eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 62/1

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2015
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Gleichachtung von Menschen mit Behinderungen

11
2015
Gertrud Nunner-Winkler
Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat das Menschenrecht auf Gleichachtung, auf Nicht-Diskriminierung, konkretisiert. Sie fordert gleiche Partizipationsrechte für Menschen mit Behinderungen am Bildungssystem und dafür die Einrichtung inklusiver Schulen. Die Wahl dieser spezifischen Organisationsform ist an Effizienzkriterien zu überprüfen und - so der Vorschlag - unter Rückgriff auf Rawls’ Gerechtigkeitstheorie gegen andere Zielsetzungen des Bildungssystems abzuwägen. In jedem Falle aber gilt es, die formale Inklusion auf der Makroebene zu ergänzen um Maßnahmen, die eine informelle Gleichachtung auf der Mikroebene - in den alltäglichen Interaktionen in der Schulklasse - fördern. Diskutiert werden drei Strategien - Einrichtung einer Just Community, inhaltliche Normvermittlung, Vermeidung essentialistischer Sprechweise.
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Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2015, 62, 4 -17 DOI 10.2378/ peu2015.art02d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel n Theoretische Arbeit Gleichachtung von Menschen mit Behinderungen Was kann die Schule beitragen? Gertrud Nunner-Winkler ehem. Universität Bielefeld Zusammenfassung: Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat das Menschenrecht auf Gleichachtung, auf Nicht-Diskriminierung, konkretisiert. Sie fordert gleiche Partizipationsrechte für Menschen mit Behinderungen am Bildungssystem und dafür die Einrichtung inklusiver Schulen. Die Wahl dieser spezifischen Organisationsform ist an Effizienzkriterien zu überprüfen und - so der Vorschlag - unter Rückgriff auf Rawls’ Gerechtigkeitstheorie gegen andere Zielsetzungen des Bildungssystems abzuwägen. In jedem Falle aber gilt es, die formale Inklusion auf der Makroebene zu ergänzen um Maßnahmen, die eine informelle Gleichachtung auf der Mikroebene - in den alltäglichen Interaktionen in der Schulklasse - fördern. Diskutiert werden drei Strategien - Einrichtung einer Just Community, inhaltliche Normvermittlung, Vermeidung essentialistischer Sprechweise. Schlüsselbegriffe: Gerechte Gemeinschaft, Geschlechterrollen, Gleichachtung, Mobbing, moralische Motivation Equal Respect for Persons with Disabilities - What can Schools Contribute? Summary: The UN-Convention on the Rights of Persons with Disabilities substantiated the human right to equal respect, to non-discrimination. It postulates equal educational participation rights of persons with disabilities and demands inclusive schools. The choice of this specific organizational structure needs to be tested against criteria of efficiency and balanced with other functions of the educational system. This weighing process - so the claim presented - is best guided by Rawls’ theory of justice. In any case, procedures of formal inclusion on the macro-level need to be supplemented by measures that further equal respect on the micro-level of everyday social interactions in the school class. Three strategies are discussed - institutionalizing Just Communities, providing explicit norm discussions, avoiding essentialist speech. Keywords: Equality, gender, Just Community, moral motivation, mobbing Das Prinzip der Gleichheit ist für das moderne innerweltliche Moralverständnis wie auch für rechtsstaatlich verfasste demokratische Gesellschaften konstitutiv. Gleichheit bedeutet nicht gleiche Güterzuteilung, sondern Gleichachtung, bedeutet nicht gleich behandelt zu werden, sondern als Gleicher behandelt zu werden (Dworkin, 1984). Gleichachtung tabuisiert Diskriminierung, also „die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung sowie die Missachtung von Personen aufgrund […] bestimmter ihrer Eigenschaften, die die Benachteiligung, Herabsetzung oder soziale Exklusion der (Gruppe der) jeweiligen Merkmalsträger zum Ziel oder zur Folge hat“ (Boshammer, 2008, S. 233). Für Menschen mit Behinderungen hat die Vereinten-Nationen-(UN)-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen das Diskriminierungsverbot ausdrücklich bekräftigt. Dabei geht es um zwei Aspekte: Auf der Makroebene geht es um die Sicherung gleicher gesellschaftlicher Teilhabe für Menschen mit Gleichachtung von Menschen mit Behinderungen 5 Behinderungen, im Folgenden speziell für Kinder im Bildungssystem (formale Gleichachtung); auf der Mikroebene um die Unterlassung von Missachtung in alltäglichen Interaktionen, speziell in der Schulklasse (informelle Gleichachtung). Zur Umsetzung dieser Ziele fordert die UN-Konvention die Einrichtung inklusiver Schulen. Diese konkrete Maßnahme - so die im Folgenden zu begründende These - ist nicht menschenrechtlich begründbar. Sie ist nicht zwingend notwendig zur Sicherung formaler Gleichachtung und sie ist nicht hinreichend zur Gewährleistung informeller Gleichachtung. Der Text ist wie folgt aufgebaut: Auf eine einleitende Klärung der zentralen Grundbegriffe - Gleichachtung, Behinderung - folgen die Darstellung und eine kritische Würdigung der UN-Behindertenrechtskonvention. Sodann werden drei mögliche Strategien vorgeschlagen, die dazu beitragen sollen, auf der Ebene der Einzelschulen Gleichachtung zu fördern - die Einführung gerechter Schulgemeinschaften, die explizite Vermittlung gleichachtender Normen und die Vermeidung essentialistischer Redeweisen. Begriffliche Vorüberlegungen Gleichachtung Es gibt zwei Formen von Achtung. Bei der spezifischen, konditionalen Achtung achtet man jemanden für etwas Bestimmtes - etwa die Vorgesetzte bzw. den Vorgesetzten für seine soziale Stellung oder die Wissenschaftlerin bzw. den Wissenschaftler für besondere Leistungen. Bei der generalisierten, unbedingten Achtung achtet man andere nicht um besonderer Merkmale willen, sondern absolut (Baumann, 2008). Diese Achtung ist universell, egalitär und nicht graduierbar - ist Gleichachtung. Sie gründet in der Rechtfertigung einer säkularen Moral: Normen können nicht mehr aus Vorgegebenem - Gottes Wort, geheiligten Traditionen, naturrechtlichen Vorstellungen - abgeleitet werden. Sie sind allein durch die freie Zustimmung aller Betroffenen zu rechtfertigen, die jene Normen bejahen, die in ihrer aller gleichmäßigem Interesse liegen (Rawls, 1972; Tugendhat, 2006). Die Konsensforderung, nach der jeder ein gleiches Vetorecht genießt, verkörpert die Idee der moralischen Gleichheit. Dabei handelt es sich nicht um die Feststellung empirisch beobachtbarer Merkmalsgleichheiten, sondern um ein normatives Postulat: Trotz deskriptiver Unterschiede hat jeder Anspruch darauf, mit gleicher Achtung und Rücksicht behandelt zu werden (Gosepath, 2004) - als Gleicher behandelt zu werden. Daraus ergibt sich, „dass bestimmte basale Interessen und Freiheiten durch individuelle Rechte geschützt werden müssen. Im Kern ist die Moral der gleichen Achtung eine Moral individueller Rechte“ (Gosepath, 2004, S. 160). Kontrovers diskutiert wird die Frage nach den Subjekten der Achtung. Die kontraktualistische Moralbegründung fundiert wechselseitige Achtung in individueller Autonomie. Damit ergibt sich die Frage, wie es um die Achtung von Embryos, Neugeborenen, komatösen Menschen und Menschen mit schweren geistigen Behinderungen steht. Das Problem wird meist durch die Forderung umgegangen, alle Menschen qua Zugehörigkeit zur Gattung zu achten - auch jene, die über Autonomie noch nicht, nicht mehr oder nie verfügen. Als Rechtfertigung dient die alltagsweltlich etablierte Praxis, „dass wir Kleinkinder und ganz allgemein nicht ‚normal‘ entwickelte Menschen anders behandeln als Geldautomaten oder Ameisen“ (Baumann, 2008, S. 7). Diese Argumentation sieht sich dem Vorwurf des Speziezismus (Singer, 1984) ausgesetzt. Um diesem zu begegnen, bezieht Gosepath Achtung nicht auf die biologische Kategorie Mensch, sondern auf die soziale Kategorie Person und entwickelt ein Stufenmodell der „für moralische Gleichheit relevanten Fähigkeiten und Bedürfnisse, nämlich Leidensfähigkeit, bewusster Zukunftsbezug, Autonomie und Sinn für Moral“ (Gosepath, 2004, S. 144) und schlägt vor, Abstufungen des moralischen Status zuzulassen. Danach gebührt Wesen auf den unteren beiden Stufen Achtung (etwa ihres Rechts auf Leben und Unversehrtheit). Gleichachtung ist jedoch auf die beiden oberen Stufen begrenzt. Sie 6 Gertrud Nunner-Winkler vorzuenthalten - durch sozialen Ausschluss, durch eine Behandlung als minderwertiges Wesen - ist Demütigung (Margalit, 1997), ist Verletzung eines Grundrechts (Gosepath, 2004) - des Rechts auf Nicht-Diskriminierung. Behinderung Behinderung wird unterschiedlich erklärt. Das herrschende medizinische Modell schreibt Behinderung aufgrund biomedizinischer Kriterien als individuelles Defizit. Das soziale Modell fokussiert auf gesellschaftliche und physische Barrieren, die durch Ausgrenzung, Stigmatisierung, mangelnde Kompensationsleistungen Behinderungen verschärfen, potenzieren. Um den Unterschied zwischen Körperschaden oder funktionaler Beeinträchtigung auf der einen und sozialen Beschränkungen auf der anderen Seite zu markieren, wurden sprachliche Differenzierungen eingeführt: impairment/ Beeinträchtigung versus disability/ Behinderung (World Health Organization-International Classification of Impairment, Disability and Handicap; Oliver, 1996). Das konstruktivistische Modell setzt den schädigenden Beitrag der Gesellschaft noch höher an: Behinderung gilt nicht als Individualmerkmal, sondern als „Produkt sozialer Organisation“, das durch „systematische Ausgrenzungsmuster, die dem sozialen Gefüge inhärent sind“, entsteht (Waldschmidt, 2005, S. 18). Somit sei impairment nicht länger als natürliches Wesensmerkmal einem wirklichen Körper zuzuschreiben; vielmehr handele es sich um das Ergebnis spezifischer sozio-kultureller Disziplinierungstechniken, das dann als universelles Subjektmerkmal naturalisiert werde (Tremain, 2001). Es ist bemerkenswert, dass sich für diese unterschiedlichen Modelle genaue Entsprechungen in der modernen Geschlechterdeutung finden. Ausgangspunkt ist das seit der Aufklärung durchgesetzte (Alder, 1992) biologische Modell, nach dem sich die Geschlechter durch physische Merkmale (Honegger, 1989) bzw. aus Sicht der neueren Evolutionsbiologie durch ihre Reproduktionsstrategien (Dawkins, 1996) unterscheiden. Demgegenüber betonte die Frauenbewegung die Prägekraft kultureller Einflüsse und setzte die Unterscheidung von sex als natürlichem Körpermerkmal und gender als kulturspezifischer Überformung von Persönlichkeitseigenschaften durch. Im feministischen Diskurs wurde diese Unterscheidung allerdings bald kritisch hinterfragt: Es sei klar, so Butler, „dass Geschlecht keine vordiskursive anatomische Gegebenheit sein (kann)“ (1991, S. 26) - auch Sex sei ein Produkt hegemonialer Diskurse und ritualisierter Praktiken. In beiden Debatten konkurrieren also jeweils ein biologisch-medizinisches, ein sozialinteraktives und ein radikal konstruktivistisches Modell: Das biologisch-medizinische Modell führt Unterschiede allein auf Naturgegebenheiten zurück, das konstruktivistische Modell bestreitet jegliche natürliche Basis von Differenzen, das interaktive Modell beschreibt das Zusammenwirken biologischer und sozialer Faktoren. Dieser Parallelismus dürfte Gleichartigkeiten in der Entstehungsgeschichte und den verfolgten Interessen geschuldet sein: Beide Debatten sind aus dem Zusammenspiel sozialer Bewegungen und wissenschaftlicher Deutungen erwachsen, in beiden geht es um den Kampf gegen Diskriminierung und in beiden Diskursen mögen die radikal konstruktivistischen Überspitzungen dazu dienen, theoretische Einsichten zu befördern und praktisch-politische Veränderungen durchzusetzen. Im Falle von Behinderung etwa ist die These ihrer vorrangig sozialen Erzeugung zwar alltagsweltlich wenig überzeugend - wer blind ist, hat zweifellos größere Schwierigkeiten, sich in unbekanntem Gelände zurecht zu finden (für Beispiele vgl. tenBrock, 1966). Gleichwohl vermochte sie das umgangssprachlich tief verankerte Normalitätskonzept zu unterminieren, dessen Konfundierung statistischer