Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
101
2013
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Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen bei entdeckendem Lernen durch Experimentieren in der Sekundarstufe I
101
2013
Julian Kempf
Josef Künsting
In einem virtuellen Physiklabor zum Thema Auftrieb in Flüssigkeiten erwarben N = 189 Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Jahrgangsstufen 8 und 9 Wissen während entdeckendem Lernen durch Experimentieren. Es wurde geprüft, ob der Lernerfolg durch eine zeit-ökonomische Einführung metakognitiver Lernhilfen und zusätzlich vorgegebener Lernziele jahrgangsübergreifend bedeutsam gefördert werden kann. Die Analyse beruht auf einem Mischversuchsplan mit den experimentellen Faktoren metakognitive Lernhilfen (mit vs. ohne) und Lernzielspezifität (spezifische vs. unspezifische Lernziele), dem quasi-experimentellen Faktor Jahrgangsstufe (8 vs. 9), dem messwiederholten Faktor konzeptuelles Wissen (drei Messzeitpunkte) und den Kontrollvariablen Intelligenz und Motivation. Im Ergebnis zeigt sich u. a. ein signifikanter Interaktionseffekt der Faktoren metakognitive Lernhilfen, Klassenstufe und Wissen: Während die Schülerinnen und Schüler der neunten Jahrgangsstufe von den Lernhilfen in ihrem Wissenszuwachs profitierten, zeigte sich innerhalb der achten Jahrgangsstufe ein negativer Effekt der Lernhilfen auf das erworbene konzeptuelle Wissen.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2013, 60, 267 -281 DOI 10.2378/ peu2013.art19d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen bei entdeckendem Lernen durch Experimentieren in der Sekundarstufe I Julian Kempf 1 , Josef Künsting 2 1 Universität Kassel 2 Universität Regensburg Effects of Metacognitive Help on Scientific Discovery Learning in Secondary School Grades 8 and 9 Summary: Within a virtual physics laboratory on buoyancy in fluids N = 189 eighth and ninth grade secondary school students acquired knowledge during scientific discovery learning. The aim of the study was to investigate the effectiveness of a short introductory modeling of metacognitive help and additionally given learning goals for both eighth and ninth grade students. We used a mixed design with the experimental factors metacognitive help (with vs. without) and goal specificity (specific vs. nonspecific learning goals), the quasi-experimental factor grade of school (8 vs. 9), the time-factor conceptual knowledge (three assessments), and intelligence and motivation as control variables. Results indicate metacognitive help as significantly promoting the learning outcome of the ninth grade students. However, despite their significant overall increase of knowledge the eighth grade students could not benefit from the metacognitive help. The interaction of the grade of school, the metacognitive help, and the conceptual knowledge as time-factor showed to be significant. Keywords: Scientific discovery learning, metacognitive help, learning goal specificity, computerbased behavioral assessment Zusammenfassung: In einem virtuellen Physiklabor zum Thema Auftrieb in Flüssigkeiten erwarben N = 189 Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Jahrgangsstufen 8 und 9 Wissen während entdeckendem Lernen durch Experimentieren. Es wurde geprüft, ob der Lernerfolg durch eine zeitökonomische Einführung metakognitiver Lernhilfen und zusätzlich vorgegebener Lernziele jahrgangsübergreifend bedeutsam gefördert werden kann. Die Analyse beruht auf einem Mischversuchsplan mit den experimentellen Faktoren metakognitive Lernhilfen (mit vs. ohne) und Lernzielspezifität (spezifische vs. unspezifische Lernziele), dem quasi-experimentellen Faktor Jahrgangsstufe (8 vs. 9), dem messwiederholten Faktor konzeptuelles Wissen (drei Messzeitpunkte) und den Kontrollvariablen Intelligenz und Motivation. Im Ergebnis zeigt sich u. a. ein signifikanter Interaktionseffekt der Faktoren metakognitive Lernhilfen, Klassenstufe und Wissen: Während die Schülerinnen und Schüler der neunten Jahrgangsstufe von den Lernhilfen in ihrem Wissenszuwachs profitierten, zeigte sich innerhalb der achten Jahrgangsstufe ein negativer Effekt der Lernhilfen auf das erworbene konzeptuelle Wissen. Schlüsselbegriffe: Entdeckendes Lernen durch Experimentieren, metakognitive Lernhilfen, Lernzielspezifität, computer- und verhaltensbasiertes Testen Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit der Förderung entdeckenden Lernens durch Experimentieren in naturwissenschaftlichen Domänen. Da diese Lernform auch den Aspekt der Selbstregulation beinhaltet, wird geprüft, ob Ergebnisse aus Studien zu selbstreguliertem Lernen auf entdeckendes Lernen durch Experimentieren übertragbar sind. Zudem wird der Frage nachgegangen, welche Effekte die gleichen Lernhilfen innerhalb der gleichen Lern- 268 Julian Kempf, Josef Künsting umgebung auf den Wissenserwerb von Lernenden unterschiedlicher Jahrgangsstufen (Klassen 8 und 9) haben. Entdeckendes Lernen durch Experimentieren soll Schülerinnen und Schülern ermöglichen, sich aktiv mit dem Lernstoff auseinanderzusetzen, Informationen durch experimentierende Lernhandlungen selbstständig zu gewinnen und Ergebnisse eigenständig zu interpretieren. Die Erwartung, dass dadurch ein tieferes Verstehen der Lerninhalte und somit ein höherer Lernerfolg resultiert, wird jedoch z. B. in Bezug auf das Schülerexperiment im Physikunterricht oft nicht erfüllt (vgl. Hucke & Fischer, 2002; Wirth, Thillmann, Künsting, Fischer & Leutner, 2008). Als Ursachen für den geringen oder ausbleibenden Lernerfolg nach Schülerexperimenten im Physikunterricht gelten rezeptartige Instruktionen und explizite Handlungsanweisungen der Lehrkräfte (Seidel et al., 2006; Seidel et al., 2007; Tesch, 2005), wodurch Lernen durch Experimentieren im Sinne des eigenständigen Bildens und Testens von Hypothesen gemäß dem Ansatz des Scientific Discovery Learning (SDL; de Jong & van Joolingen, 1998; Klahr & Dunbar, 1988) nur eingeschränkt ermöglicht wird. Im Rahmen des Modells Scientific Discovery as Dual Search (SDDS; Klahr & Dunbar, 1988) innerhalb des Ansatzes Scientific Discovery Learning werden Erwerb und Repräsentation naturwissenschaftlichen Wissens theoretisch