eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 61/2

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2014.art11d
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2014
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Wahrnehmung und Interpretation von Unterrichtsstörungen aus Schülerperspektive sowie aus Sicht der Lehrpersonen

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2014
Elena Makarova
Walter Herzog
Marie-Theres Schönbächler
Dem Beitrag liegt ein Verständnis von schulischem Unterricht als Interaktionssystem zugrunde, das alle am Unterricht Beteiligten einschließt. Eine konstitutive Rolle für den Aufbau von sozialer Ordnung im Unterricht kommt der gegenseitigen Wahrnehmung zu. Dazu gehört die Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen. Mittels qualitativer Daten wird untersucht, wie weit Schüler- und Lehrerperspektive bei der Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen und bei der Wahrnehmung der Lehrerreaktionen auf Unterrichtsstörungen übereinstimmen. Dabei wird nach Klassen, in denen der Unterricht häufig oder selten gestört wird, unterschieden. Die Ergebnisse zeigen erstens eine weitgehende Übereinstimmung von Lehrer- und Schülerperspektive bei der Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen, zweitens eine selbstdienliche Verzerrung der Wahrnehmung der eigenen Reaktionen auf Unterrichtsstörungen bei Lehrkräften von Klassen mit hohem Störausmaß und drittens eine unterschiedliche Bedeutung des Begriffs Unterrichtsstörung in Klassen mit hohem und tiefem Störaufkommen. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf eine mögliche Selbstverursachung von Unterrichtsstörungen durch die Lehrperson diskutiert. Zudem wird der Begriff der Klassenführung relativiert.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2014, 61, 127 -140 DOI 10.2378/ peu2014.art11d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Wahrnehmung und Interpretation von Unterrichtsstörungen aus Schülerperspektive sowie aus Sicht der Lehrpersonen Elena Makarova, Walter Herzog, Marie-Theres Schönbächler Universität Bern Zusammenfassung: Dem Beitrag liegt ein Verständnis von schulischem Unterricht als Interaktionssystem zugrunde, das alle am Unterricht Beteiligten einschließt. Eine konstitutive Rolle für den Aufbau von sozialer Ordnung im Unterricht kommt der gegenseitigen Wahrnehmung zu. Dazu gehört die Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen. Mittels qualitativer Daten wird untersucht, wie weit Schüler- und Lehrerperspektive bei der Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen und bei der Wahrnehmung der Lehrerreaktionen auf Unterrichtsstörungen übereinstimmen. Dabei wird nach Klassen, in denen der Unterricht häufig oder selten gestört wird, unterschieden. Die Ergebnisse zeigen erstens eine weitgehende Übereinstimmung von Lehrer- und Schülerperspektive bei der Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen, zweitens eine selbstdienliche Verzerrung der Wahrnehmung der eigenen Reaktionen auf Unterrichtsstörungen bei Lehrkräften von Klassen mit hohem Störausmaß und drittens eine unterschiedliche Bedeutung des Begriffs Unterrichtsstörung in Klassen mit hohem und tiefem Störaufkommen. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf eine mögliche Selbstverursachung von Unterrichtsstörungen durch die Lehrperson diskutiert. Zudem wird der Begriff der Klassenführung relativiert. Schlüsselbegriffe: Unterrichtstheorie, Unterrichtsstörungen, Klassenführung, Primarstufe Perception and Interpretation of Discipline Disruption in Classrooms from the Students’ Perspective and from the Teachers’ Point of View Summary: The contribution is based on an understanding of teaching as an interaction system that encompasses all parties in the classroom. Social order in classrooms is established through mutual awareness, which includes the perception of classroom disruptions. Using qualitative data, this paper examines the extent to which students’ and teachers’ perspectives coincide with respect to both the perception of classroom disruptions and the teachers’ reaction to discipline disruptions. For this purpose, classrooms were categorized into either infrequent-disruption or frequent-disruption classrooms. The results show, firstly, a high correspondence between teachers’ and students’ perception of classroom disruptions; secondly, a self-serving bias in the teachers’ perception of their own reactions on discipline disruptions; and thirdly, a different interpretation of the term discipline disruption in infrequentand frequent-disruption classrooms. The possibility that teachers themselves might cause classroom disruptions is discussed. In addition, the concept of classroom management is put into perspective. Keywords: Teaching, discipline disruption, classroom management, primary school level Unterricht als Interaktionssystem Schulischer Unterricht ist ein sozial situiertes interaktionales Geschehen. Davon lenken didaktische Theorien ab, die den Unterricht mit dem Anspruch auf Anleitung des Lehrerhandelns in der Perspektive seiner Planung und Reflexion erschließen (vgl. Herzog, 2010). Auch psychologische Theorien des Unterrichts, die in der Tradition des Prozess-Produktparadigmas stehen, fokussieren das Lehrerhandeln und unterschätzen den interaktionalen Charak- 128 Elena Makarova et al. ter schulischer Lehr-Lernprozesse. Das ist selbst dann der Fall, wenn evaluative Rückmeldungen in die Analyse einbezogen werden (Black & Wiliam, 2003; Hattie, 2009), da sich die Aufmerksamkeit zumeist auf deren informatorische Funktion beschränkt. Obwohl die Fokussierung der Lehrerperspektive bedeutsame Erkenntnisse über Qualität und Effektivität von Unterricht erbracht hat, wie eine Vielzahl von Forschungssynthesen belegen kann (z. B. Hattie, 2009; Helmke, 2009; Walberg, 2006), bleiben wesentliche Determinanten des Unterrichtsgeschehens unbeachtet. Dazu