Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2010.art03d
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2010
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Schulleistungsentwicklung immersiv unterrichteter Grundschüler in den ersten zwei Schuljahren
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2010
Anna Chr. M Zaunbauer
Jens Möller
Die vorliegende Studie untersucht die Entwicklung schulischer Leistungen und kognitiver Fähigkeiten monolingual (N = 55) und teilimmersiv (N = 69; Englischsprachiger Unterricht in allen Fächern außer Deutsch) unterrichteter Schüler von der ersten zur zweiten Schulklasse. In Mathematik, im Lesen und im Schreiben sowie im Intelligenztest schneiden die immersiv unterrichteten Kinder zu beiden Zeitpunkten mindestens so gut ab wie die monolingual unterrichteten Schüler. Die Leistungszuwächse im Lesetest, im Rechtschreibtest und im Intelligenztest sind in beiden Schülergruppen vergleichbar. Die Mathematikleistungen immersiv unterrichteter Schüler steigen deutlich stärker an als die der monolingual unterrichteten Schüler. Vorleistungen haben den stärksten Einfluss auf den Leistungsstand am Ende der zweiten Klasse. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund reflektiert, dass neben dem Unterrichtsprogramm (monolingual vs. immersiv) weitere Faktoren wie didaktische Unterrichtsrealisierung, elterliches Engagement oder elterlicher Bildungshintergrund Einfluss auf die Leistungen nehmen.
3_057_2010_1_0003
n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2010, 57, 30 - 45 DOI 10.2378/ peu2010.art03d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Schulleistungsentwicklung immersiv unterrichteter Grundschüler in den ersten zwei Schuljahren Anna Chr. M. Zaunbauer, Jens Möller Universität Kiel Academic Development of Children in an Immersion Program: Results for the First Two Years of School Summary: The present study examines how cognitive and school achievement (in the domains of math, L1-reading and L1-writing) develop from grade one to grade two in German speaking children educated in two different school programs (N = 55 monolingual; N = 69 partial immersion (all school subjects including math are taught in English (L2) except learning to read and write, which are taught in German (L1)). In the domains of mathematics, L1-reading and writing as well as in the intelligence test children in the partial immersion program do at least as well as children in the monolingual program. Both groups upgrade comparably in the reading and writing test as well as in the intelligence test. Children in the partial immersion program in contrast to monolingual educated children show a more considerable increase from year one to year two regarding mathematical achievement. First year attainment is the best indicator of school achievement at the end of year two. Results are discussed regarding the fact that many factors (class instruction, parental engagement, parents educational background) apart from school program (monolingual vs. immersion) may account for school achievement. Keywords: Second language acquisition, foreign language learning, immersion, scholastic achievement, elementary school Zusammenfassung: Die vorliegende Studie untersucht die Entwicklung schulischer Leistungen und kognitiver Fähigkeiten monolingual (N = 55) und teilimmersiv (N = 69; Englischsprachiger Unterricht in allen Fächern außer Deutsch) unterrichteter Schüler von der ersten zur zweiten Schulklasse. In Mathematik, im Lesen und im Schreiben sowie im Intelligenztest schneiden die immersiv unterrichteten Kinder zu beiden Zeitpunkten mindestens so gut ab wie die monolingual unterrichteten Schüler. Die Leistungszuwächse im Lesetest, im Rechtschreibtest und im Intelligenztest sind in beiden Schülergruppen vergleichbar. Die Mathematikleistungen immersiv unterrichteter Schüler steigen deutlich stärker an als die der monolingual unterrichteten Schüler. Vorleistungen haben den stärksten Einfluss auf den Leistungsstand am Ende der zweiten Klasse. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund reflektiert, dass neben dem Unterrichtsprogramm (monolingual vs. immersiv) weitere Faktoren wie didaktische Unterrichtsrealisierung, elterliches Engagement oder elterlicher Bildungshintergrund Einfluss auf die Leistungen nehmen. Schlüsselbegriffe: Zweitspracherwerb, Fremdsprachenlernen, immersiver Unterricht, Schulleistung, Grundschule Charakteristikum immersiven Unterrichts ist, dass eine Fremdsprache (L2) nicht selbst Gegenstand des Unterrichts ist, sondern allein als Medium zur Vermittlung curricularer Inhalte verschiedener Fächer dient (z. B. Mathematik, Sachkunde; Akcan, 2004; Möller & Zaunbauer, 2008). Grundsätzliches Ziel des Immersionsunterrichts ist es, Bilingualität bei Wahrung der Erstsprache zu fördern (Clyne et al., 1995) 1 . Die äußeren Rahmenbedingungen und Schulleistungsentwicklung immersiv unterrichteter Grundschüler 31 der immersive Unterricht selbst (u. a. Zielkriterien, Beginn des Zweitspracherwerbs, Klassenzusammensetzung etc., vgl. Le Pape Racine, 2003) können aber sehr stark variieren. So kann das Ausmaß des fremdsprachlichen Unterrichts sehr unterschiedlich sein. Bei früher vollständiger Immersion (engl. total immersion) findet der gesamte Unterricht und damit auch die Alphabetisierung in der L2 statt, während bei früher Teilimmersion (engl. partial immersion) nur ein Teil der Schulfächer in der L2 unterrichtet wird. Die Alphabetisierung kann dabei in der L1 oder in der L2 erfolgen. Findet die Alphabetisierung in beiden Sprachen statt, so handelt es sich zumeist um dual way bilingual immersion Programme, die dadurch gekennzeichnet sind, dass in einer Klasse gemeinsam unterrichtete Schüler der Majoritäts- und der Minoritätssprache sowohl in der Majoritätswie auch in der Minoritätssprache unterrichtet werden (vgl. Le Pape Racine, 2003). Während u. a. in Kanada, den USA, Finnland, Spanien und Südtirol Immersion als etablierte Unterrichtsform gilt, finden sich in Deutschland bisher nur vereinzelt Schulen, die sich der Immersion als Methode zur frühen Vermittlung einer Fremdsprache bedienen. Untersuchungen zu Effekten frühen immersiven Unterrichts stammen deshalb vorwiegend aus dem internationalen Raum (Genesee, 1984; Johnson & Swain, 1997; Johnstone, 2002). Sie beziehen sich vor allem auf die Fremdsprachenkompetenz, andere schulische Leistungen