und wertender Aussagen offen zu legen, zu zeigen, wie sehr die abstrakten Dichotomien gesund/ krank, normal/ abnormal die Variabilität menschlicher Funktionsweisen verdecken und wie stark Funktionsfähigkeit durch Werkzeuggebrauch und Umweltdesign befördert werden kann (Amundson, 2000). Gleichachtung von Menschen mit Behinderungen 7 Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Darstellung der UN-Konvention Die Moral der Gleichachtung verbietet Diskriminierung. In den letzten Jahren ist die Interpretation von Diskriminierung in doppelter Hinsicht erweitert worden: (1) Die klassischen moralisch für irrelevant erklärten Merkmale - Geschlecht, Rasse, Religion - sind um weitere ergänzt worden, z. B. Alter, sexuelle Orientierung. (2) Nicht nur die direkte Diskriminierung von Individuen durch vorurteilsbehaftete Einstellungen einzelner, sondern auch die indirekte oder strukturelle Diskriminierung durch gesellschaftliche Institutionen kommt unter Kritik (Boshammer, 2008). Bei der Behindertenrechtsbewegung kommen beide Erweiterungen zum Tragen: (1) Sie versteht sich als Menschenrechtsbewegung - vergleichbar der Frauenbewegung oder der Bürgerrechtsbewegung - und beansprucht somit für ihre Forderungen Menschenrechtsstatus. So gewinnen sie höhere Legitimität, Universalität, Unverbrüchlichkeit und Einklagbarkeit. Der Anspruch wurde bestritten: Anders als Geschlechts- oder Rassenzugehörigkeit implizierten Behinderungen intrinsische Beeinträchtigungen, die durch soziale Maßnahmen nicht zu beseitigen seien. Zudem entstünden unvertretbare Kosten: Eine inklusive Welt wäre „simpler“, also für Nichtbehinderte weniger enriching und fulfilling (Buchanan, Brock, Daniels & Wikler, 2007). Die Replik kam sofort: Verlangt würden allein die Abschaffung diskriminierender Behandlung sowie Abhilfe für die Effekte vorauslaufender Diskriminierungen. Dass gleichwohl Nachteile verbleiben, ist für die Forderung nach Gerechtigkeit irrelevant. Auch sei eine inklusive Welt nicht simpler, sondern komplexer und flexibler. Beispielsweise nutzten abgeflachte Bordsteine nicht nur Rollstuhlfahrern, sondern auch Eltern mit Kinderwägen oder Handwerkern mit Karren und Untertitel bei Fernsehsendungen dienten nicht nur tauben Personen, sondern auch denen, die Lesen oder Fremdsprachen lernen oder fernsehen möchten, ohne andere zu stören (Amundsen & Tresky, 2007). (2) Die Behindertenrechtsbewegung sucht Änderungen auch auf institutioneller Ebene durchzusetzen. Seit den 1970er Jahren gewann sie in den USA zunehmend Einfluss auf die Gesetzgebung (tenBrook, 1966). 2006 gelang es, die UN-Behindertenrechtskonvention durchzusetzen, 2008 trat sie in Kraft, 128 Staaten haben sie unterzeichnet und die EU hat sie ratifiziert (Bundesgesetzblatt, 2008). Unter Rekurs auf die Menschenrechtserklärung, nach der „alle Menschenrechte und Grundfreiheiten allgemein gültig und unteilbar sind“, fordert die Präambel, dass „Menschen mit Behinderungen der volle Genuss dieser Rechte und Freiheiten ohne Diskriminierung garantiert werden muss“. Menschen mit Behinderung werden in Artikel 1 gemäß dem interaktiven Modell als solche bestimmt, „die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können“. Gleichberechtigte Teilhabe bedarf der Gewährleistung des Rechts auf Bildung, das „ohne Diskriminierung und auf der Grundlage von Chancengleichheit“ umzusetzen ist (Art. 24). Weitergehend wurden auch Forderungen auf der organisatorischen Ebene erhoben - die Forderung nach inklusiver Erziehung: Kinder dürfen nicht aufgrund von Behinderung „vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden“, vielmehr ist ihnen „gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen [inklusiven], hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen“ zu ermöglichen und durch „wirksame individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen“ abzusichern. Die Konvention schreibt den Rechten hohe Priorität zu. So etwa gilt affirmative action, die Bevorzugung von Personen mit Behinderungen gegenüber ansonsten gleichberechtigten anderen, als zulässig (Art. 5.4). Zugleich aber sind sie nicht abwägungsresistent (anders als etwa das 8 Gertrud Nunner-Winkler Folterverbot, das keinerlei Ausnahmen zulässt). So formuliert Artikel 23.4 eine explizite Ausnahmeerlaubnis (von dem Prinzip, dass ein Kind nicht von seinen Eltern gegen deren Willen getrennt werden darf ), sofern dies „zum Wohl des Kindes“ geschieht. Und Artikel 2 untersagt zwar jegliche Form von Diskriminierung, wozu auch das Vorenthalten „angemessener Vorkehrungen“ zählt. Als angemessen aber gelten Unterstützungsleistungen, die „keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen“. Güterabwägungen sind also zulässig. Kritische Würdigung der UN-Konvention Die UN-Behindertenrechtskonvention klagt ein basales menschenrechtlich fundiertes Ziel ein - die gleichberechtigte Teilhabe an Bildung. Zugleich legt sie spezifische Umsetzungsstrategien fest - Zugang zu einem inklusiven, unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen und die Bereitstellung individuell angepasster Unterstützungsmaßnahmen. Der Forderungskatalog verknüpft also Ziele und Mittel. Auch formuliert er nicht nur negative, sondern auch positive Pflichten. Das wirft Probleme auf. Zieldebatten sind an normativen, Mittelwahlen an pragmatischen Bewertungskriterien orientiert. Mit der Festlegung eines spezifischen Mittels - hier: der Forderung inklusiver Bildung - soll vermutlich der menschenrechtlich legitimierte Geltungs- und Universalitätsanspruch des Ziels auf den präferierten Umsetzungsvorschlag übertragen werden. Dabei wird allerdings unterschlagen, dass es bei der Optimierung von Mitteln um empirische Fragen geht: Sind besondere Förderschulen notwendig inklusiven Einrichtungen unterlegen? Wenn Inklusion a priori normativen Vorrang beansprucht, waren dann beispielsweise die Debatten um geschlechtergetrennte versus koedukative Erziehung von vorneherein illegitim und die einschlägigen Forschungen überflüssig? Des Weiteren: Negative Pflichten - z. B. das Diskriminierungsverbot - formulieren universell gültige Unterlassungsgebote, die - als bloße Unterlassungen - jederzeit und überall gegenüber jedermann einhaltbar sind (Gert, 1988). Positive Pflichten - hier: Zugang zu freien inklusiven Primär- und Sekundarschulen - schreiben hingegen spezifische Handlungen vor, die nicht ohne Weiteres universelle Verbindlichkeit beanspruchen können. Wiederum - so scheint es - soll durch die Anbindung konkreter Organisationsvorschläge an universalistische Menschenrechte Unabwägbarkeit insinuiert werden. Diese Strategie trägt jedoch nicht. In den Debatten um die 1948 verabschiedete UN-Menschenrechtserklärung wurde die Übertragung des unbedingten Verpflichtungsanspruchs negativer Pflichten auf kulturspezifisch unterschiedlich gestaltbare Lebensbedingungen als illegitim zurückgewiesen, etwa das Sesshaftigkeitsgebot oder das Elternrecht auf Kindererziehung, die das Recht auf nomadisches Leben oder eine (dorf-)gemeinschaftlich verantwortete Kindererziehung verletzen (Bujo, 1991). Auch bei der Behindertenkonvention gilt es also, normative Zielpostulate mit Universalitätsanspruch klar von pragmatisch zu begründenden Organisationsentscheidungen zu trennen. Dieses Problem stellt sich bei der Forderung nach inklusiver Bildung in verschärfter Form: Es geht nicht allein um die Optimierung einer Zieldimension (z. B. werden Kinder mit Behinderungen besser in inklusiven Klassen oder in Sondereinrichtungen gefördert? ). Es geht um die Abwägung zwischen kollidierenden Zielen: Sollen knappe Ressourcen überproportional für die Förderung Benachteiligter eingesetzt werden, um kompensatorisch Chancengleichheit zu verwirklichen? Oder sollen die Talentiertesten eine besondere Förderung erfahren, um eine optimale Besetzung der gesellschaftlich wichtigsten Positionen zu sichern (Parsons, 1964)? Rawls (1972) diskutiert dieses Problem unter dem Gesichtspunkt sozialer Gerechtigkeit: Zum einen sind Vorteile der Geburt und besondere Begabungen unverdient. Insofern sei es berechtigt, insbesondere in den frühen Jahren, stärker in die Bildung von geringer als von höher begabten Kindern zu investieren. Dieses Prinzip Gleichachtung von Menschen mit Behinderungen 9 ist aber abzuwägen gegen das Gebot, den durchschnittlichen Lebensstandard anzuheben oder das Allgemeinwohl zu befördern, was eher für eine besondere Förderung Hochbegabter sprechen mag. Mit dem Differenzprinzip formuliert er eine theoretische Leitlinie für solche Abwägungsprozesse: Ungleichheiten sind akzeptabel, solange die am schlechtesten Gestellten von der durch sie bewirkten allgemeinen Wohlstandssteigerung mehr profitieren als von Gleichverteilung oder kompensatorischen Ausgleichsbemühungen. Die Überprüfung dieser Bedingung setzt natürlich komplexe empirische Analysen voraus. Dazu kommen noch Abwägungserfordernisse auf der Individualebene. Das angestrebte Ziel der bestmöglichen individuellen Förderung umfasst mehrere Dimensionen - die Entwicklung von kognitiven, sozialen, emotionalen und körperlichen Fähigkeiten, von Selbstwertgefühl, von Motivation (Wallnöfer, 2011) -, die nicht unbedingt simultan optimierbar sind. Beispielsweise mag eine vorrangige Förderung kognitiver Fähigkeiten - etwa durch kompetitive Anreizsysteme - der Entwicklung von Empathie und Solidarität oder eines positiven Selbstwertgefühls durchaus abträglich sein. Wiederum ist empirische Forschung gefragt. Diese Überlegungen zeigen, dass die Forderung nach inklusiver Bildung nicht kategorisch zu setzen, sondern ideologiefrei empirisch zu prüfen ist. Im Folgenden geht es mir nicht darum, die Vielfalt einschlägiger Forschungen kritisch zu resümieren. Immerhin scheinen einige Studien - wenigstens exemplarisch - zu zeigen, dass in inklusiven Klassen nicht nur Kinder mit Behinderungen, sondern alle Schülerinnen und Schüler bessere Leistungen erbringen können als in getrennten Schulsystemen (Bless, 2007; Haeberlin, Bless, Moser & Klaghofer, 2003; Schumann, 2010). Allerdings sind förderliche Rahmenbedingungen entscheidend. Genannt werden u. a. eine großzügige Ressourcenausstattung, einschlägige Lehrerausbildung, geeignete didaktische Mittel (z. B. eine differenzierte Unterrichtsgestaltung, Arbeit imTeam, unterrichtsimmanente Diagnostik, individuelle Lehrpläne, Nutzung von Portfolios, gerechte und fördernde Leistungsbewertung), gute räumliche Gestaltung (Carle, 2012; Hinz & Sommerfeld, 2011). Soweit nun inklusive Erziehung unter günstigen Bedingungen nicht zwingend einen Leistungsabfall aller Schülerinnen und Schüler bewirkt, stellt sich eine Folgefrage: Fördert die Institutionalisierung gleichachtender Teilhaberechte auf gesamtgesellschaftlicher Ebene durch eine entsprechende Organisation des Bildungssystems Gleichachtung auch auf der Mikroebene alltäglicher Interaktionen? Wie steht es um die soziale Akzeptanz von Kindern mit Behinderungen in inklusiven Klassen? Werden sie gleichgeachtet oder werden sie ausgeschlossen und stigmatisiert? Auch zu diesem Problemkomplex gibt es weiteren Forschungsbedarf. Ich will im Folgenden - überwiegend unter Rückgriff auf Forschungsergebnisse aus anderen thematischen Bereichen - mögliche Strategien der Förderung eines gleichachtenden Schulmilieus diskutieren. Dabei handelt es sich allerdings allein um theoretisch begründete Vorschläge, nicht um validierte Interventionsprogramme. Förderung von Gleichachtung in der Schule Kinder mit Behinderungen werden von ihren Peers häufiger zurückgewiesen, vernachlässigt, viktimisiert (Sipperstein, Norins & Mohler, 2007). Bereits Vorschulkinder erkennen die Implikationen von Körperbehinderung (geistige Behinderung wird erst später verstanden) und schließen Betroffene insbesondere dann aus, wenn die Behinderung die gemeinsame Aktivität beeinträchtigt (Diamond & Tu, 2009; Gasser, Chilver-Stainer, Buholzer & Perrig-Chiello, 2012). Nun wirken sich negative Peererfahrungen in der Kindheit bis ins frühe Erwachsenenleben hinein aus. Betroffene - so fanden Nelson und Dishion (2004) - weisen höhere Delinquenzraten und ein geringeres Engagement für Schule oder Beruf auf. Kinder und Jugendliche, die von ihren Peers (physische, verbale oder Beziehungs-)Aggression erfahren, leiden