als Suche in zwei Räumen gesehen: einem Experimenteraum und einem Hypothesenraum. Das bedeutet, dass nach diesem Zwei-Räume-Modell ein selbstregulierter Zyklus des Planens, Durchführens und Evaluierens naturwissenschaftlicher Experimente stattfindet. Beispielsweise könnte die Hypothese „Je größer das Volumen eines Körpers, desto größer seine Auftriebskraft im Wasser“ aufgestellt und nachfolgend getestet werden, indem entsprechende Experimente durchgeführt und die Ergebnisse richtig beobachtet sowie interpretiert werden. Die dadurch neu generierten Informationen können ihrerseits selbst zu neuen Hypothesen und Experimenten führen (Künsting, Wirth & Paas, 2011). Eine Garantie für zufriedenstellende Lernerfolge gibt es allerdings auch dann nicht, wenn im Unterricht statt eines rezeptartigen Abarbeitens entdeckendes Lernen durch Experimentieren erfolgt. Dies wird beispielsweise damit begründet, dass diese Lernform hohe Anforderungen an die Lernenden stellt oder sie sogar überfordert, wenn es ihnen an instruktionaler Unterstützung mangelt (Hmelo-Silver, Duncan & Chinn, 2007; Kirschner, Sweller & Clark, 2006). Eine solche instruktionale Unterstützung kann zum einen durch Lernzielvorgaben erfolgen (Künsting et al., 2011), zum anderen können metakognitive Lernhilfen eingesetzt werden, um die eigenständige Lernprozessregulation zu fördern (vgl. Bannert, 2003). Metakognitive Lernhilfen Selbstreguliertes Lernen verlangt zumeist metakognitive Fähigkeiten, welche als zentrale Voraussetzung für die eigene Gestaltung und Regulation von Lernprozessen gelten (Boekaerts, 1999; Flavell, 1979; Hasselhorn, 1992). Zu der Beherrschung metakognitiver Strategien zählt im Besonderen das Wissen darüber, wann, warum und wie sich kognitive Strategien erfolgreich einsetzen lassen (vgl. Paris, Lipson & Wixson, 1983; Pressley, Borkowski & O’Sullivan, 1984; s. a. Thillmann, Wirth, Künsting & Leutner, 2009). Während diese metakognitiven Anteile des Lernprozesses im Schulunterricht häufig durch die Lehrkraft gesteuert werden, müssen sie bei selbstregulierten Lernprozessen von den Schülerinnen und Schülern eigenständig angewendet werden, was zumindest bei Lernenden mit gering ausgeprägten metakognitiven Kompetenzen zu einer Überlastung des Arbeitsgedächtnisses führen und somit den Lernerfolg schmälern kann (Wirth et al., 2008). Zur Unterstützung selbstregulierter Lernprozesse mit hohen kognitiven Anforderungen haben sich metakognitive Lernhilfen empirisch bewährt, da sie die Nutzung metakognitiver Lernstrategien (z. B. Orientierung, Planung, Überwachung und Regulation kognitiver Strategien) fördern können (Bannert, 2003; Bannert, Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen 269 Hildebrand & Mengelkamp, 2009; Nückles, Hübner & Renkl, 2009). Diese metakognitive Förderung kann zum einen direkt als explizite Einführung von Strategien vor der Lernphase, zum anderen indirekt durch Prompts (Anregungen) während der Lernphase operationalisiert werden. Eine direkte Förderung in Form von langfristigen Strategietrainings hat sich zwar als erfolgreich, aber oft auch als sehr aufwendig und zeitintensiv erwiesen (z. B. Hattie, Biggs & Purdie, 1996; vgl. a. Thillmann et al., 2009). Lernförderliche Effekte konnten auch nach kurzen Trainingsphasen nachgewiesen werden (z. B. Bannert, 2003; Leutner, Barthel & Schreiber, 2001). Kurze Lernstrategietrainings bergen jedoch das Risiko eines mathemathantischen Effekts, der auftreten kann, wenn neu vermittelte Strategien noch nicht ausreichend eingeübt wurden (Clark, 1988; Friedrich & Mandl, 1992). Lernende können dadurch in einen Konflikt zwischen der Anwendung einer alten und einer aktuell neu erworbenen effektiveren, aber noch unzureichend beherrschten Lernstrategie geraten, was zu einem vorübergehenden Absinken des Lernerfolgs führen kann (Friedrich & Mandl, 1992). In einer Studie von Bannert (2003) zum hypermedialen Lernen von Studierenden wurden deren metakognitive Kompetenzen vor der Lernphase 20 Minuten lang direkt und in ihrer Anwendung während der Lernphase indirekt gefördert, das heißt durch Prompts aktiviert. Beispielsweise wurde den Studierenden in der direkten Förderung erläutert, wieso es zu Beginn einer Lernphase sinnvoll ist, sich einen Überblick über die Lernumgebung zu verschaffen, was ein Lernziel ist, inwiefern Teilziele hilfreich sein können und warum es wichtig ist, das eigene Verständnis und die Zielerreichung zu überprüfen. Die Autorin konnte einen positiven Einfluss dieser Förderung auf das metakognitive Lernverhalten und das Anwendungswissen zeigen (Bannert, 2003). Aus curricularer Perspektive ist es eine offene Forschungsfrage, welche Wirkung solche zeitökonomischen metakognitiven Hilfen, die Studierenden beim hypermedialen Lernen gegeben wurden, in entsprechend adaptierter Form auf entdeckendes Lernen durch Experimentieren bei Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I zeigen. Metakognitive Förderung in der Sekundarstufe I und die Rolle des Vorwissens Dass die erfolgreiche Nutzung metakognitiver Strategien von kognitiven Fähigkeiten, inhaltlichem Vorwissen und bereits vorhandenen metakognitiven Fähigkeiten abhängt, wurde bereits häufig gezeigt (vgl. Hasselhorn, 1992; Klahr & Dunbar, 1988; Prins, Veenman & Elshout, 2006; Veenman & Beishuizen, 2004). Die Entwicklung dieser Fähigkeiten und Kompetenzen ist jedoch in der Sekundarstufe I noch nicht abgeschlossen (vgl. Köller & Baumert, 2002; Neumann, Viering & Fischer, 2010; Walter, Senkbeil, Rost, Carstensen & Prenzel, 2006). Insbesondere zur Entwicklung metakognitiver Fähigkeiten, die als notwendige Voraussetzung für die Anwendung bereits vorhandenen Wissens in Lernsituationen gelten (vgl. Paris et al., 1983), existieren jedoch nur wenige Studien, welche Lernende innerhalb der Sekundarstufe im Längsschnitt untersuchen. Artelt, Neuenhaus, Lingel und Schneider (2012) belegen, dass sich metakognitives Wissen nach Beginn der Sekundarstufe bedeutsam weiterentwickelt, und verweisen zudem auf die Ergebnisse von PISA 2009, die zeigen, dass das metakognitive Wissen gegen Ende der Sekundarstufe I noch deutlich unter dem im Test erreichbaren Maximum liegt, was wiederum darauf schließen lässt, dass die Entwicklung auch