet. Zwei lizenzierte Auswerterinnen (Lizenz durch Karin Grossmann, Universität Regensburg) klassifizierten anhand der Videos das Verhalten von Mutter und Kind. Hierfür wurden vier 7-stufige Ratingskalen verwendet: Skala 1 (KE): „Körperkontakt aufrechterhalten wollen“, Skala 2 (NS): „Wiedererlangen (oder Erlangen) von Kontakt und Nähe, Skala 3 (KW): „Widerstand gegen Kontakt und Nähe“ und Skala 4 (NV): „Vermeiden von Nähe und Interaktion“. Sicher gebundene Kinder weisen auf den Skalen 1 und 2 eher hohe, unsicher gebundene dagegen auf den Skalen 3 oder 4 eher hohe Werte auf. Die Skalen sind nicht nur quantitativ gestuft, sondern enthalten darüber hinaus auch recht genaue qualitative Beschreibungen des zu beurteilenden Verhaltens. Beispielsweise beinhaltet die Skala 2 für die mittlere Ausprägung (Wert 4) für die 1-jährigen Kinder: „Kind nähert sich der Mutter vollständig und will deutlich Kontakt, Mutter reagiert nicht“. Für die Zweijährigen wurden die Skalen 1 und 2 durch die modifizierten Skalen von Grossmann (1999 b) ersetzt. In diesen Skalen für ältere Kinder werden die sprachlichen und mimischen Aktivitäten zwischen Kind und Mutter mit Hilfe sogenannter Interaktions-Turns berücksichtigt. Anstelle von Annäherungsverhalten (Hinkrabbeln bzw. -laufen zur Mutter) steht hierbei die sprachlich-dialogische Interaktion im Vordergrund: Wer mit der Kontaktaufnahme beginnt, wie ausführlich eine Lautäußerung ist und wie viele Aktionen und Reaktionen die Interaktion beinhaltet. Die Modifikationen betreffen vor allem die Skala 2, die sich verändert zu „Gemeinsamkeit wollen“. Das obige Beispielitem verändert sich zu: „Kind beginnt mehrfach Spiel mit Lauten oder mit Referencing/ Blickkontakt, Kind wartet vergeblich auf Reaktion der Mutter“. Auch die Skala 1 wurde in Bezug auf sprachliche Interaktion modifiziert und zur Skala „Gemeinsamkeit aufrechterhalten wollen“ umgewandelt. Für die vier Ratingskalen fanden sich an beiden Messzeitpunkten befriedigende bis gute Werte für die Interraterreliabilitäten mit Intraclasskorrelationen zwischen .72 und .87 (vgl. Wirtz & Caspar, 2000). Anhand der Skalenwerte wurde die Bindungsqualität der Kinder eingestuft hinsichtlich der drei Bindungstypen „unsicher-vermeidend“ (A), „sicher“ (B) und „unsicherambivalent“ (C), wobei bei den älteren Kindern die Richtlinien von Schneider-Rosen (1991) für das Ainsworth-Klassifikationssystem berücksichtigt wurden. Ähnlich wie bei Grossmann (1999b) wird auf verbale Interaktion anstelle von physischem Kontakt fokussiert, die Richtlinien beziehen sich jedoch anders als bei Grossmann nicht auf die Ratingskalen, sondern auf die Verhaltensmuster z. B. in Bezug auf Mutter, Fremde oder Trennung. Zusätzlich wurde am MZP 3 die Kategorie „desorganisiert“ (B-D) (vgl. Main & Solomon, 1990) eingeführt. Sie rekrutierte sich aus denjenigen Kindern, die scheinbar das Verhalten eines sicher gebundenen Kindes gezeigt hatten, dabei jedoch deutliche Inkonsistenzen aufwiesen. Gemäß Main und Solomon (1990) wurden die Hauptindikatoren für desorganisiertes Verhalten nur dann berücksichtigt, wenn der Wert auf der Ratingskala für Desorganisation höher als 5 lag. Als Zeichen für Desorganisation wurde beispielsweise sequen- Bindungssicherheit und Entwicklungsstand 7 zielles oder simultanes kontradiktorisches Verhalten gewertet: Zwei verschiedene Reaktionsmuster in den Episoden 5 und 8 oder gemischte Verhaltensweisen. Gemischte Verhaltensweisen lagen beispielsweise vor, wenn das Kind bei der Trennung ungestresst wirkte (wie ein Teil der als B klassifizierten Kinder), bei der Wiedervereinigung jedoch einen Wutanfall bekam (wie ein Teil der als C klassifizierten Kinder, vgl. Main & Salomon, 1990). Die Auswertung einer Teilstichprobe von jeweils 20 zufällig ausgewählten Videos durch zwei unabhängige Rater ergab befriedigende bis gute zufallsbereinigte Interrater-Übereinstimmungen von p = .90 (MZP2) bzw. p = .74 (MZP3) (vgl. Wirtz & Caspar, 2000). Aufgrund der Übereinstimmungen wurden die übrigen Videos nur von jeweils einer Raterin ausgewertet. Attachment-Q-Sort (AQS). Der Attachment Q-Sort (Waters & Deane, 1985; Waters, 1997; deutsche Übersetzung von Schölmerich & Leyendecker, 1999, vgl. auch Waters, Vaughn, Posada & Kondo-Ikemura, 1995) erfasst das Konstrukt Bindungssicherheit über eine nicht-standardisierte Beobachtungssituation dimensional auf einer kontinuierlichen Skala. Der Q-Sort besteht aus einem Satz von 90 Items in Form von Karten. Die Karten beschreiben kindliche Verhaltensweisen, die von Experten auf dem Gebiet der Bindungsforschung als Indikatoren für das Konstrukt „Bindungssicherheit“ ausgewählt worden sind. Das Auftreten dieser Verhaltensweisen beim Kind wird durch trainierte unabhängige BeobachterInnen beurteilt, die die Karten in neun Kategorien sortieren, die von „sehr charakteristisch“ bis „sehr uncharakteristisch“ für das Kind reichen. Das individuelle Ergebnis eines Kindes wird dann mit dem vorhandenen Experten-Rating für ein prototypisch sicher gebundenes Kind korreliert. Diese Korrelation bildet das Maß für den individuellen Wert der Bindungssicherheit. Für die vorliegende Studie wurde während eines Besuches in der Wohnung der Studienteilnehmer jeweils ein Video mit Alltagssituationen und -interaktionen über die Dauer von mindestens einer Stunde gedreht. Das Verhalten von Mutter und Kind wurde ohne weitere Regieanweisungen aufgezeichnet. Im Anschluss