eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 64/2

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
41
2017
642

Empirische Arbeit: Was heißt "kannibalisch", "foltern" und "zerstören"?

41
2017
Wahiba El-Khechen
Nele McElvany
Ilka Wolter
Ursula Kessels
Der Wortschatz spielt für die schulische Leistungsentwicklung eine herausragende Rolle. Befunde zur Bedeutung von Geschlechterstereotypen im Kindesalter lassen vermuten, dass Mädchen und Jungen unterschiedliche Kenntnis über weiblich und männlich konnotierte Wörter aufweisen könnten. Zudem wird angenommen, dass bei Kindern mit Zuwanderungshintergrund diese geschlechtsspezifischen Unterschiede im Wortschatz stärker ausgeprägt sind, da die bisherige Forschung auf eine traditionellere Geschlechterrollenorientierung in Familien mit Migrationshintergrund hinweist. Erwartungskonform zeigte sich in der untersuchten Stichprobe von Grundschulkindern (N = 371) ein Vorteil der Jungen bei männlich konnotierten Wörtern, ein Vorteil von Mädchen bei weiblich konnotierten Wörtern und ein vergleichbarer Wortschatz beider Geschlechter bei neutralen Wörtern. Differenzierte Analysen zeigten, dass diese geschlechtsspezifischen, qualitativen Differenzen im Wortschatz nur bei Kindern mit Migrationshintergrund nachzuweisen sind, die damit nicht nur einen insgesamt geringeren Wortschatz, sondern auch einen stärker nach Geschlecht differenzierten Wortschatz als Kinder mit deutscher Familiensprache aufweisen. Die Bedeutung der Befunde für die pädagogische Praxis und Forschung wird diskutiert.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2017, 64, 123 -137 DOI 10.2378/ peu2017.art06d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Was heißt „kannibalisch“, „foltern“ und „zerstören“? Geschlechtsspezifischer Wortschatz von Grundschulkindern in Abhängigkeit von der Familiensprache Wahiba El-Khechen 1 , Nele McElvany 1 , Ilka Wolter 2 , Ursula Kessels 3 1 Technische Universität Dortmund 2 Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e. V., Bamberg 3 Freie Universität Berlin Zusammenfassung: Der Wortschatz spielt für die schulische Leistungsentwicklung eine herausragende Rolle. Befunde zur Bedeutung von Geschlechterstereotypen im Kindesalter lassen vermuten, dass Mädchen und Jungen unterschiedliche Kenntnis über weiblich und männlich konnotierte Wörter aufweisen könnten. Zudem wird angenommen, dass bei Kindern mit Zuwanderungshintergrund diese geschlechtsspezifischen Unterschiede im Wortschatz stärker ausgeprägt sind, da die bisherige Forschung auf eine traditionellere Geschlechterrollenorientierung in Familien mit Migrationshintergrund hinweist. Erwartungskonform zeigte sich in der untersuchten Stichprobe von Grundschulkindern (N = 371) ein Vorteil der Jungen bei männlich konnotierten Wörtern, ein Vorteil von Mädchen bei weiblich konnotierten Wörtern und ein vergleichbarer Wortschatz beider Geschlechter bei neutralen Wörtern. Differenzierte Analysen zeigten, dass diese geschlechtsspezifischen, qualitativen Differenzen im Wortschatz nur bei Kindern mit Migrationshintergrund nachzuweisen sind, die damit nicht nur einen insgesamt geringeren Wortschatz, sondern auch einen stärker nach Geschlecht differenzierten Wortschatz als Kinder mit deutscher Familiensprache aufweisen. Die Bedeutung der Befunde für die pädagogische Praxis und Forschung wird diskutiert. Schlüsselbegriffe: Wortschatz, Geschlechtstypisierung, Migrationshintergrund, qualitative Unterschiede, Grundschule What Does “Cannibalistic”, “to Torture” and “to Destroy” Mean? Gender-Specific Vocabulary of Primary School Children Depending on Language Background Summary: Vocabulary plays a prominent role in the development of academic performance. Findings on the significance of gender stereotypes suggest that children could have different knowledge about female and male connoted words depending on their gender. It is also expected that in families with immigrant backgrounds these gender differences in children’s vocabulary could be more pronounced, as previous research indicates that these families have a more traditional gender-role orientation. As expected, a sample study of primary school children (N = 371) revealed that boys had a vocabulary advantage with male-associated words, girls an advantage with female-associated words, and a comparable vocabulary of both sexes with words deemed neutral. Differential analysis showed that these gender specific, qualitative differences in the vocabulary only occurred in children with an immigrant background who not only have a lower overall vocabulary, but also a vocabulary more differentiated by gender than children from a German language family. The findings are discussed in terms of their significance for educational practice and research. Keywords: Vocabulary, gender typing, migration background, qualitative differences, primary school 124 Wahiba El-Khechen, Nele McElvany, Ilka Wolter, Ursula Kessels Sprachliche Kompetenzen im Deutschen sind eine zentrale Voraussetzung, um erfolgreich an schulischen Lernprozessen teilnehmen zu können. Eine wichtige Komponente der Sprachkompetenzen ist dabei der Wortschatz (Steinhoff, 2009). Neben dem aktiven Wortschatz, der Sprechen und Schreiben im Unterrichtskontext gestattet, kommt dem passiven Wortschatz eine Schlüsselfunktion zu, indem er das sinnerfassende Lesen und Hören während der Lernprozesse ermöglicht (Sénéchal, Oullette & Rodney, 2006). Wortschatz wird in geringerem Umfang explizit, überwiegend aber implizit erworben (Landauer, 2007). Das sozialisatorische Umfeld und die individuellen Interessen und Handlungen beeinflussen, mit welchen Dingen und Aktivitäten - und damit diese Dinge und Aktivitäten bezeichnenden Wörtern - Kinder in Kontakt kommen. Im folgenden Beitrag wird empirisch die Frage untersucht, ob und inwiefern sich qualitative Unterschiede im passiven Wortschatz von Kindern im Grundschulalter zeigen, die mit dem Geschlecht der Kinder kovariieren. Empirische Befunde zum Einfluss elterlicher Geschlechterschemata und Geschlechtsrolleneinstellungen auf die Geschlechterkonzepte der Kinder (z. B. Tenenbaum & Leaper, 2002) sowie deren Auswirkungen auf geschlechtsspezifische