eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 58/2

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2011
582

Förderung anwendbaren Theoriewissens in der Lehrerbildung: Vergleich problembasierten und instruktionsorientierten Lernens

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2011
Ulrike-Marie Krause
Robin Stark
Petra Herzmann
In einer Feldstudie wurde problembasiertes Lernen mit instruktionsorientiertem Lernen verglichen. Die Lehransätze wurden in zwei Hauptseminaren für Lehramtsstudierende umgesetzt. Ziel der Seminare war die Vermittlung anwendbaren Theoriewissens zu den Themen Angst und Aggression. Die Seminare wurden von derselben Dozentin durchgeführt; die Inhalte, die Gesamtstruktur und zentrale Unterrichtsprinzipien (Einbeziehung authentischer Fälle, Methodenvielfalt etc.) waren identisch. Im problembasierten Seminar (n = 26) lag der Schwerpunkt auf kooperativen Fallanalysen und moderierten Diskussionen, im instruktionsorientierten Seminar (n = 21) auf direkter Instruktion mit Übungen. Die Gruppen waren vergleichbar bezüglich relevanter Studierendenmerkmale. In beiden Seminaren zeigte sich ein signifikanter und substanzieller Lernfortschritt. Der instruktionsorientierte Lehransatz erwies sich hinsichtlich anspruchsvoller Aufgaben als lernwirksamer als der problembasierte.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2011, 58, 106 - 115 DOI 10.2378/ peu2010.art27d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Förderung anwendbaren Theoriewissens in der Lehrerbildung: Vergleich problembasierten und instruktionsorientierten Lernens Ulrike-Marie Krause, Robin Stark Petra Herzmann Universität des Saarlandes Universität zu Köln Promoting Applicable Knowledge in Teacher Education: Comparison of Problem-based and Instruction-oriented Learning Summary: In a field study, problem-based and instruction-oriented learning were compared. The instructional approaches were implemented in two advanced seminars for preservice teachers. The seminars should promote applicable knowledge on anxiety and aggression. The courses were conducted by the same lecturer; content, overall structure and basic teaching principles (reference to authentic cases, variation of methods etc.) were identical. The problem-based seminar (n = 26) focused on cooperative case analyses and moderated discussions, whereas the instruction-oriented seminar (n = 21) was based on direct instruction with exercises. The groups were comparable concerning relevant student characteristics. In both courses, students showed significant and substantial learning gains. The instruction-oriented teaching method was more effective concerning demanding tasks than the problem-based approach. Keywords: Teaching methods, problem-based learning, direct instruction, applicable knowledge, teacher education Zusammenfassung: In einer Feldstudie wurde problembasiertes Lernen mit instruktionsorientiertem Lernen verglichen. Die Lehransätze wurden in zwei Hauptseminaren für Lehramtsstudierende umgesetzt. Ziel der Seminare war die Vermittlung anwendbaren Theoriewissens zu den Themen Angst und Aggression. Die Seminare wurden von derselben Dozentin durchgeführt; die Inhalte, die Gesamtstruktur und zentrale Unterrichtsprinzipien (Einbeziehung authentischer Fälle, Methodenvielfalt etc.) waren identisch. Im problembasierten Seminar (n = 26) lag der Schwerpunkt auf kooperativen Fallanalysen und moderierten Diskussionen, im instruktionsorientierten Seminar (n = 21) auf direkter Instruktion mit Übungen. Die Gruppen waren vergleichbar bezüglich relevanter Studierendenmerkmale. In beiden Seminaren zeigte sich ein signifikanter und substanzieller Lernfortschritt. Der instruktionsorientierte Lehransatz erwies sich hinsichtlich anspruchsvoller Aufgaben als lernwirksamer als der problembasierte. Schlüsselbegriffe: Lehrmethoden, problembasiertes Lernen, direkte Instruktion, anwendbares Wissen, Lehrerbildung Zentrales Ziel der Lehrerbildung ist die Vermittlung handlungsrelevanten wissenschaftlichen Wissens. Die Studierenden sollen lernen, Theoriewissen effektiv auf bekannte und neue Problemstellungen anzuwenden (naher und weiter Transfer). Vielen Studierenden fällt dies auch nach einigen Studiensemestern schwer. Die Analyse pädagogischer Situationen und Phänomene ist häufig auch im zweiten Studienabschnitt stark von Alltagserfahrungen und subjektiven