eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 57/4

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2010.art21d
101
2010
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Diagnose und Förderung der Konstruktionsfähigkeit bei Menschen mit geistiger Behinderung

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2010
Jan Kuhl
Marco Ennemoser
Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde ein Trainingsprogramm zur Förderung der Konstruktionsfähigkeit für Menschen mit geistiger Behinderung entwickelt und pilotierend evaluiert. Da kein geeignetes Testverfahren verfügbar war, um die angestrebten Fördererfolge registrieren und empirisch überprüfen zu können, wurde zudem ein Diagnoseinstrument erstellt und ebenfalls einer ersten Überprüfung unterzogen. Die Ergebnisse liefern insgesamt stützende Evidenz für die Reliabilität und Validität des Testverfahrens. Im Hinblick auf die Evaluation des Förderprogramms konnte bestätigt werden, dass die Trainingsgruppe (n=19) im Vergleich zur Kontrollgruppe (n=26) signifikant größere Leistungssteigerungen im Konstruktionstest zu verzeichnen hatte. Darüber hinaus ergaben sich signifikante Transfereffekte auf das räumliche Denken und ein im Training nicht verwendetes Konstruktionsmaterial, was darauf schließen lässt, dass durch die Förderung nicht nur eine Performanz- sondern eine Kompetenzsteigerung bewirkt wurde. Befunde und Schwächen der vorliegenden Arbeit sowie daraus resultierende Implikationen für nachfolgende Untersuchungen werden diskutiert.
3_057_2010_4_0005
n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2010, 57, 299 - 312 DOI 10.2378/ peu2010.art21d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Diagnose und Förderung der Konstruktionsfähigkeit bei Menschen mit geistiger Behinderung Jan Kuhl, Marco Ennemoser Universität Gießen Assessment and Training of Construction Skills in Students with Mental Retardation Summary: The study investigated the effectiveness of a construction skills training in students with mental retardation. As there was no standardized measure of construction skills available to assess corresponding training gains, a construction skills test was developed and evaluated, as well. Results provided evidence for the reliability and validity of our construction skills measure. At the end of a 10-session intervention program the training group (n = 19) attained significantly higher posttest scores than the control group (n = 26). Results also revealed significant transfer effects to spatial ability as well as to construction materials not used during the training sessions. Thus, training gains did not only indicate an increase of performance but also an increase of competence. Results and weaknesses of the study as well as implications for further research in this area are discussed. Keywords: Mental retardation, construction skills, constructive play, training Zusammenfassung: Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde ein Trainingsprogramm zur Förderung der Konstruktionsfähigkeit für Menschen mit geistiger Behinderung entwickelt und pilotierend evaluiert. Da kein geeignetes Testverfahren verfügbar war, um die angestrebten Fördererfolge registrieren und empirisch überprüfen zu können, wurde zudem ein Diagnoseinstrument erstellt und ebenfalls einer ersten Überprüfung unterzogen. Die Ergebnisse liefern insgesamt stützende Evidenz für die Reliabilität und Validität des Testverfahrens. Im Hinblick auf die Evaluation des Förderprogramms konnte bestätigt werden, dass die Trainingsgruppe (n = 19) im Vergleich zur Kontrollgruppe (n = 26) signifikant größere Leistungssteigerungen im Konstruktionstest zu verzeichnen hatte. Darüber hinaus ergaben sich signifikante Transfereffekte auf das räumliche Denken und ein im Training nicht verwendetes Konstruktionsmaterial, was darauf schließen lässt, dass durch die Förderung nicht nur eine Performanzsondern eine Kompetenzsteigerung bewirkt wurde. Befunde und Schwächen der vorliegenden Arbeit sowie daraus resultierende Implikationen für nachfolgende Untersuchungen werden diskutiert. Schlüsselbegriffe: Geistige Behinderung, Konstruktionsfähigkeit, Konstruktionsspiel, Training Förderung der Konstruktionsfähigkeit bei Schülern mit geistiger Behinderung - Theoretischer Ausgangspunkt und Stand der Forschung Das Curriculum der Schule für geistig Behinderte beinhaltet ein ausgesprochen breites Spektrum von Inhalten und Lerngegenständen. Es umfasst so unterschiedliche Bereiche wie die Förderung von Wahrnehmung und Motorik, den Aufbau lebenspraktischer Kompetenzen oder die Vermittlung von Kulturtechniken. Im Unterschied zur Regelschule spielen primär akademisch geprägte Lerninhalte eher eine untergeordnete Rolle. Die inhaltliche Ausrichtung orientiert sich naturgemäß vielmehr an dem Ziel, Menschen mit geistiger Behinderung eine möglichst umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Während jedoch die grundlegendsten Unterrichtsgegenstände an Regel- und 300 Jan Kuhl, Marco Ennemoser auch Lernhilfeschulen - Lesen, Schreiben, Rechnen - vergleichsweise umfangreich vonseiten der Pädagogischen Psychologie erforscht wurden, fanden die anders gelagerten Bedürfnisse von Schülern mit geistiger Behinderung vonseiten dieser Disziplin bisher keine entsprechende Beachtung. Das fehlende Forschungsinteresse schlägt sich beispielsweise in der mangelnden Verfügbarkeit diagnostischer Verfahren nieder, es drückt sich jedoch noch deutlicher darin aus, dass hier - im Gegensatz zu anderen pädagogisch-psychologischen Gegenstandsbereichen (vgl. Lauth, Grünke & Brunstein, 2004) - praktisch keine empirisch evaluierten Förder- und Trainingskonzepte existieren. Vorliegende Fördermaterialien für Schüler mit geistiger Behinderung stammen im Wesentlichen aus der Heil- und Sonderpädagogik. Ein Beispiel hierfür sind die „Übungsreihen für Geistigbehinderte“, die von Susanne Dank herausgegeben werden und Lehrgänge zu einer Reihe verschiedener Inhaltsbereiche umfassen (Schriftsprache, Mathematik, lebenspraktische Fertigkeiten, Sport) 1 . Die Beiträge erscheinen didaktischmethodisch fundiert und sind an der Unterrichtsrealität der Schule für geistig Behinderte orientiert. Ein Vorteil ist zweifellos auch darin zu sehen, dass sie die Nutzbarkeit für den Praktiker im Blick haben. Ein empirischer Nachweis für ihre Wirksamkeit wurde aber bisher