gehört nicht zuletzt der Unterricht selber, dessen Dynamik sowohl das Lehrerwie das Schülerverhalten beeinflusst und im Falle von Unterrichtsstörungen die Lehrer-Schüler-Beziehung stark belasten kann. Insofern in der Lehrer-Schüler- Beziehung eine wesentliche Bedingung eines effektiven Unterrichts liegt (Hattie, 2009; Schönbächler, 2008; Wentzel, 2009; Wubbels, den Brok, van Tartwijk & Levy, 2012), liegt es nahe, die empirische Analyse von Unterricht durch eine stärkere Beachtung interaktionaler Momente zu ergänzen. Den Unterricht als Interaktionssystem zu verstehen, ist allerdings weder in pädagogischer noch in psychologischer Hinsicht neu, wenn auch die theoretischen Ansätze sich teilweise stark unterscheiden (vgl. Breidenstein, 2010; Brophy & Good, 1976; Jackson, 1968; Mehan, 1998; Vanderstraeten, 2001). Für die folgende Analyse der Störung von Unterricht wählen wir ein Modell, das vier Ebenen unterscheidet, die nach abnehmender Komplexität angeordnet sind. Danach baut sich Unterricht über vier Stufen auf: soziale Situation, soziale Interaktion, soziales Handeln und (individuelle) Reflexion (vgl. Herzog, 2002, 2011). Die am Schülerlernen ausgerichteten Lehrerhandlungen werden getragen von einem Substrat sozialer Interaktionen, die situativ verankert sind und von Gegenseitigkeit bestimmt werden. Dabei bleibt unbestritten, dass es Aufgabe der Lehrkraft ist, „den Lehrstoff und Unterrichtsablauf zu strukturieren, Lehr-Lernsequenzen anzuleiten, den Lernerfolg zu kontrollieren und individuelle Lernprobleme zu diagnostizieren“ (Ditton, 2002, S. 263). Jedoch kann diese Aufgabe nur dann erfolgreich realisiert werden, wenn die dazu erforderlichen Voraussetzungen interaktionaler Art gegeben sind. Weder die Konstituierung noch die Kontinuierung von Unterricht als Sozialsystem vermag die Lehrkraft allein zu leisten; vielmehr ist sie auf die Mitwirkung der Schülerinnen und Schüler angewiesen, ohne deren Bereitschaft, sich unterrichten zu lassen, der Lehr-Lernprozess nicht in Gang kommen kann. Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen Ein interaktionaler Ansatz bietet insbesondere für das Verständnis von Unterrichtsstörungen Vorteile, da diese nicht individuell - durch das Fehlverhalten einzelner Schülerinnen und Schüler oder die inkompetente Klassenführung der Lehrperson - verursacht sein müssen, sondern das Ergebnis einer unzulänglich funktionierenden Interaktionsbasis sein können. Dabei grenzen wir den Begriff der Unterrichtsstörung auf Störungen der sozialen Ordnung des Unterrichts ein, die sich in Form von Regelverletzungen, Schwatzen, Dazwischenrufen, Missachtung der Lehrerautorität, Rempeleien etc. äußern können, weshalb oft von Disziplinproblemen die Rede ist (vgl. Nolting, 2002). Zwar können Disziplinprobleme durchaus individuelle Ursachen haben, jedoch zeigt die Forschung, dass ihnen häufig eine Störung im sozialen Gefüge des Unterrichts oder eine nicht funktionierende Lehrer-Schüler-Beziehung zugrunde liegt (vgl. McFarland, 2001; Sheets & Gay, 1996; Thommen & Wettstein, 2007; Woolfolk Hoy & Weinstein, 2006; Wubbels, Brekelmans, den Brok & van Tartwijk, 2006; Wubbels, Créton & Holvast, 1988). Dabei kann es sich um elementare soziale Defizite handeln wie beispielsweise die Nichtübereinstimmung in der Wahrnehmung der Unterrichtssituation. Das Modell von Unterricht, das unserer Analyse zugrunde liegt, nimmt an, dass sich Interaktionssysteme über Prozesse der gegensei- Wahrnehmung und Interpretation von Unterrichtsstörungen 129 tigen Wahrnehmung bilden (vgl. Herzog, 2002, 2013; Kieserling, 1999; Luhmann, 1976, 1984; Vanderstraeten, 2001). Gegenseitige Wahrnehmung setzt Anwesenheit in der Situation voraus, eine Voraussetzung, die im schulischen Unterricht geradezu paradigmatisch gegeben ist. Wenn die Wahrnehmungen der in der Situation Anwesenden nicht ein Minimum an Reziprozität aufweisen, ist der Aufbau eines Sozialsystems nicht möglich. Wahrnehmungsleistungen kommt daher bei der Konstituierung von Unterricht als Sozialsystem eine zentrale Rolle zu. Das gilt eo ipso auch für die Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen. Erstaunlicherweise gibt es jedoch kaum Studien, die das Wahrnehmungsgeschehen im Unterricht erfassen. Zudem fokussieren die meisten Studien entweder die Schüler- oder die Lehrerperspektive, aber selten das Zusammenspiel der beiden Perspektiven. So stellen Woolfolk Hoy und Weinstein (2006) in einem Beitrag zum Handbook of Classroom Management fest, dass nur wenige Studien vorliegen, „that examined both students’ and teachers’ perspectives in the same study“ (ebd., S. 206 - eigene Hervorhebung). Das trifft auch auf eine neuere Studie von Große Siestrup (2010) zu, die zum Ergebnis kommt, dass Schülerinnen und Schüler insgesamt häufiger Unterrichtsstörungen nennen als Lehrpersonen, dass beide Seiten die Ursache für Unterrichtsstörungen mehrheitlich bei den Schülerinnen und Schülern suchen und dass die Störungen insbesondere von den Lehrkräften als stark belastend erlebt werden. Die untersuchten Lehrpersonen sowie die Schülerinnen und Schüler stammten allerdings nicht aus denselben Klassen, sodass über die Übereinstimmung in der Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen nichts ausgesagt werden kann. Das Ergebnis, wonach Schülerinnen und Schüler häufiger von Unterrichtsstörungen berichten als Lehrkräfte, stimmt hingegen mit einer Studie überein, die von Saldern (1991) zur Wahrnehmung der schulischen Lernumwelt durchführte. Hier zeigte sich, dass Lehrpersonen die Lernumwelt des Unterrichts auf den Dimensionen der Landauer Skalen zum Sozialklima (LASSO) generell positiver einschätzten als ihre Schülerinnen und Schüler. Die einflussreiche Studie von Kounin (2006) zur Klassenführung, die der Wahrnehmung des Unterrichtsgeschehens durch die Lehrkraft ebenfalls eine zentrale Rolle zumisst, ist ganz auf die Lehrerperspektive beschränkt. Für eine effektive Klassenführung