Aktivitäten der Kinder (z. B. Tobin et al., 2010) verdeutlichen die Relevanz familialer Faktoren für die Entwicklung von mehr oder weniger geschlechtstypisierten (Spiel-)Interessen. Als Resultat dessen könnte sich auch der Wortschatz von Jungen und Mädchen möglicherweise in Teilen systematisch unterscheiden. Aufgrund empirischer Hinweise darauf, dass sich Familien mit Migrationshintergrund (MH) häufig in ihrer Geschlechterrollenorientierung von Familien ohne MH unterscheiden (s. Diehl, Koenig & Ruckdeschel, 2009), wird der MH der Familien in der vorliegenden Studie als möglicher familialer Moderator der Geschlechtsspezifik des kindlichen Wortschatzes fokussiert. Wortschatz: Definition, Erwerb und Bedeutung Der Wortschatz als entscheidender Bestandteil der Sprache umfasst die Gesamtheit aller verfügbaren Wörter im mentalen Lexikon (Ender, 2007). Für die Bereiche Wortschatzerwerb, -entwicklung und -förderung ist es wesentlich, zwischen rezeptivem (passivem) und produktivem (aktivem) Wortschatz zu unterscheiden. Während der produktive Wortschatz die Bildung sinnvoller Äußerungen ermöglicht, trägt der rezeptive Wortschatz zum Verständnis gesprochener und geschriebener Sprache bei (Graves, 2006). Bildung, soziale Netzwerke, Hobbys und Interessen bedingen interindividuelle Unterschiede im Umfang des aktiven und passiven mentalen Lexikons innerhalb von Alterskohorten (Tracy, 2009), wobei der beiläufige, implizite Wortschatzerwerb den größten Anteil an der Wortschatzerweiterung hat (bereits Sternberg, 1987). Der Wortschatz ist eine zentrale Voraussetzung schulischer Bildungsprozesse des Lesens (Steinhoff, 2009). So erwies sich der Wortschatz am Ende von Klasse 1 als prädiktiv für die Leseleistung am Ende von Klasse 10 (Cunningham & Stanovich, 1997). Hierbei ist von einer wechselseitigen Beeinflussung auszugehen (Tannenbaum, Torgesen & Wagner, 2006): Es gibt sowohl Hinweise dafür, dass (a) Wortschatzinterventionen, die ein breites, leicht zugängliches und kontextübergreifendes Wissen über Wortbedeutungen vermitteln, sich förderlich auf die Lesekompetenz auswirken (Beck, McKewon & Omanson, 1987), als auch Hinweise dafür, dass (b) umgekehrt gute Lesefähigkeiten zu einem umfangreichen Wortschatz beitragen, da viele Wörter implizit aus dem Kontext schriftlicher Texte gelernt werden (El-Khechen, Gebauer & McElvany, 2012; McElvany & Artelt, 2009). Wortschatz und Geschlecht Geschlechtsunterschiede in der Sprachentwicklung von Kindern wurden aus kognitionspsychologischer und entwicklungspsychologischer Perspektive bereits umfassend untersucht. Geschlechtsspezifischer Wortschatz von Grundschulkindern 125 Schon in den ersten Lebensjahren zeigen Mädchen eine bessere phonologische Bewusstheit, verwenden kompliziertere linguistische Formen sowie mehr Morpheme pro Äußerung (mean lenghts of utterences) als die gleichaltrigen Jungen (zusammenfassend Halpern, 2012). Sehr viel weniger Aufmerksamkeit wurde bisher dem Thema zuteil, inwiefern sich auch der Wortschatz von Jungen und Mädchen unterscheidet. Ein qualitativ unterschiedlicher Wortschatz von Kindern kann zu Vorbzw. Nachteilen in schulischen Bildungsprozessen führen, weil die typischen Themen der verschiedene Schulfächer bezeichnenden Wörter dadurch den Kindern mehr oder weniger bekannt wären. Befunde aus der Leseforschung zeigen, dass Mädchen und Jungen aufgrund geschlechtsstereotyper Interessen unterschiedlichen Lesestoff wählen. Während Jungen Sach- und Fachbücher und in Zeitungen und Zeitschriften die Bereiche Politik, Wirtschaft, Sport und Technik präferieren, lesen Mädchen lieber Romane, Biografien oder Lektürestoffe (Garbe, 2008). In diesem Zusammenhang können geschlechtsspezifische Wortschatzunterschiede einerseits durch die Wortschatzerweiterung beim Lesen unterschiedlicher Themenbereiche und andererseits durch die Präferenz unterschiedlicher Textsorten, die wiederum unterschiedlichen Wortschatz nutzen, entstehen (Hemforth, 2006). Quantitative Untersuchungen weisen auf keine oder geringe Unterschiede in der mittleren Wortschatzquantität von Mädchen und Jungen hin (Hyde, 2014). Betrachtet man Analysen zu Geschlechtsunterschieden in Manualen von Wortschatztests, so finden sich auf Itemebene keine geschlechtsspezifischen Angaben zu Trennschärfen oder Lösungshäufigkeiten. Vorhandene Mittelwertsvergleiche zwischen Jungen und Mädchen weisen auf keine bedeutsamen Unterschiede hin; z. B. Wortschatztest aus dem Grundintelligenztest (CFT 20: Weiß, 1998), Aktiver Wortschatztest für 3bis 5-jährige Kinder - Revision (AWST-R: Kiese-Himmel, 2005). Bisher gibt es nur wenige Studien zu qualitativen Wortschatzunterschieden zwischen Jungen und Mädchen. Eine Studie zum frühen Wortschatz zeigt, dass Jungen und Mädchen im Alter von 24 bis 36 Monaten im produktiven Wortschatz Unterschiede in Abhängigkeit von der Geschlechtstypizität der vorher kategorisierten Wörter zeigten (Stennes, Burch, Sen & Bauer, 2005). Richter und Brügelmann (1996) stellten durch die Analyse von 145 Aufsätzen fest, dass Mädchen und Jungen vierter Klassen das gleiche Aufsatzthema systematisch geschlechtsspezifisch ausgestalteten und entsprechend unterschiedliche Wörter verwandten. Einen geschlechtsspezifischenWortfeldgebrauch (der Menge von Wörtern mit ähnlicher Bedeutung) im Erwachsenenalter fand Singh (2001) in einer Studie zur Sprachproduktion, in welcher Frauen und Männer bei freiem Sprachgebrauch unterschiedliche Wortarten zur Beantwortung derselben Fragen nutzten. Nach Auswertung mehrerer Studien aus den 1970er Jahren schlussfolgerte Klann-Delius (2005), dass der unterschiedliche Wortgebrauch von Frauen und Männern auf geschlechtstypische Interessen und Aktivitäten zurückzuführen ist. Zusammenfassend lassen sich in den wenigen vorliegenden Studien Hinweise auf geschlechtsspezifische Differenzen im Wortschatz feststellen, die sich insbesondere auf den aktiven Wortschatz beziehen und kaum Schlussfolgerungen auf den rezeptiven Wortschatz erlauben. Die Prozesse und Mechanismen hinter den geschlechtsspezifischen Lese- und Wortschatzphänomenen sind bisher theoretisch noch nicht ausreichend geklärt. Geschlechterstereotypen als Ursache eines geschlechtsspezifischen Wortschatzes