in dieser Phase noch nicht abgeschlossen ist (Artelt, Naumann & Schneider, 2010). Werden diese Ergebnisse in Bezug zu einer metakognitiven Förderung des entdeckenden Lernens durch Experimentieren in der Sekundarstufe I betrachtet, stellt sich die Frage, ob jahrgangsübergreifend weitgehend gleiche lernförderliche Effekte zu erwarten sind oder ob Wechselwirkungen zwischen Lehrmethode und Schülermerkmalen auftreten, die als Aptitude- 270 Julian Kempf, Josef Künsting Treatment Interaktion bekannt sind (ATI; Snow & Corno, 1986). Im Rahmen des Expertise Reversal Effekts (Kalyuga, Ayres, Chandler & Sweller, 2003) wird darauf hingewiesen, dass instruktionale Maßnahmen den Wissenszuwachs bei Lernenden mit hohem Vorwissen behindern können, da auch die Verarbeitung redundanter Informationen das Arbeitsgedächtnis belastet. Ergänzend räumt Kalyuga (2007) jedoch ein, dass zusätzliche Instruktionen auch bei Lernenden mit geringem domänenspezifischen Vorwissen zu einer Überlastung des Arbeitsgedächtnisses führen können, besonders wenn viele neue Informationen simultan verarbeitet werden müssen. Auch ein geringes Vorwissen zum Aufgabeninhalt selbst kann abträglich wirken, da es die Effizienz der Nutzung von Lernstrategien einschränken kann (Künsting, Thillmann, Wirth, Fischer & Leutner, 2008; Lind & Sandmann, 2003; Prins et al., 2006) und zu kognitiv-motivationalen Passungsproblemen führen kann, die selbstreguliertes Lernen in komplexen Lernumgebungen erschweren (Stark, Gruber & Mandl, 1998). Dagegen können Lernende mit hohem Vorwissen bereits mehr Elemente (Chunks als Bündel einzelner Informationen) einer Aufgabe zu übergeordneten Elementen zusammenfassen, sodass insgesamt weniger Elemente als Informationen simultan im Arbeitsgedächtnis verarbeitet werden müssen (Sweller, 1994). Durch diese geringere Belastung des Arbeitsgedächtnisses (geringerer Cognitive Load; Künsting et al., 2011; Sweller, 1994) stünden entsprechend mehr freie kognitive Kapazitäten für die Nutzung von Lernstrategien oder die Verarbeitung weiterer instruktionaler Maßnahmen zur Verfügung. In Studien zum Textlesen und Lernen mit Hypermedien wurde mehrfach gezeigt, dass insbesondere Personen mit hohem Vorwissen von Lernhilfen profitieren (Bannert, 2003; Heiß, Eckhardt & Schnotz, 2003; Shin, Schallert & Savenye, 1994). Lernende unterschiedlicher Schuljahrgangsstufen unterscheiden sich jedoch nicht nur in ihrem Vorwissen, sondern auch in ihrem Entwicklungsstand bezüglich der eingangs beschriebenen kognitiven und metakognitiven Fähigkeiten. Somit bleibt im Hinblick auf die praktische Anwendbarkeit zeitökonomischer metakognitiver Lernhilfen offen, ob diese eine probate Möglichkeit darstellen, entdeckendes Lernen durch Experimentieren jahrgangsübergreifend zu fördern, oder ob die gleiche instruktionale Unterstützung in Abhängigkeit von der Jahrgangsstufe differierende Effekte zeigt. Anzunehmen wäre, dass höhere Jahrgangsstufen aufgrund der geschilderten günstigeren Voraussetzungen kurzzeitig vermittelte metakognitive Lernhilfen lernwirksamer nutzen können als niedrigere Jahrgangsstufen. Zielspezifität Schülerinnen und Schüler können zwar bereits vor dem Beginn der Sekundarstufe über ein ausreichendes Strategiewissen zum Experimentieren verfügen (Bullock & Sodian, 2003; Bullock & Ziegler, 1999), welches sie in Lernumgebungen, die selbstreguliertes Lernen erfordern, jedoch oft nur nach instruktionaler Unterstützung anwenden (de Jong & van Joolingen, 1998; Hucke & Fischer, 2002). Diese Unterstützung kann, neben dem Einsatz metakognitiver Lernhilfen, auch durch Zielvorgaben realisiert werden, die auf verständnisorientierte Lernprozesse fokussieren (Künsting et al., 2011). Die Beschaffenheit dieser Zielvorgaben ist hierbei ein entscheidendes Kriterium für die erfolgreiche instruktionale Unterstützung von Lernprozessen, was durch empirische Forschungsarbeiten z. B. zum Zielspezifitätseffekt belegt wurde (Künsting et al., 2011; Sweller, 1988, 1994; Vollmeyer & Burns, 2002). Generell bezeichnet Zielspezifität das Ausmaß, in dem ein Ziel für eine Person klar definiert ist (vgl. Sweller, 1988, 1994). So benennen spezifische Zielvorgaben konkrete einzelne Zusammenhänge, die erlernt werden sollen, während unspezifische Zielvorgaben offener gehalten sind und mehr Möglichkeiten zur individuellen Ausrichtung des eigenen Lernprozesses bieten. Künsting et al. (2011) stellten einer größeren Anzahl spezifischer Lernziele (z. B. „Finde heraus, wie das Volumen eines Körpers mit seiner Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen 271 Auftriebskraft zusammenhängt und merke es dir! “) eine geringere Anzahl unspezifischer Lernziele gegenüber (z. B. „Finde so viel wie möglich darüber heraus, womit es zusammenhängt, dass manche Körper im Wasser sinken und merke es dir! “). Die Autoren konnten zeigen, dass sowohl spezifische als auch unspezifische Lernziele beim entdeckenden Lernen durch Experimentieren lernförderlich sein können, unspezifische Lernziele jedoch ein günstigeres Verhältnis von (weniger) zu investierender Arbeitsgedächtniskapazität und (vergleichbar hohem) Lernerfolg bewirken. Unspezifische Lernziele bewirkten also einen vergleichbaren Lernerfolg, waren aber mit einer deutlich niedrigeren selbsteingeschätzten Belastung des Arbeitsgedächtnisses verknüpft. Aufgrund dieses kognitiv-ökonomischen Vorteils wäre zu folgern, dass die Vorgabe unspezifischer Lernziele lernförderlicher sein könnte als die Vorgabe spezifischer Lernziele, wenn über Zielvorgaben hinaus noch weitere Instruktionen zur Förderung des Lernerfolgs verarbeitet werden müssen, wie z. B. metakognitive Lernhilfen. Intelligenz und Motivation Selbstregulierte Lernprozesse erfordern einen systematischen Einsatz kognitiver und metakognitiver Strategien. Dieser Strategieeinsatz wird u. a. von der Intelligenz beeinflusst (vgl. Klauer, 2001; Veenman & Beishuizen, 2004). Die Effekte der Intelligenz auf den Lernerfolg zeigen sich jedoch kaum oder gar nicht, wenn das Komplexitätsniveau einer Aufgabe gemessen am aufgabenspezifischen Vorwissen einer Person deutlich zu hoch oder zu niedrig ist (Prins et al., 2006). Weiterhin werden selbstregulierte Lernformen auch entscheidend durch die Motivation