nicht erbracht. Zu den wenigen Arbeiten, in denen Fördermaßnahmen bei Menschen mit geistiger Behinderung empirisch evaluiert wurden, zählt beispielsweise eine Studie von Lauth, Scherzer und Otte (2004). In dieser Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Vermittlung pränumerischer Fähigkeiten im Rahmen eines Selbstinstruktionstrainings bei Schülern mit geistiger Behinderung effektiv möglich ist. Die Autoren legen mit ihrer Arbeit einen viel versprechenden Ansatz vor, der empirisch überprüft ist und an der Schule für geistig Behinderte seinen Stellenwert haben könnte. Was solchen aus der Psychologie stammenden Trainingsprogrammen allerdings fehlt, ist ein hinreichender Transfer in die alltägliche Förderpraxis an Schulen für geistig Behinderte. Insgesamt hat der unübersehbare Mangel an etablierten und wirksamkeitsevaluierten Fördermaßnahmen in diesem speziellen Schulkontext zur Folge, dass Lehrkräfte in weiten Teilen darauf angewiesen sind, auf für andere Schulformen (meist Grundschule) entwickelte Konzepte und Materialien zurückzugreifen oder gar eigene Ansätze zu entwickeln. Ein solches Vorgehen ist in vielerlei Hinsicht problematisch. Bei der Adaption von Verfahren aus anderen Schulformen besteht immer die Gefahr, dass die individuellen Bedürfnisse der besonderen Klientel nicht berücksichtigt werden, sodass Schüler mit geistiger Behinderung letzten Endes lediglich einen „verdünnten“ Grundschulunterricht erhalten. Zudem existieren für eine Reihe von Inhaltsbereichen gar keine Materialien, die adaptiert werden könnten, da sie curricular nur an der Schule für geistig Behinderte verortet sind. So findet sich z. B. der Aufbau basaler lebenspraktischer Kompetenzen nicht in den Lehrplänen für die Grundschule. Der Zugriff auf nachgewiesenermaßen wirksame Förder- oder Trainingsprogramme könnte die Qualität der Förderung an Schulen für geistig Behinderte deutlich verbessern. Bedeutung und Förderung der Konstruktionsfähigkeit bei Menschen mit geistiger Behinderung Zu den wesentlichen Zielen sonderpädagogischer Förderung zählt die Befähigung von Menschen mit geistiger Behinderung zu einer gewissen Teilhabe am Arbeitsleben. Mit Blick auf die infrage kommenden Beschäftigungsfelder kommt eine tragende Rolle hierbei zweifellos der Vermittlung einfacher handwerklicher Tätigkeiten zu. Dieser Sachverhalt rückt die Bedeutung eines basalen handwerklich-technischen Verständnisses in den Blickpunkt, das 1 z. B. „Geistigbehinderte lernen die Uhr im Tagesablauf kennen“ von Dank (1989), „Geistigbehinderte pflegen ihren Körper“ von Dank (1993), „Anbahnung des Zahlenbegriffs bei Geistigbehinderten“ von Reich (1995). Diagnose und Förderung der Konstruktionsfähigkeit 301 für die Durchführung berufsbezogener handwerklicher Tätigkeiten unabdingbar ist. Auch wenn ein Überblick über die Forschungslage in diesem Bereich insofern unbefriedigend bleiben muss, als keine einschlägigen Arbeiten unter Berücksichtigung von Menschen mit geistiger Behinderung existieren, lassen sich aus der Literatur durchaus relevante Hinweise für einen Förderansatz ableiten. Besondere Bedeutung kommt hierbei dem Konstruktionsspiel zu, das möglicherweise eine geeignete Grundlage für die anvisierte Förderung darstellt. Allgemein werden dem Konstruktionsspiel auf dem Gebiet der Förderung kognitiver Fähigkeiten „fast universelle Eigenschaften“ zugeschrieben (Pfitzner, 1994, S. 66). Auch wenn derartige Wirksamkeitserwartungen überzogen sein dürften, so liegt doch zumindest ein förderlicher Effekt auf handwerkliche Fähigkeiten und technisches Verständnis sehr nahe. Bereits Hetzer (1931) ging davon aus, dass der konstruktive Umgang mit verschiedenen Stoffen und Gegenständen grundlegende Einsichten für die Denkentwicklung des Kindes vermittelt. Im Konstruktionsspiel sollte das Kind seine bereits im Objektspiel gesammelten Kenntnisse über verschiedene Gegenstände vertiefen. Es eröffnet die Möglichkeit, sich Wissen über statische und physikalische Gesetzmäßigkeiten anzueignen, physikalisch-mechanische Relationen zu erkennen und topologische Erfahrungen zu sammeln. Je nach Material kann dabei auch mehr oder weniger material- und werkzeugspezifisches Wissen erworben werden, wie z. B. das Bauen mit versetzten Fugen im Legospiel oder der Umgang mit Schrauben- Muttern-Verbindungen beim Spielen mit Baufix. Auch in Bezug auf handmotorische Fähigkeiten und die Auge-Hand-Koordination werden dem Konstruktionsspiel förderliche Eigenschaften zugeschrieben (Selbmann, 1983). Schenk-Danzinger (1985) geht von positiven Auswirkungen auf die Entwicklung der Selbststeuerung, der Aufmerksamkeit und des Problemlösens aus. Sydow (o.J., zit. n. Fritz & Stratmann, 1995, S. 203) sieht die folgenden kognitiven Anforderungen am Konstruktionsspiel beteiligt und setzt das Konstruktionsspiel gezielt ein, um die folgenden Basiskompetenzen bei Vorschulkindern zu verbessern: • Erfassen von Merkmalen und Mengen von Bauteilen • Vergleichen, Klassifizieren, Zuordnen und Seriation von Bauteilen • Erfassen räumlicher Beziehungen innerhalb der Konstruktion • Erkennen von Funktionsprinzipien • Schlussfolgerungen über einzelne Teile und ihre Verbindungen • Systematische Vergleiche eines Modells (Ziels) mit dem eigenen Werk • Planen von Handlungsfolgen und das Bilden von Teilzielen Fritz (1995) hält das Konstruktionsspiel für ein geeignetes Mittel, um die Planungsfähigkeit von Grundschulkindern zu fördern. Eine Hypothese, die sich auch empirisch untermauern lässt. So konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass ein spielbasiertes Training die Planungsfähigkeit von Grundschülern signifikant verbessert (vgl. Fritz & Hussy, 2001; Fritz, Hussy & Bartels, 1997; Fritz & Hussy, 1996). Allerdings enthielten die Trainings nicht nur Aspekte des Bau- und Konstruktionsspiels, sondern vor allem des Rollenspiels. Weiterhin entwickelten Fritz und Stratmann (1995) eine diagnostische Konstruktionsaufgabe, um die Planungsfähigkeit von Kindern zu erfassen. Bei dieser Aufgabe müssen Kinder einen Roller aus dem Material Baufix nachbauen. Die Aufgabe wurde von 31 Kindern der ersten Klasse bearbeitet. Zusammenfassend kommen Fritz und Stratmann (1995, S. 226) zu dem Schluss, „dass sich die Aufgabe dazu eignet, im Kontext entwicklungsdiagnostischer Fragestellungen eingesetzt zu werden. Die Lernstruktur der Aufgabe lässt offensichtlich sowohl Aussagen