hielt die Untersucherin weitere, nicht auf dem Video zu sehende Besonderheiten, wie beispielsweise die Reaktion des Kindes auf den fremden Besuch, schriftlich fest. Die Einschätzungen zum Q-Sort wurden anhand der Videos und Notizen von zwei (MZP2) bzw. drei (MZP3) speziell trainierten Auswerterinnen, die nicht an den Hausbesuchen beteiligt waren, unabhängig voneinander vorgenommen. Für die Übereinstimmung der Bindungssicherheitswerte ergab sich eine befriedigende bis sehr gute Interrater-Reliabilität von ICC unjust = .78 (MZP2) bzw. ICC unjust = .91 (MZP3). Den nachfolgenden Auswertungen wurde jeweils der Mittelwert der Einschätzungen der Raterinnen zugrunde gelegt (vgl. Wirtz & Caspar, 2000). Entwicklungsstand. Zur Erfassung des Entwicklungsstandes der Kinder wurde der Entwicklungstest 6 Monate - 6 Jahre (ET 6-6, Petermann, Stein & Macha, 2004) durchgeführt. Dieser lässt sich untergliedern in einen Fragebogenteil, der von der Mutter auszufüllen ist, und einen Untersuchungsteil, dessen Aufgaben das Kind mit einem Testleiter durchführt. Die Angaben aus diesen beiden Teilen werden zusammengeführt und inhaltlich neun Subskalen zugeordnet. Diese werden zu den von Petermann et al. (2004) angegebenen sechs Beschreibungsdimensionen verrechnet. Es handelt sich um die Dimensionen (a) Körpermotorik, (b) Handmotorik, (c) kognitive, (d) sprachliche, (e) soziale und (f ) emotionale Entwicklung. Für die Fragestellung der vorliegenden Studie blieben die motorischen Skalen (a) und (b) unberücksichtigt. Skala (f ) konnte wegen fehlender Items im Original-Fragebogen am MZP3 nicht adäquat ausgewertet werden und musste daher aus der Analyse ausgeschlossen werden. Untersuchungsablauf. Die Rekrutierung der Stichprobe erfolgte über Geburtenanzeigen in den Standesamtlichen Nachrichten der örtlichen Tageszeitung. Die Familien wurden angeschrieben, über das Projekt informiert und eine Woche später telefonisch hinsichtlich ihres Interesses befragt. Die Befragung der Mütter fand im Untersuchungslabor, der Fremde-Situations-Test im Spielzimmer des Fachbereichs Psychologie der Universität Marburg statt. Die AQS- Einschätzung basierte auf dem Video bei einem Besuch in der Wohnung von Mutter und Kind, wo auch der Entwicklungstest durchgeführt wurde. Um möglichen Ermüdungserscheinungen vorzubeugen, wurde darauf geachtet, genügend Pausen für die Kinder vorzusehen. Die Teilnahme wurde an jedem der drei Messzeitpunkte mit einem Einkaufsgutschein in Höhe von E 25,- belohnt. Statistische Analysen. Die Daten wurden mittels Mehrebenenanalysen (vgl. Dzeyk, Naumann & Richter, 2003; Hox, 2002) auf zwei Ebenen analy- 8 Petra Korntheuer et al. siert. Auf die Mehrebenenanalyse wurde zurückgegriffen, weil sie sich gut für Fragestellungen eignet, bei denen individuelle und Aggregatmerkmale sowie deren Interaktionen simultan bei der statistischen Erklärung der Variation einer Kriteriumsvariablen berücksichtigt werden sollen (vgl. Dzeyk et al., 2003). Mit der Mehrebenenanalyse kann geprüft werden, ob sich die Individuen nicht nur im erreichten Entwicklungsstand, sondern auch im Entwicklungsverlauf voneinander unterscheiden und durch welche Merkmale diese Differenzen beeinflusst werden. In einer Mehrebenenanalyse für Längsschnittdaten bilden die wiederholten Messungen im Zeitverlauf die erste Ebene der Analyse (Level 1). Im vorliegenden Fall bestand die erste Ebene aus den von allen Kindern zu allen Messzeitpunkten erhobenen Daten zu Bindung und Entwicklung. Die zweite Ebene der Mehrebenenanalyse von Längsschnittdaten wird bestimmt durch die Zuordnung der Messungen von Ebene 1 zu den individuellen Einheiten, deren Entwicklung verfolgt wurde (Level 2). Auf dieser Ebene können auch die mehr oder weniger invarianten Eigenschaften der individuellen Einheiten berücksichtigt werden (wie die Eigenschaften der Kinder bzw. ihrer Mütter, die die Entwicklungscharakteristika beeinflussen). Die wichtigste Methode der Mehrebenenanalyse besteht aus für verbundene Daten entwickelten Regressionsanalysen. Besonders gebräuchlich ist hierfür das hierarchisch-lineare Modell (HLM, vgl. Bryk & Raudenbush, 1992), eine Extension des Allgemeinen Linearen Modells. Im HLM werden auf Ebene 1 die Beziehungen zwischen den Variablen innerhalb jeder Aggregateinheit (hier: bei jedem einzelnen Kind) analysiert. Im Unterschied zu einer Standardregression gehen in die Variablen die Daten aller Messzeitpunkte ein. Auf Ebene 2 werden die auf Ebene 1 gefundenen Regressionskoeffizienten ihrerseits zu Kriteriumsvariablen, die nun mit den Level 2-Prädiktoren erklärt werden sollen. Die dahinterstehende Idee ist, individuell verschiedene Regressionsgeraden nicht als störende Effekte, sondern als Ausdruck von Unterschieden in der ablaufenden Entwicklung zu sehen. Im HLM kann die in den Daten enthaltene Varianz mittels einer Voranalyse in Varianz innerhalb der Untersuchungseinheiten (hier: Entwicklungsverläufe der einzelnen Kinder, Level 1) und in Varianz zwischen den Untersuchungseinheiten (hier: Entwicklungsvergleiche zwischen verschiedenen Kindern, Level 2) quantifiziert werden. Aus den beiden Varianzanteilen wird die Intraclass-Korrelation (ICC) berechnet. Für eine Level 2-Analyse wird eine ICC ≥ .12 empfohlen (Bryk & Raudenbush, 1992). Im HLM ist es darüber hinaus möglich, Cross-Level- Interaktionseffekte zwischen den beiden Datenebenen zu berücksichtigen. Da allerdings die Reliabilität