beeinflusst (vgl. Boekaerts, 1999). Sind Lernende nicht ausreichend motiviert, den eigenen Lernprozess zu beginnen und aufrechtzuerhalten, so wird wenig kognitive Anstrengung investiert, was den Lernerfolg entsprechend einschränken kann (vgl. Rheinberg, Vollmeyer & Burns, 2001). Auch eine defizitäre Nutzung bereits verfügbarer metakognitiver Kompetenzen kann durch Motivationsprobleme bedingt sein (vgl. Nutzungsdefizit; Hasselhorn, 1992). Zusammenfassend hängt eine erfolgreiche eigenständige Lernprozessregulation entscheidend von den Variablen Vorwissen, Intelligenz und Motivation sowie deren Zusammenspiel untereinander ab (z. B. Helmke, 1992; Renkl & Stern, 1994). Hypothesen Um zu untersuchen, wie entdeckendes Lernen durch Experimentieren in einem Inhaltsbereich des naturwissenschaftlichen Unterrichts instruktionspsychologisch optimiert werden kann, werden im Rahmen dieses Beitrags drei Hypothesen geprüft. Als abhängige Variable wird der Lernerfolg untersucht, welcher im vorliegenden Beitrag definiert ist als der konzeptuelle Wissenszuwachs von Schülerinnen und Schülern der gymnasialen Jahrgangsstufen 8 und 9 in einer computerbasierten Lernumgebung mit dem Inhaltsbereich Auftrieb in Flüssigkeiten (s. Methode). Hypothese 1 Der konzeptuelle Wissenszuwachs kann bei entdeckendem Lernen durch Experimentieren durch eine kurze und modellierende Einführung metakognitiver Lernhilfen in Verbindung mit Prompting während der Lernphase bedeutsam gefördert werden. Hypothese 2 Bei Schülerinnen und Schülern der neunten Jahrgangsstufe bewirken die gleichen zeitökonomischen metakognitiven Lernhilfen innerhalb der gleichen Lernumgebung einen höheren Wissenszuwachs als bei Schülerinnen und Schülern der achten Jahrgangsstufe. Hypothese 3 Die lernförderliche Wirkung metakognitiver Lernhilfen hängt bei entdeckendem Lernen durch Experimentieren von der Spezifität der zusätzlich dargebotenen Lernziele ab. Meta- 272 Julian Kempf, Josef Künsting kognitive Lernhilfen fördern in Kombination mit unspezifischen Lernzielen den Erwerb konzeptuellen Wissens stärker als in Kombination mit spezifischen Lernzielen. Methode Design Der Untersuchung liegt ein Mischversuchsplan mit den experimentellen Faktoren metakognitive Lernhilfen (mit vs. ohne) und Lernzielspezifität (spezifische vs. unspezifische Lernziele), dem quasi-experimentellen Faktor Jahrgangsstufe (8 vs. 9) und dem messwiederholten Faktor konzeptuelles Wissen (Pre, Post, Follow-up) zugrunde. Was die beiden experimentellen Faktoren metakognitive Lernhilfen und Zielspezifität anbelangt, so wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer von vier Experimentalgruppen je auf Individualebene randomisiert zugewiesen (vgl. Untersuchungsablauf ). Stichprobe Insgesamt nahmen N = 244 Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Sekundarstufe I an der Studie teil, von denen N = 189 zu allen drei Messzeitpunkten anwesend waren (Durchschnittsalter: M = 13.68, SD = .78; 49 % weiblich) und sich auf vier achte Klassen (N = 104; 52 % weiblich) und vier neunte Klassen (N = 85; 46 % weiblich) verteilen ( ∆ M = 1.13 Jahre Altersunterschied zwischen den Jahrgangsstufen). Die Auswahl der Jahrgangsstufen 8 und 9 begründet sich unter anderem dadurch, dass das Thema Auftrieb in Flüssigkeiten Bestandteil des Lehrplans der Sekundarstufe I ist und in seiner Komplexität als angemessen gelten kann. Um jedoch zu vermeiden, dass ein zu hohes themenspezifisches Vorwissen Effekte des Treatments maskiert, wurde bei der Akquise aller Schulklassen explizit darauf geachtet, dass die Lernenden noch keinen Unterricht zum Thema Auftrieb in Flüssigkeiten erhalten hatten. Computerbasierte Lernumgebung Zur Überprüfung der Hypothesen wurde eine bereits erprobte computerbasierte Lernumgebung (Künsting et al., 2011; Wirth et al., 2008) erweitert und optimiert (s. Abb. 1). Diese interaktive Simulation eines Physiklabors zum Inhaltsbereich Auftrieb in Flüssigkeiten basiert konzeptionell auf dem Modell Scientific Discovery as Dual Search (SDDS) von Klahr und Dunbar (1988) und stellt beide Räume dieses Modells visuell dar. Das virtuelle Labor ermöglicht den Lernenden selbstständig Hypothesen auf einem „Notizblock“ (rechte Seite) zu generieren, indem Beziehungen zwischen Variablen eingezeichnet werden. In dem daneben platzierten Labor (linke Seite) können Abb. 1: Computerbasierte Lernumgebung mit dem Inhaltsbereich Auftrieb in Flüssigkeiten. Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen 273 die Hypothesen durch Experimente überprüft werden. Hierzu stehen 12 Körper zur Verfügung, die sich in Masse und Volumen voneinander unterscheiden. Das Verhalten eines mit der Maus in eine Flüssigkeit „geworfenen“ Körpers (Sinken, Schweben oder Steigen) wird simuliert und die auftretenden Kräfte werden grafisch als Pfeile dargestellt. Eine fiktive Figur (Dr. Senkwürfel) erklärt die Lernumgebung und bittet zu Beginn um Hilfe bei der Überprüfung der Auftriebseigenschaften neuer Materialien für den Lastschiffbau. Vor dem Start der eigentlichen Lernphase bearbeiteten alle Schülerinnen und Schüler dasselbe, ebenfalls computerbasierte Trainingsprogramm für den Umgang mit dem virtuellen Physiklabor. Metakognitive Lernhilfen Die metakognitiven Lernhilfen wurden in den zwei betreffenden Experimentalgruppen zu Beginn der Untersuchung (vgl. Untersuchungsablauf ) durch eine geschulte Trainerin im Sinne einer direkten Fördermaßnahme standardisiert eingeführt. Dieser Hauptteil der Förderung erfolgte als 20-minütige, PowerPoint-gestützte Modellierung mit expliziten Erklärungen. Zusätzlich wurde der hauptsächliche Teil der Förderung indirekt durch drei mündliche Prompts während der ebenfalls 20-minütigen, später im virtuellen Physiklabor folgenden Lernphase ergänzt. Das Prompting erfolgte nach 5, 10 und 15 Minuten in Form einer jeweiligen mündlichen Aufforderung, sich an einer papierbasierten Zusammenfassung der metakognitiven Lernhilfen (s. als zusammenfassende Darstellung Abb. 2) zu orientieren. Die metakognitiven Lernhilfen wurden in Anlehnung an Bannert (2003) entwickelt und an die Belange der vorliegenden Studie zum experimentierenden Lernen in der Sekundarstufe I adaptiert. Sie umfassen systematische Instruktionen, um