Theorien beeinflusst (vgl. Kagan, 1992; Krause & Stark, 2009; Pajares, 1992). Wissenschaftliches Theoriewissen wird oftmals zwar in Prüfungen reproduziert, aber in pädagogisch relevanten Situationen nicht genutzt (vgl. Terhart et al., 1994). Dieses Problem Förderung anwendbaren Theoriewissens 107 des „trägen Wissens“ (Gruber & Renkl, 2000) wird im Zuge aktueller Reformbemühungen in der Lehrerbildung intensiv diskutiert (vgl. Neuweg, 2007). Doch nicht nur die Wissensanwendung bereitet vielen Studierenden Probleme. Auch die Reproduktion wissenschaftlicher Theorien und Befunde in Prüfungen zeugt immer wieder von Fehlkonzepten und Verständnisschwierigkeiten. Und auch hier wird zum Teil auf subjektive Theorien rekurriert. Es gilt also, Lernumgebungen zu gestalten, die sowohl reproduzierbares als auch anwendbares Theoriewissen effektiv fördern (vgl. Kagan, 1992). Dies wurde mit der vorliegenden Studie angestrebt. Vor dem Hintergrund einer Untersuchung zum wissenschaftlichen Argumentieren (Stark, Puhl & Krause, 2009) und des aktuellen Forschungsstands zur Effektivität verschiedener Instruktionsansätze (s. u.) wurden zwei Seminarkonzeptionen entwickelt und bezüglich ihrer Lernwirksamkeit verglichen. In einem der beiden Seminare wurde ein problembasierter Lehransatz realisiert, in dem anderen ein instruktionsorientierter Ansatz. Die Seminarthemen waren Angst und Aggression. Die Wirksamkeit der beiden Lehrmethoden wurde in der hier dargestellten Studie untersucht. Mit dieser Studie sollte ein Beitrag zu einer wissenschaftlich fundierten, kompetenzorientierten Lehrerbildung geleistet werden (vgl. Allemann-Ghionda & Terhart, 2006; Oser, Achtenhagen & Renold, 2006). Im Folgenden wird zunächst die Effektivität problembasierten und instruktionsorientierten Lernens diskutiert, anschließend werden die Konzeptionen der beiden Seminare erläutert. Effektivität problembasierter und instruktionsorientierter Lernumgebungen Es ist umstritten, welche Lehrmethode sich zur Förderung anwendbaren Wissens besonders gut eignet (Kirschner, Sweller & Clark, 2006). In den letzten Jahren wurden zunehmend Ansätze problembasierten Lernens erprobt (Schmidt, Loyens, Van Gog & Paas, 2007). Problembasiertes Lernen ist gekennzeichnet durch die Bezugnahme auf authentische bzw. realistische Probleme; meist wird darauf Wert gelegt, dass die Lernenden die Problemstellungen selbstgesteuert und kooperativ bearbeiten und verschiedene Kontexte und Perspektiven kennenlernen (vgl. z. B. Dochy, Segers, Van den Bossche & Gijbels, 2003; Gräsel, 1997; Reinmann & Mandl, 2006). Auf diese Weise sollen die Lernenden üben, mit Komplexität umzugehen und ihr Wissen flexibel auf authentische Fragestellungen anzuwenden. Verglichen werden problembasierte Ansätze meist mit direkter Instruktion. Diese ist gekennzeichnet durch die systematische Präsentation der Lerninhalte, Lehrerzentriertheit und ein hohes Ausmaß an Anleitung (vgl. z. B. Brophy, 2006; Rosenshine, 1995). Die Befundlage verschiedener Metaanalysen zum problembasierten und instruktionsorientierten Lernen ist insgesamt uneinheitlich (vgl. z. B. Berkson, 1993; Dochy et al., 2003). Es gibt viele empirische Nachweise der Lernwirksamkeit problembasierter Ansätze (Cognition and Technology Group at Vanderbilt [CTGV], 1992; Dochy et al., 2003; Hmelo-Silver, Duncan & Chinn, 2007; Vernon & Blake, 1993). In einigen Vergleichsstudien war jedoch direkte Instruktion effektiver als offenere Lernformen (z. B. Klahr & Nigam, 2004; siehe auch Kirschner et al., 2006). In der Lehrerbildung erwiesen sich sowohl problembasierte Ansätze (z. B. Fölling-Albers, Hartinger & Mörtl-Hafizovic, 2004) als auch instruktionsorientierte Lernumgebungen (z. B. Krause & Stark, 2009) als lernwirksam, sowohl hinsichtlich reproduzierbaren als auch hinsichtlich anwendbaren Wissens. Von entscheidender Bedeutung für die Effektivität unterschiedlicher Lehr-Lernformen ist das Vorwissen der Lernenden; bei geringem Vorwissen ist mit positiven Effekten direkter Instruktion und umfangreicher Anleitung zu rechnen (Köller, 2008). In der vorliegenden Studie wurde die Effektivität zweier integrierter Lernumgebungen (Reinmann & Mandl, 2006) untersucht. In beiden Lehrveranstaltungen wurde Problem- 108 Ulrike-Marie Krause et al. orientierung mit instruktionaler Unterstützung kombiniert. In einem der Seminare lag der Schwerpunkt auf problembasiertem