über das spezifische Handlungswissen und die Handlungsfertigkeiten der Kinder als auch über kognitive Aspekte der Handlungsorganisation zu“. Weitere Untersuchungen zur genannten Konstruktionsaufgabe liegen allerdings nicht vor. 302 Jan Kuhl, Marco Ennemoser Auf die Bedeutung des „allgemeinen“ Spiels für die Entwicklung von Kindern mit Behinderungen weisen unterschiedliche Autoren hin (z. B. Klein, 1996; Mühl, 1979). In bescheidenem Maße liegen auch empirische Untersuchungen vor. So weisen z. B. Sarimiski und Süss-Burghart (1991) einen entwicklungsgemäßen Zusammenhang zwischen Symbolspielniveau und Sprachvermögen bei geistig retardierten Kindern nach. Nur wenige Autoren haben sich speziell mit dem Konstruktionsspiel von Menschen mit geistiger Behinderung befasst. Pitsch (2003) und Fischer (1992) weisen auf Defizite und Entwicklungschancen von Kindern mit geistiger Behinderung beim Bauen und Konstruieren hin. Empirische Daten zu diesem Bereich legen sie aber nicht vor. Im Hinblick auf die Präferenz für bestimmte Spielmaterialien konnte van der Kooij (1979) bei einer Stichprobe von 38 geistig retardierten Kindern zeigen, dass diese häufig Legosteine anderen Baumaterialien vorziehen. Kreuser (1995) beobachtete 14 Kinder mit geistiger Behinderung zwei Jahre lang im Rahmen einer Förderung mit Bauspielen und resümiert - allerdings ohne inferenzstatistische Grundlage - dass eine Lernförderung in den folgenden Bereichen festgestellt werden konnte: • Kenntnisse über unterschiedliche Bauspielzeuge und über Gegenstände • Vertiefung des Konstruktionsverständnisses • Erweiterung des Sprachschatzes • Erweiterung des Mengen- und Zahlenverständnisses • Schulung von Konzentration und Aufmerksamkeit Auch wenn theoretische Konzepte und empirische Belege bisher nur rudimentär vorhanden sind, lässt sich aus der Literatur die Annahme ableiten, dass das Konstruktionsspiel möglicherweise ein spezifisches Förderpotenzial für die handwerklichen Fähigkeiten und das technische Verständnis von Schülern mit geistiger Behinderung besitzt. Dabei wird das Konstruktionsspiel im Grunde als Zwischenstufe zwischen kindlichem Spiel und Arbeit aufgefasst (Einsiedler, 1991). Charakteristischerweise versuchen Kinder hierbei mehr oder weniger zielstrebig ein meist dreidimensionales Bauprojekt herzustellen (Einsiedler, 1991; Pfitzner, 1994), und befinden sich mit dieser Zielsetzung bereits sehr nahe an einer „echten“ handwerklichen Tätigkeit. Insofern kann das Konstruktionsspiel als spielerische Vorstufe, als Probefall der Herstellung eines Werkstückes betrachtet werden. Entsprechend naheliegend ist die Annahme, dass in diesem Zusammenhang auch Kompetenzen eingeübt werden, die für die Ausführung handwerklicher Tätigkeiten in ähnlicher Weise erforderlich sind. Einige dieser Kompetenzen wurden bereits in den vorangegangenen Ausführungen genannt. Hierbei erscheinen unseres Erachtens vor allem folgende Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten relevant: • Handgeschicklichkeit: Hier geht es vor allem um zielgerichtete Handgeschicklichkeit, die mit Roth (1974, S. 136) auch als „kognitiv gesteuerte Handgeschicklichkeit“ zu bezeichnen ist. • Verständnis für elementare statische und physikalische Gesetze: Nicht beachten solcher Gesetze kann die Instabilität von Werkstücken zur Folge haben. • Räumliches Vorstellungsvermögen: Vor allem die räumlichen Beziehungen der Teile eines Werkstückes müssen erfasst werden. • Planungsfähigkeit: Erstellen eines Plans oder Arbeiten nach einem vorgegebenen Plan. • Material- und Werkzeugwissen Grundsätzlich werden diese Kompetenzen bei allen handwerklichen Tätigkeiten und bei allen Konstruktionsspielen benötigt. Selbstverständlich gibt es hierbei Einschränkungen, die etwa darin zu sehen sind, dass es ganz erheblich vom verwendeten Konstruktionsmaterial abhängt, welche der genannten Kompetenzen in welchem Ausmaß benötigt werden. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das jeweils erforder- Diagnose und Förderung der Konstruktionsfähigkeit 303 liche spezifische Material- und Werkzeugwissen. So fordert beispielsweise Baufix den Umgang mit Schrauben-Mutter-Verbindungen, während Objekte aus Fischertechnik vor allem durch das Prinzip von Nut und Feder zusammengehalten werden. Dennoch ist insgesamt zu vermuten, dass Konstruktionsspieltätigkeiten und Werktätigkeiten eine gemeinsame, d. h. vom jeweils verwendeten Material oder dem jeweiligen Endprodukt unabhängige, Fähigkeit zugrunde liegt, die als Konstruktionsfähigkeit zu bezeichnen ist. Unter Konstruktionsfähigkeit ist dabei die Fähigkeit zu verstehen, unterschiedliche einzelne Teile, unter Beachtung der materialspezifischen Verbindungen und der Raum-Lage-Beziehungen, zu einem Zielobjekt zusammenzusetzen. Das Zielobjekt kann in Form eines realen Objektes, eines bildlichen Plans oder einer mentalen Repräsentation vorhanden sein. Komponenten, die an der Konstruktionsfähigkeit beteiligt sind, sind räumliches Denken, Planungsfähigkeit sowie das Wissen über einfache statische und physikalische Zusammenhänge. Aufgrund der bisherigen Ausführungen besteht die berechtigte Hoffnung, dass auf der Grundlage von Konstruktionsmaterialien ein Trainingsprogramm erstellt werden kann, welches den handwerklichen Fertigkeiten und damit der Berufsvorbereitung der Schüler dienlich ist. Für die praktische Umsetzbarkeit eines solchen Trainingsprogramms spricht die Verbreitung von Konstruktionsmaterialien wie Lego, Bauklötzen u. a. in den Schulen für geistig Behinderte. Diese Materialien werden im freien und angeleiteten Spiel, aber auch in Unterrichtssequenzen eingesetzt. Was weitestgehend fehlt, ist eine Systematisierung und eine didaktisch-methodische Aufbereitung dieses Gegenstandes. Aus dieser Überlegung entstand die Idee, unter Verwendung handelsüblichen Konstruktionsspielzeugs ein Training für Schüler mit geistiger Behinderung zu entwerfen und somit ein an vielen Schulen vorhandenes Material systematisch aufzubereiten. Diagnostik der Konstruktionsfähigkeit bei Menschen mit geistiger Behinderung Die Überlegungen im vorangegangenen Abschnitt zielen primär auf die Entwicklung und Evaluation eines möglichst effektiven Trainingsprogramms ab. Um jedoch die Effekte einer derartigen Fördermaßnahme überhaupt empirisch überprüfen zu können, ist ein den üblichen Testgütekriterien genügendes diagnostisches Verfahren