ist aber nicht nur wünschenswert, dass die Lehrkraft „möglichst viele Vorgänge in der Klasse richtig wahrzunehmen“ (Dollase, 2012, S. 43) vermag; es ist auch notwendig, dass ihre Wahrnehmungen von denjenigen der Schülerinnen und Schüler nicht zu sehr abweichen, da die Lehrperson andernfalls mit ihren Interventionen im Falle von Unterrichtsstörungen kaum auf Verständnis und Akzeptanz stoßen wird. Studien zur Unterrichtswahrnehmung, welche die Schüler- und die Lehrerperspektive einbeziehen, wurden oft mit Blick auf die Akkuratheit der Schülerbeurteilung des Unterrichts durchgeführt (vgl. Clausen, 2002; Marsh, 1982; Wubbels et al., 2006). Dabei zeigt sich, dass der Perspektivität der Wahrnehmung besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist. So führt Clausen (2002) die eher geringe Übereinstimmung von Lehrkräften, Schülerinnen bzw. Schülern und Ratern bei der Beurteilung von Unterricht nicht auf Wahrnehmungsverzerrungen, sondern auf unterschiedliche Wahrnehmungsperspektiven zurück. Ähnlich stellen Kunter und Baumert (2006) perspektivisch bedingte Unterschiede in der Unterrichtswahrnehmung bei Lehrpersonen und ihren Schülerinnen und Schülern fest, die je nach Aspekt des Unterrichtsgeschehens stärker oder schwächer ausgeprägt sind. Insgesamt gelten die Schülerinnen und Schüler jedoch als verlässliche Informanten über das Unterrichtsgeschehen (vgl. Sava, 2002). So kommt Gruehn (2000) aufgrund einer Analyse von Längsschnittdaten zum Ergebnis, dass die über die jeweilige Klasse gemittelten Schülerangaben zum Unterricht in drei Fächern der siebten Klassenstufe als zuverlässig eingestuft werden dürfen und nur bedingt durch Voreingenom- 130 Elena Makarova et al. menheiten verzerrt sind. Und für Ditton (2002) „besteht auf der Basis bisher vorliegender Befunde keine Veranlassung, Schüleraussagen einen geringeren Aussagewert beizumessen als Beobachterdaten“ (ebd., S. 266). Die Forschungslage ist jedoch wenig konsolidiert, weshalb wir mit unserer Studie einen Beitrag zum besseren Verständnis der Wahrnehmungsprozesse im Unterricht leisten wollen, wobei uns insbesondere das Zusammenspiel von Lehrer- und Schülerwahrnehmung interessiert. Dazu untersuchen wir, wie Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schüler derselben Schulklasse Unterrichtsstörungen und die Lehrerreaktion auf Unterrichtsstörungen wahrnehmen. Fragestellungen Auch wenn sich Unterschiede in der Beurteilung des Unterrichtsgeschehens auf differente Wahrnehmungsperspektiven zurückführen lassen, sind Wahrnehmungsverzerrungen nicht auszuschließen. Weder Lehrkräfte noch Schülerinnen und Schüler sind von selektiven Einflüssen auf ihre Wahrnehmung, wie dem fundamentalen Attributionsfehler oder selbstdienlichen Voreingenommenheiten, frei (vgl. Ziegenspeck, 1999). Im Falle von Unterrichtsstörungen dürften verzerrende Effekte vor allem dann auftreten, wenn das Ausmaß an Störung den Lehr-Lernprozess beeinträchtigt. Insofern die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Ablauf des Unterrichts bei der Lehrperson liegt, die Kraft ihrer Berufsrolle dafür besorgt sein muss, dass Unterrichtsstörungen ausbleiben, ist anzunehmen, dass Lehrerinnen und Lehrer bei der Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen stärker von verzerrenden Einflüssen betroffen sind als Schülerinnen und Schüler. Dafür spricht, dass sich Lehrkräfte durch Unterrichtsstörungen psychisch stark belastet fühlen (vgl. Friedman, 1995; Gerwing, 1994; Veenman, 1984). Die erste Fragestellung für unsere Untersuchung lautet daher, inwiefern sich die Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen in Abhängigkeit vom Ausmaß der Störung zwischen der Lehrperson und ihren Schülerinnen und Schülern unterscheidet. Wahrnehmungen bilden die Basis für Handlungen. Insofern in einem störungsarmen Unterricht eine wesentliche Voraussetzung für effektive Lehr- und Lernprozesse liegt (vgl. Helmke, 2009; Seidel, 2009), stellen Unterrichtsstörungen eine Herausforderung für das Lehrerhandeln dar, der sich kaum ausweichen lässt. Trotzdem ist nicht ausgemacht, wie Lehrerinnen und Lehrer auf Störungen des Unterrichts reagieren. Wiederum ist jedoch anzunehmen, dass die Betroffenheit der Lehrkräfte größer ist als diejenige der Schülerinnen und Schüler. Weil sie sich für die Gestaltung des Unterrichts verantwortlich fühlen, schätzen Lehrkräfte ihre Reaktion auf Unterrichtsstörungen im Falle eines starken Ausmaßes an Störungen vermutlich weniger zuverlässig ein als ihre Schülerinnen und Schüler. Die zweite Fragestellung unserer Untersuchung betrifft daher die Reaktion der Lehrkräfte auf Unterrichtsstörungen. Wir fragen, wie weit die Wahrnehmung der Lehrerreaktionen auf Unterrichtsstörungen durch die Schülerinnen und Schüler mit der Selbstwahrnehmung der Lehrperson übereinstimmt. Methode Die Daten für die folgende Analyse stammen aus dem Forschungsprojekt Klassenmanagement und kulturelle Heterogenität, das in fünf deutschsprachigen Kantonen der Schweiz durchgeführt wurde und zwei Phasen umfasste (Makarova, Schönbächler & Herzog, 2008; Schönbächler, Makarova & Herzog, 2009). 