zentrale metakognitive Strategien des entdeckenden Lernens verständnisorientiert zu vermitteln und bereits vorhandenes metakognitives Strategiewissen zu aktivieren. Beispielsweise wurde den Schülerinnen und Schülern erläutert, wieso ein Überblick über die Lernumgebung zu Beginn einer Lernphase sinnvoll ist, was das Planen des Lernens bedeutet, was ein Auftrag (Lernziel) ist, inwiefern eine Untergliederung in Teilziele hilfreich sein kann und warum es wichtig ist, das eigene Verständnis und die Zielerreichung zu überprüfen (s. Abb. 2). Um die Begriffe und den Nutzen der allgemeinen Erklärungen zu verdeutlichen, wurden diese modellhaft als konkrete Beispiele in einer zweiten computerbasierten Lernumgebung demonstriert. Diese zweite Lernumgebung hat einen anderen (chemischen) Inhaltsbereich, wenngleich sie ähnlich strukturiert ist. Um jedoch alle Ausgangsbedingungen außer den metakognitiven Lernhilfen konstant zu halten, wurde den Experimentalgruppen ohne metakognitive Lernhilfen diese zweite Lernumgebung ebenfalls präsentiert, jedoch gänzlich ohne metakognitive Lernhilfen einzuführen. Abb. 2: Übersicht der metakognitiven Lernhilfen. 274 Julian Kempf, Josef Künsting Lernziele Die Lernziele wurden als Textfenster computerbasiert dargeboten (s. Untersuchungsablauf ). Insgesamt drei unspezifische Lernziele sprechen dabei denselben Spielraum zur Exploration von Variablen an wie 14 spezifische Lernziele. Dies bedeutet, dass das vollständige Erreichen eines unspezifischen Lernziels die Exploration einer Anzahl von Variablen und deren Relationen erfordert, die derjenigen mehrerer spezifischer Lernziele entspricht (vgl. Künsting et al., 2011; Wirth, Künsting & Leutner, 2009). Alle spezifischen und unspezifischen Lernziele bestehen aus drei Aufforderungskomponenten: 1. Fokussieren (Aufmerksamkeit auf das zu lernende Konzept oder Teilkonzept richten), 2. Generieren (Information herausfinden durch Experimentieren) und 3. Integrieren (Verstehen und Gedächtnisspeicherung). Ein Beispiel für ein spezifisches Lernziel ist: „Körper können sich in ihrer Dichte ( ρ K ) unterscheiden (Fokussieren). Finde mit den drei größten Körpern heraus, wie die Dichte ( ρ K ) mit der Masse (m) zusammenhängt (Generieren). Versuche es zu verstehen und merke es dir! (Integrieren)“. Ein Beispiel für ein unspezifisches Lernziel ist: „Körper können sich in ihrer Dichte ( ρ K ) unterscheiden (Fokussieren). Finde so viel wie möglich darüber heraus, womit es zusammenhängt, wie groß die Dichte eines Körpers ( ρ K ) ist (Generieren). Versuche es dir zu erklären und merke es dir! (Integrieren)“. Testinstrumente Konzeptuelles Wissen (Pre, Post und Follow-up) Das konzeptuelle Wissen wurde eine Woche vor, direkt nach der 20-minütigen Lernphase und erneut nach drei Wochen je mit einem Multiple-Choice- Test im fünfstufigen Antwortformat erfasst. Der Test (s. a. Gößling, 2010) prüft die relevanten Aspekte des Themas Auftrieb in Flüssigkeiten und repräsentiert die in der Lernphase explorierbaren Relationen. Ein Beispiel der zwölf Multiple-Choice-Aufgaben: „Würfel A hat eine Masse von 100 g und ein Volumen von 200 cm 3 . Würfel B hat eine Masse von 500 g und ein Volumen von 200 cm 3 . Welche der folgenden Aussagen stimmt? ❏ Die Dichte des Würfels A ist größer als die Dichte des Würfels B. ❏ Die Dichte des Würfels A ist kleiner als die Dichte des Würfels B. ❏ Die Auftriebskraft des Würfels A ist größer als die Auftriebskraft des Würfels B. ❏ Die Auftriebskraft des Würfels A ist kleiner als die Auftriebskraft des Würfels B. ❏ Weiß ich nicht.“ Intelligenz Die kognitiven Grundfähigkeiten wurden über die Skala Figurale Analogien des Kognitive-Fähigkeiten- Test (KFT; Heller & Perleth, 2000) erhoben, da dieser die für entdeckendes Lernen durch Experimentieren zentrale Fähigkeit des induktiven Denkens erfasst und zudem hoch mit der allgemeinen Intelligenz korreliert (vgl. Heller & Perleth, 2000; Klauer, 2001). Motivation Zur Kontrolle der aktuellen Motivation wurde eine Skala aus neun Items zur Erfassung des motivationalen Zustands direkt vor der Lernphase in die virtuelle Lernumgebung eingebunden (FAM; z. B. „Nach dem Lesen der Instruktionen erscheint mir die Aufgabe sehr interessant.“; Rheinberg et al., 2001). Wie Tabelle 1 zeigt, weisen alle in der Untersuchung eingesetzten Tests eine zufriedenstellende interne Konsistenz und eine angemessene Schwierigkeit auf (alle Skalen wurden auf einen Wertebereich zwischen 0 und 1 transformiert). N =189 Mittelwert Standardabweichung Cronbachs a konzeptuelles Wissen (Pretest) konzeptuelles Wissen (Posttest) konzeptuelles Wissen (Follow-up) Intelligenz (KFT) aktuelle Motivation (FAM) .26 .40 .39 .76 .60 .22 .27 .27 .18 .17 .77 .82 .82 .81 .85 Tab. 1: Deskriptive Statistiken und Reliabilitäten der eingesetzten Tests Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen 275 Untersuchungsablauf Die Untersuchung fand an drei Testtagen zur regulären Unterrichtszeit in den Schulen statt. Testtag 1 Um Testmüdigkeitseffekte zu umgehen, wurden das konzeptuelle Vorwissen (erster Messzeitpunkt) und die Intelligenz (insgesamt mit Instruktion ca. 30 Min.) separat eine Woche vor der Hauptuntersuchung papierbasiert erfasst. Die Lehrkräfte der teilnehmenden Klassen erhielten keinerlei Testmaterialien. Zudem wurde mit ihnen fest vereinbart, zwischenzeitlich weder den getesteten Inhaltsbereich noch verwandte Themen mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Studie zu besprechen. Testtag 2 Der zweite Testtag umfasste die Hauptuntersuchung, bei der die Schülerinnen und Schüler in einem ersten Schritt innerhalb ihrer jeweiligen Klasse randomisiert unterschiedlichen Räumen zugewiesen wurden, um die Bedingungen mit vs. ohne metakognitive Lernhilfen voneinander zu trennen. So erhielten zwei der vier Gruppen zunächst die beschriebene 20-minütige direkte metakognitive Förderung. Innerhalb dieser neu entstandenen Gruppen wurden wiederum die Bedingungen spezifische vs. unspezifische Lernziele randomisiert zugewiesen. Die von der Figur Dr. Senkwürfel den Schülerinnen und Schülern als Aufträge angekündigten Lernziele wurden als Textfenster auf den PC- Bildschirmen individuell während der späteren Lernphase je nacheinander eingeblendet. Der