weit häufiger unter Depression, Einsam- 10 Gertrud Nunner-Winkler keitsgefühlen und Selbstwertproblemen (Hawker & Boulton, 2000). Von daher gewinnt die Frage, was die Schule zur Akzeptanz von Kindern mit Behinderungen beitragen kann, hohe Relevanz. Drei mögliche Strategien werden im Folgenden diskutiert - die strukturelle Gestaltung der Organisation, die inhaltliche Normvermittlung, die Vermeidung essentialistischer Rede. Der strukturelle Ansatz Im strukturellen Ansatz geht es um die interne Organisationsstruktur der Institution Schule. Die These lautet: Die demokratische Gestaltung des Schulalltags wirkt sich auf die Gleichachtung unter den Peers förderlich aus. Das Modell - die sogenannte Just Community - wurde von Kohlberg in den 1970er Jahren entwickelt: Es finden regelmäßig Gemeinschaftsversammlungen statt, die dem Meinungsaustausch, der Aufstellung gemeinsamer Regeln und der Sanktionierung von Übertretungen dienen. Dabei genießen alle Angehörigen (Schüler, Lehrkräfte, Hauswart) sowohl in den Diskussionen wie bei der Beschlussfassung gleiches Stimmrecht. Eine Vorbereitungsgruppe sammelt anstehende Themen (z. B. Rauchen in der Toilette, Beschädigung von Fahrrädern aus Rache, Planung der Weihnachtsfeier, Zuspätkommen von Lehrkräften; Oser & Althoff, 2001). Kohlberg ging davon aus, dass sich in einem System partizipatorischer Demokratie die Auffassungen der Lehrerinnen und Lehrer nur dann durchsetzen, „wenn sie […] die Stimme der […] Vernunft repräsentieren“, und dass bei den Schülerinnen und Schülern „die Verantwortung dafür, Regeln aufzustellen und ihnen Geltung zu verschaffen, echte Verantwortlichkeit (bewirkt)“ (Kohlberg, 1987, S. 39f ). Das Modell verwirklicht das Prinzip der Gleichachtung: Jede Stimme wird gehört und es zählen nicht Macht und Status, sondern allein die besseren Argumente. Diese können sich durchsetzen, sofern Personen gute Argumente weit früher erkennen als selbst produzieren können und sie schwächeren vorziehen (Rest, 1973). Diese Fundierung der Just Community in geteilten moralischen Vorstellungen von Fairness und Gleichachtung entschärft das gegenwärtig heftig debattierte Problem, wie „ein dauerndes Abwägen“ zwischen der Ermöglichung von „Freiheit, Entscheidungs- und Gestaltungsräumen“ und dem Erfordernis, „Grenzen zu setzen“ (Beutel & Hoffsommer, 2012, S. 84), auszuhalten sei. Für dieses Modell liegen mehrjährige Erfahrungen und wissenschaftliche Evaluationen vor. Der Erfolg sei exemplarisch an einigen inhaltlichen Befunden dargestellt. Selbst in Gefängnissen gelang es, eine moralische Atmosphäre zu schaffen: Die Insassen erkannten, dass ihre Handlungen Konsequenzen für eine Gruppe hatten, die ihnen wichtig war, und sie übernahmen Verantwortung und Verpflichtungen als Mitglieder dieser Gruppe (Kohlberg, Scharf & Hickey, 1975; Power & Reimer, 1999). Im schulischen Kontext zeigte eine zweijährige Studie (Oser & Althof, 2001), dass die Schülerinnen und Schüler in gerecht strukturierten Schulen in allen untersuchten Dimensionen - Zugehörigkeitsgefühl, soziale und moralische Orientierungen und Verhaltensweisen, Haltung zur Schule und zum Lernen - signifikant besser abschnitten als die Kinder der Kontrollschule. Die Schülerinnen und Schüler erlebten den Umgang miteinander als unterstützender und respektvoller; Mobbing, Vandalismus und Prügeleien nahmen ab, Hilfsbereitschaft, Toleranz und Konfliktlösungskompetenzen zu. Lehrerinnen und Lehrer berichteten von mehr Kooperation im Kollegium, erweiterten Mitgestaltungsmöglichkeiten, einem höheren Konsens über Ziele und Wertvorstellungen an der Schule, einem gesteigerten Erfolgsgefühl und größerer Freude am eigenen Beruf. Besonders relevant ist der Befund, dass sich auch die in der Schule (in Sonderklassen) unterrichteten verhaltensauffälligen und lernbehinderten Kinder nach der Etablierung des Schulprojekts deutlich wohler fühlten. Sie hatten das Gefühl, mehr Einfluss auf die Schulgestaltung nehmen zu können und mehr Unterstützung zu erfahren; auch ging ihre Neigung zu deviantem Verhalten dramatisch zurück. Gleichachtung von Menschen mit Behinderungen 11 Eine andere Untersuchung belegt einen deutlichen Anstieg fürsorglicher Verantwortlichkeit (Higgins, Power & Kohlberg, 1984). Den Schülerinnen und Schülern in drei Projekt- und drei normalen Schulen in besonders belasteten amerikanischen Stadtteilen wurde ein hypothetisches Dilemma vorgelegt, in dem die Protagonistin bzw. der Protagonist von einer wenig beliebten Mitschülerin bzw. einem wenig beliebten Mitschüler um Unterstützung gebeten wurde. Erfragt wurden Normgültigkeit, eigene Handlungsentscheidung, kollektive Normverbindlichkeit (Sollte (Protagonist) helfen? ‚ Was würdest du tun? , Wie glaubst du beantworten deine Mitschüler diese beiden Fragen? ). In den Projektschulen hielten 80 % (im Vergleich zu nur 40 % in den normalen Schulen) Hilfeleistung für eine kollektiv geteilte Norm und die Hälfte (im Vergleich zu nur 5 - 12 %) erklärten, dass sie selbst dieser Verpflichtung nachkommen würden. Wie diese Befunde zeigen, kann die Schule durch eine demokratische Gestaltung dazu beitragen, dass Schülerinnen und Schüler einander gleich achten, dass Mobbing und Gewalt abnehmen, Hilfsbereitschaft und Verantwortlichkeit zunehmen. Zu diesem Erfolg trägt das Zusammenspiel mehrerer Komponenten bei, die kurz skizziert seien: Freiwillige Selbstbindung Die gleichberechtigt gemeinsame Regelsetzung entspricht dem (einleitend skizzierten) Begründungsmodus eines modernen Moralverständnisses, nach dem allein jene Normen gültig sind, denen alle aus der Perspektive der Unparteilichkeit zustimmen könnten. Entscheidend ist nun, dass Normen, die mit Gründen selbst gesetzt werden, eine autonome Folgebereitschaft ermöglichen. In der Tat belegt ein Generationenvergleich in Deutschland, dass die Ablösung einer autoritätsbezogenen durch eine innerweltlich zustimmungsfähige Normbegründung von einem entsprechenden Wandel in der Motivstruktur begleitet ist: Zunehmend tritt an die Stelle einer durch Angst vor Über-Ich-Sanktionen oder vor Beschämung durch andere bewirkten Normbefolgung eine willentlich