Geschlechterstereotypen sind Annahmen darüber, wie sich männliche und weibliche Personen voneinander unterscheiden (deskriptiv) oder unterscheiden sollten (präskriptiv; Eagly, 1987). Empirische Studien zeigten, dass Männer als stärker, aktiver, dominanter, autonomer und aggressiver und Frauen als rücksichtsvoller, hilfsbedürftiger und fürsorglicher gelten (Lueptow, Garovich-Szabo & Lueptow, 2001). Ein (teilweise) unterschiedlicher Wortschatz von Jungen 126 Wahiba El-Khechen, Nele McElvany, Ilka Wolter, Ursula Kessels und Mädchen wird dadurch plausibel, dass sich ihre sprachlichen Erfahrungen an diesen Stereotypen orientieren. Bereits mit etwa zwei Jahren beginnen Kinder, sich Wissen über die Kategorien männlich und weiblich und die jeweils damit verbundenen Objekte, Aktivitäten und Attribute anzueignen (Serbin, Poulin-Dubois, Colburne, Sen & Eichstedt, 2001), was zum Ende der Grundschulzeit weitestgehend vollständig erworben ist (Signorella, Bigler & Liben, 1993). Auch können sich Kinder ab etwa 2,5 Jahren selbst den Geschlechtskategorien zuordnen und gelernte Geschlechterstereotype somit auch auf sich selbst anwenden (Tobin et al., 2010). Neben der Geschlechterstereotypisierung von Spielzeugen und Aktivitäten werden auch schulische Bereiche von Kindern als männlich (Mathematik) oder weiblich (Sprachen) wahrgenommen (Steffens & Jelenec, 2011). Auch verwenden Kinder ab fünf Jahren zunehmend Geschlechterstereotypen bei der Zuschreibung von Eigenschaften zu Jungen und Mädchen (Miller, Lurye, Zosuls & Ruble, 2009). Der Erwerb von Geschlechterstereotypen ist von mehreren Faktoren abhängig, z. B. von der Beobachtung, ob und inwiefern Männer und Frauen unterschiedliche Rollen einnehmen. Ist dies der Fall, werden ihnen unterschiedliche, zu den jeweiligen Rollen passende Eigenschaften zugeschrieben (Eagly & Steffen, 1984). Entsprechend ist das erlebte familiale Umfeld eine wichtige Quelle für das Ausmaß und die Zentralität von stereotypen Vorstellungen der Kinder. Metaanalytisch ist der Einfluss der Geschlechterschemata und Geschlechtsrolleneinstellungen der Eltern auf die Geschlechterkonzepte der Kinder gut belegt (Tenenbaum & Leaper, 2002). Inwiefern sich die Geschlechtstypisierung in der Erziehung auf die Geschlechtsspezifität des kindlichen Wortschatzes auswirkt, ist bislang nicht erforscht. Es ist zu vermuten, dass Kinder aus Familien, in denen stärker geschlechtstypisiert erzogen wird und in denen eine traditionellere Rollenverteilung gelebt wird, deutlichere Geschlechtsunterschiede im Wortschatz zeigen als Kinder aus egalitär eingestellten Familien. Geschlechtstypisierende Erziehung in Familien mit und ohne Migrationshintergrund in Deutschland Die spezifischen Inhalte dessen, was als typisch männlich oder weiblich gilt, sind zum Teil über unterschiedliche Kulturen hinweg ähnlich, vor allem in Bezug auf Personeneigenschaften (Lueptow et al., 2001; Williams & Best, 1990). Eine interkulturell größere Varianz findet sich bezüglich der Frage, welche Rollen und Aufgaben Männer und Frauen innerhalb einer Gesellschaft jeweils einzunehmen haben und wie ähnlich oder unterschiedlich diese sein sollten (egalitäre versus traditionelle Geschlechterrollenvorstellungen). Die Berücksichtigung des familialen Hintergrundes könnte entsprechend zum Verständnis der Genese des geschlechtsspezifischen Wortschatzes von Kindern beitragen. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass Kinder mit MH wahrscheinlicher in Familien aufwachsen, in denen weniger egalitäre Einstellungen zu Geschlechterrollen vorherrschen als in Familien ohne MH. In der folgenden Darstellung dieser Studien werden vorrangig - sofern in dieser Differenzierung vorliegend - Befunde zu Familien mit türkischem MH - als größte Gruppe von Kindern mit MH in Deutschland (Söhn & Özcan, 2006) - fokussiert. Untersuchungen mit repräsentativen Stichproben zeigen übereinstimmend, dass türkischstämmige Erwachsene/ Eltern aus der ersten und zweiten Migrantinnen- und Migrantengeneration deutlich traditionellere, weniger egalitäre Geschlechterrolleneinstellungen aufweisen als Erwachsene ohne MH (Diehl et al., 2009; Nauck, 1990, 2000; Phalet & Schönpflug, 2001; Steinbach, 2009) 1 . Als ein verhaltensbezogenes Maß der Gleichberechtigung der Geschlechter kann zudem die Verteilung der Aufgaben in 1 Qualitative Studien mit zum Teil sehr kleinen Fallzahlen und einer sehr selektiven Auswahl an Interviewpartnerinnen und -partnern (Farrokhzad, Ottersbach, Tunc & Meuer-Willuweit, 2011) kommen bezüglich der Geschlechterrollen und der Aufgabenteilung zu anderen Ergebnissen als die aufgeführten Befunde, die auf repräsentativen Stichproben beruhen. Geschlechtsspezifischer Wortschatz von Grundschulkindern 127 Familie und Haushalt herangezogen werden (Diehl et al., 2009), welche auch für die Ausgestaltung der Geschlechterstereotypen zentral sein sollte (Eagly & Steffen, 1984). Hier zeigen sich deutliche Unterschiede in den Sozialisationsbedingungen von Jungen und Mädchen in Abhängigkeit von ihrer Herkunft, wobei türkischstämmige Migrantinnen und Migranten über eine deutlich weniger egalitäre Verteilung der Aufgaben berichten als Stichproben ohne MH (Diehl et al., 2009; s. auch Befunde zu stärker geschlechterdifferenten Erziehungseinstellungen in türkischen Familien; Nauck, 1990; Steinbach, 2009) . Diese Befunde über Familien mit MH in Deutschland korrespondieren mit den Angaben aus den World Value Surveys/ European Value Surveys zur Geschlechtergerechtigkeit in ihren Herkunftsländern, nach denen z. B. in der Türkei deutlich weniger egalitäre Vorstellungen über Geschlechterrollen bestehen als in Deutschland (Türkei Rang 43 und Westdeutschland Rang 3 [von 60 Ländern]; Inglehart & Norris, 2003; Gender Inequality Index von 2012: United Nations Development Programme, 2013). Ein traditionelleres Geschlechterrollenverständnis findet sich nicht nur bei den türkischstämmigen Eltern. Auch die türkischstämmigen Jugendlichen berichten ein traditionelleres Rollenverständnis als ihre deutschen Mitschülerinnen und Mitschüler (Demircioglu, 2012). Ebenso zeigten die Daten aus der Programme for International Student Assessment (PISA)-2009-Studie, dass Jugendliche