zur Erfassung der Konstruktionsfähigkeit unerlässlich. Speziell für Menschen mit geistiger Behinderung existiert ein solches Verfahren bisher allerdings nicht. Bestenfalls lassen sich aus breiter angelegten Testverfahren diverse Untertests zur Erfassung verwandter Konstrukte heranziehen. So könnte beispielsweise zur Erfassung des räumlichen Denkens der Subtest „Mosaike“ aus dem SON-R 2 ½ - 7 (Tellegen, Winkel, Winjnberg- Williams & Laros, 1998) eingesetzt werden. Ungeachtet der inhaltlichen Nähe zum Konstrukt der Konstruktionsfähigkeit erscheint es jedoch wesentlich sinnvoller, ein Instrument einzusetzen, das die entsprechende Kompetenz möglichst spezifisch, d. h. unter Rückgriff auf diverse Konstruktionsmaterialien, erfasst. Ziele der Untersuchung Da bislang keine einschlägig relevanten empirischen Forschungsergebnisse verfügbar sind, handelt es sich bei der vorliegenden Untersuchung zwangsläufig um eine pilotierende Arbeit. Vor diesem Hintergrund werden im Rahmen der dargestellten Studie zunächst zwei wesentliche Ziele verfolgt: (1) Die Entwicklung und Überprüfung eines geeigneten diagnostischen Verfahrens, mit dessen Hilfe sich die Konstruktionsfähigkeit von Menschen mit geistiger Behinderung zuverlässig erfassen lässt. Ein solches Instrument ist zugleich die Voraussetzung für das Erreichen des zweiten Ziels. (2) Die Entwicklung und Evaluation eines spezifischen Trainingsprogramms zur Förderung der Konstruktionsfähigkeit bei Men- 304 Jan Kuhl, Marco Ennemoser schen mit geistiger Behinderung. In diesem Kontext soll auch überprüft werden, inwiefern das mit einem bestimmten Material durchgeführte Training auch eine Leistungssteigerung in Konstruktionsaufgaben mit anderen, bei der Förderung nicht verwendeten Konstruktionsmaterialien bewirkt. Während ein entsprechendes Training in der Praxis möglicherweise mehrere verschiedene Konstruktionsmaterialien einbeziehen sollte, ist es zur Beantwortung der vorliegenden Forschungsfragen unumgänglich, sich auf ein ausgewähltes Konstruktionsmaterial zu beschränken, um die beschriebenen Transfereffekte empirisch überprüfen zu können. Methode Stichprobe Für die Pilotierung des Diagnoseinstruments wurden insgesamt 59 Schülerinnen und Schüler (27 weiblich, 32 männlich) von zwei Schulen für Praktisch Bildbare 2 rekrutiert. Die Stichprobe umfasste Schüler im Alter von 8 - 19 Jahren (M = 12.78 Jahre). Von diesen Schülern besuchten 8 die Grund-, 31 die Mittel- und jeweils 10 die Haupt- und die Werkstufe. An einer der beiden Schulen konnte nach sechs Monaten eine Re-Testung durchgeführt werden. Diese Teilstichprobe von 26 Schülern diente zugleich als Kontrollgruppe für die nachfolgend durchgeführte Trainingsstudie. Für die Trainingsgruppe konnten schließlich 19 Versuchspersonen gewonnen werden. Das Alter der Schüler variierte von 11 - 16 Jahren (M = 13.16 Jahre). Die beiden Versuchsgruppen waren im Hinblick auf Geschlechterzusammensetzung und Ausgangsniveau in den Konstruktionsskalen vergleichbar. In den durchgeführten t-Tests konnten diesbezüglich keinerlei signifikante Unterschiede festgestellt werden (alle p’s > .05). Erhebungsinstrumente Aufgabenreihen zur Konstruktionsfähigkeit Zunächst wurden drei Aufgabenreihen mit den Konstruktionsmaterialien Bauklötze, Lego und Baufix entwickelt. Die Auswahl der Materialien erfolgte im Wesentlichen auf Grundlage zweier Kriterien: (1) Verfügbarkeit. Bei den genannten Materialien handelt es sich um handelsübliches und in Schulen sowie Privathaushalten weit verbreitetes Konstruktionsspielzeug. (2) Variation der materialspezifischen Anforderungen. Die ausgewählten Materialien stellen jeweils unterschiedliche spezifische Anforderungen an die Benutzer. Während Bauklötze ohne feste Verbindung auf- oder nebeneinander gelegt werden, ist das Bauen mit Lego insbesondere durch die Verwendung einer Steckverbindung gekennzeichnet. Gleichwohl werden auch hier unterschiedlich große und zum Teil unterschiedlich geformte Steine verwendet. Baufix weist schließlich das höchste Komplexitätsniveau auf, da die Konstruktion mit Hilfe von Schrauben-Mutter-Verbindungen erfolgt. Das hierfür erforderliche spezifische Materialwissen liegt relativ nah an den Anforderungen, die häufig bei der Arbeit mit „echten“ Werkstücken auftreten. Die Aufgabe der Versuchspersonen bestand jeweils darin, ein real oder per Bildvorlage präsentiertes Objekt mithilfe vorgegebener Teile nachzubauen. Bei den Aufgabenreihen Lego und Baufix erhielten die Schüler eine reale Objektvorlage, während bei der Aufgabenreihe Bauklötze zunächst ein Bild des Objektes vorgegeben und erst bei Nichtbewältigung das Objekt real vorgebaut wurde. Jede Skala bestand aus sechs Items, die mit (theoretisch) ansteigendem Schwierigkeitsgrad vorgegeben wurden. Für jede korrekte Lösung wurde ein Punkt vergeben, sodass eine maximale Punktzahl von 18 erzielt werden konnte. In der Skala Bauklötze konnten auch halbe Punkte erzielt werden. Dies war dann der Fall, wenn die richtige Lösung erst nach Unterstützung durch die Realvorlage produziert werden konnte. Maße zur Validitätsbestimmung Als Kriterium für die Konstruktvalidität wurde mit dem Mosaiktest des SON R 2 ½ - 7 (Tellegen et al., 1998) ein Maß für das räumliche Denken erhoben. Darüber hinaus kam ein selbst konstruierter Lehrerfragebogen zur Beurteilung manueller Fertigkeiten zum Einsatz. 9 Items konnten aus einschlägigen Verfahren zur Kompetenzbeurteilung von Menschen mit geistiger Behinderung entnommen werden (Holtz, Eberle, Hillig & Marker, 2005; Günzburg, 2000). Diese wurden um 5 weitere Fragen zu handwerklichen Fertigkeiten ergänzt, sodass insgesamt 2 Bezeichnung der Schulen für geistig Behinderte in Hessen Diagnose und Förderung der Konstruktionsfähigkeit 305 14 Items resultierten. Als Frageformat wurde eine dreistufige Ratingskala verwendet (Beherrscht die Tätigkeit (1) gar nicht, (2) ansatzweise/ mit Hilfe, (3) voll und ganz). Je nach Antwort wurden 0, 1 oder 2 Punkte vergeben. So konnten maximal 28 Punkte erreicht werden. Zur Bestimmung der diskriminanten Validität diente der passive Wortschatz, der mithilfe des Subtests Wortverständnis aus der Patholinguistischen Diagnostik bei Sprachentwicklungsstörungen (Kauschke & Siegmüller, 2002) erhoben wurde. Dieser Test wurde lediglich bei der Re- Testung erhoben. Förderung Im Anschluss an die erste Pilotierung des Diagnoseinstruments wurde