der Steigungen im Modell relativ gering ist, sollte die Irrtumswahrscheinlichkeit auf a ≤ .10 heraufgesetzt werden, um keine Effekte zu übersehen (vgl. Bryk & Raudenbush, 1992). Die in der vorliegenden Studie bestehende geringe Anzahl von nur zwei Wiederholungsmessungen auf Level 1 stellt kein Problem für die Schätzung der Parameter dar (vgl. Browne, 2006). Wichtiger nämlich als die Anzahl der Level 1-Messungen ist zum einen die Balanciertheit des Designs - d. h. eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Level 1-Daten auf die Level 2-Einheiten (vgl. die Simulationen von Browne, 2006). Die vorliegende Untersuchung entsprach mit stets genau zwei Messungen pro Kind dieser Voraussetzung. Zum anderen wurde gleichzeitig die für eine verlässliche Parameterschätzung als notwendig erachtete Mindestanzahl von N = 30 Level-2-Einheiten (vgl. Maas & Hox, 2004) in der vorliegenden Studie mit N = 85 Kindern deutlich überschritten. Ergebnisse Bindung FST. Für die Verteilung der FST-Klassifikationen ergaben sich für das Alter von einem Jahr 52 % Kinder mit sicherer (B), 36 % mit unsicher-vermeidender (A) und 12 % mit unsicherambivalenter (C) Bindung. Verglichen mit amerikanischen Stichproben fiel hier ein zuungunsten von Berhöhter Anteil an A-klassifizierten Kindern auf (vgl. van Ijzendoorn, Schuegel & Bakermans-Kranenburg, 1999). Derartige Verteilungen sind jedoch im deutschsprachigen Raum für nicht-klinische Mittelschichtstichproben nicht ungewöhnlich (vgl. Gloger-Tippelt, Vetter & Rauh, 2000). Im Alter von zwei Jahren wiesen 64 % der Kinder eine sichere (B) Bindung auf, 17 % waren unsicher-vermeidend (A), 11 % unsicher-ambivalent (C) und 8 % desorganisiert (B-D) gebunden. Die Veränderungen in der Bindungsklassifikation über das Alter hinweg zeigt Abbildung 1. Bindungssicherheit und Entwicklungsstand 9 Die Stabilität der Bindungsklassifikation variierte je nach Bindungssicherheit: Am MZP2 als „sicher“ (B) klassifizierte Kinder wiesen am MZP3 zu 67 % weiterhin eine sichere Bindung auf. Von den am MZP2 als „unsicher“ (A, C) klassifizierten Kindern wurden am MZP3 41 % weiterhin als unsicher beurteilt. Ohne Berücksichtigung der sieben an t 3 als B-D-klassifizierten Kinder blieb für 74 % der als „sicher“ und für 34 % der als „unsicher“ klassifizierten Kinder die Bindungssicherheit über den Zeitraum stabil. Die im vergleichbaren Zeitraum (12 bis 21 Monate) von Rauh et al. (2000) für das Klassifikationssystem nach Ainsworth gefundenen Werte waren ähnlich: Sie lagen bei 84 % Übereinstimmung für die sicher gebundenen und bei 27 % für die unsicher gebundenen Kinder. Die Retestkorrelationen der FST-Subskalen waren sowohl in Episode 5 als auch 8 unbedeutend (r tt ≤ .15, p ≥ .20; mittlere Korrelation -.03), eine Ausnahme bildete lediglich die Skala 3 „Widerstand gegen Kontakt und Nähe“ (KW) in Episode 5 (r tt = .22, p < .05). Das Verhalten in den Wiedersehensphasen des FST muss demnach über den Untersuchungszeitraum hinweg als überwiegend nicht stabil eingestuft werden. Aus Gründen der Vergleichbarkeit mit dem AQS wurde die FST-Bindungsklassifikation für die weitere Auswertung in „sicher“ (B) versus „unsicher“ (A, B-D und C) dichotomisiert. Dieses durchaus gebräuchliche Vorgehen (vgl. Rauh et al., 2000) kann in inhaltlich-theoretischer Sicht in Bezug auf die Entwicklung als problematisch angesehen werden und wird daher weiter unten diskutiert. Aus empirischer Sicht sprach nichts gegen die Dichotomisierung, da die Mittelwerte der Entwicklungsskalen sich zwischen den Gruppen unsicher gebundener Kinder zu beiden Messzeitpunkten nicht bedeutsam unterschieden (Fs ≤ 1.79, ps ≥ .188), sodass in der vorliegenden Stichprobe von systematischen Unterschieden zwischen den unsicheren Bindungskategorien nicht auszugehen war. Abbildung 1: Bindungsklassifikation mit 2 Jahren (t3), Veränderungen aufgeschlüsselt nach der früheren Klassifikation mit 1 Jahr (t2) 10 Petra Korntheuer et al. AQS. Der Mittelwert der AQS-Bindungssicherheit lag mit einem Jahr bei .35 (SD = .13; Range .00 bis .56) und mit zwei Jahren bei .40 (SD = .12; Range .11 bis .65). Beide Mittelwerte lagen damit eher über dem in der Metaanalyse von van Ijzendoorn, Vereijken, Bakermans- Kranenburg und Riksen-Walraven (2004) für N = 28 Studien gefundenen Wert von .31 (SD = 0.16). Die Stabilität des AQS zwischen MZP2 und MZP3 lag bei r tt = .15 (n.s.), Vergleichswerte standen uns nicht zur Verfügung. Ähnlich wie bei den dreijährigen Kindern in der Studie von Posada (2006) fand sich praktisch kein Zusammenhang zwischen dem Bindungssicherheitswert im AQS und der dichotomisierten FST-Klassifikation (MZP 2: r = .06, MZP 3 r = .12; ps > .10). Derartig geringe Zusammenhänge zwischen den Bindungsmaßen finden sich jedoch nicht selten (vgl. van Ijzendoorn et al., 2004). Auch die Subskalen des FST korrelieren zu beiden Messzeitpunkten im Mittel nicht mit den AQS-Werten (MZP 2: AM Fisher’s Z = .00; MZP 2: AM Fisher’s Z = .01). Die beiden Bindungserhebungen waren nach unseren Daten also unabhängig voneinander. Soziale und sprachliche Entwicklung sowie Probleme mit Schreien und Schlafen Im Entwicklungstest ET 6-6 erreichten die Kinder der Stichprobe in der sprachlichen Entwicklung im Mittel Werte von 5.62 (SD = 1.83, MZP2) sowie 7.03 (SD = 1.71, MZP 3). Für die soziale Entwicklung ergab sich an beiden Messzeitpunkten ein Mittelwert von 6.49 (SD = 1.56 an MZP 2 bzw. SD = 2.73 an