eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 60/2

Psychologie in Erziehung und Unterricht
3
0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2013.art10d
41
2013
602

Effekte des Klauerschen Denktrainings bei Schülern mit Migrationshintergrund, Förderbedarf und bei Senioren

41
2013
Heiner Rindermann
Antonia Baumeister
In drei Feldstudien wurde das Klauersche Denktraining auf seine Effektivität geprüft. In der ersten (N1 = 33, Kontrollgruppendesign) wurde das Denktraining I bei Grundschulkindern mit Migrationshintergrund (M = 7;6 Jahre) eingesetzt. Der positive Effekt des vierwöchigen Trainings beträgt im CFT 1 ds(p) = 0.33. In der zweiten Feldstudie (N2 = 34, Kontrollgruppendesign, vier Wochen Denktraining I) bei Förderschülerinnen und -schülern (M = 8;9 Jahre) konnte kein positiver Effekt auf die Intelligenz (CFT 1) festgestellt werden (ds(p) = -0.21). In der dritten Studie mit Seniorinnen und Senioren (N3 = 68; M = 73;7 Jahre, Kontrollgruppendesign) zeigten sich nach zehn Wochen positive Effekte des Denksports für Ältere auf die Intelligenz (IST-2000-R, ds(p) = 1.15) und positive Effekte des SIMA-Gedächtnistrainings auf das Gedächtnis (NAI; ds(p) = 0.63). Der Gesamteffekt des Klauerschen Denktrainings über alle drei Stichproben beträgt ds(p) = 0.42 oder in IQ umgerechnet 6 Punkte. Im Vergleich verschiedener Effektstärken (d-Varianten vs. b vs. Stichproben-IQ) wiesen d-Varianten größere Effekte auf.
3_060_2013_2_0004
n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2013, 60, 121 -132 DOI 10.2378/ peu2013.art10d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Effekte des Klauerschen Denktrainings bei Schülern mit Migrationshintergrund, Förderbedarf und bei Senioren Heiner Rindermann, Antonia E. E. Baumeister Technische Universität Chemnitz Effectiveness of Klauer’s Cognitive Training with Immigrant Students, Special-Needs Students and Elderly People Summary: The effects of the cognitive training programs of Klauer were checked in three Austrian field studies. In the first study (N 1 = 33, control group design), the inductive reasoning program I was administered in a group of immigrant elementary school pupils (M = 7; 6 years). The positive effect on CFT 1 after four weeks of training was d s(p) = 0.33. In the second field study (N 2 = 34, control group design, four weeks of program I), with special-needs pupils (M = 8; 9 years), no positive effect on intelligence (CFT 1) was found (d s(p) = -0.21). In the third study with elderly persons (N 3 = 68; M = 73; 7 years), positive effects of the cognitive training were found on intelligence (IST-2000-R, d s(p) = 1.15), and positive effects of a mnemonic training on memory (NAI; d s(p) = 0.63). The total effect of Klauer’s reasoning training across three samples was d s(p) = 0.42 which equates to six IQ points. Comparing effect sizes (d-variants vs. b vs. sample-IQ), larger effects were found for d-variants. Keywords: Cognitive training, intelligence, immigration background, special-needs pupils, senior citizens, effect sizes d vs. b Zusammenfassung: In drei Feldstudien wurde das Klauersche Denktraining auf seine Effektivität geprüft. In der ersten (N 1 = 33, Kontrollgruppendesign) wurde das Denktraining I bei Grundschulkindern mit Migrationshintergrund (M = 7; 6 Jahre) eingesetzt. Der positive Effekt des vierwöchigen Trainings beträgt im CFT 1 d s(p) = 0.33. In der zweiten Feldstudie (N 2 = 34, Kontrollgruppendesign, vier Wochen Denktraining I) bei Förderschülerinnen und -schülern (M = 8; 9 Jahre) konnte kein positiver Effekt auf die Intelligenz (CFT 1) festgestellt werden (d s(p) = -0.21). In der dritten Studie mit Seniorinnen und Senioren (N 3 = 68; M = 73; 7 Jahre, Kontrollgruppendesign) zeigten sich nach zehn Wochen positive Effekte des Denksports für Ältere auf die Intelligenz (IST-2000-R, d s(p) = 1.15) und positive Effekte des SIMA-Gedächtnistrainings auf das Gedächtnis (NAI; d s(p) = 0.63). Der Gesamteffekt des Klauerschen Denktrainings über alle drei Stichproben beträgt d s(p) = 0.42 oder in IQ umgerechnet 6 Punkte. Im Vergleich verschiedener Effektstärken (d-Varianten vs. b vs. Stichproben-IQ) wiesen d-Varianten größere Effekte auf. Schlüsselbegriffe: Denktraining, Intelligenz, Migrationshintergrund, Förderschüler, Senioren, Effektstärken d vs. b Kognitive Kompetenz - die Fähigkeit zum Denken, die Verfügung über relevantes und wahres Wissen und dessen intelligente Nutzung - ist eine personenbezogene Leistungsvoraussetzung, die für eine erfolgreiche Bewältigung Danksagung: Wir danken Frau Mag. Sylvia Fiechtl, Herrn Mag. Wolfgang Kogler sowie Frau Mag. Maria Rabl für die Unterstützung bei der Durchführung der Studien und für hilfreiche inhaltliche Anregungen. Zudem wird zwei anonymen Gutachterinnen bzw. Gutachtern gedankt für die wertvollen Vorschläge zur Überarbeitung des Manuskripts. 