eine Trainingsstudie zur Förderung der Konstruktionsfähigkeit bei Schülern mit geistiger Behinderung durchgeführt. Die Maßnahme umfasste zehn Sitzungen à 45 Minuten, die zweimal wöchentlich stattfanden und sich über einen Zeitraum von fünf Wochen erstreckten. Das Training fand in einem für diesen Schulkontext üblichen Kleingruppensetting von drei bis vier Schülern statt und wurde von geschulten Examensanwärtern für das Lehramt an Förderschulen übernommen. Die Übungsstunden wurden in den vorhandenen Stundenplan eingebettet, sodass die beteiligten Schüler keinen Zusatzunterricht erhielten. Etwaige Trainingseffekte können demnach nicht auf vermehrte Unterrichtszeiten zurückgeführt werden. Im Rahmen der Förderstunden wurde ausschließlich mit dem Konstruktionsspielzeug Lego gearbeitet. Die Beschränkung auf ein Material war erforderlich, um überprüfen zu können, inwiefern sich Transfereffekte auf die anderen im Test verwendeten Konstruktionsmaterialien ergeben (Bauklötze, Baufix). Der Nachweis eines solchen Transfers ist im Hinblick auf die praktische Bedeutsamkeit des Förderprogramms von zentraler Bedeutung. Ein lediglich materialspezifischer Fördereffekt würde dafür sprechen, dass keine Kompetenz-, sondern lediglich eine Performanzsteigerung erreicht wurde (vgl. Hager & Hasselhorn, 2000). Lego wurde ausgewählt, da es mehr Anforderungen an spezifisches Materialwissen (Umgang mit den legospezifischen Steckverbindungen) stellt als Bauklötze, aber weniger als Baufix (Umgang mit Mutter-Schrauben-Verbindungen). Lego steht also in Bezug auf die spezifischen Materialanforderungen zwischen Bauklötzen und Baufix. Für Lego spricht auch, dass es von Kindern mit geistiger Behinderung häufig anderen Baumaterialien vorgezogen wird (van der Kooij, 1979). Außerdem lässt sich damit eine große Bandbreite an Schwierigkeitsgraden von sehr leichten bis hin zu außerordentlich komplexen Konstruktionsaufgaben realisieren, die mit einer Beschränkung auf Bauklötze (eher leicht) oder Baufix (eher komplex) nicht gleichermaßen gut abgedeckt werden kann. Der inhaltliche Aufbau der Förderung erfolgte in Anlehnung an den Phasenaufbau des Bau- und Konstruktionsspiels nach Fritz, Hussy und Bartels (1997). So entstand der folgende Stufenaufbau des Trainings: • Spielen/ Erkunden des Materials Lego • Material besprechen/ vergleichen/ sortieren nach bestimmten Kriterien (z. B. Größe, Farbe) • Spielerische Auseinandersetzung mit dem Material • Synchrones Mitbauen (1 : 1) • Bauen nach Realvorlage (dreidimensionales reales Objekt) • Schrittweises Bauen nach Bildvorlage (Bauen nach Bauplan) • Bauen nach Bildvorlage (als Foto oder Skizze) • Transformation eines vorgelegten Objektes (von zwei Objekten, die sich in wesentlichen Merkmalen unterscheiden, soll eines so verändert werden, dass beide gleich sind) • Selbstständiges Konstruieren nach thematischer Vorgabe (z. B. Flugobjekte, Gebäude) • Reproduktion eines vorgegebenen Objektes aus der Vorstellung (reales Objekt wird auseinandergebaut und wieder zusammengesetzt) Das Komplexitätsniveau der Objekte wurde individuell variiert, um die einzelnen Kinder nicht zu unterbzw. überfordern. Veränderungen der Komplexität entstanden durch: • die Anzahl der Elemente insgesamt • die Anzahl der unterschiedlichen Elementegruppen • die Ähnlichkeit der zu unterscheidenden Elemente Innerhalb einer Trainingsstunde erhielt jedes Kind einen individuellen Bauauftrag, sodass eine maximale Differenzierung gewährleistet wurde. Als Kontrollgruppe wurde auf die oben beschriebene Stichprobe zur Pilotierung des Diagnoseinstruments zurückgegriffen. Diese Vorgehensweise ist unter methodischen Gesichtspunkten nicht ganz 306 Jan Kuhl, Marco Ennemoser unproblematisch, weil der zeitliche Abstand zwischen Prä- und Posttestung in dieser Gruppe deutlich größer war als in der Trainingsbedingung (6 Monate vs. 5 Wochen). Da umliegende Schulen für Praktisch Bildbare aufgrund parallel laufender Studien in diesem Zeitraum allerdings bereits sehr testbelastet waren und für weitere Erhebungen nicht zur Verfügung standen, wäre die Rekrutierung einer zusätzlichen Stichprobe mit einem beträchtlichen zusätzlichen Ressourcenaufwand verbunden gewesen, der im Rahmen der vorliegenden Pilotstudie nicht realisierbar war. Vor diesem Hintergrund erschien die gewählte Vorgehensweise insofern vertretbar, als die größere Differenz zwischen Vor- und Nachtesterhebung durchaus als konservative Lösung betrachtet werden kann, da die Kontrollgruppe einen größeren zeitlichen Spielraum für spontane oder unterrichtsbedingte Entwicklungsfortschritte im Bereich der Konstruktionsfähigkeit hatte als die geförderten Schüler. Ergebnisse Pilotierung des Diagnoseinstruments Im Rahmen der Itemanalyse konnten zunächst die theoretisch angenommenen Schwierigkeitsabstufungen bestätigt werden. Lediglich in der Skala Lego wich die theoretisch angenommene Rangfolge in einem Fall von der empirisch festgestellten ab, wobei sich eines der Items als geringfügig leichter erwies als das unmittelbar vorangegangene. Wie den in Tabelle 1 wiedergegebenen Skalenkennwerten entnommen werden kann, streuten die Itemschwierigkeiten über einen weiten Bereich. Die Skala Bauklötze erwies sich mit Itemschwierigkeiten von .97 bis .30 als leichteste Aufgabenreihe, während die Skala Baufix mit Schwierigkeiten von .78 - .14 hypothesenkonform am schwierigsten war. Die größte Streubreite der Itemschwierigkeiten wies die Skala Lego auf (.98 - .10). Die mittleren Trennschärfen der Skalen lagen zwischen .57 und .62. Lediglich die jeweils ersten Items der Skalen Bauklötze und Lego wiesen eine sehr geringe Itemtrennschärfe auf (r itc < .30). Hierbei handelt es sich um sehr leichte Items, die von (fast) allen Probanden gelöst werden konnten. Die innere Konsistenz der Skalen lag zwischen .78 und .84 (Cronbachs a ). In den Tabellen 2 und 3 sind die Interkorrelationen zwischen den einzelnen Skalen zu beiden Messzeitpunkten wiedergegeben. Die Korrela- Abbildung 1: Schematische Darstellung des Studiendesigns Diagnose und Förderung der Konstruktionsfähigkeit 307 tionen der Subskalen innerhalb des ersten Messzeitpunkts streuten zwischen .70 und .72. Innerhalb des zweiten Messzeitpunkts schwankten die Kennwerte zwischen .58 und .82. Insgesamt deuten die Korrelationen darauf hin, dass die Untertests trotz der theoretisch unterschiedlichen (materialspezifischen) Anforderungen