und die kognitive Entwicklung. Fremdsprachenkompetenz. Untersuchungen, die den Fremdspracherwerb im Immersionsunterricht mit dem im herkömmlichen lehrgangsorientierten Fremdsprachenunterricht vergleichen, zeigen bessere rezeptive und produktive L2-Fertigkeiten immersiv unterrichteter Schüler (Genesee, 1984). Begünstigt wird der L2- Erwerb durch Immersion, weil die Lernenden zeitlich deutlich umfangreicher mit der L2 konfrontiert werden. Vor allem aber geschieht der Fremdspracherwerb auf natürliche Weise, da die Sprachvermittlung inhaltsbasiert und nicht lehrbuchgeleitet vor sich geht (vgl. Natural Approach: Krashen & Terrell, 1983). Dass immersiv unterrichtete Schüler Englisch in erheblichem Ausmaß lernen, zeigt eine eigene Studie an deutschen Schülern (Zaunbauer, Bonerad & Möller, 2005 a). Das englische Leseverständnis der immersiv unterrichteten Schüler der vierten Jahrgangsstufe, deren Alphabetisierung in der L1 (Deutsch) erfolgte, lag im Durchschnittsbereich der Normen australischer Muttersprachler der dritten Jahrgangsstufe. Wie andere Studien zeigen, erreichen die produktiven Fertigkeiten, und hier insbesondere grammatische Sprachaspekte (Harley, Allen, Cummins & Swain, 1991), nicht das Niveau von Muttersprachlern (Kowal & Swain, 1997). Schulische Leistungen. Wie die Fremdsprachenerwerbsforschung zeigt, beeinflusst der Erwerb einer Fremdsprache im Grundschulunterricht die Entwicklung im muttersprachlichen Lesen und Schreiben sowie in der Mathematik positiv oder zumindest nicht negativ (Armstrong & Rogers, 1997; Rafferty, 1986). Auch immersiver Unterricht, bei welchem die Schüler intensiv der Fremdsprache ausgesetzt werden, hat zumindest langfristig keine negativen Auswirkungen auf die schulische Entwicklung der Erstsprache und mathematischer sowie naturwissenschaftlicher Fähigkeiten (Dubé & MacFarlane, 1991; Lapkin & Swain, 1984). Für immersiven Unterricht werden zwar kurzfristig Einbußen im Bereich des erstsprachlichen Lesens und Schreibens berichtet, wenn die Alphabetisierung ausschließlich in der L2 erfolgt (Barik, Swain & Nwanunobi, 1977; Swain & Lapkin, 1982). Solche Defizite gleichen sich gewöhnlich aus, sobald auch in der L1 der systematische Schriftspracherwerb eingesetzt hat (Genesee, 1987; Snow, 1987; Swain & Lapkin, 1982). Für Teilimmersion, bei der die Alphabetisierung in der L1 stattfindet, werden solche Einbußen nicht beobachtet (Campbell, Gray, Rhodes & Snow, 1985). Entsprechend fanden wir in einer eigenen Studie (Zaunbauer, Bonerad & Möller, 2005 b) vergleichbare Leseleistungen deutscher Viertklässler, die entweder früh teilimmersiv oder monolingual unterrichtet wurden. Ähnliche Befunde 32 Anna Chr. M. Zaunbauer, Jens Möller fanden sich bei Schülern der ersten Jahrgangsstufe: Teilimmersiv unterrichtete Schüler erzielten (bei Kontrolle der nonverbalen Intelligenz und des Verbalgedächtnisses) zumindest vergleichbare Leistungen im deutschsprachigen Lesen und Schreiben und sogar bessere Leistungen im deutschsprachigen Mathematiktest als monolingual unterrichtete Schüler (Zaunbauer & Möller, 2007). Kognitive Entwicklung. Schon bei einem geringen Ausmaß frühen fremdsprachlichen Unterrichts im Grundschulalter sind positive Effekte auf die kognitive Entwicklung gezeigt worden (Foster & Reeves, 1989; Ginsburg & McCoy, 1981). Vorteile immersiv gegenüber monolingual unterrichteten Schülern im Vorschulalter fanden sich etwa hinsichtlich der Handlungsintelligenz (Samuels & Griffore, 1979), der linguistischen (Bialystok, 2005) und der metalinguistischen Fähigkeiten (Bialystok, 1997) sowie auf exekutive Funktionen bezogen. So können Bilinguale zum Beispiel irrelevante oder irreführende Information besser inhibieren (Bialystok, 1999; Bialystok & Martin, 2004). Fragestellung. Die vorliegende Untersuchung analysiert erstmals längsschnittlich Unterschiede in der Entwicklung von Schulleistungen monolingual und teilimmersiv unterrichteter deutscher Schüler der ersten bis zum Ende der zweiten Jahrgangsstufe. Dabei stehen zwei zentrale Fragen im Vordergrund: 1. Welche schulischen Leistungen in den Bereichen Mathematik, Lesen und Schreiben zeigen immersiv unterrichtete Schüler im Vergleich zu monolingual unterrichteten Schülern am Ende der zweiten Jahrgangsstufe? 2. Wie beeinflussen kognitive und motivationale Aspekte die schulische Leistungsentwicklung in den Bereichen Mathematik und Deutsch am Ende der zweiten Jahrgangsstufe in Abhängigkeit von der Unterrichtsform (monolingual vs. immersiv)? Welchen Einfluss haben dabei die Schulleistungen am Ende der ersten Jahrgangsstufe? Methode Stichprobe In der ersten Jahrgangsstufe konnten insgesamt N = 139 Schüler (54.0 % Jungen, 54.0 % immersiv unterrichtet; vgl. Zaunbauer & Möller, 2007) im norddeutschen Raum untersucht werden. Sie stammten aus sechs Klassen dreier Grundschulen. Die Geschlechterverteilung ist in den beiden Gruppen vergleichbar (monolingual: weiblich 43.8 %, immersiv: weiblich 48.0 %). Das Durchschnittsalter der Kinder lag zum Zeitpunkt der Einschulung bei 6; 5 Jahren (SD = 4.55 Monate; monolingual M = 6; 6, SD = 4.23 Monate vs. immersiv M = 6; 4, SD = 4.40 Monate). Wie bereits an anderer Stelle detailliert ausgeführt (vgl. Zaunbauer & Möller, 2007, S. 146), ist der familiäre Hintergrund der hier untersuchten monolingual und immersiv unterrichteten Schüler im Hinblick auf vorschulische Aktivitäten und Kenntnisse, das elterliche Hausaufgabenengagement, das Geburtsland der Kinder sowie den sprachlichen Hintergrund weitgehend vergleichbar, wie eine Elternbefragung ergab. Wie Tabelle 1 zu entnehmen ist, wurden die meisten Kinder in Deutschland geboren (monolingual 97.6 %, immersiv 95.2 %). Die große Mehrheit der Schüler hat zu Hause Deutsch gelernt (monolingual 97.5 %, immersiv 96.4 %) und verwendet Deutsch relativ häufig zu Hause als Umgangssprache (Nutzungshäufigkeit des Deutschen innerhalb der Familie anhand einer dreistufigen Skala erfasst: 1 = nie oder fast nie, 2 = manchmal, 3 = immer oder fast immer; monolingual M = 2.86, SD = .42 vs. immersiv M = 2.80, SD = .48). Dabei besteht in der Nutzungshäufigkeit des Deutschen kein Unterschied zwischen monolingual und immersiv unterrichteten Schülern (F(1,94) = .40, ns). Der sprachliche Hintergrund der Schüler wurde ermittelt, indem die Eltern danach gefragt wurden, welche Sprachen das Kind zu Hause gelernt hat. Knapp drei Viertel der Kinder haben einen deutschmonolingualen