Lernen, im anderen auf direkter Instruktion. Ziele und Gestaltung der Seminare Die beiden Hauptseminare wurden von derselben Dozentin durchgeführt. Die nachfolgend beschriebenen Lernziele, Inhalte und unterrichtsmethodischen Grundprinzipien waren identisch, ebenso wie die Gesamtstruktur (siehe Abschnitt „Methode“). Die Seminare unterschieden sich jedoch in der didaktischen Ausrichtung (s. u.). Lernziele Das wichtigste Lernziel bestand darin, eine wissenschaftliche Herangehensweise an Problemstellungen der Praxis zu fördern. Am Beispiel der schulrelevanten Inhaltsgebiete Angst (mit Schwerpunkt Schulangst) und Aggression sollte die kompetente, reflektierte Theorieanwendung eingeübt werden. Die Studierenden sollten am Seminarende in der Lage sein, das erworbene Wissen auf authentische bzw. realitätsnahe Fälle anzuwenden. Im Verlauf der Veranstaltungen sollten subjektive Theorien identifiziert und ggf. korrigiert bzw. durch wissenschaftliche Theorien ersetzt werden (vgl. Buchmann & Schwille, 1983; Kagan, 1992). Der reflektierte Umgang mit Theorien sollte sich insbesondere darin zeigen, dass die Studierenden zwischen wissenschaftlichen und subjektiven Theorien unterscheiden können und erkennen, inwiefern eine wissenschaftliche Theorie für ein bestimmtes Problem nützlich ist. Im Zentrum der Seminare stand Theoriewissen, das eine professionelle Analyse pädagogischer Situationen erlaubt, da die erfolgreiche Intervention bei Problemen in der pädagogischen Praxis eine differenzierte und reflektierte Situationsanalyse erfordert (vgl. Bromme, 2008; Darling-Hammond, 2006). Diese Analyse umfasst eine korrekte Diagnose von Phänomenen (z. B. Symptomen und Begleiterscheinungen von Schulangst), die Identifikation möglicher Ursachen (z. B. der Genese von Schulangst), das Einbeziehen verschiedener Perspektiven (z. B. die Sicht eines schulängstlichen Kindes und die Perspektive der Eltern) sowie die Prognose möglicher Entwicklungen (z. B. der Folgen des Nicht-Eingreifens oder bestimmter Interventionsmaßnahmen). Dieses Analysewissen sollte sowohl korrekt wiedergegeben als auch auf praktische Fälle angewendet werden können (reproduzierbares und anwendbares Analysewissen). Weiterhin sollte Wissen über mögliche Präventions- und Interventionsmaßnahmen erworben werden. Da im Rahmen der Seminare eine realitätsnahe Erprobung von Interventionen im Bereich (Schul-)Angst und Aggression nicht möglich war, wurde reproduzierbares Interventionswissen angestrebt. Inhalte Die Inhalte der beiden Seminare waren identisch. Zu Beginn erfolgte eine Einführung in das Thema Theorien. Grundlage war ein einführender Text über wissenschaftstheoretische Grundlagen der empirischen Bildungsforschung von Beck und Krapp (2006). Anschließend wurden Theorien und authentische bzw. realistische Fallbeispiele zu Angst und Aggression behandelt. Der inhaltliche Schwerpunkt lag auf dem Thema Angst. Anhand des Themas Aggression sollte vor allem überprüft werden, inwieweit das Theoriewissen auf ein neues Inhaltsgebiet transferiert werden kann (weiter Transfer). Inhaltliche Grundlage waren verschiedene Textausschnitte (u. a. aus Busch & Todt, 2006; Hoyer & Margraf, 2003; Morschitzky, 2002; Rost & Schermer, 2006; Schwarzer, 2000; Ulich & Mayring, 2003; Wild, Hofer & Pekrun, 2006) und mehrere Fallbeispiele zu Angst, Schulangst und Aggression. Unterrichtsmethodische Grundprinzipien Da beide Konzeptionen pädagogisch sinnvoll sein sollten, wurden bestimmte unterrichtsme- Förderung anwendbaren Theoriewissens 109 thodische Grundprinzipien umgesetzt. Erstens wurden in beiden Seminaren Theorien und Fallbeispiele systematisch miteinander verbunden (CTGV, 1992; Darling-Hammond, 2006; Spiro & Jehng, 1990; Sykes & Bird, 1992). Auf diese Weise sollten Anwendungsmöglichkeiten und die Relevanz der Theorien verdeutlicht werden. Zweitens wurden verschiedene Perspektiven und Kontexte einbezogen (Spiro & Jehng, 1990): Es wurden unterschiedliche theoretische Positionen diskutiert (z. B. behavioristische und kognitive Ansätze), mehrere Fallkontexte thematisiert (z. B. Schule, Familie) und Sichtweisen verschiedener Akteure betrachtet (z. B. Lehrersicht, Schülersicht). Drittens kamen verschiedene Methoden und Sozialformen zum Einsatz (z. B. Einzelarbeit, Gruppenarbeit; vgl. Helmke, 2009). Und viertens erhielten die Studierenden instruktionale Anregungen und Unterstützung (Brophy, 