MZP 3). Diese Werte lagen eher etwas niedriger als die im Testhandbuch genannten Durchschnittswerte (vgl. Petermann et al., 2004). Die Stabilitäten zwischen den Messzeitpunkten 2 und 3 lagen für die sprachliche Entwicklung bei r tt = .25 (p < .05), für die soziale Entwicklung lediglich bei r tt = .03 (n.s.) Für den Problemindex aus den drei Bereichen Schreien, Schlafen und Rhythmus fand sich im Mittel ein Wert von 1.62 (SD = 2.18, Range von 0 bis 8), der sprachlich formuliert „gering“ bis „mäßig“ belastende Probleme kennzeichnet. Sprachliche Entwicklung und Bindung Die für die sprachliche Entwicklung ermittelten Varianzkoeffizienten ( σ 2 = 3.49, τ = 0.21) führten zu einer Intraclass-Korrelation (ICC) von .06. Die geringe ICC bedeutet, dass die Varianz nahezu ausschließlich aus Unterschieden der Messwerte zwischen den Messzeitpunkten - also Unterschieden innerhalb der einzelnen Kinder - gespeist wurde und daher eine Analyse der interindividuellen Unterschiede (Level 2) hier nicht sinnvoll war (vgl. Bryk & Raudenbush, 1992). Im individuellen Verlauf der Sprachlichen Entwicklung zu Beginn und Ende des zweiten Lebensjahres gab es also so große intraindividuelle Unterschiede, dass interindividuelle Differenzen dahinter zurücktraten. Zur Erklärung der intraindividuellen Varianz der Sprachentwicklung als Kriteriumsvariable wurden als Prädiktoren zunächst die Bindungsmaße AQS und FST sowie die vier Klassifikations-Subskalen des FST aus Episode 5 und 8 jeweils einzeln in das Modell aufgenommen. Das Modell entsprach damit auf Level 1 einer gewöhnlichen Regression 1 , in der jedoch für jedes einzelne Kind die Daten der beiden Messzeitpunkte 2 und 3 als jeweils eigene Regressionen berücksichtigt wurden. Die Prädiktoren wurden, mit Ausnahme der dummy-codierten FST-Bindungssicherheit, um den Stichprobenmittelwert (grand mean) zentriert (vgl. Bryk & Raudenbush, 1992; Hox, 2002). Diese Zentrierung war zum einen erforderlich, weil beispielsweise die FST-Subskalen den Wert Null nicht annehmen konnten. Zum anderen entsprach der Schnittpunkt der Regressionsgeraden dadurch dem Wert eines durchschnittlichen Kindes, was die Interpretation vereinfacht. Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse. 1 Sprachliche Entwicklung ij = b 0j + b 1j * (Bindungsmaß) ij + r ij Bindungssicherheit und Entwicklungsstand 11 Für die FST-Bindungsklassifikation ließ sich kein Effekt auf die sprachliche Entwicklung nachweisen (T = 1.55, p > .10). Im FST unsicher gebundene Kinder unterschieden sich nach den vorliegenden Daten also hinsichtlich ihrer sprachlichen Entwicklung nicht von sicher gebundenen Kindern. Ein anderes Bild ergab die mit dem AQS festgestellte Bindungssicherheit, die mit der sprachlichen Entwicklung im Zusammenhang stand (T = 3.00, p < .01). Erwartungsgemäß erreichten hier Kinder mit höherem Wert in der AQS-Bindungssicherheit auch einen höheren Wert in ihrer sprachlichen Entwicklung. Die Ergebnisse zeigten weiterhin, dass - mit Ausnahme der Skala 3 KW „Kontaktwiderstand“ - die FST-Subskalen sowohl in Episode 5 als auch in Episode 8 geeignet waren, signifikante Varianzanteile an der sprachlichen Entwicklung aufzuklären (6.39 ≥ Ts ≥ 2.95; .alle p < .01). Hierbei wiesen die beiden FST- Skalen „Kontakt bzw. Gemeinsamkeit aufrechterhalten“(1) und „Nähe bzw. Gemeinsamkeit suchen“(2) positive Vorzeichen, die Skala „Nähe vermeiden“(4) hingegen ein negatives Vorzeichen auf. Demnach erreichten Kinder, die nach einer Trennung von der Mutter positiver auf ihr Wiedererscheinen reagierten, indem sie Nähe herstellen und den Kontakt mit ihr aufrechterhalten wollten, erwartungsgemäß höhere Werte in der sprachlichen Entwicklung als Kinder, die weniger an der Mutter interessiert zu sein schienen. Kinder, die den Kontakt zur Mutter dagegen aktiv vermieden, wiesen geringere Werte in der sprachlichen Entwicklung auf. Auch dieses Ergebnis war hypothesenkonform. Die beiden aus dem Entwicklungstest stammenden Dimensionen soziale sowie kognitive Entwicklung wiesen ebenfalls hochsignifikante Zusammenhänge mit der Sprachlichen Entwicklung auf (Soziale Entwicklung: T = 4.46, p < .001; Kognitive Entwicklung: T = 6.38, p < .001). Auf der Basis des Informa- Variable σ 2 Koeffizient t-Wert AIC a Bindungsmaß Bindung (di) b 3.66 0.47 1.55 n.s. AQS-Security c 3.35 3.55 3.00 ** 692.74 FST5 d -I: KE 2.37 0.37 6.39 *** 655.78 II: NS 2.62 0.36 5.60 *** 661.65 III: KW 3.57 0.14 1.12 n.s. IV: NV 3.07 -0.30 -2.95 ** 680.38 FST8 e -I: KE 2.81 0.31 4.52 *** 657.40 II: NS 2.72 0.37 5.24 *** 651.15 III: KW 3.58 -0.17 -1.31 n.s. IV: NV 3.22 -0.31 -3.31 ** 663.05 Entwicklungsmaß Soziale Entwicklung 3.26 0.30 4.46 *** 667.06 Kognitive Entwicklung 2.65 0.51 6.38 *** 671.70 Tabelle 1: Ergebnisse der hierarchisch-linearen Analyse der intraindividuellen sprachlichen Entwicklung anhand von verschiedenen Bindungs- und Entwicklungsmaßen (Level 1) Anmerkung: a = Akaike’s Information Criterion; b = Fremde-Situations-Test, dichotomisiert in 1 für sicher gebunden (B) und 0 für unsicher gebunden (A, B-D, C); c = Attachment-Q-Sort Bindungssicherheit; d = Fremde-Situations-Test Episode 5; e = Fremde Situations-Test Episode 8 Ratingskalen für die FST-Klassifikation: KE = Körperkontakt (1 Jahr) bzw. Gemeinsamkeit (2 Jahre) aufrechterhalten wollen; NS = Wiedererlangen (oder Erlangen) von Kontakt und Nähe (1 Jahr) bzw. Gemeinsamkeit suchen (2 Jahre); KW = Widerstand gegen Kontakt