offenbar sehr ähnliche Kompetenzen erfassen. Im Hinblick auf die Retest-Reliabilität weisen die Skalen, nicht zuletzt in Anbetracht des ungewöhnlich großen zeitlichen Abstandes von sechs Monaten, eine beachtliche Stabilität auf. Der Reliabilitätskoeffizient betrug für den Gesamttest r tt = .75; p < .01. Bei Betrachtung der Subskalen ergaben sich Kennwerte von .70 und .69 für Baufix und Lego, für die Skala Bauklötze lagen die Angaben mit r tt = .54 etwas niedriger (jeweils p < .01). Zugleich fällt auf, dass sich im genannten Zeitraum offenbar keine nennenswerten Leistungsentwicklungen vollzogen haben. t-Tests für abhängige Stichproben ergaben in diesem Zusammenhang, dass trotz des vergleichsweise großen Zeitintervalls lediglich in der Skala Bauklötze signifikante Leistungszuwächse zu verzeichnen waren, t(25) = 2.13; p < .05. Im Hinblick auf die Validität des Konstruktionstests bestätigte sich zunächst die erwartete Beziehung zum räumlichen Denken. Dabei lag die Korrelation des Gesamttests mit dem Mosaiktest bei r = .81; p < .01. Der Fragebogen zur Beurteilung manuell-handwerklicher Kompetenzen konnte von den Lehrkräften nicht für alle Schüler komplett ausgefüllt werden. Einige Lehrkräfte gaben an, dass ihnen über bestimmte (vor allem spezielle handwerkliche) Kompetenzen ihrer Schüler keine Informationen vorliegen, sodass die Analysen bezüglich des Fragebogens lediglich auf den Daten von 40 Versuchspersonen basieren. Die Korrelation zwischen der Beurteilung handwerklicher Fertigkeiten und dem Gesamtwert der Skalen zur Konstruktionsfähigkeit betrug r = .68; p < .01. Entgegen den Erwartungen lag jedoch die Korrelation mit dem konstruktfernen Test zur Erfassung des passiven Wortschatzes mit r = .67; p < .01 in einer ähnlichen Größenordnung. Somit kann die diskriminante Validität des Verfahrens an dieser Stelle nicht zufriedenstellend abgesichert werden. Schwierigkeit (p) Trennschärfe (r itc ) M SD Bereich M Bereich M a Bauklötze 3.69 1.67 .97 -.30 .61 .73 -.22 .57 .81 Lego 2.66 1.66 .98 -.10 .44 .72 -.14 .53 .78 Baufix 2.61 1.97 .78 -.14 .44 .75 -.29 .62 .84 Tabelle 1: Kennwerte der Skalen des Diagnoseinstruments (Maximum jeweils sechs Punkte) Bauklötze Lego Baufix Gesamt Bauklötze - Lego .72** - Baufix .72** .70** - Gesamt .90** .89** .91** - ** Signifikanzniveau p < .01 * Signifikanzniveau p < .05 Tabelle 2: Interkorrelationen der Skalen zur Erfassung der Konstruktionsfähigkeit zum Messzeitpunkt 1 (N = 59) Bauklötze Lego Baufix Gesamt Bauklötze - Lego .58** - Baufix .67** .82** - Gesamt .82** .91** .95** - ** Signifikanzniveau p < .01 * Signifikanzniveau p < .05 Tabelle 3: Interkorrelationen der Skalen zur Erfassung der Konstruktionsfähigkeit zum Messzeitpunkt 2 (N = 26) 308 Jan Kuhl, Marco Ennemoser Pilotierung des Förderprogramms In Tabelle 4 sind die deskriptiven Statistiken der Vor- und Nachtesterhebungen wiedergegeben. Zur Überprüfung der Trainingseffekte wurden Kovarianzanalysen berechnet. Dabei diente der Faktor Gruppe (Trainingsvs. Kontrollgruppe) als Zwischensubjektfaktor, die zum Prätest gemessene Ausgangsleistung als Kovariate und die Leistung im jeweiligen Posttest als abhängige Variable. Darüber hinaus wurden die Variablen Alter und Geschlecht kontrolliert. Im Gesamtwert des Konstruktionstests ergab sich neben einem signifikanten Effekt der Kovariate Ausgangsniveau, F(1,39) = 68.20; p < .01, auch ein signifikanter Haupteffekt der Gruppe, F(1,39) = 5.40; p < .05, und lieferte somit stützende Evidenz für die Wirksamkeit des Trainings. Die um Vortestunterschiede korrigierte Effektstärke lag bei .34 und sprach für einen kleinen Effekt. Die Kontrollvariablen Alter und Geschlecht produzierten keinerlei signifikante Effekte (F(1,39) = .03; p = .86 und F(1,39) = 1.78; p = .19). Differenziertere Analysen für die einzelnen Subskalen zeigten, dass der gefundene Trainingseffekt u. a. auf die Skala Lego zurückzuführen war. Ähnlich wie im Gesamttestwert blieben auch hier Alter und Geschlecht ohne bedeutsamen Einfluss (F(1,39) = 1.03; p = .32 und F(1,39) = .54; p = .47), während ein signifikanter Effekt der Kovariate Ausgangsniveau, F(1,39) = 56.66; p < .01, abermals um einen signifikanten Haupteffekt der Gruppe ergänzt wurde, F(1,39) = 5.40; p < .05. Der zuletzt genannte Effekt war besonders nahe liegend, da das Training mit demselben Konstruktionsmaterial (Lego) durchgeführt wurde. Die Annahme, dass die erzielten materialspezifischen Fördererfolge auch tatsächlich auf andere Konstruktionsmaterialien transferieren, konnte bei Betrachtung der Skala Bauklötze zunächst nicht empirisch abgesichert werden. Hier erwies sich nur der Einfluss der Vortestleistung als statistisch bedeutsam, F(1,39) = 27.83; p < .01, der Gruppeneffekt war demgegenüber nicht signifikant, F(1,39) = 1.65; p = .21, ebenso wie die Einflüsse von Alter und Geschlecht, F(1,39) = .41; p = .53 und F(1,39) = .23; p = .63. In der konstruktionstechnisch anspruchsvollsten Skala Baufix konnte der erwartete Transfereffekt hingegen bestätigt werden. Neben der Ausgangsleistung, F(1,39) = 37.10; p < .01, erwies sich hier auch der Haupteffekt der Gruppe als statistisch bedeutsam, F(1,39) = 4.71; p < .05. Weitere Evidenz für einen Transfer auf nicht materialspezifische Facetten der Konstruktionsfähigkeit lieferte interessanterweise die Analyse des Mosaiktests. Hier erwies sich neben dem Effekt der Vortestleistung, F(1,39) = 41.12; p < .01, auch der Gruppeneffekt als statistisch bedeutsam, F(1,39) = 10.45; p < .01, was für EG KG Prä Post Prä Post Konstruktionstest gesamt M 10.11 12.61 8.62 9.46 SD 4.36 4.28 4.39 4.82 Skala Bauklötze M 4.21 4.97 3.38 4.00 SD 1.31 1.25 1.60 1.47 Skala Lego M 2.73 3.68 2.50 2.73 SD 1.59 1.67 1.61 1.73 Skala Baufix M 3.16 3.95 2.73 2.73 SD 1.89 1.81 1.76 2.16 Mosaiktest M 7.26 8.79 7.23 6.73 SD 3.12 2.53 3.37 3.40 Tabelle 4: Deskriptive Statistiken der Leistungen in den Konstruktionsaufgaben und im Mosaiktest (n EG = 19, n KG = 26) Diagnose und Förderung der Konstruktionsfähigkeit 309 eine trainingsbedingte Verbesserung des räumlichen Denkens spricht und somit als weiterer Hinweis interpretiert werden kann, dass durch die Förderung nicht nur eine Performanz-, sondern tatsächlich eine Kompetenzsteigerung bewirkt wurde. Die korrigierte Effektstärke lag mit d = .66 in einem mittleren Bereich und war damit überraschenderweise stärker ausgeprägt als in