2006; Krause & Stark, 2006), vor allem in Form von Dozentenfragen, schriftlichem Material zu sämtlichen Theorien und Fallbeispielen, gemeinsamer Ergebnissicherung und elaboriertem Feedback (Krause, 2007). Didaktische Schwerpunkte Im problembasierten Seminar wurde in Kleingruppen, teilweise auch in Einzelarbeit überwiegend selbstgesteuert gelernt (Simons, 1992). Mit Hilfe von Textausschnitten waren Fallbeispiele zu analysieren. Nach der Aufgabenbearbeitung wurden die Ergebnisse im Plenum vorgestellt und diskutiert. Die Dozentin moderierte die Diskussionen, korrigierte Fehlkonzepte und ergänzte fehlende Aspekte. Diese Konzeption ist von der Anchored Instruction (CTGV, 1992) inspiriert, bei der authentische Problemstellungen im Zentrum des Lernens stehen und die Problembearbeitung häufig selbstgesteuert und in Kleingruppen erfolgt. Im instruktionsorientierten Seminar wurden die Lerninhalte systematisch von der Dozentin präsentiert. Hierbei wurde auch die Theorieanwendung demonstriert (Modelllernen; Bandura, 1986). Außerdem stellte die Dozentin zwischendurch Fragen an das Plenum, um das Verständnis sicherzustellen und die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten. Anschließend wurde der Lernstoff entweder in Einzelarbeit oder in Kleingruppen eingeübt und vertieft (vgl. Rosenshine, 1995). Die Besprechung der Übungsaufgaben erfolgte im Plenum. Hierbei korrigierte die Dozentin Fehlkonzepte und ergänzte die Antworten der Studierenden. Die Konzeption ist an den Cognitive-Apprenticeship-Ansatz (Collins, Brown & Newman, 1989) angelehnt, bei dem Lernende durch einen Experten zunächst systematisch angeleitet und dann schrittweise zu eigenständigem Problemlösen befähigt werden. Die beiden Veranstaltungen unterschieden sich damit in folgenden Punkten: (1) Hinsichtlich der (hauptsächlichen) Rolle der Seminarleitung: Im problembasierten Seminar war die Dozentin vor allem Beraterin und Moderatorin, im instruktionsorientierten Seminar hatte sie die traditionelle Rolle der Lehrenden. (2) Hinsichtlich der (vorherrschenden) Art der Informationspräsentation: Im problembasierten Seminar wurden den Studierenden Aufgaben und Materialien zur eigenständigen Bearbeitung an die Hand gegeben, im instruktionsorientierten Seminar wurden die Informationen vorwiegend durch die Dozentin referiert. (3) Hinsichtlich der Rolle der Fallbeispiele: Im problembasierten Seminar bildeten die Fälle den Ausgangspunkt des Lernens, im instruktionsorientierten Seminar dienten sie zur Veranschaulichung vorher präsentierter Theorien und als Übungsmaterial. Da in beiden Seminaren Problemorientierung mit instruktionaler Unterstützung verbunden wurde, kann Lehransatz 1 als unterstütztes problembasiertes Lernen bezeichnet werden und Lehransatz 2 als problembezogenes instruktionsorientiertes Lernen, und beide Veranstaltungen können als integrierte Lernumgebungen nach Reinmann und Mandl (2006) gelten. 110 Ulrike-Marie Krause et al. Fragestellungen und Hypothesen Im Zentrum der Studie standen folgende Fragestellungen: (1) Inwieweit zeigt sich in den Seminaren ein Wissenszuwachs? Beide Seminare wurden so konzipiert, dass sie didaktisch sinnvoll und entsprechend effektiv sein dürften. Daher wurde erwartet, dass sich in beiden Lehrveranstaltungen ein deutlicher Wissenszuwachs zeigt. (2) Inwieweit wirkt sich der Lehransatz auf den Lernerfolg der Studierenden aus? Angesichts der uneinheitlichen Befundlage wurde keine generelle Überlegenheit eines Ansatzes postuliert. Der instruktionsorientierte Ansatz sollte insbesondere vorwissensschwächeren Studierenden zugute kommen; es wurde also eine Aptitude-Treatment- Interaktion (Cronbach & Snow, 1977) erwartet. Methode Stichprobe Die Stichprobe bestand aus 47 Lehramtsstudierenden, davon befanden sich 26 im problembasierten Seminar. Die gesamte Teilnehmerzahl betrug im problembasierten Seminar 30, im instruktionsorientierten 22; bei den einzelnen Sitzungen waren jedoch nicht immer alle Studierenden anwesend. In die Analysen wurden nur diejenigen einbezogen, die regelmäßig teilgenommen und den Nachtest mitgeschrieben hatten. Da die Veranstaltungsbeschreibung der Seminare identisch war und sich nur auf die Seminarinhalte und nicht auf die Lehrmethoden bezog, waren keine Selbstselektionseffekte hinsichtlich der Experimentalbedingungen möglich. Die Geschlechterverteilung war vergleichbar (problembasiertes Seminar: 