Sprachhintergrund. Sie haben Deutsch, aber keine andere Sprache zu Hause gelernt (s. Tabelle 1). Die übrigen Kinder haben überwiegend einen deutsch-bilingualen Sprachhintergrund, d. h. sie haben zu Hause Deutsch und eine weitere Sprache gelernt. Kinder mit einem fremdsprachlich-monolingualen Sprachhintergrund haben kein Deutsch zu Hause gelernt; sie kommen häufiger in der Gruppe immersiv unterrichteter Schüler vor. Zudem unterscheiden sich monolingu- Schulleistungsentwicklung immersiv unterrichteter Grundschüler 33 Gesamtstichprobe Monolingualer Unterricht Immersiver Unterricht Signifikanz n % (N) n % (N) n % (N) Familiärer Hintergrund: In Deutschland geboren Kind n = 101, 96.2 % (N = 105) n = 41, 97.6 % (N = 42) n = 60, 95.2 % (N = 63) c 2 (1,105) = .39, ns Mutter n = 79, 76.0 % (N = 104) n = 32, 78 % (N = 41) n = 47, 74.6 % (N = 63) c 2 (1,104) = .16, ns Vater n = 75, 75.0 % (N = 100) n = 26, 66.7 % (N = 39) n = 49, 80.3 % (N = 61) c 2 (1,100) = 2.37, ns Deutsch zu Hause gelernt n = 92, 96.8 % (N = 95) n = 39, 97.5 % (N = 40) n = 53, 96.4 % (N = 55) c 2 (1,95) = .10, ns Sprachhintergrund: deutsch-monolingual n = 76, 73.8 % (N = 103) n = 31, 75.6 % (N = 41) n = 45, 72.6 % (N = 62) c 2 (1,103) = 2.58, ns deutsch-bilingual n = 16, 15.5 % (N = 103) n = 8, 19.5 % (N = 41) n = 8, 12.9 % (N = 62) c 2 (1,103) = .000, ns fremdsprachl.-monolingual n = 11, 10.7 % (N = 103) n = 2, 4.9 % (N = 41) n = 9, 14.5 % (N = 62) k. A. a Hochschulreife: Mutter n = 35, 34.7 % (N = 101) n = 9, 22.5 % (N = 40) n = 26, 42.6 % (N = 61) c 2 (1,101) = 8.26, ** Vater n = 43, 43.4 % (N = 99) n = 11, 28.2 % (N = 39) n = 32, 53.3 % (N = 60) c 2 (1,99) = 10.26, ** * p < .05, ** p < .01 a k. A. = keine Analyse; Aufgrund der geringen Zellbesetzung ist eine statistische Analyse nicht gestattet. Tabelle 1: Familiärer Hintergrund: Anzahl n sowie Prozentualer Anteil (bezogen auf das N in Klammern) und Signifikanzen zu den einzelnen Variablen für die Gesamtstichprobe sowie getrennt nach Unterrichtsform (monolingual vs. immersiv) al und immersiv unterrichtete Schüler hinsichtlich des elterlichen Bildungsabschlusses. Eltern immersiv unterrichteter Schüler erreichen deutlich häufiger die Hochschulzugangsberechtigung. Den familiären Wohlstand („Wie wohlhabend schätzen Sie Ihre Familie im Vergleich zu anderen Familien ein? “) schätzten beide Gruppen auf einer fünfstufigen Skala von „1 = überhaupt nicht wohlhabend“ bis „5 = wohlhabend“ in vergleichbarer Weise als durchschnittlich ein (M = 3.07, SD = .88; monolingual M = 2.88, SD = .94 vs. immersiv M = 3.21, SD = .81; F(1,96) = 3.48, ns). Von den N = 139 Schülern konnten am Ende der zweiten Klasse noch N = 124 Schüler (54.0 % Jungen, 54.0 % immersiv unterrichtet) untersucht werden. Von manchen Schülern sind aufgrund von Fehltagen keine vollständigen Datensätze vorhanden, woraus Schwankungen in den Freiheitsgraden entstehen. Vorgehen Im ersten Schulhalbjahr der ersten Jahrgangsstufe wurde eine Fülle von Kontrollvariablen wie familiäre Hintergrundvariablen, Umgangssprache in der Familie, vorschulisches Lesen und Rechnen mit dem Kind, vorschulische Kenntnisse des Kindes im Bereich des Lesens, Schreibens und Rechnens, elterliches Hausaufgabenengagement, fachspezifisches Interesse und Selbstkonzept, Konzentration, nonverbale Intelligenz sowie Verbalgedächtnis erfasst (s. Zaunbauer & Möller, 2007), um die Vergleichbarkeit der beiden Gruppen (monolingual vs. immersiv) im Hinblick auf wesentliche Aspekte zu prüfen. Dabei ergaben sich Unterschiede zwischen beiden Gruppen zugunsten immersiv unterrichteter Schüler besonders in den Variablen Intelligenz und Verbalgedächtnis (siehe Tabelle 2 sowie vgl. Zaunbauer & Möller, 2007). Unterschiede hinsichtlich des bereichsspezifischen 34 Anna Chr. M. Zaunbauer, Jens Möller Vorwissens lassen sich letztlich nicht ganz ausschließen. Sowohl am Ende der ersten wie auch am Ende der zweiten Jahrgangsstufe wurden schließlich Leistungen in den Bereichen Mathematik, Lesen und Rechtschreiben erfasst. Auch die Intelligenz wurde gegen Ende des zweiten Schuljahres (vor der Testung der schulischen Leistungen) erneut erfasst. Variablen Unterrichtsform. Die Zuteilung der Schüler zu den Unterrichtsformen - monolingual oder immersiv - erfolgte bei der Einschulung durch die Schulleitung nach der Anmeldung der Kinder durch die Eltern. Die hier untersuchten teilimmersiv unterrichteten Schüler werden in allen Fächern mit Ausnahme des Deutschunterrichts in Englischer Sprache (L2) unterrichtet, wobei das Curriculum jenem monolingual unterrichteter Klassen entspricht. Ihre Alphabetisierung erfolgt wie jene monolingual unterrichteter Schüler in der L1 (Deutsch). Lesen und Schreiben in der L2 wird in den Immersionsklassen erst im Laufe der zweiten oder dritten Jahrgangsstufe eingeführt (vgl. Burmeister & Pasternak, 2004). Fachspezifisches Interesse und Selbstkonzept. Anhand eines altersgerecht gestalteten Fragebogens mit dichotomem Antwortformat (ja/ nein) wurden in der ersten Jahrgangsstufe die Variablen Interesse an Mathematik und Deutsch und Selbstkonzept in Mathematik und Deutsch mit mehreren Items erfasst (s. Möller, Pohlmann, Streblow & Kaufmann, 2002). Die Skala Mathematik-Interesse besteht aus vier Items (z. B. „Freust du dich auf die Rechenstunden? “), die Skala Mathematik-Selbstkonzept umfasst zwei („Kannst du gut rechnen? “), die Skala Deutsch- Interesse setzt sich aus drei Items (z. B. „Ist Lesen dein Lieblingsfach? “) und die Skala Deutsch-Selbstkonzept aus zwei Items zusammen („Findest du Lesen leicht? “). Die einzelnen Fragen wurden den Kindern vom Versuchsleiter vorgelesen. Verbalgedächtnis. Das Verbalgedächtnis, d. h. das Kurzzeitgedächtnis für Wörter und Nonwörter, wurde in der ersten Jahrgangsstufe anhand der Nonwort- Rekognitionsaufgabe (Gathercole & Pickering, 2000) in einem Gruppenverfahren ermittelt. Als Maß für das Verbalgedächtnis wurde die Verbalgedächtnisspanne für Nonwortsequenzen herangezogen. Diese entspricht jener letzten Sequenzlänge, innerhalb der der Proband noch mindestens vier von sechs Sequenzen korrekt beurteilte. Intelligenz. Die allgemeine Intelligenz wurde in der ersten und zweiten Jahrgangsstufe im Gruppenverfahren anhand der CPM (Coloured Progressive Matrices, Raven, Bulheller & Häcker, 2002) geschätzt. Da sich in einer Voruntersuchung zeigte, dass die Kinder (im Gruppenverfahren) kaum in der Lage sind, ihre Ergebnisse