122 Heiner Rindermann et al. mental anspruchsvoller Aufgaben hilfreich ist, reichend von Spracherwerb zu schulischen und beruflichen Aufgaben bis hin zu Alltagsproblemen (z. B. Rindermann, Flores-Mendoza, & Mansur-Alves, 2010; Rindermann, Michou, & Thompson, 2011). Ein Teilbereich kognitiver Fähigkeiten ist das schlussfolgernde Denken, das Entdecken von Regelhaftigkeiten und deren Übertragung auf die Lösung neuer Probleme. In seinem Modell „induktiven Denkens“ spezifiziert Karl Josef Klauer (2001) die Prozesse, die beim induktiven Denken ablaufen, als Feststellung der Gleichheit und/ oder Verschiedenheit von Merkmalen oder Relationen bei unterschiedlich kodierten Inhalten (z. B. verbal, bildhaft, numerisch usw.). 1 Denkfähigkeiten lassen sich durch Interventionsmaßnahmen fördern, sei es durch pädagogische Maßnahmen wie Trainings (z. B. Irwing, Hamza, Khaleefa, & Lynn, 2008; Jaeggi, Buschkuehl, Jonides & Shah, 2011), vorschulische Förderung (z. B. Campbell, & Ramey, 1994) oder allgemeine Beschulung (Ceci, 1991). Insbesondere Klauer hat Denktrainings für verschiedene Altersgruppen entwickelt und auf ihre Wirksamkeit überprüft. In zahlreichen Studien mit Einzel-, Paar- und Kleingruppensettings bis hin zu ganzen Klassenverbänden konnten positive Effekte des Trainings für Kinder und Jugendliche auf schulisches Lernen, Konzentration und Intelligenz festgestellt werden. Die Trainingsprogramme für Kinder und Jugendliche erzielten im Mittel über 79 Evaluationsstudien eine Effektivität von d s(p) = 0.52 für die Intelligenzleistung sowie gemittelt über 38 Studien eine Effektivität von d s(p) = 0.69 für das schulische Lernen (jeweils korrigiert um Stichprobenabhängigkeiten; Klauer, & Phye, 2008). Auch für Kinder mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf konnten deutlich positive Effekte nachgewiesen werden (Intelligenz: d s(p) = 0.54; schulisches Lernen: d s(p) = 0.94), die über bloße Coachingeffekte hinausgingen und langfristig anhielten (z. B. Marx, 2005). Für das Klauersche Denktraining für Seniorinnen und Senioren liegen noch vergleichsweise weniger Wirksamkeitsstudien vor (z. B. Klauer, 1994; Hasselhorn, Hager, Huber & Gödecke, 1995). Bisher ungeklärt ist die Frage, wie sich das Denktraining auf Grundschulkinder mit einem Migrationshintergrund auswirkt. Bisherige Studien haben gezeigt, dass Kinder mit einem Migrationshintergrund bereits im Kindergartenalter häufig nicht nur im Hinblick auf ihre sprachlichen Kompetenzen, sondern auch im Hinblick auf kognitive Kompetenzen Defizite aufweisen (z. B. Dubowy, Ebert, von Maurice & Weinert, 2008). Studien über Vorschulförderprogramme für Kinder aus bildungsfernen Familien (IQ 61 - 88) legen nahe, dass spezielle Interventionsprogramme bei benachteiligten Kindern deutliche Intelligenzzuwächse bewirken können, die sich dann langfristig positiv auf weitere Lebensbereiche auswirken (z. B. schulischer und sozialer Erfolg; Campbell, & Ramey, 1994). Ein Nachteil vieler bisheriger Interventionsprogramme lag in ihren zeitlichen und finanziellen Kosten (vgl. Barnett, & Masse, 2007). Während die Effekte einiger Interventionsprogramme gut messbar waren, ist der Dosis-Wirkungszusammenhang über verschiedene Studien hinweg bislang unklar geblieben. Deshalb ist es eine in mehrfacher Hinsicht interessante Frage, ob man mit fokussierten, kurzen sowie einfacher durchführbaren Interventionen ähnliche IQ-Gewinne bei Migranten als einer Gruppe benachteiligter Personen erreichen kann. Unter der Annahme von Eigendynamiken bei positiven Effekten, die z. B. spiralförmig oder „schneeballartig“ sich erweiternd verlaufen können, könnte auch ein relativ kurzes Training zu langanhaltenden positiven Effekten führen (vgl. Feuerstein et al., 1981). Da 1 Unseres Erachtens ist Klauers Begriff „induktives Denken“ für die kognitiven Prozesse, die beim Lösen seiner Trainingsaufgaben ablaufen, als auch für die trainierte Fähigkeit zu eng, da die induktiv gefundenen Regeln auch auf neue Elemente übertragen werden (deduktives Denken). Deshalb wäre es besser, allgemeiner von „schlussfolgerndem Denken“ zu sprechen. Diese konzeptuelle Ausdehnung ist aber für die nachfolgende Fragestellung (Trainingseffekte) nicht von Relevanz. Generalisierbarkeit des Klauerschen Denktrainings 123 bisherige Studien zum Denktraining bei lernbeeinträchtigten Kindern und Jugendlichen gezeigt haben, dass ein Transfer der Effekte auf weitere Bereiche wie z. B. den Spracherwerb, dem Leseverständnis oder dem schulischen Lernen möglich ist (z. B. Marx, 2006; Sonntag, 2006), wird vermutet, dass insbesondere auch Grundschulkinder mit einem Migrationshintergrund in ihren kognitiven und sprachlichen Kompetenzen vom Denktraining profitieren. Der Begriff Migration wird je nach Untersuchungsziel unterschiedlich definiert (vgl. OECD, 2011). Die zu Hause gesprochene Sprache ist, zumindest für die Grammatik- Kenntnisse im Kindergartenalter, prädiktiver als z. B. die Muttersprache der Hauptbetreuungsperson (vgl. Dubowy et al., 2008) und wurde deshalb in der vorliegenden Studie 1 als Migrationsindikator verwendet. Im Hinblick auf Kinder mit Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten gab es zwar bisher eine Reihe von Studien verschiedener Forschergruppen, jedoch handelte es sich in diesen Studien stets um relativ homogene Stichproben, z. B. hinsichtlich des Fähigkeitsniveaus oder hinsichtlich der Störungsbilder (z. B. Oberstufenklassen einer Sonderschule bei Sonntag, 2004). Dies entspricht jedoch häufig nicht der