Untersuchungsablauf im virtuellen Physiklabor war identisch für alle Experimentalgruppen, bis auf die zwei unterschiedlichen Lernzielarten und das ergänzende metakognitive Prompting, das nur in den zwei Gruppen mit metakognitiven Lernhilfen stattfand. Direkt nach dem computerbasierten Trainingsprogramm zum Umgang mit dem Labor wurde die aktuelle Motivation erfasst, wonach die 20-minütige Lernphase mit den eingeblendeten Lernzielen begann. Anschließend bearbeiteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer als erste Messwiederholung den Posttest zum konzeptuellen Wissen. Insgesamt dauerte die Hauptuntersuchung knapp 90 Minuten. Testtag 3 Der dritte Testtag lag jeweils drei Wochen nach der Hauptuntersuchung und diente dazu, die Nachhaltigkeit des erworbenen konzeptuellen Wissens der Schülerinnen und Schüler mit einem Follow-up Test als die zweite Messwiederholung zu prüfen (ca. 15 Min.). Ergebnisse Tabelle 2 zeigt die Teilnehmerzahlen der untersuchten Gruppen sowie deren Intelligenz, aktuelle Motivation und konzeptuelles Wissen im Pretest. Um bereits vor der Lernphase gegebene Gruppenunterschiede zu überprüfen, wurde eine multivariate Varianzanalyse mit metakognitiven Lernhilfen, Lernzielspezifität und Klassenstufe als Faktoren sowie Vorwissen, Intelligenz und Motivation als abhängige Variablen durchgeführt. Es zeigt sich erwartungsgemäß ein deutlich höheres Vorwissen der neunten gegenüber der achten Jahrgangsstufe (F [1, 181] = 30.82, p < .001, η 2 = .15). Trotz der randomisierten Zuweisung lässt sich kein starker, aber statistisch signifikanter Intelligenzunterschied zwischen der Gruppe mit spezifischen und der mit unspezifischen Lernzielen feststellen (F [1, 181] = 6.47, p < .05; η 2 = .04). Jedoch fließt die Intelligenz zusätzlich zur Motivation in die folgenden Hypothesentests als Kovariate ein. Alle weiteren Zwischensubjekteffekte sind für die Faktoren Lernhilfen, Lernzielspezifität und Klassenstufe nicht signifikant. Global betrachtet resultiert für die Gesamtstichprobe anhand der einfachen Mittelwert- Differenz zwischen Pre- und Posttest ein gut mittelstarker konzeptueller Wissenszuwachs (t [188] = 7.67, p < .001, d = 0.55). Auch bis zum Messzeitpunkt nach drei Wochen ist dieser Zuwachs an Wissen vom Pretest ausgehend statistisch und praktisch bedeutsam (t [188] = 8.35, p < .001, d = 0.58). Beide Klassenstufen lernten je bis zum Posttest bedeutsam dazu (8: t [103] = 5.91, p < .001, d = 0.63; 9: t [84] = 4.92, p < .001, d = 0.56) und wiesen keinen Wissensverlust bis zum Follow-upTest auf (8: t [103] = 0.40, p = .69; 9: t [84] = 0.63, p = .63). Zur Prüfung der Hypothesen dient vorwiegend eine messwiederholte Kovarianzanalyse mit den experimentellen Faktoren Lernhilfen (mit vs. ohne metakognitive Lernhilfen) und Lernzielspezifität (spezifische vs. unspezifische Lern- 276 Julian Kempf, Josef Künsting ziele), dem quasi-experimentellen Faktor Klassenstufe (8 vs. 9), dem messwiederholten Zeitfaktor konzeptuellesWissen (Pre, Post, Follow-up) 1 sowie den Kovariaten Intelligenz und aktuelle Motivation. Die Ergebnisse des wiederholten Wissenstests werden somit um die Intelligenz und die Eingangsmotivation vor der Lernphase kontrolliert. Da der Mauchly-Test eine leichte Verletzung der Sphärizitätsannahme zeigt ( c 2 [2] = 11.91, p < .01), werden in den folgenden Hypothesentests die Freiheitsgrade nach Huynh und Feldt ( e Box = .94) korrigiert (vgl. Rasch, Friese, Hofmann & Naumann, 2010). Hypothese 1: Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen Dass zeitökonomische metakognitive Lernhilfen den Wissenszuwachs von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I bei entdeckendem Lernen durch Experimentieren generell fördern, kann für die Gesamtstichprobe unter Kontrolle von Intelligenz und Motivation nicht bestätigt werden: Es kann kein Interaktionseffekt des Faktors Lernhilfen mit dem messwiederholten Faktor konzeptuelles Wissen nachgewiesen werden (F [1.99, 356.77] = 1.41, p = .25). Hypothese 2: Effekte der Klassenstufe Erwartungsgemäß weisen die Lernenden der neunten im Vergleich zu denen der achten Jahrgangsstufe (Klassenstufe) über alle drei Messzeitpunkte insgesamt ein deutlich höheres konzeptuelles Wissen auf (F [1, 179] = 39.06, p < .001, η 2 = .18). Die Jahrgangsstufen unterscheiden sich aber nicht hinsichtlich ihres Wissenszuwachses zwischen den Messzeitpunkten (F [1.99, 356.77] = 0.02, p = .98). 1 Im Hinblick auf den messwiederholten Zeitfaktor konzeptuelles Wissen ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Posttest und dem Follow-up Test keine weitere Förderung stattfand, sodass innerhalb dieses Intervalls kein signifikanter Wissenszuwachs erwartet wurde. N Wissen Pretest M (SD) Wissen Posttest M (SD) Wissen Follow-up M (SD) Intelligenz M (SD) aktuelle Motivation M (SD) 8. Jahrgangsstufe ohne Lernhilfen ULZ 26 .18 (.17) .33 (.24) .37 (.24) .79 (.14) .61 (.17) SLZ 26 .18 (.19) .39 (.24) .39 (.27) .71 (.20) .63 (.17) ges. 52 .18 (.18) .36 (.24) .38 (.25) .75 (.17) .62 (.17) mit Lernhilfen ULZ 27 .15 (.16) .23 (.24) .21 (.23) .82 (.12) .59 (.17) SLZ 25 .21 (.19) .31 (.26) .32 (.25) .70 (.14) .62 (.17) ges. 52 .18 (.18) .27 (.25) .26 (.25) .76 (.15) .61 (.17) ges. ULZ 53 .17 (.16) .28 (.24) .29 (.24) .81 (.13) .60 (.17) SLZ 51 .20 (.19) .35 (.25) .36 (.26) .71 (.17) .63 (.17) ges. 104 .18 (.18) .31 (.25) .32 (.25) .76 (.16) .61 (.17) 9. Jahrgangsstufe ohne Lernhilfen ULZ 21 .30 (.17) .37 (.18) .46 (.22) .81 (.12) .59 (.15) SLZ 22 .37 (.29) .43 (.27) .44 (.25) .77 (.16) .61 (.15) ges. 43 .34 (.24) .40 (.23) .45 (.24) .79 (.14) .60 (.15) mit Lernhilfen ULZ 25 .38 (.22) .60 (.25) .56 (.25) .79 (.19) .62 (.16) SLZ 17 .35 (.28) .55 (.26) .54 (.30) .78 (.17) .54 (.19) ges. 42 .37 (.24) .58 (.25) .55 (.27) .79 (.18) .59 (.17) ges. ULZ 46 .34 (.20) .49 (.25) .51 (.24) .80 (.16) .61 (.15) SLZ 39 .36 (.28) .49 (.27) .49 (.27) .78 (.17) .54 (.19) ges. 85 .35 (.24) .49 (.26) .50 (.26) .79 (.16) .59 (.17) Tab. 2: Deskriptive Daten der untersuchten Gruppen Anmerkungen: M = Mittelwert, SD = Standardabweichung, ULZ = unspezifische Lernziele, SLZ = spezifische Lernziele. Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen 277 Wie Abbildung 3 grafisch verdeutlicht, bestätigt der Interaktionseffekt der Faktoren Klassenstufe, metakognitive Lernhilfen und konzeptuelles Wissen als messwiederholter Faktor, dass nur die neunten Klassen in ihrem Wissenszuwachs bedeutsam von den metakognitiven Lernhilfen profitierten, nicht aber die achten Klassen (F [1.99, 356.77] = 7.47, p < .001, η 2 = .04). Werden die Jahrgangsstufen im Rahmen einer Kovarianzanalyse mit Messwiederholung jeweils getrennt untersucht (s. a. Tab. 2 und Abb. 3), zeigt sich, dass die Lernhilfen den Wissenszuwachs in den neunten Klassen bedeutsam fördern konnten (Mauchly-Tests: c 2 [2] = 5.85, n.s.; F [2, 158] = 4.81, p < .01, η 2 = .06), während sie den Wissenszuwachs in den achten Klassen eher erschwerten (Mauchly-Tests: c 2 [2] = 5.80, n.s.; F [2, 196] = 4.01, p < .05, η 2 = .04). Einfluss der Schule Eine Erweiterung der messwiederholten Kovarianzanalyse um den quasi-experimentellen konkurrierenden Faktor Schule, welcher die vier untersuchten Gymnasien repräsentiert, zeigt einen signifikanten Interaktionseffekt für die Faktoren konzeptuelles Wissen und Schule (F [6, 326] = 3.29, p < .01, η 2 = .06). Bei klassenstufengetrennter Betrachtung erweist sich dieser Interaktionseffekt lediglich für die achte Jahrgangsstufe als signifikant (F [6, 172] = 5.96, p < .001), nicht jedoch für die neunte (F [2, 150] = 0.87, p = .42). Für die Gesamtstichprobe fällt der weiter oben beschriebene Interaktionseffekt von konzeptuellem Wissen, Lernhilfen und Klassenstufe in vergleichbarer Größenordnung aus, wenn zusätzlich der Schulfaktor in das Modell eingeht (F [2, 326] = 8.05, p < .001, η 2 = .05), während der Interaktionseffekt von konzeptuellem Wissen, Lernhilfen und Schule nicht signifikant ist (F [2, 326] = 1.45, p = .19). Auch die Reduktion der Stichprobe auf die zwei (der insgesamt vier untersuchten) Schulen, aus denen sowohl achte wie auch neunte Klassen rekrutiert werden konnten (n = 138), zeigt für den Interaktionseffekt von konzeptuellem Wissen, Lernhilfen und Klassenstufe ein Ergebnis (F [2, 256] = 6.77, p < .01, η 2 = .05), das nur gering von dem der Gesamtstichprobe abweicht. Durch diese Ergebnisse kann die Hypothese 2 im Rahmen des vorliegenden Beitrags gestützt werden. keine Lernhilfen, Jahrgangsstufe 9 Lernhilfen, Jahrgangsstufe 9 keine Lernhilfen, Jahrgangsstufe 8 Lernhilfen, Jahrgangsstufe 8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 konzeptuelles Wissen Pretest Posttest Follow-up Abb. 3: Konzeptuelles Wissen in Abhängigkeit von den Faktoren Lernhilfen und Jahrgangsstufe unter Kontrolle der kognitiven Grundfähigkeiten und der aktuellen Motivation. 278 Julian Kempf, Josef Künsting Hypothese 3: Einfluss der Lernzielspezifität auf die Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen Erwartungsgemäß zeigt sich kein signifikanter Haupteffekt des Faktors Lernzielspezifität auf den Wissenszuwachs zwischen den Messzeitpunkten (F [1.99, 356.77] = .14; p = .87). Die Annahme, dass metakognitive Lernhilfen in Kombination mit unspezifischen Lernzielen bedeutsam lernförderlicher sind als in Kombination mit spezifischen Lernzielen, konnte jedoch nicht bestätigt werden. Rein deskriptiv zeigt sich zwar für die Teilstichprobe der neunten Jahrgangsstufe, dass die beschriebene Kombination den erwarteten höheren Wissenszuwachs mit sich brachte. Eine statistisch signifikante Interaktion der Faktoren Lernzielspezifität und Lernhilfen und des Zeitfaktors konzeptuelles Wissen lässt sich jedoch nicht nachweisen (F [1.99, 356.77] = .80, p = .45). Diskussion In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob der Lernerfolg bei entdeckendem Lernen durch Experimentieren mithilfe zeitökonomischer metakognitiver Lernhilfen bedeutsam gefördert werden kann. Zudem wurde der Frage nachgegangen, ob diese Förderung in der Sekundarstufe I jahrgangsübergreifend wirksam ist, da der Erfolg selbstregulierter Lernprozesse auch vom Vorwissen und von Schülerkompetenzen abhängt, die sich mit fortschreitenden Jahrgangsstufen weiterentwickeln (Köller & Baumert, 2002; Neumann et al., 2010). Für die beiden untersuchten gymnasialen Jahrgangsstufen 8 und 9 konnte insgesamt ein gut mittelstarker Wissenszuwachs aufgrund des entdeckenden Lernens durch Experimentieren in einem virtuellen Physiklabor gezeigt werden. Die Tatsache, dass zwischen Posttest und Followup überhaupt kein, also auch kein deskriptiver Wissensverlust nachweisbar ist, könnte darauf zurückgeführt werden, dass der Folgetest nach drei Wochen direkt zu Beginn der Schulstunde stattfand und die Lernenden kognitiv noch unbelastet waren. Hier entfielen im Unterschied zum Posttest die vorangegangenen kognitiven Belastungen durch das Trainingsprogramm für den Umgang mit dem virtuellen Physiklabor, die Lernphase selbst und die weiteren Tests. Es ist also denkbar, dass die Lernenden dadurch ihr ohnehin gut behaltenes Wissen zudem unter guten Bedingungen abrufen konnten. Die metakognitiven Lernhilfen erwiesen sich nur für die neunte Jahrgangsstufe als zusätzlich lernförderlich, während für die achte Jahrgangsstufe konträre Tendenzen aufgezeigt wurden. Diese Art von Wechselwirkung zwischen Lehrmethode (in unserer Studie die metakognitiven Lernhilfen) und Schülermerkmalen (lernerfolgsrelevante Voraussetzungen) ist in der bisherigen Forschung als Aptitude-Treatment-Interaktion bekannt (ATI; Snow & Corno, 1986). In der vorliegenden Untersuchung bezieht sich der ATI-Effekt jedoch nicht darauf, dass Lernende mit gering ausgeprägten Lernvoraussetzungen (z. B. geringes Vorwissen) deutlich stärker von einem hohen Ausmaß instruktionaler Unterstützung profitierten als Lernende mit guten Lernvoraussetzungen (z. B. hohes Vorwissen). Vielmehr scheint es umgekehrt so zu sein, dass die metakognitiven Lernhilfen als instruktionale Unterstützung an sich bereits hohe Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler der achten Jahrgangsstufe gestellt haben, sodass sie diese Instruktionen nicht effizient nutzen konnten (vgl. Heiß et al., 2003). Dieses Ergebnis spricht dafür, dass es für eine erfolgreiche Nutzung der metakognitiven Lernhilfen erforderlich war, über entsprechende Lernvoraussetzungen zu verfügen. Sind beispielsweise inhalts- und domänenspezifisches Vorwissen zu gering, so