auf einen separaten Antwortbogen zu übertragen, wurde auf jeder Seite ein selbstklebendes gelbes Etikett eingefügt. In der ersten Jahrgangsstufe sollten die Kinder nun lediglich dieses Klebeetikett auf die für richtig gehaltene Alternative kleben. Im Nachhinein wurden die Antworten vom Testleiter auf ein Antwortblatt übertragen. Aufgrund des vom Handbuch abweichenden Verfahrens sollten die Ergebnisse nicht als Intelligenzquotient interpretiert werden. In der zweiten Jahrgangsstufe notierten die Schüler ihre Antworten selbstständig auf einem separaten Antwortblatt wie im Manual vorgesehen. Mathematikleistung. Zur Erfassung der Mathematikleistung am Ende der ersten Jahrgangsstufe wurde der DEMAT 1+ (Deutscher Mathematiktest für erste Klassen, Krajewski, Küspert & Schneider, 2002), am Ende der zweiten Jahrgangsstufe der DEMAT 2+ (Krajewski, Liehm und Schneider, 2004) eingesetzt. Die Tests setzen sich entsprechend den jahrgangsstufenspezifischen curricularen Anforderungen aus verschiedenen Aufgabentypen zusammen (z. B. Addition, Subtraktion, Sachaufgaben). Als Maß für die Mathematikleistung wurde der Gesamtscore verwendet. Leseleistung. Als Maß für die Leseleistung auf Wortebene wurde die Dekodiergeschwindigkeit sowohl am Ende der ersten als auch am Ende der zweiten Jahrgangsstufe anhand der Würzburger Leise Leseprobe (WLLP, Küspert & Schneider, 1998) ermittelt. Zu einem vorgegebenen Wort muss aus vier Bildern das entsprechende Bild ausgewählt werden. Die Anzahl der bearbeiteten Items abzüglich der Auslassungen und Fehler ergibt die Leseleistung. Die Paralleltestreliabilität liegt laut Handbuch bei r = .87. Rechtschreibleistung. Die Rechtschreibleistung der Schüler wurde anhand der Hamburger Schreib-Probe erfasst (HSP, May, 2002). Am Ende der ersten Jahrgangsstufe wurde die HSP 1+, am Ende der zweiten Jahrgangsstufe die HSP 2 eingesetzt. Als Maß für die Rechtschreibleistung wurde die Anzahl richtig geschriebener Wörter erfasst. Die HSP gestattet zusätzlich eine Analyse der Graphemtreffer (Anzahl richtig geschriebener Buchstaben bzw. Buchstabenkombinationen, May, 2002). Da die beiden Variablen Rechtschreibleistung und Graphemtreffer recht ähnlich sind und sich keine Unterschiede in den regressionsanalytischen Ergebnissen zeigten, wird auf eine getrennte Darstellung verzichtet und allein die Rechtschreibleistung im Ergebnisteil berücksichtigt. Schulleistungsentwicklung immersiv unterrichteter Grundschüler 35 Ergebnisse Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sind in zwei Abschnitte gegliedert. Zunächst werden korrelative Zusammenhänge zwischen motivationalen, kognitiven und schulleistungsbezogenen Variablen am Ende der ersten und der zweiten Jahrgangsstufe dargestellt. Da eine detaillierte Darstellung der Ergebnisse dieser Schüler am Ende der ersten Klasse bereits an anderer Stelle erfolgte (Zaunbauer & Möller, 2007), sind hier Informationen zu den schulischen Leistungen am Ende der zweiten Klasse zentral. Zunächst werden die Ergebnisse der Schüler in einzelnen Tests mit alters- oder jahrgangsspezifischen Normen in Beziehung gesetzt. Dann werden Kovarianzanalysen (für die Variable Leseleistung wegen des identischen Instruments Messwiederholungsanalysen) gerechnet, um unterschiedliche Entwicklungen zwischen den beiden Schülergruppen zu prüfen. Angeschlossen werden Regressionsanalysen, die zeigen, welche Prädiktoren zu den Leistungen in Mathematik, Lesen und Rechtschreiben beitragen. Dabei werden das Verbalgedächtnis und die nonverbale Intelligenz als Prädiktoren berücksichtigt, da sich die immersiv und monolingual unterrichteten Kinder hinsichtlich dieser Variablen zu t1 unterschieden. Als weitere Prädiktoren fungieren jeweils die Vortestleistungen am Ende der ersten Klasse, die Unterrichtsform, das fachspezifische Interesse und das domänenspezifische Selbstkonzept. Zusätzlich wird schließlich untersucht, ob sich die nonverbale Intelligenz in den beiden Unterrichtsformen (monolingual vs. immersiv) unterschiedlich entwickelt. Korrelative Zusammenhänge Tabelle 2 sind die Mittelwerte und Standardabweichungen der Variablen zu entnehmen. Deskriptiv unterscheiden sich monolingual und immersiv unterrichtete Schüler sowohl zu t1 als auch zu t2 hinsichtlich der nonverbalen Intelligenz (s. u.). Die motivationale Ausgangslage ist für beide Gruppen vergleichbar (Zaunbauer & Möller, 2007). Aus Tabelle 3 gehen die Korrelationen der Variablen zu t1 und t2 getrennt für die beiden Gruppen monolingual und immersiv unterrichteter Schüler hervor. Wie eine Inspektion der Daten zeigt, finden sich für monolingual wie auch für immersiv unterrichtete Schüler recht ähnliche korrelative Muster. Auffällig ist, dass die Schulleistungsvariablen in beiden Gruppen sowohl zum ersten wie auch zum zweiten Messzeitpunkt untereinander und auch zwischen den Messzeitpunkten eng miteinander korrelieren. Schulische Leistungen Wie von Zaunbauer und Möller (2007) berichtet, handelt es sich bei der Gruppe immersiv unterrichteter Schüler um eine intellektuell positiv selegierte Gruppe, deren Leistungsniveau am Ende der ersten Jahrgangsstufe mindestens jenem monolingual unterrichteter Schüler entspricht. Bezüglich der Mathematikleistungen zeigten sich für immersiv unterrichtete Schüler am Ende der ersten Jahrgangsstufe auch bei Kontrolle des Verbalgedächtnisses und der nonverbalen Intelligenz sogar deutlich bessere Leistungen. Im Folgenden werden bei Berücksichtigung dieser Unterschiede und der Vorleistungen die Ergebnisse am Ende der zweiten Jahrgangsstufe getrennt für die einzelnen Leistungsbereiche beschrieben. Mathematik-Leistungen Die Mathematikleistungen am Ende der zweiten Jahrgangsstufe (t2) liegen für monolingual unterrichtete Schüler unterhalb (t(55) = -4.10, p < .001) und für immersiv unterrichtete Schüler oberhalb (t(63) = 4.73, p < .001) des im Testmanual des DEMAT angegebenen Durchschnittsbereichs. Wie eine Kovarianzanalyse unter Berücksichtigung der Variablen Verbalgedächtnis (F(1,103) = 4.44, p < .05, η 2 = .04) und nonverbale Intelligenz (F(1,103) = 25.78, p < .001, η 2 = .20) zeigt, unterscheiden sich monolingual und immersiv unterrichtete Schüler signifikant am Ende der zweiten Jahrgangsstufe (F(1,103) = 19.81, p < .001, η 2 = .16). Der Unterschied in der Mathematikleistung zwischen den beiden Gruppen ist auch dann signifikant 36 Anna Chr. M. Zaunbauer, Jens Möller Max. Punkte Cronbachs a