15 Frauen, instruktionsorientiertes Seminar: 9 Frauen), Geschlecht und Bedingung waren nicht assoziiert (Chi 2 (1) = .31, n.s.). Das Durchschnittsalter lag im problembasierten Seminar bei 24.79 Jahren (SD = 4.46), im instruktionsorientierten bei 24.85 (SD = 3.07). Der Unterschied war nicht signifikant (t(42) = .05, n.s.). Auch bezüglich der Semesterzahl ergab sich kein signifikanter Unterschied (problembasiert: M = 6.73, SD = 2.03; instruktionsorientiert: M = 7.67, SD = 2.03; t(45) = 1.57, n.s.). Die Gruppen waren ebenfalls vergleichbar hinsichtlich der Abiturnoten (problembasiert: M = 2.34, SD = .48; instruktionsorientiert: M = 2.25, SD = .50; t(41) = -.66, n.s.) 1 . Seminarstruktur und Untersuchungsablauf Beide Veranstaltungen bestanden aus zwölf 90-minütigen Sitzungen. In der ersten Seminarsitzung fand die Vorerhebung statt (s. u.), außerdem erhielten die Studierenden einen kurzen Überblick über die Veranstaltung. Die Sitzungen zwei und drei waren dem Thema wissenschaftliche und subjektive Theorien gewidmet. Anschließend wurde das Thema Angst bzw. Schulangst in fünf Sitzungen behandelt. In der nachfolgenden Sitzung wurde das erworbene Wissen über Angst und Schulangst mittels eines Nachtests erfasst (s. u.). Die nächsten beiden Sitzungen befassten sich mit dem Thema Aggression, mit Fokus auf Aggression im schulischen Kontext. Anschließend erfolgten eine weitere Datenerhebung und eine Nachbesprechung. Da es keine Hausaufgaben gab, war die Lernzeit in den beiden Seminaren vergleichbar. Datenerhebung Der Vortest bestand aus sieben Aufgaben zum Thema Angst bzw. Schulangst (theoretisches Maximum: 72). Beispielsweise war folgende Aufgabe zu bearbeiten: „Bitte erörtern Sie folgende Situation mit Blick auf Theorien der Angstentstehung: Anna ist neu in der 7 b. Sie ist ein schüchternes Kind und kennt niemanden in der Klasse. Im Unterricht soll sie eine Frage beantworten, obwohl sie sich nicht gemeldet hat. Sie weiß keine Antwort, stammelt etwas, wird rot. Die Klasse lacht. Beziehen Sie sich in Ihren Ausführungen sowohl auf die Schülerin Anna als auch auf ihren Mitschüler Jan, der ebenfalls neu in der Klasse ist und der die Situation beobachtet.“ Cronbachs Alpha des Vortests lag bei .64. Der Nachtest umfasste acht Aufgaben zum Thema Angst bzw. Schulangst (theor. Max.: 94). Drei Aufgaben waren mit Aufgaben des Vortests identisch 1 Drei Studierende machten keine Angaben zum Alter, vier gaben keine Abiturnote an. Förderung anwendbaren Theoriewissens 111 (theor. Max.: 38); diese Messwiederholung diente der Bestimmung des Wissenszuwachses. Unter anderem war das Fallbeispiel der Schülerin Anna erneut zu analysieren. Cronbachs Alpha des Nachtests lag bei .77. Die Aufgaben erfassten verschiedene Wissensarten. Reproduzierbares Analysewissen wurde mit vier Aufgaben (theor. Max.: 34) erhoben. Unter anderem war folgende Frage zu beantworten: „Was sind zentrale Merkmale hochängstlicher Schüler? “ Cronbachs Alpha dieser Aufgabengruppe lag bei .63. Anwendbares Analysewissen (naher und weiter Transfer) wurde mit insgesamt drei Aufgaben erfasst. Zwei Aufgaben (theor. Max.: 36) erforderten nahen Transfer. Hier waren Fallbeispiele zum Thema Schulangst mit Hilfe theoretischen Wissens zu analysieren. Eine Aufgabe lautete: „In Jakobs Klasse wird eine Chemieklausur geschrieben. Es ist die erste Chemieklausur, das Fach ist für die Schüler der 8 c neu. Jakobs Vater hat Chemie studiert; damit Jakob eine gute Note schreibt, hat er mit seinem Sohn lange für die Klausur geübt. In der Klausur kann Jakob die erste Aufgabe nicht lösen. Er versucht es mehrfach, streicht immer wieder alles durch. Er bekommt Angst. Bitte erörtern Sie die Situation mit Blick auf Theorien der Angstentstehung.“ Cronbachs Alpha dieser Aufgabengruppe war .65. Bei einer weiteren Aufgabe (theor. Max.: 10) ging es um das Thema Aggression, das zum Testzeitpunkt noch nicht behandelt worden war. Hier war also weiter Transfer erforderlich. Die Aufgabe war: „Inwiefern wird in der nachfolgenden Situation aggressives Verhalten gefördert? Bitte nutzen Sie Ihr im Seminar erworbenes Theoriewissen. Ein Junge erzählt seinem Vater, er habe einen Mitschüler verprügelt, weil dieser ihn geärgert habe. Der Vater sagt: ‚Und, hast du’s ihm richtig gezeigt? ‘ Als der Sohn dies bejaht, sagt der Vater: ‚Gut! Du bist wie ich, du lässt dir nichts gefallen! “ Reproduzierbares