Wirklichkeit von Sonderpädagogischen Zentren, in denen die Kinder meist einen sehr unterschiedlichen Förderbedarf aufweisen. Ob ein kognitives Denktraining auch bei einer recht heterogenen Gruppe von Förderschülerinnen und Förderschülern positive Effekte erbringt, stellt somit eine weitere noch unbeantwortete Untersuchungsfrage dar. Im Folgenden werden drei Feldstudien vorgestellt, in deren Rahmen die Wirksamkeit des Klauerschen Denktrainings bei drei verschiedenen Zielgruppen untersucht wurde. In der ersten werden Effekte bei Kindern mit Migrationshintergrund im allgemein kognitiven und sprachlichen Bereich untersucht. Die zweite Studie bei Kindern mit Entwicklungsstörungen der schulischen Fertigkeiten trägt zur Klärung der Frage bei, ob für diese heterogene Gruppe positive Effekte nachgewiesen werden können. Im Rahmen der dritten Studie bei Senioren wurde das Denktraining mit einem Gedächtnistraining sowie einer Kombination aus beidem für ältere Personen im Hinblick auf Vorhandensein, Additivität und Spezifität von Trainingseffekten verglichen. In jeder Studie gab es jeweils eine andere Versuchsleiterin bzw. einen anderen Versuchsleiter, die bzw. der sowohl die Testungen als auch das Training bzw. die Trainings alleine durchführte. In den bisherigen Evaluationsstudien zum Denktraining nach K. J. Klauer wurde als Effektstärkemaß meist ein um Unterschiede vor dem Training korrigierter d-Wert (Cohen, 1988) berichtet (hier als d s(p) bezeichnet). Dabei wird die gepoolte Standardabweichung s(p) verwendet. Jedoch geht in die Formel für die gepoolte Standardabweichung lediglich die Binnenvarianz in der Trainings- und der Kontrollgruppe ein unter Außerachtlassung der Messzeitpunkte. Deshalb wurde für alle drei Studien zusätzlich eine Interaktionseffektgröße ermittelt, bei der die Standardabweichung s(I,BA) die mittlere Binnenvarianz aller Messzeitpunkte berücksichtigt (im Folgenden als d s(I,BA) bezeichnet, mit der Binnenvarianz pro Zelle AB jk des Versuchsdesigns). Die Effektgröße wurde so ermittelt, welche auf die bei Messwiederholungen gebräuchliche Residualstreuung s(Res) standardisiert wurde (im Folgenden als d s(Res) bezeichnet). Die Berechnungsformeln sind im Anhang dargestellt, die resultierenden d-Werte können in Tabelle 1 verglichen werden. Zum Zweck des Vergleichs mit den von Klauer und Phye (2008) ermittelten Effektgrößen berichten wir primär die anhand der gepoolten Standardabweichung berechnete Effektgröße d s(p) . Je nach verwendeter Gleichungsvariante resultieren, wie bereits erwähnt, unterschiedlich hohe d-Werte. Deshalb werden neben den d-Werten zum Vergleich weitere Varianten der Effektstärkenbestimmung (IQ- „Roh“-Werte, Regressionsanalysen) berichtet und diskutiert. 124 Heiner Rindermann et al. Studie 1: Effekt eines Denktrainings bei Grundschülerinnen und -schülern mit Migrationshintergrund Methode Die Stichprobe (Winter 2009, zwei Grazer Grundschulklassen) umfasste 16 Mädchen und 17 Jungen im Alter von 6; 11 bis 9; 10 Jahren (M = 7; 6, SD = 0; 8), die einen Migrationshintergrund aufwiesen (insgesamt 16 verschiedene Muttersprachen) und die die zweite Klassenstufe besuchten. Einige Kinder wurden verzögert eingeschult. Aus organisatorischen Gründen war es leider nicht möglich, eine Randomisierung der Grundschülerinnen und -schüler innerhalb der beiden Klassen in Experimental- oder Kontrollgruppe vorzunehmen. Die Zuteilung zu den Gruppen fand nach schulinternen Kriterien statt (welche Klasse gemäß Unterricht Zeit hatte). Es wird davon ausgegangen, dass der Stundenplan nicht mit relevanten Merkmalen der Grundschüler konfundiert ist. Jedoch können Schulunterschiede nicht ausgeschlossen werden. Die eine Grundschulklasse wurde per Losverfahren als Experimentalgruppe eingeteilt, die andere Grundschulklasse als Kontrollgruppe. Der kognitive Entwicklungsstand wurde in Gruppentestungen (Dauer: jeweils 30 - 40 Minuten; Testzeit III) anhand der drei Subtests Klassifikationen, Ähnlichkeiten und Matrizen des bildungs- und schulfernen Grundintelligenztests CFT 1 (Cattell, Weiß & Osterland, 1997) bestimmt, der sprachliche Entwicklungsstand mit dem bildungs- und schulnahen HSET (Heidelberger Sprachentwicklungstest, vier Untertests Imitation grammatischer Strukturformen, Bildung von Ableitungsmorphemen, Satzbildung und Wortfindung, leicht an österreichische Begrifflichkeit angepasst; Grimm & Schöler, 1991). Danach nahmen jeweils drei bis vier Kinder der Experimentalgruppe (N = 13) gemeinsam am Denktraining für Kinder I von Klauer (1989) teil. Die Trainingsphase betrug vier Wochen, wobei zwei Lektionen pro Woche mit jeweils 15 Aufgaben und 25 - 40 minütiger Dauer durchgeführt wurden. Sechs Wochen nach dem Vortest erfolgte die Nachtestung mit dem CFT 1 sowie dem HSET. Mit der Kontrollgruppe (N = 20) wurde zunächst der Vortest (CFT 1 und HSET) und sechs Wochen später der Nachtest durchgeführt. Nach dem Nachtest wurde das Denktraining für Kinder I aus pädagogischen und ethischen Gründen auch in der Kontrollgruppe für vier Wochen durchgeführt, um diese Förderung allen teilnehmenden Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen. Auffälliges bei der Durchführung des Denktrainings: Zum