Monolingual t1 Immersiv t1 Monolingual t2 Immersiv t2 Stufe 1/ 2 Stufe 1/ 2 M [SD] M [SD] Motivationale Variablen: Interesse Mathematik Selbstkonzept Mathematik Interesse Deutsch Selbstkonzept Deutsch 1/ n.b. 1/ n.b. 1/ n.b. 1/ n.b. .80/ n.b. .69/ n.b. .76/ n.b. .70/ n.b. .81 [.30] .88 [.27] .67 [.37] .86 [.29] .70 [.36] .87 [.31] .77 [.35] .85 [.32] n.b. n.b. n.b. n.b. n.b. n.b. n.b. n.b. Kognitive Variablen: Verbalgedächtnisspanne Nonverbale Intelligenz a 6/ n.e. 36/ 36 .69/ n.e. .82/ .82 4.05 [1.92] 24.29 [5.27] 4.99 [1.28] 26.36 [4.96] n.e. 28.92 [4.59] n.e. 30.59 [4.20] Schulleistungsvariablen: Mathematikleistung (DEMAT) Leseleistung (WLLP) b Rechtschreibleistung (HSP) 36/ 36 140 14/ 30 .91/ .92 .97/ .98 .75/ .90 23.41 [8.23] 29.52 [18.67] 7.26 [2.63] 28.65 [5.46] 39.98 [20.88] 8.02 [2.84] 16.00 [8.23] 53.77 [21.01] 16.60 [6.60] 23.81 [6.95] 70.19 [23.56] 20.11 [5.99] Tabelle 2: Interne Konsistenzen (Cronbachs a ) sowie Mittelwerte und Standardabweichungen [in Klammern] für monolingual und immersiv unterrichtete Schüler in der ersten und zweiten Jahrgangsstufe Anmerkungen: n.b. = nicht berücksichtigt; n.e. = nicht erfasst a Interne Konsistenz laut Handbuch b Zur Berechnung der internen Konsistenz wurden in Jahrgangsstufe eins 92 Items, in Jahrgangsstufe zwei 139 Items (max. bearbeitete Anzahl Items) berücksichtigt und die nicht erreichten Items als Fehler gewertet. (F(1,96) = 7.99, p < .01, η 2 = .08), wenn zusätzlich zu den Kovariaten Verbalgedächtnis (F(1,96) = 1.63, ns) und nonverbale Intelligenz (F(1,96) = 11.59, p < .01, η 2 = .11) die Mathematikleistung zu t1 (F(1,96) = 15.47, p < .001, η 2 = .14) berücksichtigt wird. Danach entwickeln sich die Mathematikleistungen immersiv unterrichteter Schüler positiver (M res = 22.11) als die der monolingual unterrichteten Kinder (M res = 18.29). In Modell 1 (M1) der Regressionsanalyse (vgl. Tabelle 4) wird die Mathematikleistung am Ende der 2. Jahrgangsstufe auf das Verbalgedächtnis ( b = .20; p < .05) und die nonverbale Intelligenz ( b = .49; p < .001) zurückgeführt. In M2 zeigt sich für die Mathematikleistung t1 ein hohes positives Regressionsgewicht ( b = .43; p < .001), das Verbalgedächtnis übt keinen signifikanten Einfluss mehr aus. In M3 wird zusätzlich die Unterrichtsform als Prädiktor aufgenommen. Es ergibt sich ein signifikantes Regressionsgewicht ( b = .23, p < .01) für den Faktor Unterrichtsform (die Aufnahme von Interaktionstermen verändert die Ergebnisse nicht). Der Einschluss der motivationalen Variablen Mathematik-Interesse ( b = -.04; ns) und Mathematik-Selbstkonzept ( b = .09; ns) in M4 bringt keine bedeutsamen Zusammenhänge. Die Varianzaufklärung beträgt 57 % (bzw. korrigiert 53 %). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Zuwachs in der Mathematikleistung am Ende der zweiten Jahrgangsstufe für die immersiv unterrichteten Schüler höher ist als für die monolingual unterrichteten Schüler. Neben der Vorleistung t1 und der nonver- Schulleistungsentwicklung immersiv unterrichteter Grundschüler 37 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Motivationale Variablen t1: 1 2 3 4 - .31** .26* -.03 .57** - .29* .39** .42** .27* - .42** .34** .56** .25 - -.15 -.01 .08 -.11 -.22 -.20 -.26 -.06 -.05 -.10 -.31* -.03 .18 .17 .02 .11 .18 .10 .17 .32* .11 .01 -.05 .17 -.02 .00 -.13 .15 .16 .08 .09 .15 .09 .07 -.03 .32* Kognitive Variablen: 5 6 7 -.10 .16 -.06 .05 .03 -.04 -.03 .27* .06 .07 .21 .06 - .28* .003 .04 - .44** .27 .65** - .32* .56** .27 .22 .44** .26 .13 .43** .45** .44** .57** .47** .10 .38** .21 .23 .45** .50** Schulleistungen t1: 8 9 10 .12 -.04 -.03 .13 -.004 .04 .03 .25* .28* .11 .35** .37** -.05 .04 .12 .49** .37** .41** .39** .31* .26* - .51** .50** .59** - .70** .37** .64** - .45** .49** .32* .57** .67** .48** .25 .59** .68** Schulleistungen t2: 11 12 13 -.003 -.07 -.11 .14 .03 .09 .16 .07 .17 .05 .37** .53** .03 .18 -.04 .41** .24 .24 .24 .14 .22 .68** .39** .43** .48** .70** .59** .48** .37** .69** - .24 .37** .38** - .40** .52** .59** - * p < .05, ** p < .01 Anmerkungen: 1 = Interesse Mathematik, 2 = Selbstkonzept Mathematik, 3 = Interesse Deutsch, 4 = Selbstkonzept Deutsch, 5 = Verbalgedächtnisspanne, 6 = Nonverbale Intelligenz t1, 7 = Nonverbale Intelligenz t2, 8 = Mathematikleistung t1, 9 = Leseleistung t1, 10 = Rechtschreibleistung t1, 11 = Mathematikleistung t2, 12 = Leseleistung t2, 13 = Rechtschreibleistung t2 Tabelle 3: Korrelationen zwischen motivationalen, kognitiven und Schulleistungsvariablen der ersten (t1) und zweiten Jahrgangsstufe (t2), oberhalb der Diagonale für die Gruppe monolingual unterrichteter Schüler, unterhalb der Diagonale für die Gruppe immersiv unterrichteter Schüler balen Intelligenz wirkt sich die Unterrichtsform auf die Mathematikleistung aus. Motivationalen Variablen kommt kein prädiktiver Wert zu. Leseleistungen Die Leseleistung monolingual unterrichteter Schüler am Ende der zweiten Jahrgangsstufe (t2) liegt im Durchschnittsbereich der Normstichprobe der WLLP (M = 50 %; monolingual: t(54) = 1.7, ns), während immersiv unterrichtete Schüler oberhalb der Norm liegen (t(62) = 6.59, p < .001). Eine 2 (Messzeitpunkt) x 2 (Unterrichtsform) Varianzanalyse mit den Kovariaten Verbalgedächtnis und nonverbale Intelligenz ergibt für die abhängige Variable Leseleistung neben einem signifikanten Effekt des Messzeitpunkts (t1 M res = 35.21 vs. t2 M res = 62.20; F(1,94) = 12.60, p < .01, η 2 = .12) einen signifikanten Effekt des Faktors Unterrichtsform (monolingual M res = 43.45 vs. immersiv M res = 53.95; F(1,94) = 6.64, p < .05, η 2 = .07). Der Wechselwirkungseffekt Messzeitpunkt x Unterrichtsform ist nicht signifikant (F(1,94) = .93, ns), sodass die Leistungsentwicklung von der ersten zur zweiten Jahrgangsstufe in beiden Gruppen als vergleichbar gelten kann. In Modell 1 der zugehörigen Regressionsanalyse (vgl. Tabelle 5) zeigt sich für die nonverbale Intelligenz ( b = .33; p < .01), nicht aber das Verbalgedächtnis ( b = .11; ns), ein signifikantes Regressionsgewicht. Der signifikante Einfluss der nonverbalen Intelligenz verschwindet jedoch, sobald in M2 die Leseleistung t1 berücksichtigt wird. Für diese zeigt 38 Anna Chr. M. Zaunbauer, Jens Möller Abhängige Variable und Prädiktoren Modell Block Mathematikleistung t2 R 2 R korr 2 Sig. im F-Test b T p 1 1 2 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz .328 .315 .000 .198 .492 2.319 5.757 .022 .000 2 1 2 3 