1 Stichprobe und Datengrundlage der ersten Forschungsphase Im Rahmen der Datenerhebung der ersten Projektphase wurden im Frühjahr 2008 Schülerinnen und Schüler (N = 4394) aus 225 Klassen der fünften Primarschulstufe sowie deren Lehrpersonen (N = 225) mittels standardisierter Fragebogen zu Unterrichtsstörungen, zur Klassenführung und zu Rahmenbedingungen des Unterrichts befragt. Die Stichprobe Wahrnehmung und Interpretation von Unterrichtsstörungen 131 der Lehrpersonen setzte sich zu 54,7 % aus weiblichen und zu 45,3 % aus männlichen Lehrkräften zusammen. In der Stichprobe der Schülerinnen und Schüler war das Geschlecht gleichmäßig verteilt (weiblich: 49,3 %). Die Schülerinnen und Schüler waren im Durchschnitt 12 Jahre alt (Min = 10.0, Max = 16.0, M = 11.9, SD = .64). Stichprobe der zweiten Forschungsphase Die Stichprobe der zweiten Projektphase umfasste eine Teilstichprobe der Probandinnen und Probanden der ersten Forschungsphase. Die Schülerinnen und Schüler befanden sich im gleichen Klassenverband und wurden von derselben Lehrkraft unterrichtet, bildeten nun aber eine sechste Primarschulklasse. Für die Analyse der Fragestellungen der vorliegenden Studie wurden die 225 Klassen der ersten Projektphase gemäß dem Ausmaß an Unterrichtsstörungen in zwei Gruppen eingeteilt. Dazu wurde die Skala Unterrichtsstörungen, welche die Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen durch die Schülerinnen und Schüler erfasst, verwendet (vgl. Schönbächler, 2008). Sie setzt sich aus sechs Items zusammen: Unsere Klasse stört den Unterricht unseres Lehrers, Es wird geschwatzt, während der Lehrer etwas erklärt, Es kommt vor, dass sich Pultnachbarn ablenken, Wir beschäftigen uns mit ganz anderen Dingen (Briefchen schreiben, Hausaufgaben erledigen usw.), Wenn wir Einzelaufgaben lösen, muss uns der Lehrer immer wieder ermahnen, ruhig zu sein und Einige Schülerinnen und Schüler stören absichtlich den Unterricht (Skalenpositionen von sehr oft [5] bis nie [1]). Eine Hauptkomponentenanalyse bestätigte die einfaktorielle Struktur des Konstrukts Unterrichtsstörungen (N = 4361, M = 2.77, SD = .75, Cronbachs a = .80, R 2 = 51,0 %). Dessen Mittelwert wurde auf Klassenebene aggregiert (N = 255, M = 2.76, SD = .41) 2 und anschließend mithilfe des Ranking-Verfahrens dichotomisiert: a) Gruppe Wenigstörerklassen mit einem vergleichsweise niedrigen Ausmaß an Unterrichtsstörungen (n = 112; 49,8 %) und b) Gruppe Vielstörerklassen mit einem vergleichsweise hohen Ausmaß an Unterrichtsstörungen (n = 113; 50,2 %). 3 Aus den beiden Gruppen wurden je 12 Klassen als Stichprobe für die zweite Projektphase (Total: n = 24) ausgewählt (Makarova et al., 2008). 4 Die 24 Klassen wurden von je einer Lehrkraft unterrichtet; 20 Lehrkräfte waren bereit, sich an der zweiten Forschungsphase zu beteiligen (vgl. unten). Datengrundlage der zweiten Forschungsphase Im November 2009 wurden aus den 24, mittlerweile sechsten Primarschulklassen insgesamt 192 Schülerinnen und Schüler in Einzel- und Gruppeninterviews befragt. Es wurden zwei Instrumente - je ein Leitfaden für die Einzel- und die Gruppeninterviews - entwickelt und in Pretests überprüft (Schönbächler et al., 2009). Dieses Vorgehen wurde gewählt, weil in den Einzelinterviews das individuelle Störverhalten der jeweiligen Schülerin bzw. des jeweiligen Schülers im Vordergrund stand, während der Fokus der Gruppeninterviews auf Unterrichtsstörungen in der Klasse sowie auf der Unterrichtsgestaltung und Klassenführung der Lehrperson lag. Tabelle 1 enthält eine Auswahl von Fragen, die an die Schülerinnen und Schüler in den Einzel- und Gruppeninterviews zum Themenbereich Unterrichtsstörungen gestellt wurden (Schönbächler et al., 2009). Leitfaden für die Einzelinterviews Leitfaden für die Gruppeninterviews Wird im Unterricht bei Frau/ Herr XY gestört? Und wie? Kannst du ein Beispiel machen? Und was ist mit dir, hast du auch mal im Unterricht gestört? Wie? Erzähl mal bitte. Passiert es oft, dass du im Unterricht störst? Merkt Frau/ Herr XY wenn du oder ein anderes Kind mit dem Pultnachbarn spricht? Wie reagiert Frau/ Herr XY darauf? Was passiert, wenn jemand die Regeln verletzt? Könnt ihr das an einem Beispiel erzählen? Kommt es auch vor, dass Regeln von jemand absichtlich verletzt werden, d. h. dass jemand extra stört? Was macht dann Herr/ Frau XY? Gibt es immer die gleiche Strafe? Ist es manchmal laut im Klassenzimmer? Und was passiert dann? Was macht Herr/ Frau XY, damit es ruhig wird? Tab. 1: Ausgewählte Fragen zum Themenbereich Unterrichtsstörungen Anmerkung: Die kompletten Leitfäden für die Einzel- und Gruppeninterviews finden sich in Schönbächler et al. (2009). 132 Elena Makarova et al. Pro Klasse wurden jeweils vier Kinder für Einzelinterviews und vier weitere Kinder für das Gruppeninterview ausgewählt. Für die Einzelinterviews (n = 96) wurden Kinder berücksichtigt, die nach eigener Deklaration den Unterricht entweder häufig oder selten störten. 5 Für die Gruppeninterviews (n = 24) wurden pro Klasse nach dem Zufallsprinzip je zwei Jungen und zwei Mädchen ausgewählt. Die Einzel- und Gruppeninterviews wurden parallel in Räumlichkeiten der jeweiligen Schule durchgeführt. Die Auswertung der transkribierten Interviews erfolgte nach den Vorgaben von Mayring (2007). Im ersten Schritt wurde das gesamte - aus den Einzel- und Gruppeninterviews entstandene - Interviewmaterial mithilfe der MAXQDA-Software (2007) kategorisiert. Grundlage für die qualitative Inhaltsanalyse bildete ein deduktiv ermitteltes und während des Kategorisierungsprozesses induktiv angereichertes Kategoriensystem. Das Kategoriensystem bestand aus drei hierarchisch gegliederten Bereichen mit Hauptthema, Ober- und Unterkategorie. Eines der Hauptthemen war Verhalten in Schule und Unterricht mit den dazu gehörigen Ober- und Unterkategorien. Zu jeder Unterkategorie wurden Ankerbeispiele für die Codevergabe festgelegt. Tabelle 2 veranschaulicht die Ober- und Unterkategorien des Kategoriensystems im Falle des Hauptthemas Verhalten in Schule und Unterricht. 