bejahte freiwillige Selbstbindung aus Einsicht (Nunner-Winkler, 2008). Fürsorgliche Verantwortlichkeit Aus den gemeinsamen Beratungen, Normfestlegungen und Problemlösungen erwächst ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und damit der wechselseitigen Verantwortlichkeit. Zu den universellen negativen Pflichten der Unterlassung einer Schädigung anderer kommt nun die gemeinschaftsbezogene positive Pflicht der Förderung des Wohls auch aller anderen Angehörigen hinzu. Sozio-kognitive Entwicklung Die öffentlichen Debatten über verbindliche Regelungen und einen fairen Umgang mit Konflikten schulen Rollenübernahmefähigkeit und Argumentationskompetenz: Bei Streitigkeiten stellen Täter, Opfer und Zuschauer ihre je eigene Sicht dar und suchen ihr Tun zu rechtfertigen oder ihre Gefühle darzulegen. Alle werden angehört, alle können befragt werden. Dabei treten die Zuhörerinnen und Zuhörer aus der bloßen Beobachterrolle heraus: Als aktive Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind sie gehalten, sich ein unparteilich faires Urteil zu bilden und dann für das eigene Abstimmungsverhalten Verantwortung zu übernehmen. Gerade in inklusiven Schulen, in denen Kindern mit Behinderungen häufig vorgängig ein - zumeist negativ bewerteter - Sonderstatus zugeschrieben wird, könnte die Institutionalisierung gleicher demokratischer Teilhaberechte bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen des Zusammenlebens eine positive Wirkung entfalten: Die Einübung in gleichachtend faire Konfliktlösungsverfahren, die durch kollektive Selbstbestimmung gestiftete Identifikation mit der Gemeinschaft und die so geweckte fürsorgliche Verantwortlichkeit für alle Zugehörigen dürften die gleichberechtigte und gleichachtende Integration auch von Kindern mit Behinderungen fördern. 12 Gertrud Nunner-Winkler Inhaltliche Normvermittlung Auch unterhalb der Ebene der - aufwendigen - Einführung demokratischer Strukturen kann die Schule Einfluss auf Haltungen und Handeln der Schülerinnen und Schüler gewinnen. Explizite Diskussionen um Normen und Werte können dazu beitragen, dass die im hidden curriculum verankerten Normen - Konkurrenzorientierung, Durchsetzungsvermögen, bedingungsloses Erfolgsstreben - transparent und damit kritisierbar werden. In Aussprachen über konkrete Erlebnisse oder Konflikte können Lehrerinnen und Lehrer alternative Bewertungen und Normen einbringen, die auf Empathie und Solidarität setzen und auf Stärken statt auf Defizite Einzelner fokussieren. Deren Sinn gilt es mit den Schülerinnen und Schülern zu erarbeiten, etwa durch die Imagination persönlicher Gefühle in einer hypothetischen Opfer- oder Versagerrolle, durch Debatten über faire Umgangsformen und die Notwendigkeit, zwischen spezifischen Leistungsfähigkeiten und der allgemeinen Anerkennungswürdigkeit einer Person zu unterscheiden, sowie auch durch Wissensvermittlung, etwa über Folgen unterschiedlicher Handlungsentscheidungen. Empirische Befunde Offene Debatten lösen das Problem pluralistischer Ignoranz: Häufig halten Menschen selbst eine Norm für gültig, unterstellen aber, andere täten dies nicht. Beispielsweise bewerteten von 200 10bis 11-jährigen Befragten fast alle ein hypothetisches Mobbingverhalten als falsch und gaben mehrheitlich an, sie selbst würden sich in der Zuschauerrolle schlecht fühlen. Zugleich aber verstanden sie sehr wohl, dass andere sich gut fühlen könnten (z. B. „Man ist froh, dass man nicht selbst Opfer ist“, „Man fühlt sich gut, wenn man Teil der Gruppe ist“). Eine explizite Normdiskussion könnte den unterstellten Gruppenzwang aufbrechen - wenn alle wüssten, dass alle Mobbing verurteilen, könnten viele sich trauen einzugreifen (Nunner-Winkler, 1997). Die tatsächliche Verhaltenswirksamkeit geteilter Normen erhellt eine Untersuchung des Gewalthandelns von 200 14bis 15-Jährigen aus acht verschiedenen Schulklassen. Die Häufigkeit variierte stark: So fanden sich - in Übereinstimmung mit der Literatur - höhere Raten bei Jungen, bei Hauptschülerinnen und -schülern, bei Jugendlichen mit schlechten Familienerfahrungen. Überraschend aber war die hohe Erklärungskraft eines pazifistischen Klassenklimas, bemessen am Anteil von Schülerinnen und Schülern, die Gewalt unter Verweis auf gültige Normen oder negative Folgen verurteilten (z. B. „Man sollte das mündlich lösen“, „Gewalt gegen Gewalt bringt immer Gewalt“): Schülerinnen und Schüler mit schlechten Familienerfahrungen begingen in einem pazifistischen Milieu deutlich weniger Gewalttaten als Schülerinnen und Schüler mit guten Familienerfahrungen in einem wenig pazifistischen Schulmilieu (Nunner-Winkler, Meyer-Nikele & Wohlrab, 2006). Normwissen wird nicht nur in offenen Diskussionen, sondern auch eher implizit durch kontextbezogene Kommentare und Reaktionen der Erziehungspersonen vermittelt. So unterscheiden bereits Vorschulkinder angemessen zwischen moralischen Regeln, denen sie eine autoritätsunabhängige, universelle und unabänderliche Gültigkeit zuschreiben, und konventionellen Regeln, die sie als abhängig von autoritativer Setzung oder Vereinbarungen, als veränderbar und nur für Zugehörige geltend begreifen (Turiel, 1983). Inhaltlich beziehen sich moralische Regeln auf Fairness, Rechte und Pflichten, Wohlfahrt und Schadensvermeidung, konventionelle Regeln hingegen auf soziale Ordnung und die Funktionsfähigkeit von Organisationen (Smetana, 2006). Wie Kinder dieses frühe Verständnis erwerben, erhellt aus Beobachtungsstudien: Bei Konflikten um konventionelle Regeln sind Erziehende zuKompromissen und Aushandlungen bereit und verweisen auf vereinbarte Verhaltensregeln oder organisatorische Folgeprobleme. Bei moralischen Normen hingegen bleiben sie unnachgiebig (z. B. „Ein anderes Kind schlagen - das gibt es nicht“) Gleichachtung von Menschen mit Behinderungen 13 und verweisen auf Fairness (z. B. „Du würdest das auch nicht wollen“) oder die Gefühle des anderen (z. B. „Das tut dem weh“; Killen & Smetana, 1999; Nucci & Weber, 1995). Die Unterscheidung spielt eine Rolle bei der Inklusion von Kindern mit Behinderungen. Bereits Vorschulkinder berücksichtigen beim