kann dies die effiziente Nutzung von Lernstrategien erschweren (Lind & Sandmann, 2003). Da die Untersuchung direkt zu Beginn des Schuljahres stattfand, hatte in der achten Jahrgangsstufe beispielsweise noch kein Unterricht zum Thema Kräfte stattgefunden. Vorwissen zu dieser Thematik kann jedoch für das erfolgreiche Lernen in der computerbasierten Lernumgebung Auftrieb in Flüssigkeiten von Vorteil sein. Somit ist davon auszugehen, Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen 279 dass die Lernenden der achten im Vergleich zu denen der neunten Jahrgangsstufe aufgrund ihres geringeren Vorwissens simultan mehr Informationen verarbeiten mussten. Eine hieraus resultierende Überforderung könnte zu kognitiv-motivationalen Passungsproblemen geführt haben, welche die eigenständige Lernprozessregulation in komplexen Lernumgebungen erschweren (Stark et al., 1998). Auch könnte die zeitlich kurze, 20-minütige Einführung der metakognitiven Lernhilfen besonders in der achten Jahrgangsstufe mathemathantische Effekte während der Lernphase hervorgerufen haben, da ein geringes Vorwissen Konflikte zwischen der Anwendung alter und neu vermittelter Strategien begünstigen kann (Clark, 1988; Friedrich & Mandl, 1992). Auch die effiziente Nutzung intelligenter Lernhandlungen erfordert ein Mindestniveau inhaltlichen Vorwissens (Prins et al., 2006). So bedarf auch erfolgreiches entdeckendes Lernen durch Experimentieren eines ausreichenden Vorwissens, um geeignete Hypothesen aufzustellen und diese durch strategische Experimente zu überprüfen (vgl. Klahr & Dunbar, 1988; Künsting et al., 2008). Es ist anzunehmen, dass in den achten Klassen die niedrige Wissensbasis eher durch dargestellte Fakten oder einfache einzelne Experimente erweitert wurde, während in den neunten Klassen das eingangs bereits höhere Wissen durch systematisches Bilden und Testen von Hypothesen ausgebaut wurde. Die Lernwirksamkeit dieses systematischen Experimentierens konnte offenbar durch die metakognitiven Lernhilfen bedeutsam unterstützt werden. Im Gegensatz hierzu könnte innerhalb der achten Jahrgangsstufe der Versuch, die metakognitiven Lernhilfen adäquat zu nutzen, aufgrund subjektiv als zu schwierig empfundener Aufgaben eher zu der Einschätzung geführt haben, dass die gesetzten Lernziele nicht erreicht werden können (vgl. Weinert, 1984). Als weitere mögliche Ursachen für die unterschiedliche Wirksamkeit der metakognitiven Lernhilfen kommen die in Abhängigkeit von der niedrigeren Klassenstufe weniger ausgeprägten, für das Verständnis und die Anwendung der Lernhilfen aber wesentlichen Voraussetzungen wie Lesekompetenz (Retelsdorf & Möller, 2008), Bild-Text-Integration (Schnotz et al., 2010) und bereits vorhandene metakognitive Fähigkeiten (Artelt et al., 2012) infrage. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die aufgezeigten Effekte der Klassenstufe auf die Wirksamkeit der metakognitiven Lernhilfen auch durch die untersuchten Schulen beeinflusst sein könnten. Allerdings sind die in der vorliegenden Studie gefundenen Unterschiede zwischen einzelnen Schulen im Hinblick auf die Wirksamkeit der metakognitiven Lernhilfen weniger bedeutsam als der Effekt der Klassenstufe. Auch nach Kontrolle des Faktors Schule blieben die entsprechenden Unterschiede zwischen den beiden Klassenstufen klar statistisch bedeutsam. Dennoch sollte die Abgrenzung von Klassenvs. Schuleffekten im vorliegenden Kontext der untersuchten Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen künftig mit einer größeren Anzahl zufällig ausgewählter Schulen und Klassen abgesichert werden, auch in Kombination mit Mehrebenenanalysen. Aus wissenschaftlicher Perspektive bestätigen die Ergebnisse der vorliegenden Studie, dass kurze modellierende Einführungen metakognitiver Lernhilfen den Wissenszuwachs bei entdeckendem Lernen durch Experimentieren bedeutsam fördern können. Allerdings sollte vor deren Einsatz ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen inhaltsspezifischem Vorwissen und Aufgabenkomplexität sichergestellt werden. Als praktische Implikation kann der kurze zeitsparende Einsatz einer modellierenden Einführung metakognitiver Lernhilfen eine beachtenswerte Stellung einnehmen, z. B. als zeitökonomische und wirksame, ergänzende Förderung des Lernens durch Experimentieren im naturwissenschaftlichen Unterricht. In der vorliegenden Untersuchung konnte für die neunte Klassenstufe ein statistisch und praktisch bedeutsamer Effekt der metakognitiven Lernhilfen nachgewiesen werden. So können derartige Treatments beispielsweise den eigentlichen Lernphasen innerhalb computerbasierter Lernumgebungen vorgeschaltet werden, um Lernerfolge ökonomisch zu fördern. 280 Julian Kempf, Josef Künsting Zudem werfen die Ergebnisse dieser Arbeit die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen metakognitive Lernhilfen bei Lernenden mit niedrigem Vorwissen ein geeignetes Instrument zur Förderung des Wissenszuwachses darstellen können. Ein Fokus liegt hierbei auf der Entwicklung metakognitiver Lernhilfen, die an Schülerinnen und Schülern mit geringem Vorwissen angepasst sind. Denkbar wäre es, nicht nur die Lernhilfen adaptiv zu modifizieren (z. B. zu vereinfachen, zu reduzieren und die kontextuelle Einkleidung möglichst passgenau auf das geringere Vorwissen zuzuschneiden), sondern auch deren Darbietung mit Übungen zu kombinieren und gegebenenfalls zu wiederholen. Schließlich wäre zu prüfen, inwieweit sich die Wirkung der hier untersuchten metakognitiven Lernhilfen auch auf den realen Experimentiertisch im Unterrichtsalltag übertragen lässt. Literatur Artelt, C., Naumann, J. & Schneider, W. (2010). Lesemotivation und Lernstrategien. In E. Klieme, C. Artelt, J. Hartig, N. Jude, O. Köller, M. Prenzel, … P. Stanat (Hrsg.), PISA 2009. Bilanz nach einem Jahrzehnt (S. 73 - 112). Münster: Waxmann. Artelt, C., Neuenhaus, N., Lingel, K. & Schneider, W. (2012). Entwicklung und wechselseitige Effekte von metakognitiven und bereichsspezifischen Wissenskomponenten in der Sekundarstufe. Psychologische Rundschau, 63, 18 - 25. Bannert, M. (2003). Effekte metakognitiver Lernhilfen auf den Wissenserwerb in vernetzten Lernumgebungen. 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