6 Im zweiten Schritt wurde das kodierte Interviewmaterial zum Verhalten im Unterricht nach Übereinstimmungen und Unterschieden zwischen den Wenig- und Vielstörerklassen analysiert. Anschließend wurden Aussagen, die ausschließlich aus einer der Klassengruppen - d. h. entweder aus Wenig- oder aus Vielstörerklassen - stammten, in einer Ergebniszusammenstellung festgehalten und als Rückmeldung den Lehrkräften der in die zweite Forschungsphase einbezogenen Klassen zugestellt (Makarova, Schönbächler & Herzog, 2010). Im dritten Schritt wurden die Lehrpersonen gebeten, zur Beurteilung ihres Unterrichts und ihres Verhaltens im Unterricht durch ihre Schülerinnen und Schüler Stellung zu nehmen. Dazu wurde ein Leitfaden entwickelt und einem Pretest unterzogen. Der Leitfaden umfasste eine Zusammenstellung der in der Rückmeldung enthaltenen Schüleraussagen sowie darauf bezogene Haupt- und Nachfragen, um die Zustimmung bzw. Ablehnung der Lehrperson sowie ihre Kommentare zu den Aussagen der Schülerinnen und Schüler zu eruieren (Makarova et al., 2010). Um die Stellungnahme der Lehrkräfte einzuholen, wurden telefonische Interviews durchgeführt. Insgesamt waren elf Lehrerinnen und neun Lehrer zu einem Gespräch bereit, wobei zehn Lehrpersonen aus Klassen mit einem niedrigen und zehn aus Klassen mit einem hohen Ausmaß an Unterrichtsstörungen stammten. Bei der Auswertung der transkribierten Interviews wurde zuerst überprüft, ob die Lehrkräfte den Schüleraussagen zustimmten oder diese ablehnten. Dabei wurden die Stellungnahmen der Lehrpersonen drei Antwortkategorien - Zustimmung, Ablehnung und unbestimmt - zugeteilt und quantitativ ausgewertet. Danach wurden die Interviews einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen (Makarova et al., 2010), wobei dasselbe Kategoriensystem, welches bereits bei der Auswertung der Schülerinterviews verwendet wurde, zum Einsatz kam (s. o.). Oberkategorie Unterkategorie Regeln in der Klasse - Regelfestlegung - Regelinhalte - Regelklarheit - Regeleinhaltung Störungen im Unterricht - Eigenes Stören - Störausmaß im Unterricht - Arten von Störungen - Verursacher der Störung - Störmotive/ Störauslöser - Störempfindung Negative Verhaltenskonsequenzen - Keine Strafe - Strafandrohung - Art der Strafe - Häufigkeit/ Zeitpunkt der Strafe - Bestrafung von Mitschüler/ innen - Akzeptanz der Strafe Positive Verhaltenskonsequenzen - Art der Belohnung - Häufigkeit/ Zeitpunkt der Belohnung - Akzeptanz der Belohnung Reaktion der Lehrperson - auf Schwierigkeiten - auf Anregungen - auf Sozialverhalten - auf Arbeitsverhalten - auf Störungen - Situative Flexibilität Tab. 2: Verhalten im Unterricht: Ober- und Unterkategorien Anmerkung: Das komplette Kategoriensystem findet sich in Schönbächler et al. (2009). Wahrnehmung und Interpretation von Unterrichtsstörungen 133 Ergebnisse Die Überprüfung der Fragestellungen unserer Untersuchung stützt sich im Wesentlichen auf Daten der zweiten Forschungsphase. Wir bearbeiten zunächst die erste, danach die zweite Fragestellung, wobei wir jeweils im ersten Schritt die Schülerperspektive darstellen, um im zweiten zu überprüfen, wie weit sie mit der Sichtweise der Lehrerinnen und Lehrer übereinstimmt. Ausmaß und Art von Unterrichtsstörungen: Perspektive der Schülerinnen und Schüler Vergleicht man die Schüleraussagen aus Vielstörer- und Wenigstörerklassen, so finden sich einige Übereinstimmungen (nicht in Tab. 3 enthalten). Generell wird als störend empfunden, wenn es im Unterricht laut ist. Als häufigste Antwort auf die Frage, wie gestört werde, wird Schwatzen genannt. Was Vielstörer- und Wenigstörerklassen jedoch unterscheidet, ist einerseits die Störungshäufigkeit und andererseits die qualitative Ausprägung der Störungsarten (vgl. Tab. 3). Schülerinnen und Schüler aus Klassen mit wenig Unterrichtsstörungen haben im Vergleich zu jenen aus Klassen mit hohem Störausmaß den Eindruck, dass der Unterricht selten gestört wird. Hinsichtlich der Art der Unterrichtsstörung werden Verhaltensweisen wie flüstern, nachfragen, nicht aufpassen, nicht mitarbeiten oder abschreiben genannt. Zudem sind die befragten Kinder der Ansicht, dass das Dreinreden „aus Versehen“ geschehe. Schülerinnen und Schüler aus Klassen mit viel Unterrichtsstörungen sagen im Vergleich zu jenen aus Klassen mit niedrigem Störausmaß viel öfter, dass der Unterricht häufig gestört wird. Außerdem erwähnen sie häufiger, dass sie den Unterricht manchmal oder oft selber stören. Sie bringen zudem öfter als Kinder aus Wenigstörerklassen zum Ausdruck, sich durch die Störungen ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler nicht gestört zu fühlen. Als Arten der Unterrichtsstörung werden Verhaltensweisen wie andere körperlich stören, Unfug treiben, Dinge herumwerfen oder schriftliche Botschaften schreiben genannt. Im Hinblick auf verbales Stören erzählen die Kinder, dass es im Unterricht sehr laut sei, da viel und laut geschwatzt werde, Antworten einfach gerufen bzw. laut gesagt und nicht mit einem Handzeichen angemeldet würden. Darüber hinaus störe das Dreinreden den Unterrichtsfluss, sodass die Lehrperson warten oder nochmals erklären müsse. Dabei würden sich für die Schülerinnen und Schüler lange Wartezeiten ergeben und es komme immer wieder zu Unterbrechungen. Ausmaß und Art von Unterrichtsstörungen: Perspektive der Lehrpersonen Die Aussagen der Schülerinnen und Schüler zum Störausmaß im Unterricht und zu dem, was sie als Störung empfinden, finden in den Stellungnahmen der Lehrpersonen weitgehende Zustimmung. Die Lehrkräfte von Wenigstörerklassen bestätigen in hohem Maß die Aussage der Schülerinnen und Schüler, „dass der Unterricht selten gestört wird“. Auch die Schüleraussagen zu Art Klassen mit niedrigem Störausmaß Klassen mit hohem Störausmaß Was wird von den Schülerinnen und Schülern als Störung wahrgenommen? - flüstern oder nachfragen - nicht aufpassen - nicht mitarbeiten, abschreiben - andere körperlich stören (z. B. schlagen, kneifen, Haare ziehen) - Unfug treiben - Dinge herumwerfen - schriftliche Botschaften schreiben Tab. 3: Störungsarten nach Aussagen der Schülerinnen und Schüler Anmerkung: Es werden ausschließlich Aussagen aufgeführt, die aus Einzel- oder Gruppeninterviews stammen und entweder in der Klassengruppe mit niedrigem oder in derjenigen mit hohem Störausmaß genannt wurden. 