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz Mathematikleistung t1 .462 .445 .000 .132 .292 .429 1.688 3.356 4.909 .095 .001 .000 3 1 2 3 4 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz Mathematikleistung t1 Unterrichtsform .561 .533 .000 .105 .273 .437 .206 1.422 3.374 4.882 2.704 .158 .001 .000 .008 4 1 2 3 4 5 6 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz Mathematikleistung t1 Unterrichtsform Deutsch-Interesse Deutsch-Selbstkonzept .565 .528 .000 .105 .289 .420 .212 .021 .056 1.388 3.476 4.567 2.750 .256 .714 .169 .001 .000 .007 .798 .477 Tabelle 4: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse zur Vorhersage der Mathematikleistung am Ende der zweiten Jahrgangsstufe monolingual = 1, immersiv = 2 sich ein hohes positives Regressionsgewicht ( b = .74; p < .001). Die Unterrichtsform hat (s. M3) keinen Einfluss auf die Entwicklung der Leseleistung ( b = .12; ns; die zusätzliche Aufnahme von Interaktionstermen verändert die Ergebnisse nicht). Durch die Aufnahme motivationaler Prädiktoren ändert sich kaum etwas (vgl. M4). Modell 4 klärt insgesamt 60 % (bzw. korrigiert 57 %) der Varianz auf. Die Leseleistung am Ende des 2. Schuljahres wird also vornehmlich durch die Vorleistung t1 bestimmt. Rechtschreibleistungen Die Rechtschreibleistungen der beiden Gruppen am Ende der zweiten Jahrgangsstufe (t2) liegen im Durchschnittsbereich der Normstichprobe (M = 18; monolingual: t(55) = -1.37, ns; immersiv: t(62) = 1.78, ns). Eine Kovarianzanalyse unter Berücksichtigung der beiden Variablen Verbalgedächtnis (F(1,102) = .25, ns) und nonverbale Intelligenz (F(1,102) = 10.70, p < .01, η 2 = .10) zeigt, dass die Rechtschreibleistungen monolingual und immersiv unterrichteter Schüler am Ende der zweiten Jahrgangsstufe vergleichbar sind (F(1,102) = 1.34, ns). Wird zusätzlich zu den Kovariaten Verbalgedächtnis (F(1,93) = .84, ns) und nonverbale Intelligenz (F(1,93) = .19, ns) die Rechtschreibleistung zu t1 (F(1,93) = 57.72, p < .001, η 2 = .38) berücksichtigt, so zeigt sich, dass auch die Entwicklung der Rechtschreibleistungen monolingual und immersiv unterrichteter Schüler zum Ende der zweiten Jahrgangsstufe nicht signifikant unterschiedlich verläuft (monolingual M res = 17.72 vs. immersiv M res = 19.16; F(1,93) = 1.96, ns). Für die Rechtschreibleistung zu t2 ergibt sich in Modell 1 der Regressionsanalyse (Tabelle 6) ein positiver Einfluss der nonverbalen Intelligenz ( b = .35; p < .01). Dieser verschwindet allerdings bei Berücksichtigung der Rechtschreibleistung t1 (s. M2). Die vorherige Rechtschreibleistung hat einen starken Einfluss auf die Rechtschreibleistung t2 ( b = .65; p < .001). Die Unterrichtsform hat dagegen nur einen tendenziellen Einfluss ( b = .13; p < .09; die zusätzliche Aufnahme von Interaktionstermen verändert die Ergebnisse nicht). In Modell 4 werden schließlich die motivationalen Variab- Schulleistungsentwicklung immersiv unterrichteter Grundschüler 39 len Deutsch-Interesse ( b = -.05, ns) und Deutsch- Selbstkonzept ( b = .26, p < .01) berücksichtigt. Letzteres hat einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Rechtschreibleistung am Ende der zweiten Jahrgangsstufe. 58 % (bzw. korrigiert 54 %) der Varianz werden durch Modell 4 erklärt. Auch die Rechtschreibleistung wird also hauptsächlich durch die Vorleistung (und zusätzlich durch das Deutsch-Selbstkonzept) bestimmt. Die Rechtschreibleistung immersiv unterrichteter Kinder entwickelt sich im Verlauf des zweiten Schuljahres geringfügig positiver als jene monolingual unterrichteter Kinder. Nonverbale Intelligenz Wie am Ende der ersten Jahrgangsstufe unterscheiden sich monolingual und immersiv unterrichtete Schüler hinsichtlich der nonverbalen Intelligenz auch am Ende der zweiten Jahrgangsstufe (F(1,102) = 9.66, p < .01, η 2 = .09), wie sich anhand einer Varianzanalyse mit Messwiederholung auf dem Faktor Intelligenzleistung (t1 resp. t2) zeigen lässt (vgl. Tabelle 2). Für beide Gruppen gilt zudem, dass sich die Leistung von t1 zu t2 in vergleichbarer Weise (Interaktion: F(1,102) = .12, ns) signifikant verbessert (F(1,102) = 101.85, p < .01, η 2 = .50). Diskussion Ziel der vorliegenden Arbeit war es, längsschnittlich Schulleistungen monolingual und teilimmersiv unterrichteter deutscher Schüler am Ende der zweiten Jahrgangsstufe zu analysieren. Dabei wurde untersucht, ob sich die Leistungen monolingual und immersiv unterrichteter Schüler unterschiedlich entwickeln und welchen Einfluss kognitive und motivationale Variablen sowie Vorleistungen auf die Entwicklung dieser Schulleistungen haben. Die hier untersuchten immersiv unterrichteten Schüler lernen Lesen und Schreiben in der L1 Deutsch; Mathematik und alle weiteren Schulfächer werden in der L2 Englisch unterrichtet. Die durchschnittliche Leseleistung der Kinder am Ende der zweiten Klasse ist stark durch die Vorleistungen aus dem ersten Schuljahr bestimmt. Absolut gesehen ergeben sich bei Kontrolle kognitiver Unterschiede zwischen den Abhängige Variable und Prädiktoren Modell Block Leseleistung t2 R 2 R korr 2 Sig. im F-Test b T p 1 1 2 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz .140 .122 .001 .112 .330 1.151 3.366 .253 .001 2 1 2 3 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz Leseleistung t1 .578 .565 .000 .065 .015 .740 .935 .200 9.884 .352 .842 .000 3 1 2 3 4 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz Leseleistung t1 Unterrichtsform .594 .568 .000 .027 .006 .712 .120 .372 .080 9.258 1.624 .711 .936 .000 .108 4 1 2 3 4 5 6 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz Leseleistung t1 Unterrichtsform Deutsch-Interesse Deutsch-Selbstkonzept .601 .566 .000 .037 .002 .703 .126 -.082 .084 .503 .031 8.560 1.695 -1.012 1.071 .616 .975 .000 .094 .314 .287 Tabelle 5: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse zur Vorhersage der Leseleistung am Ende der zweiten Jahrgangsstufe monolingual = 1, immersiv = 2 40 Anna Chr. M. Zaunbauer, Jens Möller Gruppen bessere Leistungen immersiv unterrichteter Schüler, wobei die Effektstärke im Rahmen der varianzanalytischen Auswertung eher gering ausfällt. Die Steigerung der Leseleistung ist für monolingual und immersiv unterrichtete Schüler ähnlich hoch, wobei sich geringfügige Vorteile in der Leistungsentwicklung für immersiv unterrichtete Schüler ergeben. Auch im Bereich der Rechtschreibung zeigt sich die prädiktive Kraft der Vortestleistungen für