und Nähe; NV = Vermeiden von Nähe und Interaktion *** p < .001; ** p < .01; * p < .05 12 Petra Korntheuer et al. tionskriteriums von Akaike (AIC; vgl. Akaike, 1987; Hox, 2002) konnten keine nennenswerten Differenzen zwischen den Maßen der Bindungssicherheit und den Entwicklungsdimensionen hinsichtlich der Varianzerklärung der sprachlichen Entwicklung gefunden werden: Die Bindungsmaße konnten somit in demselben Maß zur Erklärung intraindividueller Unterschiede in der Sprachentwicklung beitragen wie die Skalen zur sozialen oder kognitiven Entwicklung. Besonders geringe AIC-Werte - und damit die geringsten Restvarianzen im Modell - zeigten die Skalen „Körperkontakt bzw. Gemeinsamkeit aufrecht erhalten wollen“ (KE, Episode 5) und „Wiedererlangen (oder Erlangen) von Kontakt und Nähe bzw. Gemeinsamkeit suchen“ (NS, Episode 8). Die erklärte Varianz der Sprachentwicklung betrug für die Skala KE (Episode 5) etwa 32 % und für die Skala NS (Episode 8) etwa 22 %. Für die Bindungssicherheit im AQS fand sich mit 4 % erklärter Varianz ein zwar ebenfalls signifikanter, aber deutlich weniger bedeutsamer Zusammenhang zur Sprachentwicklung. Zum Vergleich: Die kognitive Entwicklung vermochte 24 %, die soziale Entwicklung 7 % der sprachlichen Entwicklung zu erklären. Skala 1 „Körperkontakt bzw. Gemeinsamkeit aufrechterhalten wollen“ (KE, Episode 5) war in unserer Untersuchung demnach die am besten zur Vorhersage der intraindividuellen Sprachentwicklung (Level 1) geeignete Variable. Soziale Entwicklung und Bindung Die für die Kriteriumsvariable soziale Entwicklung ermittelten Varianzkoeffizienten ( σ 2 = 4.06, τ = 0.75) ergaben eine Intraclass-Korrelation von .16. Auch in der sozialen Entwicklung lag demnach deutlich mehr Varianz zwischen den Messzeitpunkten einzelner Kinder als zwischen verschiedenen Kindern. Die Daten erschienen im Unterschied zur sprachlichen Entwicklung jedoch aufgrund des höheren Wertes der ICC für eine interindividuelle Analyse (Level 2) geeignet. Variable σ 2 Koeffizient t-Wert AIC a Bindungsmaß Bindung (di) b 3.61 0.04 0.11 n.s. AQS-Security c 4.08 -0.40 -0.29 n.s. FST5 d -1: KE 3.64 0.04 0.52 n.s. 2: NS 3.64 0.01 0.14 n.s. 3: KW 3.49 -0.21 -1.45 n.s. 4: NV 3.63 -0.01 -0.11 n.s. FST8 e -1: KE 3.01 0.03 0.47 n.s. 2: NS 2.99 0.04 0.54 n.s. 3: KW 3.02 0.00 0.01 n.s. 4: NV 2.99 -0.13 -1.07 n.s. Entwicklungsmaß Kognitive Entwicklung 4.00 0.22 2.13 * 717.65 Sprachliche Entwicklung 3.68 0.37 4.46 *** 703.78 Tabelle 2: Ergebnisse der hierarchisch-linearen Analyse der intraindividuellen sozialen Entwicklung anhand von verschiedenen Bindungs- und Entwicklungsmaßen (Level 1) Anmerkung: a = Akaike’s Information Criterion; b = Fremde-Situations-Test, dichotomisiert in 1 für sicher gebunden (B) und 0 für unsicher gebunden (A, C); c = Attachment-Q-Sort Bindungssicherheit; d = Fremde-Situations-Test Episode 5; e = Fremde Situations-Test Episode 8 Ratingskalen für die FST-Klassifikation: KE = Körperkontakt bzw. Gemeinsamkeit aufrechterhalten wollen; NS = Wiedererlangen (oder Erlangen) von Kontakt und Nähe bzw. Gemeinsamkeit suchen; KW = Widerstand gegen Kontakt und Nähe; NV = Vermeiden von Nähe und Interaktion *** p < .001; ** p < .01; * p < .05 Bindungssicherheit und Entwicklungsstand 13 Zunächst wurden zur Erklärung der intraindividuellen Unterschiede in der sozialen Entwicklung auf Level 1 erneut die dichotomisierte FST-Bindungssicherheit, der AQS-Security- Score, die FST-Subskalen sowie als Vergleichsmaße die Entwicklungstestergebnisse als Prädiktorvariablen herangezogen. Die Ergebnisse zeigt Tabelle 2. Keines der Bindungsmaße, weder der AQS- Security-Score noch die Bindungssicherheit auf der Basis des FST oder dessen Subskalen, gab Aufschlüsse über die soziale Entwicklung (1.45 ≥ Ts ≥ 0.01; alle p ≥ .150). Alle hier verwendeten Bindungsmaße waren demnach ungeeignet, intraindividuelle Unterschiede in der sozialen Entwicklung (Level 1) zu erklären. Lediglich innerhalb des Entwicklungstests fanden sich signifikante Verbindungen zwischen den verwendeten Dimensionen kognitive Entwicklung (T = 2.13, p < .05) und sprachliche Entwicklung (T = 4.46, p < .001). Die Residualvarianz der sozialen Entwicklung war unter Berücksichtigung der sprachlichen Entwicklung (AIC = 703.78) geringer als unter Berücksichtigung der kognitiven Entwicklung (AIC = 717.65). Der Prozentsatz der erklärten Varianz erreichte 9 % resp. 1 % (Level 1), so dass für die weiteren Berechnungen die Sprachliche Entwicklung im Modell belassen wurde. Interindividuelle Analyse (Level 2): Einflüsse von Problemindex und Bildungsgrad der Mutter auf die soziale Entwicklung Zur Aufklärung der interindividuellen Entwicklungsunterschiede zwischen den Kindern wurden die Probleme in den ersten 3 Lebensmonaten und ein hoher Bildungsabschluss der Mutter sowohl für die Konstante b 0j als auch für die Steigung b 1j getestet und dafür auf Level 2 mit einer eigenen Regressionsgleichung 2 in das oben beschriebene Messmodell eingesetzt. Das hierarchisch-lineare Gesamtmodell ergab für den Problemindex weder auf die Konstante ( g 01 = -0.08, se = 0.24, T = -0.34, p > .10) noch auf die Steigung ( g 01 = -0.07, se = 0.12, T = -0.59, p > .10) irgendeinen Effekt. Probleme in den ersten drei Lebensmonaten des Kindes waren demnach in keiner Weise bedeutsam für interindividuelle Unterschiede in der sozialen Entwicklung im zweiten Lebensjahr. Abschließend wurde auf dieselbe