134 Elena Makarova et al. und Ausprägung von Unterrichtsstörungen werden eher bestätigt als abgelehnt. Lehrpersonen aus Wenigstörerklassen stimmen insbesondere zu, dass sich ihre Schülerinnen und Schüler gestört fühlen, wenn „nicht mitgearbeitet“ oder „abgeschrieben“ wird. Auch dass das Dreinreden „eher aus Versehen“ geschieht, wird bestätigt. Betreffend Häufigkeit von Unterrichtsstörungen lässt sich auch in den Stellungnahmen der Lehrpersonen von Vielstörerklassen eine große Übereinstimmung mit der Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler feststellen. Wie diese sind sie der Meinung, „dass der Unterricht häufig gestört wird“. Auch die Aussage von Kindern aus Klassen mit hohem Störausmaß, dass sie sich durch das Störverhalten von Mitschülerinnen und Mitschülern im Unterricht nicht gestört fühlen, wird von den Lehrpersonen bestätigt oder zumindest nicht abgelehnt. Darüber hinaus bestätigen die Lehrpersonen aus Vielstörerklassen, dass Störungsarten wie andere körperlich stören, Unfug treiben und Dinge herumwerfen in ihren Klassen häufig vorkommen. Was Störungsformen wie flüstern und nachfragen anbelangt - die vor allem von Kindern aus Wenigstörerklassen genannt werden - sind die Lehrpersonen der Meinung, dass solche Verhaltensweisen in ihren Vielstörerklassen nicht als störend wahrgenommen würden. Ebenso würde nicht mitarbeiten, abschreiben nicht als Störung perzipiert, und nicht aufpassen würde von einigen Schülerinnen und Schülern sogar als „cool“ gewertet. Reaktion der Lehrpersonen auf Unterrichtsstörungen: Perspektive der Schülerinnen und Schüler Wie in Tabelle 4 dargestellt, berichten Schülerinnen und Schüler aus Klassen mit wenig Unterrichtsstörungen, dass ihre Lehrperson auf Unterrichtsstörungen gelassen und locker reagiere und dabei ruhig bleibe. Bei Unstimmigkeiten während der Zusammenarbeit (beispielsweise bei Gruppenarbeiten) fordere die Lehrperson die Schülerinnen und Schüler auf, selbst Lösungen zu finden, stehe ihnen aber unterstützend zur Seite und begleite sie bei Konfliktlö- Klassen mit niedrigem Störausmaß Klassen mit hohem Störausmaß Wie reagiert die Lehrperson auf Unterrichtsstörungen? Lehrperson reagiert gelassen, locker und bleibt ruhig [g11] Bei Unstimmigkeiten bei der Zusammenarbeit werden Schülerinnen und Schüler durch die Lehrperson aufgefordert, selbst Lösungen zu finden [g12] Lehrperson leitet Schülerinnen und Schüler an und begleitet sie bei Konfliktlösungen [g13] Störende Schülerinnen und Schüler werden rausgeschickt (auf den Flur oder in eine andere Klasse) [g14] Verhalten der Lehrperson wird als situativ flexibel geschildert (spontane Anpassung des Unterrichts, Strafen nur in schweren Fällen, auch einmal ein Auge zudrücken) [g15] Interventionen der Lehrperson auf Schwatzen (Blicke und Warten, Glocke, Strafandrohung, gelbe Ampel) wirken sehr schnell [g16] Lehrperson reagiert emotional („Zusammenschiss“, anschreien, wütend sein) [g21] Lehrperson ignoriert auffälliges Sozialverhalten bzw. reagiert nicht darauf, ist resigniert („Es ist ihr einfach zu blöd geworden“) [g22] Verhalten der Lehrperson wird als situativ unflexibel geschildert (unangebrachte Bestrafungen, kein Verständnis bei fachlichen Schwierigkeiten, kein Mitgefühl, keine Hilfeleistung bei Verletzungen) [g23] Tab. 4: Reaktion der Lehrpersonen auf Unterrichtsstörungen nach Aussagen der Schülerinnen und Schüler Anmerkung: Die Aussagen stammen aus Einzel- oder Gruppeninterviews und wurden ausschließlich in einer der beiden Klassengruppen gemacht. Die in eckige Klammern gesetzten Symbole entsprechen den Codes des Kategoriensystems (vgl. Schönbächler et al., 2009). Wahrnehmung und Interpretation von Unterrichtsstörungen 135 sungen. Während des Unterrichts würden störende Schülerinnen und Schüler aus dem Schulzimmer verwiesen. Das Verhalten der Lehrperson wird von Kindern aus Wenigstörerklassen zudem als situativ flexibel geschildert. Sie erzählen, dass der Unterricht spontan angepasst werde, Strafen nur in schweren Fällen ausgesprochen würden und die Lehrperson auch einmal ein Auge zudrücke. Zudem berichten die Schülerinnen und Schüler der Wenigstörerklassen, dass die - als gemäßigt einzustufenden - Interventionen ihrer Lehrperson auf Unterrichtsstörungen sehr schnell wirken würden. Die Schülerinnen und Schüler aus Klassen mit hohem Störausmaß berichten, dass die Lehrperson auf Unterrichtsstörungen entweder sehr emotional reagiere oder auffälliges Sozialverhalten der Schülerinnen und Schüler ignoriere, nicht darauf eingehe oder resigniert habe (vgl. Tab. 4). Zur situativen Flexibilität der Lehrperson liegen von den Kindern aus Vielstörerklassen eher negative Schilderungen vor. Sie erzählen von unangebrachten Bestrafungen durch die Lehrperson und davon, dass diese kein Verständnis bei fachlichen Schwierigkeiten aufbringe, kein Mitgefühl zeige oder sich bei der Verletzung eines Kindes nicht um dieses kümmere. Reaktion der Lehrpersonen auf Unterrichtsstörungen: Perspektive der Lehrpersonen In ihren Stellungnahmen zu den Schüleraussagen über ihre Reaktionen auf Unterrichtsstörungen unterscheiden sich die Lehrpersonen der Wenigstörerklassen markant von denjenigen der Vielstörerklassen. Die Lehrkräfte der Wenigstörerklassen stimmen der Darstellung ihrer Schülerinnen und Schüler in einem vergleichsweise hohem Ausmaß zu (vgl. Abb. 1, linke Seite [g11 - g16]). Fast alle bestätigen, dass sie die Schülerinnen und Schüler bei Konflikten anleiten und bei Konfliktlösungen unterstützen [g13]. Starke Zustimmung unbestimmt Ablehnung 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 g11 g12 g13 g14 g15 g16 g21 g22 g23 Wenigstörerklassen Vielstörerklassen Reaktionsweise der Lehrpersonen Abb. 1: Stellungnahme der Lehrpersonen zu den Aussagen der Schülerinnen und Schüler LP = Lehrperson; g11 = LP reagiert gelassen, g12 = LP fordert auf, nach Lösungen zu suchen, g13 = LP leitet an und begleitet Konfliktlösungen, g14 = LP wendetTime-out an, g15 = LP ist situativ flexibel, g16 = Interventionen der LP wirken schnell; g21 = LP reagiert emotional, g22 = LP ignoriert störendes Verhalten, g23 = LP ist situativ nicht flexibel. 