beide Gruppen. Dabei zeigen monolingual und immersiv unterrichtete Schüler vergleichbare Rechtschreibleistungen am Ende der zweiten Jahrgangsstufe. Für immersiv unterrichtete Schüler finden sich nur geringfügig größere Leistungszuwächse. Diese Ergebnisse stehen in Einklang mit Studien, die zeigen, dass der Erwerb einer Fremdsprache zumindest keine negativen Auswirkungen auf die L1 hat, wenn die L1 einer Majoritätssprache entspricht (vgl. Genesee, 1998). Allerdings ergeben sich auch kaum Hinweise auf Hoffnungen nach einer deutlichen Überlegenheit immersiv unterrichteter Kinder im erstsprachlichen Unterrichtsfach. Für Rechtschreibleistungen zeigten sich zusätzlich größere Zuwächse bei höherem Selbstkonzept. Es besteht weitgehender Konsens darüber, dass fachbezogene Selbstkonzepte Lernprozesse in der Schule fördern können (siehe Helmke & van Aken, 1995; Köller, Klemmert, Möller & Baumert, 1999). Für den erstsprachlichen Bereich kann somit angenommen werden, dass beide Schülergruppen (monolingual und immersiv) bis zum Ende der zweiten Jahrgangsstufe im Mittel eine gute Grundlage erworben haben (De Courcy & Burston, 2000) und die Entwicklung der schriftsprachlichen Kompetenzen ähnlich verläuft; und dies obwohl für immersiv unterrichtete Schüler der Anteil erstsprachlichen Unterrichts insgesamt deutlich reduziert ist. Für die mathematischen Kenntnisse lassen sich deutlich positivere Leistungsentwicklungen immersiv unterrichteter Schüler verzeichnen. Der Vorteil immersiv unterrichteter Schüler, wie er bereits für das Ende der ersten Jahrgangsstufe gezeigt werden konnte (Zaunbauer & Möller, 2007), dehnt sich im Laufe des zweiten Schuljahres noch aus. Auch hier erweisen sich Abhängige Variable und Prädiktoren Modell Block Rechtschreibleistung t2 R 2 R korr 2 Sig. im F-Test b T p 1 1 2 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz .148 .131 .000 .101 .348 1.041 3.573 .301 .001 2 1 2 3 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz Rechtschreibleistung t1 .479 .463 .000 .097 .056 .645 1.268 .661 7.726 .208 .510 .000 3 1 2 3 4 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz Rechtschreibleistung t1 Unterrichtsform .523 .492 .000 .037 .031 .652 .135 .470 .371 7.962 1.725 .639 .711 .000 .088 4 1 2 3 4 5 6 Verbalgedächtnis Nonverbale Intelligenz Rechtschreibleistung t1 Unterrichtsform Deutsch-Interesse Deutsch-Selbstkonzept .576 .538 .000 .065 .024 .598 .137 -.053 .256 .866 .303 7.483 1.827 -.635 3.235 .389 .763 .000 .071 .527 .002 Tabelle 6: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse zur Vorhersage der Rechtschreibleistung am Ende der zweiten Jahrgangsstufe monolingual = 1, immersiv = 2 Schulleistungsentwicklung immersiv unterrichteter Grundschüler 41 die Vorleistungen aus der ersten Schulklasse als der beste Prädiktor für die Leistungen am Ende der zweiten Jahrgangsstufe. Zusätzlich hat die nonverbale Intelligenz einen beträchtlichen Erklärungswert. Da die Intelligenzentwicklung in beiden Gruppen ähnlich verläuft, können die Leistungsunterschiede in Mathematik nicht auf einen stärkeren Intelligenzzuwachs in der Gruppe immersiv unterrichteter Schüler zurückgeführt werden. Der ähnliche Verlauf der Intelligenzentwicklung in beiden Gruppen spricht also gegen die in der Literatur wiederkehrende Behauptung (siehe Hakuta, 1985), dass Bilingualität der Intelligenzentwicklung förderlich sei. Zumindest für die Entwicklung von der ersten zur zweiten Grundschulklasse findet diese Behauptung anhand der vorliegenden Daten keine Unterstützung. Dies deckt sich jedoch mit der Annahme von Diaz und Klingler (1991), dass sich kognitive Effekte der Bilingualität vornehmlich in noch früheren Phasen des Fremdsprachenerwerbs zeigen und ab dem Alter von sechs Jahren vernachlässigbar sind (s. aber Miramontes, 1990). Nur bei jüngeren Kindern hat danach die Bilingualität prädiktive Kraft für die kognitiven Fähigkeiten (Diaz, 1985). Auch bei vergleichbaren kognitiven Ausgangsbedingungen und Mathematikleistungen in der ersten Klasse sind die Mathematikleistungen immersiv unterrichteter Schüler am Ende der zweiten Jahrgangsstufe deutlich besser als die der monolingual unterrichteten Schüler. Die Bilingualismusforschung zeigt entsprechend, dass Zweisprachigkeit als solche bereits positiv zum Lernen beitragen kann (Cummins, 1998). Da sich schon wenige Stunden fremdsprachlichen Unterrichts pro Woche positiv auf schulische Leistungen auswirken können (Armstrong & Rogers, 1997), ist ein positiver Einfluss durch die vermehrte Begegnung mit der Fremdsprache im Immersionsunterricht durchaus denkbar. Als mögliche Ursache verbesserter Leistungen bilingualer Kinder werden positive Effekte auf verschiedene kognitive Funktionen diskutiert, vor allem auf die Kontrollprozesse, die mit der Unterdrückung irrelevanter Informationen zu tun haben. Zudem wurden positive Effekte der Bilingualität auf kognitive Funktionen wie divergentes Denken, Aufmerksamkeit, Konzentration, kognitive Flexibilität und insbesondere auf metalinguistische Fertigkeiten und das phonologische Kurzzeitgedächtnis berichtet (vgl. Bialystok, 2005). Alternativ können drei Erklärungsansätze für bessere Leistungsentwicklungen immersiv unterrichteter Kinder herangezogen werden, die nur bedingt mit der Form des Unterrichts (monolingual vs. immersiv) zu tun haben. Erstens ist die unterschiedliche didaktische und fachliche Gestaltung des Unterrichts (Strukturierung, Anforderungsniveau, Medieneinsatz etc.) ein möglicher Einflussfaktor. Wenn ein Unterrichtsfach wie Mathematik in einer Fremdsprache unterrichtet wird, scheinen Lehrer in immersiv unterrichteten Klassen ihre Erklärungen durch zusätzliche Materialien und besonders abwechslungsreiche Unterrichtsgestaltung zu unterstützen (Allen, 2004), um ein Verständnis mathematischer Inhalte auch in der L2 zu ermöglichen. Die damit einhergehende intensivere Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsstoff könnte den zunehmenden Kompetenzvorsprung dieser Schüler bedingen. Wie Fu und Edwards (1984) andeuten, systematisieren und strukturieren Immersionslehrer ihren Unterricht tatsächlich stärker, um den limitierten Fremdsprachenkenntnissen der Kinder zu begegnen. Um zu analysieren, ob die beobachteten Ergebnisse für die einzelnen Schulklassen innerhalb der Unterrichtsformen (monolingual resp. immersiv) in vergleichbarer Weise gelten, wurden Leistungsvergleiche zwischen den Klassen