Weise die nicht-zentrierte Kontrollvariable „mütterlicher Bildungsgrad“ in das Modell aufgenommen. Die Analyse ergab für den Bildungsgrad der Mutter einen Einfluss auf die durchschnittliche soziale Entwicklung ( g 01 = -0.78, se = 0.36, T = -2.16, p < .05). Das negative Vorzeichen bezieht sich auf die Fälle, in denen die Mutter den Wert Null zugeteilt bekommen hatte, weil sie nicht über Abitur oder Hochschulabschluss verfügte. Das Ergebnis bedeutet also, dass die Kinder der Mütter mit niedrigerem Bildungsgrad im Durchschnitt geringere Werte in der sozialen Entwicklung erreichten als die Kinder der Mütter mit höherem Bildungsgrad. Die Steigung B1 konnte jedoch nicht durch mütterliche Bildung erklärt werden (T = 0.68, p > .10). Der Bildungsgrad der Mutter hatte demnach keine Bedeutung für den Einfluss der sprachlichen auf die soziale Entwicklung, eine Cross-Level-Interaktion konnte nicht festgestellt werden. Die erklärte between-Varianz (Level 2) belief sich im Gesamtmodell auf 14 %. Es verblieb weiterhin unaufgeklärte Varianz zwischen den Kindern ( c 2 = 109.17, p < .05), die mit unserem Messmodell jedoch nicht aufgeklärt werden konnte. Diskussion Vergleich der Maße für Bindungssicherheit Zunächst fiel auf, dass trotz einer - für deutsche Stichproben nicht ungewöhnlich - hohen Anzahl an A-klassifizierten, also unsicher ge- 2 Konstante: b 0j = g 00 + g 01 * (Problem bzw. Bildung) j + u 0j ; Steigung: b 1j = g 10 + g 11 *(Problem bzw. Bildung) j 14 Petra Korntheuer et al. bundenen Kindern der Mittelwert des AQS immer noch eher höher zu sein schien als der in den meta-analysierten amerikanischen Stichproben durchschnittlich gefundene Wert (van Ijzendoorn et al., 2004). Für diesen Widerspruch mit verantwortlich war vermutlich die nicht nachweisbare Übereinstimmung zwischen AQS und FST, die sich auch auf die FST- Subskalen erstreckte. Obwohl sich die beiden Bindungsmaße empirisch häufiger unabhängig zeigen (van Ijzen-doorn et al., 2004; Posada, 2006), scheint es bislang keine Erklärung hierfür zu geben. Möglicherweise evoziert die für das Kind stressinduzierende Laborsituation des FST andere bindungsrelevante Verhaltensweisen als der demgegenüber vergleichsweise entspannte Hausbesuch einer Beobachterin mit Videokamera für den AQS. Ein methodischer Grund für die geringe Übereinstimmung könnte im vorliegenden Falle darüber hinaus darin zu sehen sein, dass das der AQS-Auswertung zugrunde liegende Videomaterial lediglich eine Stunde umfasste und damit die empfohlene Zeit von vier Stunden unterschritt. Die Verkürzung der Beobachtungszeit musste vorgenommen werden, weil bei dem Hausbesuch auch noch verschiedene Tests zum Einsatz kamen und die Gesamtuntersuchungszeit sonst zu lang geworden wäre. Stabilität der Bindungssicherheit Die Stabilität der Bindungssicherheit zwischen dem ersten und dem zweiten Geburtstag war nach den Ergebnissen des FST in der vorliegenden Stichprobe besonders für die unsicher gebundenen Kinder recht gering. Ohne Berücksichtigung der am dritten Messzeitpunkt als B-D klassifizierten Kinder sank die Stabilität hier sogar auf etwa ein Drittel. Der damit verbundene Anstieg der sicheren Bindungen mit zunehmendem Alter scheint jedoch recht typisch für das Ainsworth-System der Bindungsklassifikation zu sein. Dies wird dadurch belegt, dass er sich auch in der Studie von Rauh et al. (2000) für Kinder zwischen 12 und 21 Monaten finden ließ. Meist gilt für Kinder im Alter von 24 Monaten (dritter Messzeitpunkt in der vorliegenden Studie) das Klassifikations-System von Crittenden (s. u. a. Crittenden & Claussen, 2000) als altersangepasster als das von Ainsworth. Dass für die Zweijährigen hier trotzdem das modifizierte Ainsworth-System (vgl. Schneider-Rosen, 1991; Grossmann, 1999 b) verwendet worden ist, hängt damit zusammen, dass sich in einer vergleichenden Studie gezeigt hatte, dass das Ainsworth-System eher die Anzahl der sicheren Bindungen zu überschätzen scheint, während das Crittenden-System vermutlich eher die Anzahl der unsicheren Bindungen überschätzt (Rauh et al., 2000, S. 261). Ein Wechsel der Klassifikationsmethodik von Ainsworth nach Crittenden hätte also mit hoher Wahrscheinlichkeit die Stabilität der Bindungsklassifikation schon rein aus methodischen Gründen verringert. Insgesamt bestätigt der Befund, dass eine mehrfache Messung von Bindung sinnvoll und wichtig ist - oder zumindest der Messzeitpunkt der Bindungsmessung relativierend berücksichtigt werden muss. Die Ursachen für die Zunahme sicherer Bindungen mit steigendem Lebensalter sind unklar. Möglicherweise ist das Ainsworth-System auch mit zunehmendem Lebensalter weniger gut geeignet, eher subtile Anzeichen für Bindungsunsicherheit zu berücksichtigen. Für den AQS lagen keine Vergleichswerte zur Stabilität vor. Die geringe Retest-Korrelation und ein Trend zu höheren Werten mit steigendem Alter stehen jedoch in Analogie zu den Befunden zum FST, auch wenn ein rechnerischer Zusammenhang zwischen den beiden Verfahren nicht bestand. Die Höhe der Interraterreliabilitäten spricht dagegen, dass die Instabilität der Bindungsklassifikation überwiegend auf Mängel in den Messinstrumenten oder ihrer Auswertung zurückgeht. Die vorliegenden Befunde haben insofern Bedeutung für die klinische oder beratende Praxis, als sie unterstreichen, wie wichtig frühe Prävention und Intervention im Bindungsbereich sein können. Denn für weniger privile- Bindungssicherheit