136 Elena Makarova et al. Zustimmung erhalten auch die Aussagen der Schülerinnen und Schüler zur situativen Flexibilität der Lehrperson [g15]. Zudem sind sich die Lehrpersonen mit ihren Schülerinnen und Schülern einig, dass ihre Interventionen schnell wirken [g16]. Die Aussagen der Schülerinnen und Schüler aus Vielstörerklassen (vgl. Abb. 1, rechte Seite [g21 - g23]) finden bei den betroffenen Lehrpersonen hingegen deutlich weniger Zustimmung. Besonders klar lehnen Lehrpersonen von Vielstörerklassen die Schüleraussage „Lehrperson ignoriert auffälliges Sozialverhalten bzw. reagiert nicht darauf“ [g22] ab. Abgesehen von einer Lehrperson sind alle Lehrkräfte von Vielstörerklassen der Meinung, dass sie Streitereien und Spannungen grundsätzlich nicht ignorieren. Als unzutreffend wertet zudem die Hälfte der Lehrkräfte von Vielstörerklassen die negative Beurteilung ihrer situativen Flexibilität durch die Schülerinnen und Schüler [g23]. Diskussion Als Sozialsystem stellt der Unterricht eine gemeinsame Leistung aller beteiligten Personen dar, also nicht nur der Lehrkraft, sondern auch der Schülerinnen und Schüler. Ein elementares Medium zur Konstituierung des Unterrichts als Sozialsystem stellt die gegenseitige Wahrnehmung dar (vgl. Herzog, 2002, 2011, 2013; Vanderstraeten, 2001). Dazu gehört auch die Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen, die in unserer Studie im Vordergrund steht. Die Aufdeckung von Übereinstimmungen und Diskrepanzen in der Wahrnehmung von Unterricht erweist sich insofern als gewinnbringend, als dadurch sichtbar werden kann, wie Interaktionen die soziale Ordnung in einer Schulklasse befördern oder behindern können. In Bezug auf die erste Fragestellung unserer Untersuchung zeigen die Daten, dass die Schülerinnen und Schüler bei der Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen mit ihrer Lehrperson weitgehend übereinstimmen, und zwar sowohl in Klassen mit niedrigem als auch in solchen mit hohem Störausmaß. Unterschiede zwischen Lehrer- und Schülerwahrnehmung zeigen sich bei der zweiten Fragestellung. Offensichtlich beurteilen Lehrkräfte ihre Reaktion auf Unterrichtsstörungen weit vorteilhafter als ihre Schülerinnen und Schüler. Darin weicht unsere Studie von der Untersuchung von Kunter und Baumert (2006) ab, die in Bezug auf Aspekte der Klassenführung von einer großen Übereinstimmung der Lehrer- und Schülerwahrnehmung berichten. Allerdings ist unklar, wie weit Unterrichtsstörungen in den von Kunter und Baumert untersuchten Klassen überhaupt ein Problem darstellten. Das von uns gewählte Vorgehen, das auf einer sorgfältigen Auswahl der Viel- und Wenigstörerklassen beruht, dürfte insofern unserer Fragestellung angemessener sein. Angesichts der hohen Verlässlichkeit von Schülerurteilen über den Unterricht, vor allem bezüglich seiner interaktionalen Aspekte (vgl. Ditton, 2002; Gruehn, 2000; Sava, 2002), und in Anbetracht der starken emotionalen Betroffenheit von Lehrkräften durch Unterrichtsstörungen (vgl. Friedman, 1995), nehmen wir an, dass die Selbstbeurteilung der Klassenführung durch die Lehrkräfte von Vielstörerklassen verzerrt ist. Da Unterrichtsstörungen und Lehrerreaktionen auf Störungen zudem eher leicht zu beobachten sind, da sie einen hohen Öffentlichkeitscharakter haben (was sich u. a. daran zeigt, dass sich Lehrerinnen bzw. Lehrer und Schülerinnen bzw. Schüler sowohl in den Wenigwie in den Vielstörerklassen über das Störausmaß einig sind), interpretieren wir die Zurückweisung der Schülerwahrnehmung durch die Lehrkräfte der Klassen mit hohem Störausmaß als selbstdienliche Verzerrung, deren Funktion in der Abwehr einer für das eigene Professionsverständnis bedrohlichen Wahrnehmung liegt. Ein unerwartetes Ergebnis unserer Studie betrifft die semantische Instabilität des Begriffs der Unterrichtsstörung. So werden in Klassen mit tiefem Störausmaß bereits nicht aufpassen und nicht mitarbeiten sowohl von den Schülerinnen und Schülern wie von den Lehrpersonen als störend wahrgenommen. Dagegen werden Wahrnehmung und Interpretation von Unterrichtsstörungen 137 dieselben Verhaltensweisen in Klassen mit hohem Störausmaß weder von Schülernoch von Lehrerseite als störend empfunden, was sich auch daran ablesen lässt, dass sich die Schülerinnen und Schüler durch Störungen ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler in diesen Klassen nicht gestört fühlen bzw. erst Verhaltensweisen wie schlagen und kneifen als störend vermerken. Auch hier liegt möglicherweise eine Abwehrreaktion vor. Für den Aufbau und die Kontinuierung des Unterrichts als Interaktionssystem ergibt sich aufgrund der Ergebnisse unserer Studie eine problematische Konstellation. Denn Diskrepanzen in der Wahrnehmung bezüglich zentraler Aspekte des Unterrichts stellen insofern eine Bedrohung für die soziale Integration einer Schulklasse dar, als die Gegenseitigkeit der Wahrnehmung eine elementare Basis für den Aufbau von sozialer Ordnung bildet (vgl. Kieserling, 1999). Wir vermuten daher, dass Lehrpersonen, die ihre Klassenführung in selbstdienlicher Weise verzerrt wahrnehmen, Unterrichtsstörungen nicht abbauen, sondern im Gegenteil weiter verstärken. Sowohl Rutter, Maughan, Mortimore und Ouston (1980) als auch Lewis (2001) und Schönbächler (2008) berichten in ihren Studien von hohen Korrelationen zwischen Schülerfehlverhalten und disziplinarischen Maßnahmen der Lehrkräfte. Auch in der Untersuchung von Lewis, Romi, Qui und Katz (2005) zeigt sich ein enger Zusammenhang zwischen hohem Ausmaß an Unterrichtsstörungen und einem strikten, ja aggressiven disziplinarischen Verhalten der Lehrperson. Die Autoren vermuten eine reziproke Eskalation zwischen Störung des Unterrichts durch die Schülerinnen und Schüler und ineffektiver Lehrerreaktion. Im gleichen Sinne sprechen Woolfolk Hoy und Weinstein (2006) von einer „downward spiral of teacher-withheld caring and student-withheld respect“ (ebd., S. 211). Lehrkräfte, die versuchen, die soziale Ordnung im Unterricht durch koerzive Methoden