der Skala Lego, in der naturgemäß die größten Effekte erwartet worden waren. Diskussion Pilotierung des Diagnoseinstruments Die vorliegende Untersuchung liefert zunächst ermutigende Evidenz für die Eignung des entwickelten Verfahrens zur Erfassung der Konstruktionsfähigkeit bei Menschen mit geistiger Behinderung. Die Itemschwierigkeiten der Skalen zur Konstruktionsfähigkeit streuen über einen weiten Bereich, sodass mit Hilfe des Verfahrens ein relativ breites Leistungsspektrum von Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung erfasst werden kann. Dennoch erreichten etwa in der Skala Baufix 13.3 % der Schüler bereits zum Vortest die Höchstpunktzahl. Auch wenn insgesamt nicht von Deckeneffekten gesprochen werden kann, ist eine geringe Differenzierung in höheren Leistungsbereichen gerade für das Hauptziel der vorliegenden Studie, nämlich die Überprüfung trainingsbedingter Leistungszuwächse, mit gewissen Nachteilen verbunden. So erscheint es für nachfolgende Studien sinnvoll, den Test um schwierigere Items zu ergänzen, um auch die Leistungsentwicklungen von Schülern mit besserem Ausgangsniveau angemessen abbilden zu können. Der damit verbundenen Gefahr von Frustrationserlebnissen leistungsschwächerer Schüler kann problemlos durch die Einführung eines Abbruchkriteriums entgegengewirkt werden. Auch die Trennschärfen liegen bei den meisten Items in einem guten Bereich. Bei den Aufgaben mit sehr niedriger Trennschärfe (< .30) handelt es sich um sehr leichte Items, die allerdings bewusst in den Skalen belassen wurden. Zum einen, weil auf diese Weise eine gute Differenzierung in unteren Leistungsbereichen ermöglicht wird, und zum anderen, weil diesen Aufgaben eine gerade für die vorliegende Personengruppe außerordentlich wichtige „Eisbrecherfunktion“ zuzusprechen ist, da sie den Schülern helfen, sich an die Testsituation zu gewöhnen und evtl. vorhandene Ängste abzubauen. Die Kennwerte der inneren Konsistenz der Skalen sind ebenfalls zufriedenstellend. Die hohe Korrelation zwischen den Konstruktionstestleistungen zu beiden Messzeitpunkten spricht einerseits für die Reliabilität des Diagnoseinstrumentes, deutet andererseits aber auch auf die Stabilität des Merkmals Konstruktionsfähigkeit hin. Interessanterweise konnten signifikante Mittelwertsverbesserungen (ohne Training) trotz des vergleichsweise langen Zeitintervalls von sechs Monaten nur in der Skala Bauklötze registriert werden, obwohl ein Teil der Schüler bereits die Werkstufe besuchte und handwerklich-technischen Unterricht erhielt. Warum sich die beobachteten spontanen Leistungszuwächse auf diese Skala beschränken, kann an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden. Im Gesamtbild deuten die Befunde darauf hin, dass sich die Konstruktionsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung ohne gezielte Förderung auch über einen längeren Zeitraum kaum verbessert. Demnach scheinen die in der Schule für geistig Behinderte üblichen Unterrichtsangebote offenbar wenig geeignet, um die entsprechenden Kompetenzen im Verlauf eines halben Jahres entscheidend weiterzuentwickeln. Mit Blick auf die Validität des Verfahrens ergaben sich erwartungsgemäß substanzielle Korrelationen der Konstruktionsaufgaben mit dem Mosaiktest und der Beurteilung manuellhandwerklicher Fertigkeiten laut Lehrer-Fragebogen. Die Validität des Verfahrens ist damit aber noch nicht hinreichend belegt. Ebenso ist die Frage, ob Konstruktionsfähigkeit ein abgrenzbares Konstrukt ist, noch nicht endgültig geklärt. Um die Frage der differenziellen Validität zu klären, wurde in der vorliegenden Untersuchung das Wortverständnis der Probanden erfasst. Dabei überraschte auf den ersten Blick 310 Jan Kuhl, Marco Ennemoser der Befund, dass der Wortverständnistest nicht substanziell niedriger mit den Konstruktionsaufgaben korreliert als die zuvor genannten konstruktnäheren Maße. Dieser Hinweis auf eine mangelnde diskriminante Validität des Tests lässt drei mögliche Interpretationen zu. 1) Der Test ist sprachlastig und erfasst zu einem wesentlichen Anteil den Stand der Sprachentwicklung. Dieses Argument kann teilweise entkräftet werden, da das Verfahren sehr instruktionsarm ist und die Korrelationen zwischen Konstruktions- und Mosaiktest sowie Lehrerfragebogen auch nach Kontrolle des Sprachverständnisses noch substanziell sind (r = .73 bzw. r = .45). 2) Der Test ist lediglich ein Indikator für die allgemeine Intelligenz, die sowohl Konstruktionsfähigkeit als auch Sprachverständnis determiniert. Diese Annahme ist mit den vorliegenden Daten nicht überprüfbar, da kein umfassender Intelligenztest durchgeführt wurde. Dies sollte im Rahmen weiterer Studien berücksichtigt werden. 3) Schließlich existiert mit Blick auf die besondere Klientel dieser Untersuchung eine weitere Erklärung für den hohen Zusammenhang zwischen Sprach- und Konstruktionstestleistungen: Der hohe Zusammenhang ist vor dem Hintergrund der so genannten Divergenzhypothese nicht erwartungswidrig und stellt somit keinen eindeutigen Hinweis auf eine mangelnde Testvalidität dar. Vertreter dieser Hypothese gehen davon aus, dass unterschiedliche Faktoren der Intelligenz bei Menschen mit geistiger Behinderung wesentlich enger korreliert sind als dies üblicherweise der Fall ist (Wewetzer, 1958; Meyer, 1977) 3 . Allerdings ist die Befundlage trotz stützender Evidenz keinesfalls eindeutig (Deary, Egan, Gibson, Austin, Brand & Kellaghan, 1996; Detterman & Daniel, 1989), was nicht zuletzt daran liegt, dass die Divergenzhypothese in der neueren empirischen Forschung kaum aufgegriffen wurde. Ob die vergleichsweise hohen Korrelationen zwischen den Leistungen in den beiden Verfahren zur Erfassung der Konstruktionsfähigkeit und des Sprachverständnisses durch eine mangelnde Testvalidität oder die Divergenzhypothese erklärbar sind, könnte insbesondere im Rahmen einer weiteren Trainingsstudie geklärt werden. Denn ungeachtet der korrelativen Beziehung zwischen beiden Domänen sollte eine spezifische Förderung des Konstruktionsverständnisses keinen Transfer auf sprachliche Kompetenzen erbringen, so dass auf diesem Umweg (Bestimmung der diskriminanten Trainingsvalidität) eine indirekte Überprüfung der Testvalidität erfolgen kann. Da das Sprachverständnis in der vorliegenden Arbeit jedoch nur zu einem Messzeitpunkt erhoben wurde, konnte diese Annahme anhand der verfügbaren Daten nicht