und Entwicklungsstand 15 gierte Stichproben, beispielsweise mit niedrigerem sozioökonomischem Hintergrund oder beim Vorhandensein klinischer Risikofaktoren, ist zu erwarten, dass die Instabilität der Bindung eher noch höher ist. Eine sichere Bindung kann jedoch positiv zur Entwicklung eines Kindes beitragen. Um eine solche Bindung zu fördern bzw. zu erhalten und mögliche Entwicklungsbeeinträchtigungen beim Kind zu vermeiden oder zumindest zu verringern, bieten sich entsprechende Eltern-Kind-Trainings zur Bindungssicherheit an (vgl. Grossmann et al.; 2003, Berlin, Ziv, Amaya-Jackson & Greenberg, 2005). Entwicklung im sprachlichen und sozialen Bereich Besonders die sprachliche, aber auch die soziale Entwicklung wiesen innerhalb des Entwicklungsverlaufs eines einzelnen Kindes wesentlich mehr Varianz auf als zwischen den Kindern. Zusammen mit den empirisch gefundenen geringen Stabilitäten der Entwicklungstestskalen deutet dieses Ergebnis darauf hin, dass die Leistungen eines Kindes im Alter von einem und zwei Jahren als wenig kohärent angesehen werden müssen. Prädiktive Zusammenhänge zu entdecken, wird durch die mangelnde Kohärenz nicht nur erschwert - es stellt sich zudem die Frage, ob empirisch nachgewiesene Zusammenhänge bei derart instabilen Leistungen überhaupt als überzufällig und verlässlich angesehen werden können. Die Kritik an singulären, punktuellen Messungen der Bindungssicherheit zur Vorhersage von durchschnittlichen, interindividuellen späteren Entwicklungsergebnissen (vgl. Levitt, 2005) erscheint vor dem Hintergrund derart variabler intraindividueller Parameter also durchaus als berechtigt. Allerdings sollte man dabei anders als Levitt (2005) nicht nur die Relevanz des Bindungskonzeptes für die Entwicklung in Frage stellen, sondern konsequenterweise auch die Bedeutung anderer möglicher Prädiktoren von Entwicklung kritisch beleuchten. Die mangelnde Kohärenz der Leistungen im kleinkindlichen Alter stellt ein grundsätzliches Problem für die Prädiktion dar. Als Ursache könnten beispielsweise altersbedingte Veränderungen der verwendeten Items im ET 6-6 in Frage kommen. Dagegen sprechen jedoch beispielsweise die ebenfalls wenig übereinstimmenden Ergebnisse zur Wahrnehmung nicht-sozialer Kontingenzen, bei denen über verschiedene Altersabschnitte hinweg dieselbe Aufgabe verwendet wurde (vgl. Lissmann, et al., 2007). Im frühen Kindesalter ist wohl die Mehrzahl der Testungen stark von der momentanen Situation und der Compliance der Kinder abhängig, sodass die Instabilität der Ergebnisse vermutlich weniger dem Test als der Testsituation geschuldet ist. Der ET6-6 ist von seiner Konzeption her ein Screening-Verfahren, das, bei aller berechtigten Kritik (z. B. Krause, 2003), beispielsweise die Erkennung von Entwicklungsdefiziten in verschiedenen Entwicklungsbereichen erlaubt (vgl. Paulus, Dillinger & Frenzel, 2002). Bindung und Entwicklung Zwar konnte für die sprachliche Entwicklung auf intraindividueller Ebene kein Zusammenhang zu einer sicheren (B) bzw. unsicheren Bindungsklassifikation (A, C und B-D) im FST nachgewiesen werden. Der kontinuierliche AQS-Sicherheitswert jedoch vermochte Varianz der Sprachentwicklung zu erklären. Analysen der Subskalen des FST hatten ebenfalls gezeigt, dass drei der vier Subskalen geeignet waren, die sprachliche Entwicklung vorherzusagen. Sie erreichten dabei höhere Werte an erklärter Varianz als der AQS-Score. Insgesamt konnten die Bindungsmaße die sprachliche Entwicklung in ähnlicher Größenordnung erklären wie die mit demselben Test erfasste soziale und kognitive Entwicklungsdimension. Da die auf Fremdratings basierende Bindungssicherheit anders als die Subskalen des Entwicklungstests keine Methodenvarianz mit der Sprachlichen Entwicklung teilt, kann sie hier als der unabhängigere Prädiktor gelten. Bin- 16 Petra Korntheuer et al. dung ist damit im zweiten Lebensjahr - trotz der geringen Kohärenz in den Testleistungen zwischen dem ersten und zweiten Geburtstag - ein ebenso bedeutsamer Faktor für die sprachliche Entwicklung wie andere Entwicklungsdimensionen. Die interindividuellen Unterschiede in der sprachlichen Entwicklung waren allerdings so unbedeutend, dass eine Aufklärung nicht möglich war. Die Befunde zur sprachlichen Entwicklung ließen sich nicht auf die soziale Entwicklung übertragen: Sie konnte weder aus dem AQS- Sicherheitswert noch aus dem FST oder seinen Subskalen vorhergesagt werden. Einzig die anderen berücksichtigten Entwicklungsdimensionen waren in der Lage, intraindividuelle Unterschiede in der sozialen Entwicklung erklären. Hierbei zeigte insbesondere die sprachliche Entwicklung einen Zusammenhang mit der sozialen Entwicklung. Sprachliche und soziale Entwicklung sind demnach - wenig überraschend - nicht unabhängig voneinander. Zusammenhänge zu den Maßen der Bindungssicherheit bestanden jedoch interessanterweise nur von der sprachlichen Entwicklung aus, was die Bedeutung der Verbindung zwischen Sprache und Bindung unterstreicht (vgl. Grossmann, 1999 a). Obwohl also die Bindung im sozialen Kontext der Mutter-Kind-Interaktion entsteht, ist sie nach den vorliegenden Daten kein geeigneter Prädiktor für die intraindividuelle soziale Entwicklung im Verlauf des zweiten Lebensjahres. Die interindividuellen Unterschiede in der sozialen Entwicklung waren, wie die Intraclass-Korrelation gezeigt hatte, größer als bei der sprachlichen Entwicklung