mit MH insgesamt signifikant traditionellere Geschlechtsrollenorientierungen aufwiesen als Jugendliche ohne MH. Jungen türkischer Herkunft waren am traditionellsten eingestellt (Rauch, Bergann & Stanat, 2013; vgl. auch dritte Welle des Jugendsurveys des Deutschen Jugendinstituts: Gille, 2006). Nur wenige Studien hierzu fokussierten jüngere Kinder. Im Kinderpanel (Alt, 2006) zeigte sich, dass die acht- und neunjährigen Kinder mit MH deutlicher als Kinder ohne MH Gleichaltrige des eigenen Geschlechts als Spielkameradinnen und -kameraden bevorzugten, was für türkischstämmige Kinder besonders ausgeprägt war. Aufgrund der Konfundierung des MHs bzw. der ethnischen Herkunft mit anderen soziostrukturellen Merkmalen wie Bildung, Schichtzugehörigkeit und familialer Konstellation kann die ethnische Herkunft nicht als ursächlich für die gefundenen Unterschiede in Einstellungen zu Geschlechterrollen angesehen werden (Steinbach, 2009). Trotzdem ist aus den dargestellten Befunden abzuleiten, dass sich die Umwelten von Kindern mit und ohne MH in Deutschland im Mittel darin unterscheiden, wie egalitär Mädchen und Jungen erzogen werden. Entsprechend gilt zu prüfen, ob mit geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Entwicklungsumwelten auch Geschlechtsunterschiede im Wortschatz einhergehen. Wortschatz und Migrationshintergrund Bei der Mehrsprachigkeit wird zwischen dem simultanen Spracherwerb (dem parallelen Erlernen zweier Sprachen von Geburt an) und dem sukzessiven bzw. sequenziellen Spracherwerb (dem Erwerb der Zweitsprache nach der Erstsprache) unterschieden (Garlin, 2002). Bisherige internationale Studien zu mehrsprachig aufwachsenden Kindern konnten wiederholt zeigen, dass der Wortschatzumfang von bilingualen Kindern im Vergleich zu monolingualen Kindern in jeder einzelnen Sprache signifikant geringer ist (z. B. Bialystok, 2009). Schülerinnen und Schüler, die zu Hause eine andere Sprache als die Schulsprache sprechen, müssen beim Schuleintritt zusätzlich zum erweiterten schulrelevanten Vokabular auch Wörter aus dem Grundwortschatz erwerben (Wilmes, Plathner & Atanasoska, 2011). Dubowy, Ebert, von Maurice und Weinert (2008) zeigten, dass Kinder mit MH beim Eintritt in den Kindergarten über einen quantitativ geringeren deutschen Wortschatz verfügten. Zudem zeigten dreibis fünfjährige Kindergartenkinder mit nicht deutscher Familiensprache Rückstände beim Sprachverstehen, syntaktischen Wissen und bei Wortbedeutungen der deutschen Sprache (Kiese-Himmel, Auberlen & von Steinbüchel, 2012). Für das Grundschulalter gibt es insgesamt nur begrenzt aktuelle Studien zum 128 Wahiba El-Khechen, Nele McElvany, Ilka Wolter, Ursula Kessels Wortschatzumfang und -wachstum von Schülerinnen und Schülern mit MH in Deutschland. Limbird (2007) untersuchte längsschnittlich die deutschen Wortschatzkenntnisse von Grundschulkindern deutscher und türkischer Herkunftssprache und fand signifikante Unterschiede hinsichtlich des Wortschatzumfangs. Auch für die Sekundarstufe I (Klassenstufe 9) zeigte die DESI-Studie (Deutsch Englisch Schülerleistungen International ), dass Jugendliche mit MH über einen signifikant geringeren Wortschatz im Deutschen verfügten als Jugendliche ohne MH (Willenberg, 2008). Der Rückstand im Wortschatz wird insbesondere für die Gruppe der Schülerinnen und Schüler mit türkischem MH ersichtlich. Forschungsfragen und Hypothesen Abgeleitet aus den Überlegungen zur Abhängigkeit des kindlichen Wortschatzes vom Geschlecht und MH der Kinder verfolgt die vorliegende Studie zwei übergeordnete Forschungsanliegen: Erstens soll anhand eines etablierten Testverfahrens untersucht werden, ob Mädchen und Jungen am Ende der Grundschulzeit (Klasse 4) einen systematisch unterschiedlichen rezeptiven Wortschatz in Abhängigkeit von der geschlechtsbezogenen Konnotation der einzelnen Wörter aufweisen. Diese Annahme basiert auf der Überlegung, dass die jeweiligen Interessen, Lern- und Spielumgebungen von Kindern die Wahrscheinlichkeit beeinflussen, die darauf bezogenen Wörter zu lernen. Da sich Jungen und Mädchen im Mittel in ihren Spielinteressen und -aktivitäten unterscheiden, erwarten wir, dass Jungen männlich konnotierte Wörter besser kennen als Mädchen und Mädchen weiblich konnotierte Wörter besser kennen als Jungen. Zweitens soll geprüft werden, ob es Unterschiede bezüglich geschlechtsspezifischer Differenzen im rezeptiven Wortschatz in Abhängigkeit von einem (nicht) vorhandenen MH der Kinder gibt, weil empirische Befunde darauf hindeuten, dass sich das Ausmaß der Geschlechtstypisierung der Erziehung in Familien mit und ohne MH unterscheidet. Konkret werden folgende Hypothesen (H) überprüft: H 1.1: Bei männlich konnotierten Wörtern haben Jungen größere Wortschatzkenntnisse als Mädchen. H 1.2: Bei weiblich konnotierten Wörtern weisen Mädchen größere Wortschatzkenntnisse als Jungen auf. H 2.1: Kinder aus Familien mit MH haben geringere rezeptive Wortschatzkenntnisse im Deutschen als Kinder ohne MH. H 2.2: Die Geschlechtsunterschiede im geschlechtsspezifischen Wortschatz bei männlich konnotierten (H 2.2.1) sowie bei weiblich konnotierten Wörtern (H 2.2.2) sind bei Kindern aus Familien mit MH größer als bei Kindern aus Familien ohne MH. Die Hypothesen 2.2.1 und 2.2.2 werden sowohl mit der Gesamtgruppe aller Kinder mit MH untersucht als auch fokussiert auf die Gruppe der Kinder mit türkischem MH. Methode Stichprobe Die Analysen wurden mit Daten durchgeführt, die im Rahmen der Studie POTential ErstSPRACHE am Institut für Schulentwicklungsforschung der TU Dortmund und der Research School Education and Capabilities von Mai bis Juni 2011 erhoben wurden. Zielstellung der Studie war die Untersuchung des Potenzials der Erstsprache Türkisch für Wortschatzlernprozesse aus Texten. Insgesamt nahmen N = 465 Kinder aus 24 vierten Klassen an Grundschulen in Dortmund und Umgebung an der Untersuchung teil. Es wurden insbesondere Schulen mit einem hohen Anteil an Kindern mit MH rekrutiert, um ausreichende Fallzahlen zu erreichen und somit über diese Schülergruppe Aussagen treffen zu können. Die Daten, die für die Beantwortung der Fragestellungen in diesem Beitrag relevant sind, wurden am zweiten Testtag erhoben. Den