Einschluss anderer Kinder Fairness und Gleichbehandlungsgebote. Beispielsweise gaben sie in hypothetischen Entscheidungssituationen Kindern, die noch wenig Spielgelegenheiten gehabt hatten, den Vorzug vor solchen mit viel Erfahrung - selbst dann, wenn die Aktivität Geschlechterstereotypen zuwider lief (z. B. Inklusion eines Jungen in ein Spiel mit Puppen; Theimer, Killen & Stangor, 2001). Wie sieht es mit der Inklusion eines Kindes mit Behinderungen aus? Mehrheitlich bevorzugen Vorschulkinder in hypothetischen (Diamond & Hong, 2010) wie in realen Situationen (Odom et al., 2009) Kinder ohne Behinderung - so wie sie ganz allgemein ältere, fähigere Kinder als Spielpartner präferieren (Guralnik, Connor, Hammond, Gottmen & Kinnish, 1996). Allerdings sind sie (besonders wenn sie über höhere Rollenübernahmefähigkeiten verfügen) eher bereit, ein Kind mit Behinderung zu inkludieren, wenn dadurch die Aktivität wenig beeinträchtigt ist (z. B. Malen durch Gehbehinderung) und wenn der Interviewer betont, dass das Kind noch kaum an solch einer Aktivität beteiligt war. Diese Entscheidung begründen sie eher mit moralischen Erwägungen (z. B. Abwechseln, Teilen), als wenn sie das unbehinderte Kind wählten. In die gleiche Richtung weisen die Ergebnisse einer Studie mit Kindergarten- und Grundschulkindern. Zwar verurteilten insbesondere die älteren Kinder mehrheitlich den Ausschluss von Kindern mit Behinderungen und begründeten dies mit moralischen Erwägungen (z. B. Verweis auf gleiche Rechte und Chancengleichheit, auf negative oder positive Folgen). In konkreten Situationen jedoch, in denen die (körperliche, geistige) Behinderung Erfolgschancen der Gruppe (bei schulischen, sozialen, sportlichen Aktivitäten) beeinträchtigte und ein nicht-behindertes Kind zusätzlich zur Auswahl stand, wählte die Hälfte das nicht-behinderte Kind und begründete dies mit sozial-konventionellen Erwägungen (z. B. Verweis auf Gruppenineffizienz, auf Negativstereotypisierungen). Dabei zeigten die älteren Kinder ein differenzierteres Verständnis der Ausschlusskontexte und verwiesen häufiger auf sozial-konventionelle Erwägungen, wiewohl sie eher um die verletzenden Folgen eines Ausschlusses wussten. Dies könnte - so die Autoren - mit der gestiegenen Sensibilität für Gruppennormen, aber auch der zunehmenden Bedeutung von Leistung, sozialen Vergleichen und Wettbewerb im Grundschulalter zusammenhängen (Gasser et al., 2012). Insgesamt zeigen die Studien, dass die Schule zur Akzeptanz von Kindern mit Behinderungen beitragen kann. Stereotypisierte Ablehnungen können durch die Schaffung eines positiven Klimas konterkariert werden - durch offene Normdiskussionen, durch klare Reaktionen auf beobachtetes Verhalten, an denen Kinder die Bedeutung von Fairness und die Relevanz der Gefühle anderer ablesen können (für einen überzeugenden Beleg vgl. Gasser & Tettenborn Schärer, in diesem Heft). Schwieriger ist es, wenn das Gleichbehandlungsgebot und Leistungserfordernisse kollidieren. Wie Gasser et al. (2012) anmerken, ist es wichtig, dass Lehrpersonen sich dieser Wertkonflikte bewusst sind und versuchen, Arbeitsbedingungen zu schaffen, in denen Erfolg und Kooperation einander nicht ausschließen. Nicht-essentialistisches Sprechen Ein dritter Zugang zur Förderung der Gleichachtung von Kindern mit Behinderungen ist das Vermeiden einer essentialistischen Sprechweise, bei der zugeschriebene oder beobachtete Eigenschaften als Wesensmerkmale interpretiert werden. Abwertende inhaltliche Zuschreibungen zu Kindern mit Behinderungen führen sonst dazu, dass aus einer medizinisch diagnostizierten Beschädigung eine deutlich gravierendere sozial vermittelte Behinderung entsteht. 14 Gertrud Nunner-Winkler Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass eine kategorisierende Sprache essentialistisches Denken fast unvermeidlich nahelegt. Dies lässt sich an der kindlichen Begriffsentwicklung zeigen. Beim Aufbau ihres Verständnisses natürlicher Kategorien vollziehen Kinder einen Entwicklungsschub: Von einer frühen Orientierung an äußerlich beobachtbaren Merkmalen wechseln sie zu einer Orientierung an zugrunde liegenden Struktur- oder Herkunftsprinzipien. Ein Beispiel: Man legte Kindern Bilderserien vor. Das erste Bild zeigt ein Schaf, das auf dem nächsten geschoren ist und auf dem dritten Bild Hörner trägt, sodass es wie eine Ziege aussieht. Auf die Frage, was das letzte Bild zeigt, antworteten die jüngeren: „Eine Ziege - was wie eine Ziege aussieht, ist eine Ziege“, die älteren hingegen: „Ein Schaf - einmal Schaf, immer Schaf“ und verwiesen darauf, dass die inneren Organe gleich geblieben seien. Die gleiche Aufgabe wurde auch Stammeskindern in Afrika vorgelegt. Auch dort beharrten die älteren auf der Identität trotz äußerlicher Veränderungen - allerdings mit einer anderen Begründung: „Die Tiere werden von verschiedenen Göttern erschaffen. Wer aber einmal vom Gott der Schafe erschaffen wurde, bleibt immer ein Schaf“ (Keil, 1986). Das neu erworbene Begriffsverständnis nutzen Kinder hinfort zu Induktion. Man zeigte ihnen einen bräunlichen Salzklumpen und informierte sie, dass Salz Schnee schmelzen könne. Dann legte man Folgeobjekte vor - eins, das der gleichen Kategorie angehörte, aber anders aussah (fein gemahlenes weißes Salz), eins, das ähnlich aussah, aber einer anderen Kategorie angehörte (ein bräunlicher Lehmklumpen), und eins, das einer anderen Kategorie angehörte und anders aussah (eine bunte Glaskugel). Testfrage: Welches dieser Objekte lässt Schnee schmelzen? Die Kinder generalisierten klar nach Kategorienzugehörigkeit, nicht nach Aussehen. Sie erwarteten, das fein gemahlene weiße Salz, nicht aber der bräunliche Lehmklumpen werde Schnee schmelzen lassen (Gelman & Markman, 1987). Das bedeutet: Kinder sind keine reinen Empiristen. Von früh an bauen sie ein theoriegeleitetes Begriffssystem auf, wobei sie - im Vertrauen darauf dass die vorfindlichen Kategorien sinnvoll gebildet sind - Grundannahmen unterstellen: Generalisierbarkeit - Merkmale eines Exemplars einer Kategorie lassen sich auf alle verallgemeinern (jede Art von Salz schmilzt Schnee); Konstanz - trotz äußerlicher Veränderungen bleibt ein Objekt das gleiche (auch ein geschorenes Schaf bleibt ein Schaf ); Wesensannahme - alle Mitglieder einer Kategorie teilen basale Gemeinsamkeiten; wie diese inhaltlich aussehen, wird von der herrschenden Kultur vorgegeben (innere Organe oder die Schöpfungsgeschichte). Da das kategoriale Begriffsverständnis fast unvermeidlich zu essentialistischem Denken führt, sollten Erziehende und Lehrende globalisierende Substantivierungen vermeiden, also nicht von Tauben, Blinden, Behinderten, sondern von Personen mit Hör-, Seh- oder spezifischen sonstigen Beeinträchtigungen sprechen. Abstrakte Kategorien legen die Annahme geteilter Wesensmerkmale fast unwiderstehlich nahe. Zugleich reduzieren sie die individuell betroffenen Personen auf das jeweilige Defizitmerkmal. Damit greift die statistische Diskriminierung - „die (Ungleich-)Behandlung von Individuen aufgrund von (Vor-)Urteilen über eine Gruppe, die als ungerechtfertigt zu gelten hat, weil die entsprechenden Gruppenzuschreibungen bloß einen ‚statistischen‘ Charakter haben […] und keine Aussage über das Individuum erlauben“ (Boshammer, 2008, S. 237). Allerdings reicht die künstliche Einführung neuer Sprachspiele nicht weit. Entscheidend sind die (kulturspezifisch je unterschiedlich) zugeschriebenen inhaltlichen Merkmale und Bewertungen und diese lesen Kinder an herrschenden Stereotypisierungen und an der sozialstrukturellen Situierung ab: So vertreten selbst Kinder aus liberalen weißen US-Elternhäusern zunächst die vorherrschenden Negativstereotypen von Schwarzen und in ethnisch gemischten Gesellschaften hegen Kinder Vorurteile gegen jene Volksgruppen, deren ethnische Zugehörigkeit stark mit niedrigem sozialen Status korreliert (Aboud, 1988). Daraus folgt: Man kann die Verantwortung für vorur- Gleichachtung von Menschen mit Behinderungen 15 teilsfreien Umgang mit Kindern mit Behinderungen nicht allein der Schule zuschieben. Kinder lernen nicht nur im Klassenraum - sie lernen auch und vor allem an gesamtgesellschaftlichen Verhältnissen. Man muss auf beiden Ebenen ansetzen: Es gibt eine Wechselwirkung zwischen formaler und informeller Gleichachtung - zwischen der Sicherung von Teilhaberechten auf gesamtgesellschaftlicher Ebene und der Gestaltung eines gleichachtenden Schulklimas auf der Mikroebene. Schlussbemerkung Als verbindliches Prinzip wurde Gleichheit vor mehr als 200 Jahren im Gefolge der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und der Französischen Revolution deklariert. Doch es dauerte lange, bis ausgegrenzte Gruppen gleichberechtigte politische Teilhabe durchgesetzt hatten (z. B. Wahlrecht auch für Besitzlose, Juden, Frauen). Und bis heute kämpfen diskriminierte Gruppen um ihr Recht auf Gleichachtung. Dies gilt auch für die Behindertenrechtsbewegung. Die Legitimität ihres Anliegens ist mittlerweile durch die Behindertenrechtskonvention der UN offiziell anerkannt. Dessen Umsetzung durch ein deklariertes Recht auf Zugang zu einem inklusiven unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen birgt allerdings Probleme. Wie oben dargestellt, konfundiert diese Forderung prinzipienorientiert begründete Zielvorstellungen unzulässig mit rein pragmatisch abzuwägenden Mitteln. Im konkreten Fall ist in Rechnung zu stellen, dass es im Bildungssystem moderner Wissensgesellschaften nicht zuletzt auch um eine bestmögliche Qualifizierung der wissenschaftlichen und technischen Eliten geht. In seiner Theorie der Gerechtigkeit berücksichtigt Rawls beide Gesichtspunkte - das Recht unverschuldet Benachteiligter auf eine besondere Förderung und das Streben nach gesellschaftlicher Wohlstandsmehrung, soweit diese auch den am schlechtesten Gestellten zugute kommt. Gerechte, d. h. allgemein zustimmungsfähige, Abwägungen in diesem Interessenkonflikt sind auf empirische Daten angewiesen. Nun zeigen Forschungen, dass inklusive Bildung - bei geeigneter Ressourcenausstattung - die Ausschöpfung des Potenzials höher Begabter nicht zwingend beeinträchtigt. Doch die Einführung inklusiver Schulen reicht für die Integration von Kindern mit Behinderungen noch nicht aus. Die externe Umstrukturierung des Bildungssystems zur Gewährleistung formal gleichachtender Teilhaberechte ist zu ergänzen um den Aufbau geeigneter interner Organisationsstrukturen der Einzelschulen sowie die Entwicklung entsprechender Lehrinhalte. Dies könnte die Chance erhöhen, dass die alltäglichen Interaktionen durch informelle Gleichachtung gekennzeichnet sind. Die vorgeschlagenen Maßnahmen - Einrichtung gerechter Schulgemeinschaften, explizite Normvermittlung, sorgfältiges Sprechen - könnten das Risiko mindern, dass funktionale Beeinträchtigung vielfach verstärkt zu einer sozial vermittelten Behinderung wird. Abschließend sei noch angemerkt: Die Integration von Menschen mit Behinderungen dient nicht nur den Betroffenen, sondern der Gesellschaft insgesamt - die Anerkennung von Gleichwertigkeit und der Abbau von Diskriminierung bedeuten einen Zuwachs an Gerechtigkeit und somit einen gesellschaftlichen Gewinn. Literatur Aboud, F. (1988). Children and prejudice. Oxford: Basil Blackwell. Alder, D. (1992). Die Wurzel der Polaritäten. Geschlechtertheorie zwischen Naturrecht und Natur der Frau. Frankfurt a. M.: Campus. Amundson, R. (2000). Against normal function. Studies in History and Philosophy of Biological and Biomedical Sciences, 31 (1), 33 - 53. http: / / dx.doi.org/ 10.1016/ S 1369-8486(99)00033-3 Amundson, R. & Tresky, S. (2007). On a bioethical challenge to disability rights. Journal of Medicine and Philosophy, 32, 541 - 561. http: / / dx.doi.org/ 10.1080/ 036 05310701680924 Baumann, P. (2008). Achtung. In S. Gosepaht, W. Hinsch & B. 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Danksagung Ich danke den beiden anonymen Gutachterinnen und Gutachtern und dem Herausgeber für konstruktive Kritik und weiterführende Verbesserungsvorschläge. Prof. Dr. Gertrud Nunner-Winkler ehem. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften München Arbeitsbereich Psychologie Mozartstr. 6 D-82049 Pullach E-Mail: nunner-winkler@t-online.de