getrennt für die beiden Unterrichtsformen vorgenommen. Leistungsdifferenzen zwischen den drei immersiv unterrichteten Klassen resp. zwischen den drei monolingual unterrichteten Klassen fallen danach nicht zu sehr ins Gewicht. Es fand sich lediglich ein Unterschied bezüglich der Leseleistung zwischen zwei immersiv unterrichteten Klassen und ein Unterschied bezüglich der Recht- 42 Anna Chr. M. Zaunbauer, Jens Möller schreibleistung zwischen zwei monolingual unterrichteten Klassen. Zu bedenken ist jedoch die geringe Anzahl an Klassen. Zweitens fand die vorliegende Untersuchung als quasi-experimentelle Studie statt, bei der die Zuweisung der Schüler zu den Unterrichtsformen nicht zufällig, sondern durch Eltern und Schulleitungen gesteuert erfolgte; man muss daher von Selektionseffekten ausgehen. Bei der hier untersuchten Stichprobe immersiv unterrichteter Schüler handelt es sich um eine intellektuell positiv selegierte Gruppe. Ihre kognitiven Grundfähigkeiten liegen bereits im ersten Halbjahr der ersten Grundschulklasse signifikant höher als die der monolingual beschulten Kinder. Auch die Bildungsabschlüsse ihrer Eltern sind höher als die der Eltern monolingual unterrichteter Schüler. 2 Günstigere Leistungsentwicklungen immersiv im Gegensatz zu monolingual unterrichteten Schülern könnten allerdings auch das Ergebnis zusätzlicher Hilfe seitens interessierter Eltern darstellen (Fu & Edwards, 1984). Von Eltern immersiv unterrichteter Schüler wird insbesondere für den Bereich des L1-Lesens und L1-Schreibens ein erhöhtes Hausaufgabenengagement berichtet (Brassard, 1990). Das elterliche Hausaufgabenengagement der hier untersuchten monolingual und immersiv unterrichteten Kinder war im ersten Halbjahr der ersten Jahrgangsstufe ähnlich hoch (vgl. Zaunbauer & Möller, 2007). Nicht auszuschließen ist jedoch, dass die Eltern der hier untersuchten immersiv unterrichteten Schüler ihr Engagement im Verlaufe der ersten beiden Grundschuljahre intensivierten. So ist letztlich nicht exakt zu klären, inwiefern die besseren Leistungen und auch die höheren Leistungszuwächse immersiv unterrichteter Schüler auf die genannten Selektionseffekte oder familiäre Unterstützungsangebote zurückzuführen sind. Drittens handelt es sich bei den hier gefundenen positiveren Leistungsentwicklungen mög-licherweise um Kompositionseffekte in den Immersionsklassen, in denen viele intelligente und leistungsstarke Schüler aus akademisch orientierten Familien gemeinsam unterrichtet werden (Becker, Lüdtke, Trautwein & Baumert, 2006). Solche Kompositionseffekte lassen sich angemessen in Mehrebenenanalysen identifizieren, die aber eine deutlich höhere Anzahl beteiligter Klassen voraussetzen als bisher existieren. Die vorliegende Untersuchung erlaubt somit keine endgültige Entscheidung darüber, ob die beobachteten besseren Leistungen und Leistungsentwicklungen immersiv unterrichteter Kinder auf dem bilingualen Unterricht selbst, auf anderen Unterrichtsmerkmalen, durch Selektion bedingten Ausgangsunterschieden in den Leistungen oder auf Kompositionseffekten basieren. Festgehalten werden kann aber, dass die teilimmersiv unterrichteten Schüler der beteiligten Schulen im Erwerb der erstsprachlichen Schriftsprachkompetenzen (Lesen und Schreiben) den monolingual unterrichteten Schülern vergleichbar sind und dass sie deutlich höhere Leistungen im Rechnen aufweisen. Diese insgesamt positiven Ergebnisse stehen in Einklang mit der internationalen Forschung, die keine Einbußen immersiv unterrichteter Schüler der Majoritätssprache durch den reduzierten erstsprachlichen Unterricht aufzeigt (Genesee, 2004). Eine Verallgemeinerung der vorliegenden Ergebnisse auf alle Unterrichtsprogramme wäre jedoch verfehlt. Ein prominentes Beispiel dafür, dass für „Immersion“ nicht in jedem Falle eine Überlegenheit beobachtet werden kann, stellen die Schulleistungen von Schülern mit Migrationshintergrund dar (Cummins nach Baker & Hornberger, 2001). Auch diese Schülerpopulation wird einer Art immersiven Unterrichts ausgesetzt, wenn sie in der Schule in einer anderen Sprache als der familiären Umgangssprache unterrichtet wird. Aber die wesentlichen Kriterien der Immersion (Lehrer ist bilingual, der L2-Input wird modifiziert, L1- Fähigkeiten werden unterstützt, vgl. Cummins nach Baker & Hornberger, 2001) sind in den sogenannten Submersionsprogrammen nicht erfüllt (z. B. Fleischman & Hopstock, 1993; Moss & Puma, 1995; für einen Überblick zu Schulleistungsentwicklung immersiv unterrichteter Grundschüler 43 Programmen für Kinder mit Migrationshintergrund siehe Reich & Roth, 2002). Angemessen erscheint es deshalb, bei der Etablierung jeder Art von Immersionsunterricht darauf zu achten, dass die förderlichen Elemente (siehe Le Pape Racine, 2003, S. 109ff ) von Immersionsprogrammen Berücksichtigung finden. Anmerkungen Diese Studie wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert (DFG-Geschäftszeichen MO 648/ 18-1 und 18-2). 1 Immersiver Unterricht, wie er hier untersucht wird, stellt ein Unterrichtsprogramm für Kinder der Majoritätssprache dar, die in einer Fremdsprache unterrichtet werden, die nicht die Landessprache ist. Davon zu unterscheiden ist die Immersion (sogenannte Submersion) von Kindern der Minoritätssprache, also beispielsweise von Kindern türkischer Herkunft, die in Deutschland die Schule besuchen und in der Sprache Deutsch unterrichtet werden (vgl. Fazio & Lyster, 1998; Zaunbauer & Möller, 2007). 2 Die Ergebnisse der Analyse einer nach Verbalgedächtnis und nonverbaler Intelligenz exakt parallelisierten Gruppe monolingual und immersiv unterrichteter Schüler, deren familiärer Hintergrund ebenfalls vergleichbar ist, ergaben keine substanziellen Veränderungen gegenüber denen der Gesamtstichprobe. Auch eine Berücksichtigung des elterlichen Bildungshintergrunds (gemessen als höchster erreichter Schulabschluss der Mutter resp. des Vaters) in den Regressionsanalysen veränderte die Ergebnisse nicht wesentlich. Der elterliche Bildungshintergrund hat in der vorliegenden Untersuchung keinen Erklärungswert für die schulischen Leistungen über die berücksichtigten Variablen hinaus. Die Ergebnisse dieser Analysen können bei den Autoren angefordert werden. Literatur Akcan, S. (2004). Teaching methodology in a first-grade French-immersion class. Bilingual Research Journal, 28(2), 267 - 277. Allen, M. (2004). 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