Wortschatztest bearbeiteten N = 375 Kinder (90 Kinder waren nicht anwesend), wobei nur von 371 Kindern Angaben zum Geschlecht vorliegen (170 Mädchen, Geschlechtsspezifischer Wortschatz von Grundschulkindern 129 201 Jungen) 2 . Das durchschnittliche Alter der Kinder war 9.9 Jahre (SD = 0.6; Range 9 bis 11 Jahre). Für 304 Kinder liegen anhand der Angaben zur Berufstätigkeit der Eltern Hinweise auf den sozioökonomischen Familienhintergrund vor, der mit einem HISEI-Wert von M = 37.02 (SD = 12.28) auf eine überwiegend sozial schwache Schülerschaft verweist. Keinen MH hatten 121 Kinder (56 Mädchen und 65 Jungen), während 250 Kinder einen MH (114 Mädchen, 136 Jungen) hatten (davon 45 Mädchen und 64 Jungen mit türkischer Familiensprache). Somit umfassen die Analysen zur Beantwortung der Hypothesen 1.1, 1.2, 2.1 und 2.2 nach fallweisem Ausschluss N = 371 Kinder. Die Analysestichprobe zur Beantwortung der Hypothesen 2.2.1 und 2.2.2 reduziert sich auf n = 230 Kinder, da ausschließlich Kinder ohne MH und Kinder mit türkischem MH miteinander verglichen werden. Jungen und Mädchen waren in der Gruppe der Kinder mit bzw. ohne MH gleich verteilt, χ ² (1, 371) = 0.15, ns. Die untersuchten Jungen und Mädchen unterschieden sich weder signifikant in ihrer basalen Lesefähigkeit, d. h. dem Dekodieren auf Wortebene, t(368) = -1.19, ns; Würzburger Leise Leseprobe (WLLP; Küspert & Schneider, 1998) und in ihrem Leseverständnis, d. h. dem Verstehen auf Textebene, t(363) = -1.33, ns; zehn Aufgaben aus dem Ein Leseverständnistest für Erstbis Sechstklässler (ELFE) und konzeptionell fünf analog ergänzte Aufgaben (Lenhard & Schneider, 2006), noch in ihren figuralen kognitiven Grundfähigkeiten, t(363) = -1.08, ns; KFT 4 - 12+ R (Heller & Perleth, 2000) 3 . Dieses Ergebnismuster zeigte sich auch im Vergleich von Jungen und Mädchen innerhalb der Gruppe der Kinder mit deutscher Familiensprache. In der Gruppe mit anderer Familiensprache als Deutsch gibt es keine statistisch signifikanten Unterschiede in den basalen Lesefähigkeiten, t(248) = -0.91, ns, und den figuralen Grundfähigkeiten, t(248) = -1.80, ns, aber Vorteile der Mädchen in der Lesekompetenz, t(248) = -2.00, p < .05. Für die Kinder mit türkischer Familiensprache gab es keine signifikanten Unterschiede in den drei Kompetenzen zwischen Jungen und Mädchen. Instrumente Wortschatz In die Analysen gehen die Wörter des Subtests zum Wortschatz (V1) aus dem verbalen Teil des Kognitiven Fähigkeitstests (KFT 4 - 12+ R; Heller & Perleth, 2000) ein. Für jedes der insgesamt 25 Wörter (acht Substantive, zehn Verben und sieben Adjektive) war ein Synonym oder ein Oberbegriff aus fünf Alternativen auszuwählen. Ein Beispielitem ist: „ordentlich (Zielwort) - A) schlampig, B) sauber, C) abgetragen, D) ärmlich, E) modisch“. Jede richtige Antwort wurde mit einem Punkt, jede falsche oder nicht gegebene Antwort mit 0 Punkten bewertet ( α = .72). Migrationshintergrund Der MH wurde anhand der in der Familie gesprochenen Sprache operationalisiert. Dieser Indikator ist im Vergleich zu anderen Möglichkeiten wie der Staatsangehörigkeit oder dem Geburtsland der Eltern für Fragestellungen besonders geeignet, die die Kompetenzen im sprachlichen Bereich behandeln. Für die Analysen wurde eine Dummy-Variable gebildet, die zwischen Kindern, die in ihren Familien nur Deutsch sprechen (0), und Kindern, die in ihren Familien Deutsch und eine andere Sprache oder nur eine andere Sprache sprechen (1), differenziert. Für die vertiefenden Analysen zu der Subgruppe der Kinder mit türkischer Familiensprache wurde eine Dummy-Variable gebildet, die zwischen 0 = nur Deutsch und 1 = Deutsch und Türkisch oder nur Türkisch unterscheidet. A-priori-Kategorisierung der Wörter Um die Wörter als männlich konnotiert, weiblich konnotiert oder neutral zu kategorisieren, wurde in zwei Schritten vorgegangen: Aus der Fachliteratur wurden zuerst Merkmale abgeleitet, die geschlechtstypische Eigenschaften, Interessen und Aktivitäten wiedergeben (z. B. Athenstaedt, 2003; vgl. auch Abschnitt Geschlechterstereotypen als Ursache eines geschlechtsspezifischen Wortschatzes). Literaturbasierte Indikatoren für eine weibliche Konnotation von Wörtern sind z. B. Emotionen, Expressivität und Introspektion (z. B. Warmherzigkeit, Empfindsamkeit, Einfühlsamkeit), Femininität und Attraktivität und Kleidung 2 Kinder, die den Wortschatztest am zweiten Testtag bearbeiteten, unterschieden sich weder signifikant im Geschlechterverhältnis, χ ² (1, 449) = 0.34, ns, noch im HISEI, t(312) = 0.27, ns, von Kindern, die an diesem Testtag nicht teilnahmen. Zudem gab es weder Unterschiede in einem eigenentwickelten Wortschatztest, t(351) = 1.21, ns, noch in einem Leseverständnistest, angelehnt an dem Leseverständnistest für Erstbis Sechstklässler (ELFE); t(375) = 0.36, ns. 3 Da diese Instrumente nicht im Fokus der hier berichteten Studie stehen, werden sie nicht detaillierter beschrieben. 130 Wahiba El-Khechen, Nele McElvany, Ilka Wolter, Ursula Kessels und Mode. Hingegen werden Kompetenz und Instrumentalität, Maskulinität und Stärke, Dominanz und Aggressivität als Indikatoren für männlich konnotierte Wörter angesehen. Anhand der daraus abgeleiteten Indikatoren wurde anschließend jedes der 25 Wörter von drei der Autorinnen unabhängig voneinander als männlich oder weiblich konnotiert oder als geschlechtsneutral eingestuft. Als Kriterium für eine finale Kategorisierung galten zwei übereinstimmende Urteile als männlich/ weiblich/ neutral. Von den 25 Wörtern sind demnach sieben als männlich konnotiert, vier als weiblich konnotiert und elf als neutral anzusehen. Drei Wörter wurden für die Analysen ausgeschlossen, nachdem anhand der Indikatoren keine übereinstimmende Einordnung möglich war. Im Anschluss wurden die empirischen Analysen durchgeführt. Für alle drei Wörtergruppen (männlich konnotiert/ weiblich konnotiert/ neutral) wurden durchschnittliche Lösungshäufigkeiten berechnet, die als abhängige Variablen in den inferenzstatistischen Analysen verwendet werden. Ergebnisse Deskriptive Ergebnisse Die mittlere Lösungshäufigkeit über alle verbliebenen 22 Wörter hinweg lag in der Gesamtgruppe (N = 371) bei M = 44.9 % (SD = 16.9 %, Range 5.1 - 89.8 %). Mädchen und Jungen unterschieden sich nicht signifikant im Gesamttest, t(369) = 0.92, ns. Wie in H 2.1 erwartet, erreichten Kinder ohne MH insgesamt einen signifikant höheren Testwert als Kinder mit MH, t(369) = 7.63, p < .01, d = 0.81. Dies zeigt sich ebenfalls im Vergleich der Kinder ohne MH zur Subgruppe der Kinder mit türkischer Familiensprache, t(214) = 7.46, p < .01, d = 1.03. Geschlechtsspezifischer Wortschatz in der Gesamtgruppe Zur Überprüfung der Frage, ob Jungen und Mädchen systematisch unterschiedliche Wortschatzkenntnisse in Abhängigkeit von der Geschlechtskonnotation der Wörter haben (H 1.1 - 1.2; s. Tab. 1), wurde eine multivariate Varianzanalyse über die drei abhängigen Variablen (Lösungshäufigkeit männlich und weiblich konnotierter und neutraler Wörter) und den Faktor Geschlecht berechnet. Hier ergab sich erwartungskonform ein signifikanter Effekt des Faktors Geschlecht, F(3, 367) = 7.52, p < .001. Die Ergebnisse der univariaten F-Tests unterstützen H 1.1, dass Jungen in der Gesamtgruppe bei männlich konnotierten Wörtern größere Wortschatzkenntnisse als Mädchen hatten, F(1, 260) = 9.44, p < .01, d = 0.26. Ebenfalls gibt es Unterstützung für H 1.2, da Mädchen in der Gesamtgruppe mehr weiblich konnotierte Wörter kannten als Jungen, F(1, 369) = -4.44, p < .05, d = -0.22. Für die als neutral kategorisierten Wörter konnten keine signifikanten Geschlechtsunterschiede in den Lösungshäufigkeiten aufgezeigt werden, F(1, 369) = .55, ns, d = 0.05. Jungen und Mädchen erzielten die besten Ergebnisse bei den weiblich konnotierten Wörtern. Zudem zeigten Jungen und Mädchen bessere Leistungen bei männlich oder weiblich konnotierten Wörtern als bei neutralen. Insgesamt unterstützen die Ergebnisse der Gesamtgruppe somit die Annahmen eines Vorteils von Jungen bei männlich konnotierten Wörtern, eines Vorteils von Mädchen bei weiblich konnotierten Wörtern und eines vergleichbaren Wortschatzes von beiden Geschlechtern bei neutralen Wörtern. Kategorisierung der Wörter Jungen (N = 201) M (SD/ SE) Mädchen (N = 170) M (SD/ SE) Männlich Weiblich Neutral 49.1 (21.8 / 1.5) 51.4 (25.0 / 1.8) 41.3 (18.5 / 1.3) 43.0 (20.6 / 1.6) 56.9 (25.5 / 2.0) 40.0 (17.6 / 1.4) Tab. 1: Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der geschlechtsspezifischen Antworten für die als männlich, weiblich oder neutral kategorisierten Wörter in Prozent für die Gesamtgruppe Geschlechtsspezifischer Wortschatz von Grundschulkindern 131 Geschlechtsspezifischer Wortschatz in Abhängigkeit vom Migrationshintergrund der Kinder Zur Untersuchung der Frage, ob Geschlechtsunterschiede im geschlechtsspezifischen Wortschatz bei Kindern mit MH größer sind als bei Kindern ohne MH (H 2.2), wurde eine dreifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung (MANOVA) mit den jeweils zweistufigen Faktoren Geschlecht (Junge, Mädchen), MH (mit, ohne) und einem Messwiederholungsfaktor (männlich/ weiblich konnotierte Wörter) berechnet. Es zeigte sich kein signifikanter Haupteffekt des Geschlechts auf den Wortschatz der Kinder, F(1, 369) = 0.19, ns. Der MH hatte einen signifikanten Effekt auf den Wortschatz, F(1, 369) = 53.91, p < .001: Kinder ohne MH hatten im Durchschnitt einen höheren Wortschatz (M = 53.83, SD = 16.97) als Kinder mit MH (M = 40.56, SD = 15.07; d = 0.83; für die Subgruppe der Kinder mit türkischem MH: M = 37.61, SD = 14.32; d = 1.03), was H 2.1 unterstützt. Dieser Unterschied ist nicht abhängig von dem Geschlecht der Kinder: Die Interaktion der Faktoren Geschlecht und MH war in Bezug auf den Gesamtwortschatz statistisch nicht signifikant, F(1, 369) = .55, ns. Ein signifikanter Haupteffekt des Messwiederholungsfaktors, F(1, 369) = 44.94, p < .001, zeigt, dass die weiblich konnotierten Wörter insgesamt eine höhere Lösungshäufigkeit haben als die männlich konnotierten Wörter. Hypothesenkonform zeigte sich eine signifikante Interaktion zwischen dem Faktor Geschlecht der Kinder und dem Messwiederholungsfaktor (Wortgruppe männlich/ weiblich konnotiert), die den Vorteil der Jungen bei männlich konnotierten Wörtern und den Vorteil der Mädchen bei weiblich konnotierten Wörtern beinhaltet, F(1, 369) = 11.04, p < .01. Die Interaktion der Faktoren MH und Konnotation der Wortgruppe war nicht signifikant, F(1, 369) = 2.52, ns, somit betrafen die Unterschiede im Wortschatz zwischen Kindern mit und Kindern ohne MH gleichermaßen männlich und weiblich konnotierte Wörter. Erwartungskonform zeigte sich eine signifikante Dreifachinteraktion der Faktoren Geschlecht, MH und Messwiederholungsfaktor, F(1, 369) = 9.81, p < .01. Das zugrunde liegende Mittelwertmuster ist Tabelle 2 zu entnehmen und unterstützt H 2.2: Während sich in der Gruppe der Kinder ohne MH Jungen und Mädchen nicht statistisch signifikant darin unterschieden, wie gut sie männlich (d = 0.12) und weiblich (d = 0.08) konnotierte Wörter kennen, gab es in der Gruppe der Kinder mit MH größere Unterschiede: Hier kannten Mädchen deutlich weniger männlich konnotierte Wörter (d = 0.40) als Jungen, hingegen aber deutlich mehr weiblich konnotierte Wörter (d = -0.40) als Jungen. Die Effektstärke der Differenzen im geschlechtsspezifischen Wortschatz beträgt d = 0.28 bei männlich und d = 0.48 bei weiblich konnotiertenWörtern. Die in der Gesamtgruppe festgestellten Geschlechtsunterschiede im ge- Kategorisierung der Wörter Ohne MH Mit MH Mit türkischem MH Jungen (n = 65) M (SD/ SE) Mädchen (n = 56) M (SD/ SE) Jungen (n = 136) M (SD/ SE) Mädchen (n = 114) M (SD/ SE) Jungen (n = 64) M (SD/ SE) Mädchen (n = 45) M (SD/ SE) männlich 56.3 (23.1/ 2.9) 53.6 (20.6/ 2.8) 45.7 (20.3/ 1.7) 37.8 (18.5/ 1.7) 44.6 (20.6/ 2.6) 34.3 (17.6/ 2.6) weiblich 66.9 (25.8/ 3.2) 64.7 (26.4/ 3.5) 43.9 (21.0/ 1.8) 53.1 (24.2/ 2.3) 42.6 (19.8/ 2.5) 47.8 (20.5/ 3.1) Tab. 2: Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der geschlechtsspezifischen Antworten für die als männlich, weiblich oder neutral kategorisierten Wörter in Prozent für die Subgruppen mit und ohne Migrationshintergrund (MH) 132 Wahiba El-Khechen, Nele McElvany, Ilka Wolter, Ursula Kessels schlechtskonnotierten Wortschatz (H 1.1 - 1.2) beruhen demnach sowohl bei männlich als auch bei weiblich konnotierten Wörtern auf