Interventionswissen wurde mit folgender Aufgabe erhoben (theor. Max.: 14): „Der 10-jährige Marco besucht die 5 a des Gymnasiums. Die Klasse ist recht leistungsstark; es gibt ein paar Schüler, die den Unterricht dominieren und dabei deutlich miteinander in Konkurrenz stehen. Marco gehört nicht zu diesen Schülern; er ist unsicher und zurückhaltend. Mit seinem Mitschüler Jonas versteht er sich ganz gut, ansonsten steht er aber am Rande der Klasse. Im Unterricht meldet er sich fast nie, und seine Leistungen liegen in der Regel deutlich unter dem Klassendurchschnitt. Besondere Schwierigkeiten hat Marco im Fach Englisch, das der Schulleiter, Herr Hoffmann, unterrichtet. Marco spielt recht gut Gitarre. a) Was können Marcos Lehrer tun, um bei Marco und ggf. auch bei seinen Mitschülern die Entstehung von Leistungsängstlichkeit zu verhindern? b) Welchen Rat könnte man Marcos Eltern geben? c) Welche weiteren Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Verringerung von Leistungsangst kennen Sie? “ Die Wissenstests wurden durch zwei vorher trainierte Bewerter anhand von Auswertungsschemata ausgewertet. Das Bewertertraining bestand in Probeauswertungen anhand der Schemata und Rückmeldung durch die Erstautorin. Die beiden Bewerter stimmten in über 80 % der Urteile überein. Bei abweichenden Urteilen erfolgte die Bewertung durch die Erstautorin. Es handelte sich in allen Fällen um Blindratings. Zu Beginn der Seminare wurden außerdem soziodemografische Aspekte und verschiedene kognitive und motivationale Lernvoraussetzungen anhand von Ratingskalen erhoben. Die Skalen waren sechsfach gestuft (von 1 = „stimmt überhaupt nicht“ bis 6 = „stimmt genau“). Ergebnisse Die beiden Experimentalgruppen waren hinsichtlich soziodemografischer Aspekte vergleichbar (siehe Abschnitt „Stichprobe“). Das Vorwissen der Studierenden zum Thema Angst bzw. Schulangst war gering; im Vortest wurde im Mittel etwa ein Fünftel der Maximalpunktzahl erreicht (problembasiertes Seminar: M = 16.18, SD = 4.65; instruktionsorientiertes Seminar: M = 16.80, SD = 3.87). Bezüglich aller erfassten Lernvoraussetzungen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen (alle p > .20). Es zeigte sich ein deutlicher Wissenszuwachs bei den drei Aufgaben, die in Vor- und Nachtest identisch waren. Im problembasierten Seminar erzielten die Studierenden im Vortest im Mittel 7.44 von 38 möglichen Punkten (SD = 1.99), im Nachtest 15.21 (SD = 5.41). Im instruktionsorientierten Seminar war der Lernfortschritt noch größer: Hier wurden im Vortest durchschnittlich 7.38 Punkte erreicht (SD = 1.77), im Nachtest 20.45 (SD = 6.19). Eine Varianzanalyse mit Messwiederholung und dem Gruppenfaktor „Lehransatz“ (mit N = 45, da zwei Studierende zum Vortesttermin 112 Ulrike-Marie Krause et al. nicht anwesend waren) ergab einen signifikanten und sehr großen Haupteffekt des Messwiederholungsfaktors (F(1, 43) = 239.15, p < .01, h 2 = .85). Auch die Interaktion des Messwiederholungsfaktors mit dem Faktor „Lehransatz“ war signifikant, und auch dieser Effekt war groß (F(1, 43) = 16.05, p < .01, h 2 = .27). Ebenfalls signifikant war der Haupteffekt des Lehransatzes (F(1, 43) = 6.51, p < .05, h 2 = .13). Auch bezüglich der Leistung im gesamten Nachtest waren die Teilnehmer/ innen des instruktionsorientierten Seminars erfolgreicher als die Studierenden aus dem problembasierten Seminar (siehe Tabelle 1). Der Effekt des Lehransatzes war signifikant und substanziell (t(45) = 2.91, p < .01, d = .86). Da bei wiederholter Testung Sequenzeffekte auftreten können, wurden die Aufgaben, die nicht im Vortest enthalten waren, zusätzlich separat betrachtet. Die Ergebnisse bestätigen die Überlegenheit des instruktionsorientierten Ansatzes (t(45) = 2.41, p < .05, d = .71). Lernende mit weniger Vorwissen (bis 16 Punkte im Vortest, Dichotomisierung am Median) erzielten im problembasierten Seminar im Mittel 33.00 Punkte im Nachtest (SD = 10.29), im instruktionsorientierten 43.25 (SD = 9.43). Die Vorwissensstärkeren (über 16 Punkte im Vortest) erreichten im problembasierten Seminar im Durchschnitt 45.42 Punkte im Nachtest (SD = 12.90) und im instruktionsorientierten 56.55 (SD = 12.59). Eine Varianzanalyse mit den Faktoren „Vorwissen“ und „Lehransatz“ ergab signifikante Haupteffekte des Vorwissens (F(1, 41) = 14.13, p < .01, h 2 = .26) und des Lehransatzes (F(1, 41) = 9.77, p < .01, h 2 = .19), jedoch keine