überprüft werden. Pilotierung des Förderprogramms Die Ergebnisse belegen, dass es bei den trainierten Schülern zu konstruktionsbezogenen Leistungssteigerungen kommt, die vor allem die Anfertigung von Lego- und Baufix-Konstruktionen sowie das räumliche Denken betreffen. Die erzielten Entwicklungszuwächse sind vermutlich auf das Konstruktionstraining zurückzuführen. Die gefundenen Transfereffekte auf das Baufix-Material und das räumliche Denken lassen darauf schließen, dass die durchgeführte Förderung möglicherweise eine Kompetenzverbesserung bewirkte und nicht lediglich eine Performanzsteigerung nach sich zog (vgl. Hager & Hasselhorn, 2000), welche keinesfalls hinreichend wäre, um die Relevanz des Trainingsprogramms zu belegen. Mit Blick auf die sehr geringe Interventionsdichte von nur zehn Sitzungen sowie den begrenzten Stichprobenumfang besteht demnach eine gewisse Hoffnung, dass sich bei einer größeren Stichprobe und/ oder längerer Förderung noch deutlichere Trainingseffekte nachweisen lassen. In diesem Zusammenhang ist auch der bereits beschriebene Befund zu bedenken, dass ein Teil der Versuchspersonen bereits im Vortest alle Aufgaben lösen konnte, sodass trainings- oder entwicklungsbedingte Leistungszuwächse für diese Schüler unter Rückgriff auf das Diagno- 3 Ähnlich der sog. Differenzierungshypothese, welche sich eher auf die Bedeutung des Lebensalters als auf die der intellektuellen Grundausstattung bezieht (Garett, 1946). Diagnose und Förderung der Konstruktionsfähigkeit 311 severfahren nicht angemessen abgebildet werden konnten. Dies könnte möglicherweise zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Trainingseffekte geführt haben. Ausblick Die durchgeführte Studie liefert sowohl im Hinblick auf das Diagnoseverfahren als auch bezüglich des Förderprogramms ermutigende Ergebnisse. So gibt es deutliche Hinweise, dass die Konstruktionsfähigkeit von Schülern mit geistiger Behinderung mit dem entwickelten Verfahren zuverlässig erfasst werden kann und dass ein entsprechendes Trainingsprogramm zu einer Kompetenzsteigerung in diesem Bereich führt. Aufgrund der genannten Probleme (insbes. Vergleichbarkeit der Kontrollgruppe und unvollständige Erhebung von Kontrollmaßen) bleiben aber eine Reihe wichtiger Fragen offen, die durch weitere Studien zu klären sind. 1) Erweiterung und Überprüfung des Diagnoseinstruments zur Erfassung der Konstruktionsfähigkeit Es hat sich gezeigt, dass das Diagnoseinstrument im oberen Leistungsbereich teilweise nicht ausreichend differenziert, um trainings- oder entwicklungsbedingte Leistungszuwächse bei Schülern mit höherem Ausgangsniveau registrieren zu können. Demnach ist eine Ergänzung der bisherigen Skalen um schwierigere Items sinnvoll. Weiterhin sollte das Verfahren im Hinblick auf Validität und Reliabilität gründlicher als bisher überprüft werden. Besonderes Augenmerk sollte dabei der offenen Frage der Konstruktvalidität gelten, die durch eine Erhebung weiterer Intelligenzmerkmale und Außenkriterien zu klären ist. Vor dem Hintergrund der Divergenzhypothese ist dabei jedoch auch zu bedenken, dass ein Nachweis der diskriminanten Validität bei Menschen mit geistiger Behinderung möglicherweise erschwert ist. Aus diesem Grunde sollten zur genaueren Validitätsbeurteilung auch etwaige Fördereffekte des Konstruktionstrainings herangezogen werden. Denn ungeachtet hoher Korrelationen zwischen verschiedenen Kompetenzdomänen sollten die Effekte des Trainings auch bei Menschen mit geistiger Behinderung spezifisch auf den Bereich der Konstruktionsfähigkeit beschränkt bleiben und nicht etwa auf sprachliche Kompetenzen generalisieren. Auf diese Weise könnte die Überprüfung der diskriminanten Trainingsvalidität zugleich einen Hinweis auf die diskriminante Validität des Testverfahrens liefern. 2) Evaluation des Trainingsprogramms Wie bereits erwähnt, ist an dieser Stelle eine abschließende Beurteilung des vorliegenden Förderpotenzials trotz der durchaus ermutigenden Hinweise nicht möglich. Zu den Anforderungen an eine Nachfolgestudie zählt zunächst der Einbezug einer direkt vergleichbaren Kontrollgruppe, da diese Bedingung im Rahmen der dargestellten Pilotstudie aufgrund des größeren Zeitintervalls zwischen Prä- und Posttestung nur bedingt gegeben war. Durch eine vor allem im oberen Leistungsbereich differenzierte Erfassung der Kompetenzen im Umgang mit unterschiedlichen Konstruktionsmaterialien (Lego, Baufix, Bauklötze) können zudem zuverlässigere Rückschlüsse darüber ermöglicht werden, inwiefern die ausschließlich legobasierte Förderung ggf. nur materialspezifisch wirksam ist oder ob sich tatsächlich die erwünschten Transfereffekte im Sinne einer Kompetenzsteigerung nachweisen lassen (vgl. Hager & Hasselhorn, 2000). Darüber hinaus sollte mit einer zusätzlichen Kontrollgruppe gearbeitet werden, die ein alternatives Training erhält, um sicherzustellen, dass die (mutmaßlich) spezifische Förderung der Konstruktionsfähigkeit auch tatsächlich größere Effekte nach sich zieht als z.B. ein allgemeines kognitives Training. Ferner ist bei der Konzeption von Nachfolgestudien zu berücksichtigen, dass die hier beobachteten Effekte nicht über eine kleine bis mittlere Größenordnung hinauskamen, sodass über eine Erweiterung des mit zehn Sitzungen eher geringen Interventionsumfangs nachgedacht werden muss. Nicht zuletzt erlauben die ersten Befunde keinerlei Aussagen darüber, inwieweit die beobachteten Effekte im Anschluss an die Förderung bestehen bleiben oder im Folgezeitraum unmittelbar ver- 312 Jan Kuhl, Marco Ennemoser loren gehen. Nachfolgestudien sollten demnach Follow-up-Erhebungen beinhalten, um auch die Persistenz etwaiger Trainingseffekte überprüfen zu können. Literatur Dank, S. (1989). Geistigbehinderte lernen die Uhr im Tagesablauf kennen. Dortmund: Modernes Lernen. Dank, S. (1993). Geistigbehinderte pflegen ihren Körper. Dortmund: Modernes Lernen. Deary, I. J., Egan, V., Gibson, G. J., Austin, E. J., Brand, C. R., Kellaghan, T. (1996). Intelligence and the differentiation hypothesis. 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Jan Kuhl Otto-Behaghel-Str. 10/ F D-35394 Giessen Tel. 06 41-99-2 61 71 Fax 06 41-99-2 71 79 E-Mail: jan.kuhl@psychol.uni-giessen.de Prof. Dr. Marco Ennemoser Otto-Behaghel-Str. 10/ F D-35394 Giessen Tel. 06 41-99-2 60 07 Fax. 06 41-99-2 71 79 E-Mail: marco.ennemoser@psychol.uni-giessen.de