Geschlechtsunterschieden in der Gruppe der Kinder mit MH. Die H 2.1 und 2.2 werden somit unterstützt. Diskussion Vor dem Hintergrund der Bedeutung des Wortschatzes für die weitere schulische Entwicklung und ausgehend von Befunden zu traditionelleren Geschlechtsrollenorientierungen in Familien mit MH wurde in der vorliegenden Studie untersucht, ob es einen qualitativ systematisch unterschiedlichen rezeptiven Wortschatz von Jungen und Mädchen im Grundschulalter in Abhängigkeit von der Familiensprache gibt. Zentrale Ergebnisse der vorliegenden Analysen sind eine relative Überlegenheit von Jungen bei männlich konnotierten Wörtern (entsprechend H 1.1) und ein Vorteil von Mädchen bei weiblich konnotierten Wörtern (entsprechend H 1.2) in der Gesamtgruppe. Es zeigte sich ein vergleichbarer Wortschatz beider Geschlechter bei neutralen Wörtern. Vertiefende Auswertungen zeigten, dass Kinder mit MH insgesamt einen geringeren Wortschatz haben als Kinder ohne MH (H 2.1) und es in Abhängigkeit des MHs differenzielle Geschlechtsunterschiede im rezeptiven Wortschatz gibt: Während sich keine signifikanten Geschlechtsunterschiede in der Gruppe ohne MH zeigten, war der Wortschatz der Jungen und Mädchen mit MH deutlicher geschlechtsspezifisch ausdifferenziert (entsprechend H 2.2.1 und 2.2.2). Unsere Ergebnisse lassen somit den Schluss zu, dass die in früheren Studien gefundenen Geschlechtsunterschiede in den verwendeten Wörtern bei gesprochener Sprache (Stennes et al., 2005), in „Lieblingswortschätzen“ (Richter, 1994) oder frei produzierten Aufsätzen (Richter & Brügelmann, 1996) in der Grundschule nicht ausschließlich auf motivationale Ursachen (über welche Themen möchten Kinder berichten) zurückgeführt werden können (vgl. auch McElvany & El-Khechen, 2014, zu Befunden bei einem eigenentwickelten Wortschatztest). Vielmehr könnte ein weiterer Grund sein, dass Jungen und Mädchen nicht die gleichen Wortschatzkenntnisse aufweisen und entsprechend auf unterschiedliche Inhalte des mentalen Lexikons zugreifen. Mit dem Befund, dass sich der rezeptive Wortschatz insbesondere zwischen Jungen und Mädchen mit MH qualitativ unterscheidet, ergänzt unsere Studie vorliegende Forschung zu qualitativen Geschlechtsunterschieden im produktiven Wortschatz auch im Hinblick auf die Notwendigkeit, unterschiedliche Schülersubgruppen in den Blick zu nehmen. Es muss dabei berücksichtigt werden, dass bei den Kindern mit MH der rezeptive Wortschatz in der Zweitsprache Deutsch erhoben wurde, bei den Kindern ohne MH der in der Erstsprache. Cummins (1979, 2000) nimmt in seiner Interdependenzhypothese an, dass sich die Erst- und Zweitsprache bei bilingualen Kindern in gegenseitiger Abhängigkeit voneinander entwickeln. Diese Hypothese spezifiziert er in seiner Schwellenhypothese: Der erfolgreiche Erwerb einer zweiten Sprache erfolgt auf Basis einer gut entwickelten Erstsprache, deren Kompetenzen ein bestimmtes Schwellenniveau überschritten haben. In Bezug auf die hier untersuchte Forschungsfrage ist jedoch nicht davon auszugehen, dass dieser Zusammenhang differenziell wirksam für Mädchen und Jungen ist. Es ist zudem zu beachten, dass es beispielsweise im Türkischen, der Erstsprache der größten Gruppe der Kinder mit MH, kein grammatisches Geschlecht gibt. Für sie ist deshalb das grammatische Geschlecht der im Test verwendeten Substantive etwas, was ausschließlich in der deutschen Sprache, nicht aber in ihrer Herkunftssprache existiert. Es wäre eine interessante Frage für weitere Studien, ob und wie der in verschiedenen Sprachen variierende Genus von Substantiven, der zudem mit unterschiedlichen Konnotationen verbunden sein kann (le soleil vs. die Sonne), die Kenntnis der Wörter von Jungen und Mädchen in den beiden Sprachen beeinflusst (z. B. Koch, Zimmermann, Garcia- Retamero, 2007). Es bleibt somit offen, ob die stärkere Geschlechtsspezifik im deutschen Wort- Geschlechtsspezifischer Wortschatz von Grundschulkindern 133 schatz bei den Kindern mit MH auch in ihrer jeweiligen Erstsprache auftritt. Die wenigen vorliegenden Studien zu Geschlecht und Wortschatzerwerb beim Zweitbzw. Fremdsprachenkontext beantworten diese Fragestellung unseres Wissens nach bislang nicht (z. B. Brantmeier, 2010; Ehrlich, 1997). Basierend auf unserer Argumentation, dass sich die im familialen (und sonstigen näheren sozialen) Umfeld beobachtete, vermittelte und erlebte Geschlechtstypisierung auf die Geschlechtsspezifik des Wortschatzes auswirkt, wäre zu erwarten, dass sich diese Unterschiede gleichermaßen oder sogar ausgeprägter in der (nicht deutschen) Erstsprache zeigen würden. In Sprachen, die kein grammatikalisches Geschlecht aufweisen, könnte zudem die Annahme unserer Studie vertiefend geprüft werden, dass vor allem die Konnotation der Inhaltsbereiche der Wörter der ausschlaggebende Mechanismus im Erlernen eines geschlechtsspezifischen Wortschatzes ist. Andererseits ist zu beachten, dass sich bei den Kindern ohne MH nicht nur kein geschlechtsspezifischer Wortschatz zeigte, sondern insgesamt eine deutlich größere Kenntnis aller verwendeten Wörter vorlag. Diese Ähnlichkeit von Jungen und Mädchen ohne MH könnte deshalb nicht nur auf egalitärere Geschlechtsrolleneinstellungen in ihren Familien zurückzuführen sein, sondern auch darauf, dass sich möglicherweise generell mit zunehmender Beherrschung des Wortschatzes keine Geschlechtsspezifik mehr nachweisen lässt, weil die Mehrheit der Wörter gewusst wird. Entsprechend wären auch bei den Kindern mit MH geringere geschlechtsspezifische Effekte zu erwarten, wenn die Kinder in der besser beherrschten Erstsprache (Karasu, 1995) oder in der Zweitsprache in einem höheren Alter getestet werden. Allerdings waren die in unserer Studie verwendeten Wörter im Mittel auch für die Kinder ohne MH ausreichend schwierig, sodass die fehlende Geschlechtsspezifik bei dieser Gruppe nicht unbedingt auf einen Deckeneffekt zurückgeführt werden kann. Den Befund, dass die in diesem Wortschatztest eingesetzten weiblichen Wörter insgesamt bekannter im Sinne von leichter waren als die männlichen, gilt es in weiteren Forschungsarbeiten vertiefend zu untersuchen. Auch im KFT selber weist die vorliegende Schwierigkeitsreihung der Items darauf