und daher aufklärungswürdig. Die Differenzen zwischen den Kindern ließen sich dabei jedoch in keiner Weise auf als problematisch empfundenes Verhalten in den ersten drei Lebensmonaten zurückführen. Die Irritierbarkeit des Kindes bzw. der Verdacht auf ein „Schreibaby“ vermochte als Indikator für ein schwieriges Temperament des Kindes nichts zur Erklärung sozialer Entwicklung beizutragen. Während damit früh erhobene kindliche Eigenschaften keine Rolle spielten, konnte dagegen ein Teil der Varianz durch den Bildungsgrad der Mutter erklärt werden. Offensichtlich vermitteln hochgebildete Mütter ihren Kindern eine angemessenere Art sozialen Verhaltens, sodass ihre Kinder in diesem Bereich höhere Entwicklungswerte erreichen. Es ist daher zu vermuten, dass ggf. Kinder von geringer gebildeten Müttern von Maßnahmen zur Vermittlung angemessenen sozialen Verhaltens profitieren können. Limitationen und Fazit Aufgrund der geringen Zahlen weniger gebildeter Mütter konnten in der vorliegenden Studie keine sinnvollen Differenzierungen des Bildungsgrades vorgenommen werden. Die deswegen erfolgte Dichotomisierung schränkt die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse ein. Bildungsgradbezogene Selektivitätseffekte lassen sich allerdings nur schwer vermeiden, da die Bereitschaft zur Teilnahme an empirischen Studien bei Müttern mit höherer Bildung deutlich erhöht ist. Der Bildungsgrad sollte daher zumindest statistisch kontrolliert werden. Die Berechnung des Zusammenhangs zwischen AQS und FST setzte eine Dichotomisierung der FST-Daten voraus, da die FST-Klassifikation ansonsten nur Nominalskalen-Niveau aufweist. Für die Berechnung von Zusammenhängen zwischen Bindungs- und Entwicklungsmaßen ist diese Dichotomisierung beibehalten worden, obwohl sie aus theoretischer Sicht kritisiert werden kann. So kann beispielsweise für die soziale Entwicklung argumentiert werden, dass vermeidend gebundene, A-klassifizierte Kinder zu frühzeitiger Unabhängigkeit von der Mutter tendieren, was in unserem Kulturkreis positiv gewertet wird und entsprechend in das Elternurteil zur sozialen Entwicklung einfließt. Demgegenüber könnten C-klassifizierte Kinder aufgrund ihrer Abhängigkeit von der Bezugsperson eine verlangsamte Autonomieentwicklung aufweisen, die sich in entsprechend geringeren Werten bei der sozialen Entwicklung niederschlagen sollten. Eine Subsummierung der beiden unsicher gebundenen Gruppen von Bindungssicherheit und Entwicklungsstand 17 Kindern könnte zu einer Nivellierung dieser Unterschiede führen und den Mittelwert so an den der B-klassifizierten Kinder annähern, der sich nach diesen Überlegungen zwischen diesen beiden Extremen befinden sollte. Dies wird jedoch durch die empirische Befundlage nicht gestützt, da die Unterschiede zwischen den als Abzw. C-klassifizierten Kindern nicht annähernd die Signifikanzgrenze erreichen. Empirisch ergeben sich damit keine Hinweise auf eine Notwendigkeit zur Differenzierung zwischen den als Abzw. C-klassifizierten Kindern. Für den sprachlichen Bereich ist es schwieriger, spezifische Hypothesen aufzustellen. Als vermeidend (A) klassifizierte Kinder sollten aufgrund ihrer geringeren verbalen Interaktion mit der Bezugsperson geringere Sprachfertigkeiten aufweisen als die als sicher (B) klassifizierten Kinder. Für die als ambivalent (C) klassifizierten Kinder im Vergleich zu den sicher gebundenen lassen sich aus der Bindungstheorie u. E. keine eindeutigen Schlüsse ableiten. Auch hier lassen sich jedoch empirisch keine Hinweise auf eine Notwendigkeit zur Unterscheidung zwischen als A- und C-klassifizierten Kindern erkennen. Bei der Interpretation der Befunde dieser Studie ist außerdem zu berücksichtigen, dass es sich um korrelative Befunde aus einem Längsschnittdatensatz handelt, wobei nicht notwendigerweise kausale Bezüge zwischen den berücksichtigten Variablen bestehen. An dieser Stelle sollte auch erwähnt werden, dass bei der Übertragung der Ergebnisse auf den individuellen Fall Vorsicht geboten ist, da die aufgefundenen Bezüge allenfalls durchschnittliche Trends wiedergeben, die im Einzelfall nicht gelten müssen. Doch trotz der limitierenden Faktoren ist festzuhalten, dass sich nicht nur signifikante Bezüge zwischen unterschiedlichen Aspekten der Bindungssicherheit und der Sprachentwicklung erkennen lassen, sondern dass sich angesichts inkohärenter Entwicklungsergebnisse im zweiten Lebensjahr die Mehrebenenanalyse im Kontext von Entwicklungsdaten bewährt hat. Literatur Ainsworth, M. D. S., Blehar, M. C., Waters, E. & Wall, S. (1978). Patterns of attachment: A psychological study of the strange situation. Hillsdale, NJ: Erlbaum. Akaike, H. (1987). Factor analysis and the AIC. Psychometrica, 52, 317 - 332. Berlin, L. J., Ziv, Y., Amaya-Jackson, L. & Greenberg, M. T. (2005). Enhancing early attachments: Theory, research, intervention, and policy. 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Prof. Dr. Arnold Lohaus Universität Bielefeld Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft Postfach 10 01 31 D-33501 Bielefeld Tel: 05 21 - 1 06 45 15 Fax: 05 21 - 1 06 60 16 Dr. Petra Korntheuer Hochschule Fresenius Limburger Str. 2 D-65510 Idstein Tel.: 0 61 26 - 93 52-9 14 E-Mail: korntheuer@hs-fresenius.de Dr. Ilka Lissmann Klinische Psychologie und Psychotherapie FU Berlin Habelschwerdter Allee 45 D-14195 Berlin Tel.: 0 30 - 83 85 64 46 E-Mail: ilka.lissmann@fu-berlin.de