wiederherzustellen, setzen einen Teufelskreis in Gang, durch den das Störaufkommen in der Klasse nicht reduziert, sondern gesteigert wird. Was genau die Mechanismen sind, die einen solchen desorganisierenden Prozess in Gang setzen, lässt sich den Ergebnissen unserer Studie nicht entnehmen. Zudem sind Kausalaussagen aufgrund des korrelativen Charakters unserer Daten nicht möglich. Jedoch vermuten wir, dass in den Klassen mit geringem Ausmaß an Unterrichtsstörungen ein umgekehrtes Muster vorliegt. Die Tatsache, dass die Lehrpersonen der Wenigstörerklassen auf Unterrichtsstörungen gelassen, souverän und flexibel reagieren und dabei erfolgreich sind, scheint von den Schülerinnen und Schülern mit Wohlverhalten honoriert zu werden. Ähnlich argumentieren Sava (2002) sowie Woolfolk Hoy und Weinstein (2006). Letztere gehen davon aus, dass sich Schülerinnen und Schüler dann respektvoll und kooperativ verhalten, wenn sie von Lehrkräften unterrichtet werden, „who are caring yet provide limits, who have high behavioral and academic expectations yet structure lessons that incorporate students’ needs and interests“ (Woolfolk Hoy & Weinstein, 2006, S. 208). In praktischer Hinsicht würde dies bedeuten, dass ein guter Unterricht eine wirksame Strategie zur Prävention von Unterrichtsstörungen ist, eine Einsicht, die allerdings nicht neu ist, sondern bereits aus den Studien von Kounin (2006) abgeleitet werden kann. Die Ergebnisse unserer Studie vermögen insbesondere der Forschung zur Klassenführung neue Impulse zu geben. Zu sehr wird immer noch davon ausgegangen, dass die Klassenführung aus der Perspektive des Lehrerhandelns zu erschließen ist. Ein störungsarmer Unterricht gilt oft geradezu als Indikator für eine erfolgreiche Klassenführung (vgl. Seidel, 2009). Wie unsere Studie zeigt, sollte der Begriff der Klassenführung jedoch nicht zu eng ausgelegt werden. Wenn Evertson und Weinstein (2006) unter classroom management „the actions teachers take to create an environment that supports and facilitates both academic and socialemotional learning“ (ebd., S. 4) verstehen, dann erheben sie eine paradoxe Forderung, sofern die Definition auch auf den Unterricht als Sozialsystem zutreffen sollte. Denn von der 138 Elena Makarova et al. Lehrkraft kann nicht erwartet werden, dass sie ein System, dem sie als Mitglied neben anderen angehört, selber erzeugt. Die Lehrkräfte unserer Klassen mit hohem Störausmaß scheinen sich in genau dieser Paradoxie verfangen zu haben: Sie versuchen, die soziale Dynamik in ihren Klassen zu steuern, was ihnen aber nicht gelingt; dadurch tragen sie ungewollt zur Perpetuierung der Störung des Unterrichts bei. Das heißt nicht, dass Lehrpersonen im Falle von Unterrichtsstörungen nicht handeln können. Nur kann es dabei nicht um ein zweckrationales (instrumentelles) Handeln gehen, das sich außerhalb des Sozialsystems Unterricht positioniert, sondern um ein kommunikatives Handeln, das seine Einbindung in die soziale Dynamik des Unterrichts respektiert. Auch wenn die Verantwortung für das gute Funktionieren des Unterrichts bei der Lehrperson liegt, kann sie die Bedingungen für einen funktionierenden Unterricht nicht im Alleingang herstellen, sondern ist auf die kooperative Mitwirkung der Schülerinnen und Schüler angewiesen. Unserer Studie sind zweifellos Grenzen gesetzt. Diese liegen einerseits im Querschnittscharakter der Daten, die eine prozessuale Interpretation, wie wir sie favorisieren, im strengen Sinn nicht zulassen. Andererseits haben wir nur ein Segment der Wahrnehmung von Unterricht untersucht, nämlich die Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen. In weiteren Studien wären andere Aspekte der Unterrichtswahrnehmung zu fokussieren. Eine Einschränkung liegt auch im Alter der untersuchten Schülerinnen und Schüler. Zwar nehmen wir nicht an, dass Fünftklässlerinnen und -klässler zu jung sind, um den Unterricht verlässlich zu beurteilen, jedoch wäre an jüngeren und älteren Schülerstichproben zu überprüfen, ob sich unsere Ergebnisse replizieren lassen. Schließlich rufen wir in Erinnerung, dass wir den Begriff der Unterrichtsstörung auf Verletzung der sozialen Ordnung des Unterrichts (Disziplinprobleme) eingegrenzt haben. Andere Störungsformen bedürfen anderer Erklärungen, oder es wäre zumindest zu überprüfen, wie weit ein interaktionaler Ansatz auch auf diese Formen von Unterrichtsstörung anwendbar ist. Anmerkungen 1 Wir danken dem Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung für die finanzielle Unterstützung des Projekts (Projektnummer: 100014-117910). 2 Die psychometrischen Eigenschaften des Faktors Unterrichtsstörungen wurden anhand von Intra-Class- Korrelationskoeffizienten ermittelt (Lüdtke, Robitzsch, Trautwein & Kunter, 2009). Der ICC(1) beträgt .26 und zeigt, dass rund ein Viertel der Gesamtvarianz im Störausmaß durch Unterschiede zwischen den Klassen erklärt werden kann. Der ICC(2) beträgt .87, womit die Reliabilität des Mittelwerts auf der Klassenebene zufriedenstellend ausfällt (Lüdtke et al., 2009). 3 Zu beachten ist, dass das Störausmaß in den Vielstörerklassen tendenziell im mittleren Bereich der Skala liegt. 4 Die Klassenauswahl für die Stichprobe der zweiten Projektphase beruhte auf zwei weiteren Kriterien (kulturelle Heterogenität der Klasse und Unterrichtsstil der Lehrperson), die jedoch aufgrund zu geringer Fallzahlen bei den folgenden Analysen nicht berücksichtigt werden. 5 Zur Identifizierung der betreffenden Schülerinnen und Schüler wurde die Skala Eigenes Stören, bestehend aus sieben Items (N = 4377, M = 1.83, SD = .60, Cronbachs a = .81, R 2 = 48,0 %), verwendet. 6 Nicht in Tabelle 2 eingeschlossen sind die Ober- und Unterkategorien zum Verhalten in der Schule (z. B. Abläufe im Schulhaus, Regeln im Schulhaus), da sich der vorliegende Beitrag auf das Verhalten im Unterricht beschränkt. Literatur Black, P. & Wiliam, D. 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