einen kam es bei einigen Grundschülerinnen und -schülern zu einem Motivations- und Aufmerksamkeitsverlust, weil einzelne Aufgaben für sie zu einfach lösbar waren. Zum anderen zeigten Schülerinnen und Schüler, die aufgrund der heterogenen Gruppenzusammensetzung über vergleichsweise schlechtere Sprachfähigkeiten verfügten, größere Schwierigkeiten beim Verständnis der Trainingsinhalte. Ergebnisse Bei der Nachtestung zeigte sich beim Vergleich der Experimentalgruppe mit der Kontrollgruppe im CFT 1 ein schwach positiver Effekt des Klauerschen Trainings (d s(p) = 0.33, b Train ➝ Int = .22, n.s.). Auf die Entwicklung sprachlicher Kompetenzen besteht kein positiver Effekt (d s(p) = 0.03, b Train ➝ Spr = .03, n.s.). Die Ergebnisse der weiteren d-Varianten sind Tabelle 1 zu entnehmen. Anmerkungen zu folgender Tabelle 1: M = Mittelwert, SD = Standardabweichung, N = Stichprobenumfang, r V,N = Produkt-Moment-Korrelation zwischen den beiden Zeitpunkten der Testerhebungen, d = Effekt zum Nachtest korrigiert um Unterschiede zum Vortest (Experimentalgruppeneffekt), b = Effekt der Gruppenzugehörigkeit (Experimentalgruppe) in einer Regressionsanalyse mit dem zusätzlichen Prädiktor Vortest (Wert in Klammern); CFT: Cattell Culture Fair Intelligenz Test, sprachfreier und bildungsferner Intelligenztest, HSET: Heidelberger Sprachentwicklungstest, bildungsnaher Sprachtest; IST: Intelligenz-Struktur-Test, allgemeiner Intelligenztest, NAI: Nürnberger-Alters-Inventar, Gedächtnistest; bei der Seniorenstichprobe Vergleich immer mit der Kontrollgruppe, Seniorenstichprobe Berechnungsvariante 2: IST-KG Messzeitpunkt 2 + 4 IQ (Annahme keines Verlustes bei KG); T: Treatment, (T): nicht zum Test passendes Treatment; *** p < .001. ** p < .01. * p < .05. t p < .10. Generalisierbarkeit des Klauerschen Denktrainings 125 Tab. 1: Mittelwerte, Standardabweichungen, Gruppengrößen, d-Effektstärken und Regressionskoeffizienten Studie 1: Kinder mit Migrationshintergrund an Grundschulen (N = 33) CFT-Subskalen Vortest Nachtest d-Varianten b Experimentalgruppe M 22.15 25.46 SD 4.41 4.47 N 13 13 r V,N .46 d s(p) 0.33 d s(I,BA) 0.26 b .22 n.s. (.65***) d s(Res) 0.20 Kontrollgruppe M 19.80 21.70 SD 6.34 5.40 N 20 20 r V,N .76*** HSET Vortest Nachtest d-Varianten b Experimentalgruppe M 34.54 43.85 SD 24.07 20.82 N 13 13 r V,N .93*** d s(p) 0.03 d s(I,BA) 0.04 b .03 n.s. (.91***) d s(Res) 0.03 Kontrollgruppe M 25.70 34.10 SD 19.45 22.43 N 20 20 r V,N .92*** Studie 2: Kinder mit Entwicklungsstörungen an Grundschulen (N = 34/ 28) CFT-Subskalen Vortest Nachtest d-Varianten b Experimentalgruppe M 22.41 24.59 SD 5.28 6.19 N 17 17 r V,N .74*** d s(p) -0.29 d s(I,BA) -0.21 b -.17 n.s. (.70***) d s(Res) -0.16 Kontrollgruppe M 24.81 28.24 SD 7.39 4.68 N 17 17 r V,N .76*** HSET Vortest Nachtest d-Varianten b Experimentalgruppe M 32.50 40.56 SD 19.76 22.42 N 16 16 r V,N .97*** d s(p) -0.24 d s(I,BA) -0.27 d s(Res) -0.18 b -.05 n.s. (.97***) Kontrollgruppe M 31.33 44.71 SD 20.09 23.69 N 12 12 r V,N .97*** ➝ 126 Heiner Rindermann et al. Studie 3: Seniorinnen und Senioren (N = 68/ 56/ 63) IST Vortest Nachtest d-Varianten b Denksport M 99.88 T 114.00 d 1s(p) 1.37 SD 14.82 15.40 d 1s(I,BA) 0.94 b 1 .50*** (.92***) N 6 6 d 1s(Res) 0.99 r V,N .83* d 2s(p) 1.06 d 2s(I,BA) 0.73 b 2 .39 (.94) d 2s(Res 0.77 Gedächtnis M 87.25 (T) 91.23 d 1s(p) 0.67 SD 9.70 10.33 d 1s(I,BA) 0.65 b 1 .12 n.s. (.93***) N 11 11 d 1s(Res) 0.48 r V,N .36 d 2s(p) 0.34 d 2s(I,BA) 0.32 b 2 -.02 (.87) d 2s(Res) 0.24 beides M 92.56 T 110.75 d 1s(p) 1.93 SD 7.29 8.41 d 1s(I,BA) 1.92 b 1 .77*** (1.02***) N 12 12 d 1s(Res) 1.42 r V,N .30 d 2s(p) 1.58 d 2s(I,BA) 1.57 b 2 .62 (1.01) d 2s(Res) 1.16 Kontrollgruppe M 110.56 106.73 (+ 4) SD 12.72 12.70 N 27 27 r V,N .91*** NAI Vortest Nachtest d-Varianten b Denksport M 107.25 (T) 111.51 d 1s(p) 0.19 SD 15.47 10.30 d 1s(I,BA) 0.19 b 1 .10 n.s. (.84***) N 6 6 d 1s(Res) 0.14 r V,N .48 Gedächtnis M 95.83 T 110.91 d 1s(p) 0.97 SD 9.90 8.37 d 1s(I,BA) 0.98 b 1 .40*** (.82***) N 12 12 d 1s(Res) 0.71 r V,N .59* beides M 110.26 T 118.50 d 1s(p) 0.47 SD 7.48 5.64 d 1s(I,BA) 0.50 b 1 .23** (.80***) N 12 12 d 1s(Res) 0.37 r V,N .39 Kontrollgruppe M 98.21 99.65 SD 14.90 15.64 N 33 33 r V,N .90*** ➝ Generalisierbarkeit des Klauerschen Denktrainings 127 Studie 2: Effekt eines Denktrainings bei Förderschülerinnen und -schülern Methode Die Stichprobe (Winter 2009, drei Grazer Sonderpädagogische Zentren) umfasste neun Mädchen und 25 Jungen im Alter von 7; 0 Jahren und 10; 5 Jahren (M = 8; 9 Jahre, SD = 1; 1 Jahre), die einen sonderpädagogischen Förderbedarf aufwiesen und die die erste bis vierte Klasse besuchten. Die Zuteilung zu den Gruppen fand nach schulinternen und kindbezogenen Kriterien statt (z. B. momentane Gesundheit im Winter). Wie in Studie 1 wurden Skalen des CFT 1 und HSET in einem Vortest und einem Nachtest eingesetzt. Für den HSET liegen aufgrund von winterlichen Infektionserkrankungen weniger Messungen vor. Kinder der Experimentalgruppe (N = 17) nahmen, ebenfalls wie in Studie 1, nach dem Vortest paarweise (immer die gleichen Paare) am Denktraining für Kinder I von Klauer (1989) teil. Die Trainingsphase betrug vier Wochen, wobei zwei Lektionen