signifikante Interaktion zwischen Vorwissen und Lehransatz (F(1, 41) < 1, n.s.). Die erwartete Aptitude-Treatment-Interaktion zeigte sich also nicht. Hinsichtlich der einzelnen Wissensarten ergaben sich unterschiedliche Effekte. Bei den Aufgaben, die reproduzierbares Analysewissen erforderten, waren die Teilnehmer/ innen des instruktionsorientierten Seminars deutlich erfolgreicher (siehe Tabelle 1), der Effekt war signifikant und groß (t(45) = 3.27, p < .01, d = .94). Dasselbe galt für das anwendbare Analysewissen, sowohl hinsichtlich des nahen Transfers (t(45) = 2.72, p < .01, d = .80) als auch bezüglich des weiten Transfers (t(45) = 2.14, p < .05, d = .62). War jedoch reproduzierbares Interventionswissen gefragt, so zeigte sich kein Unterschied zwischen den Gruppen (t(45) = -.44, n.s.). Zusammenfassung und Diskussion In der vorliegenden Feldstudie wurde (unterstütztes) problembasiertes Lernen mit (problembezogenem) instruktionsorientiertem Lernen verglichen. Mit den Themen Angst- und Aggressionstheorien wurden komplexe und anspruchsvolle Inhaltsgebiete mittlerer Strukturiertheit behandelt. Das Vorwissen der Studierenden war insgesamt gering. Problembasiert Instruktionsorientiert Gesamter Nachtest (theor. Max.: 94) 38.39 (13.08) 49.41 (12.68) Nicht im Vortest enthaltene Aufgaben (theor. Max.: 56) 23.17 (8.34) 28.95 (7.95) Reproduzierbares Analysewissen (theor. Max.: 34) 12.89 (4.09) 17.57 (5.73) Anwendbares Analysewissen/ naher Transfer (theor. Max.: 36) 13.15 (6.89) 18.62 (6.82) Anwendbares Analysewissen/ weiter Transfer (theor. Max.: 10) 4.79 (1.73) 6.00 (2.14) Reproduzierbares Interventionswissen (theor. Max.: 14) 7.56 (2.70) 7.21 (2.63) Tabelle 1: Leistungen im Nachtest: Mittelwerte und Standardabweichungen Förderung anwendbaren Theoriewissens 113 In beiden Seminaren zeigte sich ein deutlicher Wissenszuwachs. Bei den Aufgaben, die in Vor- und Nachtest identisch waren, wurde vor der Intervention lediglich ein Fünftel der Maximalpunktzahl erreicht, nach Ende der Seminareinheit zum Thema Angst bzw. Schulangst immerhin etwa die Hälfte des theoretischen Maximums. Beide Lehransätze waren also sehr lernwirksam. Als besonders effektiv erwies sich der instruktionsorientierte Ansatz. Die Teilnehmer/ innen des instruktionsorientierten Seminars erzielten einen größeren Lernfortschritt und schnitten generell im Nachtest besser ab als ihre Kommilitonen aus dem problembasierten Seminar. Dies galt sowohl für vorwissensschwächere als auch für vorwissensstärkere Studierende, die erwartete Aptitude-Treatment-Interaktion zeigte sich nicht. Dies liegt vermutlich daran, dass das Vorwissen aller Studierenden gering war; offenbar benötigten auch die (im Vergleich zu ihren Kommilitonen) Vorwissensstärkeren umfangreiche instruktionale Unterstützung. Bei Betrachtung der verschiedenen Wissensarten zeigte sich ein differenziertes Bild: Die Überlegenheit des instruktionsorientierten Ansatzes galt nur für die Aufgaben, die reproduzierbares bzw. anwendbares Analysewissen erforderten. Hinsichtlich des reproduzierbaren Interventionswissens war der Gruppenunterschied nicht signifikant. Bei diesen Ergebnissen ist zu berücksichtigen, dass das Interventionswissen nur mit einer Aufgabe erhoben wurde; diese war allerdings recht umfangreich. Das Analysewissen umfasste vor allem Wissen über Angsttheorien und deren Anwendung, während sich das Interventionswissen auf verschiedene Präventions- und Interventionsmethoden bezog. Die Aufgaben zum Analysewissen waren anspruchsvoller als die Aufgabe zum Interventionswissen; um die Theorien korrekt in eigenen Worten wiedergeben und auf Fallbeispiele anwenden zu können, war ein tieferes Verstehen notwendig, während die Interventionsmethoden im Nachtest lediglich aufzuzählen und auf ein Fallbeispiel zu beziehen waren. Offenbar eignete sich die instruktionsorientierte Konzeption besonders gut zur Förderung von Verstehensprozessen. Die Dozentin erläuterte hier die Theorien und demonstrierte deren Anwendung, dann folgten individuelle und kooperative Übungsphasen. Bei größerem Vorwissen wäre eventuell der problembasierte Ansatz effektiver gewesen, da dieser mehr Raum für eigene Ideen lässt. Außerdem führt eine zu umfangreiche Anleitung bei fortgeschrittenen Lernenden leicht zu Demotivierung und schlechteren Leistungen (Kalyuga, Ayres, Chandler & Sweller, 2003). Neben dem Vorwissen dürften Merkmale