hin, dass die weiblich konnotierten Items eher der Schwierigkeitsstufe leicht bis mittelschwer einzuordnen sind, wohingegen die männlich konnotierten und neutralen Wörter unterschiedliche Schwierigkeitsstufen aufweisen. Die höhere Vertrautheit könnte darauf hinweisen, dass im Kontext der Familie, aber auch von Kindergarten und Schule insgesamt mehr Lesestoff bzw. Aktivitäten vorgegeben werden, die eher an typische Mädcheninteressen anknüpfen. Erste empirische Untersuchungen hierzu bestätigten, dass Erzieherinnen in Kindergärten den Kindern mehr weiblich als männlich geschlechtskonnotierte Aktivitäten anbieten (Wolter, Glüer & Hannover, 2014). Bei der Konstruktion eines neuen Wortschatztests könnte darauf geachtet werden, gezielt auch leichte männliche und schwere weibliche Wörter aufzunehmen, um somit eine Ausgewogenheit sicherzustellen. Berücksichtigt werden muss bei der Interpretation der Ergebnisse, dass beim KFT der Wortschatz in einem bestimmten Format - Vorgabe eines Zielworts und vier Wörtern als Antwortalternativen - erfasst wird, welches jedoch vergleichsweise häufig Verwendung findet (z. B. Bildungsmonitoring; Tests der kognitiven Grundfähigkeiten). Die Aufgaben sind somit keine reinen Wortschatzaufgaben, sondern erfordern aufgrund der Anforderung, Synonyme und Taxonomien zu erkennen, auch kognitive Fähigkeiten. Zudem kann die Auswahl der korrekten Antwort mit den Antwortalternativen konfundieren, weil neben dem Zielwort auch die Alternativen geschlechtsspezifisch konnotiert sein könnten. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass bereits eine geschlechtsspezifische Konnotation des Zielwortes ausreicht, um einen Unterschied in den Lösungshäufigkeiten zwischen Jungen und Mädchen zu bedingen. Weiterführende Analysen unter Einbeziehung der Antwortalternativen wären ein weiteres Forschungsdesiderat. Bei der Interpretation der 134 Wahiba El-Khechen, Nele McElvany, Ilka Wolter, Ursula Kessels Ergebnisse sollte ebenfalls beachtet werden, dass die Anzahl der einzelnen Items in der gebildeten Skala für den Mädchenwortschatz mit vier Wörtern (16 % der Testitems) gering war. Diese geringe Anzahl ergibt sich aus der Analyse eines in Deutschland breit genutzten Instrumentariums zur Erfassung des Wortschatzes (KFT). Die hier gezeigten ersten Hinweise auf Geschlechtereffekte beim qualitativen Wortschatz sollten in zukünftigen Untersuchungen mit größeren Itemgruppen auf ihre Generalisierbarkeit hin weiter untersucht werden. Die vorliegende Stichprobe ist nicht für alle Grundschulen in Deutschland repräsentativ, da überwiegend Kinder aus sozial schwächeren Elternhäusern untersucht wurden. Entsprechend wäre eine Überprüfung der Ergebnisse in einer weiteren Stichprobe wünschenswert. Dabei wäre zur Substantiierung unserer Annahmen auch die direkte Erfassung von Geschlechtsrollenorientierung und geschlechtstypisierender Erziehung in den Familien eine sinnvolle Erweiterung, damit die postulierten Zusammenhänge auf der Individualebene getestet werden können. Aufgrund der querschnittlichen Datengrundlage sind keine kausalen Schlüsse möglich. Zukünftige Forschung könnte beispielsweise weiterführende Fragestellungen in einem mehrjährigen längsschnittlichen Design mit zwischenzeitlicher Erfassung von Interessen, Aktivitäten und familiären Interaktionen und Kommunikationen untersuchen. Ein alternativer methodischer Ansatz zur Überprüfung der Frage nach unterschiedlichen Wortschatzkenntnissen von Mädchen und Jungen sind Differential Item Functioning-Analysen (DIF; vgl. Dorans & Holland, 1993). Mit diesem Ansatz kann geprüft werden, ob sich bei gleichem Gesamtwortschatzkompetenzniveau relative Stärken in geschlechtskonform konnotierten Items für eine Geschlechtergruppe im Vergleich zu der anderen Geschlechtergruppe zeigen. Für DIF-Analysen werden pro Gruppe ca. 300 Versuchspersonen empfohlen (vgl. Narayanan & Swaminathan, 1994; Scott et al., 2009; Wang, 2000), sodass es im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht sinnvoll war, DIF-Analysen vorzunehmen. In aktuellen Studien im Bereich der Lesekompetenz konnten anhand von DIF-Analysen Leseaufgaben identifiziert werden, bei denen Mädchen systematisch andere Lösungswahrscheinlichkeiten aufwiesen im Vergleich zu Jungen mit gleicher Lesekompetenz (McElvany, El-Khechen, Schwabe & Kessels, 2016; Stoneberg, 2004). Zusammengefasst sind die Ergebnisse unserer Studie in mehrerer Hinsicht bedeutsam. Der erste Punkt betrifft die Validität und Testfairness von Wortschatztests. Der hier eingesetzte Test ist Teil eines standardisierten Fähigkeitstests, der in unterschiedlichen Forschungs- und Praxiskontexten eingesetzt wird. Weil eine systematisch ungleiche Zusammensetzung von Wortschatztests mit Wörtern, die ein Geschlecht bevorteilen, die Validität der Testergebnisse einschränkt, sind entsprechende Analysen der Testfairness sinnvoll. Zum zweiten weisen unsere Ergebnisse darauf hin, dass sich der rezeptive Wortschatz von Jungen und Mädchen vor allem in Familien mit MH qualitativ voneinander unterscheidet, was darauf hindeuten könnte, dass diese weniger geschlechtsrollendiskonforme Spiel- und Alltagserfahrungen sammeln als Kinder ohne MH. Wegen der Bedeutung des rezeptiven Wortschatzes für erfolgreiches schulisches Lernen könnten sich in dieser Gruppe geschlechtsspezifische Benachteiligungen stärker ausbilden. Dies ist besonders beachtenswert, weil der deutsche Wortschatz für Schülerinnen und Schüler mit türkischem MH noch wesentlicher für die Entwicklung von Lesekompetenz ist als für Kinder ohne MH (Limbird, 2007). Hier könnten zielgruppenspezifische Interventionsmaßnahmen greifen, die den Kontakt mit Objekten und Tätigkeiten, die nicht der eigenen Geschlechtsrolle entsprechen, fördern. Sowohl die pädagogische Arbeit im Kindergarten als auch die Unterrichtsgestaltung in den Schulen bieten hier Ansatzpunkte. Bei der Auswahl geeigneter Lesetexte sind Themen mit egalitärem Rollenverständnis und weniger traditionellen Rollenstereotypen zu präferieren. Hierdurch würde sich nicht nur der entsprechende Wortschatz, sondern auch der Erfahrungshorizont der Kinder insgesamt erweitern. 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