pro Woche mit jeweils 15 Aufgaben und 30 - 40 minütiger Dauer durchgeführt wurden. Vier Wochen nach dem Vortest erfolgte die Nachtestung. Mit der Kontrollgruppe (N = 17) wurde zunächst der Vortest und fünf Wochen später der Nachtest durchgeführt. Erst danach absolvierte auch die Kontrollgruppe das Klauersche Intelligenztraining für vier Wochen. Auffälliges bei der Durchführung der Testung und des Denktrainings: Während des Trainings der Experimentalgruppe kam es hin und wieder zu kurzzeitigen Lärmstörungen, welche die bei einzelnen Schülerinnen und Schülern ohnehin labile Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigte. Verhaltensauffällige Kinder mussten öfters auf die Regeln aufmerksam gemacht werden. Einzelne Aufgaben des Denktrainings wurden von den Schülern wörtlich als „kindisch“ empfunden. Die Ähnlichkeit der CFT 1-Aufgaben mit dem Trainingsmaterial resultierte beim Nachtest in größerer Langeweile und einer verminderten Anstrengungsbereitschaft. Ergebnisse In dieser Stichprobe ließen sich keine positiven Effekte des Denktrainings für schulferne Intelligenz (d s(p) = -0.29, b Train ➝ Int = -.17, n.s.) und sprachliche Kompetenz (d s(p) = -0.24, b Train ➝ Spr = -.05, n.s.) feststellen (s. Tabelle 1). Studie 3: Denk- und Gedächtnistraining bei älteren Personen Methode An der Studie mit Seniorinnen und Senioren nahmen 60 Frauen und 8 Männer zwischen 61 und 90 Jahren (M = 73; 7 Jahre, SD = 8; 11 Jahre) teil, die in Pflegeheimen, betreuten Wohnheimen, Seniorenbünden und Lerninstituten für Ältere angeworben wurden. Generell erwies es sich als schwierig, Seniorinnen und Senioren zu finden, die an Testung und Training teilnehmen wollten und konnten. Die Ungleichverteilung der Geschlechter sowie der Trainingsgruppengrößen ergab sich als Selektionseffekt aus dem unterschiedlichen Interesse zur freiwilligen Teilnahme, wobei viele der Nichtteilnehmenden die Befürchtung äußerten, ihre altersbedingten kognitiven Defizite seien zu stark fortgeschritten. Voraussetzung für die Teilnahme war, dass keine Demenzdiagnose sowie keine zu starke Behinderung des Seh- und Hörvermögens vorlagen. Im Rahmen einer Vorbesprechung füllten alle Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer einen soziodemografischen Fragebogen aus zur Erfassung von Alter, Geschlecht, Schulbildung (höchster Bildungsabschluss und Schuljahre), ehemaliger Berufsausübung (anschließend kategorisiert nach kognitivem Anspruchsgehalt) sowie von Freizeitaktivitäten (anschließend kategorisiert nach kognitivem Anspruchsgehalt). Danach wurde als erster Teil des Vortests die kurz- und langfristige Gedächtnisleistung mittels der neun Gedächtnissubtests von Form A des Nürnberger-Alters-Inventars (NAI, Form A; Oswald & Fleischmann, 1997) erhoben. Sieben Subtests mit steigendem Schwierigkeitsgrad erfassten die kurzfristige Gedächtnisleistung (Wortliste freie Reproduktion, Zahlen nachsprechen vorwärts und rückwärts, Bildertest, Wortpaare, Figuren-Test, Satznachsprechen) und zwei Subtests das längerfristige Erinnern (Latentes Lernen, Wortliste wiedererkennen). Wenige Tage später wurde als zweiter Teil des Vortests der Intelligenz-Struktur-Test 2000 R (IST-2000-R; Liepmann, Beauducel, Brocke & Amthauer, 2007) zur Erfassung der fluiden verbalen, numerischen und figuralen Intelligenzleistung im Gruppensetting durchgeführt. Um die Bearbeitungsdauer zu reduzieren, wurde beim verbalen und figuralen Teil nur jede zweite Aufgabe (ungerade Nummern) bearbeitet. Um mögliche Einflüsse der Schulbildung gering zu halten, erfolgte die Erfassung der numerischen Intelligenz anhand des Subtests „Zahlenreihen“. Die 128 Heiner Rindermann et al. Leistungstestergebnisse wurden am ersten Messzeitpunkt der Stichprobe selbst normiert (M 1 = 100, SD 1 = 15). Im Anschluss wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter Berücksichtigung ihrer Interessen und zeitlichen Disponibilität (Training c war doppelt so umfangreich) in eine der folgenden drei Trainingsgruppen eingeteilt, im Voraus festgelegten Kontrollgruppenmitgliedern wurde kein Training angeboten (mögliche Prä-Trainingsunterschiede ließen sich durch vorgeschaltete Messungen herausrechnen): a) Denksport für Ältere von Klauer (2008): Dieses enthält Aufgaben zum induktiv-schlussfolgernden Denken sowie (in geringerer Zahl) deduktivschlussfolgernde Aufgaben und Gedächtnis- und Konzentrationsübungen. Die Übungen wurden selbstständig bearbeitet mit dem Ziel, durch logisches Schlussfolgern zur fehlenden Lösung zu gelangen. Die korrekten Lösungen wurden nur bei Fragen und im Anschluss an die Übung zur Kontrolle genannt. Es wurden 120 Aufgaben in zehn Übungseinheiten bearbeitet. Es nahmen n = 6 Personen teil, weitere vier Personen sagten nach Beginn des Trainings aufgrund von Zeitproblemen oder Desinteresse ab. b) Selbständig im Alter von Oswald (1998): Dieses Gedächtnistraining mit Übungen aus dem SI- MA-Projekt fokussiert verschiedene Funktionsbereiche des Gedächtnisses (Aufmerksamkeit, Konzentration, Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis). Auch hier wurden die Übungen selbstständig absolviert. Es nahmen n = 12 Personen teil, weitere vier Personen sagten nach Beginn des