des Lerninhalts eine Rolle spielen. Dass hinsichtlich des Interventionswissens keiner der beiden Lehransätze überlegen war, legt die Schlussfolgerung nahe, dass bei weniger komplexen Lerninhalten, die vor dem Hintergrund von Alltagserfahrungen unmittelbar plausibel sind, der Lehransatz nicht so sehr ins Gewicht fällt. Diese Inhalte werden schnell verstanden und auch leicht behalten. Die Überlegenheit des instruktionsorientierten Ansatzes war insgesamt allerdings eindeutig. Da in dieser Studie zwei umfangreichere Konzeptionen verglichen wurden, bleibt unklar, welche Elemente des Ansatzes dessen besondere Effektivität bewirkten. Es ist jedoch anzunehmen, dass gerade die Verbindung der Elemente zu der hohen Lernwirksamkeit führte. Aus einer pädagogischen Perspektive ist es daher nicht angezeigt, ausschließlich einzelne Bestandteile der Konzeptionen über einen längeren Zeitraum (also z. B. während eines ganzen Seminars) zu implementieren. Dies entspräche nicht der Forderung nach einer angemessenen Methodenvielfalt (vgl. z. B. Helmke, 2009), würde unterschiedlichen Lernphasen (Collins et al., 1989) nicht gerecht und wäre insbesondere aus motivationstheoretischer Sicht nicht vertretbar. Insgesamt lässt sich aus den Ergebnissen unserer Studie schlussfolgern, dass Lehransätze nicht von Lerninhalten und -zielen getrennt beurteilt werden können. Die uneinheitliche Befundlage bezüglich problembasierten und 114 Ulrike-Marie Krause et al. instruktionsorientierten Lernens dürfte unter anderem auf diesen Umstand zurückzuführen sein. Für komplexe Lerninhalte und anspruchsvolle Lernziele (wie die Anwendung pädagogischer und psychologischer Theorien auf pädagogische Probleme) ist - zumindest bei geringem Vorwissen - offenbar umfangreiche Instruktion mit zahlreichen Übungsphasen sinnvoll. Die Relevanz instruktionaler Unterstützung bei komplexen Aufgaben und geringen Vorkenntnissen ist plausibel und hat sich in verschiedenen Studien immer wieder gezeigt (z. B. Krause, 2007); selbst Vertreter entdeckenden Lernens betonen die Bedeutung unterstützender Elemente für den Lernprozess (vgl. Neber, 2006). Der hier erprobte problembasierte Ansatz müsste bei geringem Vorwissen der Lernenden um zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen ergänzt werden (beispielsweise um Phasen gezielten Modelllernens, vgl. Collins et al., 1989). Außerdem wäre möglicherweise eine Strukturierung der Interaktion innerhalb der Kleingruppen sinnvoll (siehe z. B. Hänze & Berger, 2007). Der Transfer des erworbenen Theoriewissens auf ein anderes Inhaltsgebiet gelang gut, vor allem im instruktionsorientierten Seminar. Es wurde also nicht nur Wissen über Theorien erworben, sondern es lagen zu Seminarende auch Kompetenzen vor, die die Theorieanwendung auf neue Inhalte erlaubten. Das exemplarische Üben der Wissensanwendung anhand eines bestimmten Themas (z. B. Angst) kann also effektiv sein. Möglicherweise wäre es in manchen Seminaren sinnvoll, weniger Lerninhalte zu behandeln, diese dafür aber umso intensiver, mit umfangreichem Modelllernen und Üben. Eventuell könnte also für eine effektive Lehre mehr auf Tiefe statt auf Breite gesetzt werden; dies dürfte in einigen Fällen den Kompetenzerwerb stärker fördern als ein umfangreiches Curriculum, dessen Inhalte in Prüfungen reproduziert, aber möglicherweise nicht für praktische Probleme genutzt werden. Für entsprechende Schlussfolgerungen sind jedoch weitere Studien zum Transfer pädagogischpsychologischen Theoriewissens notwendig. Literatur Allemann-Ghionda, C. & Terhart, E. (2006). Kompetenzen und Kompetenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern: Ausbildung und Beruf. Zeitschrift für Pädagogik, 51. Beiheft, 7 - 11. Bandura, A. (1986). Social foundations of thought and action: A social cognitive theory. Englewood Cliffs, NJ: Prentice Hall. Beck, K. & Krapp, A. (2006). Wissenschaftstheoretische Grundfragen der Pädagogischen Psychologie. In A. Krapp & B. Weidenmann (Hrsg.), Pädagogische Psychologie (S. 33 - 73). Weinheim: Beltz PVU. Berkson, L. (1993). Problem-based learning: Have the expectations been met? Academic Medicine, 68, October supplement, S79 - S88. Bromme, R. (2008). Lehrerexpertise. In W. Schneider & M. Hasselhorn (Hrsg.), Handbuch der Pädagogischen Psychologie (S. 159 - 167). Göttingen: Hogrefe. Brophy, J. (2006). 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