Trainings ab. c) Die dritte Trainingsgruppe erhielt sowohl Übungen des Denksports für Ältere als auch des SIMA-Gedächtnistrainings (n = 12). Die ersten beiden Trainingsgruppen absolvierten ihr jeweils einstündiges Training einmal wöchentlich für die Dauer von zehn Wochen, die dritte Trainingsgruppe traf sich zweimal wöchentlich für dieselbe Dauer. Die Trainingsgruppe mit beiden Trainings führte beim jeweils ersten Termin in jeder Woche die Gedächtnisübungen durch und beim zweiten Termin das Denktraining. In allen Trainingsgruppen bestand die Möglichkeit, Aufgaben, die im Gruppensetting nicht bearbeitet wurden, als freiwillige Hausübung allein bis zur nächsten Sitzung durchzuführen. Darüber hinaus gab es eine Kontrollgruppe (n = 38 bzw. 27/ 33, mehrere Personen waren für einen zweiten Testtermin nicht mehr zugänglich, s. Tabelle 1), die kein Training erhielt, aber in denselben Zeiträumen getestet wurde. In der elften Woche nach dem Vortest erfolgte für alle der erste Teil des Nachtests mit der Erfassung der fluiden Intelligenzleistung im Gruppensetting. Hierbei wurden die geraden Aufgabennummern des Intelligenz-Struktur-Tests 2000 R vorgegeben, sodass der Schwierigkeitsgrad demjenigen im Vortest entsprach. Als zweiter Teil des Nachtests wurde an jeweils individuellen Terminen die Gedächtnisleistung anhand von Form B des Nürnberger-Alters-Inventars erfasst. Auffälliges bei der Durchführung der Trainings: Die Papier- und Bleistift-Form des Test- und Trainingsmaterials resultierte in einem zunehmenden Desinteresse. Die Gruppentestungen waren mit Lärmstörungen verbunden. Es wurden spezifische Effekte erwartet, d. h. des Denktrainings für Intelligenz und des Gedächtnistrainings für Gedächtnis. Da in der Kontrollgruppe im IST zum zweiten Messzeitpunkt schwächere Werte beobachtet wurden, die aber unplausibel sind (für altersdegenerative Veränderungen war der Zeitabstand zu kurz), wurde auch eine zweite Variante mit hypothetisch minimal gestiegenen (wie im NAI nach Intelligenztraining) Werten der Kontrollgruppe zum zweiten Messzeitpunkt gerechnet. Ergebnisse Ein steigendes Alter der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer stand in Zusammenhang mit sinkenden kognitiven Fähigkeiten (IST: r = -.46, N = 62; NAI: r = -.42, N = 66; Gesamtwert: r = -.54, N = 60). Je höher die in der Jugend erfolgte Bildung, desto bessere kognitive Fähigkeiten (IST: r p = .48, N = 62; NAI: r p = .24, N = 66; Gesamtwert: r p = .45, N = 60, Alter herauspartialisiert) wiesen sie auf. Zudem ging der geistige Anspruchsgehalt der früheren Berufstätigkeit mit höheren kognitiven Fähigkeiten einher (IST: r p = .58, N = 62; NAI: r p = .26, N = 66; Gesamtwert: r p = .56, N = 60, Alter herauspartialisiert). Der geistige Anspruchsgehalt der Freizeitbeschäftigung korrelierte mit höheren kognitiven Fähigkeiten (IST: r p = .46, N = 62; NAI: r p = .30, N = 66; Gesamtwert: r p = .53, N = 60, Alter herauspartialisiert). Generalisierbarkeit des Klauerschen Denktrainings 129 Sowohl für das Denktraining als auch für das Gedächtnistraining konnten nach zehn Wochen spezifische Trainingseffekte nachgewiesen werden: Das Denktraining nach Klauer verbesserte die Intelligenztestleistung (Gesamtwert beider Gruppen mit korrigierten Kontrollgruppenwerten: d s(p) = 1.15 und b Denk ➝ Int = .51, d s(p) in IQ umgerechnet 17 Punkte, gemäß Stichprobennormierung 8 IQ-Punkte), weniger oder nicht die Gedächtnisleistung (mit korrigierten Kontrollgruppenwerten: d s(p) = 0.34 und b Denk ➝ Ged = -.02). Dagegen verbesserte sich nach dem SIMA-Gedächtnistraining die Gedächtnisleistung (d s(p) = 0.63 und b Ged ➝ Ged = .27, d s(p) in IQ umgerechnet 9 Punkte, gemäß Stichprobennormierung um 7 IQ-Punkte), kaum aber die Intelligenztestleistung (d s(p) = 0.19 und b Ged ➝ Int = .10). Beide Trainings zusammen erwiesen sich für beide Kompetenzmaße als wirksam. Ein nicht passendes Training (Denken für Gedächtnis und Gedächtnis für Denken) wirkte deutlich weniger, was die Validität der Befunde unterstreicht. Diskussion Im vorliegenden Beitrag wurden drei Studien vorgestellt, die die Wirksamkeit des Klauerschen Denktrainings bei drei unterschiedlichen Zielgruppen untersuchten. Dauer und Intensität des Denktrainings I für Kinder waren mit vier Wochen und zwei Lektionen pro Woche in den ersten beiden Studien, d. h. bei Grundschülerinnen und -schülern mit Migrationshintergrund sowie bei Förderschülerinnen und Förderschülern, identisch. Dagegen erstreckten sich das Denk- und das Gedächtnistraining für Seniorinnen und Senioren über einen längeren Zeitraum (zehn Wochen) bei teilweise geringerer wöchentlicher Intensität (eine Lektion pro Woche bei den „Monotrainings“ bzw. zwei Lektionen bei der Kombination aus Denk- und Gedächtnistraining). Für Grundschülerinnen und -schüler mit Migrationshintergrund konnte ein schwach positiver Effekt des Denktrainings auf die kognitiven Fähigkeiten festgestellt werden, nicht aber für Förderschülerinnen und Förderschüler, die größten Effekte (auch nach Korrektur) gab es bei Seniorinnen und Senioren. Der Gesamteffekt des Klauerschen Denktrainings auf die kognitiven Fähigkeiten beträgt über alle drei Studien gemittelt (1: d s(p) = 0.33, b = .22; 2: d s(p) = -0.29, b = -.17; 3: d s(p) = 1.15, b = .51) d s(p) = 0.40 bzw. b = .19 oder d s(p) in IQ umgerechnet 6 Punkte. In anderen Indikatoren kognitiver Kompetenzen (Sprache oder Gedächtnis) waren keine positiven Effekte nachweisbar. Dieser Effekt ist zwar deutlich niedriger als der in einer Metaanalyse von Klauer und Phye (2008) gefundene (Intelligenz: d s(p) = 0.52; schulisches Lernen: d s(p) = 0.69), aber immer noch substantiell, wenn man bedenkt, dass pro Lebensjahr in der Kindheit auch „nur“ in etwa 6 IQ-Punkte hinzugewonnen werden (Rindermann, 2011) - der Trainingseffekt entspräche einem Jahr Schule und Reifung zusammen! Allerdings ist unser Effekt bei Kindern, der üblicherweise trainierten und am meisten untersuchten Gruppe, in beiden Studien immer deutlich unter den sonst beobachtbaren Werten, obwohl nach Klauer bei schwächeren Kindern eher größere Trainingseffekte erwartbar wären (Intelligenz: d s(p) = 0.54 vs. d s(p) = 0.52; schulisches Lernen: d s(p) = 0.94 vs. d s(p) = 0.69). Zu den Ergebnissen von Studie 1 ist anzumerken, dass Prätestunterschiede zuungunsten der Kontrollgruppe aufgetreten waren. Diese sind wahrscheinlich auf Schulunterschiede (unterschiedliche Grundschulen bei Experimentalvs. Kontrollgruppe) zurückzuführen. Trotz Adjustierung ergaben sich unterschiedliche Effektgrößen. Somit profitierten in dieser Stichprobe Migrantinnen und Migranten mit einem höheren Ausgangsniveau ihrer kognitiven und sprachlichen Fertigkeiten stärker vom Denktraining als solche mit einem vergleichsweise niedrigeren Ausgangsniveau. In Studie 2 mit Förderschülern ist nicht auszuschließen, dass dieses Training für einige dieser Kinder etwas zu leicht war (hier im Mittel 8; 9 Jahre bis 10; 5 Jahre alt, Denktraining für Kinder I gedacht für 5 - 8 Jahre). Zudem könnten unterschiedliche Störungsbilder zu 130 Heiner Rindermann et al. einer unterschiedlichen Wirksamkeit des Trainings innerhalb derselben Altersgruppe führen. Dies deutet auf die Grenzen einer Durchführung des Trainings in Gruppen hin. Die vorliegenden Studien führen zur Empfehlung, eine Einteilung in möglichst fähigkeitshomogene Kleingruppen vorzunehmen. Zudem ist die Wahl der Testverfahren entscheidend für die Untersuchung der Wirksamkeit des Denktrainings. In den ersten beiden Studien mit Schülerinnen und Schülern kam neben dem HSET der CFT 1 zum Einsatz. Kritisch anzumerken ist die geringe Transferdistanz des CFT 1 zu den Aufgaben des Denktrainings für Kinder I von Klauer (1989), welche die Gefahr von Deckeneffekten mit sich bringt. Es wurden zwar keine Deckeneffekte in den Studien 1 und 2 für das CFT 1 festgestellt, jedoch wäre ein Testverfahren, das eine breitere Differenzierung der Effekte auf kognitive Fähigkeiten erlaubt, sinnvoll, zum Beispiel die Wechsler Intelligence Scale for Children (WISC-IV; Petermann & Petermann, 2011). Eine Übersicht über weitere geeignete Testverfahren zum Einsatz im Kontext des Denktrainings bieten Lenhard und Lenhard (2011, Tabelle 1). In der Durchführung des Trainings und der Testungen gab es bei Seniorinnen und Senioren größere Probleme. Einige scheinen sich vor einer Trainingsteilnahme zu scheuen oder sind subjektiv stark beschäftigt. Ohne den festen Rahmen einer Schule ist regelmäßiges Kommen und vollständige Teilnahme schwierig zu realisieren. Gleichwohl würden sie nach unseren Resultaten sehr von einem solchen Training profitieren, sofern sie mit Interesse daran teilnehmen (s. auch Schaie, & Willis, 1986)! Um langfristige Trainingserfolge bei Seniorinnen und Senioren zu erreichen, sollte das Denktraining, gemäß der Empfehlung von Hasselhorn und Kollegen (1995), um Maßnahmen zur Steigerung des Selbstkonzepts ergänzt werden. Zudem legen die gegenseitigen Lärmstörungen der Senioren während der Trainingsdurchführung ein Einzeltraining nahe, wie es ebenfalls von Hasselhorn und Kollegen (1995) empfohlen wurde. Eine methodische Auffälligkeit findet sich im Unterschied zwischen verschiedenen d-Effektstärken und den b -Effektstärken (Gesamt: d s(p) = 0.40 vs. b = .19). Zur Vergleichbarkeit mit den von Klauer und Phye (2008) ermittelten Effektgrößen haben wir primär die anhand der gepoolten Standardabweichung berechnete Effektgröße d s(p) berichtet. Für Versuchsdesigns mit Messwiederholung scheinen jedoch andere Varianten, welche die Binnenvarianz in der Trainings- und der Kontrollgruppe für jeden Messzeitpunkt berücksichtigen, geeigneter zu sein. Im Vergleich verschiedener Berechnungsvarianten für die Effektgröße (s. Anhang) sind diese d-Effekte nicht nur simpel numerisch größer (größere Zahl) als die b -Effektstärken, sondern auch in der Bedeutung, wenn man Cohens (1988) Interpretationsschwellen für d und r heranzieht (für kleine Effekte: d = 0.20 und r = .10). Während die d-Wertvarianten deutlich über dem Schwellenwert liegen, liegt der b - Wert etwas über ihm. Ein Regressionskoeffizient ist zwar nicht identisch mit einem Korrelationskoeffizienten, es gibt aber hier neben der Selbstprädiktion nur einen weiteren Prädiktor, den der Treatmentgruppenzugehörigkeit, und es gibt keine indirekten Effekte. Dazu passt, dass, wenn man etwa in der Studie mit Seniorinnen und Senioren sich den Effekt in den IQ- Werten anschaut, man auf einen mittleren korrigierten Denktrainingsgewinn von 8.18 IQ- Punkten kommt, in der d s(p) -Berechnung in IQ-Skala transformiert auf 17.25 IQ-Punkte. Dies ist vor allem den kleineren Standardabweichungen innerhalb der Gruppen geschuldet. Schließlich sollte man praktisch den hohen Rechenaufwand, die Fehlergefahr und Varianten bei der d-Berechnung beachten, die insgesamt (d im Kontrollgruppendesign, im Messwiederholungsdesign, gepoolte vs. Gesamtgruppenstandardabweichung vs. Standardabweichung der Differenzen) d-Werte weniger zuverlässig und vergleichbar machen als simple, fehlerarme, von jedem Statistikprogrammpaket leicht berechenbare b -Werte. Zumindest sollte man die Darstellung von d-Werten zukünftig um die von b -Werten und - falls Tests vollständig ein- Generalisierbarkeit des Klauerschen Denktrainings 131 gesetzt werden - um Werte in den Testnormskalen (IQ) ergänzen. Um Regressionskoeffizienten aus verschiedenen Studien miteinander vergleichen zu können, sollten die standardisierten Koeffizienten ( b -Werte anstatt b-Werte) herangezogen werden. Darüber hinaus findet sich in Klauers Metaanalyse (Klauer, & Phye, 2008, p. 102) nicht eine einzige Studie mit negativen Effekten, obwohl rein statistisch solche auch bei einem durchschnittlich positiven Effekt erwartbar wären (vgl. Renkewitz, Fuchs, & Fiedler, 2011). Aus wissenschaftlichen Gründen wäre es wichtig, dass solche Studien publiziert werden. Wenn Klauers Intelligenztraining vermutlich in seiner Effektivität leicht überschätzt wird, so würde selbst ein Effekt von nur einer fünftel Standardabweichung (wie hier bei Kindern mit Migrationshintergrund) angesichts der dokumentierten Auswirkungen auf Lernen, Sprache und Konzentration und ihrer Stabilität (z. B. Klauer, 2001) für eine probeweise generelle Einführung im Umfang von zehn Unterrichtsstunden in Kindergärten, Grundschulen und weiterführenden Schulen sprechen. Dies gilt insbesondere auch für Entwicklungsländer, die in der Regel - gemessen an westlichen Normen - deutlich unterdurchschnittliche Intelligenzmittel aufweisen (bspw. Rindermann, 2012) und für die bisher bedeutsame Effekte gezeigt werden konnten (z. B. Irwing et al., 2008: Sudan, d s(p) = 0.47, umgerechnet 7 IQ-Punkte). Eine Herausforderung, die Studien zu kognitiven Trainings teilweise bereits angehen und zukünftig generell angehen sollten, ist der Einsatz von geeigneten Vergleichsgruppen zur Einschätzung von Wirksamkeit und Wirkung. Hasselhorn und Hager (2006) nennen verschiedene Arten von Vergleichsgruppen, die für unterschiedliche Evaluationsziele geeignet sind. Möglich wäre beispielsweise eine isolierte Wirksamkeitsevaluation, das heißt der Einsatz eines Kontrollprogramms, das andere Ziele unter den gleichen Rahmenbedingungen verfolgt (z. B. Jaeggi et al., 2011). Weitere Möglichkeiten wären Versuchsdesigns, die zur Aufklärung unspezifischer Programmwirkungen beitragen (z. B. Wirkung sozialer Interaktion: Hager, Hübner & Hasselhorn, 2000), oder Kontrollgruppen, die die Effekte von verschiedenen Komponenten eines kognitiven Trainings separieren helfen (z. B. Dorbath, Hasselhorn, & Titz, 2011). Literatur Barnett, W. S., & Masse, L. N. (2007). Comparative benefit-cost analysis of the Abecedarian program and its policy implications. Econcomics of Education Review, 26, 113 - 125. Campbell, F. A., & Ramey, C. T. (1994). Effects of early intervention on intellectual and academic achievement: A follow-up study of children from low-income families. Child Development, 65, 684 - 698. Cattell, R. B., Weiß, R. H. & Osterland, J. (1997). Grundintelligenztest Skala 1 (CFT 1). Braunschweig: Westermann. Ceci, S. J. (1991). How much does schooling influence general intelligence and its cognitive components? A reassessment of the evidence. Developmental Psychology, 27, 703 - 722. Cohen, J. (1988). Statistical power analysis for the behavioral sciences. 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Prof. Dr. Heiner Rindermann Technische Universität Chemnitz Institut für Psychologie Wilhelm-Raabe-Straße 43 09107 Chemnitz E-Mail: heiner.rindermann@psychologie. tu-chemnitz.de Standardisierung auf Residualstreuung der Messwiederholungen: Anhang: Formel-Varianten bei der Berechnung der d-Werte Anmerkungen: j = Faktorstufe, k = Anzahl der Faktorstufen, n = Stichprobengröße, x¯ j = Mittelwerte der Faktorstufe j, x¯ = Gesamtmittelwert, x ij = Merkmalsausprägung der i-ten Person in der Faktorstufe j, p i = Mittelwert aller Messwerte der i-ten Person (x- EG2 - x- EG1 ) - (x- KG2 - x- KG1 ) d s(p) = --------------------- s (p) (x- EG2 - x- EG1 ) - (x- KG2 - x- KG1 ) d s(I,BA) = --------------------- s (I,BA) (x- EG2 - x- EG1 ) - (x- KG2 - x- KG1 ) d s(Res) = --------------------- s (Res) Σ (n EG - 1) * s 2 EG + Σ (n KG - 1) * s 2 KG s (p) = -------------------------- N - 2 √ Σ n i = 1 Σ k j= 1 (n jk - 1) * s 2 jk s (I,BA) = ----------------- N - J * K √ i = 1 j = 1 s (Res) = ΣΣ (x ij - x- j - p i + x-) 2 n k √ Gepoolte Standardabweichung: Standardabweichung mit mittlerer Binnenvarianz pro Zelle AB jk des Versuchsdesigns, d. h. für alle Gruppen und Messzeitpunkte des Versuchsdesigns: